Interdependenz und Institutionalismus – Folie 1 Literaturhinweis Robert O. Keohane/ Joseph S Nye (1977): Power and Interdependence. World Politics in Transition, Boston: Little, Brown and Company. Robert O. Keohane (1984): After Hegemony. Cooperation and Discord in the World Political Economy, Princeton: Princeton University Press. Interdependenz und Institutionalismus – Folie 2 Das Konzept der Interdependenz Definition Interdependenz: Interdependenz ist eine politiksektorspezifische, gegenseitige Abhängigkeit, die aus Transaktionen resultiert, deren Unterbrechung Kosten verursachen würde. Interdependenzempfindlichkeit: Die Interdependenzempfindlichkeit erfasst die Intensität und das Ausmaß, zu dem ein Staat durch Entwicklungen in einer Interdependenzbeziehung betroffen ist. Interdependenzverwundbarkeit: Die Verwundbarkeit eines Staates gegenüber Entwicklungen in Interdependenzbeziehung ist abhängig von Verfügbarkeit und der Kostspieligkeit von Alternativen. der Interdependenz und Institutionalismus – Folie 3 Asymmetrische Interdependenz und Macht Interdependenzbeziehungen können asymmetrisch sein. Asymmetrische Interdependenz als Quelle von Macht in der internationalen Politik: Der weniger abhängige Staat gewinnt in einer Beziehung asymmetrischer Interdependenz an Macht. Er kann Veränderungen in einem Interdependenzzusammenhang androhen oder einleiten, die für ihn weniger kostspielig sind als für den Interaktionspartner. Das Kriterium der Verwundbarkeit ist für die Machtverhältnisse in einer Interdependenzbeziehung bedeutsamer als das Kriterium der Empfindlichkeit. Interdependenz und Institutionalismus – Folie 4 Interdependenz und zwischenstaatliche Kooperation Unter den Bedingungen wachsender Interdependenz zwischen Staaten verringert sich die einzelstaatliche Problem- und Steuerungsfähigkeit. Daher erhöht sich der Bedarf nach zwischenstaatlicher Kooperation. Unter den Bedingungen wachsender Interdependenz zwischen Staaten entsteht die Möglichkeit, durch zwischenstaatliche Kooperation gemeinsame Gewinne zu realisieren. Daher verbessern sich die Chancen zwischenstaatlicher Kooperation. Zwischenstaatliche Kooperation ist jedoch kein Automatismus. Internationale Institutionen werden unter den Bedingungen wachsender Interdependenz zwischen Staaten zu wichtigen Instrumenten der politischen Steuerung oberhalb der nationalstaatlichen Ebene. Interdependenz und Institutionalismus – Folie 5 Der Neoliberale Institutionalismus – Grundannahmen I Gemeinsame Grundannahmen von Neorealismus und Institutionalismus: Die zentralen Akteure der internationalen Politik sind Staaten. Staaten sind als einheitliche und rationale Akteure konzipiert, die nach der Maximierung eigener Interessen streben. Das internationale System zeichnet Strukturmerkmal der Anarchie aus. sich durch das Interdependenz und Institutionalismus – Folie 6 Der Neoliberale Institutionalismus – Grundannahmen II Konzeptionelle Abweichungen des Neoliberalen Institutionalismus vom Neorealismus: • Trotz des Strukturmerkmals der Anarchie ist das internationale System kein normenfreier Raum. Internationale Institutionen setzen Regeln für staatliche Interaktion und dämpfen den anarchischen Charakter des internationalen Systems. • Institutionen haben einen unabhängigen Effekt auf staatliches Verhalten in der internationalen Politik. • Staaten streben nach absoluten Gewinnen, nicht nach relativen Gewinnen. • Zwischenstaatliche Kooperation ist für den Institutionalismus daher im Ergebnis wahrscheinlicher und stabiler als für den Neorealismus. Interdependenz und Institutionalismus – Folie 7 Definition: Institutionen Nach Robert O. Keohane können Institutionen definiert werden als „dauerhafte und zusammenhängende, formale und informelle Regeln, die Rollenverhalten vorschreiben, Handlungsspielräume definieren und Erwartungen formen“. Der Begriff der internationalen Institution ist damit weiter gefasst als die Begriffe der internationalen Organisation und des internationalen Regimes. Interdependenz und Institutionalismus – Folie 8 Internationale Institutionen und zwischenstaatliche Kooperation Internationale Institutionen erleichtern und stabilisieren zwischenstaatliche Kooperation, indem sie die beiden zentralen Kooperationsprobleme internationalen System entschärfen: • Das Verteilungsproblem • Das Kontrollproblem im anarchischen Interdependenz und Institutionalismus – Folie 9 Das Gefangenendilemma A/B Schweigen (kooperieren) Gestehen (defektieren) Schweigen Gestehen (kooperieren) (defektieren) (-2,-2) (-5,0) (0,-5) (-4,-4) Interdependenz und Institutionalismus – Folie 10 Funktionen von Institutionen • Institutionen definieren dauerhafte und stabile Verhandlungsforen. Sie machen damit Kooperation nach dem Prinzip diffuser Reziprozität möglich. • Institutionen stellen Informationen bereit über die Präferenzen und Handlungen anderer Akteure. Institutionen schaffen damit Transparenz und erleichtern die Kontrolle und das Monitoring von Kooperationsvereinbarungen. • Institutionen definieren Sanktionsmechanismen. • Institutionen stabilisieren wechselseitige Verhaltenserwartungen und schaffen Vertrauen. Insgesamt reduzieren internationale Institutionen die Transaktionskosten zwischenstaatlicher Kooperation: Damit erleichtern und stabilisieren sie diese Kooperation Interdependenz und Institutionalismus – Folie 11 Die Entstehung internationaler Institutionen Der Institutionalismus erklärt die Entstehung und die Stabilität internationaler Institutionen funktionalistisch aus dem Nutzen, den sie für Staaten erbringen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zur Herausbildung stabiler internationaler Institutionen kommt, hängt von drei Kriterien ab: • Je höher die Interdependenzdichte in einem Politikfeld ist, desto größer ist der Bedarf von Staaten nach Kooperation und desto eher kommt es zur Herausbildung internationaler Institutionen. • Je größer die Anzahl der Staaten ist, die in eine internationale Institution eingebunden sein sollen, desto schwieriger und daher unwahrscheinlicher ist die Schaffung dieser Institution. • Die Existenz eines Hegemons, der einen wesentlichen Teil der Kosten der Institutionenbildung trägt, weil er davon besonders profitiert, erhöht die Wahrscheinlichkeit der Herausbildung internationaler Institutionen.