Einführung zum Grundpraktikum Physik Teil I (WiSe) Allgemeine Hinweise zum Praktikum und zur Protokollführung Das griechische Alphabet Name Alpha Beta Gamma Delta Epsilon Zeta Eta Theta Iota Kappa Lambda My Ny Xi Omikron Pi Rho Sigma Tau Ypsilon Phi Chi Psi Omega Minuskel α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ µ ν ξ o π ρ σ τ υ ϕ χ ψ ω Majuskel A B Γ ∆ E Z H Θ I K Λ M N Ξ O Π P Σ T Y Φ X Ψ Ω Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Fakultät V, Institut für Physik, D-26111 Oldenburg Tel.: 0441-798-3395 (Technische Assistenz) / 3153 (Praktikumsleitung) Internet: http://physikpraktika.uni-oldenburg.de [email protected] Oktober 2016 1 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Fakultät V- Institut für Physik Modul Grundpraktikum Physik – Teil I Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Einführende Bemerkungen 2 Allgemeine Hinweise zum Modul Grundpraktikum Physik und zur Protokollführung 3 Zum Aufbau elektrischer Schaltungen und zum Umgang mit Netzgeräten, Vielfachmessgeräten und Funktionsgeneratoren 11 Mechanische Messwerkzeuge 20 Einsatz der Computer im Grundpraktikum Physik 22 Fehler- und Ausgleichsrechnung 35 Oszilloskop und Funktionsgenerator 56 2 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Fakultät V- Institut für Physik Modul Grundpraktikum Physik – Teil I Einführende Bemerkungen In diesem einführenden Skript werden allgemeine Hinweise zum Modul Grundpraktikum Physik gegeben. Insbesondere werden Hilfen zur Erstellung von Versuchsprotokollen, dem Einsatz von Computern und der im Praktikum verwendeten Software, sowie zur Fehler- und Ausgleichsrechnung gegeben. Die Hinweise sind auch für den zweiten Teil des Grundpraktikums im darauffolgenden Sommersemester relevant. Zur Analyse und grafischen Darstellung von Messdaten steht die Software Origin (Version 2016) jedem Studierenden der Fakultät V als Fakultätslizenz zur Verfügung; gleiches gilt für das Programm Matlab. Entsprechende Übungen zu den einzelnen Programmen dienen zum Einstieg in die Programme und sollen von jedem Studierenden bearbeitet werden. Die Übungen werden nicht benotet, müssen aber als Teilleistungen bestanden werden, um das Modul erfolgreich zu absolvieren. Die entsprechenden Übungszettel werden unter StudIP bzw. auf der Homepage 1 bereitgestellt. Am Ende dieses einführenden Skriptes finden Sie auch den ersten Versuch „Oszilloskop und Funktionsgenerator“, in dem Sie den Umgang mit zwei wichtigen physikalischen Instrumenten kennenlernen, die auch immer wieder in den weiteren Versuchen zum Einsatz kommen. Deshalb nehmen Sie sich die Zeit, diesen Versuch gründlich durchzuarbeiten. Für diesen Versuch wird von Ihnen auch ein Ergebnisprotokoll erwartet, in dem Sie ihre Versuchsergebnisse beschreiben und dokumentieren. Auch hier erfolgt noch keine Benotung, das Protokoll muss aber mit „bestanden“ bewertet werden. Nehmen sie sich das Feedback Ihrer Assistentin oder Ihres Assistenten zu Ihrem ersten Protokoll zu Herzen und berücksichtigen dieses bei der Erstellung zukünftiger Versuchsprotokolle. Für die Durchführung aller weiterführenden Versuche, die dann jeweils benotet werden, wird ihnen ein zusätzliches Versuchsskript ausgehändigt, in dem alle Details zu den Versuchen aufgeführt werden. Rückmeldungen sowie Verbesserungsvorschläge zu den Versuchsbeschreibungen oder zum Skript allgemein können in das in den Praktikumsräumen ausliegende Anmerkungsskript eingetragen werden oder an den Praktikumsleiter gesendet werden. Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Teilnahme am Praktikum und hoffe, dass bei Ihnen, neben all der Arbeit und den Mühen, auch die Freude und die Neugierde am Experimentieren geweckt werden. Dr. Michael Krüger Praktikumsleiter 1 https://www.uni-oldenburg.de/physics/teaching/laboratory-courses/basic-laboratory-course/ 3 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Fakultät V- Institut für Physik Modul Grundpraktikum Physik – Teil I Allgemeine Hinweise zum Modul Grundpraktikum Physik und zur Protokollführung 1 Zur Bedeutung, Planung und Durchführung physikalischer Experimente Am 23. März 1989 erregte eine Nachricht aus den USA großes Aufsehen in der naturwissenschaftlichen Öffentlichkeit: zwei international anerkannte Wissenschaftler aus dem Bereich der Physikalischen Chemie an der Universität von Utah waren mit der Erklärung vor die Weltpresse getreten, ihnen sei die „kalte Kernfusion“ im Reagenzglas gelungen. Was andere Labore auf der Welt trotz Milliardenaufwandes bis dahin nicht erreicht hatten, die kontrollierte Atomkernverschmelzung mit dem Ziel der Energieerzeugung, sollte nun mit Mitteln möglich gewesen sein, die jedem kleinen Labor zur Verfügung stehen. Rund um den Globus setzten umgehend fieberhafte Aktivitäten ein mit dem Ziel, das beschriebene Experiment nachzumachen. Die beteiligten Wissenschaftler/innen nutzten die internationalen Computernetze, um ihre Messergebnisse auszutauschen, zugehörige theoretische Überlegungen zu diskutieren, zu spekulieren, den Quellen vieler Gerüchte nachzugehen und - leider auch - selber neue Gerüchte in die Welt zu setzen. Nach einigen Wochen war sich die internationale Fachwelt einig: die Ergebnisse des Reagenzglas-Experiments waren nicht reproduzierbar. Damit war das gesamte Experiment wertlos und mit ihm auch die theoretischen Überlegungen, die die beiden Amerikaner zur Deutung ihrer Messergebnisse angestellt hatten. Das geschilderte Beispiel soll die elementarste Anforderung an physikalische Experimente deutlich machen: Die Ergebnisse eines Experiments haben nur dann wissenschaftliche Bedeutung, wenn eine Wiederholung des Experiments unter gleichen Bedingungen überall auf der Welt zum gleichen Resultat führt. Damit ein Experiment diesem Anspruch genügt, muss zunächst der Gegenstand des Experiments, d.h. die dem Experiment zugrunde liegende Fragestellung, klar und eindeutig beschrieben werden. Bei einigen Experimenten geht es darum zu klären, ob eine Theorie (z.B. die der „kalten Fusion“ oder der Existenz von Gravitationswellen) richtig oder falsch ist. Andere Experimente sollen dazu dienen, den algebraischen Zusammenhang zwischen physikalischen Größen quantitativ zu erfassen (z.B. Galileis Versuche zur Bestimmung des Zusammenhanges zwischen Weg und Zeit beim freien Fall) oder Zahlenwerte für physikalische Größen zu ermitteln (z.B. Bestimmung der Masse eines Moleküls mit einem Massenspektrometer). Nach erfolgter Formulierung der Fragestellung ist eine sorgfältige Planung der Durchführung des Experiments erforderlich. Dazu gehört vor allem die Konzeption eines systematischen Versuchsablaufs, die Auswahl geeigneter Messinstrumente und das Kennenlernen des Verhaltens dieser Instrumente unter den geplanten experimentellen Bedingungen. 1 Anschließend folgt der Aufbau des Experiments, die präzise Beschreibung der Versuchsanordnung, die Durchführung der Messungen und die Aufzeichnung der Messdaten sowie der Umgebungsparameter, die die Messergebnisse beeinflussen können. Dabei müssen systematische Fehlerquellen nach bestem Wissen ausgeschlossen und die zufälligen Messfehler quantitativ erfasst werden (siehe Anleitung „Fehler- und Ausgleichsrechnung“). Die quantitative Auswertung eines unter solchen Bedingungen durchgeführten Experimentes sollte schließlich eine eindeutige und reproduzierbare Antwort auf die Eingangsfrage geben. Ist das Ergebnis dagegen nicht eindeutig und nicht reproduzierbar, so müssen alle Schritte von der Fragestellung bis zur Auswertung 1 Hier haben übrigens die beiden Amerikaner die nötige Sorgfalt fehlen lassen - mit dem Ergebnis, dass sie gemessene Effekte fälschlicherweise dem Einfluss von Neutronen zugeschrieben haben, die tatsächlich durch eine Erwärmung des Untersuchungsobjektes verursacht worden waren. 4 noch einmal überprüft werden. Irgendwo wird ein Fehler vorliegen, der beseitigt werden muss. So kann z.B. ein falsches Messgerät gewählt worden sein, dessen Messgenauigkeit oder Messbereich für den erwarteten Effekt gar nicht ausgelegt ist. Oder es hat sich trotz aller Sorgfalt ein systematischer Fehler bei der Messwertaufzeichnung eingeschlichen. Oder es wurde versucht, einen gar nicht existenten Zusammenhang zwischen zwei physikalischen Größen quantitativ zu ermitteln. Ein solches Experiment wird immer zufällig verteilte Ergebnisse liefern. Oder... 2 Die Lernziele im Grundpraktikum Um Experimente in der beschriebenen Weise planen, durchführen und auswerten zu können, bedarf es einiger Erfahrung, die in den verschiedenen aufeinander aufbauenden Praktika im Laufe des Studiums gewonnen werden soll. Dem Grundpraktikum kommt dabei die Aufgabe zu, erste Grundlagen des Experimentierens zu vermitteln und zu üben. Nach erfolgreicher Teilnahme am Grundpraktikum sollen die Studierenden mit den Grundprinzipien des Experimentierens vertraut sein, also - wissen, wie mit einem Experiment der quantitative Zusammenhang zwischen physikalischen Größen bestimmt oder der Zahlenwert für eine physikalische Größe ermittelt werden kann, - ein entsprechendes Experiment beschreiben, planen und durchführen können, - den Unterschied zwischen direkten und indirekten Messverfahren kennen, - gängige Messverfahren sowie Funktion, Gebrauch, Verhalten und Genauigkeit wesentlicher Messgeräte kennen, - Messgeräte überprüfen, justieren und kalibrieren können, - mit den Grundprinzipien computerunterstützter Messdatenerfassung vertraut sein, - Messergebnisse sinnvoll darstellen, auswerten, interpretieren und kritisch bewerten können, - Messunsicherheiten angeben können und mit den Grundlagen der Fehlerrechnung vertraut sein, - Verfahren zur Anpassung von Ausgleichskurven (Fitkurven) an Messdaten kennen, - ein Protokoll über die Durchführung eines Experiments führen können, - die Ergebnisse eines Experiments in einem Vortrag präsentieren können. Darüber hinaus sollen die Studierenden im Praktikum über den Vorlesungsstoff hinaus weitere physikalische Phänomene, Gesetzmäßigkeiten und Methoden kennen lernen, für deren Behandlung in der Vorlesung kein Platz ist. Sie müssen sich also gelegentlich im Rahmen der Praktikumsvorbereitung mit Inhalten auseinandersetzen, die in der Vorlesung bis dahin weder behandelt wurden noch behandelt werden. Deshalb sind die Versuchsanleitungen so gehalten, dass sie mit den üblichen mathematischen und physikalischen Vorkenntnissen der Studierenden in den ersten beiden Semestern verstanden werden können. Wem der Anleitungstext an einigen Stellen zu abstrakt bleibt, dem sind möglicherweise Fotos der Versuchsaufbauten bei der Vorbereitung der Praktika eine Hilfe. Sie finden sich auf den Internetseiten des Grundpraktikums 2. Bei gemeinsamen Themen von Vorlesung und Praktikum wird versucht, beide Veranstaltungen soweit wie möglich zeitlich aufeinander abzustimmen. 3 Durchführung des Praktikums 3.1 Gruppenarbeit Zu Beginn des Semesters bilden die Studierenden Zweiergruppen (Teams), die bis zum Semesterende bestehen bleiben. Innerhalb der Teams muss eine gemeinsame Vorbereitung auf das Praktikum stattfinden, gefolgt von einer gemeinsamen Durchführung der Versuche, einer gemeinsamen Auswertung der Messergebnisse und einer gemeinsamen Protokollierung. Für jeden Teil des Protokolls sind beide Studierende verantwortlich. Die Vorbereitung, die Durchführung und das Protokoll werden in der Regel mit einer gemeinsamen Note bewertet. 3.2 Versuchsvorbereitung Die Vorbereitung auf einen Versuch muss vor dem Praktikumstermin anhand der Versuchsanleitung und durch Teilnahme am Begleitseminar geschehen. Die Versuchsanleitungen werden in der Regel in der zweiten Versuchswoche ausgehändigt. Sie stehen darüber hinaus als PDF-Dateien auf den Internetseiten 2 http://www.uni-oldenburg.de/physik/lehre/praktika/gpr/ 5 des Praktikums zur Verfügung. Es genügt möglicherweise nicht immer, nur die Anleitung durchzulesen. Insbesondere bei ernsthaften Verständnisproblemen muss auch die angegebene Literatur sowie die Vorlesungsmitschrift zur Vorbereitung mit herangezogen werden. Es ist auch ratsam und oft sehr hilfreich, sich als Praktikumsgruppe vor und nach dem Praktikumsversuch zu treffen und eine gemeinsame Zeit der Vor-und Nachbereitung zu haben. Ohne gründliche Vorbereitung ist eine Durchführung der Versuche weder sinnvoll noch möglich. In den Praktikumsräumen steht ein Bücherschrank mit einer Büchersammlung zur Nutzung durch die Studierenden vor Ort zur Verfügung. Die Bücher werden grundsätzlich nicht ausgeliehen. Sie können während der Öffnungszeiten der Praktikumsräume jedoch jederzeit benutzt werden. Die Sammlung enthält neben der in den Anleitungen angegebenen Literatur weitere Lehrbücher, Formelsammlungen und Tabellenwerke, die für die Auswertung der Versuche hilfreich sind. Eine gründliche Versuchsvorbereitung schließt die Vorbereitung von Tabellen mit ein, in die während des Praktikums die Messergebnisse mit dokumentenechtem Stift eingetragen werden. Die vorbereiteten Messwerttabellen werden zu Beginn des Praktikums von den BetreuerInnen abgestempelt und müssen später dem Protokoll beigefügt werden. 3 Mit der Vorbereitung von Tabellen wird vor allem erreicht, dass man sich bereits vor Beginn der Experimente klar macht, welche Messreihen durchzuführen sind und welche Messgrößen für die Auswertung der Experimente zusätzlich benötigt werden. Außerdem wird bei vorbereiteten Messwerttabellen von vornherein vermieden, dass Messergebnisse während des Versuchs zunächst auf Schmierzetteln notiert werden, um anschließend ins „Reine“ übertragen zu werden. Ein solches Vorgehen ist erstens unökonomisch, schafft zweitens die Gefahr von Übertragungsfehlern und führt möglicherweise auch zur Versuchung, Messdaten nachträglich zu „bereinigen“. Neben der Vorbereitung von Messwerttabellen bietet es sich ferner an, relevante Informationen zur Versuchsdurchführung und wichtige physikalische Formeln und Beziehungen im Skript zu markieren und/oder diese den Messwerttabellen beizufügen. Ökonomisches Arbeiten bei der Vorbereitung, der Durchführung und der Auswertung der Praktikumsversuche setzt auch voraus, dass die Studierenden über folgende Hilfsmittel verfügen: Versuchsanleitung, Lehrbuch, mathematische Formelsammlung, Taschenrechner mit technisch-wissenschaftlichen Funktionen, Zugang zu Computern (ist für alle Studierenden im Grundpraktikum und im CIP-Raum des Instituts für Physik gewährleistet). 3.3 Versuchsdurchführung Während der Versuchsdurchführung müssen die Messergebnisse direkt in die vorbereiteten Messwerttabellen eingetragen werden. Die Ablesegenauigkeit der Messgeräte muss für die später zu erfolgende Fehleranalyse ebenfalls notiert werden. Schließlich müssen all die Gerätespezifikationen und sonstigen Parameter (z. B. Umgebungstemperatur) notiert werden, die für eine vollständige Versuchsdokumentation und -auswertung im Protokoll erforderlich sind. Der Umfang der Versuche wurde so gewählt, dass auch die Studierenden, die bereits experimentelle Erfahrungen mitbringen, nicht schon nach der Hälfte der vorgesehenen Zeit mit ihren Experimenten fertig sind. Das kann zur Folge haben, dass Studierende ohne jegliche experimentelle Erfahrung, insbesondere während der ersten Versuchstermine, aus zeitlichen Gründen nicht immer alle Versuchsteile werden durchführen können. In diesen Fällen gilt: Bei Zeitknappheit lieber einiges gründlich, als alles oberflächlich durchführen! Nutzen Sie das Open Lab, um Ihre experimentellen Fähigkeiten eigenständig zu vertiefen! 3 Für die Versuche zum Oszilloskop, zur Datenerfassung mit dem PC und zur Fourieranalyse müssen keine Messwerttabellen vorbereitet werden. Für Versuchsteile, in denen Messdaten direkt in Origin-Tabellen eingetragen werden sollen, sind ebenfalls keine Tabellen erforderlich. 6 4 Protokollführung 4.1 Bedeutung des Protokolls Das Versuchsprotokoll hat die Aufgabe, das gesamte Experiment von der Fragestellung über die Durchführung bis hin zur Auswertung dokumentarisch festzuhalten. Es muss hinsichtlich Inhalt und Form eine Einheit bilden. Es muss von einer fremden, mit der Materie insgesamt vertrauten Person gelesen und verstanden werden können und es muss diese Person prinzipiell in die Lage versetzen, ohne Einholen zusätzlicher Informationen das gleiche Experiment mit den gleichen Geräten jederzeit nachmachen zu können. Protokolle werden nicht nur als „lästige Pflicht“ im Rahmen von Praktika geführt. Das Führen und Archivieren eines Protokollbuchs gehört vielmehr unabdingbar zum Alltag des wissenschaftlichen Arbeitens. Im Zweifelsfall muss ein Protokollbuch als Beleg für erzielte Messergebnisse dienen. Die Fälschungsskandale in der Wissenschaft aus der Vergangenheit, z.B. der Fall des Physikers JAN HENDRIK SCHÖN aus dem Jahre 2002 4, haben Wissenschaftsorganisationen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) dazu veranlasst, nochmals mit Nachdruck an die Verpflichtung zur Führung von Protokollbüchern und deren Bedeutung zu erinnern 5. 4.2 Inhalt und Aufbau eines Protokolls Ein Praktikumsprotokoll muss o o o in übersichtlicher Gliederung, mit nummerierten Kapitelüberschriften, auf nummerierten Seiten enthalten: 1. 2. 3. 4. Namen, Praktikumsgruppe und Datum der Versuchsdurchführung. Titel des Versuchs. Ein Inhaltsverzeichnis ist nicht erforderlich. Kurze Darstellung des Versuchsgegenstandes in einer Einleitung: was ist Ziel des Versuches, was soll gemessen werden? Dieser Teil des Protokolls sollte nicht länger als ¼ Seite sein. Daran anschließend folgt für jeden Versuchsteil eine Protokollierung gemäß der Punkte 5 - 10: 5. 6. 7. 4 5 Eine kurze Nennung der Aufgabenstellung und Beschreibung der Versuchsdurchführung mit einer Darstellung des Versuchsaufbaus in Form einer Prinzipskizze mit kurzer Erläuterung. Skizzen können z. B. auch aus der Versuchsanleitung oder aus anderen Quellen übernommen werden. In diesem Fall muss die Quelle korrekt zitiert werden, s. Kap. 4.3. Skizzen werden wie andere Grafiken nummeriert und beschriftet (siehe Punkt 8). Beispiel: „Abb. xx: Anordnung zur Messung der Oberflächenspannung mit der Blasendruckmethode.“ Bei Bedarf Dokumentation derjenigen äußeren Versuchsbedingungen, die die Versuchsergebnisse beeinflussen können (z.B. Temperatur bei den Versuchen zur Oberflächenspannung und Viskosität) sowie Dokumentation möglicher Fehlerquellen (z.B. Ablesegenauigkeit von Messgeräten). Tabellarische Darstellung der Ergebnisse von Messreihen. Bei der Spalten- bzw. Zeilenbeschriftung muss die Form „physikalische Größe / Einheit der Größe“ gewählt werden, also z.B. „U / V“ für eine Spannung, „I / A“ für einen Strom, „t / s“ für die Zeit usw. Zur Begründung für diese Notation siehe Kap. 4.3, Punkt 1. Tabellen müssen innerhalb des Protokolls fortlaufend nummeriert und mit kurzen erläuternden Beschriftungen versehen werden, aus denen hervorgeht, was in der Tabelle dargestellt ist. Im Gegensatz zu Abbildungen erfolgt die Beschriftung der Tabelle oberhalb der Tabelle. Hier ein Beispiel: Siehe z.B. S. Jorda, PHYSIK JOURNAL 1.11 (2002) 7-8. DFG: Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, Bonn, 1998 (http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/download/empfehlung_wiss_praxis_1310.pdf). 7 Tab. xx: Spannung U und Strom I als Funktion der Eintauchtiefe d von Kupferelektroden in einen Elektrolyten. d/m ± 10-3 m 0,050 0,045 0,040 0,035 0,030 0,025 0,020 U/V ± 10-2 V 1,74 1,77 1,81 1,85 1,89 1,94 2,01 I / mA ± 10-1 mA 14,8 14,2 13,4 12,6 11,8 10,8 9,8 Zu jeder Tabelle muss ein Verweis im laufenden Text erfolgen, z.B. in der Form: „Die Messdaten finden sich in Tab. xx“. Grafische Darstellung der Ergebnisse von Messreihen. Jede Grafik muss neben einer fortlaufenden Nummer eine kurze erläuternde Beschriftung enthalten, aus der hervorgeht, was in der Grafik dargestellt ist. Die unabhängige Variable, d.h. die vorgegebene Größe (d in der o. a. Mustertabelle), wird auf der Abszisse dargestellt, die abhängige Größe auf der Ordinate. Die Skaleneinteilung und die Lage der Achsen-Nullpunkte muss so gewählt werden, dass der interessierende Kurvenverlauf gut zu erkennen ist. Die Koordinatenachsen müssen vollständig beschriftet sein. Bei der Achsenbeschriftung gilt das Gleiche wie bei der Spalten- und Zeilenbeschriftung von Tabellen: sie muss in der Form "physikalische Größe / Einheit der Größe" erfolgen. Falls gefordert, müssen Ausgleichskurven und / oder Fehlerbalken eingezeichnet sein. Auch hierzu ein Beispiel: 220 220 200 200 180 180 R/Ω R/Ω 160 Abb. xx: 160 140 140 120 120 0,02 0,03 0,04 Messdaten Ausgleichsgerade 20 0,05 30 40 50 d/m d -1 / m-1 Ohmscher Widerstand R eines Elektrolyten als Funktion der Elektroden-Eintauchtiefe d. Links R über d, rechts linearisierte Darstellung R über 1/d. Die Abstände zwischen den Werten der unabhängigen Variablen müssen so gewählt sein, dass der Verlauf der Messwerte der abhängigen Variablen gut zu erkennen ist. Sie sollen also dort besonders dicht liegen, wo sich im Diagramm „etwas tut“. Das folgende Beispiel der Amplitudenresonanzkurve eines gedämpften harmonischen Oszillators verdeutlicht dies. In der Umgebung der Eigenkreisfrequenz von ω0 ≈ 4,5 Hz wurden die Abstände der unabhängigen Variablen ω1 deutlich kleiner gewählt als außerhalb dieses Bereichs, so dass der Verlauf der Amplitude x0 in der Umgebung von ω0 gut zu erkennen ist: 0,2 x0 / m 8. 0,1 0,0 0 5 10 ω1 / Hz 15 Abb. xx: Amplitudenresonanzkurve eines gedämpften harmonischen Oszillators. 8 Die Messpunkte dürfen in der Regel nicht miteinander verbunden werden. Eine gerade Verbindung würde z.B. einen linearen Zusammenhang zwischen den dargestellten Größen in dem von zwei Messwerten begrenzten Bereich suggerieren. Sollte eine Verbindung nötig sein, um den Verlauf der Messwerte besser erkennen zu können, muss die Verbindungslinie an den Messwerten mit sichtbarer Lücke unterteilt werden: 220 200 R/Ω 180 160 140 120 0,02 0,03 0,04 0,05 d/m Abb. xx: Ohmscher Widerstand R eines Elektrolyten als Funktion der Elektroden-Eintauchtiefe d. Zu jeder Grafik muss ein Verweis im laufenden Text erfolgen, z.B. in der Form: „Abb. xx zeigt die grafische Darstellung der Messdaten“. 9. Berechnung von Zahlenwerten für die zu messenden Größen. Für jeden Zahlenwert muss der Fehler (die Messunsicherheit) angegeben werden, der entweder berechnet oder sinnvoll abgeschätzt wird. Einzelheiten dazu und zur Rundung von berechneten Zahlenwerten finden sich in der Anleitung zur „Fehler- und Ausgleichsrechnung“. 10. Interpretation und Bewertung der Versuchsergebnisse anhand eines Vergleichs mit den nach der Theorie erwarteten Ergebnissen bzw. mit Literaturwerten. Dabei ist eine realistische und kritische Bewertung der eigenen Messergebnisse deutlich wichtiger als ein möglichst genaues Treffen eines Zielwertes oder eine möglichst genaue Reproduktion von Literaturwerten. Auf eine Auflistung der benutzten Geräte kann verzichtet werden, da sie in der Anleitung unter „Zubehör“ bei den jeweiligen Versuchen aufgeführt sind. Es reicht daher ein entsprechender Verweis. 4.3 Regeln bei der Abfassung von Protokollen Bei der Abfassung des Protokolls muss man sich von vornherein daran gewöhnen, bestimmte Normen und Gepflogenheiten einzuhalten (siehe z.B. /10/), wie sie später im Studium auch für die Erstellung von Examensarbeiten oder anderen wissenschaftlichen Texten üblich sind: 1. Eine physikalische Größe G wird als Produkt aus Zahlenwert {G} mal Einheit [G] dieser Größe angegeben, also (1) 2. 6 G = {G} × [G] Beispiel: eine elektrische Spannung U hat einen Wert von 5 V, es ist also U = 5 V, mit {U} = 5 und [U] = V. Wegen der in Gl. (1) festgelegten Notation werden Tabellenspalten und –zeilen sowie die Achsen von Grafiken in der Form „G / [G]“ beschriftet, also z.B. „U / V“, „d / m“ usw. Der Quotient G / [G] ergibt nämlich gerade den Zahlenwert {G}, der in die Tabelle eingetragen oder an die Teilstriche der Achse geschrieben wird, wie z.B. 5 10 15 20 usw. Angaben der Art „U [V]“ oder „d [m]“ sind formal falsch! 6 Als Einheit [G] einer physikalischen Größe G muss immer die durch das Internationale Einheitensystem (SI: Système Internationale d'Unités) vorgegebene Einheit verwendet werden /10/. Neben den sieben SI-Basiseinheiten für die Länge (Meter, m), die Masse (Kilogramm, kg), die Zeit (Sekunde, s), die Stromstärke (Ampere, A), die Temperatur (Kelvin, K), die Stoffmenge (Mol, mol) und die Lichtstärke (Candela, cd) gibt es abgeleitete SI-Einheiten, die sich immer als Produkt der Basiseinheiten In Fachzeitschriften werden z.T. andere Arten der Beschriftung verlangt. Leider sind die Regeln nicht einheitlich. So wird z.B. in NATURE, PHYSICAL REVIEW LETTERS und im PHYSIK JOURNAL jeweils eine andere Notation verwendet. 9 darstellen lassen, also [G ] = m a kgb sc A d K e mol f 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. cd g mit den zu bestimmenden Exponenten a, b, c, d, e, f und g. Für viele abgeleitete Einheiten sind eigene Namen gebräuchlich, wie z.B. das Pascal (Pa) für den Druck (Pa = kg m-1 s-2), das Volt (V) für die elektrische Spannung (V = kg m2 s-3 A-1) oder das Hertz (Hz) für die Frequenz (Hz = s-1). Die in Deutschland gesetzlich zugelassenen Namen abgeleiteter Einheiten finden sich in /11/. Für die meisten physikalischen Größen gibt es etablierte Symbole bzw. Formelzeichen (z.B. F für die Kraft, ω für die Kreisfrequenz, U für die elektrische Spannung usw.), von denen man nicht ohne wichtigen Grund abweichen sollte. Eine Liste dieser Symbole enthält /7/. Die Symbole physikalischer Größen, also z.B. F, ω und U werden kursiv gesetzt, die zugehörigen Einheiten, im Beispiel N, Hz und V, dagegen gerade. Man schreibt also z.B. F / N, ω / Hz und U / V. Zwischen den Zahlenwert der physikalischen Größe und die Einheit wird ein Leerzeichen gesetzt, also z.B. F = 1,5 N oder U = 5 V. Im Text verwendete Symbole physikalischer Größen müssen grundsätzlich definiert werden. Es muss also z. B. heißen: „...das elektrische Feld E ist durch die Spannung U und den Abstand d gegeben; es gilt: E = U/d “. Bei der Anfertigung von Schaltskizzen sollte man sich an die Vorgaben des Deutschen Instituts für Normen (DIN) halten, die auch in den Versuchsanleitungen angewendet werden. Kopien der entsprechenden DIN-Normen 7 befinden sich im Bücherschrank. Für eine Reihe von Berechnungen benötigt man die Zahlenwerte physikalischer Konstanten. Derzeitige Bestwerte dieser Konstanten findet man in /9/, eine Auswahl davon auf der hinteren Umschlagseite dieses Skriptes. Zu jeder Tabelle und jeder Abbildung muss es einen Hinweis im laufenden Text des Protokolls geben (siehe Hinweise unter Punkt 7 und 8 in Kap. 4.2). Beispiele: „Den prinzipiellen Versuchsaufbau zeigt Abb. 2“ oder „Die Messwerte sind in Tab. 3 aufgelistet und in Abb. 6 grafisch dargestellt“. Werden Grafiken, Tabellen oder Textpassagen aus fremden Quellen (einschließlich Internetseiten!) in das Protokoll übernommen, so muss die Quelle korrekt zitiert werden. Wird beispielsweise eine Abbildung aus dem Skript zum Modul Grundpraktikum Physik, Teil I übernommen, muss am Ende der Abbildungsbeschriftung der Hinweis „(aus /1/)“ erfolgen. Am Ende des Protokolls wird dann angefügt: Literatur /1/ Skript zum Grundpraktikum Physik, Teil I, CvO Universität Oldenburg, Institut für Physik, Oktober 2016 Bei Verwendung von Quellen aus dem Internet muss die Internetadresse in Form der URL (Uniform Resource Locator) und das Datum der Seitenabfrage angegeben werden8, also z.B.: /2/ Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB): „Fragen zur Zeit“, URL: http://www.ptb.de/cms/themenrundgaenge/wegweiser/fragenzurzeit.html, Stand: 24.09.2014 Protokolle, die Grafiken, Tabellen oder Textpassagen aus fremden Quellen enthalten, ohne dass die Quellen zitiert werden, sind Fälschungen und werden mit mangelhaft bewertet. In diesem Zusammenhang wird nachdrücklich auf die Publikation „Gute wissenschaftliche Praxis“ der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg hingewiesen 9 sowie auf einen Artikel in der ZEIT 10. Beim Einsatz von Textverarbeitungssoftware für die Erstellung eines Protokolls gilt als oberster Grundsatz: ein Protokoll lebt in erster Linie von seinem Inhalt und seiner Struktur und nicht von seiner äußeren Form. Handschriftliche Protokolle oder mit Hand eingesetzte Formeln sind, solange sie lesbar bleiben, prinzipiell 7 8 9 10 Z.B. DIN EN 60617: „Grafische Symbole für Schaltpläne“; siehe auch Text „Zum Aufbau elektrischer Schaltungen…“.in diesem Skript. Für alle URL-Angaben in diesem Skript gilt das Datum 24.09.2014 wenn nicht anders vermerkt. http://www.uni-oldenburg.de/fileadmin/user_upload/physik/ag/physikpraktika/download/Faltblatt_GWP.pdf „Suchmaschine gegen den Gedankenklau – Universitäten rüsten sich gegen Plagiatoren - und verhängen schwere Strafen.“ DIE ZEIT, 08.02.07; http://zeus.zeit.de/text/2007/07/B-Plagiatskontrolle. 10 ausreichend, aber es macht Sinn sich schon frühzeitig an das Schreiben mit einem Computer unter Verwendung gängiger Software zu gewöhnen. Insbesondere für das gemeinsame Bearbeiten eines Protokolls gibt es kostenlose Online-Möglichkeiten 11, die sinnvoll innerhalb einer Gruppenarbeit eingesetzt werden können. Zu guter Letzt noch eine eiserne Regel zum Thema Protokolle: Der jeweils nächste Versuch kann erst durchgeführt werden, wenn das Protokoll vom vorherigen Versuch abgegeben wurde. 5 Literatur Jede Versuchsanleitung enthält eine eigene Literaturliste, in der die Bücher aufgelistet sind, die für die Vorbereitung auf die einzelnen Versuche besonders nützlich sind. Zum generellen Gebrauch im Praktikum sind folgende Bücher empfehlenswert (siehe auch http://www.unioldenburg.de/physik/lehre/praktika/literatur/ ) 12: /1/ Eichler, H. J., Kronfeldt, H.-D., Sahm, J.: „Das Neue Physikalische Grundpraktikum“, Springer-Verlag, Berlin u.a. /2/ Geschke, D. [Hrsg.]: „Physikalisches Praktikum“, Teubner-Verlag, Stuttgart u.a. /3/ Walcher, W.: „Praktikum der Physik“, Teubner-Verlag, Stuttgart /4/ Gerthsen, C. u.a.: „Physik“, Springer-Verlag, Berlin u.a. /5/ Stöcker, H.: „Taschenbuch der Physik“, Harri Deutsch, Frankfurt (steht auf den Computern im Grundpraktikum auch als HTML-Version zur Verfügung) /6/ Bronstein, I. N., Semendjajew, K. A.; Musiol, G.; Mühling, H.: „Taschenbuch der Mathematik“, Verlag Harri Deutsch, Frankfurt (steht auf den Computern im Grundpraktikum auch als HTML-Version zur Verfügung) Als Tabellenwerke zum Nachschlagen von Zahlenwerten physikalischer Größen sind besonders geeignet: /7/ Lide, D. R. [Hrsg.]: „CRC Handbook of Chemistry and Physics”, CRC Press, Boca Raton (steht auf den Computern im Grundpraktikum auch als PDF-Version zur Verfügung) /8/ Madelung, O. [Hrsg.]: „Landolt-Börnstein: Zahlenwerte und Funktionen aus Naturwissenschaften und Technik“, Springer-Verlag, Berlin u.a. Derzeitige Bestwerte physikalischer Konstanten (Auswahl s. hintere Umschlagseite dieses Skriptes) findet man in: /9/ Peter J. Mohr; David B. Nevell; Barry N. Taylor: "CODATA Recommended Values of the Fundamental Physical Constants: 2014", arXiv: 1507.07956v1 [physics.atom-ph] 21 Jul 2015. Siehe auch: http://arxiv.org/pdf/1507.07956v1.pdf und http://physics.nist.gov/cuu/Constants/index.html. Hinweise zur Abfassung wissenschaftlicher Manuskripte sowie eine Zusammenstellung der SI-Basiseinheiten und daraus abgeleiteter Einheiten enthält folgende Broschüre des „Bureau International des Poids et Mesures (BIPM)“ 13: /10/ Bureau International des Poids et Mesures: „The International System of Units (SI)“, 8th Edition, Paris, 2006. (http://www.bipm.org/utils/common/pdf/si_brochure_8_en.pdf) Eine Zusammenstellung der in Deutschland gesetzlich zugelassen Einheiten findet sich in: /11/ Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB) [Hrg.]: „Die gesetzlichen Einheiten in Deutschland“, Faltblatt 2012, Braunschweig, 2012. (https://www.ptb.de/cms/fileadmin/internet/presse_aktuelles/broschueren/intern_einheitensystem/Einheiten _deutsch.pdf)), aufgerufen 21.07.2016. 11 12 13 Als Beispiel sei hier das „Cloud Computing“ erwähnt oder die Verwendung von Plattformen wie „Google Docs“, die ein gemeinsames Bearbeiten eines Dokumentes wesentlich erleichtern (siehe auch https://www.google.de/intl/de/docs/about/) Wegen z. T. häufiger Neuausgaben wird an dieser Stelle auf eine Angabe des Erscheinungsjahres verzichtet. Die Erscheinungsdaten der aktuellen Ausgaben finden sich auf den Internetseiten des Grundpraktikums. Das BIPM wurde am 20.05.1875 von 17 Staaten ins Leben gerufen, mittlerweile sind ihm 51 Staaten beigetreten. Aufgabe des Büros ist die „weltweite Vereinheitlichung von Messungen“. Hauptsitz des Büros ist Paris, die offizielle Sprache des BIPM ist französisch. 11 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Fakultät V- Institut für Physik Modul Grundpraktikum Physik – Teil I Zum Aufbau elektrischer Schaltungen und zum Umgang mit Netzgeräten, Vielfachmessgeräten und Funktionsgeneratoren 1 Einleitung Studierende, die noch nie oder nur wenige Male selbstständig experimentiert haben, haben oftmals Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer Schaltungsskizze oder eines Blockschaltbildes in eine reale elektrische Schaltung. Auch der Umgang mit Netzgeräten, Vielfach-Messgeräten und Funktionsgeneratoren bereitet ihnen anfänglich Probleme. Deshalb wird hier eine kurze Einführung gegeben. Zunächst werden die wichtigsten Funktionen der genannten Geräte erläutert. Im Laufe des Grundpraktikums werden sie noch genauer behandelt. Anschließend werden einfache Schaltungsskizzen beschrieben und Fotos der zugehörigen realen Aufbauten gezeigt. Beim Aufbau einer der Schaltungen kommt ein Oszilloskop zum Einsatz, dessen Funktionsweise und Betrieb in einem separaten Praktikumstermin ausführlich behandelt wird. Details der Fotos lassen sich in der PDF-Version dieses Textes möglicherweise besser erkennen; siehe dazu http://physikpraktika.uni-oldenburg.de/download/GPR/pdf/Schaltungen_Multimeter.pdf. 2 Netzgeräte Für viele Versuchsaufbauten im Praktikum werden Gleichspannungen 1 (gelegentlich auch Gleichströme) mit unterschiedlichen Höhen und Vorzeichen benötigt, wie z. B. + 10 V, - 12 V, + 5 V usw. Solche Spannungen können einem Netzgerät 2 entnommen werden. Netzgeräte werden auch als Stromversorgung oder Spannungsversorgung bezeichnet. Abb. 1 zeigt ein Netzgerät der Fa. PHYWE, das im Grundpraktikum zum Einsatz kommt. Es handelt sich um ein Doppel-Netzgerät, da es über zwei separat einstellbare Ausgänge verfügt. Am linken Ausgang können Spannungen zwischen 0 V und 15 V eingestellt werden, der Strom kann dort maximal 5 A betragen. Am rechten Ausgang stehen Spannungen zwischen 0 V und 30 V zur Verfügung bei einem maximalen Strom von 2,5 A. Abb. 1: Netzgerät vom Typ PHYWE. An beiden Ausgängen (jeweils blaue und rote Buchse) ist eine Spannung von ca. 10 V eingestellt. Mit den Drehknöpfen können die Spannung U und der Strom I eingestellt bzw. begrenzt werden. In den meisten Fällen wird im Praktikum für den Betrieb eines Verbrauchers, z. B. eines Fotodetektors, eine bestimmte Spannung benötigt. Diese Spannung wird zunächst ohne angeschlossenen Verbraucher mit dem Drehknopf unter der Spannungsanzeige (V) eingestellt. Der eingestellte Wert wird an der Spannungsanzeige überprüft. Anschließend wird der zum selben Ausgang des Netzgeräts gehörende Knopf zur Strombegrenzung an den rechten Anschlag gedreht. Dadurch wird erreicht, dass der später angeschlossene Verbraucher dem Netzgerät so viel Strom entnehmen kann, wie zu seinem Betrieb benötigt wird. 1 2 Englisch DC voltage; DC bedeutet direct current (Gleichstrom). Englisch Power Supply. 12 Jeder Ausgang des Netzgeräts verfügt über zwei Anschlussbuchsen für gewöhnliche Laborkabel. Das Potential 3 an der blauen Buchse ist immer niedriger als das Potential an der roten Buchse. Vergleicht man den Ausgang des Netzgeräts mit einer Batterie, so entspricht die blaue Buchse dem Kontakt mit der Bezeichnung „-“ und die rote Buchse dem Kontakt mit der Bezeichnung „+“. Das Vorzeichen der Spannung zwischen den beiden Anschlussbuchsen hängt ausschließlich vom gewählten Bezugspunkt ab. Nehmen wir an, am Ausgang des Netzgerätes sei eine Spannung (Potentialdifferenz) von 10 V eingestellt. Wählen wir die rote Buchse als Bezugspunkt, so ist das Potential an der blauen Buchse um 10 V niedriger. Von diesem Bezugspunkt aus betrachtet ist die Spannung also U = – 10 V. Wählen wir dagegen die blaue Buchse als Bezugspunkt, so ist das Potential an der roten Buchse um 10 V höher. Von diesem Bezugspunkt aus betrachtet ist die Spannung also U = + 10 V. Abb. 2 verdeutlicht die Zusammenhänge anhand der Spannungsmessung mit zwei als Voltmeter betriebenen Vielfachmessgeräten (weiteres zu Vielfachmessgeräten in Kap. 4). Abb. 2: Zum Vorzeichen der Spannung aus einem Netzgerät. An dessen linkem Ausgang ist eine Spannung von ca.10 V eingestellt. Das linke Multimeter (Typ FLUKE) zeigt eine Spannung von – 10,02 V an, das rechte eine Spannung von + 10,01 V 4. Ursache: der Bezugspunkt für die Spannungsmessung (schwarze Buchse COM am Multimeter) ist links mit der roten Buchse des Netzgerätes verbunden (an der das höhere Potential liegt), rechts mit der blauen Buchse (an der das niedrigere Potential liegt). Die gleichen Überlegungen gelten auch für eine Batterie. Eine Blockbatterie mit einer Spannung von 9 V kann demnach, je nach Bezugspunkt, eine Spannung von + 9 V oder - 9 V liefern. 3 Funktionsgeneratoren Funktionsgeneratoren (FG) dienen der Erzeugung von Wechselspannungen 5 mit unterschiedlichen Formen, Amplituden und Frequenzen. Wahlweise können zu diesen Wechselspannungen Gleichspannungen hinzuaddiert werden, man spricht dann von einem DC-Offset. Die gängigste Signalform am Ausgang eines FG ist eine sinusförmige Wechselspannung U(t), die sich mathematisch wie folgt beschreiben lässt: (1)= U ( t ) U 0 sin (ω t ) + U DC 3 4 5 Das (elektrische) Potential ist eine auf einen festen Bezugspunkt bezogene Spannung. Ein Bezugspunkt kann z.B. die Erde sein, gekennzeichnet mit den Symbolen oder . Hierbei handelt es sich um einen Anschluss (s. Netzgerät in Abb. 2), der elektrisch leitend mit der Erde verbunden ist. Dies kann man z. B. erreichen, indem man einen elektrischen Leiter in die Erde eingräbt und über Kabel mit dem Anschluss verbindet. In Gebäuden findet die Erdung durch einen Fundamenterder statt, an den über eine Potentialausgleichsschiene u.a. der Schutzleiter der Stromversorgung angeschlossen ist. Die Abweichungen der angezeigten Spannungsbeträge um 0,01 V werden durch die beschränkte Messgenauigkeit der Multimeter verursacht. Englisch AC voltage; AC bedeutet alternating current (Wechselstrom). 13 Darin bedeuten: t: U0 : Zeit Amplitude f = ω 2π = U DC : 2π : Kreisfrequenz; f : Frequenz, T : Periodendauer T Gleichspannungsanteil (DC-Offset) Abb. 3 zeigt eine solche Wechselspannung zusammen mit anderen typischen Ausgangsspannungen von Funktionsgeneratoren. In Abb. 4 sind die Frontansichten von zwei im Grundpraktikum eingesetzten Funktionsgeneratoren dargestellt. Über Schalter und Drehknöpfe werden die Form (Function: Sinus, Rechteck, Dreieck, Sägezahn), die Frequenz (Freq), die Amplitude (Ampl) und der Gleichspannungsanteil (DC-Offset) des Signals eingestellt. Auf weitere Einstellmöglichkeiten wird im späteren Verlauf des Praktikums eingegangen. Die Ausgabe des Signals erfolgt jeweils über die Buchse Output. Hierbei handelt es sich um eine 2-polige BNC-Buchse 6. Der Innenleiter einer solchen Buchse bildet den einen Pol, der äußere Kontakt den zweiten Pol (weiteres dazu in Kap. 5.2). U (t) U (t) U0 UDC t t T U (t) U (t) t t U (t) U (t) High Low t Abb. 3: 6 7 t Typische Ausgangssignale von Funktionsgeneratoren. Oben links: sinusförmige Wechselspannung ohne DC-Offset. Oben rechts: dito mit DC-Offset. Mitte links: Dreieckspannung. Mitte rechts: Sägezahnspannung. Unten links: Rechteckspannung. Unten rechts: TTL-Signal 7. BNC ist ursprünglich ein Produktname der Fa. AMPHENOL und steht für „Bayonet NEILL CONCELMAN“ TTL ist die Abkürzung für Transistor-Transistor-Logik. Ein TTL-Signal ist ein Logiksignal, das nur zwei Spannungswerte U annehmen kann: Low und High. Für ein Ausgangssignal eines Gerätes gilt: Zustand Low wenn 0 V ≤ U < 0,4 V, Zustand High wenn 2,4 V < U ≤ 5,0 V. Für ein Eingangssignal in ein Gerät gilt: Low wenn 0 V ≤ U < 0,8 V, High wenn 2,0 V < U ≤ 5,0 V. Hinweis: Das Signal an der Buchse TTL-OUT des FG TOELLNER 7401 entspricht dieser Norm nicht. 14 Abb. 4: Frontansichten von zwei im Praktikum eingesetzten Funktionsgeneratoren. Oben: AGILENT 33120A, unten: TOELLNER 7401. Beim FG TOELLNER ist die Frequenz f des Ausgangssignals das Produkt aus dem am Schalter FREQ RANGE eingestellten Wert (hier 100 Hz) und dem am Drehknopf FREQUENCY eingestellten Multiplikator (hier 1). Bei der dargestellten Einstellung ist also f = 1 × 100 Hz = 100 Hz. 4 Vielfachmessgeräte Vielfachmessgeräte 8 (Abb. 5) können, wie der Name sagt, je nach Schalterstellung zur Messung verschiedener elektrischer Größen eingesetzt werden. Die wichtigsten davon sind (angegeben mit typischen Bezeichnungen auf den Wahlschaltern der Geräte): Gleichspannung: Wechselspannung: Gleichstrom: Wechselstrom: Widerstand: Kapazität: 8 V , DC V V ∼, AC V A , DC A A ∼, AC A Ω Englisch: Multimeter. Diese Bezeichnung wird auch im Deutschen verwendet. 15 Abb. 5: Frontansichten von sechs im Praktikum eingesetzten Multimetern. Oben v. l. n. r.: MONACOR DMT-3010, ABB METRAWATT M2012, FLUKE 112, AGILENT U1251B. Mitte: KONTRON DMM 3021. Unten: AGILENT 34405A. Bei Messung von Wechselspannungen oder Wechselströmen (AC-Messungen) zeigen die Messgeräte jeweils den Effektivwert (Index „eff“) an. Der Effektivwert einer Wechselgröße ist derjenige Wert, den eine Gleichgröße haben müsste, um an einem ohmschen Verbraucher die gleiche elektrische Leistung umzusetzen. Für sinusförmige Signale ohne DC-Offset gilt folgender Zusammenhang zwischen Effektivwert und Amplitude (Index „0“): = U eff (2) = I eff T 1 U0 2 T 1 I0 2 1 = U 2 ( t ) dt ∫ T 0 1 2 = I ( t ) dt T ∫0 Die Spannung des Stromnetzes in Deutschland hat beispielsweise einen Effektivwert von Ueff ≈ 230 V. Dieser Wert ist auf den Typenschildern von Elektrogeräten angegeben. 9 Die zugehörige Amplitude der Netzspannung ist also U 0 ≈ 2 × U eff = 2 × 230 V ≈ 325 V 9 Häufig findet sich auf den Typenschildern noch der veraltete Wert von 220 V. 16 Bei AC-Messungen erhält man nur für Signale mit Frequenzen innerhalb eines bestimmten Intervalls einen korrekten Messwert für den Effektivwert. Außerdem muss die Signalform (Sinus, Dreieck, Rechteck usw.) bei der Interpretation des Messwertes beachtet werden. Detaillierte Informationen dazu findet man in den Handbüchern der Geräte. Vor der Benutzung eines Vielfachmessgerätes muss die zu messende Größe am Wahlschalter eingestellt werden. Erst danach dürfen die Kabel mit den Eingangsbuchsen verbunden werden. Die Eingangsbuchse, deren Potential bei Spannungsmessungen das Bezugspotential bildet, wird je nach Hersteller unterschiedlich bezeichnet. Die gängigsten Bezeichnungen sind: Bezugspotential: COM, COMMON, LO, LOW, 0, ⊥ Die Farbe dieser Buchse ist in der Regel schwarz. Die zweite Buchse, an die bei Spannungsmessungen das Vergleichspotential gelegt wird, trägt gelegentlich die Bezeichnungen: Vergleichspotential: HI, HIGH, + Häufig sind dort jedoch nur die Einheiten der zu messenden Größen angegeben, wie z. B.: V, Ω usw. Die Farbe dieser Buchse ist in der Regel rot. Für Strommessungen wird neben der COM-Buchse eine andere Buchse als für Spannungs- und Widerstandsmessungen benutzt. Diese Buchse, ebenfalls oftmals rot, trägt dann die Beschriftung: Strommessung: mA, A Für hohe Stromstärken bis z. B. 10 A gibt es oftmals separate Anschlussbuchsen. Bei den im Grundpraktikum eingesetzten Multimetern handelt es sich um Digital-Multimeter. Diese Geräte bieten eine Anzeigegenauigkeit, die durch die Zahl der in der Anzeige vorhandenen Stellen (Digits 10) festgelegt ist. Die Stelle ganz links kann dabei üblicherweise nur eine 0 oder eine 1 anzeigen, man zählt sie deshalb als halbe Stelle. Beispielsweise ist das Gerät vom Typ AGILENT U1251B ein 4 ½-stelliges Multimeter, das vom Typ AGILENT 34405A ein 5 ½ -stelliges. Das bedeutet: Die erste Stelle kann nur 0 oder 1 anzeigen, die übrigen 4 oder 5 Stellen die Ziffern 0 – 9. Neben dem eigentlichen Messwert (Zahlenwert) erscheinen bei manchen Geräten weitere Angaben auf der Anzeige, wie z. B. die Einheit der gemessenen Größe (mA, A, mV,…), der Signaltyp (AC, DC), der Messbereich (100 mV, 100 Ω,…) usw. Bei Widerstandsmessungen liefert ein Multimeter intern einen konstanten Teststrom IT, der von der roten Buchse durch den zu messenden Widerstand zur schwarzen Buchse fließt. Durch interne Messung der Spannung U über dem Widerstand R ergibt sich dann der Anzeigewert zu R = U / IT. Der Teststrom muss möglichst klein sein, um eine Erwärmung des Widerstandes zu vermeiden. Einzelheiten zu Widerstandsmessungen werden im Versuch „Messung ohmscher Widerstände …“ behandelt. Bei Kapazitätsmessungen wird der Kondensator mit einem konstanten Ladestrom IL geladen. Durch Messung der Spannung U über dem Kondensator zu zwei Zeitpunkten t1 und t2 kann die Kapazität C bestimmt werden. Einzelheiten zu Kapazitätsmessungen werden im Versuch „Messung von Kapazitäten …“ behandelt. 5 Exemplarische Schaltungen 5.1 Spannungsteiler Abb. 6 zeigt das Schaltbild eines Spannungsteilers mit den Widerständen R1 und R2, die an eine Gleichspannungsquelle (Netzgerät) mit der Klemmenspannung U angeschlossen sind. Die verwendeten Schaltsymbole werden in Kap. 6 erläutert. Mit einem Amperemeter A wird der Strom durch die Widerstände gemessen, mit dem Voltmeter V die Spannung über dem Widerstand R2. 10 Digit (engl.) = Ziffer. 17 Abb. 7 zeigt ein Foto des realen Aufbaus. Als Widerstände kommen Widerstandsdekaden zum Einsatz, an denen mit Hilfe von Schiebeschaltern die gewünschten Widerstandswerte eingestellt werden können (rechts R1 = (100 + 10) Ω, links R2 = 200 Ω; Genauigkeit jeweils ± 1 %). Zur Strom- und Spannungsmessung werden Multimeter eingesetzt. Die elektrische Verbindung zwischen den Geräten und Komponenten wird mit gewöhnlichen einadrigen Laborkabeln realisiert (blaue und rote Kabel in Abb. 7), die an ihren Enden mit Laborsteckern versehen sind. Die Geräte und Komponenten selber verfügen über Laborbuchsen, die zu diesen Laborsteckern passen. Ist U = 4,8 V die am Netzgerät eingestellte Spannung, so fließt durch die Widerstände ein Strom I von U = R = I (3) 4,8 V ≈ 15,5 mA (110 + 200 ) Ω Dieser Wert wird auf der Anzeige des Amperemeters erwartet. Tatsächlich zeigt das Amperemeter einen Wert von 15,38 mA an. Die Abweichung wird durch die eingeschränkte Genauigkeit der Widerstände aus der Widerstandsdekade, der Spannungseinstellung am Netzgerät und des Messgerätes selber verursacht. Die Spannung U teilt sich auf die Widerstände im Verhältnis U1 R1 110 Ω = = = 0,55 U 2 R2 200 Ω (4) auf. Mit U = U1 + U 2 (5) folgt dann durch Kombination von Gl. (4) und (5) für U2: (6) = U2 U 4,8 V = ≈ 3,10 V R1 1,55 1+ R2 Tatsächlich zeigt das Voltmeter einen Wert von – 3,04 V an. Die Abweichung des Zahlenwertes ist wieder auf die eingeschränkten Genauigkeiten von R1, R2, U und des Messgerätes zurückzuführen. Das negative Vorzeichen rührt daher, dass die COM-Buchse des Messgerätes mit dem höheren Potential am Widerstand R2 (rote Leitung) verbunden ist. =U A R2 R1 V Abb. 6: Blockschaltbild eines Spannungsteilers mit den Widerständen R1 und Gleichspannungsquelle mit R 2, Klemmenspannung U, Voltmeter V und Amperemeter A. Abb. 7: Realer Aufbau der Schaltung nach Abb. 6. Am Netzgerät ist eine Spannung von ca. 4,8 V eingestellt. 18 5.2 Funktionsgenerator und Oszilloskop Abb. 8 zeigt ein Blockschaltbild mit einem Funktionsgenerator FG, der eine sinusförmige Wechselspannung U~ mit einstellbarer Amplitude und Frequenz liefert (z. B. 2 V, 1 kHz). An den Ausgang des Funktionsgenerators wird ein Lastwiderstand R (z. B. 1 kΩ) gelegt. Die Ausgangsspannung des FG bei dieser Belastung wird mit einem Oszilloskop OS gemessen 11. Abb. 9 zeigt ein Foto des realen Aufbaus. Zur elektrischen Verbindung des Funktionsgenerators mit dem Oszilloskop (Abb. 11) und dem Widerstand (Widerstandsdekade) kommen in diesem Fall Koaxialkabel zum Einsatz, die im Laufe des Praktikums noch ausführlicher behandelt werden. Diese Kabel (Abb. 10) verfügen über einen Innenleiter und einen Außenleiter, es handelt sich also um zweiadrige Kabel. Zwischen Innen- und Außenleiter befindet sich ein Isolator, der Außenleiter ist von einem Kunststoffmantel umgeben. An den Enden der Kabel befinden sich BNC-Stecker. Der innere Stift des Steckers ist mit dem Innenleiter, der äußere Metallkörper mit dem Außenleiter des Kabels verbunden. Die Stecker werden mit einem Bajonettverschluss an die zugehörigen BNC-Buchsen von Geräten wie Funktionsgenerator oder Oszilloskop angeschlossen. Um Komponenten wie z. B. Widerstandsdekaden an Koaxialkabel anschließen zu können, gibt es zwei Varianten. Entweder werden Kabel verwendet, die an einer Seite über einen BNC-Stecker und an der anderen Seite über zwei gewöhnliche Laborstecker verfügen (Abb. 9, Verbindung von FG und R), oder man benutzt ein geeignetes Adapterstück (Abb. 10). Mit Hilfe von BNC-T-Stücken (Abb. 10) kann ein Signal gleichzeitig an zwei Koaxialkabel gelegt werden (in Abb. 9 das Ausgangssignal des FG). FG Abb. 8: U~ R OS Blockschaltbild eines Funktionsgenerators FG mit Ausgangs-Wechselspannung U~, Lastwiderstand R und Oszilloskop OS zur Spannungsmessung. Mantel Außenleiter (Geflecht) Abb. 9: Realer Aufbau der Schaltung nach Abb. 8. Isolierung Innenleiter Abb. 10: Oben links: Koaxialkabel schematisch, oben rechts: Koaxialkabel mit BNC-Stecker, unten v. l. n. r.: TStück für Koaxialkabel mit BNC-Steckern, Verbindungsstück für Koaxialkabel mit BNC-Steckern, Adapterstück für den Übergang BNC-Stecker → Laborbuchse. 11 Einzelheiten zum Oszilloskop werden im Versuch „Oszilloskop und Funktionsgenerator“ behandelt. 19 Abb. 11: Frontansichten von zwei im Praktikum eingesetzten Oszilloskopen. Oben: Digital-Oszilloskop TEKTRONIX TDS 210, Unten: Digital-Oszilloskp TEKTRONIX TDS 1012B. 6 Anhang Auswahl von Schaltsymbolen nach DIN EN 60617: Spannungsquelle Widerstand Stromquelle Kondensator V Voltmeter Spule A Amperemeter Leitungskreuzung mit Verbindung Erde Leitungskreuzung ohne Verbindung Masse Anschlussbuchse 20 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Fakultät V- Institut für Physik Modul Grundpraktikum Physik – Teil I Mechanische Messwerkzeuge 1 Bügelmessschraube Eine Bügelmessschraube (Abb. 1) dient zur Messung des Außenmaßes eines Körpers mit einer Genauigkeit von 0,01 mm. Der Körper (blau in Abb. 1) wird zwischen den starren Amboss und die verschiebbare Messspindel positioniert. Die Messtrommel wird im Uhrzeigersinn gedreht, bis zwischen Messspindel und Körper noch ein kleiner Spalt besteht. Anschließend wird die Messspindel durch Drehen der Ratsche im Uhrzeigersinn weiter vorgeschoben, bis sie den Körper berührt. Die Ratsche sorgt dafür, dass die Messspindel nur mit einem definierten Drehmoment gegen den Körper gedrückt wird, um dessen Stauchung zwischen Amboss und Messspindel zu vermeiden (Prinzip des Drehmomentschlüssels). Die Ablesung des Messwertes ist in Abb. 1 erläutert 1. Abb. 1: Bügelmessschraube 2. Auf der Messhülse (Skalenstriche vertikal) wird der Messwert bis auf einen halben Millimeter genau abgelesen (untere Teilstriche: ganze Millimeter, obere Teilstriche: halbe Millimeter). Dies ist der Skalenwert, der links neben der Messtrommel gerade noch zu erkennen ist. Auf der Messtrommel (Skalenstriche horizontal) werden die hundertstel Millimeter abgelesen. Abgelesen wird der Wert, der auf der horizontalen Achse der Messhülse liegt. Gemessen wird in diesem Beispiel die Dicke des blauen Quaders. Der angezeigte Messwert beträgt 20,22 mm. 2 Messschieber Ein Messschieber (Abb. 2) dient zur Messung eines Außen-, Innen- oder Tiefenmaßes eines Körpers mit einer Genauigkeit von 0,1 mm oder 0,05 mm. Zur Messung eines Außenmaßes wird der Körper (blau in Abb. 2) zwischen den starren linken und den beweglichen rechten Außenmessschenkel gehalten und der bewegliche Schenkel soweit nach links geschoben, bis beide Schenkel den Körper berühren. Zur Messung eines Innenmaßes wird der Körper zwischen die Innenmessschenkel gehalten und der bewegliche Schenkel soweit nach rechts geschoben, bis beide Schenkel den Körper berühren. Zur Messung eines Tiefenmaßes, z.B. der Tiefe eines Bohrloches, wird der bewegliche Schenkel soweit nach rechts geschoben, bis die Tiefenmessschiene auf den Boden der Bohrung aufstößt und die Messschiene auf dem Rand der Bohrung aufliegt. Die Ablesung des Messwertes ist in Abb. 2 und Abb. 3 erläutert 3. 1 Siehe auch http://www.messmittelonline.de/Buegelmessschraube/seite1.htm 2 Abbildung nach http://www.messmittelonline.de/ Siehe auch http://www.messmittelonline.de/Messschieber/seite1.htm 3 21 Abb. 2: Messschieber2 zur Messung von Außenmaßen (Beispiel: blauer Quader), Innenmaßen und Tiefenmaßen. Auf der Messschiene werden die ganzen Millimeter abgelesen (nächster Skalenwert links neben der „0“ des Nonius, hier 75 mm). Auf dem Nonius erfolgt die Ablesung des Nachkommawertes (Abb. 3). Abb. 3: Vergrößerte Darstellung des Nonius aus Abb. 2. Im abgebildeten Modell beträgt die Messgenauigkeit 0,05 mm. Zur Ablesung des Nachkommawertes wird der Teilstrich auf dem Nonius gesucht, der mit einem Teilstrich auf der Messschiene auf einer Linie liegt. Im Beispiel ist das bei 0,75 mm der Fall. Der zusammengesetzte Messwert für den blauen Quader aus Abb. 2 beträgt demnach 75,75 mm. 22 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Fakultät V- Institut für Physik Modul Grundpraktikum Physik – Teil I Einsatz der Computer im Grundpraktikum Physik 1 Zum Umgang mit den Computern im Grundpraktikum Die Computer im Grundpraktikum können und sollen von den Studierenden für alle Aufgaben genutzt werden, die im Zusammenhang mit den Praktikumsversuchen stehen. Eine kurze Einführung in ihre Benutzung wird während des ersten Praktikumstermins gegeben. Studierenden ohne ausreichende Kenntnisse im Umgang mit Computern wird empfohlen, möglichst bald an entsprechenden Kursen teilzunehmen (Windows, Textverarbeitung (Word oder LaTeX), Tabellenkalkulation (Excel), Präsentation (Powerpoint), eine Programmiersprache). 1.1 Anmelden am Computer Die Computer im Grundpraktikum (Betriebssystem Windows 7) sind Teil (Clients) der WindowsDomäne gpr. Zur Anmeldung ist die Angabe eines Benutzernamens, des zugehörigen Passworts und die Auswahl der Domäne erforderlich. Der Benutzername ist gprnn 1, wobei „nn“ für die Nummer der Praktikumsgruppe laut Veranstaltungsverzeichnis steht (01, 02, 03, ...), also z. B. gpr01, gpr02,…. Das Passwort wird vor Ort mitgeteilt. Der Domänenname ist gpr. 1.2 Arbeitsverzeichnis auf den PCs im Praktikum und im Hochschulnetz Auf den Computern steht nach dem Anmelden das Arbeitsverzeichnis (Laufwerk) O:\ zur Verfügung. Im Windows-Explorer (Dateimanager) erscheint dieses Arbeitsverzeichnis unter dem Eintrag gprnn (\\gpr00.gpr.physik.uni-oldenburg.de\gprdaten$) (O:). Es handelt sich dabei um ein Verzeichnis auf dem Server gpr00 der Domäne gpr. Jedes 2er-Team (also z. B. Müller und Meier) legt dort bei der ersten Anmeldung sein eigenes Unterverzeichnis an. Als Verzeichnisname werden die Nachnamen gewählt, also z. B. O:\Mueller_Meier. Eigene Daten dürfen nur in diesem persönlichen Verzeichnis gespeichert werden! In diesem Verzeichnis muss im Laufe des Semesters eine Struktur mit Unterordnern angelegt werden, in denen später die Daten zu einzelnen Versuchen abgelegt werden, also: o O:\Mueller_Meier o Uebungen_Origin o Oszilloskop o Fehlerrechnung o Widerstaende o Kapazitaeten o … Vermeiden Sie Umlaute und Leerzeichen in den Namen von Ordnern und Dokumenten. Dadurch verhindern Sie, dass es zu Problemen kommt, wenn Sie auf ein anderes Betriebssystem wechseln. Alle Mitglieder einer Praktikumsgruppe „nn“ haben im gesamten Verzeichnis O:\ die Berechtigung zum Lesen und Schreiben und damit auch zum Löschen von Daten. Dauerhafte Datensicherheit kann also nicht gewährleistet werden. Um persönliche Daten dauerhaft zu sichern, sollten sie deshalb auf einem eigenen USB-Speicherstick oder in einem persönlichen Verzeichnis im Hochschulnetz gespeichert werden. Ein solches Verzeichnis wird von der Abteilung IT-Dienste 2 der Universität für alle Studierenden automatisch 1 2 Für Studierende der Umweltwissenschaften sind die Benutzernamen uwibnn (Modul Physik I) oder uwiann (Modul Phys. II). http://www.uni-oldenburg.de/itdienste/ 23 angelegt. Näheres dazu erfährt man bei der Abteilung IT-Dienste und über die Person, die die Computer im CIP-Raum 3 des Instituts für Physik betreut. 1.3 Laufwerksverknüpfungen Nach dem Anmelden an einem PC im Grundpraktikum stehen neben dem Arbeitsverzeichnis (O:) zwei weitere voreingestellte Laufwerksverknüpfungen zur Verfügung: P: Q: Lexika$ (\\gpr00.gpr.physik.uni-oldenburg.de) MatlabSkripte$ (\\gpr00.gpr.physik.uni-oldenburg.de) Unter P: finden sich Lexika und Handbücher, die durch Klick auf die Dateien index.html oder start.htm oder start.bat geöffnet werden können. Eine Liste der verfügbaren Lexika und Handbücher ist unter http://www.uni-oldenburg.de/physik/lehre/praktika/literatur/ zu finden. Unter Q: sind Matlab-Skripte abgelegt, die im Laufe des Praktikums benötigt werden. Einzelheiten dazu sind den entsprechenden Versuchsanleitungen zu entnehmen. 1.4 Drucker im Praktikum Im Grundpraktikum steht ein Netzwerkdrucker (HP LaserJet 4300 PS, schwarz/weiß) zur Verfügung. Der Drucker kann zum Ausdruck der Dokumente genutzt werden, die im Rahmen des Grundpraktikums erstellt werden. 1.5 Verbindung mit O: vom CIP-Raum aus Wenn von einem PC im CIP-Raum aus auf das Arbeitsverzeichnis O: im Grundpraktikum zugegriffen werden soll, muss dort beim ersten Mal eine Laufwerksverknüpfung zu O: hergestellt werden. Dazu wie folgt vorgehen (hier exemplarisch beschrieben für den Benutzernamen gpr01): Rechter Mausklick auf Start → Windows Explorer → Extras (obere Menüleiste 4) → Netzwerklaufwerk verbinden. Alternativ: Rechtsklick auf → Computer → Netzwerklaufwerk verbinden. Im erscheinenden Fenster eintragen: o o o o o o 1.6 Laufwerk: O: Pfad: \\gpr00.gpr.physik.uni-oldenburg.de\gprdaten$\gpr01 Haken setzen unter „Verbindung bei Anmeldung wieder herstellen“ Haken setzen unter „Verbindung mit anderen Anmeldeinformationen herstellen“ Fertig stellen Benutzername: gpr\gpr01 Passwort: s. 1.1. Haken setzen unter „Anmeldedaten speichern“ Verbindung mit dem Drucker im Praktikum vom CIP-Raum aus Um vom CIP-Raum aus den Drucker im Praktikum nutzen zu können, muss er am CIP-Arbeitsplatz einmal der Druckerliste hinzugefügt werden. Dazu sind folgende Schritte nötig (hier exemplarisch für den Nutzer gpr01): o o o o o 3 4 Start → Geräte und Drucker Drucker hinzufügen Einen Netzwerkdrucker … hinzufügen Klick auf „Der gesuchte Drucker ist nicht aufgeführt“ Haken setzen bei „Freigegebene Drucker über den Namen auswählen“ Im CIP-Raum des Instituts für Physik (W2 2-249) stehen den Studierenden mehrere Computer zur Verfügung. Einzelheiten dazu unter http://www.uni-oldenburg.de/physik/cip/. Sollte die Menüzeile nicht sichtbar sein: → Organisieren → Layout → Menüleiste. 24 o o 1.7 Im Feld eintragen: \\gpr00.gpr.physik.uni-oldenburg.de\HP LaserJet 4300 PS (drei Leerzeichen im Druckernamen beachten!) Benutzername: gpr\gpr01 Passwort: s. 1.1. Schutz vor Computer-Viren Die Studierenden im Grundpraktikum können für die Sicherung ihrer eigenen Daten USB-Speichersticks verwenden. Dabei ist sicherzustellen, dass keine Computer-Viren auf die PCs übertragen werden. Im Zweifelsfall muss der Datenträger vor Verwendung mit der Antivirensoftware Sophos überprüft werden. 2 Auswahl der zur Verfügung stehenden Software Neben den Windows-Standardprogrammen sind übliche Programme zur Textverarbeitung (Word), zur Tabellenkalkulation (Excel), zur Präsentation (Powerpoint) und Internetbrowser (Firefox) auf den Computern im Grundpraktikum verfügbar. Darüber hinaus stehen die Programme Origin und Matlab zur Verfügung. Sie sind für die Datenaufnahme, Datenanalyse und Datenvisualisierung sowie für allgemeine Funktionsberechnungen und Darstellungen von Funktionsgraphen besonders geeignet und im technisch-wissenschaftlichen Bereich weit verbreitet. Beide Programme sind auch auf den Computern im CIPRaum des Instituts für Physik verfügbar. Eine Nutzung auf dem eigenen PC ist ebenfalls möglich. Informationen dazu finden sich hier: http://www.uni-oldenburg.de/physik/lehre/praktika/origin/ (Origin) http://www.uni-oldenburg.de/physik/lehre/praktika/matlab/ (Matlab). Die folgenden Kurzanleitungen können und sollen keine Handbücher ersetzen, sondern lediglich Einstiegshinweise geben, die für die Lösung der jeweiligen exemplarischen Aufgaben ausreichend sind. Weitere Hinweise werden vor Ort gegeben. Bei den folgenden Beschreibungen wird vorausgesetzt, dass grundlegende Kenntnisse im Umgang mit Windows-Programmen vorhanden sind. 3 Origin Das Programm Origin (Version 2016) wird im Praktikum eingesetzt, um Messdaten in Tabellen einzugeben, Berechnungen mit den Daten durchzuführen, grafische Darstellungen der Daten zu erzeugen, Parameter von Ausgleichsgeraden durch Messwerte zu berechnen (lineare Regression) und nichtlineare Funktionsfits durchzuführen. Die in Kap. 3.3.3 beschriebenen Punkte werden erst im späteren Verlauf des Praktikums benötigt. Es wird daher empfohlen, zu gegebener Zeit erneut einen Blick in diesen Text zu werfen. 5 3.1 Start von Origin, Grundeinstellungen Nach dem Start von Origin erscheint eine Bildschirmoberfläche ähnlich wie in Abb. 1 dargestellt. Die Anzahl und die Position geöffneter Fenster und Symbolleisten hängen von den persönlichen Einstellungen ab. Über → Ansicht bzw. → Ansicht → Symbolleisten lassen sich die Einstellungen den individuellen Bedürfnissen anpassen. 6 5 6 Weitere Unterlagen zu Origin (Getting Started, Tutorials, Help,…) finden sich im Download-Bereich der Seite http://www.originlab.com/. Die Lage einer Symbolleiste (oben, unten, seitlich) kann, wie bei Windows-Programmen üblich, verändert werden, indem die Symbolleiste bei gedrückter linker Maustaste an die gewünschte Position gezogen wird. 25 In dem Startfenster erscheint, ähnlich wie beim Programm EXCEL, ein Fenster mit einem leeren Arbeitsblatt (Sheet1) einer Arbeitsmappe (Book1). In dieses Arbeitsblatt werden die Messdaten eingetragen, aus denen anschließend Diagramme erzeugt werden. Möglicherweise werden später weitere Arbeitsblätter und Diagramme, Notizen, Berechnungen usw. ergänzt. All diese Daten werden von Origin zu einem Projekt zusammengefasst, das als Ganzes in einer Datei mit der Endung .opj (origin project) abgespeichert wird: → Datei → Projekt speichern. Das in Abb. 1 unten dargestellte Fenster des Projekt-Explorers enthält eine Übersicht aller zu einem Projekt gehörenden Daten. Es lässt sich wie folgt sichtbar machen: → Ansicht → Projekt Explorer Die Lage und Größe des Fensters kann wie üblich eingestellt werden. Über das Menü → Hilfe → Sprache ändern → Help → Change Language bzw. kann zwischen der deutschen und englischen Sprachversion von Origin umgeschaltet werden. Abb. 1: Ausschnitt der Bildschirmoberfläche nach dem Starten des Programms Origin(Version 2016). 3.2 Einstellung des Dezimalzeichens Version 2016 von Origin erlaubt die Umschaltung zwischen einer deutschen und englischen Sprachversion. Dadurch kann es zu Mehrdeutigkeiten bei der Interpretation des Dezimaltrennzeichens (Dezimalkomma bzw. Dezimalpunkt) kommen, die u.U. zu scheinbar unerklärlichen Fehlern führen. Um solche 26 Probleme zu vermeiden, dürfen bei Verwendung von Origin nicht die Regions- und Sprachoptionen aus Windows übernommen werden, sondern es muss explizit der Dezimalpunkt als Trennzeichen eingestellt werden. Diese Einstellung erfolgt gem. Abb. 2 über → Hilfsmittel → Optionen → Zahlenformat → Trennzeichen→ 1,000.0 Trennzeichen für ASCII-Import→ 1,000.0 Der Punkt in der Angabe 1,000.0 ist das Dezimaltrennzeichen, das Komma nur eine visuelle Hilfe zur Hervorhebung von Tausender-Blöcken (englische Notation). Abb. 2: 3.3 Einstellung des Dezimalpunktes als Dezimaltrennzeichen. Beispielaufgaben Kap. 3.3.3 widmet sich der linearen Regression. Es kann zunächst übersprungen werden. Es wird bei der Behandlung der „Fehler- und Ausgleichsrechnung“ benötigt. 3.3.1 Grafische Darstellung von Messdaten Ziel: Eingabe von X-Werten (X), einem dazugehörigen Satz von Y-Werten (Y1), Fehlern zu diesen Y1-Werten (FY1) und einem zweiten Satz von Y-Werten (Y2) zu denselben X-Werten. Anschließend grafische Darstellung dieser Werte inkl. Fehlerbalken für die Y1-Werte. (1) (2) (3) 7 Nach dem Start von Origin erscheint die Oberfläche eines neuen Projektes (Abb. 1). Auf der Projektoberfläche ist ein Arbeitsblatt (Worksheet) der Arbeitsmappe Book1 geöffnet, in das die Daten eingegeben werden können (analog zu einer Excel-Tabelle). Statt manueller Eingabe in das Arbeitsblatt können Daten auch aus Dateien mit fremden Formaten (Excel, ASCII,...) importiert oder per cut&paste eingefügt werden. Die Arbeitsblatt-Tabelle hat zunächst 2 Spalten 7: A(X) und B(Y), wobei A und B die Bezeichnungen der Spalten sind und die Buchstaben in Klammern angeben, ob es sich um Abszissen-Werte (X) oder Ordinaten-Werte (Y) handelt. Weitere Spalten für die Fehlerangabe zu Y (FY1) und den zweiten Datensatz mit Y-Werten (Y2) erhält man durch: → Spalte → Spalten hinzufügen. englisch column, in Origin abgekürzt mit col. 27 (4) Die Dateneingabe erfolgt unter Verwendung des Dezimalpunktes (s. Kap. 3.2). In den gelb unterlegten Zellen der Zeile Langname wird die Beschriftung für die Daten der jeweiligen Spalte eingetragen. Abb. 3 (links) zeigt das Arbeitsblatt nach Eintrag der Daten. Abb. 3: (5) Origin-Arbeitsblatt in der Arbeitsmappe Book1 nach Eintrag der Daten (links) und nach Festlegung des Datentyps in den Spalten (rechts). Zur Erstellung eines Diagramms aus den eingegebenen Daten ist festzulegen, welche Spalte welchen Datentyp enthält. Dazu jeweils die gesamte Spalte markieren (Mausklick auf den Kopf der Spalte), dann rechter Mausklick, danach → Setzen Als. Zur Auswahl stehen: → → → → Als X setzen Als Y setzen Y-Fehlerbalken X-Fehlerbalken. Durch diese Festlegung ändert sich die Spaltenbeschriftung gem. Abb. 3 (rechts): C(yEr±) 8 bedeutet z. B., dass in Spalte C Y-Fehlerwerte stehen. (6) Anschließend die Spalten mit den zu zeichnenden Daten markieren. Da hier alle Daten gezeichnet werden sollen, müssen alle Spalten markiert werden. Danach → Zeichnen → Symbol → Punktdiagramm. Durch Wahl von Punktdiagramm werden nur Datenpunkte gezeichnet, ohne Verbindungslinien, die in der Regel physikalisch unsinnig sind. (7) Das Diagramm wird in ein neues Fenster (Graph1) gezeichnet, das damit zum aktiven Fenster wird. Dadurch ergeben sich z.T. andere Einstellungen in der Hauptmenüleiste (Abb. 4), als wenn das Arbeitsblatt das aktive Fenster ist (Abb. 1). (8) Die Symbole für die Datenpunkte lassen sich nach Doppelklick auf die Symbole ändern. Im sich öffnenden Fenster muss zunächst unter → Gruppe → Modus Bearbeiten der Wert Unabhängig eingestellt werden. Danach können unter → Symbole diverse Eigenschaften (Größe, Form, Farbe) für die einzelnen Datensätze unabhängig voneinander eingestellt werden. Es wird empfohlen, möglichst offene statt gefüllter Symbole zu verwenden, da dadurch z. B. kleine Fehlerbalken besser erkannt werden können. (9) Alle Textfenster in einem Diagramm sind nach Anklicken frei verschiebbar. (10) Die Achsenbeschriftung, die Achsenskalierung, die Art der Achse (linear, logarithmisch, ...), Gitterlinien usw. lassen sich über ein Fenster einstellen, das sich nach einem Doppelklick auf die entsprechende Achse öffnet. (11) Funktionsgraphen können einem Diagramm wie folgt hinzugefügt werden: Klick auf das Diagrammfenster, das dadurch zum aktiven Fenster wird. Dann → Grafik → Funktionsgraph hinzufügen. Im sich öffnenden Fenster kann die Funktion eingeben werden. 8 „Er“ von „error“ (Fehler). 28 Abb. 4: Origin-Fenster nach Zeichnen eines Diagramms (Graph1). Die Fehler zu den Y1-Werten (schwarze Kreise) werden als Fehlerbalken (rote Linien) dargestellt. 3.3.2 Berechnungen mit Tabellendaten Berechnungen mit den eingegebenen Daten können wie folgt durchgeführt werden: Arbeitsblatt durch Anklicken zum aktiven Fenster machen, dann eine leere Spalte (in den folgenden Beispielen E, F oder G) markieren, anschließend → Spalte → Spaltenwerte errechnen In das nun erscheinende obere Textfenster (Abb. 5 links) wird die gewünschte Rechenoperation eingetragen. 1. Beispiel: In Spalte E soll das (elementweise) Produkt der Spalten A und B erscheinen. In das Textfenster trägt man demnach col(A)*col(B) ein (Abb. 5 links), anschließend → OK. Abb. 5: Textfenster zum Eintrag von Rechenoperationen (links) und zusätzliches Skriptfenster (rechts, unten) zur Definition von Parametern. 29 Häufig müssen Berechnungen durchgeführt werden, bei denen neben den Zahlenwerten aus einzelnen Spalten auch Zahlenwerte physikalischer Größen wie z.B. die Erdbeschleunigung g, ein Widerstand R, eine Kapazität C usw. benötigt werden. Dann ist es praktisch, wenn diese Zahlenwerte einmal definiert (festgelegt) werden können und für alle späteren Berechnungen innerhalb desselben Projektes zur Verfügung stehen. Solche Definitionen können in einem Skriptfenster vorgenommen werden. Dazu wird dieses Fenster zunächst durch Klick auf den nach unten gerichteten Doppelpfeil (Abb. 5 links, unten rechts) sichtbar gemacht. Danach trägt man im unteren Skriptfenster (Abb. 5 rechts) die gewünschten Definitionen ein. Jede Definition wird mit einem Semikolon und der Eingabetaste abgeschlossen. Dazu folgendes Beispiel: 2. Beispiel: In Spalte F soll die Differenz aus dem Produkt der Spalten A und B, dividiert durch Spalte C, und der Erdbeschleunigung g erscheinen, die im Skriptfenster mit g=9.8133 definiert wird. Der Eintrag im Textfenster muss dann lauten: col(A)*col(B)/col(C) - g, → OK. 3. Beispiel: In Spalte G soll der Sinus von der Differenz der Werte in den Spalten B und A erscheinen. Der Eintrag im Textfenster muss dann lauten: sin(col(B)-col(A)), → OK. 3.3.3 Lineare Regression Eine lineare Regression („linearer Fit“), d. h. die Berechnung einer Ausgleichsgeraden y = a + bx durch Datenpunkte, die in einem Diagramm dargestellt wurden, wird wie folgt durchgeführt: Klick auf das Diagrammfenster, das dadurch zum aktiven Fenster wird. Anschließend Klick auf einen Datenpunkt, der zu dem Datensatz gehört, für den eine Ausgleichsgerade berechnet werden soll (hier ein Punkt aus dem Datensatz (X,Y1)). Danach → Analyse → Anpassen → Linearer Fit 9. Es öffnet sich ein Fenster Lineare Anpassung, in dem eine Vielzahl von Parametern eingestellt werden kann. Nur die Wichtigsten werden hier erwähnt: (1) Der Wert im Fenster Neu berechnen sollte auf Auto gesetzt werden. Dadurch erfolgt eine automatische Neuberechnung aller Parameter der linearen Regression nach Änderung von Daten. (2) Im Feld Fit Steuerung → Fehler als Gewichtung → Keine Gewichtung (vorerst). (3) Für eine Berechnung der Steigung b und des Ordinatenabschnitts a der Ausgleichsgeraden im Feld Fit Steuerung keine Haken setzen. Hinweis: Für eine Berechnung nur der Steigung b der Ausgleichsgeraden (wenn der Ordinatenabschnitt a fest vorgegeben ist): Haken bei Fester Schnittpunkt mit der Y-Achse setzen, Ordinatenabschnitt a festlegen. Für eine Berechnung nur des Ordinatenabschnitts a der Ausgleichsgeraden (wenn also die Steigung der Geraden fest vorgegeben ist): Haken bei Feste Steigung setzen, Steigungswert b festlegen. (4) Im Feld Angepasstes Kurvendiagramm unter → X-Datentyp → Bereich die Einstellung Ausweiten auf gesamten Achsenbereich wählen. Die übrigen Einstellungen können beibehalten werden. (5) Nach Klick auf OK wird der lineare Fit durchgeführt. Im Diagrammfenster erscheinen die Ausgleichsgerade und eine Tabelle mit den Ergebnissen des linearen Fits (Abb. 6). Nach Doppelklick auf die Tabelle kann sie, wie üblich, den eigenen Bedürfnissen angepasst werden. 9 Wenn bereits einmal ein linearer Fit durchgeführt wurde, muss gewählt werden, ob alte Einstellungen übernommen werden sollen, oder ob ein neues Dialogfenster geöffnet werden soll. 30 Abb. 6: Origin-Diagrammfenster nach Durchführung eines linearen Fits durch die X/Y1-Wertepaare. (6) Nach Durchführung des linearen Fits werden in der Arbeitsmappe Book1 automatisch zwei weitere Arbeitsblätter ergänzt, in denen die Ergebnisse des linearen Fits (Blatt FitLinear1) und eine Wertetabelle zu der Ausgleichsgeraden (Blatt FitLinearCurves1) ausgegeben werden (Abb. 7). Abb. 7: Origin-Arbeitsmappe nach Durchführung eines linearen Fits. (7) Neben den Größen a und/oder b werden im Ergebnisfenster die Zahl N der für den Fit benutzten Datenpunkte (Wertepaare) und der Korrelationskoeffizient R ausgegeben. Die übrigen Parameter sind im Grundpraktikum vorerst unbedeutend. Andere Verfahren zur Berechnung von Ausgleichskurven („Fit“) durch Datenpunkte, z. B. nichtlineare Funktionsfits, wie sie unter → Analyse → Anpassen zur Verfügung stehen, werden im Grundpraktikum erst später benötigt. Auf sie wird zu gegebener Zeit eingegangen. 31 3.3.4 Lineare Regression in logarithmischen Diagrammen Durch Logarithmierung lassen sich bestimmte nichtlineare Zusammenhänge linearisieren. Beispielsweise wird aus dem Exponentialzusammenhang y = a eb x durch Anwendung des natürlichen Logarithmus (Basis e) ln= y ln a + b x Trägt man also in einem halblogarithmischen Diagramm y über x auf (Ordinate logarithmisch), so ergibt sich eine lineare Darstellung: eine Gerade mit der Steigung b und dem Ordinatenabschnitt ln a. Ebenso wird aus dem Potenzgesetz y = a xb durch Logarithmieren (Basis 10) log = y log a + b log x Trägt man demnach in einem doppeltlogarithmischen Diagramm y über x auf (Ordinate und Abszisse logarithmisch), so ergibt sich ebenfalls eine lineare Darstellung: eine Gerade mit der Steigung b und dem Ordinatenabschnitt log a. Für eine lineare Regression durch derart linearisierte Daten muss unter → Analyse → Anpassen → Linearer Fit unter Fit Optionen der Haken bei Scheinbarer Fit gesetzt werden. Der Fit erfolgt dann durch die linearisierten Daten, wie sie im Diagramm erscheinen. 4 Matlab Das Programm Matlab wird im Praktikum eingesetzt, um Zahlenwerte mathematischer Funktionen zu berechnen und grafisch darzustellen, Berechnungen mit vektoriellen Größen durchzuführen (z. B. beim Versuch „Impuls- und Energieerhaltungssatz“) und Messdaten über geeignete Hardware in den Computer einzulesen und darzustellen. Dies stellt nur einen sehr bescheidenen Ausschnitt der vielfältigen Möglichkeiten dar, die Matlab bietet, der für die Arbeit im Grundpraktikum jedoch zunächst ausreichend ist. 10 Die folgenden Bemerkungen sind wichtig, um die Lösung der Aufgabe aus Kap. 4.1 verstehen zu können. Matlab steht für matrix laboratory. Damit wird deutlich, dass Matlab ein Werkzeug zur Rechnung mit Matrizen (zur Matrizenalgebra) ist. Eine Matrix besteht aus m × n Zahlen, die in einem zweidimensionalen Schema mit m Zeilen und n Spalten angeordnet sind; man spricht auch von einer (m,n) Matrix (Abb. 8). Im einfachsten Fall ist m = n = 1, die Matrix enthält dann nur ein Element und stellt somit nur eine einzelne Zahl (einen Skalar) dar. Im nächst einfachen Fall enthält die Matrix nur eine Zeile oder nur eine Spalte, sie stellt dann einen Zeilen- oder Spaltenvektor dar. 10 Eine Kurzanleitung für Matlab („Primer“) ist zu finden unter: http://www.mathworks.com/access/helpdesk/help/pdf_doc/matlab/getstart.pdf 32 a Abb. 8: a b c a b c a b c d e f g h i V. l. n. r: schematische Darstellung von Skalar, Zeilenvektor mit 3 Komponenten, Spaltenvektor mit 3 Komponenten, Matrix mit 3 × 3 Elementen. In einer Programmiersprache stellen üblicherweise z. B. A und B zwei Variablen dar, die jeweils eine Zahl repräsentieren und deren Produkt C = A × B eine neue Zahl C ergibt. In Matlab dagegen stellen die Variablen A und B im Allgemeinen Matrizen dar, deren Produkt A × B eine neue Matrix C ergibt. Sollen demnach z. B. zwei Zeilenvektoren A = [1 2 3] und B = [4 5 6] elementweise miteinander multipliziert werden, um den Zeilenvektor C = [1×4 2×5 3×6] zu erzeugen, so darf man in Matlab nicht schreiben C = A × B. Das ergäbe nach den Gesetzen der Matrizenalgebra auch keinen Sinn, denn es lassen sich nur Matrizen miteinander multiplizieren, bei denen die Spaltenzahl der ersten Matrix mit der Zeilenzahl der zweiten identisch ist. Für eine elementweise Multiplikation muss man vielmehr schreiben: C = A . × B. Aus dem Operator „ד wird also der Operator „ . ד, wenn elementweise Multiplikation gemeint ist, die im genannten Beispiel zu dem Ergebnis C = [4 10 18] führt. Analog dazu gibt es die Operatoren für die elementweise Division („ ./“) und das elementweise Potenzieren („ .^“). Dazu ein einfaches Beispiel. Für die x-Werte 1, 2, 3, 4 sollen die Funktionen = y1 sin( = x) und y2 x sin( x) berechnet werden. Dazu schreibt man die x-Werte zunächst in einen Zeilenvektor x. In Matlab-Syntax lautet der entsprechende Befehl: x = [1, 2, 3, 4] Mit Hilfe von y1 = sin(x) wird aus dem Zeilenvektor x der Zeilenvektor y1 berechnet, der vier Funktionswerte für die vier x-Werte enthält: y1 = 0.8415 0.9093 0.1411 -0.7568 Für die Berechnung der Funktion y2 schreibt man: y2 = x .* y1 oder direkt y2 = x .* sin(x) Der Punkt vor dem Multiplikationszeichen (*) sorgt dafür, dass eine elementweise Multiplikation der Zeilenvektoren x und y1 bzw. x und sin(x) stattfindet und das Ergebnis einen neuen Zeilenvektor y2 mit ebenfalls vier Elementen ergibt: y2 = 0.8415 1.8186 0.4234 -3.0272 Alles Weitere im Umgang mit Matlab ist „learning by doing“, wie aus der Lösung der folgenden Aufgabe hoffentlich deutlich wird. 4.1 Exemplarische Aufgabe Zeichnen Sie ein Spannungssignal U als Funktion der Zeit t, das eine gedämpfte harmonische Schwingung darstellt: (1)= U (t ) U 0 sin (ω t + ϕ ) e −α t 33 mit der Amplitude U0 = 2 V, der Kreisfrequenz ω = 2π f, der Frequenz f = 0,5 Hz, der Anfangsphase ϕ = π/5 und der Dämpfungskonstanten α = 1/(4T ) (T = 2π/ω ist die Periodendauer der Schwingung) im Zeitbereich zwischen t = 0 s und t = 15 s. 4.2 (1) (2) (3) (4) (5) Hinweise zur Lösung Starten des Programms durch Doppelklick auf das Matlab-Icon. Nach dem Start erscheint ein Fenster gem. Abb. 9. Sollte das Startfenster anders aussehen, kann es durch → Layout → Default in die Form aus Abb. 9 gebracht werden. Das Fenster enthält in der Mitte das „Command Window“, in das Matlab-Befehle direkt eingegeben werden können. Rechts oben erscheint das Fenster „Workspace“, in dem alle benutzen Variablen aufgelistet werden. In dem darunter liegenden Fenster „Command History“ erscheinen alle Befehle, die in das „Command Windows“ eingegeben wurden. Das linke Fenster „Current Folder“ zeigt den Inhalt des aktuellen Arbeitsverzeichnisses an, das in der Pfad-Zeile ausgewählt wurde. Statt Matlab-Befehle direkt in das „Command Window“ einzugeben, ist es praktischer, sie zunächst in eine Textdatei, das so genannte „m-File“ (oder „Matlab-Script-File“, Endung „.m“) zu schreiben. Durch → New Script öffnet sich das Fenster des Matlab Editors, in das die Befehle zur Lösung der Aufgabe eingetragen werden können. Abb. 10 zeigt das Editor-Fenster mit diesen Befehlen und zusätzlichen Kommentaren. Nach Ende der Eingabe erfolgt ein Klick auf das Symbol (Save and Run) in der "Toolbar-Zeile" des Editor-Fensters. Das m-File wird dadurch zunächst unter einem einzugebenden Namen, z. B. O:\Mueller_Meier\Uebungen_Matlab\Gedaempfte_Schwingung.m gespeichert. Anschließend werden die Befehle aus dem Script-File Gedaempfte_Schwingung.m nacheinander ausgeführt. In diesem Beispiel wird die gesuchte Funktion berechnet und in einem separaten Fenster „Figure 1“ grafisch dargestellt (Abb. 11). Abb. 9: Bildschirmoberfläche nach Starten des Programms Matlab. 34 Abb. 10: Matlab Editor Fenster mit Befehlen für das Berechnen und Zeichnen der Funktion aus Gl. (1). Abb. 11: Grafische Darstellung der Funktion aus Gl. (1) im „Figure“ Fenster. Auf die kursive Darstellung der physikalischen Größen U und t wird in diesem Beispiel verzichtet. 35 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Fakultät V- Institut für Physik Modul Grundpraktikum Physik – Teil I Fehler- und Ausgleichsrechnung Stichworte: Messgröße, Messwert, Messergebnis, Messunsicherheit, systematische und zufällige Fehler, absolute und relative Fehler, Häufigkeitsverteilung, Dichtefunktion, Gaußkurve, Mittelwert, Standardabweichung, Varianz, mittlerer quadratischer Fehler, Größtfehler, Fehlerfortpflanzungsgesetz, lineare Regression. Literatur: /1/ BIPM 1: „Evaluation of measurement data — Guide to the expression of uncertainty in measurement” (GUM), 2008 http://www.bipm.org/utils/common/documents/jcgm/JCGM_100_2008_E.pdf /2/ DIN 1319-3 2: „Grundlagen der Messtechnik - Teil 3: Auswertung von Messungen einer einzelnen Messgröße, Messunsicherheit“, 1996 /3/ DIN 1319-4: „Grundlagen der Messtechnik - Teil 4: Auswertung von Messungen, Messunsicherheit“, 1999 /4/ NIST 3 Technical Note 1297: „Guidelines for Evaluating and Expressing the Uncertainty of NIST Measurement Results”, 1994 (http://physics.nist.gov/Pubs/guidelines/TN1297/tn1297s.pdf) /5/ TAYLOR, J. R.: „Fehleranalyse“, VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim /6/ YOUNG, H. D.: „Statistical Treatment of Experimental Data“, McGraw-Hill, New York u.a. 1 Einleitung In einem Hörsaal wird ein Experiment zur Bestimmung der Erdbeschleunigung g durchgeführt. Eine Kugel wird in einem Magnethalter gehalten. Nach dem Einschalten des Magneten fällt die Kugel und trifft auf eine Plattform. Für das Durchfallen der Strecke s benötigt sie die Zeit t. Durch Messung der Messgrößen s und t lässt sich die Messgröße g bestimmen: (1) g= 2s t2 Die Apparatur sei so gebaut, dass beim Loslassen der Kugel und beim Auftreffen auf die Plattform jeweils ein Lichtblitz ausgelöst wird. Der Zeit t zwischen den beiden Lichtblitzen wird von den Studierenden im Hörsaal mit einer Stoppuhr gemessen. Niemand wird erwarten, dass alle die gleiche Zeit messen. Die einzelnen Messwerte werden voneinander abweichen. Das liegt zum einen an der individuellen Reaktionsfähigkeit der Studierenden, zum anderen an Gang- oder Kalibrierunterschieden zwischen den einzelnen Stoppuhren. Ebenso kommt es zu unterschiedlichen Messwerten, wenn mehrere Personen die Strecke s messen, denn das Anlegen und Ablesen des Maßstabs wird individuell unterschiedlich sein. Hinzu kommt, dass der Maßstab selbst nur eine begrenzte Kalibriergenauigkeit aufweist. Daraus ergeben sich folgende Fragen: (1) (2) (3) Welche Werte sollen für s und t zur Berechnung von g in Gl. (1) eingesetzt werden? Wie berücksichtigt man die Tatsache, dass die einzelnen Messwerte für s und t voneinander abweichen und dass die Messgeräte nur über eine begrenzte Genauigkeit verfügen? Wie verlässlich ist der Wert für g, den man aus den Messwerten errechnet? Die Antworten auf diese Fragen lauten: 1 2 3 BIPM: Bureau International des Poids et Mesures DIN: Deutsches Institut für Normung e.V. NIST: National Institute of Standards and Technology des United States Department of Commerce - Technology Administration. 36 Zu (1): Aus den einzelnen Messwerten muss nach festgelegten Regeln jeweils ein Messergebnis für s und t ausgerechnet werden. Die Messergebnisse für s und t werden in Gl. (1) eingesetzt und liefern ein Messergebnis für g. Zu (2): Zu den Messergebnissen für s und t müssen nach festgelegten Regeln Messunsicherheiten ausgerechnet werden. Diese Messunsicherheiten liefern ein statistisches Maß für die Abweichungen der einzelnen Messwerte voneinander. Sie sind so bemessen, dass eine weitere Messung von s oder t mit einer definierten Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis liefert, das jeweils innerhalb des Intervalls Messergebnis ± Messunsicherheit liegt. Zu (3): Aus den Messergebnissen und Messunsicherheiten für s und t muss nach festgelegten Regeln eine Messunsicherheit für g ausgerechnet werden. Eine weitere Messung von g nach dem gleichen Messverfahren wird dann mit einer definierten Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis liefern, das innerhalb des Intervalls Messergebnis ± Messunsicherheit liegt. Beide Größen zusammen bilden schließlich das vollständige Messergebnis für die Messung der Größe g. Die oben erwähnten Regeln haben internationale Gültigkeit. Sie sind für alle denkbaren Anwendungen in etlichen Normen und Anleitungen sehr ausführlich beschrieben (siehe z.B. /1/ - /4/). Darüber hinaus gibt es eine Reihe von umfangreichen Büchern, die sich diesem Thema widmen (z.B. /5/und /6/). Es würde den Rahmen dieser Anleitung sprengen, wenn diese Regeln hier im Detail wieder gegeben würden. Wir werden uns deshalb darauf beschränken, einige Grundlagen darzustellen und das Handwerkszeug bereitzustellen, das im Praktikum für die Berechnung von Messergebnissen und Messunsicherheiten benötigt wird. 2 Direkte und indirekte Messung Im betrachteten Beispiel lassen sich die Messgrößen s und t direkt messen, nämlich mit einem Maßstab und einer Stoppuhr. Man spricht in einem solchen Fall von einem direkten Messverfahren. Die Messgröße g wird in dem Beispiel indirekt gemessen, nämlich über den Umweg der Messung von s und t, aus deren Messergebnissen ein Messergebnis für g gewonnen wird. In einem solchen Fall spricht man von einem indirekten Messverfahren. 3 Hinweis zur Nomenklatur Nach /2/ soll im Kontext der Messung einer Messgröße von Messergebnis und Messunsicherheit gesprochen werden. Im physikalischen Alltag hat sich dies jedoch bislang wenig durchgesetzt. Vielmehr wird statt des Begriffs Messunsicherheit vielfach der Begriff Fehler verwendet. Deshalb ist auch eher von Fehlerrechnung die Rede, als von Berechnung von Messunsicherheiten. Oder von Fehlerbalken statt von Balken der Messunsicherheit. Wir werden in diesem Text beide Begriffe, Fehler und Messunsicherheit, verwenden. 4 Mögliche Fehlerarten 4.1 Systematische Fehler Systematische Fehler entstehen bei einer Messung z.B. durch unvollkommene Messgeräte, durch unvermeidbare Umwelteinflüsse auf die Messung oder auch durch Wahl eines ungeeigneten Messverfahrens. Wir wollen dies an einigen Beispielen aus dem Praktikum verdeutlichen: (1) Unvollkommene Messgeräte: Hierzu zählen z.B. ein Oszilloskop mit dejustierter Zeitablenkeinheit, ein Vielfachmessgerät mit Nullpunktfehler, eine dejustierte elektronische Waage, usw. Das Unangenehme an diesen Mängeln ist, dass man sie zum Teil während der Messung nicht erkennt. Im Gegenteil: der abgelesene Messwert (z.B. 27,5 µs, 147 Ω, 5,389 g) täuscht die Genauigkeit vor, die man von Geräten dieses Typs erwartet. Es besteht also eigentlich kein Grund, das Ergebnis zu bezweifeln. (2) Einfluss der Umwelt: Ein Beispiel dafür ist die Temperaturabhängigkeit von Messgeräten. In der Regel sind diese Abhängigkeiten quantitativ bekannt. Man kann sie dann den Gerätehandbüchern entnehmen und bei der Auswertung der Messung berücksichtigen. 37 (3) Ungeeignete Messverfahren: Wenn man die Masse eines Magneten mit einer elektronischen Waage bestimmen will, merkt man schnell, dass das Messergebnis offensichtlich unsinnig ist. Da das Magnetfeld auf die Mechanik der Waage einwirkt, ist das Messverfahren ungeeignet; man muss eine andere Waage benutzen. Erheblich schwieriger ist es beispielsweise zu beurteilen, ob der innerhalb einer elektrischen Schaltung gemessene Strom in unzulässiger Weise durch die Beschaltung und den Innenwiderstand des Messgeräts beeinflusst wird. Hier sieht man dem Messergebnis nicht auf den ersten Blick an, ob es „richtig“ oder „falsch“ ist. Man kann sich also i.Allg. nicht darauf verlassen, dass man schon merkt, wenn man das falsche Messverfahren einsetzt. Vielmehr muss bereits bei der Planung des Experiments gründlich überlegt werden, welches Messverfahren geeignet ist. Systematische Fehler lassen sich niemals völlig ausschließen. Sie beeinflussen das Messergebnis in einer ganz bestimmten Art und Weise - hinter den Fehlern steckt „System“. Das bedeutet insbesondere, dass man den Einfluss dieser Fehler auf das Messergebnis auch durch häufige Wiederholung der Messung nicht verringern kann. Ist jedoch das Ausmaß des systematischen Fehlers bekannt (z.B. der Nullpunktfehler eines Ohmmeters, der Temperaturgang eines Verstärkers oder der Kalibrierfehler eines Drucksensors), kann man ihn bei der Angabe des Messergebnisses berücksichtigen. 4.2 Zufällige Fehler Zufällige Fehler beeinflussen das Ergebnis einer Messung auf eine unvorhersehbare und unkontrollierbare, eben auf rein zufällige Art und Weise. Ursachen für zufällige Fehler, wie sie im Praktikum auftreten, können z.B. sein: (1) Die Zufälligkeit, mit der ein Naturprozess abläuft, wie z.B. der radioaktive Zerfall oder die Emission von Photonen aus einer Lichtquelle. Sie führt z.B. dazu, dass die während einer Messzeit t gemessene Anzahl von Ereignissen zufällig schwankt. (2) Die Stoppuhr, die je nach Reaktionszeit mal zu früh, mal zu spät gedrückt wird. (3) Der Maßstab oder der Messschieber, an dem mal ein zu großer, mal ein zu kleiner Wert abgelesen wird. (4) Das elektronische Rauschen eines Messverstärkers, das zu Schwankungen der Ausgangsspannung führt. Zufällige Fehler führen immer dazu, dass das Messergebnis mal in der einen, mal in der anderen Richtung vom „wahren“ Wert abweicht (zum Begriff des „wahren“ Wertes siehe Kap. 5). Wird die Messung mehrmals wiederholt, halten sich die Abweichungen in beiden Richtungen die Waage. Wäre das nicht der Fall, so wären die beobachteten Fehler nicht rein zufällig. Die Konsequenzen aus dieser Aussage lassen sich so zusammenfassen: liegen keine Erfahrungen mit einem bestimmten Messverfahren vor, so sagt ein einziger Messwert im Prinzip gar nichts aus. Der Messwert kann zufällig mehr oder weniger stark nach oben oder unten vom „wahren“ Wert abweichen. Erst durch häufige Wiederholung der Messung oder aufgrund zurückliegender Erfahrungen mit dem Messverfahren bekommt man ein Gefühl dafür, um welchen Wert herum einzelne Messwerte schwanken und man kann beurteilen, welche Aussagekraft in einem solchen Messwert steckt. In den nächsten Kapiteln werden diese Zusammenhänge quantitativ mit Hilfe von Formeln beschrieben. 5 Die Häufigkeitsverteilung von Messwerten Wir wollen annehmen, dass eine Messgröße, etwa die Zeit t, die ein Körper braucht, um von A nach B zu gelangen, N-mal gemessen wurde 4. Es liegen also N Messwerte vor, die nach den Gesetzen des Zufalls voneinander abweichen. Die Frage ist: welche dieser Messwerte kommen dem „wahren“ Wert am nächsten? Um diese Frage zu beantworten, muss man untersuchen, ob bestimmte Messwerte deutlich häufiger vorkommen als andere, und wenn ja welche. Denn man darf mit Recht erwarten, dass es diese häufigsten, d.h. 4 Die folgenden Überlegungen gelten gleichermaßen für jede physikalische Messgröße. Die Größe t (Zeit) dient hier nur als Beispiel. 38 wahrscheinlichsten Messwerte sind, die dem „wahren“ Wert am nächsten kommen. Man teilt deshalb die N Messwerte, die im Bereich zwischen tmin und tmax liegen, in j Klassen mit der Klassenbreite ∆t ein und ordnet der Klasse i (i = 1, 2,..., j) den Messwertbereich (2) tmin + ( i − 1) ∆t ≤ t < tmin + i∆t zu 5. Jeder Klasse i wird eine Zeit ti zugeordnet, die der Mitte des jeweiligen Zeitintervalls entspricht. Nun wird für jede Klasse i die Zahl der Messwerte pro ∆t, n(ti), die in dieser Klasse liegen, in Form eines Balkens über der zugehörigen Zeit ti aufgetragen. Man erhält auf diese Weise ein Balkendiagramm, dem man entnehmen kann, wie häufig die einzelnen Messwerte vorgekommen sind (Abb. 1). Abb. 1: Häufigkeitskurve von Messwerten. Die Breite eines Zeitintervalls (Balkens) ist ∆t. Abb. 2: Häufigkeitskurve (Dichtefunktion) der Gauß- oder Normalverteilung (Gaußkurve). Die Einhüllende dieses Diagramms, n(ti), heißt Häufigkeitskurve der Messwerte. Entsprechend ihrer Definition ist der Flächeninhalt unter der Häufigkeitskurve immer gleich der Gesamtzahl der Messwerte N. Frage 1: - Welche Einheit hat die Größe n(ti) im gewählten Beispiel? Wie lautet die (sehr einfache!) Beziehung zwischen der Messwerthäufigkeit pro ∆t, n(ti), und der Zahl der Messwerte in einer Klasse, m(ti)? - Wie lautet die Gleichung zur Berechnung von N aus der Häufigkeitskurve n(ti)? Die Erfahrung lehrt, und die auf CARL FRIEDRICH GAUß (Abb. 3) zurückgehende Theorie kann das begründen, dass für N → ∞ und ∆t → 0 (und damit ti → t) die Häufigkeitskurve n(t) für Messwerte, die unabhängig voneinander gewonnen wurden und die mit zufälligen Fehlern behaftet sind, eine ganz charakteristische Form hat: Die Form einer Gaußschen Glockenkurve oder kurz Gaußkurve (Abb. 2). Man spricht dann auch davon, dass die Messwerte gaußverteilt oder normalverteilt seien. Abb. 3: CARL FRIEDRICH GAUß (1777 - 1855) 6 5 6 Dazu ein Beispiel: Die Messwerte mögen im Bereich zwischen tmin = 20,4 s und tmax = 22,3 s liegen, die Ablesegenauigkeit der Uhr betrage 0,1 s. Die Messwerte werden daher in insgesamt j = (22,3 - 20,4)/0,1 = 19 Klassen eingeteilt, die jeweils ein Zeitintervall von ∆t = 0,1 s Breite repräsentieren. Bildquelle: GELLERT, W. et al. [Eds.]: „Kleine Enzyklopädie Mathematik“, VEB Bibliographisches Institut, Leipzig, 1969. 39 Der Flächeninhalt unter der Gaußkurve ist wiederum gleich der Gesamtzahl der Messwerte N. Es ist jedoch üblich, ihn auf den Wert 1 zu normieren. Wie weiter unten noch erläutert wird, bringt man damit zum Ausdruck, dass die Wahrscheinlichkeit, einen Messwert im gesamten Wertebereich von -∞ bis +∞ zu finden, gleich 1 ist 7. Der Verlauf der auf den Flächeninhalt 1 normierten Gaußkurve ist gegeben durch: (3) 1 n (t ) = e σ 2π − ( t − t )2 ∞ 2σ 2 mit ∫ n(t )dt = 1 −∞ wobei t der Mittelwert und σ die Standardabweichung der Gaußkurve ist. Das Quadrat der Standardabweichung, σ 2, heißt Varianz. An den Stellen t = t ± σ hat die Gaußkurve ihre Wendepunkte. Die Größen t und σ haben große praktische Bedeutung: - Der Mittelwert t ist der Wert, bei dem n(t) ein Maximum hat. Dieser Wert würde also bei einer Messreihe mit unendlich vielen Einzelmessungen am häufigsten vorkommen. Er stellt somit das wahrscheinlichste Ergebnis der Messung dar. Mit anderen Worten: eine Messreihe liefert nie einen wahren, sondern immer nur einen wahrscheinlichsten Wert. - Die Standardabweichung σ ist ein Maß für die Streuung der Messwerte um den Mittelwert t . Je größer die Streuung, je größer also σ, desto breiter wird die Häufigkeitskurve (bei gleich bleibendem Flächeninhalt), umso weniger deutlich hebt sich also ein Messwert von den übrigen ab. Frage 2: - Berechnen und zeichnen Sie mit Hilfe von Matlab n(t) gem. Gl. (3) im Zeitintervall 121,5 s ≤ t ≤ 123,5 s für t = 122,5 s sowie a) σ = 0,1 s und b) σ = 0,2 s. Stellen Sie beide Kurven in einem Diagramm dar (Matlab-Befehl hold on). Gl. (3) lautet in Matlab-Notation: n = (1/(sigma*sqrt(2*pi)))*exp(- ((t - t_quer).^2)/(2*sigma^2)) Wir wollen nun so tun, als ob wir unser Experiment so durchgeführt hätten, dass die Bedingungen N → ∞ und ∆t → 0 annähernd erfüllt waren, dass also die Häufigkeitskurve für die Messwerte näherungsweise durch eine Gaußkurve gem. Gl. (3) gegeben ist. Dann kann man durch Integration von n(t) ausrechnen (man muss also nicht zählen!), wie viele Messwerte z.B. in dem Zeitintervall [ t − σ , t + σ ] , also im Bereich t ± σ liegen: Wir wissen, dass alle N Messwerte im Zeitintervall [-∞, +∞] liegen müssen. Aufgrund der Normierung des Flächeninhalts unter der Gaußkurve auf den Wert 1 (s. Gl. (3)) bedeutet das: (4) +∞ ∫−∞ 𝑛𝑛(𝑡𝑡)𝑑𝑑𝑑𝑑 = 1 𝑁𝑁 100% aller Messwerte; Für das gesuchte Intervall [ t - σ, t + σ] ergibt sich: t +σ (5) ∫σ t− t +σ − 1 n(t )dt = ∫ e t − σ σ 2π ( t − t )2 2σ 2 dt ⋲0,683 0,683 N 68,3% aller Messwerte. Wer dies nachrechnen möchte, sei gewarnt: das Integral über die Gaußkurve gem. Gl. (3) lässt sich nicht analytisch, sondern nur numerisch lösen! Es ist in Tabelle 2 (Kap. 11.5) angegeben. 7 Im betrachteten Beispiel ist die Zeit t die Messgröße, deren realer Wertebereich nur im Intervall 0 ≤ t ≤ ∞ liegen kann. Formal gesehen erscheint es dann falsch oder mindestens unsinnig, den Wertebereich bis nach - ∞ auszudehnen. Jedoch ist in der Praxis der Anteil des Integrals aus Gl. (3) im Bereich - ∞ ≤ t < 0 so klein (≈ 0), dass er vernachlässigt werden kann. Deshalb werden aus Gründen der mathematischen Vereinfachung die Grenzen des Wertebereiches auf ± ∞ festgelegt. 40 Ist also die Häufigkeitskurve der Messwerte durch eine Gaußkurve gegeben (wovon wir in der Praxis fast immer ausgehen werden), so liegen immer rund 68,3 % aller Messwerte im Bereich t ± σ (Abb. 4). Für den Bereich t ± 2σ erhält man immer einen Wert von rund 95,5 % (Abb. 4), für den Bereich t ± 3σ immer einen Wert von rund 99,7 %. Im Laborjargon heißt es dann häufig: 68 % aller Messwerte liegen im 1σ-Bereich um den Mittelwert, 95 % im 2σ-Bereich und 99 % im 3σ-Bereich. In der Praxis lassen sich die Bedingungen N → ∞ und ∆t → 0 natürlich nicht einhalten. Dadurch wird der Bereich größer, in dem z.B. 68,3 % aller Messwerte liegen. t ± σ ist in diesem Fall durch t ± pσ zu ersetzen, wobei der Wert der Größe p ≥ 1 von N abhängt und sich mit Hilfe der Statistik berechnen lässt (z.B. p = 1,32 für N = 3, p = 1,15 für N = 5, p = 1,06 für N = 10 und p → 1 für N → ∞). Für die Auswertung von Messungen im Praktikum werden wir das jedoch nicht berücksichtigen. Abb. 4: Flächenanteile unter einer Gaußkurve mit der auf 1 normierten Gesamtfläche. Oben: Flächenanteil im Bereich 6 t ± σ, unten: Flächenanteil im Bereich t ± 2σ. Mittelwert und Standardabweichung Im vorigen Kapitel wurde erläutert, dass man unter den dort genannten Annahmen über das Ergebnis einer einzelnen Messung (einen Messwert) aus einer Messreihe folgende Aussage machen kann: Das Ergebnis einer Einzelmessung liegt mit ca. 68 % Wahrscheinlichkeit im Bereich t ± σ. Für die Praxis stellt sich nun die Frage, wie man t und σ ermittelt. Da man im realen Experiment weder die Bedingung N → ∞ noch die Bedingung ∆t → 0 einhalten kann, muss man herausfinden, wie man aus nur endlich vielen Messwerten (einer so genannten Stichprobe) die besten Schätzwerte, kurz: die Bestwerte, für t und σ ausrechnet. Wir verzichten auf die theoretische Herleitung zur Berechnung der Bestwerte und geben im Folgenden nur die Ergebnisse an. 6.1 Mittelwert Wird eine Messgröße, etwa die Zeit t, N-mal gemessen, so ist der Bestwert für den Mittelwert t , der sich im Falle N → ∞ ergeben würde, das arithmetische Mittel der Messwerte ti: (6) t = 1 N N ∑ ti i= 1 41 6.2 Standardabweichung der Einzelmessung Als Bestwert für die Standardabweichung σ der Einzelmessung ergibt sich: (7) = σ 1 N ( ti − t N − 1 i∑ =1 )2 Dies lässt sich plausibel machen: Die Standardabweichung der Einzelmessung stellt ein Maß für die Streuung der Messwerte ti um den Mittelwert t dar. Die Abweichung 8 eines einzelnen Messwertes ti von t ist durch die Differenz ti − t gegeben (siehe Abb. 5). Würde man das arithmetische Mittel dieser Differenzen als Maß für die Streuung ansetzen, so würde sich hierfür als direkte Folge aus der Definition des Mittelwertes immer ein Wert Null ergeben, da sich positive und negative Differenzen gegenseitig aufheben. Die Information über die vorhandene Streuung der Messwerte ginge also verloren. Um das zu verhindern, werden die Differenzen zunächst quadriert: ( ti − t ) 2 Dadurch werden alle Größen positiv. Danach wird das arithmetische Mittel dieser Quadrate gebildet und schließlich daraus die Wurzel gezogen. Die Tatsache, dass bei Bildung des arithmetischen Mittels nicht durch N, sondern durch N - 1 geteilt wird, lässt sich aus einer detaillierten statistischen Analyse begründen, die insbesondere auf die Unterschiede zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit eingeht. Wir wollen dies hier jedoch nicht weiter vertiefen, zumal für großes N die Abweichung zwischen 1/N und 1/(N - 1) nur winzig ist. 14 t5 - t > 0 12 ti / s 10 8 t t15 - t < 0 6 4 2 0 0 5 10 15 20 25 30 35 i Abb. 5: Zur Veranschaulichung der Standardabweichung. Aufgetragen sind 32 Messwerte ti der Zeit t über der Nummer der Messung i. ti und t t ist der Mittelwert der ti. Für i = 5 und i = 15 sind die Abweichungen zwischen exemplarisch eingezeichnet. Die Standardabweichung σ der Einzelmessung wird auch als Fehler (Unsicherheit) der Einzelmessung oder gem. Gl. (7) als mittlerer quadratischer Fehler (engl. rms error, rms = root-mean-square) bezeichnet. 6.3 Standardabweichung des Mittelwertes In der Praxis ist die Standardabweichung σ der Einzelmessung oftmals nicht die wesentliche Größe. Es interessiert nämlich nicht so sehr, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein einzelner Messwert im Bereich t ± σ liegt. Viel wichtiger ist die Frage, wie verlässlich bzw. reproduzierbar der Mittelwert t ist, der mit 8 nach /2/ heißt diese Größe Messabweichung. 42 einer Messreihe gefunden wurde und der das Messergebnis einer Messung darstellt. Anders ausgedrückt: mit welcher Wahrscheinlichkeit würde das Messergebnis einer weiteren Messreihe, also ein zweiter Mittelwert, in einem vorgegebenen Intervall um den ersten herum liegen? Um diese Frage beantworten zu können, benötigt man analog zur Standardabweichung der Einzelmessung eine Angabe über die Standardabweichung des Mittelwertes σ t . Nehmen wir an, wir haben eine Messreihe mit N Messwerten insgesamt M-mal wiederholt, so dass anschließend M Mittelwerte t j vorliegen (j = 1, 2,..., M). Man kann nun zeigen, dass für M → ∞ die Häufigkeitskurve dieser Mittelwerte der Messreihen wieder eine Gaußkurve ist mit der Standardabweichung σ t . In der Praxis wird man die Messreihe nicht M-mal wiederholen wollen, um die Standardabweichung des Mittelwertes, σ t , zu ermitteln. Vielmehr ist es das Ziel, aus einer Messreihe mit N Messwerten den Bestwert für σ t zu ermitteln. Dieser ergibt sich zu: (8) = σt σ = N N 1 2 − t t ( ) i N ( N − 1) i∑ = 1 Damit kann man über den Mittelwert t dieser einen Messreihe, der das Messergebnis darstellt, folgende Wahrscheinlichkeitsaussage machen: Das Messergebnis einer weiteren Messreihe wird mit ca. 68 % Wahrscheinlichkeit im Bereich t ± σ t liegen. Ferner gilt: Die Standardabweichung σ t des Mittelwertes ist die in Kap. 1 genannte Messunsicherheit, die zusammen mit dem Messergebnis (dem Mittelwert) als vollständiges Messergebnis einer Messreihe zur Bestimmung einer Messgröße angegeben wird. Sie wird häufig auch als Fehler des Mittelwertes bezeichnet. Man sieht aus Gl. (7), dass mit zunehmender Zahl N der Messwerte die Standardabweichung σ der Einzelmessung nahezu gleich bleibt. Das erkennt man auch in Abb. 5. Durch Hinzufügen weiterer Messwerte in das Diagramm ändert sich nichts an der Streuung der Messwerte um den Mittelwert. Dagegen lässt sich aus Gl. (8) ablesen, dass die Standardabweichung σ t des Mittelwertes, also die Messunsicherheit, mit zunehmendem N immer kleiner wird: Die Messunsicherheit nimmt mit 1/ N ab. Im Prinzip könnte man sie also beliebig klein machen, wenn nur oft genug gemessen wird. In der Praxis wird man jedoch nur so oft messen, bis die Messunsicherheit einer vorher festgelegten Genauigkeitsanforderung genügt. Dabei muss jedoch immer N ≥ 4 eingehalten werden, da andernfalls keine Standardabweichung nach Gl. (7) angegeben werden kann. Dies folgt aus statistischen Überlegungen, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Das Ergebnis einer Messreihe wird immer in der Form t ± σ t angegeben. Die Messunsicherheit σ t (der Fehler des Mittelwertes) nimmt mit zunehmender Zahl N der Messwerte um den Faktor 1 / N ab. Solange keine anderen Angaben gemacht werden, wird ein Messergebnis der Art t = (100,6 ± 1,2) s immer wie folgt interpretiert: Messergebnis (Mittelwert) 100,6 s, Messunsicherheit (Standardabweichung des Mittelwertes) 1,2 s. 43 6.4 Absoluter und relativer Fehler Die Größe σ t stellt den absoluten Fehler des Messergebnisses dar, die Größe σ t / t den relativen Fehler, der in der Regel in Prozent angegeben wird. Im Praktikum werden wir uns überwiegend auf die Angabe absoluter Fehler beschränken. 7 Größtfehler der Einzelmessung Oftmals kommt es vor, im Praktikum sehr häufig, dass der Wert einer Messgröße a nicht mit Hilfe einer Messreihe, sondern nur durch eine Einzelmessung bestimmt wird, wie z.B. bei einer Längenmessung. In diesem Fall wird im Praktikum statt des Mittelwertes das Ergebnis der Einzelmessung und statt der Standardabweichung des Mittelwertes der Größtfehler ∆a angegeben. Dies ist der größtmögliche Fehler, der bei der Einzelmessung der Größe insgesamt auftreten kann. Er muss nach vernünftigen Überlegungen abgeschätzt werden. Wird beispielsweise die Länge einer Strecke mit einem Maßstab gemessen, so wird man bei sorgfältiger Messung die Ablesegenauigkeit des Maßstabs als Größtfehler annehmen. Sie beträgt z.B. bei einem Metallmaßband 0,5 mm, bei einem Messschieber 0,1 mm oder 0,05 mm und bei einer Bügelmessschraube 0,01 mm. 8 Genauigkeitsangaben Die Genauigkeit, mit der ein Messergebnis für die Messgröße a angegeben werden kann, d.h. die Anzahl der signifikanten Stellen, ist durch die Messunsicherheit limitiert, also durch die Standardabweichung σ a des Mittelwertes bzw. durch den Größtfehler ∆a einer Einzelmessung. σ a und ∆a werden im Grundpraktikum auf maximal zwei signifikante Stellen gerundet! 9 Der Mittelwert bzw. der Einzelmesswert ist dann so zu runden, dass seine letzte signifikante Stelle die gleiche Größenordnung hat wie die letzte signifikante Stelle von σ a bzw. von ∆a. Dazu Beispiele: Eine durch Rechenoperationen oder die Zahl der Stellen einer elektronischen Uhr vorgetäuschte Genauigkeit der Art t = 90,4671 s ist schlichtweg falsch, wenn der Größtfehler der Zeitmessung z.B. 1,1 s beträgt. In diesem Fall müsste es (gerundet) richtig heißen: t = (90,5 ± 1,1) s. Ebenso falsch ist eine Angabe der Art R = (83,62 ± 2,624) Ω; hier müsste es wegen der Beschränkung auf 2 signifikante Stellen für die Messunsicherheit heißen R = (83,6 ± 2,6) Ω. Die Signifikanz einer Stelle ist unabhängig von ihrer Größenordnung (Stellung in Bezug auf den Dezimalpunkt). Folgende Angaben enthalten demnach jeweils zwei signifikante Stellen: 18 1,8 0,18 0,018 0,0018 usw. Das erkennt man besonders deutlich, wenn man zur empfohlenen Darstellung mit Zehnerpotenzen übergeht, also für die genannten Zahlen schreibt: 1,8×101 1,8×100 1,8×10-1 1,8×10-2 1,8×10-3. Beim Runden stellt sich die Frage, wie mit der Ziffer 5 umzugehen ist. Nehmen wir als Beispiel die Zahl 4,135, die auf zwei Stellen hinter dem Komma gerundet werden soll. Möglich wäre die Rundung auf 4,13 oder auf 4,14. Es gilt die Regel so zu runden, dass die letzte Ziffer der gerundeten Zahl gerade ist. Im Beispiel würde also auf den Wert 4,14 aufgerundet. Dagegen würde die Zahl 4,125 auf den Wert 4,12 abgerundet. Hinter dieser Regel steckt die Überlegung, dass bei einer Division durch 2 gerundete und ungerundete Zahl den gleichen gerundeten Zahlenwert ergeben. Für die genannten Beispielen gilt: 9 4,135 : 2 = 2,0675 ≈ 2,07 und ebenso 4,14 : 2 = 2,07 4,125 : 2 = 2,0625 ≈ 2,06 und ebenso 4,12 : 2 = 2,06 Dies bedeutet, dass die Messunsicherheit mit einer Genauigkeit von ca. 1 % angegeben wird. Eine bessere Genauigkeit ist mit den Geräten im Praktikum nicht zu erreichen! 44 9 Fehlerfortpflanzung, zusammengesetzte Messgrößen Es kommt häufig vor, dass bei einem Experiment nicht die gemessene Größe (direktes Messergebnis) selbst interessiert, sondern eine hieraus berechnete Größe (indirektes Messergebnis, s. Kap. 2). Nehmen wir als Beispiel noch einmal die Schwerebeschleunigung g nach Gl. (1), die von den Messgrößen s und t abhängt: g= 2s t2 Weitere Beispiele sind die Dichte ρ eines Körpers, die eine Funktion der Messgrößen Masse m und Volumen V ist: ρ= (9) m V oder die Kapazität C eines Plattenkondensators im Vakuum, die von den Messgrößen Fläche A und Abstand d der Platten abhängt. Mit der elektrischen Feldkonstanten ε0 gilt: (10) C = ε0 A d Für all diese Beispiele wird deutlich, dass der Fehler der gesuchten Größe aus den Fehlern der einzelnen Messgrößen berechnet werden muss. Wie das geht, wird in den folgenden Kapiteln beschrieben. 9.1 Wahrscheinlichster Fehler einer zusammengesetzten Messgröße Wird das Messergebnis für eine Messgröße y aus den Messergebnissen für mehrere gaußverteilte Messgrößen berechnet, für die Mittelwerte und Standardabweichungen aus Messreihen gewonnen wurden, so wird der wahrscheinlichste Fehler für y mit dem gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz berechnet, das wir nun formulieren wollen. Wir wollen annehmen, dass die gesuchte Größe y von den Messgrößen a, b, c, usw. abhängt: (11) y = f (a, b, c,...) Die Messwerte für die Messgrößen a, b, c,... seien gaußverteilt und sollen sich gegenseitig nicht beeinflussen, d. h. im statistischen Sinne unabhängig voneinander sein. Für die Messgrößen mögen Mittelwerte a , b , c , ... und die Standardabweichungen der Mittelwerte σ a , σ b , σ c , ... vorliegen. Dann ist der Bestwert yB 10 der gesuchten Messgröße y derjenige Wert, der sich ergibt, wenn y aus den Mittelwerten (Bestwerten) a , b , c , ... berechnet wird: (12) y B = f ( a , b , c , ...) Das ist plausibel. Die Standardabweichung σ yB von yB ist durch das gaußsche Fehlerfortpflanzungsgesetz (veranschaulicht in Kap. 9.2) gegeben, das lautet: 2 (13) σ yB = 2 2 ∂ y ∂ y ∂ y σ a + σ b + σ c + ... := ∂ b B ∂ c B ∂ a B ∆ya2 + ∆yb2 + ∆yc2 + ... Die Ausdrücke ∂y/∂a, ∂y/∂b, usw. in Gleichung (13) sind die „partiellen Ableitungen“ von y nach den Größen a, b, c,.... Sie geben an, wie sich y ändert, wenn man nur a, oder nur b, oder nur c usw. verändern und die jeweils anderen Größen konstant halten würde. Mathematisch: Man leitet y jeweils nach einer der 10 Der Index B steht für Bestwert. 45 Größen a, b, c,... ab und betrachtet die anderen Größen dabei als Konstanten. Der Index B bei den partiellen Ableitungen gibt an, dass man die Zahlenwerte der partiellen Ableitungen jeweils für die Bestwerte (Mittelwerte) a , b , c , ... der Messgrößen a, b, c, ... berechnen muss. Als Beispiel für die Berechnung von partiellen Ableitungen nehmen wir nochmals Gl. (1) für die Schwerebeschleunigung g, die von den Größen s und t abhängt. Die partielle Ableitung von g nach s ist: ∂g 2 = ∂s t 2 und die partielle Ableitung von g nach t: ∂g 4s = − 3 ∂t t 9.2 Veranschaulichung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes Zur Veranschaulichung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes betrachten wir als Beispiel erneut die Schwerebeschleunigung g nach Gl. (1). Wir haben es also mit einer Funktion zu tun, die von den zwei Variablen s und t abhängt. Gl. (11) lautet dann mit y := g, a := s und b := t: g f= (14)= ( s, t ) 2s t2 In Abb. 6 ist g als Funktion von s und t in einem 3D-Plot dargestellt, in dem die lineare Abhängigkeit der Schwerebeschleunigung von s und die reziprok-quadratische Abhängigkeit von t deutlich wird. Mit Blick auf Abb. 6 betrachten wir die einzelnen Summanden in Gleichung (13) einmal näher und greifen beispielhaft den zweiten heraus: Die zu bestimmende Größe y (hier g) hängt unter anderem von der Messgröße b (hier t) ab. Ändert sich b, so ändert sich auch y. Die partielle Ableitung ∂y/∂b gibt an, wie groß diese Änderung ist, d.h. wie groß die Steigung der Funktion y = f(a, b, c,...) als Funktion von b ist, wenn man die übrigen Größen a, c,... als konstant annimmt. Im betrachteten Beispiel ergibt sich: (15) ∂y ∂g 4s := = − 3 ∂b ∂t t Da diese Steigung nicht überall gleich ist (im Beispiel ändert sie sich gem. Gl. (15) mit t-3), ist es sinnvoll, sie an der Stelle a , b , c , ... (hier s , t ) zu berechnen, die auch für die Berechnung des Bestwertes yB (hier gB) maßgeblich ist. Deshalb steht in Gl. (13) der Index B: (∂y/∂b)B. Abb. 6: Zur Veranschaulichung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes 46 Nun muss man für den herausgegriffenen Term noch wissen, wie groß die Änderung von yB ist, der durch den Fehler σ b hervorgerufen wird. Aus den Grundlagen der Differentialrechnung ist bekannt, dass diese Änderung durch das Differential (16) ∂ y ∆yb := σb ∂ b B hier: ∂ g 4s ∆gt = − 3 σt σt = t ∂ t B gegeben ist. Auf gleiche Weise kann man die Fehler ∂ y σa ∂ a B (17) = ∆ya : (18) ∂ y ∆yc := σc ∂ c B ∂ g 2 hier:= ∆g s = σs σs t2 ∂ s B (hier ohne Belang) usw. bestimmen, die alle zum Gesamtfehler, d.h. zur Standardabweichung σ yB von yB beitragen. Es ist daher einleuchtend, sie zur Berechnung von σ yB aufzuaddieren. Da jedoch die einzelnen Fehler gem. Gl. (16) - (18) positiv und negativ sein können, können sie sich teilweise oder sogar ganz aufheben und damit einen zu kleinen Gesamtfehler suggerieren. Um das zu vermeiden, ist es vernünftig, die Einzelfehler zunächst zu quadrieren (dadurch werden alle Beiträge positiv) und anschließend aus der Summe der Quadrate die Wurzel zu ziehen. Durch diese geometrische (quadratische) Addition der Einzelfehler wird der Gesamtfehler kleiner als die Summe der Einzelfehler. Damit wird berücksichtigt, dass sich die Einzelfehler der voneinander unabhängigen Größen a, b, c usw. nicht alle gleichsinnig im Endergebnis niederschlagen, sondern sich gegenseitig wenigstens teilweise kompensieren. Man spricht deshalb vom wahrscheinlichsten Fehler. 9.3 Größtfehler einer zusammengesetzten Messgröße Wir wollen nun den Fall betrachten, dass die Größen a, b, c usw. z. B. keine zufälligen Fehler aufweisen oder ihre Fehler zum Teil nicht aus Messreihen gewonnen wurden. Letzteres kommt in der Praxis (auch im Praktikum) recht häufig vor, wenn nämlich Messergebnisse für die Messgrößen a, b, c usw. mindestens zum Teil aus Einzelmessungen gewonnen wurden, für die nur die jeweiligen Größtfehler ∆a, ∆b, ∆c usw. vorliegen. In einem solchen Fall wird für die zusammengesetzte Messgröße y statt der Standardabweichung nach Gl. (13) der Größtfehler ∆yB angegeben. Er ergibt sich aus der ungünstigsten, d. h. arithmetischen (linearen) Addition aller Einzelfehler und ist gegeben durch: (19) ∆yB = ∂ y ∂ y ∂ y ∆a + ∆b + ∆c + ...:= ∆ya + ∆yb + ∆yc + ... ∂aB ∂bB ∂cB Dabei sind für die Größen ∆a, ∆b, ∆c,... die Größtfehler bzw. Standardabweichungen einzusetzen. Bis auf die Betragsstriche stellt Gl. (19) das totale Differential von yB dar. Wenn nicht ausdrücklich ein anderer Hinweis erfolgt, soll im Praktikum für zusammengesetzte Messgrößen immer der Größtfehler angegeben werden. 10 Ein konkretes Beispiel Mit einem so genannten „mathematischen Pendel“ kann die Erdbeschleunigung g bestimmt werden. Das mathematische Pendel, das sich in der Praxis nur annähernd realisieren lässt, besteht im Idealfall aus einer 47 punktförmigen Masse, die an einem masselosen Faden derart aufgehängt wird, dass sie ohne äußere Störeinflüsse (insbesondere Reibung) pendeln kann. Für Pendelausschläge um einen kleinen Winkel α unter ca. 5 ° ist α ≈ sin α ≈ tan α (α im Bogenmaß!) und es gilt in guter Näherung folgender Zusammenhang zwischen der Schwingungsdauer T des Pendels, der Fadenlänge l und der Erdbeschleunigung g: (20) T = 2π l g g= bzw. 4π 2l T2 Durch Messung von l und T ist es also möglich, g zu bestimmen. Schon vor Beginn der Messung kann man sagen, welche systematischen Fehler auftreten werden: - Entgegen der Theorie ist die Masse nicht punktförmig und der Faden nicht masselos. Welchen Einfluss dies auf die Messung hat, lässt sich nur schwer angeben. Man muss versuchen, durch Verwendung eines sehr dünnen Fadens und einer Masse mit kleiner räumlicher Ausdehnung dem mathematischen Pendel möglichst nahe zu kommen und erwartet, dass die verbleibenden Fehler so klein gegenüber den Messunsicherheiten der Messgrößen l und T sind, dass sie vernachlässigt werden können. - Das Pendel kann nicht völlig reibungsfrei aufgehängt werden. Man muss sich deshalb bei der Aufhängung so viel Mühe geben, dass der Fehler durch Reibung klein gegenüber den Messunsicherheiten ist. Bei der Vorbereitung des Experiments muss man darauf achten, dass sowohl die Uhr zur Messung von T als auch der Maßstab zur Messung von l kalibriert sind, um systematische Fehler durch unzulängliche Messgeräte auszuschließen. Außerdem muss man die Fadenlänge l so groß wählen, dass die Messung bei Pendelausschlägen unter ca. 5° erfolgen kann, weil Gleichung (20) nur dann in guter Näherung gilt. Nach diesen Vorbereitungen kann die Messung beginnen. Es ist bekannt, dass man den Einfluss zufälliger Fehler auf die Messunsicherheit minimieren kann, wenn möglichst oft gemessen wird. Gleichzeitig erkennt man, dass eine mehrmalige Messung der Länge l gar nichts bringt. Denn wenn man den Maßstab sorgfältig anlegt und abliest, ändert sich an dem abgelesenen Wert auch bei mehrmaliger Wiederholung nichts. Dennoch ist natürlich auch der abgelesene Wert für l mit einem Fehler behaftet: Zum einen hat der Maßstab selbst trotz Kalibrierung nur eine bestimmte Genauigkeit, zum anderen kann man ihn nur mit einer endlichen Genauigkeit anlegen und ablesen. Das Ergebnis der Längenmessung kann man dann folgendermaßen festhalten: (21) l= L ± ∆L ; = l z.B. ( 2,5580 ± 0, 0020 ) m wobei L der abgelesene Wert und ∆L dessen Größtfehler ist. Die Periodendauer T wird mit einer Stoppuhr gemessen, deren Gangungenauigkeit vernachlässigbar klein sei. Das Starten und Stoppen der Uhr hängt von der Reaktionsfähigkeit der BenutzerIn ab und unterliegt damit zufälligen Schwankungen, deren Einfluss auf die Messunsicherheit des Messergebnisses durch häufige Messung minimiert werden kann. Nach insgesamt N Messungen, die die Messwerte Ti liefern, lautet das Ergebnis der Zeitmessung: (22) T= T ± σ T ; T z.B.= ( 3, 210 ± 0,010) s wobei T der arithmetische Mittelwert der Messwerte Ti nach Gl. (6) und damit der Bestwert für T ist und σ T die Standardabweichung des Mittelwertes nach Gl. (8). Der Bestwert gB für g ist also gem. Gl. (20): (23) gB = 4π 2 L ; T2 im Beispiel= gB 4π 2 × 2,5580 m m = 9,801 2 2 s ( 3, 210 s ) Da L nicht aus einer Messreihe ermittelt wurde, wird nicht die Standardabweichung nach Gl. (13) berechnet, sondern der Größtfehler ∆gB nach Gl. (19). Es ergibt sich: 48 (24) ∆= gB ∂ g ∂ g ∆L + σ ∂ l B ∂ TB T Zunächst werden die Beträge der partiellen Ableitungen an den Stellen der Bestwerte B ermittelt, hier also für die Werte L und T : ∂ g 4π 2 4π 2 = = = ∂ l L,T T 2 L,T T 2 4π 2 = ... 2 3, 210 s ( ) (25) ∂ g ∂ T L ,T 8π 2 L 8π 2 × 2,5580 m 8π 2l = − 3 = = = ... T L,T T3 ( 3, 210 s )3 Gleichung (25) liefert nach Einsetzen der Zahlwerte für L und T zwei Zahlen, die gemäß Gleichung (24) mit zwei anderen Zahlen, nämlich ∆L und σ T , multipliziert und anschließend addiert werden müssen, um den gesuchten Wert ∆gB zu erhalten: ∆g B = 4π 2 8π 2 L ∆ + σT L T2 T3 (26) = 4π 2 ( 3, 210 s ) 2 0, 0020 m + 8π 2 × 2,5580 m ( 3, 210 s ) 3 0, 010 s = 0,069 m s2 Bei der Angabe des Zahlenwertes muss die Rundung auf zwei signifikante Stellen beachtet werden. Zusammengefasst lautet das vollständige Messergebnis: (27) g= g B ± ∆g B= ( 9,801 ± 0, 069 ) m s2 Da in diesem Beispiel bereits ein Literaturwert für g vorliegt, der für die eigene geographische Lage in geeigneten Tabellenwerken nachschlagen werden kann 11, muss dieser Wert mit dem Messergebnis verglichen werden. Liegt der Literaturwert für g im Bereich gB ± ∆gB, so beendet man das Experiment mit der Feststellung, dass eine „gute Übereinstimmung im Rahmen der Messgenauigkeit“ erreicht wurde. Liegt jedoch der Literaturwert außerhalb des Bereichs gB ± ∆gB, so ist die Wahrscheinlichkeit relativ groß, dass die Messung durch einen systematischen Fehler verfälscht wurde. Statt des absoluten Fehlers ∆gB des Messergebnisses gB kann man auch den relativen Fehler εg für gB angeben: (28) εg = ∆g B gB ε= g σ ∆L +2 T L T also: (29) 11 Siehe z.B. http://www.ptb.de/cartoweb3/SISproject.php 49 Dieser Gleichung kann man entnehmen, dass sich der relative Fehler von T , σ T / T , doppelt, der relative Fehler von L, ∆L/L, jedoch nur einfach im Ergebnis niederschlägt. Soll dies kompensiert werden, so darf der relative Fehler von T nur halb so groß werden wie der relative Fehler von L. Das lässt sich durch eine ausreichende Anzahl von Messungen der Periodendauer immer erreichen (s. Gl. (8)) und sollte bereits bei der Planung des Experiments berücksichtigt werden. 11 Anhang 11.1 Lineare Regression, Ausgleichsgeraden 11.1.1 Ausgleichsgeraden der Form y = ax + b Es kommt in der Praxis recht häufig vor, dass zwei Größen x und y linear voneinander abhängen, d.h. sie sind über eine Geradengleichung miteinander verknüpft: y = ax + b. Ziel der Messung ist es dann oftmals, die Größen a und b zu ermitteln. Nehmen wir als Beispiel den zeitlichen Verlauf der Geschwindigkeit v bei einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung: v(t) = at + v0 mit a: Beschleunigung, t: Zeit und v0: Anfangsgeschwindigkeit. Wir messen v(t) (abhängige Variable) bei bestimmten Vorgabewerten von t (unabhängige Variable), um einen Wert für die Beschleunigung a und die Anfangsgeschwindigkeit v0 zu erhalten. Tragen wir gem. Abb. 7 die Messwerte v(t) über t auf, so erwarten wir, dass die eingezeichneten Messpunkte auf einer Geraden liegen, deren Steigung dem gesuchten Wert für a und deren v-Achsabschnitt dem gesuchten Wert für v0 entspricht. Wollen wir diese Gerade in das Diagramm der Messwerte einzeichnen, so stellen wir fest, dass es mehrere Steigungen und Achsabschnitte gibt, bei denen die Messwerte mehr oder weniger gut getroffen werden. Welche Parameter sind aber nun die richtigen? Diese Frage lässt sich wieder nur im Sinne einer Wahrscheinlichkeitsaussage beantworten. Wir wollen die Antwort im Folgenden geben. Wir kehren zurück zu unserer Funktion y = ax + b. Wie in der Praxis häufig der Fall, geben wir N Werte der Größe x vor, zu denen wir N Messwerte der Größe y bestimmen. Die Fehler der Vorgabewerte von x seien zu vernachlässigen, die Fehler der Messwerte von y seien zufällig verteilt. Wir behaupten, dass die Bestwerte A und B für die Parameter a und b der Geradengleichung dann gefunden wurden, wenn die Summe der Quadrate der vertikalen Abstände der Messwerte von der durch A und B bestimmten „Ausgleichsgeraden“ minimal ist, wenn also gilt: N (30) ∑ yi − ( Axi + B ) 2 → Minimum i =1 Frage 3: - Wie lässt sich dieser Ansatz begründen? Abb. 7: Wo liegt die beste Ausgleichsgerade durch die roten Messwerte? 50 Mit Hilfe der Differentialrechnung lässt sich eine Lösung für die in Gl. (30) dargestellte Forderung relativ einfach bestimmen. Man findet für A und B (Summation jeweils von 1 bis N): (31) A= N ( ∑ xi yi ) − ( ∑ xi )( ∑ yi ) (32) B= ( ∑ yi )( ∑ xi2 ) − ( ∑ xi yi )( ∑ xi ) N ( ∑ xi2 ) − ( ∑ xi )2 N ( ∑ xi2 ) − ( ∑ xi )2 Natürlich sind auch diese Bestwerte mit Fehlern behaftet, die wir nun suchen. Die fehlerbehafteten Größen in Gl. (31) und (32) sind die yi. Für die Varianz der yi ergibt sich als Bestwert (s. Gl. (7)): 1 2 ( Axi + B − yi ) ∑ N −2 = σ y (33) 2 wobei die Division durch (N - 2) anstatt durch (N - 1) darauf zurückzuführen ist, dass die Bestwerte A und B in die Berechnung der Größe σ 2 y einfließen. Wendet man nun die Fehlerfortpflanzung auf Gl. (31) und (32) an und setzt für σy Gl. (33) ein, so findet man als Bestwerte für die Standardabweichungen von A und B (D ist eine in Gl. (36) definierte Hilfsgröße): (34) σ A = ND (35) σ B = D ∑ xi2 mit 1 ∑ ( Axi + B − yi ) D= N − 2 N (∑ xi2 ) − (∑ xi ) 2 2 (36) Im Praktikum wird die Software Origin für diese Berechnungen eingesetzt. Sie liefert die gesuchten Daten durch ein paar Mausklicks (→ Analyse → Anpassen → Linearer Fit). Rechnen Sie die Parameter von Ausgleichsgeraden niemals „zu Fuß“ aus, das wäre viel zu zeitaufwändig! 11.1.2 Ausgleichsgeraden der Form y = ax + b mit vorgegebenem b In der Praxis kommt es auch vor, dass Messwerte durch eine lineare Funktion y = ax + b miteinander verknüpft sind, für die der Achsabschnitt b fest vorgegeben ist. Als Beispiel sei das OHMsche Gesetz U = RI genannt: misst man die Spannung U als Funktion des Stromes I, so ergibt sich als Ausgleichsgerade durch die Messwerte eine Gerade durch den Ursprung (b = 0) mit der Steigung R. Die Bedingung für die Berechnung des Bestwertes A der Steigung a der Ausgleichsgeraden lautet analog zu Gl. (30) in diesem Fall: 2 N (37) yi − Axi ] → Minimum ∑[ i =1 und man findet mit Hilfe der Differentialrechnung für A und mit Hilfe der Fehlerfortpflanzung für σA: (38) (39) A= ∑x y ∑x σA = i i 2 i ∑( y i − Axi ) 2 ( N − 2 ) ∑ xi2 51 Um entsprechende Berechnungen mit Origin durchzuführen, muss im Fenster Lineare Anpassung der Haken im Feld Fester Schnittpunkt mit der Y-Achse gesetzt und der Zahlenwert für b eingetragen werden. 11.1.3 Ausgleichsgeraden der Form y = ax + b mit vorgegebenem a Auch der umgekehrte Fall, in dem die Steigung a der Ausgleichsgeraden fest vorgegeben ist und nur der Achsabschnitt b der Ausgleichsgeraden gesucht wird, kommt gelegentlich vor. Die Bedingung für die Berechnung des Bestwertes B von b lautet wieder analog zu Gl. (30): N (40) ∑ y − ( ax i =1 i i 2 + B ) → Minimum wobei diesmal nur B ein freier Parameter für die Bestimmung des Minimums ist. Für B und σB ergibt sich in diesem Fall: (41) B= (42) = σB ∑y i − a ∑ xi N 1 ( axi + B − yi )2 ∑ N ( N − 2) Um entsprechende Berechnungen mit Origin durchzuführen, muss im Fenster Lineare Anpassung der Haken im Feld Feste Steigung gesetzt und der Zahlenwert für a eingetragen werden. 11.2 Linearisierungen Mit Hilfe recht elementarer mathematischer Umformungen lassen sich oftmals nichtlineare Zusammenhänge von Messgrößen linearisieren, so dass es möglich wird, auch in solchen Fällen die lineare Regression zur Bestimmung von Bestwerten für gesuchte Größen anzuwenden. So wird z.B. aus einem Potenz-Zusammenhang der Form: (43) y = bx a durch einfaches Logarithmieren der lineare Zusammenhang (Geradengleichung): (44) log log also b + a log x y = y b y = b + ax x Bei solchen logarithmierten Zusammenhängen muss eines beachtet werden: der Logarithmus einer physikalischen Größe y, die durch das Produkt aus Zahlenwert mal Einheit gegeben ist, lässt sich nicht direkt bilden, da der Logarithmus einer Einheit keinen Sinn macht. Deshalb müssen solche Größen per Division durch ihre Einheit zunächst dimensionslos gemacht werden, ehe Umrechnungen der Art Gl. (43) nach Gl. (44) erfolgen dürfen. Dazu ein Beispiel: aus dem ohmschen Widerstand R wird r = R/Ω, aus der Spannung U wird u = U/V, aus der Stromstärke I wird i = I/A und damit aus dem ohmschen Gesetz R = U/I die modifizierte Form r = u/i, das in logarithmierter Form lautet: log r = log u – log i. Tragen wir gem. Gl. (44) y über x doppelt-logarithmisch auf (also log y über log x), so erhalten wir als beste Ausgleichskurve durch die Messwerte eine Gerade mit dem Achsabschnitt log b und der Steigung a. Die Bestwerte für a und log b dieser Geraden finden wir mit Hilfe der linearen Regression, die wir in diesem Fall auf Gl. (44) anwenden müssen. Logarithmieren macht auch aus einem exponentiellen Zusammenhang der Form: (45) y = be ax einen linearen Zusammenhang: 52 (46) ln y = ln b + ax ln e = ln b + ax Tragen wir in diesem Fall y über x halb-logarithmisch auf, so erhalten wir auch hier als beste Ausgleichskurve eine Gerade, für deren Achsabschnitt ln b und Steigung a wir mit Hilfe der jetzt auf Gl. (46) angewandten linearen Regression die Bestwerte finden. Bei Verwendung von Logarithmenpapieren ist zu beachten, dass diese immer für den dekadischen Logarithmus (log, Basis 10) ausgelegt sind. In Gl. (46) haben wir es aber mit dem natürlichen Logarithmus (ln, Basis e) zu tun. Werden daher Größen auf grafischem Wege einem Diagramm auf Logarithmenpapier entnommen oder sollen berechnete Größen dort eingetragen werden, müssen sie geeignet umgerechnet werden (Erinnerung: log x = ln x/ln 10; ln x = log x/log e). Im Praktikum wird zur Berechnung der Parameter von Ausgleichgeraden in logarithmierten Diagrammen die Software Origin eingesetzt. Dazu muss im Fenster Lineare Anpassung der Haken im Feld Scheinbarer Fit 12 gesetzt werden. Frage 4: - Das exponentielle Schwächungsgesetz= I ( x ) I 0 exp ( − µ x ) beschreibt die Schwächung der Intensität I einer Strahlung beim Durchgang durch eine Materieschicht der Dicke x. I0 ist die Anfangsintensität der Strahlung an der Stelle x = 0 und µ ein materialabhängiger Abschwächungskoeffizient ([µ] = 1/m). Skizzieren Sie I(x) in linearer und halblogarithmischer Darstellung (Abszisse x jeweils linear). Wie lässt sich aus dem halb-logarithmischen Diagramm der Abschwächungskoeffizient µ gewinnen? 11.3 Korrelation Gelegentlich, wenngleich im Grundpraktikum eher selten, muss untersucht werden, ob ein vermuteter linearer Zusammenhang zwischen zwei Größen x und y tatsächlich existiert, ob die beiden Größen also miteinander korreliert sind. Nicht immer sieht man es dem Diagramm der Messwerte an, ob die eingetragenen Messwerte „gut“ auf einer Geraden liegen oder nicht. In jedem Fall stellt sich die Frage: wie „gut“ ist „gut genug“, um die Hypothese, x und y seien miteinander korreliert, nicht verwerfen zu müssen? Die quantitative Antwort auf diese Frage liefert die Berechnung des Korrelationskoeffizienten r. Er ist gegeben durch: (47) r= ∑ ( xi − x )( yi − y ) ∑ ( xi − x )2 ∑ ( yi − y )2 wobei x und y die arithmetischen Mittelwerte der Messwerte von x und y sind. Der Korrelationskoeffizient kann nur Werte zwischen -1 und +1 annehmen. Für die Beurteilung der Frage, ob zwei Größen miteinander korreliert sind, ist der Betrag von r maßgebend. Für |r| = 1 sind die Größen perfekt miteinander korreliert, für |r| = 0 sind sie unkorreliert. Für alle Werte dazwischen lassen sich Wahrscheinlichkeitsaussagen machen, die zusätzlich von der Zahl N der durchgeführten Messungen abhängen. Für N = 10 und |r| ≥ 0,8 ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeit P, dass die Größen unkorreliert sind, P = 0,5 %. Aus Tabelle 1 (Kap. 11.5) können für weitere Kombinationen von N und |r| die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten abgelesen werden. 11.4 Fehler gewichteter Mittelwerte Eine Messgröße h werde in M Messungen (Nr. i = 1,...,M) unter jeweils veränderten Bedingungen gemessen. Das Ergebnis der einzelnen Messungen habe zu den Messergebnissen hi und den Messunsicherheiten σi geführt. 12 Der Fit heißt scheinbar, weil die Daten im Origin-Arbeitsblatt weiterhin in ihrer ursprünglichen, linearen Form vorliegen. Nur im Diagramm, das dem Fit zu Grunde gelegt wird, erscheinen die Daten logarithmiert, wenn für die Skalierung der entsprechenden Achsen als Art „log10“, „log2“ oder „ln“ gewählt wurde. 53 Ziel ist nun, aus den M Werten hi ein Endergebnis für die gesuchte Größe h zu berechnen. Im einfachsten Fall wäre dies das arithmetische Mittel der hi. Dabei bliebe jedoch unberücksichtigt, dass die hi unter Umständen recht unterschiedliche Messunsicherheiten σi aufweisen können, weil beispielsweise die erreichbare Messgenauigkeit nicht für alle Messreihen die gleiche war. In solchen Fällen berechnet man statt des arithmetischen Mittels der hi einen gewichteten Mittelwert hg. Sind gi die Gewichte, mit denen die Einzelwerte hi bei der Berechnung von hg berücksichtigt werden sollen, so gilt bei Summation von 1 bis M: (48) hg = ∑ hi gi ∑ gi In der Regel wählt man als Gewichte die Reziprokwerte der Varianzen: (49) gi = 1 σ i2 Dann erhält man bei Anwendung der Fehlerfortpflanzung auf Gl. (48) für die Messunsichertheit σg des gewichteten Mittelwertes bei Summation von 1 bis M: 2 (50) σg = ∂ hg = ∑ ∂ h σi i 1 ∑ 2 σi − 1 2 Frage 5: - Wie gelangt man zu diesem Resultat? Was ergibt sich für σg im speziellen Fall gi = const. = 1? 54 11.5 Tabellen Tabelle 1: Prozentuale Wahrscheinlichkeit dafür, dass zwei Messgrößen, die N-mal gemessen wurden und einen Korrelationskoeffizienten |r| ≥ |rb| aufweisen, unkorreliert sind (nach /1/). |rb|→ 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 N↓ 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 25 30 35 40 45 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 94 90 87 85 83 81 80 78 77 76 75 73 72 71 70 69 68 67 63 60 57 54 51 87 80 75 70 67 63 61 58 56 53 51 49 47 46 44 43 41 40 34 29 25 22 19 81 70 62 56 51 47 43 40 37 34 32 30 28 26 24 23 21 20 15 11 8,0 6,0 4,5 74 60 50 43 37 33 29 25 22 20 18 16 14 12 11 10 9,0 8,1 4,8 2,9 1,7 1,1 0,6 67 50 39 31 25 21 17 14 12 9,8 8,2 6,9 5,8 4,9 4,1 3,5 2,9 2,5 1,1 0,5 0,2 0,1 59 40 28 21 15 12 8,8 6,7 5,1 3,9 3,0 2,3 1,8 1,4 1,1 0,8 0,7 0,5 0,2 0,1 51 30 19 12 8,0 5,3 3,6 2,4 1,6 1,1 0,8 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,1 0,1 41 20 10 5,6 3,1 1,7 1,0 0,5 0,3 0,2 0,1 0,1 29 10 3,7 1,4 0,6 0,2 0,1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 |rb|→ 0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 0,45 N↓ 50 60 70 80 90 100 100 100 100 100 100 100 73 70 68 66 64 62 49 45 41 38 35 32 30 25 22 18 16 14 16 13 9,7 7,5 5,9 4,6 8,0 5,4 3,7 2,5 1,7 1,2 3,4 2,0 1,2 0,7 0,4 0,2 1,3 0,6 0,3 0,1 0,1 0,4 0,2 0,1 0,1 55 Tabelle 2: Werte der Integrale P(a) über die Gaußfunktion (error-function) als Funktion des Parameters a für beliebige Werte von Mittelwert t und Standardabweichung σ (aus /1/; beachte den Faktor 100 gegenüber Gl. (5) ff.): P(a ) = 100 σ 2π t + aσ ∫ − e ( t − t )2 2σ 2 t − aσ Exemplarisch markiert: P(a = 1,00) = 68,27, P(a = 2,00) = 95,45, P(a = 3,00) = 99,73 a 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 2,9 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 0,00 0,00 7,97 15,85 23,58 31,08 38,29 45,15 51,61 57,63 63,19 68,27 72,87 76,99 80,64 83,85 86,64 89,04 91,09 92,81 94,26 95,45 96,43 97,22 97,86 98,36 98,76 99,07 99,31 99,49 99,63 99,73 99,95 99,994 99,9993 99,99994 0,01 0,80 8,76 16,63 24,34 31,82 38,99 45,81 52,23 58,21 63,72 68,75 73,30 77,37 80,98 84,15 86,90 89,26 91,27 91,97 94,39 95,56 96,51 97,29 97,91 98,40 98,79 99,09 99,33 99,50 99,64 0,02 1,60 9,55 17,41 25,10 32,55 39,69 46,47 52,85 58,78 64,24 69,23 73,73 77,75 81,32 84,44 87,15 89,48 91,46 93,12 94,51 95,66 96,60 97,36 97,97 98,45 98,83 99,12 99,35 99,52 99,65 0,03 2,39 10,34 18,19 25,86 33,28 40,39 47,13 53,46 39,35 64,76 69,70 74,15 78,13 81,65 84,73 87,40 89,69 91,64 93,28 94,64 95,76 96,68 97,43 98,02 98,49 98,86 99,15 99,37 99,53 99,66 0,04 3,19 11,13 18,97 26,61 34,01 41,08 47,78 54,07 59,91 65,28 70,17 74,57 78,50 81,98 85,01 87,64 89,90 91,81 93,42 94,76 95,86 96,76 97,49 98,07 98,53 98,89 99,17 99,39 99,55 99,67 0,05 3,99 11,92 19,74 27,37 34,73 41,77 48,43 54,67 60,47 65,79 70,63 74,99 78,87 82,30 85,29 87,89 90,11 91,99 93,57 94,88 95,96 96,84 97,56 98,12 98,57 98,92 99,20 99,40 99,56 99,68 0,06 4,78 12,71 20,51 28,12 35,45 42,45 49,07 55,27 61,02 66,29 71,09 75,40 79,23 82,62 85,57 88,12 90,31 92,16 93,71 95,00 96,06 96,92 97,62 98,17 98,61 98,95 99,22 99,42 99,58 99,69 0,07 5,58 13,50 21,28 28,86 36,16 43,13 49,71 55,87 61,57 66,80 71,54 75,80 79,59 82,93 85,84 88,36 90,51 92,33 93,85 95,12 96,15 97,00 97,68 98,22 98,65 98,98 99,24 99,44 99,59 99,70 0,08 6,38 14,28 22,05 29,61 36,88 43,81 50,35 56,46 62,11 67,29 71,99 76,20 79,95 83,24 86,11 88,59 90,70 92,49 93,99 95,23 96,25 97,07 97,74 98,27 98,69 99,01 99,26 99,46 99,60 99,71 0,09 7,17 15,07 22,82 30,35 37,59 44,48 50,98 57,05 62,65 67,78 72,43 76,60 80,29 83,55 86,38 88,82 90,90 92,65 94,12 95,34 96,34 97,15 97,80 98,32 98,72 99,04 99,29 99,47 99,61 99,72 56 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg - Fakultät V- Institut für Physik Modul Grundpraktikum Physik – Teil I Oszilloskop und Funktionsgenerator Stichworte: Anode, Kathode, Kathodenstrahlröhre, Elektronenablenkung, Ablenkplatten, Trigger, AC/DC-Kopplung, Gleichspannung, Wechselspannung, Frequenz, Kreisfrequenz, Periode, Amplitude, Phase, Phasendifferenz, Scheitel- und Effektivwert von Wechselspannungen, LISSAJOUS-Figuren, harmonische Schwingung. Messprogramm Darstellung von Signalen eines Funktionsgenerators, Trigger-Level und Trigger-Flanke, zeitlicher Verlauf der Lichtintensität einer Glüh- und einer Leuchtstofflampe, Scheitel- und Effektivwert der Netzspannung, Untersuchung eines gedämpften periodischen Spannungssignals, Dauer eines Lichtblitzes, Frequenzstabilität eines Stroboskops, LISSAJOUS-Figuren. Literatur: /1/ WALCHER, W.: „Praktikum der Physik“, Teubner Studienbücher Physik, Teubner-Verlag, Stuttgart /2/ EICHLER, H. J., KRONFELDT, H.-D., SAHM, J.: „Das Neue Physikalische Grundpraktikum“, Springer-Verlag, Berlin u. a. /3/ GERTHSEN, C. u.a.: „Physik“, Springer-Verlag, Berlin u. a. 1 Einleitung Das Oszilloskop zählt zu den wichtigen Messinstrumenten in der experimentellen Physik. Mit ihm ist es möglich, den Verlauf einer elektrischen Spannung Uy als Funktion der Zeit t oder als Funktion einer Spannung Ux in „Echtzeit“ („Real-Time“) zu beobachten und quantitativ zu vermessen. Der zeitliche Verlauf aller physikalischen Größen, die mit einem geeigneten Sensor (Messwertaufnehmer, Messgrößenaufnehmer) in eine elektrische Spannung umgewandelt werden können 1, ist mit einem Oszilloskop darstellbar. Hinsichtlich der Amplitude und Frequenz der messbaren Signale bestehen nur wenige Einschränkungen: Ist man bereit, genügend viel Geld auszugeben, so lässt sich mit ziemlicher Sicherheit ein Oszilloskop finden, das den gestellten Anforderungen gewachsen ist. Auch im Grundpraktikum ist das Oszilloskop ein häufig eingesetztes Messgerät. In einigen Versuchen ist es wesentlicher Bestandteil des Versuchsaufbaus und liefert die quantitativen Daten, die für die Versuchsauswertung benötigt werden. In anderen Versuchen dient es der qualitativen Kontrolle, ob eine Schaltung richtig aufgebaut wurde und funktionstüchtig ist, ob ein Sensor das richtige Signal liefert usw. Um die Versuche im Praktikum erfolgreich durchführen zu können, ist daher eine gründliche Kenntnis des Oszilloskops unabdingbar. Bis vor einigen Jahren waren vielfach noch Elektronenstrahl-Oszilloskope im Einsatz. Heute sind diese Geräte überwiegend durch Digital-Speicher-Oszilloskope verdrängt worden. Auch in diesem Versuch und im Praktikum generell wird mit Digital-Speicher-Oszilloskopen gearbeitet. Dennoch wird im Theorieteil zunächst kurz das Prinzip des Elektronenstrahl-Oszilloskops dargestellt, da sich einige grundlegende Funktionsprinzipien von Oszilloskopen damit einfach und anschaulich erklären lassen. 2 Theorie 2.1 Elektronenstrahl-Oszilloskop Abb. 1 zeigt den schematischen Aufbau einer Oszilloskopröhre; die realen Bauformen der einzelnen Komponenten sind erheblich komplexer (Abb. 2). Die auf Massepotenzial (0 V) liegende Kathode K wird über eine Heizwendel indirekt so weit aufgeheizt (Heizspannung UH), dass es zur Glühemission von Elektronen 1 Einzelheiten dazu werden im Versuch „Sensoren für Kraft, Druck, ...“ behandelt. 57 kommt. Im Abstand dA von der Kathode befindet sich die in der Mitte durchbohrte Anode A. Zwischen K und A wird eine positive Hochspannung UA in der Größenordnung von 1000 V angelegt. Dadurch entsteht zwischen K und A ein elektrisches Feld EA vom Betrag (1) EA = UA , dA durch das auf die Elektronen mit der Ladung e eine Kraft FA vom Betrag (2) FA = e E A ausgeübt wird. Diese Kraft beschleunigt die Elektronen in Richtung Anode. Nach Durchtritt durch das Loch in der Anode treffen die Elektronen auf den Leuchtschirm L, wo sie beim Auftreffen abgebremst werden und den Phosphor des Schirms zur Fluoreszenz anregen. Dadurch entsteht ein sichtbarer Leuchtfleck, dessen Größe mit Hilfe der Spannung UF an der Fokussiereinheit F minimiert werden kann. Uy K W F Ux A UH~ - UW +UA L +UF Abb. 1: Schematischer Aufbau einer Elektronenstrahl-Oszilloskopröhre. Bezeichnungen siehe Text. Die strichpunktierte grüne Linie gibt schematisch die Bahn der Elektronen im Fall UX = UY = 0 an. Abb. 2: Foto des hinteren Endes einer Elektronenstrahl-Oszilloskopröhre. Es zeigt die komplexe Struktur der Elektroden zur Formung und Steuerung des Elektronenstrahls. Am Ende der Röhre und rechts am Röhrenmantel sind die Anschlusskontakte für die verschiedenen Elektroden zu erkennen. Mithilfe einer negativen Spannung UW zwischen K und dem WEHNELT-Zylinder W kann die Intensität des Leuchtpunktes variiert werden. Das durch UW hervorgerufene elektrische Feld EW ist zum Feld EA entgegen gerichtet und bremst die Elektronen. Nur Elektronen ausreichender kinetischer Energie können die Anode erreichen. Die X- und Y-Ablenkplatten (blau in Abb. 1) bilden paarweise je einen Plattenkondensator und dienen zur horizontalen und vertikalen Ablenkung des Elektronenstrahls. Wird an die Y-Ablenkplatten die Ablenkspannung UY angelegt, so entsteht zwischen den Platten bei einem Plattenabstand dY ein elektrisches Feld EY vom Betrag 58 VOLTS / DIV MODE AC CH1 X Y1 CH 1 CH 2 CH 1 / CH 2 CH 1 + CH 2 DC GND UY VOLTS / DIV AC CH2 Y Y2 DC TRIGGER GND AUTO LEVEL CH1 CH2 EXT TRIG NORM EXT LINE SLOPE NETZTEIL 230 V ~ SEC / DIV KIPPGEN. YT UX XY Abb. 3: Blockschaltbild der wichtigsten Funktionseinheiten eines Oszilloskops. Bezeichnungen siehe Text und Abb. 4. BNC-Buchse - innen: Signalleitung - außen: Massekontakt Einheit zur Einstellung von z.B. - Verstärkungsfaktor in VOLTS/DIV - Zeitablenkung in SEC/DIV - Triggerschwelle (LEVEL) - Triggerflanke (SLOPE) - Intensität (INTENS) Verstärker Schwellwertdiskriminator: erzeugt Ausgangsimpuls, wenn Eingangsspannung > Schwellwert Abb. 4: (3) EY = Erklärung von Blockschaltbild-Elementen. UY , dY durch das auf die Elektronen während ihres Durchflugs eine Kraft FY vom Betrag (4) = FY e= EY e UY dY ausgeübt wird. Je nach Vorzeichen und Höhe der Spannung UY werden die Elektronen deshalb mehr oder weniger stark nach oben oder unten abgelenkt und erreichen den Leuchtschirm in vertikaler Richtung an einer anderen Stelle. Analoge Überlegungen gelten für die X-Ablenkplatten, mit denen eine Ablenkung der Elektronen in horizontaler Richtung erreicht werden kann. 59 Abb. 3 zeigt in einem Blockschaltbild die wichtigsten (nicht alle!) Funktionseinheiten für die Ansteuerung der einzelnen Elemente der Oszilloskopröhre. In Abb. 4 wird die Funktion der Blockschaltbild-Elemente erklärt. Abb. 5 zeigt die Frontansicht der Steuereinheiten eines typischen Elektronenstrahl-Oszilloskops. Bei dem mit Abb. 3 und Abb. 5 beschriebenen Gerät handelt es sich um ein so genanntes 2-Kanal-Oszilloskop mit zwei Signaleingängen. Die Eingänge sind als BNC-Buchsen ausgelegt und heißen Kanal 1 (Channel 1; häufig bezeichnet mit CH1 2 oder X oder Y1) und Kanal 2 (CH2 oder Y oder Y2). Zusätzlich gibt es einen BNC-Eingang für ein externes Triggersignal (EXT INPUT oder EXT TRIG). In der Stellung DC 3 des Kanal-Eingangsschalters gelangt das jeweilige Eingangssignal direkt auf einen Eingangsverstärker, in der Schalterstellung AC 4 nur sein Wechselspannungsanteil 5. In der Stellung GND (Ground) wird der Eingang auf Massepotenzial gelegt. Mit dem Drehschalter VOLTS/DIV wird der Verstärkungsfaktor des Eingangsverstärkers variiert und festgelegt, wie viel Volt (VOLTS) des Eingangssignals zu einer Elektronenstrahlablenkung von einer Längeneinheit (einer DIVision, meistens 1 cm) auf dem Oszilloskopbildschirm führen. Die VOLTS/DIVEinstellung bestimmt also die vertikale Größe eines Signals auf dem Oszilloskopbildschirm. Die horizontale und die vertikale Lage des Oszilloskopbildes wird dagegen über die POSITION-Potentiometer verändert, über die eine positive oder negative Gleichspannung variabler Größe zu den Ablenkspannungen UY und UX hinzu addiert wird. Abb. 5: Frontansicht der Steuereinheiten des Elektronenstrahl-Oszilloskops TEKTRONIX 2213A (Quelle: TEKTRONIX-Manual). 2.1.1 XY- und YT-Betrieb Das Oszilloskop kann je nach Einstellung der Funktionsgruppe MODE in verschiedenen Modi arbeiten: − 2 3 4 5 Im XY-Betrieb wird der Signalverlauf Uy(Ux) dargestellt. Hierzu gelangt das Signal vom Eingang CH1 (X) über einen Eingangsverstärker als Spannung UX an die X-Ablenkplatten und das Signal vom Eingang CH2 (Y) über einen Eingangsverstärker als Spannung UY an die Y-Ablenkplatten. In der Schriftart ARIAL gesetzte Bezeichnungen entsprechen den Beschriftungen auf der Frontplatte des Oszilloskops. DC: direct current (Gleichstrom); hier ist mit „DC“ Gleichspannungskopplung gemeint. AC: alternating current (Wechselstrom); hier ist mit „AC“ Wechselspannungskopplung gemeint. Einzelheiten zu Gleich- und Wechselspannungssignalen siehe Kapitel „Zum Aufbau elektrischer Schaltungen…“ dieses Skriptes. 60 − − Im YT-Betrieb werden Signale als Funktion der Zeit t dargestellt: Uy1(t), Uy2(t) oder Uy1(t) + Uy2(t). Hierzu gelangen die Signale von CH1 bzw. von CH2 nach Verstärkung an die Y-Ablenkplatten. Ein Kippgenerator erzeugt eine Sägezahnspannung mit der Periodendauer td, die als Ablenkspannung UX für eine periodisch sich wiederholende horizontale Ablenkung des Elektronenstrahls sorgt (s. Abb. 6). Der Kippgenerator mit zugehörigen Komponenten (u.a. SEC/DIV-Schalter) wird auch als Zeitbasis oder Time-Base bezeichnet. Mit dem Zeitablenkschalter (SEC/DIV) wird im YT-Betrieb festgelegt, welche Zeit te der Elektronenstrahl benötigt, um auf dem Oszilloskopschirm in horizontaler Richtung eine Strecke von einer Längeneinheit (1 DIV) zurückzulegen. Bei einer Bildschirmbreite von m DIVisions gilt td = m te. UX tr t td Abb. 6: Sägezahnspannung des Kippgenerators. Während der Zeit td läuft der Elektronenstrahl mit gleichmäßiger Geschwindigkeit von links nach rechts, während der Zeit tr läuft er von rechts nach links an den Bildanfang zurück. Durch Verringerung von UW wird erreicht, dass der Strahl während des Rücklaufs nicht auf den Leuchtschirm gelangt. 2.1.2 Synchronisierung (Triggerung) Um auf dem Oszilloskopschirm ein periodisches Signal Uy(t) mit der Periodendauer T als stehendes Bild darzustellen, muss Uy(t) mit der horizontalen Ablenkspannung UX(t) synchronisiert werden. Dieser Vorgang der Synchronisation heißt Triggerung. Sie wird über die Funktionseinheit Trigger gesteuert. Abb. 7 demonstriert die Triggerung anhand eines Beispiels für den Fall T ≥ td + tr. Der Kippgenerator erzeugt die nächste Periode von UX(t) erst dann, wenn die Eingangsspannung Uy(t) gleich der Schwellenspannung UL (TRIGGER LEVEL) ist und die Steigung (SLOPE) von Uy(t) das am Trigger-Schalter SLOPE eingestellte Vorzeichen hat („+“ in dem in Abb. 7 dargestellten Fall). Nur wenn beide Bedingungen erfüllt sind wird getriggert, d. h. der Elektronenstrahl läuft einmal von links nach rechts über den Oszilloskopschirm und wartet anschließend am linken Rand auf das nächste Triggerereignis. Uy UL T t UX t td + tr Abb. 7: Signaltriggerung. Oben Eingangssignal Uy(t), unten Signal UX(t) des Kippgenerators. UL: Trigger-Level. Mit den Elementen der Funktionseinheit TRIGGER wird eingestellt, ob das Oszilloskop im oben beschriebenen NORMal- oder im AUTO-Triggermodus betrieben werden soll: − Im NORMal-Modus kann eingestellt werden, auf welches Signal getriggert (synchronisiert) werden soll. Möglich sind die INTerne Triggerung auf ein an CH1 oder CH2 anliegendes Signal, auf ein EXTernes Signal, das dem Oszilloskop über die EXT INPUT / TRIG-Buchse zugeführt wird oder auf die Netzspannung (LINE). 61 − Im AUTO-Modus findet eine Triggerung wie im NORMal-Modus statt, falls das Eingangssignal die Triggerbedingung erfüllt; andernfalls wird die nächste Periode der Sägezahnspannung auch ohne Triggerung erzeugt. In dieser Betriebsart kann der Elektronenstrahl auch dann sichtbar gemacht werden, wenn der Kanal-Eingangsschalter auf GND steht. In diesem Fall ist Uy(t) = 0, sodass die Triggerbedingung (Uy > UL) für das Loslaufen des Elektronenstrahls gar nicht erfüllt werden kann. Frage 1: - Was bedeutet es für die Triggerung des Oszilloskops, wenn die TRIGGER-Wahlschalter auf a) NORM, EXT, „-“, b) NORM, CH1, „+“ stehen? Frage 2: - Auf dem Oszilloskopschirm mögen zwei sinusförmige Spannungsverläufe Uy1(t) und Uy2(t) zu sehen sein. Wie lassen sich die Periodendauern T, die Frequenzen f und die Kreisfrequenzen ω der Signale ermitteln? Wie lautet der formelmäßige Zusammenhang zwischen diesen Größen? Wie lassen sich die Amplituden Uy1,0 und Uy2,0 der Spannungssignale bestimmen? Frage 3: - Angenommen, die Signale Uy1(t) und Uy2(t) haben die gleichen Frequenzen, sind jedoch seitlich gegeneinander versetzt, d. h. phasenverschoben. Wie lässt sich dann der Betrag der Phasenverschiebung ϕ (in Grad) der beiden Signale ermitteln (Formel)? 2.2 Digital-Speicher-Oszilloskop 2.2.1 Grundlagen Ein Digital-Speicher-Oszilloskop (kurz: Digital-Oszilloskop) ist im Grunde nichts anderes als ein Computer, der neben den üblichen Einheiten wie CPU, internem / externen Speicher, Bussystem und Software folgende spezielle Komponenten enthält: − − − Ein Bedienfeld mit Drehknöpfen (z.B. VOLTS/DIV, SEC/DIV, LEVEL,…) und Tasten (z.B. CH1/2 MENU, TRIG MENU, CURSOR,…), s. Abb. 9 und Abb. 10, über die die Steuerung der Software erfolgt (statt über Tastatur und Maus). Eine Einheit zur Erfassung und Digitalisierung von Spannungssignalen, die an die BNC-Buchsen CH1, CH2 und EXTR TRIG angelegt werden. Einen LCD-Bildschirm zur Anzeige der erfassten Signale, zur Ausgabe von Messwerten und Einstellungsparametern sowie zur Darstellung der Menüs zur Gerätesteuerung (s. Abb. 11, Abb. 12, Abb. 13). Die analogen Eingangssignale werden mit einem Analog/Digital-Wandler (A/D-Wandler) in digitale Signale umgewandelt. Details dieses Wandlungsprozesses werden in einem separaten Versuch „Datenerfassung und –verarbeitung mit dem PC...“ behandelt. Deshalb werden im Folgenden nur einige Grundbegriffe erläutert. Die Umwandlung analog → digital geschieht nicht kontinuierlich, sondern nur zu diskreten, periodisch angeordneten Zeitpunkten, den so genannten Abtastpunkten (sampling points, Abb. 8). Die Häufigkeit, mit der ein Signal abgetastet wird, ist durch die Abtastrate oder Abtastfrequenz fa vorgegeben, ihr Kehrwert ist das Abtastintervall Ta. Je höher fa, je kleiner also Ta, desto präziser kann der zeitliche Verlauf eines Eingangssignals dargestellt werden. Bei den im Praktikum eingesetzten Geräten beträgt fa maximal 1 GHz. Die höchstmögliche Abtastfrequenz fa bestimmt nach dem Abtasttheorem 6 gleichzeitig die maximale Frequenz fs eines harmonischen Eingangssignals, die mit einem Digital-Oszilloskop noch erfasst werden kann. Für eine korrekte Signalerfassung muss die Bedingung (5) fa > 2 fs erfüllt sein, andernfalls treten Fehler auf (Aliasing). 6 Weitere Details zum Abtasttheorem und zum Aliasing werden im späteren Versuch „Fourieranalyse“ behandelt. 62 U Ta t Abb. 8: ∆U Abtastung eines Sinussignals (rot). Die Abtastpunkte (blau) haben den zeitlichen Abstand Ta = 1/fa voneinander. ∆U gibt die maximale Spannungsdifferenz im dargestellten Signal an. Um den Spannungswert an einem Abtastpunkt möglichst genau bestimmen zu können, benötigt man einen A/D-Wandler mit möglichst großer Auflösung, die durch die Zahl n der verfügbaren Bits gegeben ist. n Bits erlauben eine relative Genauigkeit für Spannungsmessungen von 1/2n. Bei den im Praktikum eingesetzten Typen ist n = 8, es können also 28 = 256 unterschiedliche Spannungswerte erfasst werden. Dazu zwei Beispiele: − Bei einer Verstärkereinstellung am VOLTS/DIV-Schalter von 1 V/DIV und 8 Divisions in vertikaler Richtung können Eingangssignale mit maximalen Spannungsunterschieden von ∆U = 1 V/DIV × 8 DIV = 8 V dargestellt werden. Einzelne Spannungswerte können dann mit einer Genauigkeit (Auflösung) von 8 V/ 28 ≈ 30 mV gemessen werden. Spannungsunterschiede im Eingangsignal, die kleiner als ca. 30 mV sind, können demnach nicht aufgelöst werden. − Bei einer Verstärkereinstellung von 20 mV/DIV und 8 Divisions können Eingangssignale mit maximalen Spannungsunterschieden von ∆U = 20 mV/DIV × 8 DIV = 160 mV dargestellt werden. Die Auflösung bei der Messung einzelner Spannungswerte beträgt dann 160 mV/ 28 ≈ 0,63 mV. Für Messungen mit möglichst hoher Auflösung ist es deshalb wichtig, die Eingangssignale über die richtige Einstellung am VOLTS/DIV-Schalter immer so weit zu verstärken, dass sie sich in vertikaler Richtung annähernd über den gesamten Bildschirm erstrecken. Eine weitere Größe, die die Güte eines Digital-Oszilloskops bestimmt, ist die maximale Zahl N von Abtastwerten, die gespeichert werden können. Bei den im Praktikum eingesetzten Geräten ist N = 2.500. Die Darstellung der Messwerte erfolgt auf einem Bildschirm mit z.B. 320 (horizontal) × 240 (vertikal) Pixeln. Die Signalspeicherung geschieht bei einem Digital-Oszilloskop kontinuierlich. Im Speicher stehen immer die letzten N Abtastwerte des Signals zur Verfügung. Die Darstellung der Signale geschieht jedoch nur dann, wenn eine Triggerung erfolgte. Die kontinuierliche Signalspeicherung hat den Vorteil, dass auch Signalanteile vor dem Triggerzeitpunkt dargestellt werden können (Vortriggerung, englisch Pre-Triggering). So ist in der Grundeinstellung des Oszilloskops der Zeitpunkt, zu dem die Triggerung ausgelöst wurde, in der horizontalen Bildmitte zu finden (s. Abb. 11). Mit Hilfe des HORIZONTAL POSITIONKnopfes kann dieser Zeitpunkt nach links und rechts verschoben werden. 63 Abb. 9: Frontansicht des Digital-Oszilloskops TEKTRONIX Typ TDS 220 (Quelle: TEKTRONIX-Manual). Abb. 10: Frontansicht des Digital-Oszilloskops TEKTRONIX TDS 1012B (Quelle: TEKTRONIX-Manual). Die Modelle TDS 1012, TDS 1012B und TDS 2012C verfügen über die Möglichkeit der Datenspeicherung auf einer SD-Karte bzw. einem USB-Speicherstick. Abb. 11: Bildschirmfoto des Digital-Speicher-Oszilloskops TEKTRONIX TDS 1012, mit dem eine sinusförmige Wechselspannung an CH1 gemessen wird. Durch Aktivierung der Funktion MESSUNG werden am rechten Bildrand der Spitze-Spitze-Wert USS der Spannung (8,16 V) sowie ihre Frequenz (1,002 kHz) ausgegeben. Unten wird die Einstellung der Parameter VOLTS/DIV (CH1 2.00V) und SEC/DIV (M 250µs) sowie die Höhe des TRIGGER LEVELs ( 560mV) angezeigt. Das Zeichen bedeutet Triggerung auf einen Signalabschnitt mit positiver Steigung (SLOPE). Der nach unten zeigende Pfeil am oberen Bildrand markiert den Triggerzeitpunkt, der nach links zeigende Pfeil am rechten Bildrand den TRIGGER LEVEL und der nach rechts zeigende Pfeil am linken Bildrand mit der Ziffer 1 die Lage der 0 V-Linie (GND) von CH1. 64 2.2.2 Menüsteuerung Viele Funktionen des Digital-Oszilloskops werden über Menüs gesteuert. Nach der Betätigung einer Taste wie CH1 MENU, MESSUNG / MEASURE, ERFASSUNG / ACQUIRE, DISPLAY usw. erscheint in der rechten Spalte des Bildschirms ein Menü mit fünf untereinander angeordneten Feldern. Abb. 12 zeigt als Beispiel das Menü nach Betätigung der Taste CH1 MENU. Die Einträge in den einzelnen Feldern lassen sich durch Betätigung der rechts neben den Feldern liegenden Tasten verändern. So führt beispielsweise eine mehrmalige Betätigung der Taste neben dem Feld Kopplung zur Änderung der Signalkopplung: DC → AC → GND → DC → AC → GND →… Weitere Menüs sind in Abb. 13 dargestellt. Abb. 12: Menü auf dem Bildschirm (rechte Spalte) nach Betätigung der Taste CH1 MENU. Rechts daneben die Tasten zur Änderung der Menüauswahl in den einzelnen Feldern. Abb. 13: Menüs nach Betätigung unterschiedlicher Funktionstasten. Von links nach rechts und von oben nach unten sind dargestellt: Menü DISPLAY (u.a. Umschaltung zwischen YT- und XY-Betrieb), Menü TRIGGER, Menü ERFASSUNG und Menü MESSUNG. 2.2.3 Quantitative Messungen Ein großer Vorteil von Digital-Oszilloskopen gegenüber analogen Geräten besteht in der Möglichkeit, die gespeicherten Daten geräteintern verrechnen zu können. So können auf einfache Weise Signalmittelwerte, 65 Spitzenwerte von Signalen, Zeit- und Amplitudendifferenzen, Periodendauern, Signalfrequenzen usw. gemessen werden. Zur Messung von Parametern periodischer Signale (Periode, Frequenz, Amplitude usw.) eignet sich das Menü MESSUNG / MEASURE. Die Ergebnisausgabe erfolgt jeweils am rechten und unteren Rand der Anzeige. Abb. 11 und Abb. 13 unten rechts zeigen Beispiele. Nichtperiodische Signale oder einzelne Spannungs- und Zeitwerte lassen sich mithilfe des CURSORMenüs messen (Abb. 14). Mit zwei horizontalen Cursorn (Spannungscursor) lassen sich Spannungswerte und Spannungsdifferenzen bestimmen, mit zwei vertikalen Cursorn (Zeitcursor) Zeitwerte und Zeitdifferenzen. Die Cursor lassen sich mit Hilfe der POSITION-Knöpfe (Typ TDS 1012) oder mit einem separaten Drehknopf (Typ TDS 1012B / 2012C) verschieben. Die zu den Cursorpositionen gehörenden Messwerte werden jeweils in Anzeigefeldern am rechten Bildrand ausgegeben. Abb. 14: CURSOR-Menüs. Links zwei Spannungscursor (Typ Amplitude), die die Maxima (CURSOR 1, 100 mV) und die Minima (CURSOR 2, -102 mV) des Signals an CH1 markieren. ∆V zeigt die Spannungsdifferenz beider Cursorwerte an (202 mV). Rechts zwei Zeitcursor (Typ Zeit), die den Beginn (CURSOR 1, - 90 µs) und das Ende (CURSOR 2, 910 µs) einer Periode des Signals an CH1 markieren. ∆t zeigt die Zeitdifferenz beider Cursorwerte an (1.000 ms). 2.2.4 Speicherung von einmaligen Signalen Ein weiterer Vorteil von Digital-Oszilloskopen gegenüber analogen Geräten besteht in der Möglichkeit, einmalige Signale erfassen und speichern zu können. Ein Beispiel für solche Signale sind Spannungsimpulse, die eine Fotodiode nach Bestrahlung mit einem kurzen Lichtblitz ausgibt. Über das TRIGGERMenü kann man die Bedingungen einstellen (PEGEL / LEVEL, FLANKE / SLOPE,…) unter denen eine einmalige Signalaufzeichnung erfolgen soll. Durch Betätigung der Taste RUN / STOP bzw. SINGLE SEQ wird das Oszilloskop anschließend in eine Wartestellung versetzt (Anzeige READY in oberer Menüzeile). Erfüllt das Eingangssignal danach die Triggerbedingungen, erfolgt die Aufzeichnung. Aufgrund der Pre-Triggerung (s. Kap. 2.2.1) ist dann auch der Signalverlauf direkt vor dem Auslösen des Triggerereignisses sichtbar. 3 Versuchsdurchführung Zubehör: Digital-Oszilloskop TEKTRONIX TDS 1012 / 1012B / 2012C / TBS 1102B, 2 Funktionsgeneratoren (TOELLNER 7401 und AGILENT 33120A / 33220A), Signalformer, Stroboskop, Blitzgerät (METZ 44 AF1), Fotodetektor (Si-Fotoelement SIEMENS BPY64P), Glühlampe und Leuchtstofflampe in lichtdichtem Kasten, hochohmiger Spannungsteiler 100:1 zur Teilung der Netzspannung. Hinweise: Einzelheiten zum Betrieb der zur Verfügung stehenden Geräte, insbesondere der Oszilloskope, müssen bei Bedarf in den bereitliegenden Gerätehandbüchern nachgelesen werden. Das Erlernen des Umgangs mit Handbüchern (auch englischsprachigen) gehört mit zu den Lernzielen im Praktikum! 66 Im Laufe des Studiums wird man immer wieder mit Oszilloskopen arbeiten müssen, die jeweils anders aussehen und unterschiedlich in ihrer Bedienung sind. Es wäre daher falsch, sich im Praktikum an nur einen Gerätetyp zu gewöhnen. Im Gegenteil, man sollte im eigenen Interesse häufig zwischen verschiedenen Modellen wechseln, um genügend Routine beim Umgang mit den Geräten zu erwerben. Die Versuche werden mit dem Funktionsgenerator (FG) TOELLNER 7401 durchgeführt. Der Funktionsgenerator AGILENT 33120A / 33220A kommt nur im Versuch 3.10 zum Einsatz. Manchmal kann es hilfreich sein, die AUTOSET-Taste am Oszilloskop zu betätigen. Das Gerät analysiert dann das Eingangssignal und stellt es mit daraus abgeleiteten Einstellungen dar. 3.1 Erzeugung eines Punktes In der Mitte des Bildschirmes soll ein ruhender Punkt erzeugt werden. Dazu muss das Oszilloskop auf XYBetrieb (Menü DISPLAY) eingestellt werden. Durch welche Bedienungselemente lässt sich die vertikale und horizontale Lage des Punktes verändern? 3.2 Erzeugung eines vertikalen Striches Im XY-Betrieb soll in der Mitte des Bildschirms ein vertikaler Strich mit einer Länge von 6 DIVisions erzeugt werden. Dazu muss ein geeignetes Signal aus dem Funktionsgenerator (Buchse OUTPUT) an den Y-Kanal gelegt werden. Durch welche Bedienungselemente des Oszilloskops und des Funktionsgenerators lassen sich die Länge und die Lage des Striches beeinflussen? (Alle Möglichkeiten ausprobieren!) 3.3 Ausgangssignale eines Funktionsgenerators Im YT-Betrieb sollen nacheinander die verschiedenen Ausgangssignale (Sinus-, Dreieck-, Rechtecksignal) des Funktionsgenerators an CH1 dargestellt werden. Variieren Sie die Frequenz, die Amplitude und den Gleichspannungsanteil (DC-OFFSET) am FG und beobachten Sie die zugehörigen Signaländerungen auf dem Oszilloskop. Um Änderungen bei Variation des Gleichspannungsanteils beobachten zu können, muss am Oszilloskop die DC-Kopplung (CH1/2 MENU) eingestellt sein. Stellen Sie gleichzeitig mit dem Ausgangssignal des FG das Signal an der Buchse TTL OUT 7 dar. Dokumentieren Sie für alle drei Signalformen das Ausgangssignal zusammen mit dem TTL-Signal entweder per Handskizze oder mit einem Bildschirmfoto (siehe Anhang, Kap. 4). Geben Sie den maximalen und minimalen Spannungswert des TTL-Signals sowie seine Phasenlage relativ zu den Ausgangssignalen (Sinus, Dreieck, Rechteck) an. 3.4 Trigger-Level und Trigger-Flanke Der Funktionsgenerator (DC-OFFSET OFF) wird an CH1 des Oszilloskops angeschlossen. Auf dem Schirm wird ein Bild entsprechend Abb. 15 erzeugt, d. h. ein „Sinussignal mit Grundlinie“. Die Amplitude des Sinussignals soll 1 V betragen, die Frequenz 2 kHz und auf dem Schirm soll genau eine Periode sichtbar sein. Getriggert wird im NORMal-Modus (TRIG MENU), der Triggerzeitpunkt soll am linken Bildrand liegen. Das Sinussignal soll am linken Rand nacheinander bei einem Argument (Phasenwinkel) von 0°, 45°, 90°, 135°, 180°, 225° und 270° beginnen, ohne dass die Einstellung der HORIZONTAL POSITION am Oszilloskop dabei verändert wird. Wie müssen der PEGEL / LEVEL und die FLANKE / SLOPE der Triggereinheit dazu eingestellt werden? (Darstellung der Ergebnisse in Tabellenform; Trigger-Level für die jeweiligen Phasenwinkel ausrechnen, am Oszilloskop einstellen und in die Tabelle eintragen.) 7 Siehe Erläuterungen zu den Ausgangssignalen eines FG im Kapitel „Zum Aufbau elektrischer Schaltungen…“ im Versuchskript. 67 Abb. 15: Oszilloskopbild eines Sinussignals mit Grundlinie (rot). Jedes Kästchen hat die Größe 1 DIV × 1 DIV. 3.5 Quantitative Messung eines Spannungssignals Mit Hilfe eines Fotodetektors ist es möglich, den zeitlichen Verlauf einer Lichtintensität I(t) in ein dazu proportionales Spannungssignal U(t) umzuwandeln. Mit dem zur Verfügung stehenden Fotodetektor soll der zeitliche Verlauf der Lichtintensität einer an das Stromnetz (50 Hz Wechselspannung) angeschlossenen Glühlampe und einer Leuchtstofflampe (Abb. 16) mit dem Oszilloskop gemessen werden (Frequenz, Amplitude, Signalform (Skizze)). Dabei soll insbesondere auf charakteristische Unterschiede in den Signalen beider Lampen geachtet werden. Zur Messung wird der Fotodetektor auf die Öffnung des Lampenkastens gelegt und die jeweilige Lampe eingeschaltet. I(t) enthält einen Gleichanteil IDC und einen deutlich kleineren zeitlich variierenden Anteil IAC. Nur das zu IAC gehörende Spannungssignal wird auf dem Oszilloskop dargestellt und vermessen. Frage 4: - Warum enthält I(t) einen Gleichanteil IDC? Bei der Messung der Signale wird auffallen, dass sie von einem Rauschsignal kleiner Amplitude überlagert sind. Bei periodischen Signalen lässt sich dieser Rauschanteil durch Mittelwertbildung verringern. Dazu wählt man die Betriebsart ERFASSUNG / ACQIRE → MITTELWERT, in der die Signale über 4, 16, 64 oder 128 Zeitintervalle der Länge ∆t gemittelt werden können. ∆t entspricht dabei der Breite des auf dem Bildschirm angezeigten Zeitbereichs: ∆t = 10 × te, wobei te der eingestellte SEC/DIV-Wert ist. Schalten Sie zwischen den Erfassungsmodi NORMALE ABTASTUNG und MITTELWERT um, variieren Sie die Zahl der Zeitintervalle, über die gemittelt wird und dokumentieren Sie die Änderungen in den dargestellten Signalen. Spule Leuchtstoff U~ Elektroden Gas Glimmstarter Abb. 16: Blockschaltbild einer Leuchtstofflampe. Frage 5: - Abb. 16 zeigt das Blockschaltbild einer Leuchtstofflampe. Wie funktioniert die Lampe prinzipiell? Worin besteht der wesentliche Unterschied zu einer Glühlampe? 68 3.6 Scheitel- und Effektivwert der Netzspannung Mit einem hochohmigen Spannungsteiler wird die Netzspannung im Verhältnis 100:1 auf zwei Widerstände aufgeteilt (Abb. 17; Genauigkeit der Widerstände ± 1 %). 8 100 R1 Netzspannung 230 V ~ L R1 CH 1 Abb. 17: Hochohmiger Spannungsteiler zur Teilung der Netzspannung mit Kontrolllämpchen L (rot). Achtung: Beim Anschluss des Spannungsteilers an die Netzspannung muss unbedingt auf richtige Polung geachtet werden! Bei richtiger Polung leuchtet das rote Kontrolllämpchen L auf, bei falscher Polung nicht. In diesem Fall muss der Netzstecker umgedreht werden! Keinesfalls darf das Oszilloskop bei falscher Polung angeschlossen werden! Aus Sicherheitsgründen ist ein Einsatz der beschriebenen Spannungsteilerschaltung nur durch geschultes Personal zulässig (Gefahr der Berührung von Netzspannung bei falschem Einsatz der Schaltung oder bei Leitungsbruch). Das Kabel am Widerstand R1 darf daher erst angeschlossen werden, nachdem die Schaltung durch eine betreuende Person überprüft wurde! Über dem kleineren Widerstand R1 wird die Spannung abgegriffen, auf CH1 des Oszilloskops gegeben und Form, Frequenz und Amplitude gemessen. Frage 6: - Wie groß ist die Amplitude (der Scheitelwert) der Netzspannung, wie groß ihr Effektivwert (sinusförmige Netzspannung vorausgesetzt)? Wie groß wäre der Effektivwert einer rechteckförmigen Wechselspannung gleicher Amplitude? Frage 7: - Welcher Strom (Effektivwert) fließt durch eine Heizplatte, die mit Wechselstrom betrieben wird und deren Typenschild die Angabe „230 V / 1,5 kW“ trägt? Wie groß ist der Scheitelwert dieses Stromes? 3.7 Untersuchung eines gedämpften periodischen Spannungssignals An den Eingang eines Signalformers wird eine Rechteckspannung angelegt (Frequenz 10 kHz, Amplitude einige V). Dieser Signalformer wird als „Black Box“ behandelt, dessen Funktionsprinzip hier nicht interessiert. Wichtig ist nur, dass am Ausgang des Signalformers ein Spannungssignal vorliegt, dessen Verlauf dem einer gedämpften harmonischen Schwingung entspricht. Frage 8: - Der Spannungsverlauf U(t) einer gedämpften harmonischen Schwingung (siehe Abb. 18) mit der Anfangsamplitude U0, der Kreisfrequenz ω und der Dämpfungskonstanten α lässt sich als Funktion der Zeit t schreiben als: (6) U ( t ) = U 0 cos (ω t ) e −α t Die mit der Zeit abnehmenden Amplituden der Teilschwingungen seien Ui (i = 1, 2, 3,…, s. Abb. 18). Was für ein Funktionsverlauf ergibt sich, wenn die Ui über i a) linear und b) halblogarithmisch aufgetragen wird? (Die i-Achse soll jeweils linear skaliert sein.) 8 Zur Vermessung der Netzspannung wird ein Spannungsteiler statt eines Netztransformators benutzt, um die Form der Netzspannung nicht zu verfälschen. 69 Das Ausgangssignal des Signalformers wird an CH1 des Oszilloskops angeschlossen. Die Triggerung und Zeitablenkung des Oszilloskops wird so eingestellt, dass eine gedämpfte Schwingung vollständig und von einer weiteren der Anfang auf dem Schirm zu sehen ist. Anschließend werden folgende Signaldaten gemessen: a) Frequenz der gedämpften Schwingung, b) Spannungsamplituden Ui der ersten 5 Teilschwingungen. Stellen Sie im Versuchsprotokoll Ui als Funktion von i grafisch dar (linear und halblogarithmisch) und vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit den Erwartungen gemäß Frage 8. 1,0 U1 U/ V 0,5 U2 0,0 -0,5 -1,0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 t/s Abb. 18: Gedämpfte harmonische Schwingung gem. Gl. (6). U0 = 1V ist die Anfangsamplitude, U1 und U2 sind die Amplituden der beiden nachfolgenden Teilschwingungen. 3.8 Frequenzstabilität eines Stroboskops Die Aufgabe in diesem Versuchsteil besteht darin, quantitative Aussagen über die Frequenzstabilität eines Stroboskops zu machen, dessen Lichtblitze mit einem Fotodetektor in Spannungsimpulse umgewandelt werden. Ein Maß für diese Frequenzstabilität ist die maximale Zeitspanne ∆T, um die der Abstand zwischen aufeinander folgenden Stroboskopblitzen mit dem mittleren Impulsabstand T variiert (s. Abb. 19). ∆T U 1. Impuls (getriggert) 2. Impulse t T t0 Abb. 19: Oszilloskopbild einer zeitlich schwankenden Impulsfolge. Zur Lösung der angegebenen Aufgabe wird das Oszilloskop im NORMal-Triggermodus auf das Spannungssignal des Fotodetektors getriggert. Das Stroboskop wird bei einer Frequenz von f ≈ 30 Hz betrieben. Die Zeitablenkung wird so eingestellt, dass ein Zeitintervall der Länge t0 ≈ 1,1 T ≈ 1,1 f auf dem Bildschirm zur Darstellung kommt. Danach wird der Triggermodus auf Einzelimpulserfassung umgestellt (Taste SINGLE SEQ beim Typ TDS 1012 / 1012B bzw. Triggermodus SINGLE SHOT beim Typ TDS 210/220). Dadurch wird erreicht, dass nach Betätigung der RUN/STOP-Taste jeweils ein Impulsverlauf gespeichert und dargestellt wird, wie er sich nach erfolgter Triggerung ergibt. Vor der Triggerung erscheint im Display READY (das Oszilloskop wartet auf das Erreichen der Triggerschwelle), nach der Triggerung erscheint STOP. Mit Hilfe der Zeitcursor kann der Impulsabstand T zwischen dem ersten Impuls, auf den getriggert wurde, und dem 70 zweiten Impuls vermessen werden. Durch mindestens zehnmalige Wiederholung der Messung (jeweils erneut die RUN/STOP-Taste betätigen) wird ein brauchbarer Schätzwert für das Zeitintervall ∆T ermittelt und in Relation zum mittleren Impulsabstand T angegeben. 3.9 Dauer eines Lichtblitzes Mit Hilfe eines Fotodetektors soll die Dauer des Lichtblitzes aus einem Foto-Blitzgerät ermittelt werden (Taste M am Blitzgerät so oft drücken, bis die LED über 1/64 aufleuchtet). Der Blitz wird aus ca. (0,5 – 1) m auf den Fotodetektor gerichtet und ausgelöst. Das Signal des Fotodetektors wird mit dem Oszilloskop im SINGLE SEQ / SINGLE SHOT-Modus erfasst. Da die Dauer des Lichtblitzes kurz ist (< 1 ms) und die Lichtintensität des Blitzes schnell ansteigt und abfällt, muss ein schneller Fotodetektor verwendet werden. Darunter versteht man einen Detektor, der Lichtimpulse mit kurzer Anstiegs- und Abfallzeit messen kann. Bei dem verwendeten Fotodetektor erreicht man dies dadurch, dass man die Ausgangskontakte des Fotodetektors mit einem 50 Ω -Widerstand verbindet und die Spannung über diesem Widerstand misst. Man spricht in dem Fall von einem 50 ΩAbschluss des Detektors 9. Der physikalische Grund für diese Beschaltung wird bei den späteren Versuchen „Messung von Kapazitäten....“ und „Sensoren...“ klar werden. Als Dauer des Lichtblitzes soll die 10%-Breite tb des aufgezeichneten Spannungsimpulses angegeben werden, wie sie in Abb. 20 definiert ist. Eine Skizze bzw. ein Bildschirmfoto (vgl. Kap. 4) des aufgezeichneten Impulses wird dem Protokoll beigefügt. U U0 0,1 U0 tb t Abb. 20: Zur Definition der 10%-Breite tb eines Spannungsimpulses U(t) mit der Amplitude U0. 3.10 Lissajous-Figuren LISSAJOUS-Figuren entstehen durch Überlagerung von zwei sinusförmigen Signalen Ux(t) und Uy(t), die im XY-Betrieb an die beiden Eingänge des Oszilloskops gelegt werden. Frage 9: - Wie sieht eine LISSAJOUS-Figur aus, die durch die Überlagerung zweier Sinussignale mit dem Amplitudenverhältnis 1:2 und dem Frequenzverhältnis 2:3 entsteht? (Skizze mit Matlab zeichnen. Die Phasenverschiebung zwischen beiden Signalen zur Zeit t = 0 sei 0.) Auf dem Oszilloskop sollen LISSAJOUS-Figuren durch die Überlagerung von zwei sinusförmigen Wechselspannungen aus den Funktionsgeneratoren AGILENT und TOELLNER erzeugt werden. Die Figuren sollen in horizontaler und vertikaler Richtung etwa die gleiche Ausdehnung haben. Der Funktionsgenerator AGILENT wird auf eine feste Frequenz von f1 = 50 Hz eingestellt, am Funktionsgenerator TOELLNER wird die Frequenz f2 variiert. Es soll versucht werden, möglichst ruhige Bilder für Frequenzen von f2 = (25, 50, 100, 150, 200) Hz zu erzeugen. Die entstehenden Bilder sollen dokumentiert und interpretiert werden. Frage 10: - Was könnte die Ursache dafür sein, dass keine dauerhaft stehenden Bilder erzeugt werden können? 9 Ein 50 Ω-Abschluss lässt sich realisieren, indem man auf die BNC-Buchse des Fotodetektors ein T-Stück aufsetzt. An einen Ausgang des T-Stücks schließt man einen 50 Ω-Widerstand an, an den anderen das Verbindungskabel zum Oszilloskop. 71 4 Anhang Um ein Bildschirmfoto des Digital-Oszilloskops auf einem USB-Stick bzw. einer SD-Card zu speichern, müssen folgende Tastenfolgen gedrückt werden: Grundeinstellungen (müssen nur einmal vorgenommen werden): SAVE/RECALL Dateiformat Verzeichnis auswählen → Aktion → TIFF → GPRnn 10 → Bild speichern → Verzeichnis wechseln Bild speichern: Speichern / PRINT → TEKnnnn.TIF nnnn ist die Bildnummer. Sie wird nach jedem Speichervorgang automatisch um 1 erhöht. 10 nn ist die Gruppennummer; Auswahl mit dem Drehknopf oben links. Empfohlene Werte ausgewählter physikalischer Konstanten (Stand 2014) Konstante Atomare Masseeinheit Symbol u Wert 1,660 539 040 (20)⋅10-27 Einheit kg Avogadro-Konstante NA 6,022 140 857 (74)⋅1023 mol-1 Boltzmann-Konstante k 1,380 648 52 (79)⋅10-23 J/K Elektrische Feldkonstante: 1/(µ0c2) ε0 8,854 187 817...⋅10-12 Elementarladung e -19 Faraday-Konstante F 96 485,332 89 (59) C/mol Gravitationskonstante G 6,674 08 (31)⋅10-11 m3/(s2kg) Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c 2,99792458⋅108 Magnetische Feldkonstante: 4π⋅10-7 µ0 1,256 637 0614…⋅10-6 Molare Gaskonstante R Plancksche Konstante h 6,626 070 040(81)⋅10-34 Js Ruhemasse des Elektrons me 9,109 383 56(11)⋅10-31 kg Ruhemasse des Neutrons mn 1,674 927 351 (74)⋅10 -27 kg Ruhemasse des Protons mp 1,674 927 471 (21)⋅10-27 kg Standard-Erdbeschleunigung g 9,80665 1,602 176 6208 (98)⋅10 1 Bemerkung As/(Vm) exakt As m/s exakt Vs/(Am) exakt 8,314 4598 (48) J/(mol K) m/s2 exakt (Definition) Die in Klammern stehenden Zahlen geben die einfache Standardabweichung in Einheiten der letzten Dezimalen an. Präfixe Faktor deci 10-2 centi 10 Symbol Faktor Name Symbol d 10 1 deka da c 102 hecto h 10 3 kilo k 6 mega M 10 -3 milli m 10 -6 micro µ 10 10-9 nano n 109 giga G 12 tera T -12 pico p 10 10-15 femto f 1015 peta P a 18 exa E 21 10 -18 10 1 Name -1 atto 10 10 -21 zepto z 10 zetta Z 10-24 yocto y 1024 yotta Y Quelle: Peter J. Mohr; David B. Nevell; Barry N. Taylor: "CODATA Recommended Values of the Fundamental Physical Constants: 2014", arXiv: 1507.07956v1 [physics.atom-ph] 21 Jul 2015. Siehe auch unter: http://arxiv.org/pdf/1507.07956v1.pdf und unter http://physics.nist.gov/cuu/Constants/index.html.