Aus der Chronik der Volksschule Eidenborn (1. Weltkrieg 1914 – 1918) Vorbemerkungen: In diesem Jahr wird der hundertjährigen Wiederkehr des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges gedacht. Dieser wird inzwischen als die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet, denn er hat die kriegerischen Ereignisse der folgenden Jahrzehnte maßgeblich beeinflusst. Die Bildung von Staatsbündnissen Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhunderts zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien einerseits sowie zwischen Russland, Frankreich und England andererseits hatte ein Wettrüsten der beiden Blöcke zur Folge. Auch waren die Beziehungen zwischen den Staaten durch machtpolitische Bestrebungen angespannt. Anlass für den Ausbruch des 1. Weltkrieges war schließlich das Attentat auf den österreichungarischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand am 28.06.1914 in Sarajewo/Serbien. Diplomatische Versuche von Deutschland und England, den Krieg zu vermeiden, blieben erfolglos. Daraufhin sahen sich die jeweiligen Bündnisstaaten zur Mobilmachung genötigt. In Deutschland ordnete der Kaiser am 01.08.1914 die Mobilmachung an. Die deutsche Kriegserklärung an Russland erfolgte am 01.08.1914, an Frankreich am 03.08.1914. Entsprechend dem sogenannten Schlieffen-Plan griffen die deutschen Truppen Frankreich von Nordosten an und verletzten dabei die belgische und luxemburgische Neutralität, was zum Kriegseintritt Englands führte. Zu Beginn des Krieges, in den man zunächst mit Begeisterung zog, war man der Meinung, bis Weihnachten des gleichen Jahres wieder zu Hause zu sein. Es kam aber anders. Auf dem östlichen Kriegsschauplatz gelang es den deutschen Truppen, in Russland einzudringen und die Front von der Heimat fernzuhalten. Dagegen hatte sich im Westen der deutsche Vormarsch festgerannt. Er verwandelte er sich in einen jahrelangen mörderischen Stellungskrieg. Schon bald nach Kriegsbeginn verschlechterte sich infolge der von England verhängten Seeblockade die Ernährungslage in Deutschland dramatisch. Versorgungsengpässe, erhöhte Lebensmittelpreise und das Gefühl der Bevölkerung, bei der Lebensmittelzuteilung ungerecht behandelt zu werden, führten bereits 1915 zu Demonstrationen. Während im März 1918 Deutschland und Russland einen Friedensvertrag schlossen, hatten sich im Westen durch den im April 1917 erfolgten Kriegseintritt der USA die Aussichten auf einen Sieg erheblich verschlechtert. Dies führte schließlich zum Abschluss eines Waffenstillstands, der im November 1918 in Kraft trat. Dem 1. Weltkrieg fielen etwa 20 Millionen Menschen zum Opfer. Der Lehrer Heinrich Zander hat in der Chronik der Volksschule Eidenborn regionale und überregionale Kriegsereignisse aufgezeigt, insbesondere erwähnte er häufig die kriegsbedingt schlechte Ernährungslage der Bevölkerung. Die Eintragungen beginnen mit den Angaben über den Ausbruch des 1. Weltkrieges und die Namen der Eidenborner Bürger, die sich Anfang August 1914 zu den Waffen stellen mussten. 2 1914 Krieg Am 29. Juni wurde der östereich. Thronfolger Franz Ferdinand von dem serbischen Studenten Princip in Sarajewo ermordet. Die Folge war die Kriegserklärung Österreichs an Serbien. Da Russland sich dazu anschickte, den Serben Hilfe zu bringen, erklärte am 1. August gemäß Bündnisvertrag Deutschland an Russland den Krieg. Wie vorauszusehen war, rückten die Franzosen in den nächsten Tage an die deutsche, teilweise sogar über die Grenze. Einige Armeekorps wurden nun gegen die Russen, die Hauptmacht gegen die Franzosen entsandt. Nun begannen die Durchzüge durch hiesige Gegend. Am 1. August hatte Deutschland mobil gemacht, der Krieg beginnt. Am 5. Aug. erneuert der Kaiser den Orden des Eisernen Kreuzes. Gemäß ihrer Kriegsorder mussten sich aus hiesigem Orte in der Woche v. 2. bis 9. Aug. zu den Waffen stellen: Folz Alfons, Paul Math., Becker Nikel, Schmidt Michel, Schwinn Peter, Bastuck-Serf Joh., Bastuck-Müller Joh., Michaely Pet., Baus Joh., Baus Jak., Schweitzer Pet., Fuchs Baptist, Müseler-Paul Jos. (vermutlich: „Mißler“), Schmidt Andreas von Zollstock. Aktiv in den Waffen stehen von hier: Baus Oskar, Bastuck Michel, Schäfer Joh., Bulle Math. u. Gerstner Math. v. Zollstock. Ferner sind einberufen: die Ersatzreservisten: Bastuck Jakob u. Schäfer Pet. Von nichtgedienten Leuten u. gedienten Leuten über 45 Jahre sind eine Anzahl zeitweilig beordert zu Hilfeleistungen. In der Nacht vom 11. auf den 12. Aug. wurde eine Abteilung vom Fernsprechbataillon Frankfurt a/Od.-Posen hierselbst einquartiert. Am Vormittag des 15. rückten selbe weiter. Schulschluss Am 3. Aug. wurden die Volksschulen geschlossen, damit die Schulkinder bei Einbringung der Ernte Hilfe leisten können. Soldateneinquartierung Am 19. gegen Mittag wurden 30 Husaren mit den Pferden und ½ Stunde später etwa 220 Leibgardegrenadiere, Ersatztruppe, mit Offizieren hier einquartiert. Auf plötzlich eingetroffenen Befehl rückten dieselben abends um 11 Uhr nach Lebach aus, von wo sie per Bahn sofort zum Kriegsschauplatz befördert wurden. Am folgenden Tage fand die große Schlacht Metz – Vogesen statt. Der Hl. Vater tot In die Aufregung infolge der Kriegswirren bringen die Blätter die betrübende Nachricht, dass am frühen Morgen des 22. der Hl. Vater Pius X. dem Herrn entschlafen sei. Wegen der großen Spannung der Gemüter ruft diese Nachricht nicht die Aufregung hervor, wenn es sonst geschehen wäre. Neuer Papst Am 3. Sept. wurde der Kardinal Della Chiesa, Erzbischof von Bologna, zum Papst erwählt mit dem Namen Benedikt XV. Er ist geboren am 21. Nov. 1854 / 25. Juli 1852 ?? zu Pegli. Schulferien Am 7. Sept. wurden die Schulen durch Verfügung des Landrats wieder eröffnet. Eine Woche später, am 14. Sept., begannen die 5-wöch. Herbstferien, die zuerst auf 3 Wochen festgesetzt wurden, dann eine Woche und wiederum um eine Woche verlängert wurden. 3 Heldentod Anfang Oktober traf die Nachricht ein, dass der in der Linie stehende, zum Inf. Reg. Nr. 166 in Bitsch gehörende Michel Bastuck, Sohn des Michel Bastuck, am 26. August in der Schlacht Metz-Vogesen den Heldentod gestorben sei. R.i.p. Heldentod Anfang November wurde die Wwe. Schmitt (auf dem Weiher) benachrichtigt, dass ihr Sohn Michel, Res. beim Inf.Reg. 145, am 31. Okt. im Argonnerwald gefallen sei. R.i.p. Teuerung Die Lebens- und Gebrauchsartikel steigen mit jedem Tage im Preise. Für Kartoffeln und Getreide sind staatlicherseits Höchstpreise festgesetzt, für die käuflichen Nahrungsund täglichen Gebrauchsmittel ebenfalls. Behördlicherseits wird fortgesetzte Sparsamkeit besonders in Brotfrucht empfohlen. Auszeichnung Dem Joh. Schäfer, 21 Jahre alt, Musketier im Inf. Reg. 166, Bitsch, Sohn des Nikl. Schäfer, wurde gegen Ende Dez. das Eis. Kreuz 2. Klasse verliehen. dasselbe Dem Math. Paul, Sohn des Pet. Paul, Reservist, 23 Jahre alt, vom Gardeinf. Reg. Kaiser Alexander, wurde am 24. Dez. das Eis. Kreuz 2. Klasse verliehen. dasselbe Dem Wehrmann Vize-Feldw. Johann Bastuck-Serf, vom Res. Inf. Reg. Nr. 98, Sohn des Michel Bastuck, dessen jüngster Sohn, wie oben erwähnt, den Heldentod starb, das Eis. Kreuz 2. Kl. verliehen. 1915 Witterung 6. Januar 1915. Bis jetzt war der Winter mit Ausnahme einer Frostwoche im Nov. sehr gelinde, fast fortwährend Regen u. trübe, sodass die Krieger über die ewige Nässe und den furchtbaren Morast sehr klagen. Bittfeier Die sämtlichen Bischöfe Deutschlands haben für den 7., 8., 9. u. 10. Januar eine Bittfeier veranlasst. Für den 7. Febr. setzte der Hl. Vater einen Bettag für alle kriegsführenden Länder zur Erlangung des Friedens an. Besuch Am Dienstag, den 16. Febr. besuchte der Herr Kreisschulinspektor Hirtz die Schule. Kriegsbegeisterung Die Begeisterung für den Krieg ist hier wie allerorts sehr groß, doch lässt die Opferwilligkeit zu wünschen übrig, wenigstens bei einem Teile der Einwohner. Vaterländ. Frauenverein In Lebach wurde ein Zweigverein des Vaterländischen Frauenvereins gebildet, dessen Vertreterin im Orte die Frau des Lehrers ist. Durch ihre Bemühungen treten fast alle Haushaltungen dem Verein bei. Auch dem Roten Kreuz treten auf energisches Drängen des Herrn Bürgermeisters Lamberty bei. 4 Goldgeld Gleich bei Beginn des Krieges wird das Goldgeld eingefordert u. gegen Banknoten umgewechselt. Da die Leute jedoch dasselbe festhalten, geht der Gemeindevorsteher auf Geheiß des Herrn Landrats im Dez. von Haus zu Haus und sammelte über 1000 M. Später lässt der Herr Pastor durch Schüler sammeln und auch diese bringen wieder mehrere 1000 M. zusammen. Getreidebeschlagnahme Im Monat Januar werden Roggen, Weizen, Hafer und Mehl aufgenommen und beschlagnahmt, nachdem bei Beginn des Krieges schon eine Getreideaufnahme stattfand. Die Verfütterung jeder Art von Getreide mit dem Vieh wurde streng verboten und unter hohe Strafe gestellt. Sparen von Brotfrucht Um Brotfrucht zu sparen, ergeht die Vorschrift, dass die Frucht bis zum Äußersten, bis 80 Prozent, ausgemahlen werden muss. Außerdem ist die Brotfrucht zu vermischen mit Kartoffeln. Es werden fabrikmäßige Kartoffelmehle hergestellt: Kartoffelwalzmehl, Kartoffelflocken und Kartoffelstärke. Diese müssen unter vorgeschriebenem Prozentsatz vom Bäcker unter das Mehl gemischt werden. Unter das hausbackene Brot werden 30 % gekochte frische Kartoffeln gemischt. Brot- und Mehlrationen Anfang März werden wöchentlich Brot- oder Mehlkarten ausgegeben, wöchentlich pro Person: 4 Pfd., 14 Tage später 3 ½ Pfd. Brot. Das gelieferte Mehl für Hausbäckerei beträgt etwas weniger. Auf Beschwerden der Bergleute wird selben Mitte März eine größere Ration, ¾ Pfd. mehr gewährt, das den anderen abgezogen wird. Das mit Kartoffeln gemischte Brot muss die Bezeichnung K-Brot (Kriegsbrot) tragen, dasjenige mit über vorgeschriebene Maße mit Kartoffeln gemischte Brot heißt K-K-Brot (Kriegskartoffelbrot). Wollwoche Am Anfang des Monats Februar schrieb die Behörde eine sogenannte Wollwoche aus. Reste von Kleiderstoffen, vorwiegend wollene, wurden im ganzen Reich gesammelt, um davon durch Verarbeitung hauptsächlich Decken für die Soldaten im Felde herzustellen. Die darunter befindlichen, noch brauchbaren Kleidungsstücke wurden unter die durch eingefallenen Russen ihrer sämtliche4n Habe beraubten Bewohner Ostpreußens verteilt. Unser Ort brachte einen ganzen Wagen voll Reste und Kleidungsstücke zusammen. Verbot der Fütterung Ausgangs Februar wurde eine Aufnahme der Kartoffeln gemacht mit dem Verbot, selbe an Vieh und Schweine zu verfüttern. Es wurde angeraten, die Schweine möglichst zu schlachten. Pferdenot Da die meisten Pferde für den Krieg erworben sind, entsteht mit Beginn der Frühjahrsarbeit eine große Pferdenot. Es werden infolgedessen ganz enorme Preise für ein einigermaßen brauchbares Pferd bis zu 2000 M und darüber gezahlt. Die meisten Pferdebesitzer gehen deshalb daran, Kühe anzulernen. Verbot von Hafer Da auch der Hafer beschlagnahmt und nur Saathafer u. Hafer für Arbeitspferde erlaubt ist, sind die Bewohner, die mit Kühen arbeiten müssen, sehr unzufrieden. 5 Verbot der Verfütterung Am 15. März ergeht ein Verbot der Kartoffelfütterung an Schweine. Die Schweinezüchter müssen Ersatz für selbe suchen. Es werden seitens der Behörde Zuckerrüben beschafft. Auch wird Zuckermelasse mit Rübenschnitzel angeboten. Gummi Anfang Mai werden Gummireste gesammelt. Reichsanleihe Für 31. März wird eine Reichsanleihe ausgeschrieben, deren Resultat 9 Milliarden und u. 60 Millionen beträgt. Brotration Mitte März wird die Tagesration für Brot auf ½ Pfd. festgesetzt. Bergleute erhalten eine Zuschlagskarte von 100 Gr. täglich. Brotration Für diejenigen, die selbst backen, werden 2 ½ Pfd. Mehl pro Woche verabfolgt, das sie mit dem vorgeschriebenen Quantum Kartoffeln oder anderen Zutaten verbacken müssen. Letztere behaupten, besser auszukommen. Diejenigen, die noch Frucht haben, behalten ein bestimmtes Quantum, das sie nach Bedarf, aber in bestimmter Menge, je nach der Kopfzahl, mahlen lassen. Lebensmittelpreise 1. Juni. Die Lebensmittel und Bedarfsartikel sind auf eine bedeutende Höhe gestiegen. Es kosten: Rindfleisch 1,10, Schweinef. 1,20, Grauwurst 3,00, Erbsen 0,70, Bohnen 0,70, Linsen 0,90, Reis 0,70 – 0,80, Gries 0,60, Graupen 1,00, Nudeln 0,75, Kunstfett 1,25, Kaffee 1,90, Malzk. 0,55, Salatöl 2,50, Salz 0,13, Seife 0,50, Zucker ganz 0,31, gem. 0,32, Würfel 0,33. Petroleum wird nicht mehr geliefert. Tabak ist wenig gestiegen. Kerzen sind sehr teuer u. rar. Witterung Die Witterung war im Frühling günstig. Im Sommer trat eine andauernde Regenlosigkeit ein, die Hafer, Gerste und Zweitfutter sehr beeinträchtigte. In der ersten Hälfte August trat dann eine bis 10-tägige Regenzeit ein, die für Hafer u. Gerste zu spät kam, jedoch das Zweitfutter sehr günstig gestaltete, leider aber die Kartoffeln teilweise zum schnellen Umschlag und vielfach zur Fäulnis brachte. Äpfel liefern gute, Birnen eine mittel und Zwetschgen eine schlechte Ernte. Beschlagnahme Mitte August wurde bekanntgegeben, dass die Geräte aus Kupfer, Messing und Reinnickel beschlagnahmt und abzuliefern seien. Veränderung Vom 5. August ab wurde der Schulunterricht in hiesiger Schule gemäß Ministerialbeschluss so eingerichtet, dass die beiden Abteilungen von 7 – 10, die unteren Abt. von 10 – 12 Unterricht hatten, nachmittags frei. Auszeichnung Auch der Pet. Schwinn, Sohn des Nikl. Schwinn, wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Verlängerung der Herbstferien Wegen des Mangels an Arbeitskräften werden die Herbstferien, die 4 Wochen dauern sollen, um 14 Tage verlängert. 6 Erhöhung der Brotmenge Vom 1. September ab wird die Brotration auf 4 Pfd. wöchentlich erhöht, die Mehlration auf 1350 Gr. Fettpreise Hälfte Okt. Die Fettpreise steigen ins ungeheuerliche. Schmalz kostet 2,50, Speck 2,00, Nierenfett 1,50, Pflanzenfett 2,00, Salatöl 3,60. Schweinepreis Am 17. Okt. verkaufte der Joh. Schäfer dem Metzger ein Schwein von nicht 400 Pfd., nach Aussage des Metzgers, für 600 M. HohenzollernFeier Am 21. Okt. wurde die 500 jähr. Feier der Hohenzollern in BrandenburgPreußen in der hiesigen Schule durch Vortrag des Lehrers u. Absingen patriotischer Lieder u. durch Aushängen der Fahne begangen. Obstsammlung für Rotes Kreuz Ebenfalls am 21. Okt. fand eine Sammlung von Obst in jeder Form durch den Lehrer von Haus zu Haus im Auftrage des vaterländischen Frauenvereins für das Rote Kreuz statt, womit man der Kaiserin zum Geburtstage gleichsam ein Geschenk machen wollte. Die Sammlung war hauptsächlich für die Feldlazarette bestimmt. Fiel im Orte gut aus. Butterpreis Die Butterpreise werden auf 2,20, Süßrahmbutter auf 2,80 M festgesetzt. Eier kosten bis 2,60 d. Dutzend. Kurz darauf wird der Butterhöchstpreis auf 1,90 festgesetzt. Schulrat Am 12. Okt. besuchte der Herr Schulrat Hirtz die Schule. Aufsuchen von Bucheln Der Lehrer machte mit den Schülern zweimal einen Ausflug in den Wald zum Aufsuchen von Bucheln. Es wurde nichts gefunden. Viehzählung Am 1. Nov. fand eine Viehzählung statt. Es wurden gezählt: 21 Pferde, 163 Rindvieh, 156 Schweine, 25 Ziegen. Ich habe die Empfindung, dass, wie gewöhnlich, nicht alles angegeben wurde. Ich war Zähler. Gefangen Der Joh. Schäfer, Sohn von Nikl. Schäfer, geriet, nachdem er schon einmal verwundet war und wieder ins Feld musste, Ausgang April in russische Gefangenschaft und war verschollen, bis Mitte Nov. Nachricht von ihm eintraf aus Krasnojarsk. Butterpreis Der Butterpreis wird Mitte Nov. auf 1,90 festgesetzt. 7 1916 Auszeichnung Der Richard Raber, Inf.Reg.Nr. 76, der im Mai 1915 mit 19 Jahren eingezogen wurde, Sohn des Bergmanns Joh. Raber, im südl. Elsass kämpfend, wurde Anfang Januar 1916 für bewiesene Tapferkeit mit dem Eis. Kreuz II. Klasse ausgezeichnet und zum Gefreiten befördert. Ende Februar erhielt er das Braunschw. Kriegs-Verdienst-Kreuz. Fleischpreise Am 27. Jan. zahlte ich für Schweinerauchfleisch für das Pfund 2,40 M. Am 11. Febr. kaufte ich ein Schwein von 180 Pfd. und zahlte für das Pfd. Schlachtgewicht 1,60 M. Geschützdonner Der Geschützdonner des Kampfes vor Verdun vom 21. Febr. bis 22. März war derart mächtig, dass hier allenthalben die Fenster klirrten, und zwar Tag u. Nacht. Manche Leute, deren Schlafzimmern nach Westen lagen, konnten nicht schlafen. Leute, die während des Tages in der Kapelle waren, fürchteten sich wegen des Klirrens der Fenster. Viehzählung Bei der am 15. April vorgenommenen Viehzählung wurden hier gezählt: 21 Pferde, 165 Rindvieh, 121 Schweine, 24 Ziegen, 505 Hühner. Butter- und Fettkarten Vom 25. Mai ab werden Butter- u. Fettkarten ausgegeben, wonach pro Kopf u. Woche ½ Pfd. Butter oder Fett verabreicht werden kann in den dazu bestimmten Kaufhäusern. Solche sind: Lange, Nachfolger (Ewerhardt), J.G. Engel und Wwe. Liebelt in Lebach. Als Fett gilt: kunstgem. Fett, Margarine, Schweineschmalz, ausgelassenes Nierenfett. Zuckerkarten Ausgang Mai wurden Zuckerkarten ausgegeben, wonach pro Kopf u. Monat 1 Pfd. verabfolgt wird, der im hiesigen Konsum ausgegeben wird. Seifenkarten Auf der Rückseite der Zuckerkarte ist eine Seifenkarte, wonach pro Kopf u. Monat 100 Gr. Feinseife sowie 500 Gr. Seife oder Seifenpulver oder andere fetthaltige Waschpulver verabreicht werden. Eierpreis Das Dutzend Eier wird jetzt hier mit 3 M bezahlt. Butterpreis Der Höchstpreis für Butter wird Ende Mai auf 2,20 festgesetzt. Fleischpreis Am Sonntag, Dreifaltigkeit, kostete frisches Rindfleisch in Stadt u. Land 2,40 M. Kartoffellieferung Am Mittwoch, 21. Juni, mussten die letzten überzähligen Kartoffeln abgeliefert werden. 8 Reichssammlung für Gefangene In der Woche v. 2. bis 9. Juli wurde eine Reichssammlung für Zivil- u. Militärgefangene abgehalten. In hiesiger Gemeinde einschließlich Mühle u. Zollwurden 57,60 M. gesammelt. Eierpreis Der Eierpreis beträgt Anfang August 3,60 M. Brennnesseln Zur Verwertung der Brennnesselfaser wird eine Gesellschaft ins Leben gerufen. Im ganzen Reiche werden die Brennnesseln gesammelt und gedörrt. Unsere Schule sammelte 63 Pfd., wofür per Ztr. 7,00 M gezahlt werden. Juli – August. Kleiderkarten Mit dem 1. August tritt eine Verordnung in Kraft, wonach zur Erwerbung der meisten Webstoffe Karten vorgezeigt werden, für deren Empfangnahme der Bedarf nachzuweisen ist. Ährenlesen Mit Anfang August werden durch die Kgl. Regierung die Schulen aufgefordert, Ähren zu lesen. Auch wir lesen und bringen 72 Pfd. zusammen. Diese Lese wird Ausgang Aug. beschlagnahmt zu Gunsten des Roten Kreuzes. Butterlieferung Mit dem August muss jeder Viehbesitzer, der mehr als zwei Kühe besitzt, von jeder Kuh wöchentlich 1 Pfd. Butter an eine Zentralstelle in Lebach liefern, von wo selbe an die einzelnen Haushalte ohne Vieh verabfolgt wird, und zwar wöchentlich pro Person 0,045 Kg. Viehzählung Am 1. Sept. findet eine Viehzählung statt. Lebensmittel-Aufnahme Ebenfalls am 1. Sept. findet eine Aufnahme Dauer-Fleischwaren, Fleischkonserven und Eiern statt. Flieger 25. Sept. In letzter Nacht um 11 ½ Uhr wurden die Bewohner durch heftigen Geschützdonner aufgeweckt. Alles lief auf die Straße. Flieger warfen Bomben anscheinend über Dillingen, Bous u. Völklingen. Der Bombendonner vermischte sich mit dem Donner der Abwehrgeschütze. Blitze zuckten in der Luft. Scheinwerferflammen zogen am Horizont. Es war fürchterlich. Man sah sich eine Schlacht abspielen. Frauen u. Kinder weinten. Es dauerte ¾ Stunde. Mehlbeeren Die Früchte des Weißdornes (Mehlbeeren) werden gesammelt. Aus der getrockneten Beere soll ein Ersatz für Kaffee hergestellt werden. Auch wir sammelten solche Beeren und lieferten sie á Pfd. 10 Pfg. ab. Zwetschgenkerne Steinobstkerne, aus denen Öl bereitet wird, sammelten wir und lieferten sie ab. Sie werden nicht eingefordert. Herbstferien Auch in diesem Jahre werden die Herbstferien um 14 Tage verlängert. 9 Fleischkarten Seit Anfang Sommer werden Fleischkarten ausgegeben, wonach pro Person u. Woche ½ Pfd. geliefert wird. Flugzeug Am 29. Okt. ging bei Lebach ein deutsches Flugzeug – Zweidecker – nieder, das von allen Leuten besichtigt u. angestaunt wurde. Besonders die Schuljugend freute sich, ein solches zu sehen. Kartoffelpreise u. Menge Die Höchstpreise für Kartoffeln bis 15. Febr. werden auf 4 M festgesetzt vom Keller des Erzeugers. Die Menge beträgt pro Kopf und Tag 1 Pfd., für den Erzeuger 1 ½ Pfd., für Schwerarbeiter 2 Pfd. Petroleum Für Petroleum wird ein Ersatz geliefert, da derselbe fast gänzlich fehlt. Dieser Ersatz wird mit 1,90 das Liter bezahlt. Viehzählung Am 1. Dez. war in Verbindung mit der Volkszählung eine Viehzählung. Es wurden gezählt: 20 Pferde, 175 Rindvieh, 105 Schweine, 23 Ziegen, 475 Hühner. Kartoffelnot Die Kartoffelernte ist wegen des regnerischen Sommers missraten, sodass Kartoffelmangel eintrat. Hiesige Gemeinde wurde verpflichtet, über 900 Ztr. abzuliefern. Zu dieser Menge gehörte schon ein großer Prozentsatz von Saatkartoffeln. Auf eine Beschwerde der Dorfbewohner wurde das Quantum herabgesetzt. Runkeln statt Kartoffeln im Brot Laut Vorschrift des Kriegsernährungsamtes (Präsident v. Batock) sollen das Brot statt mit Kartoffeln mit Runkelrüben gestreckt werden. Ferner sollen die Kartoffeln zum Teil durch Kohlrüben, Rüben u. Möhren ersetzt werden. Fettmangel Die Gegend wird täglich überlaufen von Leuten aus der Industriegegend, die Butter, Fett, Eier u. Fleisch suchen und die höchsten Preise bieten, ja fabelhafte Preise. Fettsammlung Infolge eines Aufrufes Hindenburgs wird Ausgang Dezember eine Sammlung von Fetten für die Schwerarbeiter veranstaltet, denn diese Leute leiden an großem Fettmangel. 1917 Viehzählung Am 1. März fand eine Viehzählung statt und wurden gezählt: 21 Pferde, 183 Rindvieh, 94 Schweine, 29 Ziegen, 10 Kaninchen, 462 Hühner. Schulausfall Wegen Ersparen von Kohlen wurde die Schule v. 12. Febr. bis 14. März ausgesetzt. 10 Winter 1916/17 Eines solch strengen und andauernden Winters wissen sich die ältesten Leute kaum zu erinnern. Während der Herbst meist regnerisch war, sodass der Bauer sehr spät zur Wintersaat kam, die Saat daher sehr schwach in den Winter ging, während der Vorwinter viel Nässe brachte, setzte Ausgang Januar eine große Kälte ein, die Anfang Februar bis 16o, stellenweise bis 20o Grad stieg. Die Saat wurde erheblich geschädigt, sodass viele Felder umgesät werden mussten, und zwar bei mangelnder Saatfrucht. Die Not ist groß und wächst fortwährend. Die ungünstige Witterung, Nässe u. Kälte, hält an, sodass die Frühjahrssaat nicht vonstatten geht. Heute, am 13. April, sind vielleicht ein halb Dutzend Felder eingesät, und zwar Ausgang voriger Woche. Diese Woche hindurch schneit es am Tage fast durchweg, nachts Frost. In den Gärten konnte noch nichts geschehen. Die Not wächst, die Aussichten sind trübe. Not Aus den umliegenden Städten u. größeren Orten kommen die Leute täglich massenhaft schon fast den ganzen Winter hindurch bei Regen, Schnee u. bitterer Kälte und erbitten Esswaren, Erwachsene sowohl wie Kinder, denen die Not und der Hunger aus den Augen schauen, die schrecklichsten Zustände erzählen. Wenn auch manches übertrieben sein mag, so ist doch bei vielen das elende Aussehen Zeuge der Wahrheit. Auch Leute aus den besseren Ständen und hohe und niedere Beamte kann man täglich mit dem Rucksack die Dörfer abgehen sehen, Leute die 3. (Klasse), ja sogar 2. (Klasse) fahren. Natürlich nehmen diese Leute nur Waren gegen gute, übermäßige Zahlung. Jeder Preis wird gezahlt, Butter wird bis zu 8 M, Eier bis 6 M bezahlt, Schinken werden gekauft zu 100 u. mehr M. Wicken statt Linsen Mit Ende Winter fängt man an, Wicken zu kochen statt Linsen. Sie werden bis zu 60 Pfg. das Pfd. verkauft. Mehrmals gewässert sind sie sehr schmackhaft. Durchsuchung Am 13. April werden die Häuser nach Brotvorrat u. Mehl untersucht. Die Kommission besteht aus einem vom Landrat-Zivil-Kommissar, einem Gendarmen, einem U.Offiz. und 4 Soldaten. Sommerzeit Am 16. April, morgens 2 Uhr, beginnt die Sommerzeit. Die Uhren werden eine Stunde früher gesetzt. VI. Kriegsanleihe Trotz verschiedentlicher eindringlicher Anreden des Lehrers an die Schulkinder, wobei die Wichtigkeit, die Notwendigkeit u. die Vorteile einer Zeichnung dargetan wurden, fiel die Zeichnung ganz minderwertig aus. Die Schulzeichnung betrug bei 13 Kindern 302 M, die Werbung von Haus zu Haus 200, 100 u. 100 = 400 M. Bei der V. Anleihe hatten die Schüler 184 und ein Ackerer 600 M gezeichnet. Ein Vortrag, den der Lehrer bei der IV. Anleihe gehalten hatte, war von einigen Bewohnern besucht. Unterricht Laut Verfügung der Königl. Regierung II. C 35 vom 15. März wird Unterricht nur am Vormittag, und zwar 3 Stunden erteilt, damit die Kinder zur Hilfeleistung in den landwirtsch. Arbeiten frei werden. 11 Witterung Nachdem der ganze Frühling kalt war, beginnt am 30. April endlich eine mäßige Wärme, sodass man, nachdem in der Woche vorher die Hafersaat u. die Gärten bestellt wurden, mit dem Kartoffelsetzen beginnt. Witterung Die Witterung hebt sich, es wird wärmer, so dass ein außerordentliches Wachstum einsetzt. Fast gleichzeitig blühen Kirschen, Birnen, Zwetschgen u. Äpfel. Im halben Mai mähen die Leute Gras zum Füttern. Stallneubau Im Frühjahr baut man auf Antrag des Lehrers einen Stall an den Abort an. Größe 3 ½ x 3 m Licht. Der Heuboden ist sehr beschränkt. Viehzählung Am 1. Juni wurden gezählt: 24 Pferde, 175 Rinder, 79 Schweine, 28 Ziegen, 2 Kaninchen, 374 Hühner. Entnahme der Glocken Am 13. Juni kamen mehrere Soldaten an und machten sich daran, die Glocken in Lebach herunter zu holen unter Weinen und Wehklagen der Gläubigen. Am 14. kam Herr Kaplan Böllig aus Lebach und ordnete die Herabnahme der hiesigen Glocke an. Peter Folz u. Joh. Raber brachten sie herab. Brennnessel Auch in diesem Jahre werden wieder Brennnesseln gesammelt. Wir lieferten 64 Pfd. ab zu 7 Pfg. Obstkerne Auch Obstkerne werden weiter gesammelt. Kirschenkerne und 200 Pfd. Zwetschgenkerne. Sturm Am Sonntag, dem 29. Juli, abends gegen 8 Uhr, trat ein Gewitter auf mit einem einige Minuten dauernden Sturme, wie er noch selten hier erlebt wurde. Obstbäume u. Äste wurden abgerissen u. gebrochen, viel Obst abgeschüttelt. Ähren Auch in diesem Jahr werden wieder Ähren gesammelt, und zwar 63 Pfd. reine Körner. Viehzählung Die am 1. Sept. vorgenommene Viehzählung ergab: 23 Pferde, 190 Rindv., 114 Schweine, 27 Kaninchen, 408 Hühner, Ziegen 28. Obstversteigerung Die Obstversteigerung am Wege nach Falscheid ergab 768 M. Schweinezählung Am 15. Okt. wurden 141 Schweine gezählt. Versetzung des Herrn Landrats Zum 15. Okt. wurde der Landrat Freiherr Schütz von Lervalt als Vortragender Rat ins Ministerium berufen. Wir liefern ab 40 Pfd. 12 Neuer Landrat An seine Stelle wurde Herr Dr. Scheller, Landrat in Adenau, berufen zum 15. Okt. Voller Unterricht Mit Schluss der Herbstferien beginnt wieder der volle Unterricht. Zählung Am 1. Dez. fand eine Viehzählung, am 5. Dez. eine Volkszählung statt. Petroleum- An Petroleum tritt großer Mangel ein. Für Hälfte Sept. bis Ende Okt. werden 1 ½ L., für Nov. u. Dez. 2 ¾ L. geliefert. Erbsen Linsen Für Erbsen werden im Schleichhandel 1 bis 2 M pro Pfd. bezahlt. Für Linsen bis 1,80 M. Teuerung Nähzwirn wird ungeheuer rar und kostet 4 – 5 M. die Rolle von 500 m. Schuhe werden bezahlt mit 40 bis 60 M, Kinderschuhe bis 40 M, dabei sind es Ersatzschuhe aus Holz u. Pappdeckel. Dabei fahren die Leute tagelang, ehe sie selbe erhalten können, sogar bis Pirmasens. Außerdem müssen die Leute Lebensmittel, Butter, Eier, Hülsenfrüchte etc. zum Tausch mitnehmen. Die Kleiderstoffe werden ebenso teuer, ein Herrenanzug für gewöhnliche Leute kostet bis, ja über 300 M., Biber kostet 9 – 10 M die Elle. Wicken Statt Linsen werden Wicken gegessen. Sie werden mit 100 M. u. höher per 50 kg. bezahlt, im Kleinhandel mit 1,50 per Pfund. Sie werden während der Zubereitung 3 – 4 mal abgeschüttet u. schmecken so gut wie Linsen. 1918 Wassernot Vor Weihnachten traten Frost u. Schnee ein und wechselten mehrmals mit gelindem Tauwetter ab, schließlich starker Frost. Am 15. Jan. trat starker Regen auf, Schnee u. Eis gingen plötzlich ab. Die Folge war starke Wassernot. In Lebach wurden die Leute in der Nacht v. 15. auf 16. aufgeweckt. Die Keller und untere Hausteile an der Theel standen voll Wasser. Mehrere Ziegen u. Schweine ertranken. Der Verkehr wurde durch aneinandergestellte Wagen erhalten. Die Unterführung im Pickard war bis obenhin angefüllt. Schulrat Am 28. Febr. besuchte Herr Schulrat Hirtz die Schule. Viehzählung Am 1. März findet die planmäßige Viehzählung statt. Es werden gezählt: Pferde 21, Rindvieh 162, Schafe 1, Schweine 69, Ziegen 34, Kan. 3, Hühner 420. Tod Herr Ortsschulinspektor Pfarrer Pfeifer +. Am 21. März, morgens gegen 9 Uhr, starb nach langjährigem Leiden und 15 monatlichem Lager unser allverehrter Ortsschulinspektor, Herr Pfarrer Josef Pfeifer in Lebach im 60. Lebensjahr. Er war geboren in Brachbach an der Sieg 13 und wirkte als Pfarrer u. Ortsschulinspektor in Lebach seit 1. September 1907. Ehre seinem Andenken – R. i. P. 8. Kriegsanleihe Zur 8. Kriegsanleihe wurden aus der Gemeinde durch die Schule M 11 305 gezeichnet. Laubheu Wegen Mangel an Heu für die Pferde der Armee wird angeordnet, Baumlaub durch die Schulen zu sammeln und zu trocknen. Auch wir sammelten Laubheu. Schulunterricht Der Schulunterricht für den Sommer ist so ein gerichtet, dass nur vormittags Unterricht erteilt wird und zwar von 8 – 10 Uhr für die 4 oberen Jahrgänge, von 10 – 12 für die übrigen. Ferkelpreise, Viehpreise Für Ferkel von 6 – 7 Wochen werden 100, 150 bis 200 M. bezahlt. Für eine gute frische Fuhrkuh werden 1500 – 1700 M. bezahlt. Gute Pferde kosten jetzt bis 6000 Mark. Verdienstkreuz für Kriegshilfe Am 19. Juni wurde dem Lehrer vom Herrn Kreisschulinspektor das Verdienstkreuz für Kriegshilfe Allerhöchst ausgehändigt. Pflanzensetzlinge Pflanzensetzlinge, Gemüse- u. Runkelsetzlinge kosteten in diesem Frühjahr 4 u. 5 M das Hundert. Laubheu Zur Streckung des Grasheues u. des Hafers wurde während des Sommers Laub gesammelt und getrocknet. Das Laub wird getrocknet, zur Dürre gebracht und darauf gemahlen und mit Melasse oder Ölkuchen an die Kriegspferde verfüttert. Es werden für Grünlaub 4 M., für Trockenlaub 18 M. gezahlt. Der Schulunterricht darf wochenlang für Laubgewinnung ausfallen. Wir sammelten 52,09 Z. Grünlaub, 25 Ztr. Trockenlaub. Flieger Die Fliegerüberfälle sind jetzt so häufig geworden, dass sie an günstigen Tagen, hellem Wetter manchmal tagelang und jede Nacht stattfinden. Neuer Pfarrer Am 28. Juli wurde der neue Pfarrer, Herr Joh. Dahmen, eingeführt. Derselbe war geboren in Bewingen, Pfarrei Niederbettingen. Seine letzte Pfarrstelle war Biebern bei Simmern. Diebstähle Die Felddiebstähle nehmen in erschreckendem Maße zu. Es werden Kohl (Rüben), Frucht, Kartoffeln, Bohnen, alle Feldfrüchte gestohlen, manchmal am hellen Tage. Auch die Diebstähle in den Häusern u. Stallungen mehren sich. Schweine, Kälber, Ziegen werden in den Ställen abgeschlachtet u. fortgebracht. 14 Tabak Da der ausländische Tabak mangelt, wird der Rauchtabak sowie Zigarren allmählich rar. Die Preise werden hoch. Echter Tabak ist kaum mehr zu haben und wird mit bis 20 M je Pfd. bezahlt. Zigarren unter 20 Pfg. sind nicht zu rauchen. Tabak wird hergestellt aus allen möglichen Ersatzstoffen: Huflattich, Rhabarber, Teekräutern, Buchen-, Nuss-, Kastanienlaub. In diesem Sommer kann man in jedem Garten Tabakpflanzen sehen. Obstpreise Das Jahr 1918 war für hiesige Gegend ein schlechtes sehr rar, Birnen gab es fast gar keine, Zwetschgen eine stieg der Preis ins Unglaubliche. Tafeläpfel wurden Wirtschaftsbirnen mit 70 M und mehr. Zwetschgen mit festgesetzten Höchstpreise betrugen nicht die Hälfte. Herbstferien Die Herbstferien beginnen am 16. Sept. u. dauern 4 Wochen, werden um 1 Woche verlängert. Buchecker u. Eicheln Nach den Ferien setzt das Sammeln von Bucheckern u. Eicheln ein. Am Sammeln sind durchschnittlich 30 Kinder beteiligt. Es werden 10 kg. waldfrische Bucheln u. 60 kg. Eicheln gesammelt. Sammeltätigkeit Der Sommer 1918 steht im Zeichen der Sammeltätigkeit. Es wird hauptsächlich Laubheu gesammelt. Der Schulunterricht fällt fast ganz aus. Im Herbste bis in den Winter hinein werden Eicheln und Bucheln gesammelt. Es lässt sich leicht denken, auf welchen Standpunkt die Schule sinkt. Waffenstillstand Anfang November werden Waffenstillstandsverhandlungen zwecks Friedensschlusses eingeleitet. Am 11. Nov. 11 Uhr Vm. Wird der Waffenstillstand genehmigt, und zwar unter sehr demütigenden Bedingungen, die aber einige Tage später etwas gemildert werden. Unser Kaiser dankt ab. Es bildet sich eine neue Regierung unter dem Vorsitz der Sozialdemokratie. Reichskanzler ist der S.D. (vermutlich Sozialdemokrat) Ebert, Kultusminister der S.D. Ad. Hoffmann. Rückzug Mitte November beginnt der Rückzug. Am 14. durchziehen die ersten Truppen das Dorf, Etappenkommandos, Automobile u. Wagen. Am 16. haben wir Einquartierung. Am 21. kommt Fußartillerie. Einquartierung im Dorfe 21. u. 22. Am 22. wird wieder Fußartillerie einquartiert u. Starkstrom-Abteilung. Am 23. passieren die letzten Truppen das Dorf. Es berührte die ländliche Bevölkerung unangenehm, dass die Etappentruppen meist rote Fähnchen an Wagen und Pferden zeigten, wohingegen die Fronttruppen die preußischen u. deutschen Farben trugen. Aus diesem Grunde wurden auch die ersten Truppen ziemlich kühl empfangen. Obstjahr. Äpfel waren geringe Menge. Daher bezahlt mit 100 M., 80, sogar 100 M. Die