~ v1 ~ v 2 v1 -v (v , ~ v ) 1 1 2 v 2 W2 Abbildung 3: Zweiter Schritt des Gram-Schmidt-Verfahrens. k. Schritt: Subtraktion der Komponenten von ṽk in Richtung von v1 , v2 , . . . , vk−1 k−1 X wk = ṽk − vi (vi , ṽk ) i=1 und Normierung von wk auf Eins vk = wk ||wk || Mit {v1 , v2 , v3 , . . . } hat man schließlich ein Orthonormalsystem gewonnen. Wir haben ja zu Beginn dieses Kapitels festgestellt, dass wir mit R2 bzw. R3 nicht nur die Vektorräume der Parallelverschiebungen der Ebene bzw. des Raums verbinden können, die dann bei Vorliegen einer Basis durch reelle Zahlenpaare bzw. Zahlentripel dargestellt werden, sondern auch affine (Punkt)Räume. Das Pendant zum Basisbegriff in einem Vektorraum ist der Begriff des Koordinatensystems in einem affinen Raum. Bei Vorliegen eines Koordinatensystems its in einem affinen Raum jeder Punkt eindeutig durch Angabe eines n-Tupels von Zahlen eindeutig festgelegt. 50 Definition 1.28 — Ein (n + 1)-Tupel (P0 , P1 , P2 , . . . , Pn ) von Punkten Pi ∈ P heißt Koordinatensystem des affinen Raums (P, V ), wenn die Vektoren −−→ −−→ −−→ −−−→ P0 P1 , P0 P2 , P0 P3 ,. . . ,P0 Pn eine Basis des Vektorraums V sind. Ist (P0 , P1 , P2 , . . . , Pn ) ein Koordinatensystem von (P, V ), so existieren zu jedem Punkt X ∈ P eindeutig bestimmte Skalare x1 , x2 ,. . . ,xn ∈ K, −−→ sodass P0 X die Basisdarstellung −−→ −−→ −−−→ −−→ P0 X = x 1 P 0 P1 + x 2 P0 P2 + · · · + x n P0 Pn besitzt. Die Skalare x1 , x2 , . . . , xn heißen Koordinaten des Punktes X bezüglich des Koordinatensystems (P0 , P1 , P2 , . . . , Pn ). Bemerkung — Die Dimension eines affinen Raums (P, V ) ist gleich der Di- mension des zugehörigen Vekorraums V . Der Punkt P0 wird “Ursprung des Koordinatensystems” genannt und manchmal auch mit O bezeichnet. −−→ P0 X wird Ortsvektor des Punktes X genannt. Der Koordinatenvektor von −−→ P0 X (siehe Seite 45) ist durch die Koordinaten des Punktes X bezüglich des Koordinatensystems (P0 , P1 , P2 , . . . , Pn ) gegeben: x1 x2 −−→ P0 X = .. . xn −−−→ −−−→ −−−→ {P0 P1 ,P0 P2 ,...,P0 Pn } Definition 1.29 — Sei (P, V ) ein affiner Raum und V ein euklidischer oder unitärer Vektorraum (d.h. ein reeller bzw. komplexer Vektorraum mit Skalarprodukt). Dann heißt (P, V ) ein euklidischer bzw. unitär affiner Raum. −−→ −−→ −−→ −−−→ Ist {P0 P1 , P0 P2 , P0 P3 , . . . , P0 Pn } eine Orthonormalbasis von V , so heißt (P0 , P1 , P2 , . . . , Pn ) ein kartesisches Koordinatensystem von (P, V ). 51 Analytische Geometrie Sobald man in einem affinen Raum ein Koordinatensystem eingeführt hat, wird es möglich geometrische Sachverhalte rechnerisch zu erfassen. Geometrische Beziehungen gehen dann in rechnerische Beziehungen zwischen Zahlen über, nämlich zwischen den Koordinaten jener Punkte, die die betrachteten geometrischen Objekte charakterisieren. Die Lage eines Punktes P bezüglich eines (oft kartesischen) Koordinatensystems wird durch den Ortsvektor P −→ ~r = OP = x1~e1 + x2~e2 + x3~e3 r beschrieben. Dieser Vektor verbindet den Ursprung des Koordinatensystems O mit dem Punkt P . Es ist ein “gebundener Vektor”, der von der Wahl des Ursprungs abhängig ist und somit kein Vektor (d.h. Element eines Vektorraums) im eigentlichen Sinn. e e 3 O 1 e 2 r(t) Wenn der Ortsvektor von einem reellen Parameter t abhängt und t die reellen Zahlen durchläuft, so beschreibt ~r(t) eine Kurve im Raum. e 3 O e1 e 2 Im einfachsten Fall ist die t-Abhängigkeit linear und man erhält die Parameterform einer Geraden a r 0 ~r(t) = ~r0 + t~a . e Der Parameter t legt die Punkte auf der Geraden eindeutig fest. Zu t = 0 befindet man sich am Punkt mit Ortsvektor ~r0 . ~a gibt die Richtung der Geraden vor. 52 e 1 3 O e 2 Bemerkung — Diese Form der Geradengleichung ist in beliebigen Dimensionen gültig. Sehen wir uns nun die Geradengleichung in 2 Dimensionen etwas näher an: ! ! ! ! x1 (t) x01 a1 x01 + ta1 ~r(t) = = ~r0 + t~a = +t = . x2 (t) x02 a2 x02 + ta2 Ein Vergleich der beiden Komponenten ergibt (x1 − x01 ) , a1 (x2 − x02 ) =⇒ t = . a2 x1 = x01 + ta1 =⇒ t = x2 = x02 + ta2 Gleichsetzen der beiden rechten Seiten führt schließlich zur impliziten Form der Geradengleichung (in 2 Dimensionen): (x2 − x02 ) a2 (x1 − x01 ) a2 = −→ x2 = (x02 − x01 ) + x1 = cx1 + x̃02 . a1 a2 a a2 | {z 1 } |{z} c x̃02 x2 ~ x02 c ist dabei die Steigung (dx2 /dx1 ) der Geraden und x̃02 der Schnittpunkt der Geraden mit der x2 Achse. Steigung c x1 Um eine Gerade festzulegen, brauchen wir also die Koordinaten eines Punktes auf der Geraden (Ortsvektor ~r0 ) und einen Vektor ~a, der die Richtung der Geraden vorgibt. Statt des Richtungsvektors kann man auch einen zweiten Punkt (Ortsvektor ~r1 ) auf der Geraden angeben. Der Richtunsgvektor ergibt sich dann als ~a = ~r1 − ~r0 . 53 In 2 Dimensionen kann die Gerade auch durch einen Punkt (mit Ortsvektor ~r0 ) und einen Normalvektor ~n auf die Gerade festgelegt werden. Dies führt zur Hesse’schen Normalform der Geradengleichung (in der Ebene): Wenn ~r der Ortsvektor eines beliebigen Punktes auf der Geraden ist, so ist (~r − ~r0 ) ein Richtungsvektor der Geraden, Dieser muss aber orthogonal zum Normalvektor ~n sein, es muss also (~r − ~r0 ) · ~n = 0 (r-r ) 0 gelten. In Komponenten ausgeschrieben bedeutet das: " ! !# ! x1 x01 n1 − · x2 x02 n2 r 0 r = (x1 − x01 )n1 + (x2 − x02 )n2 = n1 x1 + n2 x2 − (n1 x01 + n2 x02 ) = 0 . Die Komponenten des Normalvektors lassen sich also als Koeffizienten von x1 und x2 identfizieren. Bemerkung — Eliminiert man aus der Parameterform der Geradengleichung im Raum den Parameter t so erhält man die implizite Darstellung der Geraden in 3 Dimensionen in Form von 2 linearen Gleichungen in den 3 Unbekannten x1 , x2 , x3 . 54 n In Analogie zu einer Geraden kann meine eine Ebene durch einen Punkt in der Ebene (mit Ortsvektor ~r0 ) und 2 (linear unabhängigen) Richtungsvektoren ~u und ~v festlegen. Das führt zur Parameterform der Ebene: ~r(s, t) = ~r0 + s~u + t~v bzw. x01 x1 (s, t) u1 v1 x2 (s, t) = x02 + s u2 + t v2 x3 (s, t) x03 u3 v3 x01 + su1 + tv1 = x02 + su2 + tv2 . x03 + su3 + tv3 n v P u (r-r0) r0 r O Die Parameter s und t legen bei vorgegebenen Richtungsvektoren ~u und ~v die Position eines Punktes uaf der Ebene eindeutig fest. Eliminiert man aus den 3 Gleichungen für die Komponenten die Parameter s und t, so resultiert 1 lineare Gleichung in den 3 Unbekannten x1 , x2 und x3 . Diese Gleichung ist die implizite Form der Ebenengleichung. Analog zu einer Geraden in der Ebene lässt sich eine Ebene im Raum auch durch einen Punkt in der Ebene (Ortsvektor ~r0 ) und einen Vektor ~n, der normal auf die Ebene steht, festlegen. Das führt zur Hesse’schen Normalform der Ebene im Raum: (~r − ~r0 ) · ~n = 0 , wobei ~r der Ortsvektor eines beliebigen Punktes in der Ebene ist. Komponentenweise hingeschrieben ergibt sich auch die implizite Form der Ebenengleichung: n1 x01 x1 x2 − x02 · n2 = (x1 − x01 )n1 + (x2 − x02 )n2 + (x3 − x03 )n3 x3 x03 n3 = n1 x1 + n2 x2 + n3 x3 − (n1 x01 + n2 x02 + n3 x03 ) = 0 , {z } | c oder kurz n 1 x1 + n 2 x2 + n 3 x 3 = c . In dieser impliziten Darstellung einer Ebene im Raum liefern also die Koeffinizienten von x1 , x2 und x3 die Komponenten des Normalvektors auf die Ebene. 55 Kennt man den Normalvektor, so lässt sich sehr einfach der (Normal)Abstand eines Punktes Q im Raum von der Ebene ermitteln. Es ist die Projektion des Vektors −→ P Q, der von einem Punkt P in der Ebene zum Punkt Q geht, auf den normierten Normalvektor ~n/|~n|: Q −→ −→ ~n |F Q| = |P Q | , |~n| P n wobei F der Fußpunkt des Lots durch Q auf die Ebene ist. 56