Prof. Dr. Hans-Joachim Schmidt Vorlesung: Christen und Muslime im Mitttelalter Frühlingssemester 2015 7) Christen und Muslime im Königreich Jerusalem Königreich Jerusalem bestand von der Eroberung der Stadt 1099 bis zum Verlust der letzten Besetzungen in Akkon und weiteren Küstenstädten bis 1291 exponierte Lage : Outremer Abhängigkeit von Nachschub an Menschen und Material, niemals konnte das Königreich aus eigener Kraft existieren, dazu war auch die Bevölkerung der Okzidentalen selbst innerhalb des Königreiches zu gering ( es gab vermutlich nie mehr als 700 Ritter, hinzu kamen weitere Personen, u.a. Kaufleute) "frontier society" einige städtische Neugründungen Villes Neuves, einige Burgen ansonsten aber blieb Besiedlung der Einheimischen unangetastet Übernahme der muslimischen Steuerkastaster und des muslimischen Steuererhebungssystems muslimische Verwaltungspraxis (auch mit einheimischen Personal) war indes von okzidentalem Lehenswesen überwölbt auf der Ebene des Lehenswesens gab es nur okzidentale Barone sie hatten eine starke Stellung gegenüber dem König Lehen aber häufig nicht Landlehen, sondern oft Geldlehen Aufteilung des Königreiches in Lehensfürstentümer: (u.a. Transjordanien= Outrejordain) Folge: Schwächung der zentralen Königsgewalt Rat der Kronvasallen im Haute Cour von adligen Baronen besetzt Kaufmannsniederlassungen, von italienischen Städten abstammend, ihnen waren Stadtviertel in den Küstenstädten zugewiesen, hatten Privilegien: Handelsrechte, eigenen Gerichtsstand, eigene Gemeinde Ritteroden der Templer, Johanniter und des Deutschen Ordens - unumgänglich zur permanenten militärischen Disponibilität im Heiligen Land im 13. Jh. waren einzelne Ritterorden mit muslimischen Herrschern verbündet. es gab Kämpfe zwischen den Ritterorden Kohahabitation mit Muslimen und christlichen Orientalen - aber zu beiden bestanden erhebliche Divergenzen und Animositäten Handel und Verträge setzten Kontakte voraus, setzten ebenfalls Beachtung des Vertragsrechts voraus, was wiederum die Vorstellung bedingte, dass der "Fremde" Inhaber von Rechten sei und als gleichberechtigter Partner behandelt werden Graf Rainer von Chatillon war Aussenseiter, insofern er entgegen von Waffenstillstandsverträgen Karawanen von Muslimen überfiel mitunter religionsübergreifende Adelssolidarität Sultan Saladin wurde als Figur in okzidentale höfische Romane integriert - u.a. als Teilnehmer an Hofffesten und Turnieren in Europa Geschenke-Tausch mit König Richard I. von England während dessen Kreuzzug 1190-1191 Lebensbeschreibung von Usama, der engen Kontakt zu Christen erzählt, Solidarität unter Adligen Interessensgegensätze zwischen den Okzidentalen, die in Outremer siedelten, und den Kreuzfahren, erstere warn auf Verträge und Interessensausgleich mit den Muslimen angewiesen, letztere erstrebten militärische Aktionen gegen die "Ungläubigen" fatale Fehleinschätzungen durch Kreuzfahrer waren mitunter die Folge, z. B. als während des zweiten Kreuzzuges 1148 die Stadt Damaskus angegriffen wurde, obwohl desssen Herrscher langjähriger Verbündeter der Kreuzfahrer 2 Enteignung von Kirchen und Moscheen zugunsten der okzidentalen Christen: "Tempel" und HeiligGrab-Kirche aber auch Kirchenneubauten während der Kreuzfahrer-Zeit. 1130-1149 Grabeskirche neue kirchliche Hierarchie der westlichen Kirche etabliert: Patriarch von Jerusalem, Bischöfe, Kanoniker vom Heiligen Gra (mit Besitzungen in ganz Europa) nach Eroberung der Stadt Jerusalem und der Tötung aller nicht-christlichen Einwohner (vielleicht 20 000 Ermorderte ) wurde nur Christen die Ansiedlung in der Stadt erlaubt ansonsten aber in Königreich Jerusalem Siedlungen von Muslimen, Christen und orientalischen Christen: übten ihre Religion aus, besassen eigene Gerichtshöfe, waren aber von der politischen Betätigung - durch Übernahme von Lehen - ausgeschlossen erster Herrscher Gottfried von Bouillon /Niderlothringen nannte sich vicarius sepulchri Chrsiti, sein Sohn und Nachfolger König: Balduin I. (Krönung zu Weihnachten in Bethlehem 1100 nach der Schlacht von Hattin 1187 fiel die Stadt Jerusalem im selben Jahr in die Hände von Sultan Saladin 1229 als Ergebnis des Vertrages zwischen Kaisser Friedrich II. und Sultan Al-Kamil ergriffen wieder okzidentale Christen Besitz von der Stadt: aber zeitlich befristet und Verbot, die Stadt zu befestigen 1244 Stadt wieder von den Muslimen zurückerobert neues Zentrum des Königreiches nach 1190 war Akkon: dort Köngspalast, dort königlicher Hf, dort residierte Patriarch von Jerusalem, dort auch Kathedralkapitel vom Heiligen Grab nach 1190 nur noch reduzierte Ausdehnung des Königreiches, aber finanziell durchaus ergiebig dank des florierenden Handels in den Küstenstädten (Jaffa, Haifa, Akkon, Tyrus) Handel setzte aber Einvernehmen mit muslimischen Hinterland voraus = wechselseitige Vorteile