5 - Hans-Böckler

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FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Jahresabschluss
Komplett-Version
Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse: Informationen für Aufsichtsräte und
Betriebsräte
Auf einen Blick …

FAQ eröffnen oft einen direkteren Zugang zu einem Thema als ausführliche
Fachbücher.

Die hier ausgewählten Fragen sind das Ergebnis zahlreicher Schulungen, die die
Hans-Böckler-Stiftung für Aufsichts- und Betriebsräte durchgeführt hat.

Insofern sind es Fragen aus der Praxis, mit denen Aufsichts- und Betriebsräte in der
Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Situation „ihres“ Unternehmens immer
wieder konfrontiert sind.
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Inhaltsverzeichnis
1
Was versteht man unter „Rechnungslegung“?
5
2
Wer muss einen Jahresabschluss aufstellen?
5
3
Worin besteht der Unterschied zwischen Rückstellungen und Rücklagen?
5
4
Was versteht man unter einem Sonderposten mit Rücklageanteil (SoPo)?
8
5
Warum ist „Gewinn“ nicht gleich „Liquidität“?
6
Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung
(GuV)?
12
7
Wie errechnet sich das Eigenkapital eines Unternehmens?
8
Was ist der Unterschied zwischen einem Geschäftsbericht, einem Jahresabschluss und einem
Prüfungsbericht?
15
9
Wer muss einen Geschäftsbericht und/oder einen Jahresabschluss und/oder einen
Prüfungsbericht aufstellen?
16
10
Muss der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers veröffentlicht werden?
16
11
Bedeutet ein negatives Eigenkapital/ein „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“, dass
das Unternehmen insolvent ist?
18
12
Unter welchen Bedingungen darf die Konzernobergesellschaft Gewinne ihrer
Tochtergesellschaften abziehen?
19
13
In welchem Umfang darf das Unternehmen Abschreibungen bilden?
20
14
Warum führt eine Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren zu dem
gleichen Ergebnis wie eine Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren,
obwohl das Umsatzkostenverfahren keine Bestandsveränderungen enthält?
22
15
Was versteht man unter dem Begriff „Finanzierung aus Rückstellungen“?
25
16
Wodurch wird festgelegt, welche Vermögensgegenstände und Schulden in der Bilanz
ausgewiesen werden müssen bzw. dürfen?
25
10
13
17
Wodurch wird festgelegt, mit welchem Wert ein Vermögensgegenstand und die Schulden in der
Bilanz anzusetzen sind?
26
18
Was versteht man unter „Aktivierung“ und „Passivierung“?
19
Worin unterscheiden sich bilanzielles, nominelles, wirtschaftliches und haftendes Eigenkapital?
27
20
Worin besteht der Unterschied zwischen Abschreibungen und Wertberichtigungen?
30
21
Was bedeutet „Vorratsbewertung zu Vollkosten“?
30
22
Worin unterscheiden sich in- und externes Rechnungswesen?
31
23
Was ist der Unterschied zwischen einer Handels- und einer Steuerbilanz? Woran erkennt man
die jeweilige Bilanz?
33
24
Was versteht man unter einer Konsolidierung?
35
25
Was sind stille Reserven, und wie können sie entstehen?
39
26
Worin unterscheiden sich das Betriebsergebnis, das Ergebnis der gewöhnlichen
Geschäftstätigkeit, der Jahresüberschuss und der Bilanzgewinn?
40
27
Warum wird zusätzlich zum Einzelabschluss ein Konzernabschluss aufgestellt?
42
28
Welche Angaben gehören in den Anhang?
43
29
Was ist ein Bilanzausschuss?
44
30
Wozu dient der Lagebericht?
44
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27
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31
Was ist eine Kapitalflussrechnung?
45
32
Was ist ein Segmentbericht?
46
33
Was sind Eventualverbindlichkeiten?
47
34
Was bedeutet Off-balance-Gestaltung?
48
35
Wie unterscheiden sich Rückstellungen von Verbindlichkeiten, bzw. wann muss man eine
Rückstellung in der Bilanz bilden und wann eine Verbindlichkeit ausweisen?
50
36
Was versteht man unter dem „gezeichneten Kapital“?
51
37
Was sind Kapitalrücklagen?
51
38
Was ist ein Cash Flow?
52
39
Wie oft muss ein Jahresabschluss aufgestellt werden?
53
40
Wie kommt es zustande, dass das Eigenkapital eines Tochterunternehmens größer ist als das
der Konzernmutter?
53
41
Was bedeutet Publizitätspflicht?
54
42
Welche Folgen hat die Verletzung der Publizitätspflichten?
55
43
Wer kann die Einhaltung der Publizitätspflichten durchsetzen?
55
44
Wie wird die Höhe der Pensionsrückstellungen im Jahresabschluss berechnet?
56
45
Was versteht man unter Handelsbilanz, Steuerbilanz, Strukturbilanz, Sonderbilanz und
Ergänzungsbilanz?
58
46
Was sind latente Steuern?
59
47
Ist das Testat ein „Gesundheitsattest“ des Wirtschaftsprüfers für Unternehmen?
60
48
Worin besteht der Unterschied zwischen Bilanzpolitik und Bilanzfälschung?
60
49
Was versteht man unter „Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des
Geschäftsbetriebs“, und wie werden diese in der Bilanz erfasst?
61
50
Was passiert, wenn ein Unternehmen überschuldet ist?
62
51
Worin unterscheiden sich Pauschalwertberichtigungen und Einzelwertberichtigungen?
64
52
Stimmt es, dass „Liquidität“ wichtiger ist als „Rentabilität“?
65
53
Worin unterscheidet sich ein „Jahresabschluss“ von einem „Konzernabschluss“?
67
54
Ist für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens der Gewinn oder der Cash
Flow besser geeignet?
68
55
Welche Fristen gibt es für den Jahresabschluss?
69
56
Was ist ein Goodwill? Was ist ein Badwill?
71
57
Was sind Rechnungsabgrenzungsposten, und zu welchem Zweck werden sie gebildet?
72
58
Was versteht man unter „schwebenden Geschäften“, und wie werden sie bilanziell
berücksichtigt?
73
59
Wodurch unterscheiden sich Betriebe von Unternehmen?
74
60
Was versteht man unter „Windowdressing“?
74
61
Worin unterscheiden sich Produktivität und Wirtschaftlichkeit?
74
62
Was ist das Stichtagsprinzip, und welche Folgen hat es?
75
63
Welche Abschreibungsarten werden unterschieden?
76
64
Was versteht man unter einer „Plausibilitätsprüfung“ im Rahmen der handelsrechtlichen
Jahresabschlussprüfung?
77
Was versteht man unter einer „Nachtragsprüfung“?
78
65
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66
Was besagt der Grundsatz des „true and fair“ view, und welche Auswirkungen hat er auf die
Bilanzierungspraxis?
78
67
Was versteht man unter Due Diligence?
80
68
Was versteht man unter einem Impairment-Test, und wann ist ein Impairment-Test
durchzuführen?
80
69
Was versteht man unter LIFO und FIFO, und was unterscheidet beide?
81
70
Was versteht man unter Zahlungsunfähigkeit, und was unterscheidet die Zahlungsunfähigkeit
von der drohenden Zahlungsunfähigkeit?
82
71
Dürfen immaterielle Werte in der Bilanz aktiviert werden?
83
72
Was unterscheidet Eventualverbindlichkeiten von Rückstellungen?
84
73
Was ist unter dem handelsrechtlichen Begriff „Vermögensgegenstand“ zu verstehen?
85
74
Was ist unter dem handelsrechtlichen Begriff „Schulden“ zu verstehen?
85
75
Was bedeutet EBIT bzw. EBITDA?
85
76
Warum ist es so wichtig, zwischen Aufwand und Kosten bzw. Ertrag und Leistung zu
unterscheiden?
87
77
Wodurch unterscheiden sich die offenen von den stillen Rücklagen?
87
78
Was ist eine Unterbilanz, und wann liegt eine Überschuldung vor?
88
79
Worin unterscheidet sich die Kapitalrücklage von den Gewinnrücklagen?
89
80
Welche Bilanzpositionen zeigen die Liquidität eines Unternehmens?
89
81
Welchen Einfluss hat die Bilanzpolitik auf die Bilanzstruktur?
90
82
Welche Möglichkeiten bestehen, die Eigenkapitalquote eines Unternehmens durch
bilanzstrukturelle Maßnahmen zu verändern?
91
83
Was versteht man unter einem Substanzwert?
91
84
Darf die gesetzliche Rücklage aufgelöst werden, und wenn ja, in welcher Höhe und zu welchem
Zweck?
92
85
Was versteht man unter gewillkürtem Betriebsvermögen?
93
86
Woran kann man erkennen, ob ein Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich arbeitet?
93
87
Was versteht man unter aktivierten Eigenleistungen?
94
88
Was versteht man unter einer Sonderbilanz, und welche Sonderbilanzen können unterschieden
werden?
94
89
Was versteht man unter Rohertrag?
95
90
Welchen Wert besitzen „Testate“, wie Bestätigungsvermerke und Bescheinigungen von
Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern?
96
91
Was sind Minderheitsanteile?
97
92
Was ist der Unterschied zwischen Umsatz und Gesamtleistung?
97
93
Wie kommt der Wert unfertiger und fertiger Erzeugnisse zustande?
98
94
Was versteht man unter „verlustfreier Bewertung“?
99
95
Was versteht man unter Working Capital?
96
Was ist unter den Grundsätzen der Bilanzklarheit, Bilanzwahrheit und der Bilanzvollständigkeit
zu verstehen?
100
97
Wie ist eine Änderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu interpretieren?
101
98
Was ist der Unterschied zwischen Anlage- und Umlaufvermögen?
102
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100
4 von 102
1
Was versteht man unter „Rechnungslegung“?
Rechnungslegung ist die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Art und Weise, mit der
ein Unternehmen seine Geschäftsvorfälle zu erfassen und zu dokumentieren hat.
Das geschieht durch Aufstellung eines Jahresabschlusses, mit dem das Unternehmen Dritten gegenüber Rechenschaft über seine Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage ablegt. Die dafür benötigten Daten liefert das Rechnungswesen des Unternehmens.
Inhalt und Umfang der Rechnungslegung eines Unternehmens sind abhängig von
den grundsätzlich für alle Kaufleute geltenden Vorschriften des Handelsgesetzbuch
(HGB) sowie den ergänzenden Vorschriften für bestimmte Rechtsformen, bspw. des
Aktiengesetzbuches oder des Publizitätsgesetzes.
Dabei können die verschiedenen Adressaten des Jahresabschlusses u. U. ganz unterschiedliche Informationsinteressen an der Rechnungslegung des Unternehmens
haben:
Mögliche Adressaten
Interesse an Rechnungslegung
Finanzamt
Steuerbemessung
Gläubiger/ Kreditinstitute
Beurteilung der Bonität (Kreditwürdigkeit)
Unternehmenseigner
Unternehmensentwicklung,
Bemessung von Ausschüttungen
Unternehmensleitung
Steuerung / Planung des Unternehmens
Beschäftigte
Unternehmensentwicklung, Spielraum für
Lohn- und Gehaltserhöhungen
2
Wer muss einen Jahresabschluss aufstellen?
Die Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses gründet sich auf verschiedenen
rechtlichen Vorgaben:
Jeder Kaufmann hat nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (§ 238 ff.
HGB) eine Buchführungspflicht. D. h. er muss seine Handelsgeschäfte so aufzeichnen, dass sich aus den Aufzeichnungen die wirtschaftliche Lage des Unternehmens
erkennen lässt.
Alle übrigen gewerblichen Unternehmen werden nach § 2 HGB mit ihrer Eintragung ins Handelsregister buchführungspflichtig.
Die wichtigsten Ausnahmen von der Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses
hat der Gesetzgeber für bestimmte Unternehmen zugelassen, um diesen eine ver-
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einfachte Gewinnermittlung zu ermöglichen. Von der Aufstellung eines Jahresabschlusses sind demnach u. a. befreit:
 Gewerbliche Unternehmen nach dem Kleinunternehmerförderungsgesetz vom
31.07.2003 (z. B. bei einem Umsatz von bis zu 350 T€)
 Freiberuflich Tätige (z. B. Rechtsanwälte, Lotsen, Hebammen etc.)
3
Diese sind lediglich dazu verpflichtet, ihren Gewinn durch die
Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben zu ermitteln (=
Einnahmenüberschussrechnung) Worin besteht der Unterschied zwischen
Rückstellungen und Rücklagen?
Bei Rückstellungen und Rücklagen handelt es sich um ähnlich klingende aber grundsätzlich verschiedene Positionen auf der Passivseite einer Bilanz. Auf der Passivseite der Bilanz wird sowohl das Eigenkapital als auch das Fremdkapital erfasst. Der
grundlegende Unterschied zwischen Rückstellungen und Rücklagen besteht nun darin, dass Rückstellungen Fremdkapital (= Verbindlichkeiten) sind, während Rücklagen
zum Eigenkapital zählen.
Rückstellungen muss ein Unternehmen bilden für künftige Verbindlichkeiten, die am
Bilanzstichtag zwar dem Grunde nach feststehen, deren genaue Höhe und/ oder der
Fälligkeitszeitpunkt aber nicht bekannt sind. Damit kann man Rückstellungen als eine
Art Risikovorsorge der Unternehmensleitung verstehen, die ein „vorsichtiger Kaufmann“ gemäß HGB zu bilden hat. Die Bildung einer Rückstellung bedeutet immer
einen zusätzlichen Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und damit
eine Verringerung von Gewinn und Eigenkapital:
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Beispiel: Die X AG hat im abgelaufenen Geschäftsjahr Reinigungsmittel im Wert von 10
Mio. € verkauft. Der Vorstand der X AG rechnet auf Grund von Erfahrungswerten der
Vergangenheit mit Gewährleistungsansprüchen in Höhe von T€ 500.
GuV
…
Bildung von Gewährleistungsrückstellungen
…
…
Folge: Reduzierung Gewinn um T€ 500
500 T€
Bilanz
Aktiva
Vermögen
Bilanzsumme
Passiva
50.000 T€ Eigenkapital
9.500 T€
500 T€
Rückstellung für
Gewährleistungen
40.000 T€
übrige Schulden
50.000 T€ Bilanzsumme
50.000 T€
Abb. 1 Abbildung von Rückstellungen in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung
Die Auflösung der Rückstellung erfolgt
 entweder liquiditätswirksam: Erfüllung der Ansprüche bei tatsächlichem Eintritt
des Schadensfalles (Zahlung an den Gewährleistungsnehmer)
 oder ertragswirksam: Ertrag in der GuV durch „Auflösung von Rückstellungen“,
sofern die Rückstellung nicht in Anspruch genommen wird, bzw. der Fall, für den
die Vorsorge gebildet wurde, nicht eintritt.
Möglich ist auch eine sowohl ertrags- wie liquiditätswirksame Auflösung, sofern nämlich im Schadensfall die bereits gebildete Rückstellung nicht ausreicht und für die
Erfüllung der Ansprüche eine zusätzliche Rückstellung gebildet werden muss. Aus
der Höhe der Rückstellungen kann der Bilanzleser somit die bereits gebildete Risikovorsorge, d. h. die dem Unternehmen daraus entstandenen Aufwendungen ablesen.
Das bedeutet aber nicht, dass bei Eintritt des Risikos die Finanzierung in jedem Fall
durch flüssige Mittel sichergestellt ist! Möglich ist auch, dass das Unternehmen nicht
über die erforderliche Liquidität verfügt.
Rücklagen sind Bestandteil des Eigenkapitals. Im Gegensatz zum Stammkapital
oder dem gezeichneten Kapital zählen die Rücklagen zum variablen Eigenkapital.
I. d. R. stammen die Rücklagen (Gewinn-, Kapitalrücklage) aus den Gewinnen der
Vergangenheit:
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Beispiel: Der Gewinn des vorangegangenen Geschäftsjahres der X AG in Höhe von 23,5
Mio. € wird im Folgejahr in die Gewinnrücklage umgebucht:
Bilanz X AG - Jahr 1
Aktiva
Passiva
Eigenkapital
I. Stammkapital
II. Kapitalrücklage
III. Gewinnrücklage
IV. Jahresüberschuss
Summe Eigenkapital
…
…
17,9
40,1
33,4
23,5
114,9
Mio.
Mio.
Mio.
Mio.
Mio.
€
€
€
€
€
17,9
40,1
56,9
-3,1
111,8
Mio.
Mio.
Mio.
Mio.
Mio.
€
€
€
€
€
Bilanz X AG - Jahr 2
Aktiva
…
Passiva
Eigenkapital
I. Stammkapital
II. Kapitalrücklage
III. Gewinnrücklage
IV. Jahresüberschuss
Summe Eigenkapital
…
Abb. 2 Bildung von Rücklagen
4
Was versteht man unter einem Sonderposten mit Rücklageanteil (SoPo)?
Durch die Bildung eines Sonderposten mit Rücklageanteil werden bestimmte Erträge eines Unternehmens von der Ertragsbesteuerung ausgenommen. In der Praxis
werden Sonderposten mit Rücklageanteil vor allem in zwei Fällen gebildet:
 in Höhe erhaltener Investitionszuschüsse
 in Höhe der offen gelegten stillen Reserven bei Verkauf einer Immobilie.
In beiden Fällen werden die Erträge (Investitionszuschüsse, der den Restbuchwert
übersteigende Verkaufspreisteil) durch die Aufwendungen aus der Bildung des Sonderposten mit Rücklageanteils genau kompensiert. Damit bleibt der Jahresüberschuss eines Unternehmens von diesen Geschäftsvorfällen unberührt, und durch die
Erfolgsneutralität entstehen keine zusätzlichen Ertragssteuern.
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Beispiel: Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil
Ein Unternehmen erwirbt eine Immobilie (Kaufpreis: 1.000 T€) und erhält dafür einen staatlichen
Zuschuss (400 T€).
Da der Zuschuss in der GuV als Ertrag verbucht wird, entsteht ein höherer Gewinn, mit dem i. d. R.
eine höhere Steuerzahlung verbunden ist.
GuV
Bilanz
Aktiva
…
…
Immobilie
Zuschuss
dafür Steuern
…
zusätzlicher Gewinn
Passiva
1.000 T€ Eigenkapital
400 T€
-200 T€
200 T€
800 T€
davon wg. Zuschuss
200 T€
Steuerverbindlichkeiten
200 T€
1.000 T€
1.000 T€
Alternative: Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil
GuV
Bilanz
Aktiva
…
…
Zuschuss
Bildung SoPo
mit RL-Anteil
dafür Steuern
Änderung Gewinn
Immobilie
Passiva
1.000 T€ Eigenkapital
600 T€
400 T€
SoPo mit RL-Anteil
-400 T€
0 T€
+/- 0 T€
1.000 T€
400 T€
1.000 T€
Durch die Bildung des Sonderpostens mit Rücklageanteil (SoPo) ist eine Steuerbelastung zwar
vermieden worden. Da der SoPo in den folgenden Jahren aber gewinnerhöhend aufgelöst werden
muss, tritt im Ergebnis nur ein Steuerstundungseffekt ein. Die durch die Auflösung entstehenden
Mehrgewinne führen also nur zu einem späteren Zeitpunkt zur Steuerbelastung.
Abb. 3: Beispiel für die Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil
In der Bilanzanalyse wird der Sonderposten mit Rücklageanteil weder komplett dem
Eigenkapital noch dem Fremdkapital zugeordnet. Vielmehr wird er i. d. R. zu je 50 %
dem wirtschaftlichen Eigenkapital und dem Fremdkapital zugerechnet: Seine Auflösung erfolgt erfolgswirksam über die GuV. Durch den bei Auflösung des SoPo entstehenden Ertrag wird eine Steuerpflicht ausgelöst, bzw. eine entsprechende Verbindlichkeit in der Bilanz begründet (Aus Vorsichtsgründen wird in der Praxis oft von
einer Steuerbelastung von 50% ausgegangen). Sie entspricht dem 50 %-igen
Fremdkapitalanteil des Sonderpostens mit Rücklageanteil.
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5
Warum ist „Gewinn“ nicht gleich „Liquidität“?
Der Gewinn ist der Maßstab für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens und
wird durch die Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen im Rahmen der
Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ermittelt. Die Liquidität bzw. Liquiditätsentwicklung bezeichnet dagegen die Entwicklung der Zahlungsströme innerhalb dieses Zeitraums. Ursache für die Ungleichheit beider Größen ist, dass nicht alle Erträge/ Aufwendungen zwangsläufig auch zahlungswirksam sein müssen.
In der Praxis kommt es bei Unternehmen regelmäßig zu Abweichungen zwischen
Gewinn- und Liquiditätsentwicklung. Ein Unternehmen kann z. B. hohe Gewinne
ausweisen und dennoch Zahlungsschwierigkeiten haben (z. B. weil Kunden ihre
Rechnungen noch nicht bezahlt haben) oder umgekehrt hohe Verluste erwirtschaften
und gleichzeitig über eine komfortable Liquiditätssituation verfügen (z. B. weil das
Unternehmen seine eigenen Verbindlichkeiten noch nicht beglichen hat). Dabei können die Abweichungen zwischen Gewinn und Liquidität vorübergehend bestehen,
aber auch länger andauern.
Gewinn und Liquidität stimmen allein in dem speziellen Fall überein, dass im Geschäftsjahr
1. die Umsatzerlöse (Ertrag  Gewinnerhöhung) zu gleich hohen Einnahmen
(Liquiditätszufluss) geführt haben
 konstante Forderungen aus Lieferung und Leistung
2. die erhaltenen Rechnungen für betrieblichen Aufwand (Aufwand  Gewinnreduzierung) vom Unternehmen bezahlt wurden (Liquiditätsabfluss)
 konstante Verbindlichkeiten gegenüber Finanzamt/ Lieferanten
3. Die Abschreibungen (Aufwand  Gewinnreduzierung) den Tilgungen (Liquiditätsabflüsse) exakt entsprechen
4. Investitionen über die Zuführung von liquiden Mitteln in der gleichen Höhe finanziert worden sind (Aufnahme von Darlehen, Kapitalerhöhung)
5. Gewinne (Erträge  Gewinnerhöhung) nicht ausgeschüttet worden sind (Liquiditätszufluss aus Gewinnen).
Diese Voraussetzungen zeigen, dass Gewinn und Liquidität eines Unternehmens
i. d. R. auseinander fallen.
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Beispiel: Temporäre Abweichung zwischen Gewinn und Liquidität (die o.a.
Annahmen gelten für das nachstehende Beispiel)
Aufgrund drohender Prozessrisiken muss das Unternehmen im Jahr 1 eine
Rückstellung in Höhe von T€ 1.000 bilden
GuV Jahr 1
Umsatz
Kosten
Rückst.
Gewinn
10.000
9.000
1.000
0
Bilanz Jahr 1
T€
T€
T€
T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
8.000 T€ Eigenkapital
8.000 T€
1.000 T€
Flüssige Mittel 1.000 T€ Rückst.
Bilanzsumme
9.000 T€ Bilanzsumme
9.000 T€
--> Liquiditätszufluss T€ 1.000 totz Null-Gewinn
Die Rückstellungen stellen (wie auch Abschreibungen) einen Aufwand dar,
der aber zu keinem unmittelbaren Liquiditätsfluss führt. Das Ergebnis des
Unternehmens verringert sich durch die Bildung der Rückstellung auf 0 T€.
Der Liquiditätszufluss beträgt dennoch 1.000 T€.
Im Jahr 2 wird das Unternehmen in dem Prozess zu einer Geldstrafe von
1.000 T€ verurteilt. Die Rückstellung wird verbraucht und die Strafe muss
gezahlt werden (Liquiditätsabfluss).
GuV Jahr 2
Umsatz
Kosten
10.000 T€
9.600 T€
Gewinn
400 T€
Bilanz Jahr 2
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
8.000 T€ Eigenkapital
8.400 T€
Flüssige Mittel
400 T€
Bilanzsumme
8.400 T€ Bilanzsumme
8.400 T€
--> Liquiditätsbedarf T€ 600 trotz Gewinn
(T€ 400 Gewinn - T€ 1.000 Prozesszahlung =
Reduzierung der flüssigen Mittel um T€ 600)
Obwohl das Unternehmen einen Gewinn erwirtschaftet hat, ist ihm keine
Liquidität zugeflossen, da diese durch die Zahlung der Strafe kompensiert
wurde.
Abb. 4 Beispiel zur Unterscheidung von Gewinn und Liquidität
Zur Analyse der Liquiditätsentwicklung wird eine so genannte Kapitalflussrechnung
verwendet (auch als Mittelherkunfts- und Mittelverwendungsrechnung, Bewegungsbilanz oder Finanzstromanalyse bezeichnet), die genau die Verbindung herstellt zwischen dem Jahresüberschuss (Gewinn) und der Liquidität (Kontoentwicklung) (vgl.
Frage 31).
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6
Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Bilanz und der Gewinn- und
Verlustrechnung (GuV)?
Rein formal stellt im System der doppelten Buchführung die GuV ein Bilanzkonto unter vielen dar. Hier werden sämtliche Erträge und Aufwendungen eines Geschäftsjahres gebucht, während beispielsweise auf den Darlehenskonten sämtliche Tilgungen und Darlehenszugänge erfasst werden. Bei der Bilanzerstellung werden dann
die Salden sämtlicher Konten zum Eröffnungswert der entsprechenden Bilanzposition addiert.
Beispiel:
Bilanz: Wert zum 31.12.
Aktiva
Passiva
Eigenkapital 1.1.
+ Jahresüberschuss
= Eigenkapital 31.12.
GuV: vom 1.1. bis 31.12.
2,5 Mio. €
1 Mio. €
3,5 Mio. €
Umsatz
./. Materialaufwand
./. Personal
./. Abschreibungen
./. Son. Aufwand
Gewinn
10
4
3
1
1
1
Mio.
Mio.
Mio.
Mio.
Mio.
Mio.
€
€
€
€
€
€
Abb. 5 Zusammenhang zwischen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung
Die Bilanz gibt damit einen Überblick über die Vermögens- und Finanzlage des Unternehmens zum Bilanzstichtag. Dabei werden auf der Aktivseite alle im Unternehmen vorhandenen Vermögensgegenstände (z. B. Gebäude und Grundstücke, Vorräte, Forderungen) aufgeführt. Die Passivseite stellt die Art der Finanzierung dar (z. B.
Eigenkapital, langfristiges Fremdkapital oder kurzfristige Verbindlichkeiten wie Bankoder Lieferantenverbindlichkeiten).
In der Gewinn und Verlustrechnung wird dagegen der Gewinn eines Jahres dargestellt. Diesen kann man alternativ auch aus der Bilanz als Veränderung der Eigenkapitalposition von einem Bilanzstichtag zum nächsten ermitteln.
Ein zweiter wesentlicher Zusammenhang zwischen GuV und Bilanz wird durch das
Prinzip der doppelten Buchführung begründet. So hat jede Buchung auf einem Konto
eine Gegenbuchung auf einem anderen Konto zur Folge. D. h. jede in der GuV ausgewiesene Buchung zieht eine entsprechende Veränderung einer Bilanzposition
nach sich. Das sei an folgenden Beispielen erläutert.
 Erzielt ein Unternehmen einen Umsatz, führt der zu einer Veränderung in der Bilanz, entweder durch einen Liquiditätszufluss (z.B. erhöht sich bei einem Bargeschäft die Bilanzposition „Kasse“) oder bei einem Rechnungsumsatz die Bilanzposition „Forderung aus Lieferung und Leistung“.
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 Die Aufwandsposition „Abschreibungen“ in der GuV reduziert den ausgewiesenen
Wert des Anlagevermögens in der Bilanz.
Bilanz zum 01.01.
Aktiva
Passiva
Eigenkapital
2,5 Mio. €
Anlagevermögen
11,0 Mio. €
Kasse
Bilanzsumme
Schulden
0,2 Mio. €
11,2 Mio. € Bilanzsumme
8,7 Mio. €
11,2 Mio. €
GuV
Umsatz
davon Barumsatz
…
…
Abschreibungen
…
Gewinn
10,0 Mio. €
0,5 Mio. €
1,0 Mio. €
1,0 Mio. €
Bilanz zum 31.12.
Aktiva
Passiva
Eigenkapital
Anlagevermögen
10,0 Mio. €
Kasse
Bilanzsumme
Schulden
0,7 Mio. €
10,7 Mio. € Bilanzsumme
3,5 Mio. €
7,2 Mio. €
10,7 Mio. €
Abb. 6 Auswirkung von Erfolgsbuchungen auf die Bilanz
Der per Saldo in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Gewinn (Verlust)
erhöht oder verringert die Bilanzposition Eigenkapital.
7
Wie errechnet sich das Eigenkapital eines Unternehmens?
Grundsätzlich ist das Eigenkapital stets die Differenz zwischen den in einer Bilanz
auf der linken Seite ausgewiesenen Vermögenswerten (Aktiva) und den auf der rechten Seite ausgewiesenen Verbindlichkeiten (Passiva) eines Unternehmens.
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Bilanz
Aktiva
Vermögen
Passiva
22 Mio. €
Verbindlichkeiten
19 Mio. €
Eigenkapital
3 Mio. €
Abb. 7 Herleitung des Eigenkapitals aus der Bilanz
In der Praxis wird das Eigenkapital durch jährliche Fortschreibung ermittelt: Zum
Zeitpunkt der Gründung stellt das Eigenkapital eines Unternehmens dasjenige Kapital dar, das von den Unternehmensgründern in die Unternehmung eingebracht wurde
(Stammkapital bei Aktiengesellschaften, Gezeichnetes Kapital bei Kapitalgesellschaften). Der Restbetrag, der zur Finanzierung des Anlage- und Umlaufvermögens benötigt wird, ist durch Fremdkapital (z. B. Bankdarlehen, Lieferantenverbindlichkeiten) zu
finanzieren.
Während sich im Laufe der Zeit z. B. die Bankdarlehen (gemäß der Regelung im
Kreditvertrag) durch Tilgungen reduzieren, wird die Entwicklung des Eigenkapitals im
Wesentlichen von der Ertragssituation und der Ausschüttungspolitik des Unternehmens bestimmt.
Eigenkapital zum 01.01.
+
-
Unternehmensgewinn
Unternehmensverlust
+
-
Kapitalerhöhungen
Ausschüttungen (Dividenden)
+/- ertragsneutrale Verrechnungen
(z. B. Währungsdifferenzen)
= Eigenkapital zum 31.12.
Abb. 8 Beeinflussung des Eigenkapitals durch Ertragslage und Ausschüttungspolitik
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Ein positiver Jahresüberschuss erhöht das Eigenkapital eines Unternehmens, während ein Unternehmensverlust das Eigenkapital entsprechend reduziert.
Ertragsneutrale Verrechnungen sind in Konzernabschlüssen regelmäßig anzutreffen,
können aber auch in Einzelabschlüssen ausgewiesen werden. So können nach dem
HGB Änderungen von Wertansätzen auf Grund von Währungsdifferenzen zwischen
zwei Stichtagen oder Firmenwerte direkt – das heißt ohne Berührung der GuV - mit
den Rücklagen verrechnet werden.
8
Was ist der Unterschied zwischen einem Geschäftsbericht, einem
Jahresabschluss und einem Prüfungsbericht?
Bestandteile
Der Geschäftsbericht ist die Veröffentlichung eines Unternehmens, in der es gegenüber den Anteilseignern und der interessierten Öffentlichkeit Rechenschaft über
das abgelaufene Geschäftsjahr ablegt. Er umfasst i. d. R. die Rechnungslegungsinstrumente Jahresabschluss, Lagebericht der Geschäftsleitung, in einigen Fällen Teile
des Wirtschaftsprüfungsberichts, freiwillige Informationen sowie häufig auch Bestandteile zur Selbstdarstellung des Unternehmens.
Geschäftsbericht
Jahresabschluss
Jahresabschluss
Gewinn- und Verlustrechnung
Lagebericht
Bilanz
ggfs. Teile des Prüfberichtes
Anhang
Zusätzl.freiwillige Bestandt. wie:
Prüfbericht
Bericht über die Prüfung des
Jahresabschlusses sowie des
Lageberichts mit Stellungnahmen
des Wirtschaftsprüfers.
- Segmentberichterstattung
- Kapitalflussrechnung
- Eigenkapitalspiegel
- Sozialbericht
Pflicht
Freiwillig
Aufstellungspflicht für jeden
Kaufmann
Aufstellungspflicht bei
mittelgroßen und großen
Kapitalgesellschaften.
Veröffentlichung
- etc.
Nein
Ja
Nein, lediglich der darin
enthaltene Bestätigungsvermerk
Adressaten
Insbesondere:
Insbesondere:
Insbesondere:
- Gläubiger
- Gläubiger
- potenzielle Investoren
- Unternehmensleitung
- Unternehmensleitung
- Beschäftigte
- Fiskus
- Eigner (Aktionäre)
- Interessierte Öffentlichkeit
Abb. 9 Gegenüberstellung von Geschäftsbericht, Jahresabschluss und Prüfungsbericht
© Hans-Böckler-Stiftung – März 2007
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Der Jahresabschluss ist nur ein, wenn auch der zentrale Bestandteil des Geschäftsberichtes. Er besteht stets aus der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz. Bei Kapitalgesellschaften muss der Jahresabschluss um einen Anhang ergänzt
werden. Die Geschäftsführung mittelgroßer und großer Kapitalgesellschaften muss
zusätzlich zum Jahresabschluss einen Lagebericht erstellen. Bei kapitalmarktorientierten Konzernen muss der Jahresabschluss außerdem um eine Segmentberichterstattung, eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel ergänzt werden.
Der Prüfungsbericht ist ein Bericht des Wirtschaftsprüfers zum entsprechenden
Jahresabschluss. Die mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften sind gemäß
Handelsgesetzbuch (§ 316 HGB) verpflichtet, ihren Jahresabschluss durch einen
Abschlussprüfer (Wirtschaftsprüfer) testieren zu lassen. Der Wirtschaftsprüfer muss
zunächst zur Lagebeurteilung der gesetzlichen Vertreter des Unternehmens Stellung
nehmen. Darüber hinaus kontrolliert er die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und
den Jahresabschluss auf vorschriftsmäßige – d. h. Gesetz und Satzung entsprechende – Erstellung. Diese Prüfungshandlungen werden innerhalb des Prüfungsberichts angegeben. Das Ergebnis der Prüfungshandlungen muss der Wirtschaftsprüfer
in einem Bestätigungsvermerk (so genanntes Testat) dokumentieren.
9
Wer muss einen Geschäftsbericht und/oder einen Jahresabschluss
und/oder einen Prüfungsbericht aufstellen?
Jeder Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches muss einen Jahresabschluss
aufstellen (§ 238 ff. HGB). Diese Buchführungspflicht wird in § 141 der Abgabenordnung auf alle übrigen gewerblichen Unternehmen mit einer bestimmten Größenordnungen ausgedehnt, die nach § 2 HGB mit ihrer Eintragung ins Handelsregister
buchführungspflichtig werden (vgl. zu den Größenklassen Frage 2).
Einen Prüfungsbericht muss dagegen nur ein prüfungspflichtiges Unternehmen erstellen lassen. Die Prüfungspflicht ergibt sich dabei aus § 316 HGB und gilt für alle
mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften. Eine Kapitalgesellschaft wird als mittelgroß bzw. groß eingestuft, wenn zwei der drei folgenden Kriterien an den letzten
beiden Bilanzstichtagen erfüllt sind:
Größenmerkmale von Kapitalgesellschaften nach § 267 HGB
Bilanzsumme (Mio. €):
Umsatzerlöse (Mio. €):
Mitarbeiter:
klein
bis 4,015
bis 8,03
bis 50
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mittelgroß
über 4,015 bis 16,06
über 8,03 bis 32,12
über 50 bis 250
groß
über 16,06
über 32,12
über 250
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Der Geschäftsbericht dient in erster Linie dazu, gegenüber den Gesellschaftern des
Unternehmens und der interessierten Öffentlichkeit Rechenschaft über den Verlauf
des vergangenen Geschäftsjahres abzulegen. Geschäftsberichte werden typischerweise von börsennotierten Aktiengesellschaften erstellt. Die Pflicht zur Erstellung
ergibt sich dabei aus der Pflicht zur Erstellung der einzelnen Bestandteile. Die Erstellung des Geschäftsberichts selbst ist freiwillig.
10 Muss der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers veröffentlicht werden?
Nein, das Handelsgesetzbuch schreibt lediglich vor, dass der Bestätigungsvermerk
bzw. der Vermerk über dessen Versagung veröffentlicht werden muss. Allerdings
können nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gesellschafter und Gläubiger eines
Unternehmens unter bestimmten Voraussetzungen Einsicht in die Prüfungsberichte
der letzten drei Jahre nehmen (§ 321 a HGB).
Umfang der Offenlegung (am Beispiel von großen Kapitalgesellschaften)
-
Jahresabschluss
-
Lagebericht
-
Bericht des Aufsichtsrates
Bei Mutterunternehmen inkl. der Ergebnisse der
Prüfung des Konzernabschlusses und des Lageberichts
-
Ergebnissverwendungsvorschlag
Inkl. des Beschlusses über die Ergebnisverwendung
-
Entsprechendserklärung zum Corporate
Governance Kodex
Bestätigungsvermerk (bzw.
Versagungsvermerk)
Ggf. Änderungen des Jahresabschlusses
bzw. des Bestätigungsvermerks
Nur bei börsennotierten Kapitalgesellschaften
-
Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz und Anhang
Nur bei prüfungspflichtigen Kapitalgesellschaften
Aufgrund eines Feststellungsbeschlusses bzw. einer
Nachprüfung
Abb. 10 Offenlegungsvorschriften für Kapitalgesellschaften
Innerhalb von zwölf Monaten nach der Aufstellung des Jahresabschlusses müssen
diese Unterlagen beim zuständigen Handelsregister eingereicht werden. Im Bundesanzeiger muss bekannt gemacht werden, unter welcher Registernummer bei welchem Handelsregister die Unterlagen einzusehen sind (kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften). Große Kapitalgesellschaften sind verpflichtet, ihre Unterlagen
analog zu den kleinen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften beim Handelsregister
einzureichen und zusätzlich diese Unterlagen im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.
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11 Bedeutet ein negatives Eigenkapital/ein „nicht durch Eigenkapital
gedeckter Fehlbetrag“, dass das Unternehmen insolvent ist?
Nein, nicht generell. Der Begriff der Insolvenz ist in der Insolvenzordnung (InsO) definiert. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird auf Antrag (z. B. durch Geschäftsführer oder Gläubiger) ausgelöst, wenn einer der drei folgenden Tatbestände
erfüllt ist:
 Zahlungsunfähigkeit
 drohende Zahlungsunfähigkeit
 Überschuldung (nicht bei Personengesellschaften).
Eine bilanzielle Überschuldung ist dann gegeben, wenn die Vermögenswerte in
einer Bilanz kleiner ausfallen als die ausgewiesenen Verbindlichkeiten, wenn also ein
negatives Eigenkapital vorhanden ist.
HGB-Bilanz
Aktiva
Vermögensgegenstände
Negativkapital
Bilanzsumme
Passiva
8.000 T€ Schulden
2.000 T€
10.000 T€ Bilanzsumme
10.000 T€
10.000 T€
Abb. 11 Beispiel für eine bilanzielle Überschuldung
Die bilanzielle Überschuldung, d. h. ein in der Bilanz ausgewiesenes Negativkapital,
führt jedoch nicht automatisch zu einem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Entscheidend ist vielmehr, ob die tatsächlichen Vermögenswerte kleiner ausfallen als die Verbindlichkeiten eines Unternehmens. Dafür ist eine Neubewertung
sämtlicher Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten erforderlich, die in einer
Überschuldungsbilanz - auch Vermögensstatus genannt – durch einen branchenkundigen Dritten erfolgt. Anders als im HGB vorgeschrieben sind dabei z. B. stille
Reserven mit anzusetzen, um den tatsächlichen Wert der Vermögensgegenstände
zu ermitteln.
Stille Reserven entstehen dadurch, dass ein Vermögensgegenstand entweder
schneller abgeschrieben wird, als er tatsächlich an Wert verloren hat (z. B. durch
Sonderabschreibungen), oder dass der Wert des Vermögensgegenstandes im Zeitverlauf sogar gestiegen ist (z. B. bei einer Immobilie). Diese Wertsteigerung darf in
der Bilanz nicht angesetzt werden, so dass sie auch nicht offen ausgewiesen wird.
Der Differenzbetrag zwischen dem tatsächlichen Wert und dem Restbuchwert wird
als „stille Reserve“ bezeichnet.
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Überschuldungs-Bilanz
Aktiva
Vermögensgegenstände
+ Stille Reserven
= tatsächliches Vermögen
Bilanzsumme
Passiva
8.000 T€ Eigenkapital
2.500 T€ Schulden
500 T€
10.000 T€
10.500 T€
10.500 T€ Bilanzsumme
10.500 T€
Abb. 12 Beispiel für eine Überschuldungs-Bilanz
Sind genügend stille Reserven vorhanden, so dass der tatsächliche Wert der Vermögensgegenstände (inkl. der nicht in der Bilanz ausgewiesenen stillen Reserven) die
Verbindlichkeiten übersteigt, hat das Unternehmen de facto Eigenkapital, ist nicht
substanziell überschuldet und muss daher auch nicht Insolvenz wegen Überschuldung anmelden. Als Insolvenzgrund möglich bleibt aber auch in diesem Falle die
(drohende) Zahlungsunfähigkeit.
12 Unter welchen Bedingungen darf die Konzernobergesellschaft Gewinne
ihrer Tochtergesellschaften abziehen?
Konzernobergesellschaften können auf der Grundlage von Gewinnabführungsverträgen (bzw. Teilgewinnabführungsverträge oder andere Unternehmensverträge) die
Gewinne ihrer Tochtergesellschaften aus diesen Unternehmen abziehen. Das Recht
der Konzernobergesellschaft auf den Gewinn der Tochtergesellschaft ist aber auch
bei Vorliegen eines Gewinnabführungsvertrags nicht uneingeschränkt, da z. B. Gewinne im Tochterunternehmen zurückbehalten werden müssen, um gesetzliche Vorschriften zu erfüllen, wie z. B. bei Aktiengesellschaften die Bildung einer gesetzlichen
Eigenkapital-Rücklage (§ 300 AktG).
In der Praxis verläuft die Verschiebung von Gewinnen zwischen Unternehmen häufig
nicht über Gewinnabführungsverträge sondern über die entsprechende Festsetzung
von Verrechnungspreisen durch die Konzernobergesellschaft:
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Beispiel: Gewinnverschiebung durch entsprechende Festlegung von
Verrechnungspreisen
Das Tochterunternehmen erstellt ein Erzeugnis, das als Vorprodukt an die
Muttergesellschaft verkauft wird.
GuV
Muttergesellschaft
Umsatz
Materialaufwand
übrige Kosten
Gewinn
100.000
10.000
92.000
-2.000
GuV
Tochterunternehmen
T€
T€
T€
T€
Umsatz
10.000 T€
Kosten
Gewinn
7.000 T€
3.000 T€
Um die Verluste in der Muttergesellschaft zu vermeiden, legt die Mutter neue
Verrechnungspreise fest. Der Preis für die Leistung der Tochtergesellschaft wird
um 30 % (3.000 T€) gesenkt. Dadurch wird der Gewinn der
Tochterunternehmung abgezogen und zur Muttergesellschaft verlagert.
GuV
Konzernobergesellschaft
Umsatz
Materialaufwand
übrige Kosten
Gewinn
100.000
7.000
92.000
1.000
T€
T€
T€
T€
GuV
Tochterunternehmen
30 % - ige
Umsatz
7.000 T€
Kosten
Gewinn
7.000 T€
0 T€
Preissenkung
Abb. 13 Beispiel Verschiebung von Gewinnung durch Gestaltung von Verrechnungspreisen
Die Verrechnungspreise müssen einer Betriebsprüfung Stand halten, so dass Gewinnverschiebungen durch die Steuerung von Verrechnungspreisen nicht in unbegrenztem Umfang möglich sind.
13 In welchem Umfang darf das Unternehmen Abschreibungen bilden?
Grundsätzlich dienen Abschreibungen dazu, dem Werteverzehr von Vermögensgegenständen Rechnung zu tragen. Wertminderungen können sowohl für Güter des
Anlagevermögens (Immobilien, Maschinen etc.) als auch des Umlaufvermögens
(Forderungen aus Lieferung und Leistung, Vorräte etc.) berücksichtigt werden. I. d.
R. wird unter einer Abschreibung die Wertminderung des Anlagevermögens verstanden.
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Bei Gütern des Anlagevermögens ergibt sich diese Wertminderung nicht ausschließlich aus dem Gebrauch des Gutes sondern auch aus einer wirtschaftlichen, technischen und/oder modischen Abnutzung. So wird eine neue Maschine auch ohne Benutzung auf Grund des technischen Fortschritts mit der Zeit an Wert verlieren. Die
Höhe der jährlichen Abschreibungen wird von verschiedenen Faktoren bestimmt:
Abschreibung
auf Gegenstände des
Anlagevermögens
Planmäßige
Abschreibung
Außerplanmäßige
Abschreibung
z. B. durch Einschränkung der
wirtschaftlichen Nutzbarkeit
eines Gutes
 Höhe richtet sich
nach
Nutzungsdauer
eventuell: Verlängerung
der Nutzungsdauer
gebrauchter Güter
Abschreibungsmethode
linear, degressiv
Wahl einer
Vereinfachungsmethode
Sofortabschreibung von
geringwertigen
Wirtschaftsgütern (GWG)
Abb. 14 Bestimmungsgründe für die Höhe von Abschreibungen
Abnutzbare Gegenstände des Anlagevermögens (Gebäude, Maschinen, Kfz etc.)
werden in jedem Fall planmäßig über ihre voraussichtliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Ermessensspielräume ergeben sich aus dem Fehlen gesetzlicher Nutzungsdauern im Handelsrecht. Demgegenüber schreibt das Steuerrecht mit seinen
Afa-Tabellen (Afa: Absetzung für Abnutzung) für jeden Vermögensgegenstand eine
spezielle Nutzungsdauer fest. Nach diesen Vorgaben wird i. d. R auch die handelsrechtliche Abschreibung bemessen.
Neben der Länge der Nutzungsdauer bestehen bilanzpolitische Spielräume vor allem
in der Wahl der Abschreibungsmethoden. So kann die lineare, degressive oder die
Abschreibung nach Maßgabe der Inanspruchnahme gewählt werden:
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Beispiel: Abschreibungsmethoden
Die X AG Kauft eine Maschinen zu einem Preis von T€ 450, die
Nutzungsdauer beträgt 9 Jahre.
I. Lineare Abschreibung
= T€ 50 Afa p.a.
= 450 T€ / 9 Jahre
II. Degressive Abschreibung
= T€ 90 Afa im 1. Jahr
zusätzliche Afa T€ 40
= 20 % von 450 T€
Abb. 15 Beispiele für lineare und degressive Abschreibungen
Das Beispiel zeigt, dass ein Unternehmen dann die degressive Methode wählt, wenn
es einen kleineren als den maximalen Gewinn in der GuV ausweisen möchte. Die
Wahl der Abschreibungsmethode muss im Anhang erläutert werden.
Außerplanmäßige Abschreibungen sind dann vorzunehmen, wenn ein Vermögensgegenstand (abnutzbar oder nicht abnutzbar) eine unerwartete Wertminderung erfährt und diese voraussichtlich dauerhaft ist.
14 Warum führt eine Gewinn- und Verlustrechnung nach dem
Umsatzkostenverfahren zu dem gleichen Ergebnis wie eine Gewinn- und
Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren, obwohl das
Umsatzkostenverfahren keine Bestandsveränderungen enthält?
Voraussetzung dafür, dass beide Verfahren der Gewinnermittlung zum selben Unternehmensergebnis führen, ist eine korrekte und für die Wertermittlung identisch angewandte Kostenrechnung.
Die nach dem Gesamtkostenverfahren aufgestellte GuV könnte auch als Gesamtleistungsverfahren bezeichnet werden, da sie die gesamte Leistung eines Unternehmens im Geschäftsjahr ausweist. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistung bereits
schlussgerechnet wurde (Umsatzerlöse) oder ob sie sich noch im eigenen Bestand
befindet, z. B. weil der Auftrag noch nicht komplett fertig gestellt ist (Bestandsaufbau). Wegen der gleichermaßen erfolgenden Erfassung sowohl der schlussgerechneten als auch der noch im Bestand befindlichen Leistung werden analog auch sämtliche zur Leistungserzielung notwendigen Aufwendungen in der GuV erfasst.
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Demgegenüber weist das Umsatzkostenverfahren nur die Umsatzerlöse aus, also
die tatsächlich schlussgerechnete Leistung der Rechnungsperiode. Dieser Systematik folgend werden auf der Aufwandsseite auch nur die Kosten aufgeführt, die zur
Erstellung dieser Umsatzerlöse angefallen sind.
Für beide Verfahren werden Daten der Kostenrechnung benötigt, da sowohl die Bestandsveränderungen der Un-/Fertigen Erzeugnisse (Gesamtkostenverfahren) als
auch die im Zusammenhang mit dem erzielten Umsatz angefallenen Aufwendungen
(Umsatzkostenverfahren) zu Herstellungskosten bewertet werden. Da das Gesamtkostenverfahren zusätzliche Erträge, aber auch zusätzliche Aufwendungen ausweist,
wobei auch die zusätzlichen Erträge zu Herstellungskosten bewertet werden, ist das
Ergebnis der beiden Verfahren prinzipiell identisch.
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Beispiel: Gesamtkosten-, Umsatzkostenverfahren
Die X AG produziert Maschinen, die sie folgendermaßen kalkuliert:
Kalkulation Maschine
T€
80
1 Materialeinzelkosten
(= Material)
2 Fertigungseinzelkosten
(= Lohnkosten)
3 Fertigungsgemeinkosten
=
a
Meistergehälter
b
Afa
c
Fuhrpark
d
Energie
e
Sonstige Kosten
=
Herstellungskosten
4
5 Vertriebsgemeinkosten
6 Gewinn
7 = Verkaufspreis
110
10
30
25
10
40
305
20
30
355
Im vergangenen Geschäftsjahr hat die X AG 10 Maschinen verkauft und 2
weitere Maschinen fertiggestellt, die aber bis zum Ende des Geschäftsjahres noch nicht verkauft worden sind.
GuV nach dem Gesamtkosten-Verfahren
Umsatzerlöse (10 Maschinen)
+ Bestandsveränderung (2 Ma.)
= Gesamtleistung (12 Ma.)
./. Materialaufwand (12 Ma.)
./. Personalaufwand (12 Ma.)
./. Afa (12 Ma.)
./. Fuhrpark (12 Ma.)
./. Energie (12 Ma.)
./. Sonstiger Aufwand (12 Ma)
./. Vertriebsaufwand (10 Ma.)
= Summe Aufwand
T€
3.550
610
4.160
960
1.440
360
300
120
480
200
3.860
= Betriebsergebnis GKV
300
GuV nach dem Umsatzkosten-Verfahren
Umsatzerlöse (10 Maschinen)
./. Herstellungskosten zur
Umsatzerzielung (10 Ma.)
= Bruttoergebnis vom Umsatz
./. Vertriebsaufwand (10 Ma.)
= Betriebsergebnis UKV
T€
3.550
3.050
500
200
300
Abb. 16 Gegenüberstellung einer GuV nach Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren
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15 Was versteht man unter dem Begriff „Finanzierung aus Rückstellungen“?
Die Finanzierung eines Unternehmens aus Rückstellungen ist eine spezielle Art der
Innenfinanzierung. Im Gegensatz zur Außenfinanzierung erfolgt sie nicht über die
Zuführung externer Mittel, wie z. B. Kredite oder Kapitalerhöhungen.
Unter einer Rückstellung werden Verbindlichkeiten verstanden, die in Zukunft zu einem Liquiditätsabfluss führen können (z. B. Prozesskostenrückstellung). Der exakte
Liquiditätsbedarf ist hinsichtlich seiner Höhe und / oder des Fälligkeitszeitpunktes
noch nicht bekannt.
Die Systematik der Finanzierung aus Rückstellungen lässt sich wie folgt beschreiben: Die Bildung einer Rückstellung schmälert zwar den Gewinn, führt aber nicht zu
einem zeitgleichen Liquiditätsabfluss. In Höhe neu gebildeter Rückstellungen gewinnt
das Unternehmen also über den Gewinn hinaus Liquidität.
Beispiel: Finanzierung aus Rückstellungen
GuV
Umsatz
Kosten
Rückst.aufwand
Gewinn
Cash flow
Bilanz
10.000
9.000
1.000
0
T€
T€
T€
T€
1.000 T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
9.000 T€ Eigenkapital
0 T€
Fremdkapital
9.000 T€
1.000 T€
Rückstellung
Flüssige Mittel 1.000 T€
Bilanzsumme 10.000 T€ Bilanzsumme
10.000 T€
Obwohl das Unternehmen keinen Gewinn erzielt hat, ist ein Cash flow von 1.000 T€
erwirtschaftet worden (= Betriebsergebnis + Rückstellungsaufwand). Diese Liquidität
(hier: flüssige Mittel) steht dem Unternehmen z. B. zur Finanzierung von Investitionen
oder zur Tilgung von Verbindlichkeiten zur Verfügung.
Abb. 17 Beispiel für eine Finanzierung aus Rückstellungen
16 Wodurch wird festgelegt, welche Vermögensgegenstände und Schulden in
der Bilanz ausgewiesen werden müssen bzw. dürfen?
Maßgeblich für die Pflicht bzw. das Verbot einer Aktivierung von Vermögensgegenständen/ Passivierung von Verbindlichkeiten sind das Handelsrecht (HGB für Handelsbilanzen) sowie das Steuerecht (für Steuerbilanzen). Nach § 246 HGB hat der
Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden zu enthalten (Bilanzierungsgebote), soweit das gesetzlich bestimmt ist. Dadurch soll gewährleistet
werden, dass der Jahresabschluss die tatsächlichen Vermögens- und Schuldenverhältnisse widerspiegelt. Als Vermögenswert definiert das HGB diejenigen Güter, die
eigenständig bewertbar und verwertbar sind.
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Bilanzierungsverbote resultieren letztlich aus dem Vorsichtsprinzip, das dem HGB
zugrunde liegt. So dürfen z. B. selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände,
wie Marken und Kundenlisten, nicht aktiviert werden.
Hinzu kommen Bilanzierungswahlrechte, die das HGB zulässt. Bei Bilanzierungswahlrechten handelt es sich um Bilanzpositionen, die nach dem HGB vom Grundsatz her bilanziert werden müssen, bei denen der Gesetzgeber dem Bilanzierenden
aber ein Wahlrecht einräumt, den Vermögensgegenstand auch tatsächlich zu bilanzieren oder nicht.
17 Wodurch wird festgelegt, mit welchem Wert ein Vermögensgegenstand und
die Schulden in der Bilanz anzusetzen sind?
Die Bewertungsansätze von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten sind im
Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Grundsätzlich spiegelt sich in den Bewertungsansätzen das dem HGB zugrunde liegende Vorsichtsprinzip wider: Vermögensgegenstände dürfen höchstens mit ihren Anschaffungs- und Herstellungskosten, ggf.
vermindert um Abschreibungen, in der Bilanz angesetzt werden, Verbindlichkeiten
müssen dagegen mit ihrem maximalen Wert (zu Rückzahlungsbeträgen) angesetzt
werden.
Konkret wird das Vorsichtsprinzip dadurch umgesetzt, dass Vermögensgegenstände
grundsätzlich zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die planmäßigen Abschreibungen bewertet werden - es sei denn, der Marktwert des Vermögensgegenstandes liegt unter diesem Wert. Gegenstände des Anlagevermögens
sind dann in ihrem Wert entsprechend zu mindern, wenn ein niedrigerer Marktwert
dauerhaft zu erwarten ist. Umlaufvermögen, wie Vorräte, sind sofort auf den geringeren Wertansatz abzuschreiben (strenges Niederstwertprinzip).
Dabei unterscheiden sich die Regeln des Handelsgesetzbuches zum Teil deutlich
von denen der internationalen Rechnungslegung (US-GAAP und IAS/IFRS). Letztere
werden vom „Fair Value“-Prinzip bestimmt. Danach soll der „tatsächliche“ Marktwert
angesetzt werden, was bei IAS/IFRS auch Wertzuschreibungen zur Folge haben
kann.
Grundsätzlich gilt: Eine Höherbewertung eines Vermögensgegenstandes hat eine
Erhöhung des Gewinns und damit des Eigenkapitals zur Folge. Eine Erhöhung einer
Passivposition (z. B. Pensionsrückstellung) bewirkt eine Verringerung des Gewinns
und des Eigenkapitals.
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18 Was versteht man unter „Aktivierung“ und „Passivierung“?
Aktivierung bezeichnet die Bilanzierung eines Postens auf der Aktivseite der Bilanz
(anders ausgedrückt: die Aufnahme eines Wirtschaftsgutes in die Bilanz). Grundsätzlich kann eine Aktivierung nur erfolgen, wenn das Wirtschaftsgut nicht dem Aktivierungsverbot unterliegt, zum Betriebsvermögen gehört, am Bilanzstichtag vorhanden
ist und zum Eigentum des Bilanzierenden gehört. Beispiele: Fabrikgebäude, Vorräte,
Anzahlungen, etc. Führt ein Geschäftsvorfall zur Aktivierung eines Bilanzpostens, hat
das entsprechend weniger Aufwand oder mehr Ertrag und dementsprechend wiederum eine Gewinnsteigerung in der GuV zur Folge. Umgekehrt führt in den Folgejahren
die Auflösung der Aktivierung, z. B. über die Abschreibungen abnutzbarer Wirtschaftsgüter, zu einer Gewinnminderung.
Mit einer Passivierung werden Vermögenswerte in die Passivseite der Bilanz aufgenommen. Zu den Passivposten der Bilanz gehören das Eigen- und das Fremdkapital. Voraussetzung einer Passivierung ist, dass entweder eine Rückstellung, eine
Verbindlichkeit, ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten oder eine steuerfreie
Rücklage besteht.
19 Worin unterscheiden sich bilanzielles, nominelles, wirtschaftliches und
haftendes Eigenkapital?
Allgemein bezeichnet Eigenkapital dasjenige Kapital, welches einem Unternehmen
von seinen Eigentümern ohne zeitliche Begrenzung und ohne festen Verzinsungsanspruch zur Verfügung gestellt wird. Unterschieden wird zwischen nominellem, bilanziellem und wirtschaftlichen Eigenkapital.
Das bilanzielle Eigenkapital stellt das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital dar.
Es gliedert sich in das gezeichnete Kapital (je nach Rechtsform Grund-, Nenn-, oder
Stammkapital genannt), die Rücklagen (Kapital- und Gewinnrücklage) sowie Gewinnvorträge und den Jahresüberschuss. Soweit die Rücklagen durch Einbehaltung
von Gewinnen entstanden sind, werden sie als Gewinnrücklagen bezeichnet. Kapitalrücklagen werden durch Kapitalerhöhungen oder einen Aufschlag auf das eingezahlte Nennkapital gebildet. Letztlich ist das bilanzielle Eigenkapital immer die Differenz,
um die die bilanzierten Vermögenswerte die bilanzierten Verbindlichkeiten eines Unternehmens übersteigen.
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Beispiel: Eigenkapital
Gezeichnetes Kapital (AG)
= NOMINELLES EIGENKAPITAL
auch Stammkapital (GmbH)
oder Grundkapital genannt
+ Kapitalrücklagen
+ Gewinnrücklagen
+/- Gewinnvortrag/Verlustvortrag
+/- Jahresüberschuss / -fehlbetrag
= BILANZIELLES EIGENKAPITAL
./. Ausstehende Einlagen
die nicht direkt verfügbar sind
+ Forderungen gegen Gesellschafter
die eingetrieben werden können
./. Verbindlichkeiten gegen Gesellschafter
die abgeführt werden müssen
+ Eigenkapitalersetzende Darlehen
z.B. mit Rangrücktritt
+ Sonderposten mit Rücklageanteil
= WIRTSCHAFTLICHES EIGENKAPITAL
Abb. 18 Eigenkapital-Begriffe
Unter wirtschaftlichen Eigenkapital versteht man dasjenige Kapital, das einem Unternehmen als Eigenmittel tatsächlich zur Verfügung steht. In der Praxis korrigieren
externe Analysten das bilanzielle Eigenkapital um bestimmte Bilanzpositionen. So
werden z. B. Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktritt zum wirtschaftlichen Eigenkapital gezählt. Streng genommen bleiben sie zwar Fremdmittel, da sie zurückgezahlt
werden müssen. Weil die Ansprüche der Gesellschafter wegen des Rangrücktritts
aber nach denen der übrigen Gläubiger befriedigt werden, sie also quasi wie Eigenkapital haften, zählt man solche Darlehen auch zum Eigenkapital. Dagegen ziehen
viele Kreditinstitute Firmenwerte in der Bilanzanalyse vom Eigenkapital ab, weil darin
auch nicht realisierte Gewinnerwartungen erfasst sind. Das wirtschaftliche Eigenkapital ist die relevante Eigenkapitalgröße im Zusammenhang mit Haftungsfragen, im
Rahmen von Insolvenzverfahren und beim Rating.
Mit dem nominellen Eigenkapital ist das bilanziell ausgewiesene konstante Eigenkapital (Grund-, bzw. Stamm- bzw. gezeichnetes Kapital) gemeint. Hierzu zählen im
Gegensatz zum bilanziellen Eigenkapital keine Rücklagen und Gewinnvorträge.
Haftendes Eigenkapital ist im Unterschied zu den oben erläuterten Formen des Eigenkapitals ein Begriff aus dem Kreditwesen. Jede Bank ist gesetzlich verpflichtet,
ein angemessenes Eigenkapital („haftendes Eigenkapital“) vorzuhalten, das sich aus
dem Kernkapital und dem Ergänzungskapital zusammensetzt. Die rechtlichen Anforderungen an die Höhe des haftenden Eigenkapitals unterscheiden sich je nach
Rechtsform.
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Eigenkapital wird fälschlicherweise auch als haftendes Kapital bezeichnet, da die
Haftung der Gesellschafter von Kapitalgesellschaften auf das überlassene Kapital
beschränkt ist und sie nicht zur Nachzahlung verpflichtet sind. Das Unternehmen
selbst haftet aber für seine Schulden mit dem gesamten Vermögen. Bei Personengesellschaften hafteten die Eigentümer darüber hinaus auch mit ihrem Privatvermögen.
Beispiel: Wahlrecht zur Aktivierung eines entgeltlich erworbenen Firmenwertes.
Ein Unternehmen erwirbt ein anderes Unternehmen für 6.000 T€. Es bezahlt für
das Unternehmen 1.000 T€ mehr, als das erworbene Unternehmen an
Eigenkapital ausweist.
Im Konzernabschluss der Unternehmensgruppe besteht ein Wahlrecht, den
Firmenwert zu aktivieren oder mit dem Eigenkapital zu verrechnen.
Alternative I: Aktivierung des entgeltlich erworbenen Firmenwertes
Konzernbilanz
Aktiva
Firmenwert
Anlagevermögen
Umlaufvermögen
Bilanzsumme
Hinweis:
1.000
6.000
9.000
16.000
Passiva
T€ Eigenkapital
7.000 T€
T€
T€ Fremdkapital
9.000 T€
T€ Bilanzsumme 16.000 T€
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde die Firmenwert-AfA
nicht berücksichtigt.
Alternative II: Verrechnung des Firmenwertes mit dem Eigenkapital
Bilanz des erwerbenden Unternehmens
Aktiva
Firmenwert
0
Anlagevermögen
6.000
9.000
Umlaufvermögen
Bilanzsumme
15.000
Passiva
T€ Eigenkapital
6.000 T€
T€
T€ Fremdkapital
9.000 T€
T€ Bilanzsumme 15.000 T€
Abb. 19 Beispiel für die Nutzung des Wahlrechts zur Aktivierung eines entgeltlich erworbenen Firmenwerts
Neben den Bilanzierungswahlrechten besteht eine weitere Ausnahme vom Grundsatz des Bilanzierungsgebotes/ -verbotes in den so genannten Bilanzierungshilfen.
Um ein periodengerechtes Ergebnis in der GuV darzustellen, lässt das Gesetz in einigen wenigen Ausnahmefällen Bilanzierungshilfen zu, z. B. den Sonderposten mit
Rücklageanteil.
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Die Gemeinsamkeit von Bilanzierungswahlrechten und Bilanzierungshilfen besteht
darin, dass die Bilanzierung der entsprechenden Position im Ermessen des Bilanzierenden liegt.
Grundsätzlich gilt: Wenn ein Bilanzierungswahlrecht oder eine Bilanzierungshilfe
zur Aktivierung genutzt wird, bedeutet das eine Erhöhung des Gewinns und des Eigenkapitals. Umgekehrt wirkt sich die Nutzung eines Passivierungswahlrechtes mindernd auf Gewinn und Eigenkapital aus.
20 Worin besteht der Unterschied zwischen Abschreibungen und
Wertberichtigungen?
Sowohl Abschreibungen als auch Wertberichtigungen bezeichnen die Wertminderung von Vermögen (z. B. Sachanlagen, Forderungen aus Lieferung und Leistung,
Vorräte etc.). Eine allgemeingültige Abgrenzung zwischen den Begriffen existiert
nicht. So findet z. B. im Handelsgesetzbuch (HGB) vor allem der Begriff der Abschreibung Verwendung: Nach § 275 HGB (Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung) werden Abschreibungen sowohl „auf immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen“ als auch „auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens“
durchgeführt.
Üblicherweise werden die Begriffe wie folgt voneinander abgegrenzt: Abschreibungen bezeichnen den planmäßigen und außerplanmäßigen (= Sonderabschreibungen) Werteverzehr des Anlagevermögens. Dagegen beschreibt eine Wertberichtigung im Allgemeinen die Wertminderung von Forderungen. Deutlich wird das an
den Begriffen „Einzelwertberichtigung“ oder „Pauschalwertberichtigung“, die speziell
für die Beschreibung einer Wertkorrektur auf Forderungen aus Lieferung und Leistung Verwendung finden.
21 Was bedeutet „Vorratsbewertung zu Vollkosten“?
Fertige und unfertige Erzeugnisse, also selbst erstellte Gegenstände des Vorratsvermögens, werden in der Bilanz in Höhe ihrer Herstellungskosten angesetzt. Das
HGB eröffnet jedoch in einer Handelsbilanz erhebliche bilanzpolitische Spielräume,
je nachdem, ob die Bewertung des Vorratsvermögens zu Vollkosten oder zu Teilkosten erfolgt. Nach der internationalen Rechnungslegung (IAS/IFRS, US-GAAP) ist nur
der Ansatz zu Vollkosten zulässig.
Der Unterschied zwischen beiden Bewertungsansätzen liegt in der Art der Kosten,
die als Herstellungskosten erfasst werden. Werden die selbst erstellten Vorräte zu
Teilkosten bewertet, dann werden allein die direkt zurechenbaren Kosten
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(= Einzelkosten) für Material und Personal (= Lohnkosten) berücksichtigt. Bei einem
Ansatz zu Vollkosten erhöhen sich die Herstellungskosten um die umlegbaren Gemeinkosten.
Beispiel: Herstellungskosten
Die Zusammensetzung der Herstellungskosten wird am Beispiel eines Bauunternehmens
erläutert. Bei der Bewertung eines laufenden Bauprojektes unterscheidet man zwischen
Kosten, die ursächlich mit dem produzierten Gut zusammenhängen (Einzelkosten, z. B.
Beton, Steine, Arbeitsstunden der Maurer) und Kosten, die zwar anfallen, jedoch nicht
direkt mit dem Bau dieses einen Gebäudes in Zusammenhang zu bringen sind
(Gemeinkosten). Bei diesen Gemeinkosten handelt es sich z. B. um Meistergehälter oder
Kosten für Fuhrpark, Energie, Lager etc.
HGB
Materialeinzelkosten
Materialeinkauf Stahl, Beton, etc.
Fertigungseinzelkosten
Arbeitsstunden der Bauarbeiter
Materialgemeinkosten
Energie, Lager, etc.
Fertigungsgemeinkosten
Personalkosten für Führungskräfte
Pflicht
IAS/IFRS und US-GAAP
Pflicht
Teilkosten
Pflicht
Pflicht
Wahlrecht
Pflicht
Wahlrecht
Pflicht
Vollkosten
Abb. 20 Zusammensetzung der Herstellungskosten nach HGB, IAS/IFRS und US-GAAP
Eine Bewertung zu Teilkosten führt zur Bildung von erheblichen stillen Reserven und
hat einen geringeren Gewinn- und damit Eigenkapitalausweis zur Folge. Erst zum
Zeitpunkt des Verkaufs werden die stillen Reserven gehoben. Der Ansatz von Vollkosten führt zu einem höheren Wertansatz des Vorratsvermögens (fertige/unfertige
Erzeugnisse), damit zu einer höheren Gesamtleistung des Unternehmens und somit
zu einem höheren Gewinnausweis. Umgekehrt führt die Entscheidung, alle oder einen Teil der Gemeinkosten nicht in die Bewertung der halbfertigen und fertigen Erzeugnisse einzubeziehen, d. h. sie nicht in der Bilanz zu aktivieren, zu einem niedrigeren Gewinnausweis.
22 Worin unterscheiden sich in- und externes Rechnungswesen?
Internes und externes Rechnungswesen unterscheiden sich in den angesprochenen
Adressaten und den damit verbundenen Zielen und Aufgaben.
Adressaten des internen Rechnungswesens (z. B. Kosten- und Leistungsrechnung) sind die Entscheidungsträger im Unternehmen selbst. Das interne Rechnungswesen liefert Informationen für wichtige unternehmerische Entscheidungen,
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wie z. B. die Preiskalkulation von Produkten, die Aufgabe oder den Ausbau von
Standorten etc. Die nachträgliche Erfolgsmessung bezieht sich i. d. R. nicht (ausschließlich) auf das Unternehmen als Ganzes, sondern auf einzelne Unternehmensbestandteile, Produktgruppen oder Produkte sowie regionale Märkte.
Das interne Rechnungswesen ist an keine gesetzlichen Vorgaben gebunden. Allerdings bedient es sich allgemeiner betriebswirtschaftlicher Verfahren (Deckungsbeitragsrechnung, Spartenerfolgsrechnung etc.).
Das externe Rechnungswesen dient in erster Linie der Information der übrigen,
häufig externen Adressaten. Dazu gehören z. B. die Gesellschafter des Unternehmens, das Finanzamt, die Gläubiger, Mitarbeiter, Kreditinstitute, aber auch die interessierte Öffentlichkeit. Das Ziel des externen Rechnungswesens ist, dem z. T. sehr
unterschiedlichen Informationsbedürfnis dieser Adressaten gerecht zu werden. Das
externe Rechnungswesen ist in hohem Maße durch gesetzliche Vorgaben reglementiert, um die Situation des Unternehmens objektiv und vergleichbar darzustellen (z. B.
zur Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage). Instrumente der externen Rechnungslegung sind z. B. die Handels- und die Steuerbilanz.
Im in- und externen Rechnungswesen werden unterschiedliche Begriffe verwendet,
die im alltäglichen Sprachgebrauch oft gleichgesetzt werden. Sie unterscheiden sich
jedoch durch die unterschiedlichen Ziele, denen das in- und externe Rechnungswesen verpflichtet ist. Das erläutern wir nachfolgend am Beispiel von Aufwendungen
und Kosten:
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Beispiel: Aufwendungen und Kosten
Die Begriffe "Aufwendungen" (externes Rechnungswesen) und "Kosten" (internes
Rechnungswesen) haben eine große Schnittmenge, sind aber nicht völlig identisch.
Neutrale Aufwendungen sind z. B. Spenden, Instandhaltungen für nicht betrieblich
genutzte Gebäude oder Kursverluste bei Wertpapieren, die nur zu spekulativen
Zwecken gehalten werden. Dieser Aufwand ist im externen Rechnungswesen
enthalten. Für betriebswirtschaftliche Entscheidungen, wie die Gewinnkalkulation
eines Produktes, ist er dagegen unerheblich und wird nicht berücksichtigt.
Aufwand
Kosten
Neutraler Aufwand
Betriebsfremder Aufwand
Außerordentlicher Aufwand
Bilanzielle Abschreibungen
Bilanzielle Fremdkapitalzinsen
Zusatzkosten
Kalkulator.
Kalkulator.
Kalkulator.
Kalkulator.
Abschreibungen
Zinsen
Unternehmerlohn
Wagnisse
Das interne Rechnungswesen enthält dagegen zusätzlich Kosten, die unter
betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten für Entscheidungen relevant sind, im
externen Rechnungswesen aber nicht angesetzt werden dürfen (Zusatzkosten). So
berücksichtigen z. B. kalkulatorische Zinsen auch eine Verzinsung des dem
Unternehmen zur Verfügung stehenden Eigenkapitals. Solche kalkulatorischen
Eigenkapitalzinsen können als der Renditeanspruch der Eigenkapitalgeber für das dem
Unternehmen überlassene Kapital verstanden werden.
Abb. 21 Unterscheidung von Aufwendungen und Kosten
23 Was ist der Unterschied zwischen einer Handels- und einer Steuerbilanz?
Woran erkennt man die jeweilige Bilanz?
Handels- und Steuerbilanz unterschieden sich durch den Zweck, zu dem sie aufgestellt werden.
Die Steuerbilanz dient dem Finanzamt zur Bemessung der Steuerzahllast eines Unternehmens. Aus diesem Grunde sind die Wahlmöglichkeiten (= die bilanzpolitischen
Spielräume) stark eingeschränkt, wodurch eine für alle Unternehmen möglichst einheitliche und gerechte Besteuerung gewährleistet werden soll.
Die Handelsbilanz dient vor allem der Erfüllung gesellschaftsrechtlicher oder satzungsmäßiger Anforderungen. So wird z. B. die Höhe von Ausschüttungen auf Basis
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der Handelsbilanz berechnet. Adressaten sind neben der Geschäftsführung die Eigenkapitalgeber und die interessierte Öffentlichkeit (Mitarbeiter, Kreditinstitute etc.).
Dabei ist der Anspruch an die Handelsbilanz, ein den tatsächlichen Verhältnissen
entsprechendes Bild von der Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage eines Unternehmens zu zeichnen. Um das zu erreichen, wurden dem Bilanzersteller größere Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte eingeräumt als bei der Steuerbilanz.
Beispiel
Handelsbilanz
Steuerbilanz
Aktivierungswahlrecht
Aktivierungspflicht
Bei Aktivierung des
Firmenwertes: 0 bis 40 Jahre
15 Jahre
Aktivierung Firmenwert
Firmenwert-Afa
Abb. 22 Unterscheidung von Handelsbilanz und Steuerbilanz
Daneben besteht zwischen Handels- und Steuerbilanz auch ein formaler Unterschied
in den jeweils anzuwendenden gesetzlichen Grundlagen. Die Handelsbilanz basiert –
wie der Name schon sagt – auf dem Handelsgesetzbuch (HGB), die Steuerbilanz im
Wesentlichen auf den Regelungen des Einkommensteuergesetzes (EStG). Da im
HGB Sachverhalte zur Bilanzierung z. T. umfassender und genauer geregelt sind als
im Einkommensteuergesetz, greift die Steuerbilanz des Öfteren auf Regelungen der
Handelsbilanz zurück (Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz).
Der externe Bilanzanalyst kann eine Handelsbilanz von einer Steuerbilanz durch diejenigen Sachverhalte unterscheiden, die nur bei einer Handelsbilanz auftreten können. Die wichtigsten Unterscheidungskriterien sind:
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Prüfungsbericht
ja
nein
Der Wirtschaftsprüfer prüft
ausschließlich die Handelsbilanz.
Aktivierung von Aufwendungen für die
Ingangsetzung und
Erweiterung des
Geschäftsbetriebs
ja
nein
Diese Bilanzierungshilfe existiert
nur in der Handelsbilanz.
Unübliche Nutzungsdauer
von Gütern des
Anlagevermögens
ja
nein
Maßstab für die Nutzungsdauer
in der Steuerbilanz sind die vom
Finanzministerium
veröffentlichten Afa-Tabellen.
Latente Steuern
ja
nein
Die Position existiert nur in der
Handelsbilanz.
Drohverlustrückstellungen
ja
nein
Die Bildung einer
Drohverlustrückstellung ist
steuerlich untersagt.
Abb. 23 Unterscheidungskriterien für Handels- und Steuerbilanz
24 Was versteht man unter einer Konsolidierung?
Unter Konsolidierung versteht man die Technik der Zusammenfassung der Einzelabschlüsse verschiedener Unternehmen zu einem gemeinsamen Jahresabschluss
(= Konzernabschluss oder konsolidierter Jahresabschluss). Ziel ist, die Unternehmensgruppe im konsolidierten Abschluss so darzustellen, als handelte es sich um
ein einziges Unternehmen (Fiktion der rechtlichen Einheit). Eine reine Addition der
GuV- und Bilanzpositionen der Jahresabschlüsse genügt allerdings nicht, da z. B. die
Summe der Gewinne (oder des Eigenkapitals) der Einzelabschlüsse ungleich dem
konsolidierten Gewinn (oder Eigenkapital) sein kann.
Aus diesem Grund werden die Einzelabschlüsse in vier Schritten zu einem konsolidierten Abschluss zusammengefasst (sprich: konsolidiert):
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1. Kapitalkonsolidierung
Aufrechnung des Beteiligungswertes des Konzernmutterunternehmens mit
dem Eigenkapital des Tochterunternehmens
2. Schuldenkonsolidierung
Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den
Konzernunternehmen
3. Zwischengewinneliminierung
Eliminierung von Gewinnen aus dem konzerninternen Leistungsaustauch, d. h.
aus Lieferungs-und Leistungsbeziehungen zwischen den Konzernunternehmen
4. Aufwands- und Ertragskonsolidierung
Verrechnung von Aufwendungen und Erträgen aus Innenumsätzen,
Ergebnisübernahmen und Beteiligungen
Abb. 24 Elemente der Konsolidierung
Im Folgenden zeigen wir jeden Konsolidierungsschritt und seine Auswirkungen an
Hand eines Beispiels:
Beispiel zur Kapitalkonsolidierung:
Tochterunternehmung (4.000 T€).
Die
Konzernobergesellschaft
hält
100%
des
Eigenkapitals
der
Bilanz Konzernobergesellschaft
Bilanz Tochterunternehmen
Aktiva
Passiva
Beteiligung
4.000 T€ Eigenkapital
4.000 T€
8.000 T€ Schulden
8.000 T€
Forderungen
Bilanzsumme 12.000 T€ Bilanzsumme 12.000 T€
Aktiva
Passiva
Forderungen
10.000 T€ Eigenkapital
4.000 T€
Schulden
6.000 T€
Bilanzsumme 10.000 T€ Bilanzsumme 10.000 T€
Bei einer reinen Addition der Bilanzen erhält man
folgendes Bild: Die Eigenkapitalquote wird mit 36%
ausgewiesen.
Erst die Konsolidierung zeigt die tatsächlichen
Vermögens- und Kapitalverhältnisse des Konzerns.
Nach der Aufrechnung des Beteiligungswertes des
Konzernmutterunternehmens mit dem Eigenkapital
des Tochterunternehmens beträgt die Eigenkapitalquote 22 %.
Bilanz bei reiner Addition der Bilanzen
Bilanz nach Konsolidierung
Aktiva
Passiva
Beteiligung
4.000 T€ Eigenkapital
8.000 T€ 36%
Forderungen
18.000 T€ Schulden
14.000 T€
Bilanzsumme 22.000 T€ Bilanzsumme 22.000 T€
Aktiva
Forderungen
Bilanzsumme
Passiva
Eigenkapital
4.000 T€ 22%
18.000 T€ Schulden
14.000 T€
18.000 T€ Bilanzsumme 18.000 T€
Abb. 25 Beispiel für eine Kapitalkonsolidierung
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Beispiel zur Schuldenkonsolidierung: Die Forderungen der Konzernobergesellschaft (4.000 T€) bestehen
gegenüber der Tochterunternehmung. Umgekehrt hat diese Forderungen gegenüber der Mutter (2.000 T€).
Bilanz Konzernobergesellschaft
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
8.000 T€ Eigenkapital
4.000
Forderungen
4.000 T€ Darlehen
4.000
Verbindlichk.
2.000
Bilanzsumme
12.000 T€ Bilanzsumme
12.000
Bilanz Tochterunternehmen
T€
T€
T€
T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
5.000 T€ Eigenkapital
3.000 T€
Forderungen
2.000 T€ Verbindlichk.
4.000 T€
Bilanzsumme
7.000 T€ Bilanzsumme
7.000 T€
Bei einer reinen Addition der Bilanzen erhält man
folgendes Bild: Die Eigenkapitalquote wird mit 33%
ausgewiesen.
Erst die Konsolidierung zeigt die tatsächlichen
Vermögens- und Kapitalverhältnisse des Konzerns.
Nach der Verrechnung von Forderungen und
Verbindlichkeiten zwischen den Konzernunternehmen
beträgt die Eigenkapitalquote 54%.
Bilanz bei reiner Addition der Bilanzen
Bilanz nach Konsolidierung
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
13.000 T€ Eigenkapital
7.000
Forderungen
6.000 T€ Darlehen
4.000
Verbindlichk.
6.000
Bilanzsumme
21.000 T€ Bilanzsumme
21.000
T€ 33%
T€
T€
T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
13.000 T€ Eigenkapital
7.000 T€ 54%
Darlehen
4.000 T€
Bilanzsumme
13.000 T€ Bilanzsumme
13.000 T€
Abb. 26 Beispiel für eine Schuldenkonsolidierung
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Beispiel zur Zwischengewinneliminierung:
Die Konzernmutter verkauft am 1.1. Gegenstände des Anlagevermögens (z. B. eine Immobilie) für T€
2.250 an ein Tochterunternehmen. Aus dem Verkaufserlös (T€ 2.250), abzgl. dem Restbuchwert des
Grundstücks (T€ 1.500) und der gesparten Afa (Restnutzungsdauer 15 Jahre = T€ 100) entsteht der
Konzernmutter ein Gewinn in Höhe von T€ 850, der zugleich das Eigenkapital der Muttergesellschaft
erhöht.
Die Tochtergesellschaft aktiviert den Vermögenszugang in ihrer Bilanz zu Anschaffungskosten, die
GuV ist in diesem Fall allein über die zusätzliche Afa betroffen (bei gleicher Restnutzungsdauer von 15
Jahren und Buchwert 2.250 T€ beträgt die Afa 150 T€).
Auszüge aus …
GuV Konzernmutter
…
…
Erlös aus Anlagenverkauf
./. Afa auf Immobilie
./. Abgang Restbuchwert
…
zusätzlicher Gewinn
Bilanz Konzernmutter
2.250 T€
100 T€
1.500 T€
850 T€
Aktiva
Anlageverm.
Immobilie
…
…
Bilanzsumme
GuV Tochterunternehmen
…
…
Afa auf Immobilie
Bilanz Tochterunternehmen
150 T€
…
Reduzierung Gewinn
Passiva
… Eigenkapital
…
0 T€ zusätzliches EK
850 T€
wg. Immobilienverkauf
…
Bilanzsumme
-150 T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
Eigenkapital
…
Immobilie
2.100 T€ Reduzierung EK
150 T€
(nach Afa)
wg. Immobilienverkauf
…
Bilanzsumme
Bilanzsumme
In Summe erhöhen sich der Gewinn und das Eigenkapital vor Konsolidierung um 700 T€.
GuV bei Addition
zusätzlicher Gewinn
Bilanz bei Addition
+ 700 T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
Eigenkapital
Immobilie
2.100 T€ zusätzl. EK
Bilanzsumme
700 T€
Bilanzsumme
Dieser zusätzliche Gewinn wird auch als Zwischengewinn bezeichnet. Im Rahmen der Konsolidierung
wird er eliminiert, so dass der konsolidierte Gewinn- und Eigenkapitalausweis durch derartige
konzerninterne Geschäfte nicht beeinflusst werden kann.
GuV nach Konsolidierung
Bilanz nach Konsolidierung
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
Eigenkapital
7.000 T€
Immobilie
1.400 T€ zusätzl. EK
0 T€
(nach Afa)
zusätzlicher Gewinn
0 T€
Bilanzsumme
Bilanzsumme
Abb. 27 Beispiel für eine Zwischengewinneleminierung
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Beispiel zur Aufwands- und Ertragskonsolidierung: Die Tochterunternehmung stellt ein Vorprodukt
her und verkauft es an seine Mutterunternehmung. Diese nimmt die letzte Veredelung vor und verkauft
das fertige Produkt am Markt.
GuV
Muttergesellschaft
Umsatz
Kosten
Gewinn
75.000 T€
70.000 T€
5.000 T€
Die reine Addition der Gewinnund Verlustrechnungen lässt den
Konzern viel größer erscheinen,
als er tatsächlich ist.
GuV
bei reiner Addition
Umsatz
Kosten
Gewinn
145.000 T€
135.000 T€
10.000 T€
GuV
Tochterunternehmung
Umsatz
Kosten
Gewinn
70.000 T€
65.000 T€
5.000 T€
Wären Mutter und Tochterunternehmen nicht rechtlich
getrennt (Fiktion der rechtlichen Einheit), sähe die GuV
folgendermaßen aus. Erst nach der Verrechnung von
Aufwendungen und Erträgen aus Innenumsätzen wird das
tatsächliche
Bild
der
Ertragskraft
aus
den
Geschäftsbeziehungen mit Dritten (= Konzernfremden)
sichtbar:
GuV
nach Konsolidierung
Umsatz mit Dritten (= Umsatz der Mutter)
Kosten mit Dritten (= Kosten der Tochter)
Gewinn mit Dritten
75.000 T€
65.000 T€
10.000 T€
Abb. 28 Beispiel für eine Aufwands- und Ertragskonsolidierung
25 Was sind stille Reserven, und wie können sie entstehen?
Als stille Reserve wird die aus einer Bilanz nicht ersichtliche Differenz zwischen
dem Buchwert und einem höheren Tageswert bezeichnet. Bei Veräußerung von Vermögensgegenständen zum höheren Tageswert werden stille Reserven realisiert,
d. h. sie erhöhen den Gewinn. Tatsächlich sind stille Reserven daher Rücklagen und
müssten somit zum Eigenkapital gezählt werden. Gemäß HGB ist das verboten, gemäß IAS/ IFRS ist dieses Verfahren möglich, wenn es für sämtliche Vermögensgegenstände einer Gruppe angewendet wird. Problematisch bleibt allerdings, stille Reserven zu ermitteln, wenn sie nicht durch einen Veräußerungsvorgang offen gelegt
werden.
Stille Reserven entstehen durch Unterbewertung von Vermögensgegenständen, was
wiederum auf verschiedene Weise geschehen kann: Bewertung zu historischen Anschaffungskosten, die aus heutiger Sicht zu niedrig sind (Bsp. ein vor Jahrzehnten
gekauftes Grundstück), Sonderabschreibungen, zu hohe Wertberichtigungen auf
Forderungen oder Vorräte etc. Stille Reserven erhöhen den Wert eines Unternehmens über den Wert hinaus, der aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung ersichtlich ist. Durch die Bildung stiller Reserven wird daher die Aussagefähigkeit der Bilanz beeinträchtigt und es wird die Vergleichbarkeit erschwert. Steuerlich
führen stille Reserven zu einer zeitweise Verminderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage. Werden sie aufgelöst, wirken sie allerdings Gewinn erhöhend. Folg© Hans-Böckler-Stiftung – März 2007
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lich stellen sie im Ergebnis keine Steuerersparnis dar, sondern lediglich eine Steuerstundung.
Beispiel: Ein Unternehmen besitzt ein Wertpapierdepot, das mit T€ 200 in der
Bilanz steht. Der Verkehrswert (Kurswert) des Depots beträgt T€ 220.
Bilanz
Aktiva
Finanzanlagen (Wertpapierdepot)
restliches Anlagevermögen
Umlaufvermögen
Bilanzsumme
Passiva
200 T€ Eigenkapital
1.000 T€
1.500 T€
800 T€ Fremdkapital
1.500 T€
2.500 T€ Bilanzsumme
2.500 T€
Aufgrund des Realisationsprinzips darf in der Bilanz nach HGB nicht über die
Anschaffungskosten (T€ 200) hinaus bewertet werden. Für das Unternehmen
stellt dies eine stille Reserve in Höhe von T€ 20 dar, die in der Bilanz nicht
erscheint.
Abb. 29 Beispiel für die Entstehung stiller Reserven
26 Worin unterscheiden sich das Betriebsergebnis, das Ergebnis der
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, der Jahresüberschuss und der
Bilanzgewinn?
In der Gewinn- und Verlustrechnung sind mehrere Erfolgsgrößen ausweispflichtig,
die sich in unterschiedlichem Maße für eine Erfolgsanalyse eignen.
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Beispiel: Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung
Umsatzerlöse
- Materialaufwand
- Personalaufwand
- Abschreibungen
- sonstige betr. Aufwendungen
= BETRIEBSERGEBNIS
+/- Beteiligungsergebnis
+/- Zinserträge/ -aufwendungen
= ERGEBNIS DER GEWÖHNLICHEN GESCHÄFTSTÄTIGKEIT
+/- außerordentliches Ergebnis
- Steuern von Einkommen und Ertrag
= JAHRESÜBERSCHUSS/-FEHLBETRAG
+ Entnahmen aus Rücklagen
- Einstellungen in Rücklagen
zusätzlich bei Aktiengesellschaften
+/- Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem Vorjahr
= BILANZGEWINN/-VERLUST
Abb. 30 Erfolgsgrößen in der Gewinn- und Verlustrechnung
Das Betriebsergebnis ist kein Begriff, der im GuV-Gliederungsschema des
§ 275 HGB auftaucht. Dennoch wird die Bonität eines Unternehmens i. d. R. (auch)
anhand des Betriebsergebnisses beurteilt. Das Betriebsergebnis berücksichtigt nur
einen Teil der Erträge und Aufwendungen eines Geschäftsjahres, und zwar diejenigen, die aus der eigentlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens entstanden sind
(operatives Geschäft). Welche Erträge und Aufwendungen das sind, ist in das Ermessen des Analysten gestellt, generell dazu zählen u. a. Umsatzerlöse, Material-,
Personal- und Sachaufwendungen. Dagegen sind neutrale Erträge und Aufwendungen, das Beteiligungsergebnis, Steuern u. a. nicht Bestandteil des Betriebsergebnisses. Über die Zugehörigkeit von Zinsaufwendungen und -erträgen zum Betriebsergebnis gehen die Meinungen in der Praxis auseinander.
Das Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit findet sich in der GuVGliederung gemäß § 275 HGB. Es enthält sämtliche Erträge und Aufwendungen außer den neutralen Erträgen/ Aufwendungen und den Steuern. Neben den Komponenten des Betriebsergebnisses sind daher immer die Erfolgskomponenten aus Beteiligungen, Zinsaufwendungen und Zinserträge Bestandteil des Ergebnisses aus der
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit.
Der Jahresüberschuss/ -fehlbetrag ist dagegen der Saldo aus sämtlichen Erträgen
und Aufwendungen eines Geschäftsjahres (also auch der neutralen) inkl. der Steuern.
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Der Bilanzgewinn/-Verlust ist im Ergebnis die Differenz der gesamten Erträge und
Aufwendungen sämtlicher Geschäftsjahre. Er ergibt sich, indem der Jahresüberschuss eines Jahres um Gewinn- oder Verlustvorträge aus dem Vorjahr, Entnahmen
aus den oder Einstellungen in die Rücklagen und Ausschüttungen erhöht oder verringert werden. Verwendung findet der Bilanzgewinn, der in der Praxis meistens dem
auszuschüttenden bzw. schon ausgeschütteten Gewinn entspricht, nur bei der Berechnung der Dividendenrentabilität. Der Bilanzgewinn hat ansonst keine Aussagekraft hinsichtlich des im abgelaufenen Jahr erzielten Gewinns.
27 Warum wird zusätzlich zum Einzelabschluss ein Konzernabschluss
aufgestellt?
Da die Einzelabschlüsse allein nicht geeignet sind, die wirtschaftliche Entwicklung
eines Konzerns darzustellen, ist hierfür ein Konzernabschluss erforderlich. Zweck
eines Konzernabschlusses ist es, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Einzelunternehmen so darzustellen, als wären sie ein einziges Unternehmen (Fiktion der
rechtlichen Einheit). So ist z. B. die Summe der Gewinne der einzelnen Konzernunternehmen meist nicht identisch mit dem konsolidierten Gewinn des Konzerns. Daher
genügt es nicht, die Daten aus den Einzelabschlüssen aller Unternehmen einfach zu
addieren.
Die folgende Tabelle zeigt die Auswirkungen der Konsolidierung auf die Gewinn- und
Verlustrechnung und die Bilanz im Unterschied zur reinen Addition:
Wirkung der
Konsolidierung…
auf den Ausweis im konsolidierten Abschluss von …
Gewinn
Umsatzrendite
Eigenkapital
Eigenkapitalquote
=
Eigenkapital/ Bilanzsumme
= Gewinn / Umsatz
Kapitalkonsolidierung
-
-


Schuldenkonsolidierung
-
-


Eliminierung
Zwischengewinne




Aufwands- und
Ertragskonsolidierung
-

-
-
Abb. 31 Auswirkung von Konsolidierungsmaßnahmen auf Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung
Beispiele zur Konsolidierung finden sich in FAQ 24 „Was versteht man unter einer
Konsolidierung?“.
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28 Welche Angaben gehören in den Anhang?
Aufgabe des Anhangs ist es, die quantitativen Angaben in der Bilanz und der GuV
näher zu erläutern und/oder zu ergänzen.
Gerade bei Konzernabschlüssen mit sehr stark aggregierten GuV- und Bilanzdaten
enthält der Anhang wesentliche Informationen zur Beurteilung der Bonität des Konzerns. So ist im Anhang z. B. anzugeben, welche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden bei der Bilanzerstellung herangezogen worden sind (§ 284 Abs. 2 S. 1 HGB)
und ob es Veränderungen im Konsolidierungskreis gegeben hat (§ 294 Abs. 2 HGB).
Die folgende Übersicht zeigt die Mindestangaben, die in einem Anhang ausgewiesen
werden müssen:
Informationen des Anhangs
-
Angewandte Bilanzierungs-, Bewertungsmethoden bzw. Abweichungen davon
-
Erläuterung der Konsolidierungsmethoden (bei Konzernabschlüssen)
-
Informationen zu den Tochterunternehmen und Beteiligungen des Konzerns
-
Grundlagen der Währungsumrechnung
-
Zusammensetzung der Herstellungskosten (Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen)
-
Aufgliederung der Verbindlichkeiten sowie deren Fristigkeit und Besicherung
-
Sonstige finanzielle Verpflichtungen, sofern diese nicht in der Bilanz erscheinen
-
Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen bzw. geografischen Märkten
-
Auswirkung von außerordentlichen Abschreibungen bzw. Bildung/Auflösung von
Sonderposten
Belastungen durch Steuern
-
Durchschnittliche Anzahl von Mitarbeitern
-
Bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens: Materialaufwand, Personalaufwand
-
Mitglieder der Geschäftsführung und anderer Organe sowie deren Gesamtbezüge
(Gehälter, Gewinnbeteiligungen, Bezugsrechte/ sonstige aktienbasierte Vergütungen,
Aufwands-entschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen
jeder Art)
Gesamtbezüge früherer Organmitglieder (Ruhegehälter, Abfindungen,
Hinterbliebenenbezüge und ähnliche Leistungen)
-
Gewährte Vorschüsse und Kredite an Organmitglieder
-
Name, Eigenkapital, Gewinn und sonstige Informationen zu Unternehmen, an denen das
bilanzierende Unternehmen oder dessen Organmitglieder mit mind. 20 % beteiligt ist/sind
-
Erläuterung der Rückstellungen
-
Börsennotierte Mutterunternehmen müssen im Konzernanhang zusätzlich eine
Kapitalflussrechnung und eine Segmentberichterstattung darstellen.
Abb. 32 Informationen im Anhang zum Jahresabschluss
Bei Kapitalgesellschaften und Konzernen ist der Anhang neben der Gewinn- und
Verlustrechnung sowie der Bilanz stets Pflichtbestandteil des Jahresabschlusses.
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29 Was ist ein Bilanzausschuss?
Der Bilanzausschuss ist ein Ausschuss des Aufsichtsrates. Im angelsächsischen
Sprachraum wird dieses Gremium auch als Audit Committee bezeichnet.
Der Bilanzausschuss gibt Empfehlungen ab über die Bestellung der Abschlussprüfer,
die Festlegung ihrer Vergütung sowie über die Feststellung der Jahres- und Zwischenabschlüsse. Zu seinen Aufgaben zählt weiter, mit den Abschlussprüfern das
Prüfungsprogramm sowie die Prüfergebnisse zu erörtern. Zugleich überwacht er die
Ordnungsmäßigkeit der internen Kontrollen, Bilanzierungsgrundsätze und Finanzberichterstattung des Konzerns. Der Bilanzausschuss ist dafür verantwortlich, dass die
internen und externen Prüfungsverfahren ordnungsgemäß geleitet werden und den
Prüfungsangelegenheiten ausreichende Beachtung geschenkt wird. Nach Abschluss
der Prüfungshandlungen macht der Bilanzausschuss Vorschläge zur Feststellung
des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat. Insbesondere infolge von nationalen
und internationalen Bilanzskandalen kommt der Überwachung der Arbeit der Abschlussprüfer wachsende Bedeutung zu.
Über die Qualifikation der Mitglieder des Ausschusses gibt es im Aktiengesetz keine
Vorschriften. Der Deutsche Corporate Governance Kodex in seiner aktuellen Fassung (Juni 2005) hebt allein die fachliche Qualifikation des Ausschussvorsitzenden
hervor. Nach Tz. 5.3.2 soll er über „besondere“ Kenntnisse und Erfahrungen in der
Anwendung in den Bereichen Rechnungslegung und interne Kontrollverfahren verfügen. Dagegen werden z. B. in den USA die Rechte und Pflichten der Mitglieder des
Audit Committee sehr viel genauer geregelt (Sarbanes-Oxley Act).
30 Wozu dient der Lagebericht?
Der Lagebericht ist für mittelgroße und große Kapitalgesellschaft sowie für sämtliche
börsennotierte Unternehmen Pflichtbestandteil des Jahresabschlusses (neben GuV,
Bilanz und Anhang). Er enthält vor allem verbale Informationen, die aber anders als
der Anhang nicht unmittelbar die einzelnen Posten der GuV und Bilanz erläutern.
Vielmehr soll das Unternehmen mit den Informationen des Lageberichtes eine Gesamtbeurteilung der gegenwärtigen und künftigen wirtschaftlichen Entwicklung des
Unternehmens und seiner Marktstellung durch die Geschäftsführung abgeben.
Neben Pflichtangaben über den Geschäftsverlauf und die Vermögens-, Finanz- und
Ertragslage existieren einige Sollvorschriften, so z. B. zu Vorgängen von besonderer
Bedeutung nach Ablauf des Geschäftsjahres, zu der voraussichtlichen Entwicklung
des Unternehmens und zu Angaben im Bereich Forschung und Entwicklung (§ 289
HGB).
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31 Was ist eine Kapitalflussrechnung?
Die Kapitalflussrechnung stellt den Zufluss und die Verwendung von liquiden Mitteln
eines Unternehmens dar und wird daher auch als Kapitalstromanalyse bezeichnet.
Ziel ist es, die Entwicklung, d. h. die Veränderung der flüssigen Mittel bzw. der kurzfristigen Bankverbindlichkeiten innerhalb eines Geschäftsjahres zu erklären. Dazu
werden die Veränderungen sämtlicher Bilanzpositionen herangezogen. Die Kapitalflussrechnung ist damit letztlich nichts anderes als eine Bewegungsbilanz.
Cash Flow-Konzepte können als Spezialfall der umfassenderen Kapitalflussrechnung
angesehen werden. Im Unterschied zur Kapitalflussrechnung berücksichtigen sie nur
einen Teil der Veränderungen von Bilanzpositionen.
Beispiel: Cash Flow I als Spezialfall der Kapitalstromanalyse
Definition Cash Flow I
= Änderung Bilanzposition
GuV Position
Mio. €
Betriebsergebnis
+ Abschreibungen
+ Bildung bzw.
./. Auflösung
langfr. Rückstellungen
= Cash Flow I
70
110
15
Änderung Eigenkapital
Änderung Anlagevermögen
Änderung Pensionsrückstellung
195
Abb. 33 Beispiel für die Berechnung des Cash Flow
Der Cash Flow I steht häufig für den Liquiditätszustrom aus dem operativen Geschäft.
Im Folgenden wird an Hand eines Beispiels erläutert, welche Schlüsse sich aus der
Analyse einer Kapitalflussrechnung ziehen lassen:
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Beispiel: Positionen in der Kapitalflussrechnung
T€
Betriebsergebnis
operativer
127.000
+ Abschreibungen
Cash flow
63.000
+/- Erhöhung (-Verminderung) langfristiger Rückstellungen
+/- außerordentliches Ergebnis
-11.000
-185.000
+/- Zunahme/Abnahme der Forderungen a.L.u.L., Vorräte und sonstigen Aktiva
205.000
+/- Zunahme/Abnahme der Verbindlichkeiten a.L.u.L. und sonstigen Passiva
102.000
= CASH FLOW AUS DER LAUFENDEN GESCHÄFTSTÄTIGKEIT
+ Einzahlungen aus dem Verkauf von Sachanlagen/Finanzanlagen
- Investitionen in Sachanlagen/Finanzanlagen
= CASH FLOW AUS DER INVESTITIONSTÄTIGKEIT
301.000
15.000
-224.000
-209.000
+ Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen (Kapitalerhöhungen, etc.)
- Auszahlungen für Anteilseigner (Dividenden, etc.)
+ Einzahlungen aus der Aufnahme von Darlehen bzw. Begebung von Anleihen
- Auszahlungen für Tilgungen
= CASH FLOW AUS DER FINANZIERUNGSTÄTIGKEIT
+ Zahlungsmittelbestand am Anfang der Periode
+/- Zahlungswirksame Veränderungen
= ZAHLUNGSMITTELBESTAND AM ENDE DER PERIODE
-35.000
175.000
-7.000
133.000
91.000
225.000
316.000
Abb. 34 Die Kapitalflussrechnung
Im Beispiel hat das Unternehmen aus seiner Geschäftstätigkeit einen Liquiditätszufluss i. H. v. T€ 301.000 erhalten. Obwohl das operative Ergebnis nur T€ 127.000
betrug und dazu noch ein erheblicher neutraler Aufwand (T€ 185.000) entstanden ist,
wurde durch den Abbau von Forderungen (T€ 205.000) und das Hinausschieben von
Zahlungen für Verbindlichkeiten (T€ 102.000) in erheblichen Maße Liquidität geschöpft (T€ 301.000). Diese und die Liquidität aus der Darlehensaufnahme
(T€ 175.000) wurde u. a. für die Ausschüttungen an die Aktionäre (T€ 35.000) verwendet. Der Rest hat zur Erhöhung der Bankguthaben (um T€ 225.000) geführt und
steht neben den schon zu Beginn des Jahres vorhandenen Guthaben i. H. v.
T€ 91.000 dem Unternehmen als freie Liquidität zur Verfügung.
32 Was ist ein Segmentbericht?
Ein Segmentbericht ist eine Darstellung der Unternehmungsentwicklung, getrennt
nach einzelnen Unternehmensbereichen, wie geographischen Regionen oder Geschäftssparten. Er ist Teil des Konzernabschlusses börsennotierter Unternehmen
und soll dem Bilanzadressaten zusätzliche Informationen zur Verfügung stellen, bzw.
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Informationsdefizite beseitigen. In einem Segmentbericht müssen Umsatzerlöse,
Segmentergebnis, Segmentvermögen und -verbindlichkeiten aufgeführt werden.
Beispiel: Segmentbericht
Umsatzerlöse
Segmentergebnis
Segmentvermögen
Segementverbindlichkeiten
…
Hochbau
Tiefbau
Handel
Summe
Mio. €
5,3
-0,7
Mio. €
7,7
1,2
Mio. €
2,6
0,1
Mio. €
15,6
0,6
2,3
0,8
…
2,8
2,2
…
0,7
0,4
…
5,8
3,4
…
Das Beispiel zeigt, dass der Bereich Hochbau defizitär ist. Nur durch die sehr gute Rentabilität des
Bereichs Tiefbau kann das Unternehmen den Verlust aus dem Hochbau ausgleichen und einen
Gewinn von T€ 600 ausweisen.
Abb. 35 Beispiel für einen Segmentbericht
Die Segmentberichtserstattung bietet vor allem den Vorteil, dass mit ihrer Hilfe der
Erfolg getrennt nach den Segmenten beurteilt werden kann.
33 Was sind Eventualverbindlichkeiten?
Bei Eventualverbindlichkeiten handelt es sich um ungewisse Verbindlichkeiten. Sie
können zwar grundsätzlich entstehen, d. h. zu Zahlungsabflüssen in der Zukunft führen, nach Einschätzung des Unternehmens ist aber nicht sicher mit ihrem Eintritt zu
rechnen. Dadurch unterscheiden sich Eventualverbindlichkeiten von den klassischen
Verbindlichkeiten, deren Eintritt sicher bzw. sehr wahrscheinlich ist, und Rückstellungen, deren Eintritt oder Höhe nicht völlig, aber ausreichend sicher sind.
Übernimmt z. B. ein Unternehmen für ein anderes Unternehmen eine Bürgschaft,
dann besteht ein grundsätzliches Risiko für die Bürgschaftsnehmerin, in Höhe des
Bürgschaftsbetrages in Haftung genommen zu werden. Selbst wenn das bürgende
Unternehmen den Eintritt dieses Risikos ausschließt, muss der monetäre Gegenwert
des Risikos beim bürgenden Unternehmen in Form einer Eventualverbindlichkeit
ausgewiesen werden.
Der Ausweis erfolgt im Gegensatz zu den Verbindlichkeiten bzw. den Rückstellungen
nicht in der Bilanz, sondern „unter dem Bilanzstrich“ (außerhalb der Bilanz/unterhalb
der Bilanzsumme). Eventualverbindlichkeiten sind auch im Anhang anzugeben.
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Folgende Eventualverbindlichkeiten (auch Haftungsverhältnisse genannt) müssen
ausgewiesen werden, um den Bilanzleser über mögliche Risiken, die auf das Unternehmen zukommen könnten, zu informieren:
 Verbindlichkeiten aus der Ausgabe und Übertragung von Wechseln,
 Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften,
 Verbindlichkeiten aus Gewährleistungsverträgen,
 Haftungsverhältnisse aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten.
34 Was bedeutet Off-Balance-Gestaltung?
Off-Balance-Gestaltung bedeutet frei übersetzt soviel wie „bilanzneutrale Sachverhaltsgestaltung“. Eine Off-Balance-Gestaltung ist (wie z. B. auch die Wahrnehmung
verschiedener gesetzlich eingeräumter Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte)
grundsätzlich eine legale bilanzpolitische Maßnahme. Durch die Gestaltung eines
Sachverhalts besteht für das Unternehmen die Möglichkeit, das Bilanzbild z. T. massiv zu beeinflussen, ohne dass seine Ertragskraft dadurch materiell verbessert würde. Diese Möglichkeit wird am Beispiel eines Sale and lease back-Geschäftsvorfalls
dargestellt.
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Beispiel zu Sale and lease back: Ein Unternehmen erwirtschaftet ein ausgeglichenes Ergebnis
(Gewin/Verlust=0) und erhält aufgrund der Abschreibungen auf seine Immobilien einen jährlichen Cash
flow i.H.v. 1.000 T€. Die Immobilien sind jeweils zur Hälfte mit Eigenkapital und über Darlehen finanziert
sind. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens beträgt 33%.
GuV vor Sale and lease back
Umsatz
Abschreibungen
Kosten
Gewinn
Cash flow
Bilanz vor Sale and lease back
10.000
1.000
9.000
0
T€
T€
T€
T€
Aktiva
Passiva
Immobilien
10.000 T€ Eigenkapital
5.000
Darlehen
5.000
Forderungen
5.000 T€ Verbindlichk.
5.000
Bilanzsumme
15.000 T€ Bilanzsumme
15.000
T€ 33%
T€
T€
T€
1.000 T€
Nun verkauft das Unternehmen die Immobilien und schließt gleichzeitig einen Leasingvertrag ab, um sie
auch weiterhin nutzen zu können (Sale and lease back). Der Verkaufserlös beträgt 10.000 T€. Die eine
Hälfte verwendet das Unternehmen um die Immobiliendarlehen zu tilgen. Die andere Hälfte steht dem
Unternehmen zur Verfügung (hier: flüssige Mittel).
GuV nach Sale and lease back
Bilanz nach Sale and lease back
Aktiva
Umsatz
Leasingkosten
Kosten
Gewinn
10.000
1.000
9.000
0
Cash flow
T€
T€
T€
T€
Flüssige Mittel
Forderungen
Bilanzsumme
Passiva
Eigenkapital
5.000 T€ 50%
5.000 T€
5.000 T€ Verbindlichk.
10.000 T€ Bilanzsumme
5.000 T€
10.000 T€
0 T€
Durch den Sale and lease back Vorgang hat das Unternehmen sich Liquidität (die bisher in den Immobilen
gebunden war) beschschafft. Durch die Bilanzverkürzung (Reduzierung der Bilanzsumme) hat sich die
Eigenkapitalquote auf 50% erhöht.
In der GuV entfallen in Zukunft die Abschreibungen auf die Immobilien. Ersetzt wird die Abschreibung durch
zukünftig an den Leasinggeber zu entrichtende Leasingzahlungen. Da diese (im Gegensatz zu
Abschreibungen) liquiditätswirksam sind reduziert sich der Cash flow. Der einmalige Liquiditätszufluss durch
den Immobilienverkauf wird durch einen zukünftig geringeren Cash flow erkauft.
Abb. 36 Auswirkungen von Sale and lease back-Maßnahmen auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung
Neben Sale and lease back ist auch Factoring ein beliebtes Instrument zur Verbesserung des Bilanzbildes. Beim Factoring verkauft ein Unternehmen Forderungen aus
Lieferung und Leistung (Geldbeträge, auf deren Zahlung das Unternehmen Anspruch
hat, weil es zuvor gegenüber dem Schuldner der Forderung eine Leistung erbracht
hat) an eine Factoring-Gesellschaft und beschafft sich so Liquidität.
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Beispiel zu Factoring: Ein Unternehmen erwirtschaftet ein ausgeglichenes Ergebnis (Gewinn/Verlust = 0).
Die Eigenkapitalquote beträgt 17 %.
GuV vor Factoring
Umsatz
Kosten
Gewinn
Bilanz vor Factoring
10.000 T€
10.000 T€
0 T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
7.000 T€ Eigenkapital
2.000
Darlehen
5.000
Forderungen
5.000 T€ Verbindlichk.
5.000
Bilanzsumme 12.000 T€ Bilanzsumme 12.000
T€
T€
T€
T€
17%
Nun verkauft das Unternehmen seine Forderungen an ein Factoring-Unternehmen und erhält hierfür
in gleichem Maße Liquidität. Diese frei gewordene Liquidität nutzt das Unternehmen, um
Lieferantenverbindlichkeiten zu begleichen.
GuV nach Factoring
Umsatz
Kosten
Factoringgebühren
Gewinn
10.000
10.000
100
-100
Bilanz nach Factoring
T€
T€
T€
T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
7.000 T€ Eigenkapital
2.000 T€
Darlehen
5.000 T€
Bilanzsumme
7.000 T€ Bilanzsumme
29%
7.000 T€
Durch die Bilanzverkürzung (Reduzierung der Bilanzsumme) hat sich die Eigenkapitalquote auf 29%
erhöht.
In der Zukunft müssen Gebühren an das Factoring-Unternehmen bezahlt werden (GuV). Hierdurch
verschlechtert sich die Ertragslage. Für den Fall, dass das Unternehmen die Liquidität aus dem
Forderungsverkauf dazu nutzt, die Darlehen zu tilgen, reduzieren sich in der GuV die Zinsaufwendungen.
Abhängig von der Höhe der Factoringgebühren und der Zinsen kann sich das Factoring neben dem Einfluss
auf das Bilanzbild (Erhöhung der Eigenkapitalquote) zukünftig positiv oder negativ auch auf die GuV
auswirken.
Abb. 37 Auswirkung von Factoring auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung
Neben den klassischen Formen der Off-Balance-Gestaltung, wie Sale and lease
back und Factoring, gibt es zahlreiche weitere Formen der Bilanzgestaltung. Alternativ zum Verkauf der Forderungen an ein Factoring-Unternehmen können diese auch
verbrieft und am Kapitalmarkt verkauft werden (Asset backed securities).
35 Wie unterscheiden sich Rückstellungen von Verbindlichkeiten, bzw. wann
muss man eine Rückstellung in der Bilanz bilden und wann eine
Verbindlichkeit ausweisen?
Im Prinzip sind Rückstellungen lediglich eine spezielle Form der Verbindlichkeiten
(bzw. des Fremdkapitals). Im Allgemeinen wird unter einer Verbindlichkeit allerdings
eine hinsichtlich Zeitpunkt und Höhe feststehende Verpflichtung verstanden, die ein
Unternehmen im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit eingegangen ist.
Beispiel: Kauft ein Unternehmen Material ein, so erwächst ihm bis zur Bezahlung
eine Verbindlichkeit gegenüber dem Lieferanten in Höhe des vereinbarten Rechnungsbetrages.
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Im Unterschied dazu sind Rückstellungen eine besondere Form von Verbindlichkeiten, da sie hinsichtlich ihrer Höhe oder gar ihres Eintritts nicht sicher sind. Von einem
„vorsichtigen Kaufmann“ wird jedoch erwartet, dass er für den Fall des Eintritts Vorsorge trifft. Daraus erwachsen erhebliche bilanzpolitische Spielräume: Jede Bildung
einer Rückstellung bedeutet Aufwand in der GuV (Gewinnausweis sinkt), jede zahlungsunwirksame Auflösung einer Rückstellung wird als Ertrag in der GuV gebucht
(Gewinnausweis steigt).
Beispiel: Erwartet ein Unternehmen in einem noch offenen Rechtsstreit eine Strafzahlung, muss es dieses Risiko in Höhe der wahrscheinlichen Strafzahlung bereits
heute in GuV und Bilanz erfassen. Das Unternehmen hat damit vor dem eigentlichen
Eintritt des Schadens den möglichen Verlust als Aufwand zu buchen (GuV) und eine
Rückstellung in gleicher Höhe (Bilanz) zu bilden. Die Rückstellung steht stellvertretend für eine Verbindlichkeit, die mit einer hinreichend hohen Wahrscheinlichkeit eintritt, jedoch hinsichtlich des Zeitpunktes ihres Eintritts und der Höhe nicht sicher ist.
36 Was versteht man unter dem „gezeichneten Kapital“?
Das gezeichnete Kapital einer Kapitalgesellschaft (= Grundkapital bei einer Aktiengesellschaft) ist dasjenige Kapital, auf das sich die Haftung der Gesellschafter beschränkt. Allerdings bedeutet das nicht, dass das gezeichnete Kapital in Form einer
Barreserve zur Verfügung steht. Es kann vielmehr in sämtlichen Vermögenswerten
gebunden sein.
Bereits zum Zeitpunkt der Gründung kann das Stammkapital in bar oder in Form einer Sacheinlage geleistet werden. Hinzu kommt, dass bei Kapitalgesellschaften mit
mehr als einem Gesellschafter lediglich 50 % des gezeichneten Kapitals eingezahlt
werden müssen. Der restliche Betrag wird als „ausstehende Einlagen“ auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen, also quasi als Forderungen der Gesellschaft an ihre
Gesellschafter.
Das gezeichnete Kapital wird auch als konstantes Eigenkapital bezeichnet.
37 Was sind Kapitalrücklagen?
Kapitalrücklagen zählen zum Eigenkapital eines Unternehmens und werden dem so
genannten variablen Eigenkapital zugerechnet. Rücklagen dienen dazu, Verluste
aufzufangen, ohne dass dazu das gezeichnete Kapital (konstantes Eigenkapital) angegriffen werden muss. Die gesetzlich geregelte Aufteilung der Rücklagen unterscheidet zwischen Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen. Kapitalrücklagen bezeichnen den Teil des Eigenkapitals, der dem Unternehmen von seinen Anteilseig© Hans-Böckler-Stiftung – März 2007
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nern zugeflossen ist. Die Gewinnrücklagen speisen sich aus während der Geschäftstätigkeit erwirtschafteten Gewinnen oder Verlusten.
38 Was ist ein Cash Flow?
Der Begriff Cash Flow bezeichnet die Liquiditätszu-, bzw. Abflüsse aus dem laufenden Geschäft. Ein Unternehmen gilt dann als kapitaldienstfähig, wenn der Cash Flow
ausreicht, um die Zahlungen an die Eigenkapitalgeber, die Tilgungen der Fremdkapitalgeber sowie kleinere Investitionen garantieren zu können. War das Unternehmen
in der Vergangenheit kapitaldienstfähig, wird daraus oft auch für die Zukunft auf eine
grundsätzliche Zahlungsfähigkeit geschlossen (sofern nicht konkrete, gegenteilige
Informationen vorliegen). Damit kommt dem Cash Flow eine hohe Bedeutung bei der
Beurteilung der Zahlungsfähigkeit zu. Zu ergänzen ist, dass sowohl Zahlungsunfähigkeit als auch drohende Zahlungsunfähigkeit Insolvenztatbestände sind (bei NichtBeseitigung: Antragspflicht auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch den Geschäftsführer innerhalb von drei Wochen).
In der Praxis existiert eine Vielzahl von Definitionen für den Cash Flow. Die am häufigsten verwendete Definition lautet:
Beispiel: Klassische Cash flow-Definition
Betriebsergebnis
+ Abschreibungen
+/- Zuführung (-Verminderung) zu langfristigen Rückstellungen
= CASH FLOW
Abb. 38 Häufig verwendete Formel zur Berechnung des Cash Flow
Wie das Beispiel zeigt, ist der in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene
Gewinn (Verlust) nicht identisch mit dem Liquiditätszufluss (-abfluss). So stellen Abschreibungen und die Bildung von Rückstellungen zwar Aufwand dar, sie haben jedoch keinen Liquiditätsabfluss zur Folge.
Mit der dargestellten Cash Flow-Definition wird vereinfachend unterstellt, dass außer
den Abschreibungen und Zuführungen (Verminderungen) von langfristigen Rückstellungen alle sonstigen GuV-Positionen liquiditätswirksam sind. D. h. man unterstellt,
dass z. B. alle Umsatzerlöse zu Liquiditätszuflüssen und alle sonstigen Aufwendungen zu Liquiditätsabflüssen geführt haben. Dem ist natürlich nicht so. Aus diesem
Grunde werden (für börsennotierte Aktiengesellschaften verpflichtend, für Kapitalge© Hans-Böckler-Stiftung – März 2007
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sellschaften üblicherweise) Kapitalflussrechnungen erstellt, die sämtliche Liquiditätsströme eines Unternehmens erfassen. Dadurch lässt sich die Veränderung der liquiden Mittel bzw. der kurzfristigen Bankverbindlichkeiten in einem Geschäftsjahr erklären (s. FAQ 31 „Was ist eine Kapitalflussrechnung?“). Die Informationen innerhalb
einer Kapitalflussanalyse sind noch umfangreicher, da sie neben dem operativen
Cash Flow (der sich aus der GuV ableitet) auch den bilanziellen Cash Flow (durch
die Veränderung von Bilanzpositionen, wie z. B. Tilgungen) berücksichtigt.
39 Wie oft muss ein Jahresabschluss aufgestellt werden?
Der Jahresabschluss dient der Information der Anteilseigner, Gläubiger, Mitarbeiter,
der interessierten Öffentlichkeit und nicht zuletzt des Finanzamtes über den Erfolg
des Unternehmens. Er muss daher jedes Jahr aufgestellt werden. In Ausnahmefällen
kann es vorkommen, dass auch für einen kürzeren Zeitraum bzw. mehrfach im Kalenderjahr ein Jahresabschluss erstellt wird. Gründe dafür können u. a. sein:
 Konsolidierung von Jahresabschlüssen (uneinheitliche Bilanzstichtage der Konzernunternehmen)
 Jahresabschluss für ein so genanntes Rumpfgeschäftsjahr bei Verkauf / Kauf /
Verschmelzung eines Unternehmens.
40 Wie kommt es zustande, dass das Eigenkapital eines
Tochterunternehmens größer ist als das der Konzernmutter?
Das Eigenkapital eines Unternehmens ist derjenige Teil der Vermögenswerte, der
nicht durch die Gläubiger (= Fremdkapital) eines Unternehmens finanziert worden ist,
sondern durch seine Eigentümer. Die Höhe des Eigenkapitals hängt also entscheidend von der Finanzierungsstruktur von Investitionen, der Gewinnentwicklung in der
Vergangenheit und der Ausschüttungspolitik von Unternehmen ab und nicht unmittelbar von ihrer Größe oder etwa einem Mutter-Tochter-Verhältnis.
Beispiel: Einfluss der Finanzierungsstruktur auf die Höhe des Eigenkapitals
Bilanz I
Bilanz II
Unternehmen I finanziert seine Investitionen mit 20%
Eigenmitteln
Unternehmen II finanziert geringere Investitionen mit
80% Eigenmitteln
Aktiva
Passiva
10.000 T€ Eigenkapital
2.000 T€
Anlageverm.
Darlehen
8.000 T€
Bilanzsumme 10.000 T€ Bilanzsumme 10.000 T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
5.000 T€ Eigenkapital
4.000 T€
Darlehen
1.000 T€
Bilanzsumme
5.000 T€ Bilanzsumme
5.000 T€
Abb. 39 Einfluss der Finanzierungsstruktur auf die Höhe des Eigenkapitals, Beispiel 1
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Fazit: Obwohl das Unternehmen I größer ist als Unternehmen II (gemessen an der
Bilanzsumme), weist Unternehmen I absolut und im Verhältnis zur Bilanzsumme ein
wesentlich geringeres Eigenkapital aus als Unternehmen II.
Um zu zeigen, dass das Eigenkapital der Muttergesellschaft kleiner als das der Tochtergesellschaft sein kann, genügt es, das Beispiel an einer Stelle zu konkretisieren:
Angenommen, das Unternehmen I hat 100 % der Anteile am Unternehmen II erworben. Der Kaufpreis der Beteiligung entsprach dem Eigenkapital der Tochter und ist
nur zu 20 % mit Eigenkapital und zu 80 % mit Fremdkapital finanziert worden. Damit
ist Unternehmen I die Muttergesellschaft.
Bilanz Konzernmutter I
Bilanz Tochterunternehmen I
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
6.000 T€ Eigenkapital
2.000 T€
Beteiligung
4.000 T€ Darlehen
8.000 T€
Bilanzsumme 10.000 T€ Bilanzsumme 10.000 T€
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
5.000 T€ Eigenkapital
4.000 T€
Darlehen
1.000 T€
Bilanzsumme
5.000 T€ Bilanzsumme
5.000 T€
Abb. 40 Einfluss der Finanzierungsstruktur auf die Höhe des Eigenkapitals, Beispiel 2
Fazit: Obwohl Unternehmen I die Muttergesellschaft ist, weist es auf Grund der Finanzierungsstruktur bei Investitionen ein niedrigeres Eigenkapital als die Tochtergesellschaft II aus.
41 Was bedeutet Publizitätspflicht?
Mit der Publizitäts- oder auch Offenlegungspflicht ist die gesetzliche Verpflichtung
eines Unternehmens gemeint, seinen Jahresabschluss gegenüber Unternehmensexternen bekannt zu machen. Zweck der Publizitätspflicht ist, nicht nur den Unternehmenseigentümern sondern auch den Gläubigern, Mitarbeitern und der interessierten
Öffentlichkeit ein Mindestmaß an Informationen über das Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Die rechtlichen Grundlagen für die Publizitätspflicht leiten sich primär
aus dem Handelsgesetzbuch (HGB), dem Publizitätsgesetz (PublG) und EUVorgaben ab.
Die Anforderungen und der Umfang der Offenlegung sind von der Rechtsform und
der Größe des Unternehmens abhängig. So sind Personengesellschaften (in Abhängigkeit von ihrer Größe und ggf. der Rechtsform ihres Vollhafters (vgl. KapCoGesellschaften) und kleine/mittelgroße Kapitalgesellschaften von bestimmten Publizitätsvorschriften befreit. Die umfangreichsten Publizitätspflichten müssen börsennotierte Aktiengesellschaften beachten. Von der Veröffentlichung eines Konzernabschlusses gänzlich befreit sind Tochterunternehmen, deren Muttergesellschaft zu
Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist. Die folgende Übersicht zeigt
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die Publizitätspflichten für nach dem HGB und PublG offenlegungspflichtige Gesellschaften:
Pflicht zur
Offenlegung
Personengesellschaft
kleine Kapitalgesellschaft
mittelgroße
Kapitalgesellschaft
große Kapitalgesellschaft
 dazu zählt jede
börsennotierte AG
Bilanz
-
ja
ja
ja
Anhang
-
ja, aber ohne
Angaben zur
GuV
ja
ja
GuV
-
keine Pflicht
ja
ja
Lagebericht
-
-
ja
ja
Bericht des
Aufsichtsrates
-
-
ja
ja
Ergebnisverwendungsvorschlag
-
-
ja
ja
Ergebnisverwendungsbeschluss
-
-
ja
ja
Veröffentlichung im
-
Handelsregister
Handelsregister
Bundesanzeiger
Abb. 41 Offenlegungspflichten für Unternehmen nach dem HGB und dem PublG
42 Welche Folgen hat die Verletzung der Publizitätspflichten?
Die Verletzung der Publizitätspflichten kann zur Festsetzung eines Zwangsgeldes
von bis zu 5.000 € (§ 335 HGB) gegenüber dem vertretungsberechtigten Organ (Vorstand, Geschäftsführer) führen. Kommt das Unternehmen dann innerhalb einer vom
Amtsgericht festgesetzten Frist der Offenlegungspflicht weiter nicht nach, wird ein
Ordnungsgeld zwischen 2.500 € und 25.000 € (§ 335a HGB) mit der erneuten Androhung eines weiteren Ordnungsgeldes erlassen.
Kommt eine börsennotierte Aktiengesellschaft ihrer Publikationspflicht nicht nach,
können ihre Aktien vom Handel ausgesetzt werden.
43 Wer kann die Einhaltung der Publizitätspflichten durchsetzen?
Das Ordnungsgeldverfahren wird durch das Amtsgericht nicht automatisch („von
Amts wegen“) sondern nur auf Antrag eines Dritten eingeleitet. Jedermann ist berechtigt, bei Verletzung der gesetzlich verankerten Offenlegungspflicht (bis zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag, § 325 HGB) einen Antrag auf die Verhängung eines
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Ordnungsgeldes zu stellen. Dabei ist es unerheblich, ob der Antragsteller ein besonderes Interesse an der Veröffentlichung hat.
44 Wie wird die Höhe der Pensionsrückstellungen im Jahresabschluss
berechnet?
Pensionsrückstellungen - wie andere Rückstellungen auch – sind Verbindlichkeiten,
die hinsichtlich ihrer Höhe und hinsichtlich des Eintrittszeitpunktes zum Zeitpunkt ihrer Bildung wahrscheinlich aber letztlich nicht sicher sind.
Um die Höhe einer Pensionsrückstellung zu ermitteln, wird ein versicherungsmathematisches Rechenmodell verwendet. Die grundsätzliche Vorgehensweise lässt sich
vereinfacht wie folgt darstellen:
Bildung und Bewertung von Pensionsrückstellungen für einen Arbeitnehmer
in der Handelsbilanz
1. Schritt:
Ermittlung des Barwerts der
zukünftigen Pensionszahlungen
 Schätzung der Lebenszeit nach Renteneintritt mit Hilfe der
"Richttafeln 2005 G" von Prof. Klaus Heubeck
 Annahme eines Diskontierungszinssatzes, für
Handelsbilanzen max. 6 %
2. Schritt:
Annuitätische Verteilung des
Barwerts auf den voraussichtlichen Arbeitszeitraum des
Mitarbeiters
 eine Annuität ist ein gleichbleibender Betrag pro Jahr
3. Schritt:
Bildung der Rückstellung
 bis zum Eintritt in den Ruhestand wird die Rückstellung um
die Annuität zuzüglich Verzinsung aufgebaut
4. Schritt:
Auflösung der Rückstellung
 mit dem Eintritt in den Ruhestand wird die Rückstellung um
die Annuität abzüglich Verzinsung aufgelöst
Abb. 42 Verfahren zur Bildung von Pensionsrückstellungen
Dieses Verfahren beruht auf Schätzungen über Sterbewahrscheinlichkeiten, Zinsen
und Zinseszinsen. Während gemäß EStG § 6a die Sterbetafeln von Professor Klaus
Heubeck zur Berechnung verbindlich sind (ab 01.07.2006 „Richttafeln 2005 G“), lässt
das HGB Spielräume beim Ansatz des Diskontzinssatzes (max. 6 %). In einem vereinfachten Beispiel soll die Wirkung von Lebenszeit und Diskontierungszinssatz dargestellt werden:
Beispiel:
Ein Unternehmen vereinbart mit einem Mitarbeiter, dass ihm nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine monatliche Pension von T€ 1 bzw. T€ 12
im Jahr gezahlt wird. Die Höhe der dafür notwendigen Pensionsrückstellung hängt
von der Lebensdauer des Mitarbeiters sowie dem Diskontierungszinssatz ab. Der
Einfachheit halber wird unterstellt, dass
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 der Mitarbeiter fünf Jahre Ruhestandsbezüge erhält
 der Diskontierungszinssatz
Fall I:
6 % bzw.
Fall II:
3%
Fall III:
0%
 und der verbleibende Arbeitszeitraum nur noch ein Jahr beträgt,
d. h. Barwert Pensionszahlungen = notwendige Rückstellung.
Notwendige Pensionsrückstellung am Ende des
Erwerbszeitraums für eine jährliche
Pensionszahlung von T€ 12 über 5 Jahre
T€
65
60,0
60
55,0
55
50,5
50
45
40
Diskontierungszins
6%
3%
0%
Abb. 43 Höhe der Pensionsrückstellungen in Abhängigkeit vom Diskontierungszinssatz
In Abhängigkeit vom Diskontierungszinssatz und der Lebensdauer gilt:
Je höher der Diskontierungszinssatz,
desto niedriger die notwendige Rückstellung,
desto niedriger der Rückstellungsaufwand und
desto höher der Gewinnausweis.
Je länger die unterstellte Lebensdauer,
desto höher die notwendige Rückstellung,
desto höher der Rückstellungsaufwand und
desto niedriger der Gewinnausweis.
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45 Was versteht man unter Handelsbilanz, Steuerbilanz, Strukturbilanz,
Sonderbilanz und Ergänzungsbilanz?
Die Handelsbilanz wird auf der Grundlage des Handelsgesetzbuches (HGB) erstellt.
Sie hat den Zweck, den verschiedenen Bilanzadressaten, wie Anteilseigner, Gläubiger, Arbeitnehmer, interessierte Öffentlichkeit, Information über die Vermögens- Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu geben. Darüber hinaus dient sie als
Grundlage für die Gewinnverwendung (z. B. Ausschüttung von Dividenden). Eine
Handelsbilanz muss grundsätzlich jeder Kaufmann aufstellen. Dieser Grundsatz bedeutet in der Praxis jedoch nicht, dass jedes Unternehmen eine Handelsbilanz erstellt. Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen erstellen aus Kostengründen eine so genannte Einheitsbilanz. Hierbei handelt es sich um eine Bilanz,
die sowohl den handelsrechtlichen als auch den steuerrechtlichen Anforderungen
gleichermaßen gerecht wird.
Adressat der Steuerbilanz ist der Fiskus. Die Steuerbilanz ist von allen Gewerbetreibenden zu erstellen und dient als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung. Sie
ist weitgehend aus der Handelsbilanz abgeleitet, kann aber in einigen Positionen von
ihr abweichen, um dem Zweck einer objektiven und periodengerechten Erfolgsermittlung als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung zu genügen.
Für die Aufstellung von Strukturbilanzen gibt es keine rechtlichen Vorschriften.
Strukturbilanzen entstehen i. d. R. durch die Übertragung der Daten aus den Originalbilanzen in ein fest vorgegebenes Analyseschema (Struktur). Die so erstellte
Strukturbilanz dient ausschließlich der Analyse von Jahresabschlüssen (z. B. bei der
Bonitätsprüfung durch Kreditinstitute) und enthält meist einen mehrjährigen Vergleich
sowie Kennzahlen und weitere Auswertungen, wie z. B. Branchenvergleichszahlen.
Sonderbilanzen sind Bilanzen, die zu besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen
Anlässen erstellt werden, wie bspw. die Gründung, Liquidation, Kapitalerhöhung oder
Fusion von Unternehmen. Im Gegensatz zu den oben beschriebenen, regelmäßig zu
erstellenden Jahresabschlüssen - wie Handelsbilanz und Steuerbilanz - werden Sonderbilanzen unregelmäßig oder gar nur einmalig verfasst. In Abhängigkeit von der
Rechtsform des Unternehmens gelten für Sonderbilanzen ebenso wie für Steuerund Handelsbilanzen spezielle Rechtsvorschriften.
In einer Ergänzungsbilanz werden im Gegensatz zu den Sonderbilanzen nur Wertunterschiede gegenüber der Handels- oder Steuerbilanz einer Personengesellschaft
erfasst, die auf einzelne Gesellschafter entfallen. Regelmäßig wird eine Ergänzungsbilanz bei einem Wechsel der Gesellschafter von Personengesellschaften notwendig:
Weicht der Kaufpreis vom Buchwert des Kapitalkontos des ausscheidenden Gesellschafters ab, wird der Unterschied in einer positiven oder negativen Ergänzungsbilanz für den neuen Gesellschafter erfasst. Die Handels- oder Steuerbilanz der Personengesellschaft selbst wird zu den ursprünglichen Buchwerten fortgeführt.
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46 Was sind latente Steuern?
Die Position aktive (passive) latente Steuern kann als Forderung (Verbindlichkeit)
gegenüber dem Finanzamt interpretiert werden. Sie wird nur in Handelsbilanzen ausgewiesen und beruht letztlich darauf, dass der ausgewiesene Gewinn in der Handels- und der Steuerbilanz nicht zwingend übereinstimmen muss, da in beiden Bilanzen unterschiedliche bilanzpolitische Wahlrechte genutzt werden können. In diesem
Fall wird die auf Basis der Steuerbilanz ermittelte Steuerzahllast von der theoretisch
aus der Handelsbilanz abgeleiteten Steuerzahllast abweichen. Fällt der Gewinn in
der Handelsbilanz höher aus als in der Steuerbilanz (z. B. auf Grund steuerlich motivierter Sonderabschreibungen), dann werden in der Handelsbilanz auch höhere
Steueraufwendungen ausgewiesen. Die Differenz zu den tatsächlich zu zahlenden
Steuern (Steueraufwand laut Steuerbilanz) wird als latenter Steueraufwand in der
GuV der Handelsbilanz bezeichnet und in der Bilanz als Rückstellung für latente
Steuern bezeichnet.
Beispiel zu latenten Steuern
GuV (Steuerbilanz)
Umsatz
Materialaufwand
Personalaufwand
Sachaufwand
Gewinn vor Steuer
Steueraufwand (40 %)
Jahresüberschuss
10.000 T€
6.000 T€
1.500 T€
1.800 T€
700 T€
280 T€
420 T€
Bilanz (Steuerbilanz)
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
Eigenkapital
Vorräte
…
…
…
…
…
…
Darlehen
Forderungen
Verbindlichkeiten
Bilanzsumme
Bilanzsumme
Hat das Unternehmen in der Steuerbilanz seinen Gewinn minimiert, dann fällt das Ergebnis der
Handelsbilanz ohne diese bilanzpolitischen Maßnahmen entsprechend höher aus:
GuV (Handelsbilanz)
Umsatz
Materialaufwand
Personalaufwand
Sachaufwand
Gewinn vor Steuer
Steueraufwand
latenter Steueraufwand
Jahresüberschuss
10.000 T€
6.000 T€
1.500 T€
1.200 T€
1.300 T€
280 T€
240 T€ (*)
780 T€
Bilanz (Handelsbilanz)
Aktiva
Passiva
Anlageverm.
Eigenkapital
Vorräte
…
…
Rückstellung
…
für latente Steuern
…
…
Darlehen
Forderungen
Bilanzsumme
240 T€
Verbindlichkeiten
Bilanzsumme
(*) Auf den Gewinn von TEUR 1.300 wären 40 % Steuern (=TEUR 520) entfallen, so dass noch TEUR 240 latenter Steueraufwand
als Rückstellung zu buchen sind.
Abb. 44 Beispiel für die Bildung latenter Steuern
Die unterschiedlichen Gewinnausweise in der Handel- und der Steuerbilanz in den
einzelnen Geschäftsjahren gleichen sich über den Zeitraum des Bestehens eines
Unternehmens also langfristig aus. Die Ergebnisdifferenzen bewirken damit lediglich
eine zeitliche Verschiebung des ausgewiesenen Steueraufwandes.
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47 Ist das Testat ein „Gesundheitsattest“ des Wirtschaftsprüfers für
Unternehmen?
Nein. Das Testat (oder der Bestätigungsvermerk) stellt kein Gütesiegel für die Qualität der Unternehmensführung und/oder eine gute, gesicherte Ertrags-, Vermögensoder Schuldenlage des Unternehmens dar. Vielmehr bezieht sich das Testat auf die
Ordnungsmäßigkeit des Rechnungswesens, d. h. der Prüfer bestätigt mit dem Testat
„nur“, dass das Rechnungswesen Gesetz und Satzung entspricht. Die Prüfungsaussagen geben zwar Hinweise zur Zuverlässigkeit des Rechnungswesens, ein Urteil
über die Bonität des Unternehmens lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Hierzu
können Informationen aus dem Prüfbericht, die Stellungnahme des Abschlussprüfers
zur zukünftigen Entwicklung und zu evtl. bestehenden Risiken oder Angaben zur Bilanzpolitik Anhaltspunkte geben.
48 Worin besteht der Unterschied zwischen Bilanzpolitik und
Bilanzfälschung?
Der zentrale Unterschied liegt darin, dass es sich bei der Bilanzpolitik um ein legales Instrumentarium des Ergebnisausweises handelt, während die Bilanzfälschung
illegal ist und einen Straftatbestand darstellt.
Sowohl das deutsche Handels- und Steuerrecht als auch die in Deutschland zulässigen internationalen Rechnungslegungsgrundsätze IAS/ IFRS und US-GAAP enthalten Wahlrechte, die dem Bilanzierenden mehr oder weniger große Spielräume erlauben, ob und mit welchem Wertansatz eine Bilanzposition (z. B. ein Vermögensgegenstand) in der Bilanz angesetzt werden soll. Die Bilanzierung hat dabei einen entsprechend hohen Einfluss auf die Gewinn- und Verlustrechnung, so dass mit der
Wahrnehmung von Wahlrechten der Gewinnausweis (Verlustausweis) beeinflusst
werden kann. Die Wahlrechte selbst sowie deren Umfang sind dabei klar im Gesetz
definiert, und ihre Inanspruchnahme muss im Anhang eines Jahresabschlusses ausgewiesen werden.
Als Bilanzfälschung hingegen bezeichnet man darüber hinaus gehende Beeinflussungen des Ergebnisausweises. Dazu zählen u. a.:
 erfundenen Umsatzerlöse (Luftbuchungen)
 nicht werthaltiges Vorratsvermögen (durch gefälschte Inventurwerte)
 nicht gebuchte Aufwandsrechnungen etc.
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49 Was versteht man unter „Aufwendungen für die Ingangsetzung und
Erweiterung des Geschäftsbetriebs“, und wie werden diese in der Bilanz
erfasst?
Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs entstehen im Rahmen
der Unternehmensgründung. Diese Aufwendungen dienen dem Aufbau der Gesamtorganisation des Unternehmens. Beispiele sind: Kosten der Marktanalyse, Beratungskosten, Kosten für die Personalsuche, Maklerkosten, Aufwand für den Aufbau
einer Vertriebsorganisation etc.
Aufwendungen für die Erweiterung des Geschäftsbetriebs sind Aufwendungen, die
im Zuge des weiteren Ausbaus des Unternehmens und der Vergrößerung des Betriebes anfallen, also im Zuge des Unternehmenswachstums entstehen.
Nicht zu den Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs gehören Gründungskosten im engeren Sinne, wie Notarkosten oder Gebühren für die Eintragung ins Handelsregister und Aufwendungen für die Kapitalbeschaffung (z. B. Bürgschaftsprovision, Bereitstellungszinsen).
Die Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs
sind ein sog. bilanzieller Hilfsposten, der in der Bilanz vor dem Anlagevermögen
auszuweisen und im Anhang zu erklären ist. Für die Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen besteht in der Handelsbilanz ein Aktivierungswahlrecht, das nur
Kapitalgesellschaften eingeräumt wird. D. h. das Unternehmen hat die Möglichkeit,
diese Aufwendungen in der Bilanz als Vermögenswert anzusetzen (zu aktivieren)
oder in der Gewinn- und Verlustrechnung ergebnismindernd zu berücksichtigen. Im
Falle einer Aktivierung wird der Bilanzposten über maximal vier Jahre abgeschrieben.
Absicht des Gesetzgebers war es, Unternehmen vor einer möglichen buchmäßigen
Überschuldung in der Anlauf- und Erweiterungsphase dadurch zu bewahren, dass
derartige Aufwendungen als Vermögen aktiviert werden können. Zu beachten ist,
dass Bilanzierungshilfen nur in der Handelsbilanz angesetzt werden können. Eine
Übernahme in die Steuerbilanz ist nicht möglich.
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Beispiel A: Existenzgründungs-GmbH im 1. Jahr ohne Nutzung des Aktivierungswahlrechts:
GuV 1. Jahr
Umsatz
10.000 T€
Kosten
11.000 T€
Gewinn
-1.000 T€
davon 1.100 T€ Aufwendungen für die Ingangsetzung
Bilanz 1. Jahr
Aktiva
Vermögen
Passiva
2.000 T€ Eigenkapital
-100 T€
Schulden
Bilanzsumme
2.100 T€
2.000 T€ Bilanzsumme
2.000 T€
Beispiel B: Existenzgründungs-GmbH im 1. Jahr mit Nutzung des Aktivierungswahlrechts:
GuV 1. Jahr
Umsatz
Kosten
Gewinn
10.000 T€
9.900 T€
100 T€
reduziert um Aufwendungen für Ingangsetzung
Bilanz 1. Jahr
Aktiva
Aktivierung der Aufwendung für
Ingangsetzung
Passiva
Aufw. f. Ings.
1.100 T€ Eigenkapital
1.000 T€
Vermögen
2.000 T€ Schulden
2.100 T€
Bilanzsumme
3.100 T€ Bilanzsumme
3.100 T€
Abb. 45 Beeinflussung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung durch die Bildung von Ingangsetzungsaufwand
Das Beispiel zeigt, dass die Aktivierung zu einer Verbesserung der Eigenkapitalsituation führt. Außerdem wird im Jahr der Aktivierung ein höheres Ergebnis ausgewiesen. In den Folgejahren führt die Abschreibung der Ingangsetzungsaufwendungen dann allerdings zu einer Verschlechterung des Ergebnisses.
50 Was passiert, wenn ein Unternehmen überschuldet ist?
Ein Unternehmen ist dann überschuldet (bilanzielle Überschuldung), wenn die bilanziellen Verbindlichkeiten das bilanzielle Vermögen übersteigen. In diesem Falle
wird in Höhe der Differenz auf der Aktivseite der Bilanz ein „nicht durch Eigenkapital
gedeckter Fehlbetrag“ ausgewiesen.
Wird die bilanzielle Überschuldung festgestellt, ist zu prüfen, ob auch eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung gegeben ist (nur bei Kapitalgesellschaften, nicht
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bei Personengesellschaften). Das wird mit Hilfe eines Überschuldungsstatus geprüft. Dabei handelt es sich um eine Sonderbilanz, in der ein branchenkundiger Dritter das Gesellschaftsvermögen und die Schulden neu bewertet. Im Überschuldungsstatus wird von Fortführungswerten und nicht von Zerschlagungswerten ausgegangen. Das bedeutet: Die Posten auf der Aktivseite sind nach ihren derzeit (z. B. durch
Verkauf) realisierbaren Verkehrswerten anzusetzen (z. B. ein Grundstück, das 1950
käuflich erworben wurde und noch heute mit den Anschaffungskosten von € 1.500 in
den Büchern steht, aber laut einem Wertgutachten mindestens T€ 50 wert ist). Bei
den Positionen auf der Passivseite sind die tatsächlich bestehenden Verbindlichkeiten anzusetzen (z. B. überhöhte Rückstellungen: Für den anstehenden Prozess wurden T€ 50 zurückgestellt, nach heutigem Kenntnisstand werden jedoch nur T€ 20
benötigt). Ergibt sich auch zu Fortführungswerten noch eine rechnerische Überschuldung, muss die Geschäftsführung einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht
stellen, es sei denn, die Überschuldung kann mit anderen Maßnahmen beseitigt werden (Eigenkapitalerhöhung, Rangrücktrittserklärung für gegebene Gesellschafterdarlehen etc.). Wird dagegen unter Zugrundelegung von Fortführungswerten festgestellt,
dass die Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch Vermögenswerte gedeckt sind,
besteht definitiv keine Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung.
Alternativ zur Beseitigung der Überschuldung kann der Insolvenztatbestand durch
eine positive Fortführungsprognose beseitigt werden. Die Prognose muss die
Frage beantworten, ob die Kapitalgesellschaft in der Lage ist, die Überschuldungssituation mittelfristig zu überwinden. Dazu ist ein Sanierungskonzept erforderlich, das
von einem branchenkundigen Dritten, häufig einem Wirtschaftsprüfer, erarbeitet und
geprüft werden muss.
Ist die Fortführungsprognose negativ, ist die Geschäftsführung (Vorstand, Geschäftsführer) des überschuldeten Unternehmens verpflichtet, beim Amtsgericht Insolvenz anzumelden, wenn die Überschuldung durch keine anderen Maßnahmen
beseitigt werden kann.
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Beispiel: Für das Unternehmen A wird eine positive Fortführungsprognose aufgestellt
und in einem Überschuldungsstatus das Gesellschaftsvermögen neu bewertet. Das
Vermögen der Gesellschaft wird mit T€ 2.000 bilanziert. Im Gesellschaftsvermögen
befindet sich eine Immobilie mit einem Buchwert von T€ 500. Der Verkehrswert der
Immobilie lt. Gutachten beträgt T€ 1.700.
Bilanz
Aktiva
Vermögen
Bilanzsumme
Passiva
2.000 T€ Eigenkapital
-1.000 T€
Schulden
3.000 T€
2.000 T€ Bilanzsumme
2.000 T€
Ansatz des Vermögens zu Buchwerten
Sonderbilanz / Überschuldungsstatus
Aktiva
Vermögen zu
Verkehrswerten
Bilanzsumme
Passiva
3.200 T€ Eigenkapital
200 T€
Schulden
3.000 T€
3.200 T€ Bilanzsumme
3.200 T€
Ansatz des Vermögens zu Verkehrswerten
Abb. 46 Überschuldungsstatus
Das Beispiel zeigt, dass durch den Ansatz von am Markt realisierbaren Werten in der
Bilanz (Verkehrswert der Immobilie lt. Gutachten) keine Überschuldung mehr vorliegt.
51 Worin unterscheiden sich Pauschalwertberichtigungen und
Einzelwertberichtigungen?
Pauschalwertberichtigungen sind Abschreibungen auf einen Gesamtbestand von
Forderungen, mit denen verborgenen Risiken (sog. latenten Risiken) Rechnung getragen werden soll. Die Höhe einer Pauschalwertberichtigung richtet sich nach Erfahrungswerten, z. B. nach der durchschnittlichen Ausfallquote von Forderungen in der
Vergangenheit. In der Bilanz werden Pauschalwertberichtigungen nicht explizit, d. h.
nicht in einer eigenständigen Position, ausgewiesen sondern direkt vom Forderungsbetrag abgezogen.
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Einzelwertberichtigungen sind Wertkorrekturen von einzelnen Forderungen in der
Bilanz wegen konkret absehbarer Ausfallrisiken. Ihre Höhe muss je nach dem vermutlichen Forderungsausfall geschätzt werden.
Während mit der Einzelwertberichtigung also dem spezifischen Ausfallrisiko einer
konkreten Forderung Rechnung getragen wird, findet bei der Pauschalwertberichtigung das allgemeine Ausfallrisiko von Forderungen vor dem Hintergrund entsprechender Erfahrungen in der Vergangenheit Berücksichtigung.
Beispiel: Einzel- u. Pauschalwertberichtigung
Forderungen
davon zweifelhaft
abzgl. EWB
abzgl. 1 % PWB
Forderungen
10.000 T€
2.000 T€
Wert aus der Buchhaltung des Unternehmens
Gegen Kunde A bestehen Forderungen in Höhe von
T€ 2.000. Lt. Einschätzung des Unternehmers ist mit
einem Zahlungseingang von 50 % zu rechnen.
862 T€
Bildung einer Einzewertberichtigung (EWB) auf den
Forderungsbestand ohne MwSt.(= 1.724 T€) in Höhe
von 50 %
69 T€
9.069 T€
Es wird eine pauschale Wertberichtigung auf die übrigen
Forderungen von T € 6.897 (= 8.000 T€ abzgl. MwSt.)
vorgenommen, da aufgrund von Erfahrungswerten mit
einem Prozent Forderungsverlust zu rechnen ist.
Ansatz der Position "Forderungen" im Jahresabschluss
Abb. 47 Beispiel für die Bildung einer Einzel- und Pauschalwertberichtigung
52 Stimmt es, dass „Liquidität“ wichtiger ist als „Rentabilität“?
Unter Liquidität versteht man die Fähigkeit eines Unternehmens, sämtliche Zahlungsverpflichtungen in der vorgesehenen Frist erfüllen zu können. Faktoren, die die
Liquidität eines Unternehmens belasten, sind z. B. rückläufige Gewinne, Tilgungen,
Investitionen, Ausschüttungen an Anteilseigner, Aufbau an Vorratsbeständen, verschlechtertes Zahlungsverhalten der Kunden. Faktoren, die die Liquidität erhöhen,
sind z. B. steigende Gewinne, Verzicht auf Ausschüttungen an Anteilseigner, Abbau
von Vorratsbeständen, schnellere Zahlungseingänge auf Kundenforderungen.
Unter Rentabilität versteht man die Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Rentabilitätskennziffern (z. B. Umsatzrendite) liefern dem Eigentümer des Unternehmens eine
Entscheidungsgrundlage, ob der Gewinn für eine „angemessene“ Eigenkapitalverzinsung ausreicht oder ob es für ihn lukrativer wäre, sein Geld anderweitig zu inves© Hans-Böckler-Stiftung – März 2007
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tieren (sog. Opportunitätskostenprinzip). Die Rentabilität ist somit ein Maßstab für
die Ertragskraft eines Unternehmens. Hohe Gewinne bei niedrigem Kapitaleinsatz
sorgen für eine hohe Rentabilität, niedrige Gewinne bei hohem Kapitaleinsatz für
eine niedrige Rentabilität.
Ausreichende Liquidität ist für die Sicherung der Existenz jedes Unternehmens eine
unbedingte Voraussetzung. Befindet sich ein Unternehmen in der Krise, trifft häufig
die Aussage „Liquidität vor Rentabilität“ zu: Kurzfristig ist die Liquidität der Rentabilität überzuordnen, weil eine ausreichende Versorgung mit liquiden Mitteln dringend
erforderlich ist, um den Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachzukommen und
eine Insolvenz wegen (drohender) Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden.
Eine hohe Rentabilität schließt aber die Illiquidität eines Unternehmens nicht aus.
Auch rentabilitätsstarke Unternehmen können zahlungsunfähig werden, z. B. wenn
Kunden später zahlen als erwartet und somit dringend erforderliche Einzahlungen
ausbleiben.
Das Beispiel zeigt, dass bei vergleichbarer Rentabilität die Liquiditätssituation sehr
unterschiedlich sein kann (z. B. wegen der unterschiedlichen Schnelligkeit der Zahlungseingänge).
Zu hohe Liquidität bedingt i. d. R. Rentabilitätseinbußen. Wer Zahlungsmittel hortet
und nicht mehr investiert, kann zwar seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen,
verzichtet aber ggf. auf eine höhere Verzinsung seines eingesetzten Kapitals. Pauschale Behauptungen wie „Liquidität ist wichtiger als Rentabilität“ sind somit mit Vorsicht zu genießen und im jeweiligen Zusammenhang zu betrachten. Generell richtig
ist hingegen, dass es Unternehmensziel sein sollte, eine hohe Rentabilität unter
Berücksichtigung einer ausreichenden Liquidität zu erreichen.
Beispiel für Unternehmen mit gleicher Ertragskraft aber unterschiedlicher
Liquidität
Umsatz
12.000 T€
Kosten
11.000 T€
Gewinn
1.000 T€
Barzahlung
Forderungen
0€
GuV
Umsatz
Kosten
Gewinn
12.000 T€
11.000 T€
1.000 T€
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Zahlungsziel 90 Tage
Forderungen 3 Mio. €
unterschiedliche Liquidität
gleiche Ertragskraft
GuV
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Abb. 48 Beispiel für mögliche Abweichungen zwischen Ertrag und Liquidität
53 Worin unterscheidet sich ein „Jahresabschluss“ von einem
„Konzernabschluss“?
Unter einem Jahresabschluss versteht man ein Instrument zur externen Rechnungslegung über das Geschäftsjahr eines einzelnen Unternehmens, mit dem der
wirtschaftliche Erfolg des abgelaufenen Geschäftsjahres festgestellt wird.
Ein Konzernabschluss hingegen ist ein konsolidierter Abschlusses für sämtliche
Unternehmen, die in einem Konzern unter der einheitlichen Leitung oder dem beherrschenden Einfluss einer Muttergesellschaft stehen.
Im Konzernabschluss werden alle verbundenen Unternehmen so dargestellt, als ob
der Konzern ein einheitliches Unternehmen wäre. Während der Konzernabschluss
einen umfassenden Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des gesamten Konzerns gewährt, beschränkt sich der Jahresabschluss nur auf die wirtschaftliche Lage eines einzelnen Unternehmens.
Für die Erstellung eines Konzernabschlusses addiert man die Bilanzen und Gewinnund Verlustrechnungen der einzelnen, in den Konzernabschluss einzubeziehenden
Gesellschaften und eliminiert dabei alle konzerninternen Lieferungs- und Leistungsbeziehungen, wie z. B. Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen, Kapitalbeteiligungen an verbundenen Unternehmen etc. Unternehmen, die den Vorschriften
des Handelsgesetzbuches unterliegen, müssen unabhängig davon, ob sie in den
Konzernabschluss aufgenommen („konsolidiert“) werden, zusätzlich einen Einzelabschluss aufstellen. Er dient unter anderem der Bemessung der Gewinnausschüttung
an die Anteilseigner.
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Beispiel: Konzernabschluss/Jahresabschluss
Jahresabschluss
Unternehmen A.
Jahresabschluss
Unternehmen B.
Aktiva
Passiva
1.000 T€ Eigenkapital
500 T€
Vermögen
Ford. an B.
500 T€ Fremdkapital
1.000 T€
Bilanzsumme 1.500 T€ Bilanzsumme
1.500 T€
Aktiva
Passiva
Vermögen
3.000 T€ Eigenkapital
1.000
Fremdkapital 1.500
500
Verb. gg. A.
Bilanzsumme 3.000 T€ Bilanzsumme 3.000
T€
T€
T€
T€
Konzernabschluss
Aktiva
Vermögen
Bilanzsumme
Passiva
4.000 T€ Eigenkapital
1.500 T€
Fremdkapital
2.500 T€
4.000 T€ Bilanzsumme
4.000 T€
Abb. 49 Ableitung eines Konzernabschlusses aus den Einzelabschlüssen
54 Ist für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens der
Gewinn oder der Cash Flow besser geeignet?
Der Gewinn wird allgemein definiert als der Überschuss der Erträge über die Aufwendungen innerhalb einer Geschäftsperiode.
Der Cash Flow wird allgemein definiert als Gewinn plus Abschreibungen plus Veränderung der langfristigen Rückstellungen.
Der Unterschied zwischen Gewinn und Cash Flow besteht also in den Aufwendungen (und Erträgen), die nicht zu Zahlungsströmen führen, wie z. B. den Abschreibungen. Abschreibungen sind Aufwand für das Unternehmen und mindern seinen
Gewinn. Sie führen aber nicht zu einem Zahlungsabfluss. Der Gegenwert der Abschreibungen steht dem Unternehmen darum als Liquidität zur Verfügung – jedenfalls, solange das Unternehmen Gewinne erzielt - und dient im Allgemeinen zur Tilgung der für die Investition aufgenommenen Darlehen.
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Beispiel:
Gleiches
Unternehmen
mit
zwei
verschiedenen
Abschreibungsmethoden, um aus steuertaktischen Überlegungen den
Gewinn zu beeinflussen.
GuV
Umsatz
Afa
sonst. Kosten
Normal
Minimierer
10.000 T€
1.000 T€
8.000 T€
10.000 T€
1.500 T€
8.000 T€
Gewinn
1.000 T€
500 T€
Cash Flow
2.000 T€
2.000 T€
Gewinnminimierer
normaler Gewinn
Abb. 50 Beeinflussbarkeit des Gewinnes durch Bilanzpolitik
Insbesondere bei kapitalintensiven Unternehmen (z. B. im Maschinenbau), die hohe
Abschreibungen verrechnen können, weichen Gewinn und Cash Flow oft erheblich
voneinander ab. Die Abschreibungspolitik des jeweiligen Unternehmens kann große
Auswirkungen auf den Gewinn haben. Auf den Cash Flow hat sie allerdings keinen
Einfluss.
Das Beispiel zeigt, dass ein Unternehmen durch die Wahl der Abschreibungsmethode den Gewinn maßgeblich beeinflussen kann. Eine allgemeingültige Aussage,
dass das „normale“ Unternehmen mit einem Gewinn von T€ 1.000 ertragsstärker sei
als das Unternehmen mit einem Gewinn von T€ 500, kann somit nicht getroffen werden. Der Cash Flow des Unternehmens beträgt in beiden Fällen T€ 2.000 und ist in
diesem Fall somit besser geeignet, den Erfolg des Unternehmens zu beurteilen.
55 Welche Fristen gibt es für den Jahresabschluss?
Bei den Fristen für den Jahresabschluss ist zwischen den Aufstellungs- und den
Publizitätspflichten (oder Offenlegungspflichten) zu unterscheiden. Unter Aufstellungspflicht versteht man die Pflicht, den Jahresabschluss bis zu einem bestimmten
Zeitpunkt zu erstellen. Publizitätspflicht bedeutet die Pflicht zur Offenlegung der
Inhalte des Jahresabschlusses gegenüber Dritten. Die Offenlegung umfasst damit
alle Vorschriften und Maßnahmen zur Veröffentlichung und Verbreitung von Jahresabschlussinformationen.
Die Fristen, innerhalb derer nach Abschluss des Geschäftsjahres der Jahresabschluss aufzustellen und offen zulegen ist, sind unterschiedlich. Insbesondere die
Aufstellungsfristen hängen von Rechtsform und Betriebsgröße ab:
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Unternehmen
Aufstellungsfrist
Offenlegungsfrist
(Rechtsform)
von Jahresabschluss und ggf. Lagebericht
Kleine Kapitalgesellschaft
und Kapitalgesellschaft & Co.
6 Monate
12 Monate
Mittelgroße und große
Kapitalgesellschaft und
Kapitalgesellschaft & Co.
3 Monate
12 Monate
Großunternehmen nach
PublG (Einzelkaufleute, OHG,
KG, Unternehmen anderer
Rechtsformen)
3 Monate
12 Monate
innerhalb der einem
ordnungsmäßigen
Geschäftsgang
entsprechenden Zeit
entfällt
5 Monate
12 Monate
5 Monate
12 Monate
Einzelkaufleute unterhalb
PublG
OHG und KG mit natürlicher
Person als PHG unterhalb
PublG
Eingetragene
Genossenschaften
Konzerne nach HGB und nach
PublG
Abb. 51 Aufstellungs- und Offenlegungsfristen
Kapitalgesellschaften werden in kleine, mittlere und große Kapitalgesellschaften
anhand der drei Größenmerkmale Bilanzsumme, Umsatz und Arbeitnehmerzahl eingeteilt. Hier ist zu beachten, dass zwei dieser drei Größenmerkmale an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen erfüllt sein müssen (vgl. § 267 HGB):
Kriterien
Kapitalgesellschaft
kleine
mittlere
große
Großunternehmen
1
Bilanzsumme1
in Mio. €
Umsatz1
in Mio. €
Arbeitnehmer1
≤ 4,015
≤ 16,06
> 16,06
≤ 8,03
≤ 32,12
> 32,12
≤ 50
≤ 250
> 250
> 65
> 130
> 5000
Zwei dieser drei Größenmerkmale müssen an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen erfüllt sein.
Abb. 52 Größenkriterien für Kapitalgesellschaften nach dem HGB
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Erkennbar ist das Interesse des Gesetzgebers, mit wachsender Größe strengere
Maßstäbe anzulegen, um eine bessere Kontrolle bei größerem gesellschaftlichem
Interesse zu ermöglichen.
56 Was ist ein Goodwill? Was ist ein Badwill?
Die Begriffe Goodwill und Badwill werden im Zusammenhang mit dem Geschäftsoder Firmenwert verwendet. Der (derivative) Geschäfts- oder Firmenwert eines Unternehmens entsteht aus dem Unterschied zwischen dem Kaufpreis eines Unternehmens und dessen Reinvermögen (= Vermögensgegenstände abzüglich Schulden
= Eigenkapital).
Ist der Kaufpreis höher als das Reinvermögen, wird der Geschäfts- oder Firmenwert
als Goodwill bezeichnet, aktiviert und über mehrere Jahre abgeschrieben. Zulässig
ist auch eine direkte Verrechnung mit dem Eigenkapital. Im Goodwill spiegelt sich der
über das Reinvermögen hinausgehende Mehrwert bzw. das Zukunftspotenzial der
erworbenen Gesellschaft wider.
Ist der Kaufpreis niedriger als das Reinvermögen, spricht man von einem Badwill. Im
Badwill spiegelt sich ein im Unternehmenskauf möglicherweise verborgenes Risiko
wider, das z. B. aus negativen Ertragserwartungen herrühren kann. Die Auflösung
des Badwill erfolgt als außerordentlicher Ertrag über die GuV.
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Beispiel 1: Ein Investor kauft das Unternehmen A. Der Kaufpreis für
das Unternehmen A ist größer als das Reinvermögen (Vermögen
minus Schulden) in der Bilanz des Unternehmens A.
Bilanz (Unternehmen A)
Aktiva
Anlagevermögen
Umlaufvermögen
Bilanzsumme
Passiva
1.000 T€ Eigenkapital
700 T€
1.500 T€ Schulden
1.800 T€
2.500 T€ Bilanzsumme
2.500 T€
Kaufspreis
1.000 T€
Reinvermögen
Differenz:
700 T€
300 T€
Goodwill in Höhe
von T€ 300
Beispiel 2: Ein Investor kauft Unternehmen B. Der Kaufpreis für das
Unternehmen B ist kleiner als das Reinvermögen (Vermögen minus
Schulden) in der Bilanz des Unternehmens B.
Bilanz (Unternehmen B)
Aktiva
Anlagevermögen
Umlaufvermögen
Bilanzsumme
Passiva
2.000 T€ Eigenkapital
1.500 T€
1.500 T€ Schulden
2.000 T€
3.500 T€ Bilanzsumme
3.500 T€
Kaufspreis
1.000 T€
Reinvermögen
Differenz:
1.500 T€
./. 500 T€
Badwill in Höhe
von T€ 500
Abb. 53 Entstehung von Goodwill und Badwill
57 Was sind Rechnungsabgrenzungsposten, und zu welchem Zweck werden
sie gebildet?
Rechnungsabgrenzungsposten sind Bilanzpositionen, die das Auseinanderfallen
von vorschüssigen Zahlungen (Erfassung in der Bilanz) bei erst später erfolgender
Erfolgswirksamkeit (spätere Erfassung der entsprechenden Erträge und Aufwendungen in der GuV) anzeigen. Damit dienen sie der periodengerechten Erfolgsermittlung und werden in der Bilanz auf der Aktiv- oder Passivseite gesondert ausgewie© Hans-Böckler-Stiftung – März 2007
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sen. Dementsprechend werden aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten
unterschieden.
Aktive Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) sind materiell Forderungen eines
Unternehmens, da es bereits eine Zahlung in dem Geschäftsjahr vorgenommen hat,
obwohl es erst im nächsten Geschäftsjahr die zugehörige Leistung erhalten wird. Auf
diese Leistung hat das Unternehmen daher einen Anspruch.
Beispiel: Gewerbemiete für Januar, die bereits im Dezember gezahlt wird.
Dagegen stellt ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten (PRAP) für ein Unternehmen eine Verbindlichkeit dar, d. h. es muss im nächsten Geschäftsjahr selbst
eine Leistung erbringen, für die es bereits im laufenden Geschäftsjahr eine Zahlung
erhalten hat.
Beispiel: Erhaltene Zinsen oder Mieten für Teile des neuen Geschäftsjahres.
Beispiel A: Mietzahlung Anfang Dezember in Höhe von € 3.000 für die nächsten drei
Monate (Dezember, Januar, Februar)
Mietzahlung für Dezember
Mietzahlung für Januar u. Februar
€ 1.000
€ 2.000
ARAP in Höhe von T€ 2.000
Beispiel B: Mieteinnahmen Anfang November in Höhe von € 1.500 für die nächsten drei
Monate (November, Dezember, Januar)
Mieteinnahmen für Nov. u. Dez.
Mieteinnahmen für Januar
€ 1.000
€ 500
PRAP in Höhe von T€ 500
Abb. 54 Beispiel für die Entstehung eines aktiven und eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens
58 Was versteht man unter „schwebenden Geschäften“, und wie werden sie
bilanziell berücksichtigt?
Der Begriff „schwebende Geschäfte“ bezeichnet zweiseitig verpflichtende Rechtsgeschäfte, wie z. B. Lieferverträge, die noch von keinem Partner erfüllt worden sind.
Der Schwebezustand beginnt meistens mit Abschluss des Vertrages und endet mit
dem Zeitpunkt der Lieferung oder Leistung durch mindestens einen Geschäftspartner. Schwebende Geschäfte werden mangels Realisation im Jahresabschluss
grundsätzlich nicht berücksichtigt. Ein Bilanzausweis ist erst geboten, wenn ein Geschäftspartner eine Leistung erbracht hat und das Geschäft somit nicht mehr schwebend ist oder wenn aus dem schwebenden Geschäft ein Verlust droht. Ein drohender Verlust besteht, wenn aufgrund konkreter Tatsachen die eigene Verbindlichkeit
aus dem schwebenden Geschäft den Wert der Gegenleistung aus dem Geschäft übersteigt.
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59 Wodurch unterscheiden sich Betriebe von Unternehmen?
Betriebe sind Orte, an denen Leistungsprozesse stattfinden. Die Ausprägung von
Betrieben in marktwirtschaftlichen Systemen nennt man „Unternehmen“. Typisch für
Unternehmen sind die erwerbswirtschaftliche Ausrichtung (Gewinnorientierung), die
zielgerechte Kombination von Produktionsfaktoren und die autonome Entscheidung
über Art und Zusammensetzung ihres Leistungsprogramms. Unternehmen sind bemüht, nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit zu arbeiten. Die Produktionsmittel bei
Unternehmen befinden sich im Privateigentum.
60 Was versteht man unter „Windowdressing“?
Beim Windowdressing handelt es sich um bilanzpolitische Maßnahmen, die ausschließlich der optischen Gestaltung des Bilanzbildes dienen und nicht der dauerhaften Verbesserung der Bilanzstruktur. Anders als bei den traditionellen Maßnahmen
der Bilanzpolitik handelt es sich um Maßnahmen im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen, da der Blick in die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage verstellt wird. „Windowdressing” wird auch mit „Bilanzkosmetik” ins Deutsche übersetzt. Beispiel: Erhöhung der Bestände an flüssigen Mitteln zum Bilanzstichtag und
sofortiger Abzug der flüssigen Mittel aus dem Unternehmen nach dem Bilanzstichtag,
mit dem Ziel, zum Bilanzstichtag eine bessere Liquidität als tatsächlich vorhanden
auszuweisen.
61 Worin unterscheiden sich Produktivität und Wirtschaftlichkeit?
Produktivität misst die Effizienz von Produktionsvorgängen. Dabei handelt es sich
um eine mengenbezogene Betrachtung, bei der die Produktionsmenge ins Verhältnis
zur Einsatzmenge gesetzt wird.
Anders als bei der Produktivität wird bei der Messung der Wirtschaftlichkeit eine
wertmäßige Betrachtung angestellt. Wirtschaftlichkeit ist somit die in Geld bewertete
Produktivität.
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Beispiel: Ein Unternehmen produziert 1000 Stühle aus 2000 Kilogramm Holz (5€/Kg).
Durch die Anschaffung einer neuen Maschine konnte der Verschnitt gesenkt worden, so
dass jetzt insgesamt 100 Kilogramm Holz weniger gebraucht werden. Aufgrund einer
verstärkten Konkurrenzsituation ausländischer Anbieter musste jedoch der
Verkaufspreis um 10% gesenkt werden (von € 100 auf € 90).
Situation 1: Vor Anschaffung der neuen Maschine und ohne Preissenkung
Produktivität =
Ausbringungsmenge
=
Einsatzmenge
1.000
2.000
= 0,5
Ausbringungsmenge X €
Wirtschaftlichkeit =
1000 Stk. X 100 €
=
Einsatzmenge X €
2000 Kg X 5€
= 10
Situation 2: Nach Anschaffung der neuen Maschine und mit Preissenkung
Produktivität =
Ausbringungsmenge
=
Einsatzmenge
1.000
1.900
= 0,526
gesteigerte Produktivität
Ausbringungsmenge X €
Wirtschaftlichkeit =
1000 Kg X 90 €
=
Einsatzmenge X €
= 9,5
1900 Kg X 5€
gesunkene Wirtschaftlichkeit
Abb. 55 Beispiele für die Berechnung von Produktivität und Wirtschaftlichkeit
An diesem Beispiel wird deutlich, dass durchaus der Fall eintreten kann, dass eine
steigende Produktivität mit einer sinkenden Wirtschaftlichkeit einhergeht (oder auch
umgekehrt). Sinkende Marktpreise für die erbrachten Leistungen führen ebenso wie
steigende Preise für Einsatzfaktoren zu einem Rückgang der Wirtschaftlichkeit, die
sogar Produktivitätsfortschritte überkompensieren können (siehe Beispiel).
62 Was ist das Stichtagsprinzip, und welche Folgen hat es?
Die Bilanzierung und Bewertung von Bilanzpositionen richten sich nach den Verhältnissen an einem bestimmten Stichtag. Der Abschlussstichtag ist der letzte Tag des
Wirtschaftsjahres, das aber vom kalendarischen Jahr abweichen kann (Bsp. Landwirtschaft). Das Stichtagsprinzip besagt, dass alle am Abschlussstichtag vorhande-
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nen Wirtschaftsgüter - aber auch nur sie - zu bilanzieren und zu bewerten sind. Hierbei sind die Wertverhältnisse zum Abschlussstichtag zugrunde zu legen:
Beispiel: Ein Unternehmen ist saisonal sehr starken Schwankungen
ausgesetzt und hat traditionell im Dezember einen sehr niedrigen
Vorratsbestand.
Mrz.
Jun.
Sept.
Dez.
1.200
1.100
1.300
100
Vermögenswerte
Vorräte (in T€)
Aktiva
Anlagevermögen
Umlaufvermögen
davon Vorräte
Bilanzsumme
Bilanz
Passiva
4.900 T€ Eigenkapital
1.500 T€ Fremdkapital
1.300 T€
5.100 T€
6.400 T€ Bilanzsumme
6.400 T€
100 T€
Bilanzansatz
Abb. 56 Einfluss des Bilanzstichtages auf die Höhe des Vorratsvermögens
Das Beispiel zeigt, dass nur die am Bilanzstichtag vorhandenen Wirtschaftsgüter zu
bilanzieren und bewerten sind. Damit kann der Ausweis in Einzelfällen stichtagsverzerrt sein. Umgekehrt sind unterjährige, saisonal bedingte Schwankungen aus der
Bilanz nicht ersichtlich.
63 Welche Abschreibungsarten werden unterschieden?
Allgemein wird der Wertverlust des Produktionsvermögens als Abschreibung bezeichnet. Es werden folgende Abschreibungsarten unterschieden: Bei der linearen
Abschreibung werden die Anschaffungskosten des abzuschreibenden Wirtschaftsgutes gleichmäßig auf die Jahre der Nutzung aufgeteilt. Dadurch wird jedes Jahr der
gleiche Betrag abgeschrieben, und im letzten Nutzungsjahr ist das Wirtschaftsgut
vollständig abgeschrieben.
Bei der geometrisch-degressiven Abschreibung wird jeweils ein fester Prozentsatz vom Restbuchwert eines Wirtschaftsgutes abgeschrieben. Zu beachten ist, dass
dieser Prozentsatz höchstens doppelt so hoch wie der lineare Abschreibungssatz
sein und maximal 20 % der Anschaffungskosten betragen darf (§ 7 Abs. 2 EStG).
Der Abschreibungsbetrag wird folglich bei dieser Methode von Jahr zu Jahr kleiner.
Ein Wechsel von der geometrisch-degressiven Abschreibung zur linearen Abschreibung ist möglich. Würde (unüblicherweise) die geometrisch-degressive Abschreibung
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beibehalten, dann würde das Wirtschaftsgut am Ende der geplanten Nutzungsdauer
in Höhe des verbliebenen Restbuchwertes vollständig abgeschrieben.
Im Gegensatz zur degressiven Abschreibung werden bei der progressiven Abschreibung mit zunehmender Nutzungsdauer steigende jährliche Abschreibungen
vorgenommen. Diese Methode ist steuerrechtlich nicht zulässig.
Bei der leistungsbezogenen Abschreibung bestimmt die konkrete Nutzung des
Wirtschaftsgutes den abzuschreibenden Betrag im jeweiligen Jahr. Damit das Wirtschaftsgut innerhalb einer festgelegten Zeit vollständig abgeschrieben werden kann,
muss eine wahrscheinliche Gesamtleistung angenommen werden.
Des Weiteren gibt es auch noch die arithmetisch-degressive Methode, bei der sich
der Abschreibungsbetrag jedes Jahr um einen festen Betrag verringert. Diese Methode ist allerdings nur handelsrechtlich, nicht aber steuerrechtlich zulässig.
64 Was versteht man unter einer „Plausibilitätsprüfung“ im Rahmen der
handelsrechtlichen Jahresabschlussprüfung?
Eine Prüfung der Plausibilität im Rahmen der handelsrechtlichen Jahresabschlussprüfung umfasst die Analyse der erteilten Auskünfte sowie der vorgelegten
Unterlagen des Unternehmers durch den Steuerberater hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit, z. B. durch Befragungen, Bestandsnachweise, Inventurkontrollen, Stichprobenprüfungen etc. Diese Plausibilitätsprüfung betrifft Unternehmen, deren Jahresabschlüsse nicht von einem Wirtschaftsprüfer testiert werden (kleine und mittlere Unternehmen).
Seit der Einführung der Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MaK) haben
auch Banken verstärkt Prüfungshandlungen vorzunehmen. Der Gesetzgeber will
sicherstellen, dass die Kreditinstitute die Kreditwürdigkeit ihrer Kreditnehmer in ausreichendem Maße anhand von Unterlagen prüfen (vgl. auch aufgrund von § 18 Kreditwesengesetz; KWG). Ziel der Prüfungshandlung ist in erster Linie, das Ausfallrisiko eines Kredites zu verringern. Als Folge der MaK treten Banken verstärkt an nicht
prüfungspflichtige Firmenkunden (kleine und mittlere Unternehmen) heran und verlangen Jahresabschlüsse mit einer so genannten „Plausibilitätsprüfung“. Durch die
Prüfung der erteilten Auskünfte und der vorgelegten Unterlagen durch den Steuerberater wird dieser mit in die Haftung genommen und die Glaubwürdigkeit der vorgelegten Jahresabschlüsse gestärkt.
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65 Was versteht man unter einer „Nachtragsprüfung“?
Die Nachtragsprüfung ist eine erneute Prüfung geänderter Teile eines bereits geprüften Jahresabschlusses bzw. Lageberichts.
Es kommt vor, dass Teile der Rechnungslegung auch noch nach der Vorlage des
Prüfungsberichtes geändert werden. In diesen Fällen hat der bestellte Abschlussprüfer die betreffenden Änderungen gemäß § 316 Abs. 3 HGB erneut zu prüfen (Nachtragsprüfung). Grundsätzlich wird der Bestätigungsvermerk dadurch aber nicht unwirksam. Ist vor der Änderung ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt
worden und bleibt dieser auch nach der Nachtragsprüfung ohne Einschränkungen
bestehen, ist der Vermerk um einen gesonderten Abschnitt zu ergänzen. Er soll verdeutlichen, dass sich der Vermerk nun auf geänderte Tatsachen bezieht. In diesem
Abschnitt sind die Änderungen zu bezeichnen.
Liegen die ursprüngliche Prüfung und die Nachtragsprüfung zeitlich dicht beieinander, kann auf diesen Absatz verzichtet werden. Direkte Auswirkungen auf den bereits
erteilten Vermerk entstehen immer dann, wenn im Zuge der Nachtragsprüfung festgestellt wird, dass alte Mängel beseitigt oder neue verursacht wurden. Das Prüfungsurteil ist in diesen Fällen neu zu formulieren, auf die Änderungen ist gesondert
hinzuweisen. Der ergänzte Bestätigungsvermerk ist jeweils mit Datum der Beendigung der ursprünglichen und der Nachtragsprüfung vom Wirtschaftsprüfer zu unterzeichnen.
66 Was besagt der Grundsatz des „true and fair“ view, und welche
Auswirkungen hat er auf die Bilanzierungspraxis?
Die in der anglo-amerikanischen Rechnungslegung dominierende Generalnorm des
„true and fair view“ (fair presentation) hat zum Ziel, den Wert des Unternehmens
möglichst realitätsnah darzustellen, um die Qualität des Jahresabschlusses als Informationsgrundlage insbesondere für potenzielle Investoren zu verbessern. Dabei
wird nach IFRS/ IAS die Darstellung der Ertrags-, Vermögens- und Schuldenlage im
Sinne des „true and fair view“ nicht als Generalnorm (wie bei US-GAAP) sondern als
Ergebnis der Rechnungslegung interpretiert. Bei konsequenter Einhaltung der Prinzipien der Rechnungslegung, wie Verständlichkeit, Relevanz, Vergleichbarkeit, Verlässlichkeit, zeitnahe Rechnungslegung, Kosten-Nutzen-Postulat (Primärgrundsätze)
bzw. Wesentlichkeit, Vollständigkeit, wirtschaftliche Betrachtung (Sekundärgrundsätze) ergibt sich ein „true and fair view“ nach dieser Auffassung zwangsläufig.
Während in der Rechnungslegung nach HGB bei der Bewertung eines Vermögensgegenstandes die historischen Anschaffungskosten zugrunde gelegt werden, gilt bei
IAS/ IFRS weitgehend das Marktwertprinzip: Die Rechnungslegung soll möglichst
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den Ertragswert der Aktiva widerspiegeln. Häufig werden Discounted Cash Flow Verfahren (DCF) herangezogen, um den Wert eines Vermögensgegenstandes zu bestimmen. Die Betrachtung ist also eher zukunftsorientiert. Kritiker verweisen auf die
Unsicherheit und Entscheidungsspielräume des Managements, die mit einer derartigen Vorgehensweise verbunden sind. Befürworter heben dagegen hervor, dass erst
dadurch ein periodengerechter Gewinn- und Eigenkapitalausweis gewährleistet sein
kann.
Beispiel A: Aktivierung und Bewertung eines Grundstücks nach HGB zu Anschaffungskosten
Bilanz HGB
Aktiva
Grundstück
Passiva
1.000 T€ Eigenkapital
500 T€
Mobilien (z. B. Maschinen)
4.000 T€
Übrige Vermögen
3.000 T€ Verbindlichkeiten
7.500 T€
Bilanzsumme
8.000 T€ Bilanzsumme
8.000 T€
Eine Bewertungsänderung des Grundstücks findet gemäß HGB nur bei einer dauerhaften
Wertminderung statt. Eine Zuschreibung über die ursprünglichen Anschaffungskosten hinaus ist
nicht zulässig.
Beispiel B: Aktivierung und Bewertung eines Grundstücks nach IAS/ IFRS
Fall 1: zunächst zu Anschaffungskosten
Die Bilanz nach IAS/ IFRS entspricht dann der obigen Bilanz nach HGB.
Fall 2: Neubewertungstest ergibt einen geringeren "fair value" von 780 T€
Die Wertminderung wird als a. o. Aufwand (220 T€) in der GuV gewinnreduzierend erfasst.
Bilanz IAS/ IFRS
Aktiva
Grundstück
Passiva
780 T€
ursprüngl. Eigenkapital
abzgl. Geringerer Gewinn
500 T€
-220 T€
Mobilien (z.B. Maschinen)
4.000 T€ Eigenkapital
= 280 T€
Übrige Vermögen
3.000 T€ Verbindlichkeiten
7.500 T€
Bilanzsumme
7.780 T€ Bilanzsumme
7.780 T€
oder Fall 3: Neubewertungstest ergibt einen höheren "fair value" von 1.300 T€
Die Werterhöhung wird ergebnisneutral als "Neubewertungsrücklage"
im Eigenkapital erfasst.
Bilanz IAS/ IFRS
Aktiva
Grundstück
Passiva
1.300 T€
ursprüngl. Eigenkapital
+ Neubewertungsrücklage
500 T€
300 T€
Mobilien (z.B. Maschinen)
4.000 T€ Eigenkapital
= 800 T€
Übrige Vermögen
3.000 T€ Verbindlichkeiten
7.500 T€
Bilanzsumme
8.300 T€ Bilanzsumme
8.300 T€
Abb. 57 Einfluss der Rechnungslegungsnorm auf die Bilanzierung und Bewertung
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67 Was versteht man unter Due Diligence?
Allgemein bezeichnet der Begriff Due Diligence die sorgfältige Analyse, Prüfung
und Bewertung eines Objektes im Rahmen einer geschäftlichen Transaktion, insbesondere jedoch im Zusammenhang mit Unternehmensverkäufen. Der Begriff
stammt aus dem US-amerikanischen Kapitalmarkt- und Anlegerschutzrecht. Dort
muss nicht der Anleger beweisen, dass der Experte falsche Angaben gemacht hat,
sondern der Experte, dass seine Angaben richtig waren. In einer so genannten Due
Diligence Defense muss er nachweisen, dass er mit der notwendigen Sorgfalt vorgegangen ist.
Während einer Due Diligence werden vor allem die Jahresabschlüsse, die strategische Positionierung sowie die fachlichen und persönlichen Qualifikationen des Managements und der Mitarbeiter des zu akquirierenden Unternehmens geprüft. Due
Diligence bezeichnet also die Beschaffung und Aufarbeitung von Informationen für
eine Prüfung im Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf oder einer Unternehmensübernahme. Ziel ist es, potenzielle Chancen und Risiken beim Zielunternehmen aufzudecken, um die Genauigkeit der Unternehmenswertermittlung zu verbessern und so die Kaufentscheidung abzusichern.
Grundsätzlich kann zwischen einer Buyers und einer Vendors Due Diligence unterschieden werden. Während bei einer Buyers Due Diligence der Käufer eines Unternehmens die Due Diligence veranlasst, ist es bei einer Vendors Due Diligence der
Verkäufer. Der Verkäufer versucht mit der Due Diligence, Schwachstellen seines Unternehmens zu erkennen, abzustellen und dadurch einen höchst möglichen Verkaufspreis zu realisieren.
68 Was versteht man unter einem Impairment-Test, und wann ist ein
Impairment-Test durchzuführen?
Der Impairment-Test verkörpert die internationale Umsetzung des im Handelsgesetzbuch (HGB) enthaltenen Niederstwertprinzips. Bilanziert ein Unternehmen nach
internationaler Rechnungslegung (IAS/ IFRS oder US-GAAP), ist es verpflichtet, an
jedem Bilanzstichtag zu untersuchen, ob Anhaltspunkte für eine Wertminderung eines Vermögenswertes vorliegen. Im Allgemeinen gilt das für alle Vermögensgegenstände mit Ausnahme von
 Vorräten,
 Vermögenswerten, die aus Fertigungsaufträgen entstehen oder aus Leistungen
für Arbeitnehmer resultieren, sowie
 für finanzielle Vermögenswerte.
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Liegen Anzeichen für eine Wertminderung vor, muss ein Impairment-Test durchgeführt werden. Hierbei stellt das Unternehmen dem Buchwert den aktuell zu realisierenden Betrag gegenüber. Stellt sich heraus, dass der Buchwert über dem realisierbaren Wert liegt, ist eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen. Die Abschreibung wirkt sich dann direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgsmindernd aus. Ziel des Impairment-Tests ist es sicherzustellen, dass die Vermögenswerte eines Unternehmens nicht mit einem höheren als ihrem aktuell erzielbaren Betrag
bewertet werden.
Gemäß den Regelungen der US-GAAP ist der Firmenwert nicht planmäßig abzuschreiben sondern jährlich mit Hilfe eines Impairment-Tests auf seine Werthaltigkeit
zu überprüfen.
69 Was versteht man unter LIFO und FIFO, und was unterscheidet beide?
LIFO (Last in – First out) und FIFO (First in – First out) bezeichnen Verbrauchsfolgeverfahren zur vereinfachten Ermittlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Vorratsvermögens. Während beim LIFO-Verfahren die (fiktive) Annahme
getroffen wird, dass zuerst die neueren Bestände verbraucht oder veräußert werden,
bevor auf ältere Bestände zurückgegriffen wird, basiert das FIFO-Verfahren auf der
Annahme, dass die zuerst angeschafften Gegenstände auch zuerst verbraucht oder
veräußert werden.
Beim LIFO-Verfahren wird der Materialverbrauch zu gegenwartsnahen Preisen ermittelt. Das hat zur Folge, dass sich der rechnerische Warenbestand aus dem Anfangsbestand und den zeitlich folgenden Käufen zusammensetzt. Bei steigenden
Einstandspreisen für die Vorräte während des Geschäftsjahrs wird somit ein höherer
Materialverbrauch (Aufwand) ausgewiesen, der zu einem niedrigeren Gewinnausweis führt.
Im Gegensatz zum LIFO-Verfahren setzten sich beim FIFO-Verfahren die am Bilanzstichtag vorhandenen Vorräte aus den zuletzt erworbenen Beständen zusammen. Bei steigenden Einstandspreisen wird somit ein relativ niedriger Materialverbrauch (Aufwand) ausgewiesen und ein hoher Gewinnausweis erzielt.
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Beispiel: Auszug aus der Lagerbuchhaltung eines Unternehmens
Anfangsbestand 1.1.Jahr 1
Bilanzansatz 31.12.Jahr 0
Stück
1.800
Kauf 13.3.Jahr 1
Kauf 18.7.Jahr 1
Kauf 06.9.Jahr 1
1.200
800
1.900
Verbräuche im Jahr
Endbestand 31.12.Jahr 1
2.500
3.200
€ je Stück
€
17,5
31.500
18
19
21
21.600
15.200
39.900
FIFO-Verfahren
Endbestand
davon verbraucht
Anfangsbestand
Kauf 13.3.Jahr 1
3.200
1.800 Stück X 17,5 €
700 Stück X 18,0 €
Materialeinsatz mit FIFO-Verfahren
31.500 €
12.600 €
44.100 €
LIFO-Verfahren
Endbestand
davon
Kauf 06.09.Jahr 1
Kauf 18.7.Jahr 1
3.200
1.900 Stück X 21,0 €
600 Stück X 19,0 €
Materialeinsatz mit LIFO-Verfahren
GuV mit FIFO-Verfahren
Umsatz
Materialeinsatz
sonstige Kosten
Gewinn
100.000 €
44.100 €
32.000 €
23.900 €
39.900 €
11.400 €
51.300 €
GuV mit LIFO-Verfahren
Umsatz
Materialeinsatz
sonstige Kosten
Gewinn
100.000 €
51.300 €
32.000 €
16.700 €
Bei steigenden Einstandspreisen wird somit unter Zugrundelegen des FIFOVerfahrens ein höherer Gewinn als unter dem LIFO-Verfahren ausgewiesen.
Abb. 58 Vorratsbewertung nach verschiedenen Verbrauchsfolgeverfahren
70 Was versteht man unter Zahlungsunfähigkeit, und was unterscheidet die
Zahlungsunfähigkeit von der drohenden Zahlungsunfähigkeit?
Nach der Definition der Insolvenzordnung ist ein Schuldner dann zahlungsunfähig,
wenn er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (§ 17
InsO). Dabei erweist sich die Bestimmung des Zeitpunktes, ab wann die Zahlungsunfähigkeit vorliegt, oftmals als schwierig. Die Zahlungsunfähigkeit muss über einen
länger andauernden Zeitraum anhalten. Die Zahlungsunfähigkeit ist daher zu unterscheiden von der Zahlungsstockung, die regelmäßig dann vorliegt, wenn der
Schuldner lediglich vorübergehend die Zahlungen einstellen muss, aber erwartet
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werden kann, dass er seine Schuldzahlungen in naher Zukunft erfüllen kann. Während die Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzeröffnungsgrund ist, ist die Zahlungsstockung kein Grund zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.
§ 18 der Insolvenzordnung definiert die drohende Zahlungsunfähigkeit. Der
Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er aller Voraussicht nach nicht in
der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Dem Schuldner soll die Möglichkeit gegeben werden, bereits in
einem frühen Stadium das Insolvenzverfahren einzuleiten, um die Sanierungschancen zu erhöhen. Als Grundlage für die Beurteilung der zukünftigen drohenden Zahlungsunfähigkeit kann ein Finanz- bzw. Liquiditätsplan herangezogen werden, der
den voraussichtlichen Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit aufzeigt. Die
Finanz- bzw. Liquiditätsplanung sollte mindestens die nächsten sechs Monate erfassen. Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit kann nur von dem Schuldner selbst gestellt werden, nicht aber von
den Gläubigern.
Der grundlegende Unterschied zwischen der Zahlungsunfähigkeit und der drohenden Zahlungsunfähigkeit liegt somit in der Person des Antragsstellers sowie im Zeitpunkt der Antragsstellung auf ein Insolvenzverfahren. Während bei der drohenden
Zahlungsunfähigkeit der Antrag nur vom Schuldner selbst gestellt werden kann, können bei der Zahlungsunfähigkeit sowohl der Schuldner selbst als auch die Gläubiger
den Antrag auf ein Insolvenzverfahren beim Amtsgericht einreichen. Des Weiteren ist
der Schuldner zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit noch nicht zahlungsunfähig, sondern handelt nur in weiser Voraussicht,
während bei der Zahlungsunfähigkeit der Schuldner bereits zahlungsunfähig ist.
71 Dürfen immaterielle Werte in der Bilanz aktiviert werden?
Immaterielle Vermögenswerte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht materiell, d. h. nicht körperlich erfassbar sind.
Nach dem Grundsatz der Vollständigkeit sind sämtliche, also auch immaterielle
Vermögensgegenstände, in der Bilanz zu erfassen. Allerdings macht der Gesetzgeber die Einschränkung, dass nur solche immateriellen Vermögensgegenstände in
der Bilanz aktiviert werden dürfen, die entgeltlich erworben wurden (gilt nicht für IAS/ IFRS oder US-GAAP). Für die entgeltlich erworbenen immateriellen Vermögensgegenstände besteht nach dem Vollständigkeitsgrundsatz eine Aktivierungspflicht
(„muss“ auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen werden). Als Beispiele für immaterielle Vermögensgegenstände können Konzessionen und gewerbliche Schutzrechte
sowie ähnliche Rechte und Werte genannt werden. Des Weiteren ist der Geschäftsoder Firmenwert einer Kapitalgesellschaft unter den immateriellen Vermögensge© Hans-Böckler-Stiftung – März 2007
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genständen aufzuführen, sofern es sich um einen entgeltlich erworbenen (so genannten derivativen) Firmenwert handelt.
Wurde der immaterielle Vermögenswert nicht entgeltlich erworbenen, greift das
Bilanzierungsverbot („darf“ nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen werden). Beispiel: selbst geschaffene (so genannte originäre) Geschäftswerte, selbst
entwickelte Patente oder selbst erstellte Software.
72 Was unterscheidet Eventualverbindlichkeiten von Rückstellungen?
Rückstellungen sind Verbindlichkeiten (Passivposten), die hinsichtlich ihres Eintretens oder ihrer Höhe nicht völlig aber hinreichend sicher sind.
Der Begriff Eventualverbindlichkeiten hingegen wird für nicht bilanzierte Schulden
und Vermögenswerte verwendet, die durch das Eintreten oder Nichteintreten eines
unsicheren künftigen Ereignisses bedingt sind. Ob aus einer Eventualverbindlichkeit
eine tatsächliche Verbindlichkeit wird, kann das Unternehmen nicht oder nur teilweise beeinflussen.
Der Unterschied zwischen Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten liegt somit
in der Gewissheit über die Zahlungspflicht: Während bei Rückstellungen die Zahlungspflicht relativ gewiss ist, ist sie bei Eventualverbindlichkeiten ungewiss. Im Ergebnis bedeutet das, dass für Eventualverbindlichkeiten keine Rückstellungen passiviert (in der Bilanz auf der Passivseite ausgewiesen) werden.
Beispiel: Unternehmen A übernimmt für seinen wichtigsten Kunden eine
Bürgschaft für einen Kredit in Höhe von T€ 100.
A: Im ersten Jahr erfüllt der Kunde seine Pflicht ordnungsgemäß.
Es ist eine Verpflichtung vorhanden, aber der Eintritt ist sehr
ungewiss. Daher handelt es sich für das Unternehmen A um eine
Eventualverbindlichkeit .
B: Im darauf folgenden Jahr vernachlässigt der Kunde seine Verpflichtungen
aus der Zahlungsverpflichtung. Das Unternehmen wird von seiner Bank auf
die wahrscheinliche Inanspruchnahme hingewiesen.
Ist eine konkretisierte Verpflichtung vorhanden und die
Inanspruchnahme wahrscheinlich, ist eine Rückstellung in der Bilanz
auszuweisen.
Abb. 59 Unterscheidung von Eventualverbindlichkeiten und Rückstellungen
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73 Was ist unter dem handelsrechtlichen Begriff „Vermögensgegenstand“ zu
verstehen?
Der Begriff „Vermögensgegenstand“ ist nicht näher definiert. Ein brauchbares Kriterium für die Definition ist jedoch die selbstständige Veräußerbarkeit (so genannte Verkehrsfähigkeit) eines Gegenstandes. Es sind also nur die Güter Vermögensgegenstände im bilanziellen Sinne, die Gegenstände des Rechtsverkehrs sein können (wirtschaftliche Betrachtungsweise). Die Beschränkung der Vermögensgegenstände auf
einzeln veräußerbare Güter trägt besonders dem Gläubigerschutz Rechnung. Hierdurch wird im Insolvenzfall sichergestellt, dass Gläubiger einzelne Objekte zur
Schuldentilgung veräußern können. Des Weiteren müssen Vermögensgegenstände
im juristischen und wirtschaftlichen Eigentum des Unternehmens stehen und dem
Unternehmenszweck dienen. Dann gehören sie zum Betriebsvermögen und sind bilanzierungsfähig.
74 Was ist unter dem handelsrechtlichen Begriff „Schulden“ zu verstehen?
Der Begriff „Schulden“ ist im HGB nicht eindeutig definiert. Jedoch geht aus den Ausführungen des HGB hervor, dass unter Schulden nicht nur die bürgerlich- rechtlichen
Schulden zu verstehen sind, sondern alle gegenwärtigen und zukünftigen Belastungen des Vermögens des Kaufmanns, die dem Grunde nach bestehen oder hinreichend sicher erwartet werden. Das gilt ausdrücklich auch, wenn deren Höhe noch
ungewiss ist. Schulden im handelsrechtlichen Sinne umfassen somit neben den Verbindlichkeiten grundsätzlich auch Rückstellungen, die durch die Ungewissheit hinsichtlich ihres Eintrittszeitpunktes und ihrer Höhe gekennzeichnet sind.
75 Was bedeutet EBIT bzw. EBITDA?
Die aus der angelsächsischen Praxis der Finanzanalyse stammende Kennzahl EBIT
ist ein Maßstab zur Beurteilung die Unternehmensrentabilität vor Steuern und Zinsen. EBIT ist die Abkürzung für den englischen Ausdruck „earnings before interest
(Zinsen) and taxes (Steuern)“ und kann mit „ordentliches Ergebnis vor Zinsen und
Steuern“ ins Deutsche übersetzt werden. Ziel der Kennzahl ist es, einen objektiven
Vergleich der operativen Ertragskraft verschiedener Unternehmen (vor Berücksichtigung des jeweiligen Finanzergebnisses) zu ermöglichen. Der Vorzug des EBIT besteht vor allem darin, dass die Kennzahl nicht von der Kapitalstruktur des Unternehmens beeinflusst wird. Kapitalanleger und Investoren können mit Hilfe des EBIT entscheiden, ob die Umsatzrentabilität vor Berücksichtigung der Finanzierungskosten
ausreicht, um eigene Renditeansprüche zu decken.
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EBITDA ist die Abkürzung für den englischen Ausdruck „earnings before interest,
taxes, depreciation and amortization“. Die Begriffe depreciation und amortization
können beide mit Abschreibung ins Deutsche übersetzt werden. Während sich „depreciation“ auf den Werteverzehr von materiellen Gütern des Sachanlagevermögens
bezieht, wird „amortization“ mit dem Werteverzehr von immateriellen Gütern (z. B.
des Firmenwertes) in Verbindung gebracht. Damit entspricht EBITDA dem Cash
Flow vor Zinsen und Ertragssteuern. EBITDA zeigt die Selbstfinanzierungskraft eines
Unternehmens, losgelöst von dessen Finanzierungsstruktur und Steuerlast. Wie
auch mit dem EBIT wird mit Hilfe von EBITDA der wirtschaftliche Erfolg aus der
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit einer Geschäftsperiode ermittelt.
Der Unterschied zwischen EBIT und EBITDA liegt somit in den Abschreibungen.
Abschreibungen sind nicht liquiditätswirksam und werden bei der Berechnung des
EBITDA dem Jahresergebnis hinzu gerechnet. Die Kennzahl EBITDA eignet sich
daher gut für junge, wachstumsstarke Unternehmen, die häufig schwache Jahresergebnisse erwirtschaften.
Beispiel: Berechnung der EBIT- und EBITDA-Kennzahl
G+V
Umsatz
- Zinsen
- Abschreibungen
- übrige Kosten
= Betriebsergebnis
- Ertragssteuern
= Unternehmensergebnis
T€
1.000
100
200
500
200
50
150
T€
+/+/=
+
=
+/+/=
Jahresüberschuss
Außerordentliches Ergebnis
Ertragssteuern
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
Zinsaufwand
EBIT
Afa auf Anlagevermögen
Afa auf immaterielle Vermögensgegenstände
EBITDA
150
0
50
200
100
300
150
50
500
Abb. 60 Berechnung des EBIT und des EBITDA
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76 Warum ist es so wichtig, zwischen Aufwand und Kosten bzw. Ertrag und
Leistung zu unterscheiden?
Kosten sind der bewertete Güter- und Leistungsverzehr, der ausschließlich durch
die betriebliche Leistungserstellung und Leistungsverwertung verursacht wird.
Aufwand hingegen ist jeder bewertete Güter- und Leistungsverzehr einer Periode.
Leistung ist die ausschließlich betriebliche Leistungserstellung. Ertrag ist jede Leistungserstellung einer Periode.
Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den Begriffspaaren Ertrag und Aufwand
sowie Kosten und Leistungen ist, dass Ertrag und Aufwand im außerbetrieblichen
Rechnungswesen angewendet werden, während Kosten und Leistungen im innerbetrieblichen Rechnungswesen Anwendung finden. Das außerbetriebliche Rechnungswesen findet seinen Niederschlag im Wesentlichen im handels- oder steuerrechtlichen Jahresabschluss und basiert somit auf gesetzlichen Buchführungs-, Bewertungs- und Bilanzierungsvorschriften. Die legalen Gestaltungsspielräume beschränken sich auf die Entscheidung über die Ausübung von Wahlrechten, Sachverhaltsgestaltungen und Ermessensspielräumen. Im Gegensatz zum außerbetrieblichen Rechnungswesen ist das innerbetriebliche Rechnungswesen nicht an gesetzliche Vorschriften gebunden. Der Unternehmer kann das innerbetriebliche Rechnungswesen nach eigenen Überlegungen gestalten. Die externe Vergleichbarkeit
wird dadurch erheblich gestört.
Obwohl die Begriffe Aufwand und Kosten aus verschiedenen Kreisläufen des Rechnungswesens kommen, unterscheiden sie sich dennoch nur in Teilbereichen voneinander. Im externen Rechnungswesen betrifft das den Bereich der neutralen Aufwendungen und im internen Rechnungswesen den Teil der kalkulatorischen Kosten (so
genannte Zusatzkosten). Analog zu den Begriffen Aufwand und Kosten unterscheidet
sich das Begriffspaar Ertrag und Leistung um die Komponenten Neutrale Erträge
bzw. Zusatzleistungen.
77 Wodurch unterscheiden sich die offenen von den stillen Rücklagen?
Die offenen Rücklagen bezeichnen die in der Bilanz offen ersichtlich (ausgewiesenen) Rücklagen. Sie lassen sich in die Kapitalrücklage und die Gewinnrücklage
unterteilen. Durch die Trennung in Kapital- und Gewinnrücklage ist für den externen
Bilanzleser jederzeit erkennbar, welcher Teil des Eigenkapitals durch in der Vergangenheit erwirtschaftete Gewinne (Gewinnrücklage) bzw. durch Einzahlungen der Gesellschafter von außen (Kapitalrücklage) entstanden ist.
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Stille Rücklagen (auch stille Reserven) hingegen sind Teile des Eigenkapitals, deren Höhe nicht aus der Bilanz ersichtlich ist. Neben dieser Eigenschaft unterscheiden
sich die stillen von den offenen Rücklagen, indem die stillen Rücklagen bei ihrer Auflösung im Allgemeinen der Besteuerung unterliegen. Während offene Rücklagen
ausschließlich auf der Passivseite der Bilanz zu finden sind, können stille Rücklagen
sowohl auf der Passiv- als auch auf der Aktivseite der Bilanz verborgen sein. Stille
Rücklagen entstehen auf der Aktivseite durch eine zu niedrige Bewertung der Vermögenspositionen im Vergleich und auf der Passivseite durch eine zu hohe Bewertung der Schuldpositionen, jeweils im Vergleich zu den tatsächlichen Verhältnissen.
Die stillen Rücklagen ergeben sich aus der Differenz zwischen den Buchwerten
(Wertansatz des Vermögens in der Bilanz) und den tatsächlichen (Markt- oder Anschaffung-) Werten.
Beispiel: Bilanzansatz von offenen und stillen Rücklagen
Bilanz
Aktiva
Anlagevermögen
Umlaufvermögen
Bilanzsumme
Passiva
1.000 T€ Eigenkapital
davon Grundkapital
2.000 T€ davon Kapitalrücklage
davon Gewinnrücklage
2.000
1.000
500
500
T€
T€
T€
T€
Fremdkapital
3.000 T€ Bilanzsumme
1.000 T€
3.000 T€
offene Rücklagen
tatsächlicher Verkehrswert lt. Gutachten T€ 1.500
Differenz zwischen Verkehrswert und Buchwert ist T€ 500
= stille Reserven
= stille Rücklagen
aus der Bilanz nicht ersichtlich
Abb. 61 Beispiel für die Bilanzierung von offenen und stillen Rücklagen
78 Was ist eine Unterbilanz, und wann liegt eine Überschuldung vor?
Eine Unterbilanz liegt vor, wenn in der Bilanz des Unternehmens der Verlust (inklusive des Verlustvortrags) nicht mehr durch offene Rücklagen (Kapital- und Gewinnrücklagen) abgedeckt werden kann.
Übersteigt der Verlust sogar das gesamte Eigenkapital, d. h. deckt das Vermögen
des Unternehmens die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr, so spricht man
von einer Überschuldung des Unternehmens.
Insbesondere bei Kapitalgesellschaften (AG, GmbH), aber auch für bestimmte Personengesellschaften (GmbH & Co. KG) sind die Unterbilanz und die Überschuldung
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von besonderer Bedeutung, da sie bei diesen Gesellschaften insolvenzrechtlich relevante Rechtsfolgen auslösen (können).
79 Worin unterscheidet sich die Kapitalrücklage von den Gewinnrücklagen?
Der prinzipielle Unterschied zwischen Kapital- und Gewinnrücklagen ist, dass Kapitalrücklagen dem Unternehmen von außen zufließen und Gewinnrücklagen im Unternehmen selbst, z. B. durch Gewinnthesaurierung (Einbehaltung von Gewinnen)
gebildet werden.
Die Kapitalrücklage umfasst das einer Kapitalgesellschaft (AG, GmbH) von ihren
Gesellschaftern zusätzlich zum Nominalkapital von außen zugeführte Eigenkapital.
Hierzu zählen auch diejenigen Beträge, die bei der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen über dem Nennwert liegen, sowie der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandelanleihen oder Optionsrechte erzielt wird.
Gewinnrücklagen hingegen sind Rücklagen, die durch Gewinne der Geschäftsperiode entstehen. Zu unterscheiden sind die gesetzliche Rücklage, die Rücklage für
eigene Anteile, satzungsmäßige Rücklagen und andere Gewinnrücklagen.
Durch die Trennung der offenen Rücklagen in Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen kann ein externer Bilanzleser die Entwicklung und die Zusammensetzung des
Eigenkapitals besser nachvollziehen.
80 Welche Bilanzpositionen zeigen die Liquidität eines Unternehmens?
Liquidität ist die Fähigkeit, allen Zahlungsverpflichtungen zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen in voller Höhe nachkommen zu können.
Zwischen den Bilanzpositionen, die zum kurzfristig liquidierbaren Vermögen gehören,
bestehen
Unterschiede
im
Hinblick
auf
ihre
Liquidierbarkeit
(= Liquiditätsnähe). Man unterscheidet deshalb liquide (flüssige) Mittel erster, zweiter
und dritter Ordnung. Zahlungsmittel, die unmittelbar für Zahlungen verwendet werden
können, gehören zur Liquidität erster Ordnung. Als Beispiele können der Kassenbestand, Guthaben auf Girokonten und Schecks genannt werden. In der Regel werden die liquiden Mittel in der Bilanz unter der Position „flüssige Mittel“ zusammengefasst. Zur Liquidität zweiter Ordnung werden zusätzlich die kurzfristigen Forderungen aus Warenlieferungen, Aktien sowie leicht verkäufliche Warenvorräte hinzugerechnet. Sie sind nicht unmittelbar liquidierbar, können aber relativ kurzfristig verflüssigt werden. Bei der Liquidität dritter Ordnung werden zusätzlich die Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe sowie die fertigen und unfertigen Erzeugnisse berücksichtigt.
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Hierbei ist zu beachten, dass der „eiserne Bestand“ nicht zu den liquiden Mitteln dritter Ordnung hinzugerechnet werden darf.
Die Höhe der liquiden Mittel allein sagt jedoch nur begrenzt etwas über die Liquidität des Unternehmens aus. Ein Unternehmen kann durchaus über nur geringe liquide
Mittel aber dennoch über ausreichend Liquidität verfügen, nämlich dann, wenn die
kurzfristigen Verbindlichkeiten noch geringer sind als die liquiden Mittel. Hierbei wird
deutlich, dass die Liquidität immer abhängig vom Verhältnis der liquiden Mittel zu den
kurzfristigen Verbindlichkeiten ist.
81 Welchen Einfluss hat die Bilanzpolitik auf die Bilanzstruktur?
Bilanzpolitik ist derjenige Teil der Unternehmenspolitik, der sich mit der Ausnutzung
steuer- und handelsrechtlicher Wahlrechte (Bilanzierung und Bewertung) und damit
verbundener Interpretationsspielräume in der Bilanzierung eines Unternehmens
beschäftigt.
Die Bilanzpolitik kann die Bilanzstruktur eines Unternehmens maßgeblich beeinflussen. Die Nutzung von Handlungsalternativen wie Leasing statt Kreditfinanzierung
und Factoring statt Forderungsbestand können die Bilanzrelationen des Unternehmens deutlich verändern. Insbesondere die für die Kreditwirtschaft wichtigen Kennzahlen, wie Verschuldung oder Eigenkapitalquote, verbessern sich dadurch. Die
Auswirkungen auf den Ertrag und die Liquidität hängen von den Vertragsbedingungen ab.
Bilanzpolitische Maßnahmen führen zudem durch Ausnutzung von Bewertungswahlrechten zu Veränderungen im Ertrags- und Bilanzausweis. Bilanzpolitik wird
maßgeblich bestimmt durch die unternehmerische Zielsetzung. Der für die Kreditwirtschaft wichtige Nachweis der Ertragskraft (= Gewinnausweis) steht in einem Spannungsverhältnis zu der unternehmerischen Zielsetzung der Steuerminimierung
(= möglichst niedriger Gewinnausweis).
Verdeutlichen lassen sich die Zusammenhänge am Beispiel verschiedener Abschreibungsmethoden. Wählt ein Unternehmer anstatt der linearen Abschreibung die degressive, verringert sich der Gewinn und damit der Eigenkapitalausweis. Die Bilanzstrukturkennzahlen, wie z. B. die Eigenkapitalquote, verschlechtern sich. Wählt ein
Unternehmer demgegenüber die lineare Abschreibung, wird die Ertragskraft weniger
belastet. Das Eigenkapital fällt entsprechend höher aus. und die Bilanzstrukturkennzahlen sind i. d. R. besser. Des Weiteren kann die Bilanzstruktur z. B. durch Ausübung bestimmter Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte beeinflusst werden, die
sich in den Positionen Bestandsveränderungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen niederschlagen.
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82 Welche Möglichkeiten bestehen, die Eigenkapitalquote eines
Unternehmens durch bilanzstrukturelle Maßnahmen zu verändern?
Die Eigenkapitalquote ist eine in der deutschen Analysepraxis häufig verwendete
betriebswirtschaftliche Kennzahl. Sie setzt das Eigenkapital in Relation zur Bilanzsumme (Gesamtkapital, bzw. Summe aus Eigenkapital und Fremdkapital).
Grundsätzlich kann die Eigenkapitalquote durch verschiedene Maßnahmen verbessert werden. Eine Möglichkeit ist z. B. die Zufuhr von Beteiligungskapital, die das
wirtschaftliche Eigenkapital stärkt. Alternativ können auch Vermögensumschichtungen die Eigenkapitalquote eines Unternehmens verbessern. Verkauft ein Unternehmen z. B. ein nicht genutztes Grundstück zu einem Preis, der über den Anschaffungskosten liegt, so realisiert es einen nicht operativen Ertrag. Infolge dieser Aufdeckung von stillen Reserven werden Eigenkapital und Eigenkapitalquote verbessert.
Eine weitere häufig angewandte Maßnahme ist das Factoring. Verkauft ein Unternehmen seine Forderungen an einen Factorer, verringert es seinen Debitorenbestand (Forderungen aus Lieferung und Leistung) in der Bilanz. Dadurch verringert
sich die Bilanzsumme, wodurch wiederum die Eigenkapitalquote steigt (vorausgesetzt natürlich, alle anderen Bilanzpositionen bleiben unverändert). Eine weitere
Maßnahme ist das Leasing. Wird Anlagevermögen geleast, statt es zu kaufen, wird
ebenfalls die Bilanzsumme verkürzt und damit die Eigenkapitalquote verbessert.
Zusätzlich kann auch durch Bilanzpolitik die Eigenkapitalquote maßgeblich beeinflusst werden. Z. B. durch Ausübung von Bewertungswahlrechten bei Abschreibungen, Rückstellungen und dem Vorratsvermögen kann der Ertrag zum Teil deutlich
gesteigert werden. Diese Ertragsverbesserung wirkt sich über den höheren Gewinnausweis positiv auf die Höhe des Eigenkapitals aus. Hierbei ist zu beachten, dass
sich die Liquidität durch bilanzpolitische Maßnahmen im Allgemeinen nicht verändert.
83 Was versteht man unter einem Substanzwert?
Als Substanzwert bezeichnet man im Allgemeinen die Summe der in der Handelsbilanz ausgewiesenen, im Unterschied zum Wertansatz in der Bilanz jedoch zu Wiederbeschaffungskosten bewerteten betriebsnotwendigen Vermögenswerte und
Schulden. Der Substanzwert ist somit der Betrag, den man aktuell mindestens aufwenden müsste, um die gleiche Substanz im gleichen Zustand zu erhalten. Der Substanzwert kommt in den Ausprägungen Teilreproduktionswert, Vollreproduktionswert
und Liquidationswert vor.
Beim Teilreproduktionswert werden nur die in der Bilanz erfassten materiellen und
immateriellen Vermögensgegenstände und Schulden sowie selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte berücksichtigt, wie z. B. Patente. Geschäftswertbildende Fak© Hans-Böckler-Stiftung – März 2007
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toren, wie Bekanntheitsgrad, Kundenstamm und Fähigkeit der Mitarbeiter, bleiben
beim Teilreproduktionswert außen vor.
Der Substanzwert als Vollreproduktionswert ergibt sich, indem geschäftswertbildende Faktoren (originärer Firmen- und Geschäftswert) zum Teilreproduktionswert
hinzugerechnet werden. Der genaue Wert geschäftswertbildender Faktoren lässt sich
häufig aber nur schwer ermitteln.
Der Liquidationswert bezeichnet denjenigen Wert, der bei einer Unternehmensauflösung aus sämtlichen verkaufsfähigen Vermögensgegenständen im Falle des
Einzelverkaufs zu erzielen wäre.
84 Darf die gesetzliche Rücklage aufgelöst werden, und wenn ja, in welcher
Höhe und zu welchem Zweck?
Die gesetzliche Rücklage ist neben den satzungsmäßigen Rücklagen, den Rücklagen für eigene Aktien und anderen Gewinnrücklagen ein Teil der Gewinnrücklage.
Sie ist aufgrund gesetzlicher Vorschriften bei den Rechtsformen AG oder KGaA
(Kommanditgesellschaft auf Aktien) zu bilden. Dabei sind so lange 5 % des Jahresüberschusses in die gesetzliche Rücklage einzustellen, bis die gesetzliche Rücklage
und die Kapitalrücklage 10 % (oder einen in der Satzung bestimmten höheren Teil)
des Grundkapitals erreicht haben (§ 150 Abs. 2 AktG).
Bei der Auflösung von gesetzlichen Rücklagen sind strenge Vorschriften zu beachten. Die Zulässigkeit der Auflösung wird hierbei nicht alleine von der Höhe der Gewinnrücklage bestimmt, sondern hängt von der Summe der Kapital- und Gewinnrücklage ab. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden:
Übersteigt die Summe aus Kapitalrücklage und gesetzlicher Rücklage 10 % oder einen in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals, so kann der übersteigende Betrag für den Ausgleich eines Jahresfehlbetrages oder Verlustausgleichs verwendet werden, soweit dieser nicht durch einen Gewinnvortrag bzw. Jahresüberschuss gedeckt ist und soweit nicht gleichzeitig Gewinnrücklagen zur Ausschüttung verwendet werden (§ 150 Abs. 4 AktG). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den übersteigenden Betrag zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
(Umwandlung von Kapital- und Gewinnrücklagen in Grundkapital durch Ausgabe von
Gratisaktien) zu verwenden.
Übersteigen die Kapitalrücklage und die gesetzliche Rücklage zusammen nicht
10 % oder einen in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals, so darf
die Rücklage nur zum Ausgleich eines Jahresverlustes oder eines Verlustvortrages
aufgelöst werden. Auch das gilt aber nur, wenn zur Abdeckung des Verlustes nicht
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ein Jahresüberschuss oder ein Gewinnvortrag reichen und/oder der Verlust nicht
durch Auflösung anderer Gewinnrücklagen ausgeglichen werden kann (§ 150 Abs. 3
AktG).
85 Was versteht man unter gewillkürtem Betriebsvermögen?
Bei gewillkürtem Betriebsvermögen handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die sowohl eine Beziehung zum Privatvermögen als auch zum Betriebsvermögen haben.
Sie spielen insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen eine Rolle. Grundsätzlich können diese Güter sowohl für private als auch betriebliche Zwecke eingesetzt werden, in der Praxis können sie sogar gemischt verwendet werden. Diese
Wirtschaftsgüter müssen allerdings stets dem Betrieb in irgendeiner Weise förderlich
sein, um dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet werden zu können.
Dem Steuerpflichtigen steht es frei, ob er das gewillkürte Betriebsvermögen in die
Bilanz aufnehmen und somit als Betriebsvermögen behandeln will. Entscheidet er
sich dafür, ist dieses Vermögen immer dem Anlagevermögen zuzuordnen. Als Beispiele für gewillkürtes Betriebsvermögen können eine freistehende Wohnung oder
ein Mietgebäude genannt werden.
86 Woran kann man erkennen, ob ein Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich
arbeitet?
Um festzustellen, ob ein Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich arbeitet, muss die
Rentabilität berechnet werden. Es genügt nicht, nur die Höhe des Bilanzgewinns zu
kennen. Ziel der Rentabilitätsermittlung ist es, den Kapitalertrag des im Unternehmen
eingesetzten Kapitals mit dem anderer Anlageformen zu vergleichen.
Für die Ermittlung der Rentabilität werden mehrere Kennzahlen herangezogen, insbesondere die Eigenkapital-, Gesamt- und die Umsatzrentabilität.
Die Rentabilität des Eigenkapitals errechnet sich als Verhältnis von Gewinn zu Eigenkapital. Sie informiert über die Verzinsung des im Unternehmen investierten Eigenkapitals. Je höher die Verzinsung des Eigenkapitals, desto rentabler das Unternehmen.
Die Rentabilität des Gesamtkapitals setzt die Summe aus Gewinn und Zinsaufwand ins Verhältnis zum Gesamtkapital. Die Gesamtkapitalrentabilität gibt somit die
Verzinsung des gesamten im Unternehmen arbeitenden Kapitals an. Sie ist deswegen interessant, weil der Erfolg eines Unternehmens i. d. R. nicht nur auf den Einsatz
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von Eigenkapital sondern auch auf den Einsatz von Fremdkapital zurückzuführen ist.
Je höher die Verzinsung des Gesamtkapitals, desto rentabler das Unternehmen.
Eine weitere wichtige Kennzahl ist die Umsatzrentabilität, die den Gewinn ins Verhältnis zum Geschäftsvolumen (Umsatz) setzt. Eine hohe Umsatzrentabilität drückt
aus, dass das Unternehmen in Relation zu seinem Umsatz einen hohen Gewinn erwirtschaftet. Um die Umsatzrentabilität eines Unternehmens zu bewerten, ist es sinnvoll, einen Vergleich mit weiteren Unternehmen derselben Branche anzustellen.
Kennzahlen aus zwischenbetrieblichen Vergleichen mit Unternehmen aus derselben
Branche, zeigen wie „gut“ das jeweilige Unternehmen im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern ist. Je höher die Umsatzrentabilität des Unternehmens im Vergleich zu
seinen Wettbewerbern, desto rentabler ist es.
87 Was versteht man unter aktivierten Eigenleistungen?
Eigenleistungen sind innerbetriebliche Leistungen des Unternehmens, die nicht
zum Verkauf bestimmt sind. Grundsätzlich kann zwischen Gemeinkostenleistungen
und Eigenleistungen, die zu einem Wertzuwachs führen, unterschieden werden.
Gemeinkostenleistungen entstehen, wenn interne Abteilungen bestimmte Aufgaben für andere Kostenstellen desselben Unternehmens erbringen. Als Beispiele können Reparaturleistungen und die Hausverwaltung genannt werden.
Des Weiteren errichten Unternehmen oft Anlagen in Eigenleistung. Hierbei handelt
es sich um Eigenleistungen, die zu einem Wertzuwachs führen. Werden die Eigenleistungen aktiviert (in der Bilanz angesetzt), spricht man von aktivierten Eigenleistungen. Aktivierungsfähig sind innerbetriebliche Eigenleistungen, wenn die Herstellkosten über 410 € (ohne USt.) liegen und ein selbstständiges Wirtschaftsgut mit einer Nutzungsdauer von über einem Jahr vorliegt. Innerbetriebliche Eigenleistungen,
wie Reparaturen der eigenen Handwerker an Maschinen oder Gebäuden, sind nur
aktivierungsfähig, wenn die Instandhaltungsarbeiten werterhöhend sind.
88 Was versteht man unter einer Sonderbilanz, und welche Sonderbilanzen
können unterschieden werden?
Neben den zum Bilanzstichtag aufgestellten Jahresabschlüssen werden Bilanzen
auch für besondere Zwecke gefertigt. Sie werden als Sonderbilanzen bezeichnet.
Kennzeichnend für Sonderbilanzen ist, dass sie nur einmalig zu einem besonderen
Anlass aufgestellt werden. Anlässe zur Erstellung einer Sonderbilanz sind die Gründung, Sanierung und die Insolvenz.
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Eine Sanierungsbilanz wird unter Auflösung stiller Reserven aufgestellt, um die Sanierungsfähigkeit eines Not leidenden Unternehmens zu bestimmen. Ähnlichen Zwecken dient die Vergleichsbilanz, die Transparenz über die tatsächlichen Werte der
Aktiva herstellen soll.
Eine Eröffnungsbilanz wird nur zu Beginn eines Unternehmens aufgestellt und daher auch häufig Gründungsbilanz genannt. In der Regel erstellen die Unternehmen
in den Folgejahren nicht jeweils eine gesonderte Eröffnungsbilanz zu Beginn des
Geschäftsjahres, sondern betrachten die Schlussbilanz des Vorjahres gleichzeitig als
Eröffnungsbilanz des Folgejahres.
In der Insolvenzbilanz, die vom Insolvenzverwalter aufgestellt wird, werden die
Vermögensgegenstände mit ihren voraussichtlichen Veräußerungswerten angesetzt.
Entsprechendes gilt für die Liquidationsbilanz, die die zu erwartenden Erlöse bei
Auflösung eines Unternehmens ausweisen soll.
89 Was versteht man unter Rohertrag?
Der Rohertrag ist eine der wichtigsten Kennzahlen der Gewinn- und Verlustrechnung. Er drückt die Wertschöpfung eines Unternehmens aus, die nach Abzug der
variablen Materialaufwendungen und Fremdleistungen vom Umsatz (bei Produktionsunternehmen von der Gesamtleistung) verbleibt, um den „Fixkostenblock“ (Personalaufwendungen und Sachaufwendungen) sowie einen Gewinnanspruch zu decken.
Insbesondere bei Handelsunternehmen lässt die Rohertragsquote Rückschlüsse auf
die Preiskalkulation zu, da die Kalkulation im Handel i. d. R. allein aus den Zuschlägen auf den Einkauf (Material) besteht. Bei Produktionsunternehmen wird die Rohertragsquote zusätzlich durch die Material- oder Lohnintensivität der Fertigung beeinflusst. Für Produktionsunternehmen gewinnt damit der Rohertrag insbesondere in
Kombination mit dem Personalaufwand eine besondere Aussagekraft:
Beispiel: Rohertrag
G+V
Umsatz
- Materialaufwendungen
= Rohertrag
- Personalaufwand
= Deckungsbeitrag
T€
1.000
700
300
120
180
wichtig für Handelsunternehmen
wichtig für Produktionsunternehmen
Abb. 62 Beispiel für die Berechnung des Rohertrags
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90 Welchen Wert besitzen „Testate“, wie Bestätigungsvermerke und
Bescheinigungen von Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern?
Aufgabe einer Bilanz ist es, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zutreffend
wiederzugeben. Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses müssen vor allem die
Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung eingehalten werden.
Um das zu gewährleisten, wird die externe Rechnungslegung von Unternehmen ab
einer bestimmten Größenordnung (vgl. § 267 HGB) von Wirtschaftsprüfern bzw. vereidigten Buchprüfern geprüft. Entspricht sie den gesetzlichen und satzungsmäßigen
Vorschriften, erteilt der Prüfer ein so genanntes Testat.
Echte Testate können nur von Abschlussprüfern (Wirtschaftsprüfern, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und vereidigten Buchprüfern) unter Beifügung des Berufssiegels
erteilt werden. Darin wird erklärt, ob und inwieweit Buchführung, Jahresabschluss
und ein evtl. vorliegender Lagebericht den Gesetzen, d. h. den handelsrechtlichen
Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften, sowie der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag des Unternehmens entsprechen. Es handelt sich hierbei um den so
genannten Bestätigungsvermerk, der entweder uneingeschränkt oder eingeschränkt
vergeben oder ganz versagt werden kann.
Der uneingeschränkte Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers/ vereidigten
Buchprüfers ist ein Positivbefund zur Gesetzes- und Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung. Der Abschlussprüfer bestätigt damit die Übereinstimmung von Jahresabschluss und Lagebericht mit den für das Unternehmen geltenden Rechnungslegungsvorschriften. Das Testat ist aber kein Urteil über die wirtschaftliche Lage des
Unternehmens.
Der Bestätigungsvermerk kann sowohl ergänzt als auch eingeschränkt als auch
ganz versagt werden. Er ist einzuschränken, wenn nach der Prüfung Einwände zu
wesentlichen Teilen der Rechnungslegung zu erheben sind, wobei zu den wesentlichen Teilen aber noch ein Positivbefund gegeben ist. Ist das nicht mehr möglich, ist
der Bestätigungsvermerk zu versagen.
Hat der Wirtschaftsprüfer den Jahresabschluss nicht in der für Kapitalgesellschaften
erforderlichen Weise (Art und Umfang) geprüft, so darf er lediglich eine Bescheinigung erteilen. Das setzt allerdings voraus, dass kein Anlass zu Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses besteht.
Im Gegensatz zu Wirtschaftsprüfern dürfen vereidigte Buchprüfer lediglich Jahresabschlüsse und Lageberichte mittelgroßer Gesellschaften mit beschränkter Haftung
als Abschlussprüfer prüfen.
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Insgesamt erhöhen Prüfungsaussagen zwar die Verlässlichkeit der Rechnungslegung, bieten aber keine Gewähr für die zukünftige Überlebensfähigkeit des Unternehmens. Außerdem sagen sie auch nichts über die Qualität des Managements aus.
91 Was sind Minderheitsanteile?
Minderheitsanteile betreffen die von Drittaktionären gehaltenen Anteile am Eigenkapital von Tochtergesellschaften. In der Bilanz des Mutterunternehmens werden die
Minderheitsanteile oft zwischen Fremdkapital und Eigenkapital eingeordnet, da sie
einerseits weder zurückgezahlt noch verzinst werden müssen und folglich keine Verbindlichkeit für das Unternehmen darstellen. Auf der anderen Seite gehören sie aber
auch nicht den Aktionären des Konzerns der Muttergesellschaft.
92 Was ist der Unterschied zwischen Umsatz und Gesamtleistung?
Der Umsatz eines Unternehmens bezeichnet den Wert der in einer Geschäftsperiode verkauften Güter und Dienstleistungen.
Im Gegensatz zum Umsatz setzt sich die Gesamtleistung neben den Umsätzen
auch aus den Positionen Bestandsveränderungen unfertige/ fertige Erzeugnisse
und andere aktivierte Eigenleistungen zusammen. Bei der Berechnung der Gesamtleistung müssen die Bestandsminderungen von den Umsatzerlösen abgezogen werden, da die Leistung für diese Produkte in einer früheren Periode erbracht
wurde. Entsprechend müssen Bestandserhöhungen zu den Umsatzerlösen hinzugerechnet werden, da es sich hierbei um eine Leistung handelt, die zwar innerhalb
der Geschäftsperiode erbracht wurde, aber nicht in der laufenden, sondern erst in
einer späteren Periode zu Umsatz wird. Des Weiteren müssen zur Ermittlung der
Gesamtleistung den Umsätzen und Bestandsveränderungen die anderen aktivierten
Eigenleistungen, z. B. in Form von selbst erstellten Anlagen, hinzugerechnet werden.
Für produzierende Unternehmen, insbesondere für Auftragsfertiger, hat die Gesamtleistung eine deutlich höhere Aussagekraft als der Umsatz, da nur der Zeitpunkt
der Auftragsschlussrechnung über die Höhe des für die Geschäftsperiode ausgewiesenen Umsatzes entscheidet. Der Zeitpunkt der Rechnungsstellung – z. B. bei Langfristfertigung - fällt aber häufig nicht in die Periode der Leistungserstellung, so dass in
diesem Fall während der Berichtsperiode kein Umsatz ausgewiesen wird, obwohl
tatsächlich eine Leistung erbracht wurde. Für Handelsunternehmen hingegen ist der
Umsatz größtenteils identisch mit der Gesamtleistung.
Die Gesamtleistung ist jedoch mit Vorsicht zu beurteilen, da die Bestandsveränderungen und die anderen aktivierbaren Eigenleistungen einem erheblichen Bewer© Hans-Böckler-Stiftung – März 2007
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tungsspielraum unterliegen. Des Weiteren gehen in die Gesamtleistung nur die aktivierbaren Leistungen ein. Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen hingegen
bleiben unberücksichtigt. Sie können aber insbesondere in der Chemie- und Pharmabranche einen erheblichen Teil der betriebswirtschaftlichen Leistung ausmachen.
93 Wie errechnet sich der Wert unfertiger und fertiger Erzeugnisse?
Die jährliche Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse hat über die Bestandsveränderungen maßgeblich Einfluss auf das ausgewiesene operative Ergebnis
in der GuV. Bewertungsmaßstab für die unfertigen und fertigen Erzeugnisse sind die
durch den Herstellungsprozess entstandenen Herstellungskosten. Die Herstellungskosten bilden den höchst möglichen Wertansatz für die unfertigen und fertigen
Erzeugnisse. Entsprechend dem Vorsichtsprinzip wird dadurch der Ausweis unrealisierter Gewinne verhindert.
Das Handelsrecht definiert die Herstellungskosten als die Aufwendungen, die durch
den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen
ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen (§ 255
Abs. 2 HGB). Der Umfang der Herstellungskosten ergibt sich in erster Linie nach
dem Grundsatz der sachlichen Abgrenzung, wonach alle in der Periode hergestellten, aber noch nicht verkauften Gegenstände mit den ihnen zuzurechnenden Aufwendungen angesetzt werden müssen. Aufgrund unterschiedlicher Auffassungen
über die Zurechenbarkeit bestimmter Aufwendungen definiert das HGB genau, welche Bestandteile der Herstellungskosten einbezogen werden dürfen bzw. müssen
und für welche die Berücksichtigung im Bilanzansatz untersagt ist.
Pflichtbestandteile der Herstellungskosten gemäß HGB sind demnach die Materialund Fertigungseinzelkosten sowie die Sondereinzelkosten der Fertigung. Sondereinzelkosten der Fertigung sind Kosten, die einem Auftrag als Einzelkosten direkt
zugeordnet werden können und vor Beginn des eigentlichen Herstellungsprozesses
entstehen (Beispiele: Kosten für Spezialwerkzeuge, Kosten für Modelle). Wahlweise
in die Herstellungskosten einzubeziehen sind Material- und Fertigungsgemeinkosten
sowie allgemeine Verwaltungskosten. Nicht aktiviert werden dürfen Sondereinzelkosten des Vertriebs, Vertriebskosten und Gewinne.
Grundsätzlich ist es auch möglich, dass der beizulegende Wert am Bilanzstichtag
unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegt. Hierfür schreibt das Handelsrecht ausdrücklich vor, dass in der Handelsbilanz ein niedrigerer Wertansatz zu wählen ist. Dieser Wertansatz bemisst sich daran, ob ein Fremdbezug für die unfertigen
oder fertigen Erzeugnisse möglich ist oder nicht. Könnten die unfertigen oder fertigen
Erzeugnisse auch fremd bezogen werden, ist der Beschaffungsmarkt maßgeblich
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für die Wertermittlung. Ist kein Fremdbezug der unfertigen oder fertigen Erzeugnisse
möglich, so ist der Absatzmarkt maßgeblich.
Beispiel: Wertermittlung eines fertigen Erzeugnisses bei einem Anlagenbauer anhand zweier Beispiele
(Beispiel 1: mit Ansatz aller Aktivierungswahlrechte, Beispiel 2: nur mit Ansatz der Aktivierungsgebote)
Beispiel 1
Beispiel 2
T€
T€
ANSCHAFFUNGSKOSTEN
Anschaffungspreis
150,0
150,0
20,0
20,0
5,0
5,0
165,0
165,0
45,0
48,0
5,0
70,0
5,0
45,0
48,0
0,0
0,0
0,0
+ Verwaltungskosten
+ Vertriebskosten
= Herstellungskosten
14,0
0,0
187,0
0,0
0,0
93,0
= WERT DES FERTIGEN ERZEUGNISSES
352,0
258,0
(Nettopreis ohne Ust.)
+ Anschaffungsnebenkosten
Aktivierungsgebot
(Transport- und Montagekosten)
- Anschaffungspreisminderungen
(Skonti und Rabatt)
= Anschaffungskosten
HERSTELLUNGSKOSTEN
+
+
+
+
+
Materialeinzelkosten
Fertigungseinzelkosten
Materialgemeinkosten
Fertigungsgemeinkosten
Zinsen für Fremdkapital
zum Finanzieren der Herstellung des
Vermögensgegenstandes
Aktivierungsgebot
Aktivierungswahlrecht
Aktivierungsverbot
Abb. 63 Wertermittlung von fertigen Erzeugnissen
94 Was versteht man unter „verlustfreier Bewertung“?
Im Allgemeinen werden Gegenstände des Umlaufvermögens mit den Anschaffungsoder Herstellungskosten bewertet. Diese bilden zugleich auch die Höchstgrenze der
Bewertung, um gemäß dem Vorsichtsprinzip einen Ausweis unrealisierter Gewinne
zu verhindern. Für die Bewertung des Umlaufvermögens gilt darüber hinaus aber
auch das strenge Niederstwertprinzip. Demzufolge müssen Wertminderungen im
Umlaufvermögen auch dann (durch Abschreibungen) berücksichtigt werden, wenn
sie aller Voraussicht nach nicht von Dauer sind. Liegt der Wert am Bilanzstichtag unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, so ist in der Handelsbilanz der niedrigere Wertansatz zu wählen.
Um den Wert der Gegenstände des Umlaufvermögens am Bilanzstichtag für die
Handelsbilanz zu ermitteln, ist grundsätzlich der Preis am Beschaffungsmarkt
maßgeblich, sofern ein Fremdbezug möglich ist. Ist das nicht der Fall, ist der zu erwartende Preis am Absatzmarkt maßgeblich. Deutet der Preis am Absatzmarkt
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darauf hin, dass die voraussichtlichen Verkaufserlöse abzüglich der Erlösminderungen (z. B. Rabatte, Skonti, usw.) und aller noch anfallenden Aufwendungen (z. B.
Verwaltungs-, Verpackungs- oder Vertriebskosten) unter den Herstellungskosten liegen, ist gemäß dem Grundsatz der verlustfreien Bewertung eine unter den Herstellungskosten liegende Bewertung der Gegenstände des Umlaufvermögens geboten. Der Grundsatz der verlustfreien Bewertung trägt dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip Rechnung und soll vor allem dem Schutz der Gläubiger dienen, denen
ein nicht der Realität entsprechendes Bilanzbild eine bessere wirtschaftliche Lage
des Unternehmens vorspiegeln würde, als sie tatsächlich gegeben ist.
95 Was versteht man unter Working Capital?
Der aus dem anglo-amerikanischen Raum stammende Begriff des Working Capital
bezeichnet eine Kennzahl zur Beurteilung der kurzfristigen Liquidität. Häufig wird das
Working Capital auch als Netto-Umlaufvermögen bezeichnet. Rechnerisch lässt
sich das Working Capital durch Subtraktion der kurzfristigen Verbindlichkeiten vom
Umlaufvermögen ermitteln. Es zeigt das Deckungspotenzial der kurzfristigen Verbindlichkeiten aus dem Umlaufvermögen an.
Hier wird das Volumen des liquidierbaren Vermögens den kurzfristigen zahlungspflichtigen Verbindlichkeiten gegenübergestellt, allerdings ohne die Zahlungsbedingungen zu berücksichtigen. Ziel der Kennzahl ist es, die Liquiditätsmasse zu ermitteln, die nach Abzug der liquiditätswirksamen kurzfristigen Verbindlichkeiten von dem
„liquidierbaren“ (zu Geld zu machenden) Umlaufvermögen verbleibt.
96 Was ist unter den Grundsätzen der Bilanzklarheit, Bilanzwahrheit und der
Bilanzvollständigkeit zu verstehen?
Der Grundsatz der Bilanzklarheit betrifft in erster Linie die äußere Gestaltung des
Jahresabschlusses und fordert, dass der Jahresabschluss klar und übersichtlich gestaltet sein muss. Der Grundsatz der Bilanzklarheit verlangt u. a. eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Gliederung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 266 und 275 HGB).
Der Grundsatz der Bilanzwahrheit verlangt, dass der Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat. Hiernach müssen die Aktiva und die Passiva ordnungsgemäß bewertet sein.
Das bedeutet, dass die Vermögensseite nicht überbewertet und die Verbindlichkeiten
nicht unterbewertet werden dürfen. Verboten ist sowohl, nicht aktivierungsfähiges
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Vermögen in die Bilanz zu schreiben, als auch, vorhandene Verbindlichkeiten, einfach wegzulassen. Der Grundsatz der Bilanzwahrheit wird aber durch andere Bilanzierungsvorschriften eingeschränkt, z. B. durch das Vorsichtsprinzip. Danach dürfen
nicht realisierte Gewinne nicht ausgewiesen werden, während drohende Verluste
erfolgswirksam berücksichtigt werden müssen, sobald sie mit ausreichender Sicherheit bekannt sind. Hierdurch können stille Reserven entstehen, die ein wahrheitsgetreues und „ehrliches“ Bilanzbild beeinträchtigen.
Der Grundsatz der Bilanzvollständigkeit fordert, dass der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungen, Aufwendungen
und Erträge zu enthalten hat, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
97 Wie ist eine Änderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu
interpretieren?
Das HGB schreibt für alle Kaufleute vor, dass die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden beibehalten werden sollen (§ 252
Abs. 1 Nr. 6 HGB). Dieses so genannte Stetigkeitsprinzip (auch: Bilanzkontinuität)
soll die Vergleichbarkeit aufeinander folgender Jahresabschlüsse ermöglichen. Von
dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit darf nur in begründeten Ausnahmefällen
abgewichen werden. Solche Ausnahmen sind nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn
die Abweichung durch eine Änderung der rechtlichen Gegebenheiten veranlasst
wurde, z. B. durch eine Änderung der Rechtsprechung. Erlaubt ist eine Abweichung
auch dann, wenn unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung
(GoB) ein besseres Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt wird
oder wenn die Abweichung durch die Inanspruchnahme von Bewertungsvereinfachungsverfahren verursacht wurde.
Andere Abweichungen vom Stetigkeitsprinzip können den mehrjährigen Bilanzvergleich empfindlich stören. In der Praxis kommen solche Durchbrechungen allerdings
häufig vor und dienen oftmals dazu, wirtschaftliche Misserfolge zu vertuschen. Anfängliche Probleme werden z. B. durch eine geringere Bemessung von Rückstellungen kaschiert und sind selbst für geübte Bilanzanalysten nur schwer zu erkennen.
Für den externen Bilanzleser bleibt somit nur der Trost, dass Kapitalgesellschaften
und Kapitalgesellschaften & Co. über Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Anhang berichten müssen. Durch sorgfältiges Studieren dieser
Angaben kann sowohl die Wirkung auf den mehrjährigen Bilanzvergleich herausgefunden als auch die Richtung der damit beabsichtigten Bilanzpolitik ausgemacht
werden. Bei nicht in diesem Umfang rechnungslegungspflichtigen Unternehmen können Änderungen nur durch Erfragen herausgefunden werden.
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Grundsätzlich ist festzuhalten, dass insbesondere ungewöhnliche Veränderungen
einzelner Bilanz- oder Erfolgsposten, die möglicherweise aus einer Bewertungs- oder
Ausweisänderung resultieren, besonders kritisch hinterfragt werden sollten.
98 Was ist der Unterschied zwischen Anlage- und Umlaufvermögen?
Zum Anlagevermögen zählen gemäß Handelsgesetzbuch alle Vermögensgegenstände, die dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb dauerhaft zu dienen. Beispiele:
Sachanlagen, wie Maschinen und Immobilien, langfristige Finanzanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände, wie Lizenzen und Patente.
Im Unterschied zum Anlagevermögen, gehören zum Umlaufvermögen diejenigen
Wirtschaftsgüter, die nicht dazu bestimmt sind, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb zu
dienen. Sie sind zum Verbrauch oder zur Weiterveräußerung bestimmt. Beispiele:
Vorräte (Warenbestände), Forderungen, Bankguthaben und Kasse.
Einige Wirtschaftsgüter können jedoch nicht eindeutig dem Anlage- oder dem Umlaufvermögen zugeordnet werden. In der Praxis werden sie daher je nach den Besonderheiten des Einzelfalles zugewiesen. Beispiele: Vorführwagen bei Kfz-Händlern
oder Finanzanlagen, die entweder spekulativer Natur sein können (Umlaufvermögen)
oder als langfristige Beteiligung angelegt sind (Anlagevermögen).
Ein weiterer Unterschied zwischen Anlage- und Umlaufvermögen ist die Erfassung
des Werteverzehrs über die Abschreibungen. Bei Vermögensgegenständen des
Anlagevermögens mit einer endlichen Nutzungsdauer werden die Anschaffungs- und
Herstellkosten planmäßig abgeschrieben. Beim Umlaufvermögen hingegen sind keine planmäßigen Abschreibungen vorgesehen. Außerplanmäßige Abschreibungen
hingegen können sowohl beim Anlagevermögen (z. B. bei einer außerordentlichen
technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung) als auch beim Umlaufvermögen (uneinbringliche Forderung) vorgenommen werden.
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