Wintersemester 2003/04 Makroökonomik I Professor Stephan Klasen, Ph.D. Lehrstuhl Volkswirtschaftstheorie und Entwicklungsökonomik Platz der Göttingen Sieben 3 Tel. 397303 Fax: 397304 Email: [email protected] Sprechstunde: Mittwochs 14-15 Uhr Vorlesungszeiten: Dienstags 9-11, ZHG 010 Übungen: Mittwoch 16-18, ZHG 104 Donnerstag 14-16, ZHG 104 Donnerstag 16-18, ZHG 104 Literatur: a) Textbuch: Mankiw: Makroökonomik, 5. Auflage (englisch oder deutsch) Alternative interessante Textbücher: Blanchard: Macroeconomics, 3rd Edition (ab Herbst auch in deutsch als Blanchard und Illing erhältlich) Barro: Macroeconomics, 5th edition b) Andere Materialien: Reader mit verpflichtenden Artikeln Es wird allen Studierenden geraten, regelmäßig den Economist zu lesen. Interessante Artikel werden auf eine Web-Seite gelegt. Überblick über Vorlesung Diese Vorlesung ist Teil eines 2-semestrigen Zyklus zur Makroökonomik. Dieser erste Teil wird sich mit einer Einführung in die Themen, Daten und Methodik der Makroökonomik befassen und dann die folgenden Themen behandeln: Ein langfristiges Gleichgewichtsmodell in der geschlossenen und offenen Volkswirtschaft, Geld und Inflation, sowie Determinanten des Wachstums, des Konsums und der Investitionen. Neben Theorie wird besonderes Augenmerk auch auf empirische Untersuchungen und wirtschaftspolitische Anwendungen gelegt. I. Einführung 1. Einführung -die großen analytischen und politischen Fragen der Makroökonomie: Gleichgewicht, Wachstum, Konjunktur, Inflation und Arbeitslosigkeit -die Methoden der Makroökonomie, Makroökonomie und Mikroökonomie -eine kleine Geschichte der Makroökonomie: Keynes, Hicks, Neo-klassische Synthese, die Spaltung in den 70er Jahren: Neo-Marxisten, Monetaristen, neue Klassiker, neo-Keynesianer, post-Keynesianer -Ausblick auf die Vorlesung: Zuerst langfristige Modelle, dann Wachstum, Konsum und Investitionen Lektüre: Mankiw, Kapitel 1 Blanchard: Kapitel 27 II. Die geschlossene und offene Volkswirtschaft bei langfristiger Betrachtung 2. Der Wirtschaftskreislauf und ein Klassisches Modell -die Akteure im Kreislauf -das BIP: Entstehung, Verteilung, Verwendung -Produktionsfunktionen -Faktornachfrage und Preise -Nachfrage nach Gütern -ein klassisches Gleichgewichtsmodell -Wirtschaftspolitik im klassischen Modell Lektüre: Mankiw, Kapitel 2.1, 3 Economist: Taxes and Taxis 3. Gleichgewicht und Wirtschaftspolitik in einer offenen Volkswirtschaft -das Gleichgewichtsmodell einer kleinen offenen Volkswirtschaft -Wechselkurse und Zinsen in der offenen Volkswirtschaft -die große offene Volkswirtschaft -wirtschaftspolitische Fragen -Nominale Wechselkurse und Kaufkraftparität Lektüre: Mankiw, Kapitel 5 Economist: Big Mac Currencies, April 15. 2003 4. Geld und Geldnachfrage -Rolle des Geldes -Baumol-Tobin Modell der Geldnachfrage -Neutralität des Geldes im klassischen Modell -Keynesianische Theorien der Geldnachfrage Lektüre: Mankiw: Kapitel 4.1, 4.2, 18.2, 18.3 5. Inflation -Messung der Inflation -Die Ursachen und Folgen der Inflation -Die Inflationssteuer -Erfahrungen mit Inflation -Inflation und Geldnachfrage -Hyperinflationen Lektüre: Mankiw, Kapitel 2.2, 4.3-4.8 Thomas J. Sargent: The End of Four Βig Inflations (NBER Macroeconomics Annual 1981) III. Wachstum 6. Wachstum -Geschichte des Wachstums von 1820-1995 -Reiche und arme Länder -Harrod-Domar Wachstumsmodell 7. Das Solow Wachstumsmodell -Das Solow Wachstumsmodell -Goldene Regel der Kapitalakkumulation -Empirische Relevanz des Solow Modells -Konvergenz 8. Neue Wachstumstheorien -Das Solow Modell mit Humankapital -Neue Wachstumstheorien -Quellen des Wachstums Lektüre für alle drei Wachstumsvorlesungen: Mankiw, Kapitel 7, 8 Ray: Development Economics, Kapitel 3, 4 Mankiw, Roemer, und Weil: A Contribution to the Empirics of Economic Growth (QJE, May 1992: 407-437. Jeffrey Sachs: The Limits of Convergence, The Economist, June 14, 1997 Maddison: The World Economy: A Millenial Perspective, Kap. 3 und S. 261-265. IV. Mikroökonomischen Grundlagen der Makroökonomik 9. Konsum -Konsumfunktion von Keynes -Fischer und intertemporale Substitution -Modigliani und Lebenszyklus -Permanente Einkommenshypothese -empirische Zusammenhänge -offene Fragen über Konsumverhalten Lektüre: Mankiw: Kapitel 16 Modigliani: Life Cycles, Individual Thrift, and the Wealth of Nations, AER June 1986. 10. Investitionen -Neoklassische Determinanten der Investitionen -Tobins Q -Akzelerator Modelle und Keynesianische Theorien der Investitionen Lektüre: Mankiw: Kapitel 17 Keynes: General Theory, Kapitel 11, 12 Makro 1, WS 2003/04, Professor Stephan Klasen, Ph.D. I. Einführung 1. Organisatorische Fragen a) Vorlesungszeiten: Dienstag 9-11, ZHG 010 b) Übungstermine: Mittwochs 16-18, ZHG 104 Donnerstags 14-16, ZHG 104 Donnerstags 16-18, ZHG 104 Übungen bearbeiten identische Übungsblätter ! Im Interesse aller, wenn Übungen ähnliche Teilnehmerzahlen haben und Studierende regelmäßig zur selben Übung gehen ! c) Literatur: N.G. Mankiw: Makroökonomik, 5. Auflage (deutsch oder englisch) zum Kauf empfohlen (wird in Makro I+II ganz durchgearbeitet), Lektüre im Reader. Es ist angeraten, die britische Wochenzeitschrift Economist zur Begleitung zu lesen. Wichtige Artikel werden ins Netz gestellt (Web-Seite wird noch bekannt gegeben). d) Eine Klausur (voraussichtlich Mitte Februar) basierend auf Übungsaufgaben, verpflichtender Lektüre, und Vorlesungsmaterial e) Mittagessen mit Studenten (Mensa, mehrmals im Semester) f) Feed-back nach jeder Vorlesung (von Stichprobe) 1 Makro 1, WS 2003/04, Professor Stephan Klasen, Ph.D. g) Materialien im Internet: Übungsblätter, alte Klausuren (aus Münchener Zeit, umfassen Material von Makro 1+2, unter http://www.vwl.unimuenchen.de/ls_empwi/Veranstaltungen/vorlesungen.htm, Klausuren von AVWLII) 2. Einführung in die Makroökonomie a) Die Themen der Makroökonomie: 1) Wachstum: Warum stetiges Wachstum in meisten Ländern der Welt? Warum große Wachstumsunterschiede? Zentrale Frage für alle Länder, aber besonders arme Länder. Welche Faktoren beeinflussen Wachstum? Wie kann der Staat das Wachstum fördern? 2) Konjunkturschwankungen: Zentrale Problem der Makroökonomie seit den 30er Jahren. Im Augenblick scheinen wir uns aus einer Rezession zu erholen (aber noch nicht eindeutig). Wie erklären sich Konjunkturschwankungen? Wie kann der Staat Konjunkturschwankungen vermindern oder verhindern? 2 Makro 1, WS 2003/04, Professor Stephan Klasen, Ph.D. 3) Inflation: Was ist Inflation, wem schadet sie, und wie kann sie effektiv bekämpft werden? 4) Arbeitslosigkeit: Warum ständige Zunahme der Arbeitslosigkeit in Europa (einschließlich Deutschland) seit den 60er Jahren? Zusammenhang mit Konjunktur, mit Arbeitsmarktfaktoren (strukturelle Arbeitslosigkeit), mit Sozialsystem (Lohnnebenkosten), mit außenwirtschaftlichen Faktoren (Globalisierung)? Wie kann der Staat wirksam Arbeitslosigkeit bekämpfen? 5) Außenwirtschaftliches Gleichgewicht (Währung und Leistungsbilanz): Warum war die DM eine starke Währung? Was erklärt die Schwankungen des € (zuerst stark gefallen gegenüber $ in diesem Jahr wieder stark angestiegen). Wie kann man in offenen Volkswirtschaften mit Konjunkturschwankungen umgehen? Ist die Europäische Währungsunion geeignet, Wachstum und Stabilität zu fördern? b) Unterscheidung Mikroökonomie: 3 Makro 1, WS 2003/04, Professor Stephan Klasen, Ph.D. 1. Mikroökonomie konzentriert auf Verhalten von individuellen Akteuren (Haushalte, Firmen, etc), Makroökonomie studiert das Verhalten von wirtschaftlichen Aggregaten (BSP, Inflationsrate, etc) aber: Aggregate gehen natürlich auf Verhalten von einzelnen Akteuren zurück. Warum brauchen wir eine separate Analyse der Aggregate? a) Bis Mitte des 20. Jahrhunderts gab es keine separate Makroökonomie. Ging also lange Zeit ohne ! b) Heute versuchen viele, Makroökonomie auf mikroökonomisches Fundament zu stellen (sogenannte neue Klassiker, und neoKeynesianer) Aber: 1) Aggregierung von heterogenen individuellen Akteuren eine schwierige Sache. 2) Aggregate können sich manchmal anders als Summe der Individuen verhalten (z.B. Einfluß von Erwartungen oder Schocks, die alle Akteure gleichermaßen betreffen). 2. Eine kleine Geschichte der Makroökonomie Makroökonomie als Wissenschaft 4 Makro 1, WS 2003/04, Professor Stephan Klasen, Ph.D. Fortschritt und Wandel der Makroökonomischen Theorien (Klamer) Debatten um Theorie und Politik Thesen: 1) Ökonomische Fragestellungen und dominante ökonomische Theorien werden von Problemen der Zeit dominiert. 2) Intellektuelle Hintergrund der Ökonomen ein entscheidender Einfluß auf ihre Arbeit (‚always fight the last war‘) Heilbroner: The Worldly Philosophers Klamer: Conversations with Economists 1. Die frühere Dominanz der Mikroökonomie. 2. Die große Depression ist die Mutter der Makroökonomie. 3. John Maynard Keynes der Erfinder der Makroökonomie. 4. 50er, 60er Jahre: Keynesianische Makroökonomie dominiert Wirtschaftspolitik (IS-LM Modell und Synthese-Modell). 5. 70er Jahre: Ölkrisen, Stagflation (Inflation und Stagnation) beenden Konsens. 6. Neo-Marxisten, Monetaristen, Neo-Keynesianer und neue Klassiker. 7. 1980er, 1990er Jahre: Koexistenz Keynesianer, Monetaristen, neue Klassiker, und neue Keynesianer. 5 Makro 1, WS 2003/04, Professor Stephan Klasen, Ph.D. 8. 2000er Jahre: Die Rückkehr der Keynesianer ? Die politischen Folgen der Debatten: Wirtschaftstheoretische Hintergründe politischer Argumente 3. Ausblick auf Vorlesung: 1. Klassische (langfristige) Modell der geschlossenen und offenen Volkswirtschaft, real und monetär. 2. Wachstum 3. Theorien des Konsums und der Investitionen 4. Ausblick auf Makro II: 4. Konjunkturschwankungen: IS-LM und Synthese Modell 5. Debatten der Konjunkturpolitik 6. Konjunkturpolitik in der offenen Volkswirtschaft und Europäische Währungsunion. 6 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. II. Die Volkswirtschaft bei langfristiger Betrachtung 2. Vorlesung: Das Klassische Modell 1. Bruttosozialprodukt und seine Komponenten Unterscheidung Bestands- und Flussgrößen Güter und Geldströme in der (geschlossenen) Volkswirtschaft. Bruttosozialprodukt (BSP) misst die volkswirtschaftliche Leistung, die von der Bevölkerung eines Landes in einem Jahr produziert wurde (Flussgröße). BSP misst 2 Konzepte: 1. Wert der Produktion Zwei Arten der Messung: a. Summe der Gesamtausgaben für den Erwerb aller produzierten Waren und Dienstleistungen (Konsum, Staatsausgaben, Investitionen, C+I+G) In offener Volkswirtschaft: +X – M. b. Summe des geschaffenen Mehrwertes in der Produktion (Produktion minus Zahlungen für Inputs) Aber: Teil der Ausgaben ersetzten nur verbrauchte Investitionsgüter. 1 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. Nettosozialprodukt (NSP) berücksichtigt dies: NSP = BSP - Abschreibung 2. Gesamtheit der Einkommen, die bei dieser Produktion verdient wurden (Löhne, Zinsen, Gewinne, und Mieten), sogenanntes Volkseinkommen (VE). Volkseinkommen < BSP Warum? Abschreibungen nicht im VE (nur Gewinne nach Abschreibung), aber im BSP enthalten; Indirekte Steuern im BSP, nicht im VE enthalten; Subventionen im VE, aber nicht im BSP enthalten; Also: Volkseinkommen = NSP - indirekte Steuern + Subventionen Bruttoinlandsprodukt (BIP) und BSP: BIP: Wert der Produktion im Inland (einschließlich Produktion von Ausländern im Inland). 2 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. BSP: Wert der von Inländern produzierten Produktion (ausschließlich Produktion von Ausländern im Inland, aber einschließlich Produktion von Inländern im Ausland). Inländer und Ausländer über Wohnort (nicht Staatsbürgerschaft) definiert. BIP = BSP – Einkommen der Inländer im Ausland (Grenzgänger, Kapitaleinkommen) + Einkommen der Ausländer im Inland (Grenzgänger und Kapitaleinkommen). In meisten Ländern kleiner Unterschied: Deutschland BIP 1994 : 2046 MRD $, BSP: 2085 MRD $ aber: Lesotho, südliches Afrika 1985: BSP: 1,065 Mio. Maloti, BIP: 557 Mio. Maloti. BIP die am meisten verwendete Maßzahl als Konjunkturindikator, während BSP die bessere Maßzahl ist als Wohlfahrtsindikator. Aber: Schwächen der BSP als Wohlfahrtsmaß: -Vernachlässigt Änderungen in Bestandsgrößen (Kapital, Umwelt, Ressourcen) 3 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. -Berücksichtigt nicht alle wertschaffende Arbeit (Hausarbeit, informeller Sektor, illegale Arbeit) -Vernachlässigt wohlfahrtsrelevante Güter, die nicht oder nur teilweise am Markt käuflich sind (öffentliche Güter). -Berücksichtigt nicht Einkommensverteilung, die aber wohlsfahrtsrelevant ist. Studie von Grün und Klasen (2003). CESifo Working Paper No. 837 (www.cesifo.de). 2. Entstehung, Verteilung, und Verwendung des BIP: Das klassische Modell a) Entscheidende Annahmen: Preise flexibel Es kommt zum Gleichgewicht in Güter, Faktor und Geldmärkten Rechtfertigung der Annahmen: Langfristiges Modell (langfristig sind Preise flexibel). Manche Ökonomen (sog. ‚neue Klassiker‘) gehen auch kurzfristig von flexiblen Preisen aus, siehe Interviews mit Lucas, Sargent, Tobin, Solow). Modell auf Mikrofundament aufgebaut 4 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. b) Entstehung und Verteilung des BIP: Produktionsfaktoren Arbeit (L), Kapital (K), Land (B) kurzfristig ist Land und Kapital fix, nur Arbeit kann variiert werden Neoklassische Produktionsfunktion: Y = F (L, K, B) konstante Skalenerträge zY= F (zL, zK, zB) wenn alle Produktionsfaktoren um gleichen Faktor erhöht werden, wird die Produktion um den gleichen Faktor erhöht. aber: Bei Erhöhung von einem einzelnen Produktionsfaktor abnehmendes Grenzprodukt! z.B. Y = F(L, K konstant, B konstant) Y L 5 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. monoton steigend in L, mit abnehmenden Grenzertrag ∂F ∂ 2F = FL > 0 , = FLL < 0, ∂L ∂L2 oder Y = F (L konstant, K, B konstant) Y K FK > 0 , FKK < 0 Kurve F (L konstant, K konstant, B) ebenso FB > 0 , FBB < 0, vernachlässigen B. Beispiel: Cobb-Douglas Produktionsfunktion α 1− α Y = F (K, L) = A K L Y ∂F = FL = MPL = (1-α) A K α L− α = (1-α) >0 L ∂L 6 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. Y ∂F = FK = MPK= α A K α − 1L1 − α = α >0 K ∂K ∂ 2F = FLL = - α A (1-α) K α L− α − 1 < 0 2 ∂L ∂ 2F = FKK = (α-1) α A. K α − 2L1 − α < 0 2 ∂K ∂ 2F = FKL = FLK = α (1-α) A K α − 1L− α > 0 ∂L∂K Einige wünschenswerte Eigenschaften: 1) Konstante Skalenerträge (Beweis siehe Mankiw S. 72 (E)) 2) Fallende Grenzerträge für jeden Faktor 3) Grenzprodukt der Arbeit steigt mit Menge des eingesetzten Kapitals 4) Grenzprodukt des Kapitals steigt mit Menge der eingesetzten Arbeit 5) Wenn Technologie konstant, sind Anteile an Arbeitseinkommen und Kapitaleinkommen langfristig konstant (empirisch bestätigt für USA, deutet auf Cobb-Douglas Produktionsfunktion hin). Aber anscheinend nicht richtig für Europa ! c) Entscheidungsproblem des Wettbewerbsunternehmens Gewinn = Erlös - Arbeitskosten - Kapitalkosten π 7 = PY - WL - RK Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. π = PF(K,L)- WL - RK Bedingungen der 1. Ordnung πL = P FL - W = 0 also MPL = W/P = Reallohn πK = P FK - R = 0 also MPK = R/P = r = realer Mietpreis des Kapitals. Grenzprodukt gleich Faktorpreis ! d) Arbeitsmarkt Arbeitsnachfrage MPL = W/P je höher Reallohn, desto geringer Arbeitsnachfrage. Reallohn nicht in Geld sondern in Gütereinheiten berechnet ! W/P L Beispiel: Pest, Arbeiter, und Reallöhne 8 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. Beispiel: Auswirkungen von AIDS auf Wirtschaftswachstum e) Kapitalmarkt Im Gleichgewicht: MPK = r (reale Mietpreis des Kapitals) r K Verteilung des Gesamteinkommens π = PF(K,L) - WL - RK π/P = Y - MPL *L - MPK *K (beide Seiten durch P teilen) aber wenn Grenzprodukt gleich Faktorpreis (richtig bei konstanten Skalenerträgen), dann Y = MPL * L + MPK*K somit Unternehmensgewinn = 0 z.B. bei Cobb-Douglas (siehe oben): Arbeitseinkommen = L *MPL = L * (1-α) 9 Y = (1-α) Y L Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. Kapitaleinkommen = K * MPK= K * α Arbeitseinkommen = L (1-α) Kapitaleinkommen = K α Y =αY K Y = (1-α) Y L Y =αY K Entlohnung für Arbeit und Kapital: (1-α) Y + α Y = Y Es bleibt also nichts übrig für Unternehmergewinne! Warum gibt es Unternehmergewinne in Realität? 1) Buchhalterische Gewinn = Ertrag für eingesetztes Kapital (MPK *K) plus Unternehmensgewinn. 2) Volkswirtschaft nicht im Gleichgewicht. 3) Monopole, Oligopole. f) Haushaltssektor 1) Stellt Arbeit: Arbeitsangebot. 2) Spart Geld, das Investitionen finanziert: Kapitalangebot Maximiert Nutzen durch Wahl der Arbeit und Wahl der Ersparnis. Arbeitsangebot: hängt positiv vom Reallohn ab: Substitutionseffekt (wenn Lohn steigt, will ich mehr Arbeit anbieten) 10 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. Einkommenseffekt (wenn Einkommen steigt, will ich weniger Arbeit anbieten). Einfluss des Reallohns auf Arbeitseinsatz empirisch umstritten (Economist Artikel: Taxes and Taxis). Ersparnis: Hängt positiv vom realen Zinssatz ab: Substitutionseffekt (wenn Zinsen steigen, will ich mehr sparen) Einkommenseffekt (wenn Zinsen steigen, bin ich reicher, und will weniger sparen). Effekt empirisch umstritten. Identifikationsproblem. g) Staatssektor: gibt G aus und nimmt T ein (autonom bestimmt). h) Gleichgewicht 1) Arbeitsmarkt Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung 11 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. W/P L Wie wird es erreicht? Reallöhne regulieren Angebot und Nachfrage. Arbeitslosigkeit existiert dauerhaft nicht. 2) Kapitalmarkt Ersparnis und Investitionen im Gleichgewicht r S, I Wie wird Gleichgewicht erreicht? 12 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. 3) Gütermarkt: Verwendung des Bruttosozialproduktes, Güterangebot: Produktion Ys = Ys (w/p) Verwendung: Konsum, Investitionen, oder Staatsausgaben Y (W/P) = C (r) + I (r) + G Konsum C = C (r, Y-T), hängt vom verfügbaren Einkommen und realem Zinssatz ab. Ersparnis S=Y - C - G = I(r) Zinssatz und Reallöhne sorgen dafür, daß alle drei Märkte im Gleichgewicht bleiben. Im Arbeitsmarkt wird Reallohn bestimmt, im Kapitalmarkt der Zinssatz, der dann den Gütermarkt ins Gleichgewicht bringt. Sayes Theorem: Jedes Angebot schafft sich selbst die Nachfrage. Wenn produziert wird, entstehen Faktoreinkommen, die dann die Nachfrage für diese Produktion herstellen. Nachfragemangel nicht möglich. Deshalb immer Vollbeschäftigung. Aber: Vollbeschäftigung bei über 4 Millionen Arbeitslose? 13 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. Langfristiges Modell (kurzfristig verhindern starre Löhne und Preise, oder zu niedrige Gesamtnachfrage die Anpassung zur Vollbeschäftigung, mehr davon später) Strukturelle Arbeitslosigkeit (Arbeitsangebot passt nicht zur Arbeitsnachfrage) Lucas: Arbeitslosigkeit freiwillige Reaktion auf Verschlechterung der Beschäftigungsmöglichkeiten ! 3. Wirtschaftspolitik im Klassischen Modell a) Kreditfinanzierte Erhöhung der Staatsausgaben: Einkommen Y und damit auch (bei unveränderten Steuern) verfügbares Einkommen Y-T durch Arbeitsmarkt und Technologie festgelegt. Kann also nicht steigen. Daraus folgt: Andere Komponenten des Einkommens, also Investitionen und Konsum müssen fallen. Wie können sie fallen? Durch steigende Zinssätze. Die Erhöhung der Staatsausgaben verdrängen also Privatinvestitionen im gleichem Umfang. Verdrängungseffekt oder Crowding Out. 14 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. r S, I Wie kommt es zu Crowding Out? Höhere Staatsausgaben erhöhen Defizit des Staates und damit Kapitalnachfrage des Staates auf dem Kapitalmarkt. Weniger Ersparnis übrig für private Investitionen ! Beispiel: Kriege und Zinssätze. b) Kreditfinanzierte Steuersenkung: Verfügbares Einkommen erhöht sich. Konsum steigt, aber reduzierte Ersparnis erhöht Zinssätze und Investitionen fallen (und Erhöhung des Konsums ebenfalls reduziert) Beispiel: Fiskalpolitik der 80er Jahre in den USA. c) Investitionsnachfrage steigt z. B. neue Prozesse, neue Erfindungen 15 Makroökonomik WS 03/04 Prof. Stephan Klasen, Ph.D. Investitionsnachfrage erhöht sich, führt to höherem Zinssatz, der zu höherem Sparen und somit geringerem Konsum führt. r S, I 16