Schwingungen und Resonanz

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Kapitel 5
Schwingungen und
Resonanz
Schwingungen sind Vorgänge, bei denen sich eine physikalische
Grösse in Abhängigkeit von der Zeit periodisch ändert. Eine Schwingung kann als eindimensionale Bewegung betrachtet werden.
Bei einer Schwingung bewegt sich z.B. ein Teilchen in einer periodischen Bewegung immer nur auf demselben Weg hin und her.
5.1 Harmonische Schwingungen
5.1.1 Eine sinusförmige Bewegung
263
Eine Masse wird an einem Faden aufgehängt. Wenn wir die Masse
aus seiner Gleichgewichtslage auslenken und sie loslassen, schwingt
sie um die Gleichgewichtslage.
Wie soll eine solche Bewegung beschrieben werden?
Physik
264
Schwingungen und Resonanz
Demonstrationsexperiment: Schwingwagen
Ein Wagen ist mit zwei Federn verbunden.
Siehe Abb. 1.
Schwingwagen: der Wagen ist mit zwei Federn verbunden.
Der Wagen wird ausgelenkt und losgelassen. Die Auslenkung wird
als Funktion der Zeit geplottet. Sie sieht sinusförmig aus.
Figur 1.
Demonstrationsexperiment: Pendel bewegt sich sinusförmig
Die Kreisbewegung einer Kugel wird auf die Wand projiziert. Wir
vergleichen die Bewegung des Pendels mit der Projektion der Kugel
auf die Wand. Siehe Abb. 2.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Harmonische Schwingungen
Kreisbewegung
Pendel
Figur 2. Pendel bewegt sich sinusförmig: Die Bewegung der aufgehängten
Masse (Pendel) und die Projektion der Kugel auf die Wand werden
verglichen.
Experimentell beobachten wir:
für kleine Auslenkungen ist die Pendelbewegung gleich der
Projektion einer Kreisbewegung.
265
Wir können die Kreisbewegung als eine zweidimensionale Bewegung
betrachten. Wir wählen dafür ein Koordinatensystem. Siehe Abb. 3.
Physik
266
Schwingungen und Resonanz
Die Kreisbewegung der Kugel wird durch den Winkel q parametrisiert und die Koordinaten der Kugel sind gleich:
Ï x ( t) = R cosq ( t) = R coswt
Ì
Ó y ( t) = R sin q ( t) = R sin wt
wobei R der Radius des Kreises ist. Weil die Kugel mit konstanter
Geschwindigkeit auf dem Kreis umläuft, ist die Winkelgeschwindigkeit konstant als Funktion der Zeit, so dass der Winkel linear mit der
Zeit zunimmt (Siehe Kap. 2.6):
q ( t) = wt
Um die Bewegung des Pendels zu beschreiben, müssen wir die Projektion der Kreisbewegung betrachten. Wir werden z.B. die Projektion der umlaufenden Kugel auf die y-Achse betrachten:
y ( t) = R sin q ( t) = R sin wt
Figur 3. Die Pendelbewegung ist gleich der Projektion einer Kreisbewegung.
Ein Punkt bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit auf dem Kreis. Der
Radius ist gleich 1.
Wir schliessen daraus:
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Harmonische Schwingungen
Die Masse des Pendels bewegt sich sinusförmig um ihre
Gleichgewichtslage.
Eine solche Bewegung ist durch den folgenden allgemeinen
Ausdruck gegeben:
x ( t) = A sin(wt + f )
wobei A die Amplitude, w die Kreisfrequenz, und f die Phasenkonstante ist.
Solche Bewegungen werden harmonische Schwingungen genannt.
Oft wird der Winkel der Sinusfunktion auch als die Phase der
Schwingung bezeichnet. Hier haben wir diese Phase so ausgedrückt:
q ( t) = wt + f
Die Graphische Darstellung der ursprünglichen Phase.
Phase f
wobei f die ursprüngliche Phase zur Zeit t=0 ist. Siehe Abb. 4.
Figur 4.
267
Obwohl wir die harmonische Bewegung durch eine Sinusfunktion
definiert haben, kann sie ebenso gut durch eine Kosinusfunktion ausPhysik
268
Schwingungen und Resonanz
p
x ( t) = A cos(wt + f ) = A sin(wt + f + ) = A sin(wt + f ¢ )
2
gedrückt werden, wobei der einzige Unterscheid ein Phasenunterschied von p/2 ist:
d.h.
pˆ
Ê
cos(q ) = sinÁq + ˜
Ë
2¯
sin(a + b ) = sin a cos b + cosa sin b
Wir bemerken schliesslich, dass harmonische Bewegungen auch als
Summe von Kosinus- und Sinusfunktionen ausgedrückt werden können. Aus der Gleichung
folgt
x ( t) = A sin(wt + f )
= A sin wt cosf + A coswt sin f
= ( A cosf ) sin wt + ( A sin f ) coswt
= B sin wt + C coswt
wobei B=Asinf and C=Acosf neue Konstanten (d.h. Amplituden)
sind, die die ursprüngliche Phase enthalten.
Normalerweise werden wir nur den Ausdruck mit der Sinusfunktion
und die ursprüngliche Phase verwenden.
5.1.2 Die Periode der Schwingung
Die Periode T der Schwingung ist definiert als die Zeit, die benötigt
wird, um eine vollständige Schwingung durchzuführen.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Harmonische Schwingungen
fi
T=
2p
w
q ( t + T ) = q ( t) + 2p
fi w ( t + T ) + f = wt + f + 2p
fi wt + wT = wt + 2p
Die Sinusfunktion wiederholt sich wenn der Winkel q(t) um 2p
zunimmt. D.h., bei einem vollständigen Zyklus erhöht sich die Phase
der Sinusfunktion um 2p. Zur Zeit t+T unterscheidet sich die Phase
um 2p von der Phase zur Zeit t:
oder
wT = 2p
1 w
=
T 2p
Die Frequenz n ist die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde
n=
Die MKS-Einheit der Frequenz: Hertz (Hz) = 1/Sekunde
5.1.3 Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung
fi
- A £ x ( t) £ A
Weil die Sinusfunktion nur Werte zwischen –1 und 1 annehmen kann,
ist die grösste Auslenkung aus der Gleichgewichtslage gleich der
Amplitude A, d.h. die Amplitude ist der Betrag der maximalen Auslenkung:
x ( t) = A sin(wt + f )
269
Die Amplitude entspricht der maximalen Entfernung vom Ursprung.
Physik
270
Schwingungen und Resonanz
v ( t) =
fi
- Aw £ v ( t) £ Aw
dx ( t)
= Aw cos(wt + f )
dt
Die erste zeitliche Ableitung, die die Geschwindigkeit liefert, ist
gleich
und wir erhalten:
v ( t) = ( Aw ) cos(wt + f )
fi
- Aw 2 £ a( t) £ Aw 2
dv ( t) d
= ( Aw cos(wt + f )) = - Aw 2 sin(wt + f )
dt
dt
In ähnlicher Weise ist die Beschleunigung gleich:
a( t) =
Wir bemerken,
a( t) = - Aw 2 sin(wt + f )
Zusammenfassend haben wir gefunden:
Ï x ( t) = A sin(wt + f )
Ô
Ìv ( t) = Aw cos(wt + f )
Ô
2
Óa( t) = - Aw sin(wt + f )
Die Beziehung zwischen Sinus- und Kosinus-Funktionen sind in
Abb. 5 gezeigt. Mit diesen kann die Beziehung zwischen Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung graphisch verstanden
werden.
Um die Diskussion zu vereinfachen, nehmen wir an, dass die
Anfangsbedingungen so sind, dass die Phase f verschwindet.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Maximale Geschwindigkeit:
wt =
p 3p
, ,...
2 2
wt = 0,p , 2p ,...
Das System bewegt sich periodisch zwischen den maximalen Auslenkungen –A und +A.
Die Geschwindigkeit verhält sich kosinusförmig, d.h. sie kann als
sinusförmig mit einer ursprünglichen Phase gleich p/2 dargestellt
werden (Siehe Abb. 5). Die Geschwindigkeit verhält sich periodisch zwischen den maximalen Geschwindigkeiten (–Aw und
+Aw). Wegen des Phasenunterschieds ist die Geschwindigkeit
maximal, wenn die Auslenkung verschwindet, und umgekehrt ist
die Geschwindigkeit minimal, wenn die Auslenkung maximal ist:
Maximale Auslenkung:
Die Auslenkung verhält sich sinusförmig. Zur Zeit t=0 ist die
Auslenkung gleich null und ihr Betrag ist maximal, wenn
Harmonische Schwingungen
1.
2.
3.
271
Man kann das so verstehen: beim Nulldurchgang ist die
Geschwindigkeit maximal. Die Auslenkung nimmt zu und die
Bewegung wird gebremst bis die Geschwindigkeit verschwindet.
Dieser Punkt entspricht der maximalen Auslenkung. Die Richtung
der Bewegung ändert sich und die Bewegung läuft nachher zurück:
die Auslenkung nimmt ab und die Geschwindigkeit nimmt zu, bis
der Nulldurchgangspunkt wieder erreicht ist. In diesem Punkt ist
die Geschwindigkeit maximal. Und die Bewegung wiederholt sich
weiter.
Die Beschleunigung verhält sich sinusförmig, wie die Auslenkung,
aber mit entgegengesetztem Vorzeichen, d.h. sie kann als sinusförmig mit einer ursprünglichen Phase gleich p dargestellt werden
(Siehe Abb. 5). Die Beschleunigung verhält sich periodisch zwischen den maximalen Beschleunigungen (–Aw2 und +Aw2). Sie ist
maximal bei maximaler Auslenkung und verschwindet beim Nulldurchgang. Sie ist aber der Auslenkung immer entgegengesetzt.
Die Beschleugigung wirkt der Bewegung entgegen. Wenn die
Bewegung in eine Richtung läuft, versucht die Beschleunigung die
Physik
272
Schwingungen und Resonanz
Bewegung in die entgegengesetzte Richtung zu bringen: wenn die
Auslenkung z.B. nach rechts ist, zeigt die Beschleunigung nach
links, und umgekehrt, wenn die Auslenkung nach links ist, zeigt
die Beschleunigung nach rechts.
Die Geschwindigkeit verschwindet und die Beschleunigung wird
maximal.
Beim Nulldurchgang (sin(wt+f)=0):
Ïx = ± A
Ô
Ìv = 0
Ô
2
Óa = m Aw
Bei maximaler Auslenkung (sin(wt+f)=±1):
In mathematischer Form können wir die zwei Grenzfälle so zusammenfassen:
1.
2.
Ïx = 0
Ô
Ìv = ± Aw
Ô
Óa = 0
Die Geschwindigkeit wird maximal und die Beschleunigung verschwindet.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Harmonische Schwingungen
273
Figur 5. Beziehung zwischen Sinus- und Kosinus-Funktionen. Die
angegebene Phase f entspricht der Phasenkonstante, die eine
Sinusfunktion sin(wt+f) haben muss, um die entsprechende Funktion zu
liefern.
Physik
274
Schwingungen und Resonanz
5.1.4 Anfangsbedingung
Die Amplitude A und die Phasenkonstante f sind durch die Anfangsbedingungen festgelegt. Die Kreisfrequenz w wird durch die Lösung
der Bewegungsgleichung bestimmt (Siehe Kap. 5.4).
Zur Zeit t=0 ist z.B. die Auslenkung x(t=0) gleich
x ( t = 0) = A sin(f ) ∫ x 0
wobei x0 der Anfangswert der Auslenkung ist.
Zur Zeit t=0 ist die Geschwindigkeit
v ( t = 0) = Aw cos(f ) = v 0
wobei v0 die Anfangsgeschwindigkeit ist.
Mit Hilfe der Anfangsauslenkung und der Anfangsgeschwindigkeit
werden die Konstanten A und f festgelegt.
Ï x (0) = A sin(f ) = x 0
Ì
Óv (0) = Aw cos(f ) = 0
p
2
fi f =
v (0) = Aw cos(f ) = 0
fi A = x 0
z.B. für v0=0,
Damit
und
Êp ˆ
x (0) = A sin(f ) = A sinÁ ˜ = x 0
Ë 2¯
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Schwingungen und Resonanz
k = mw 2
Die Kraft bei der harmonischen Bewegung
wobei
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Siehe Abb. 6.
Wir betrachten Anordnungen, in denen eine Masse mit einer Feder
verbunden ist. Wir nennen solche Anordnungen Federpendel. Wir
unterscheiden die horizontalen und die vertikalen Versionen des
Federpendels.
5.3 Anwendung: das Federpendel
Wir diskutieren diese Beispiele in den nächsten Abschnitten und
beginnen mit der Feder.
Ist die Kraft, die auf ein Pendel wirkt, immer zur Auslenkung proportional?
Eine solche Kraft haben wir als Rückstellkraft bezeichnet, und wir
haben sie z.B. im Fall der Feder angetroffen.
D.h., wenn die Auslenkung nach rechts ist, zeigt die Kraft nach links,
und wenn die Auslenkung nach links ist, zeigt die Kraft nach rechts.
Die Kraft zeigt daher immer in die Richtung des Ursprungs.
Bei der harmonischen Bewegung ist die Kraft proportional
und entgegengesetzt der Auslenkung.
F ( t) = - kx ( t)
Wir bemerken, dass die Kraft sich mit der Zeit ändern muss, und im
Allgemeinen kann sie so ausgedrückt werden:
276
Schliesslich,
p
x ( t) = x 0 sin(wt + ) = x 0 cos(wt)
2
5.2 Die Kraft bei der harmonischen
Bewegung
= (-w 2 ) x ( t)
dv d 2 x d 2
=
=
a( t) =
( A sin(wt + f ))
dt dt 2 dt 2
= - Aw 2 sin(wt + f ) = (-w 2 ) A sin(wt + f )
In der harmonischen Bewegung besitzt die Beschleunigung eine einfache Beziehung zur Auslenkung:
d.h.
bei der harmonischen Bewegung ist die Beschleunigung proportional und entgegengesetzt zur Auslenkung.
Wir betrachten nun eine Masse, die eine harmonische Schwingungsbewegung durchführt. Wie muss die Kraft, die auf die Masse wirkt,
sein, damit die Masse eine solche Bewegungskurve beschreibt?
F ( t) = ma( t) = m(-w 2 ) x ( t) = (- mw 2 ) x ( t)
275
Die Kraft, die auf die Masse wirken muss, damit die Masse in harmonischer Bewegung schwingt, ist gleich:
Physik
Horizontale und vertikale Anordnung des Federpendels.
Anwendung: das Federpendel
Figur 6.
5.3.1 Horizontale Bewegung des Federpendels
277
Wir betrachten nun die reibungsfreie Bewegung eines Blocks, der mit
einer Feder verbunden ist. Uns interessiert die eindimensionale
Bewegung des Blocks um seine Gleichgewichtslage.
Siehe Abb. 7.
Physik
278
Schwingungen und Resonanz
Für eine Verschiebung x aus der Gleichgewichtslage, gibt es eine
Rückstellkraft, die nach dem Hookeschen Gesetz für kleine Verschiebung x proportional zu x ist:
F = - k( x - x0 )
wobei k die Federkonstante und x0 die Länge der entspannten Feder
ist (Siehe Kapitel 2).
x=0, F=0
positive Richtung
Gleichgewichtslage
x<0, F>0
x
x>0, F<0
zusammengedrückte Feder
ausgezogene Feder
x
Figur 7. Horizontales Federpendel. Die Feder versucht die Masse in ihre
ursprüngliche Lage zurückzubringen.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Anwendung: das Federpendel
Wir setzen x0=0, d.h. der Ursprung der x-Achse wird als die Gleichgewichtslage der Feder angenommen. Die resultierende Kraft, die auf
den Block wirkt, ist demnach gleich
F = - kx
Wenn x=0 ist, sitzt der Block in seiner Gleichgewichtslage, und der
Betrag der Federkraft ist gleich null. Wenn x verschieden von null ist,
versucht die Federkraft den Block in seine Gleichgewichtslage
zurückzubringen.
Wir haben den Effekt einer solchen Kraft in Kap. 5.2 diskutiert:
Wenn eine Rückstellkraft auf einen Körper wirkt, die proportional zur
Verschiebung ist, erwarten wir, dass der Körper eine harmonische
Bewegung durchführen wird. Bevor wir eine Lösung für die Bewegung des Blocks suchen, diskutieren wir eine ähnliche Anordnung,
nämlich die vertikale Bewegung des Federpendels.
5.3.2 Vertikale Bewegung des Federpendels
Wir können die vertikale Bewegung eines Federpendels studieren,
wenn wir eine Masse an eine Feder hängen.
Siehe Abb. 8
die Federkraft und
die Gravitationskraft.
279
Im Fall, dass das Federpendel in vertikaler Richtung aufgehängt ist,
wirken zwei Kräfte auf die Masse:
1.
2.
Siehe Abb. 9.
Physik
280
Schwingungen und Resonanz
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
F = mg - k ( x - x 0 )
Die Gesamtkraft, die auf die Masse wirkt, ist
Figur 8. Das vertikale Federpendel. Wegen der Gravitationskraft wird die
Feder verlängert, wenn die Masse angehängt wird.
ausgezogene Feder
x=x0
x0
Nagel
Anwendung: das Federpendel
Physik
x0
xG
x=xG, F=mg-k(xG-x0)=0
–k(x-x0)
mg
Gleichgewichtslage mit
Gravitationskraft
F ( xG ) = mg - k ( xG - x 0 ) = 0 fi
xG = x 0 +
mg
k
281
Wenn wir die Masse an die Feder hängen, wird sich die Feder wegen
der Gravitationskraft verlängern. Wir berechnen die Gleichgewichtslage xG als die Verschiebung, in welcher die Gesamtkraft gleich null
ist:
Figur 9. Vertikales Federpendel: eine Masse hängt an einer Feder. Wegen
der Gravitationskraft, wird die Feder im Gleichgewicht verlängert.
normale Länge der
entspannten Feder
positive Richtung
282
Schwingungen und Resonanz
Wenn die Masse sich in dieser Position in Ruhe befindet, bleibt sie in
Ruhe. Die Federkraft kompensiert die Gravitationskraft.
Nun betrachten wir die Bewegung der Masse um die Gleichgewichtslage, d.h. wir nehmen an, dass die Verschiebung relativ zur Gleichgewichtslage ist:
Dx = x - xG
In diesem Fall ist die Gesamtkraft, die auf die Masse wirkt, gleich:
F = mg - k ( Dx + xG - x 0 )
mg
- x0 )
k
= mg - k ( Dx + x 0 +
= - kDx
Wir schliessen daraus:
Die Rückstellkraft ist im Fall einer vertikal aufgehängten
Masse zur Verschiebung proportional, wenn die Verschiebung relativ zur Gleichgewichtslage gemessen wird.
Wenn eine Rückstellkraft auf einen Körper wirkt, die proportional zur
Verschiebung ist, wird der Körper eine harmonische Bewegung
durchführen. Es folgt, dass die Masse um die Gleichgewichtlage
schwingen wird.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Differentialgleichung der harmonischen Bewegung
5.4 Differentialgleichung der
harmonischen Bewegung
Mit Hilfe der Lösung einer Differentialgleichung werden wir die
Kreisfrequenz der Schwingung als Funktion der physikalischen Grössen der schwingenden Anordnung bestimmen.
Wir benutzen Newtons zweites Gesetz für den Fall, dass die Kraft
proportional zur Verschiebung x ist, wobei der Ursprung der x-Achse
(x=0) die Gleichgewichtslage der Masse ist:
F = - kx = ma
d2x
dt 2
a=
fi
d2x k
+ x=0
dt 2 m
dv d 2 x
=
dt dt 2
wobei im Allgemeinen die Rückstellkraftkonstante k dem Proportionalitätsfaktor zwischen Verschiebung und Rückstellkraft entspricht.
Sie kann z.B. die Federkonstante sein, wenn wir eine Masse betrachten, die mit einer Feder verbunden ist.
Die Beschleunigung ist
d.h.
- kx = m
283
Diese Bewegungsgleichung wird eine Differentialgleichung
genannt. Sie stellt eine Beziehung zwischen der Funktion x(t)
und ihrer zweiten Ableitung dar.
Gesucht wird die Funktion x(t), die die Gleichung erfüllt.
Physik
284
Schwingungen und Resonanz
Diese Funktion x(t) ist bis auf den Faktor –(m/k) gleich ihrer zweiten
Ableitung:
2
Ê m ˆ d x ( t)
x ( t) = Á - ˜
Ë k ¯ dt 2
Eine solche Bedingung erfüllen die Sinus- und Kosinusfunktionen.
Wir schreiben den Ansatz
x ( t) = A sin(wt + f )
wobei A die Amplitude, w die Kreisfrequenz, und f die Phasenkonstante ist. Dieser Ansatz entspricht der Schwingung, die wir in
Kap. 5.1 diskutiert haben. Die physikalische Interpretation der
Amplitude, der Kreisfrequenz und der Phasenkonstante wurden dort
schon erklärt.
Wir haben in Kap. 5.1.4 gesehen, dass die Amplitude und die Phasenkonstante durch die Anfangsbedingungen bestimmt werden. Wir wollen nun die Kreisfrequenz der Schwingung berechnen.
dx ( t)
= Aw cos(wt + f )
dt
Durch die Ableitung nach der Zeit erhalten wir
und
d 2 x ( t)
= - Aw 2 sin(wt + f ) = -w 2 x ( t)
dt 2
Wir setzen die Lösung x(t) in die Differentialgleichung ein
d2x k
+ x=0
dt 2 m
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Differentialgleichung der harmonischen Bewegung
Schwingungen und Resonanz
w=
k
m
Die Auslenkung s ist gleich
θ
s
l
mg sinθ
m
s=lθ
mg
Zerlegung der Gravitationskraft beim Fadenpendel.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Figur 10.
wobei l die Länge des Fadens ist und q der Auslenkungswinkel.
s = lq
Wenn das Pendel ausgelenkt und losgelassen wird, schwingt
es unter der Wirkung der Gravitationskraft in einer vertikalen
Ebene.
Siehe Abb. 10.
Wir betrachten ein idealisiertes Fadenpendel. Es besteht aus einer
(punktförmigen) Masse, die an einem masselosen Faden hängt. Wir
betrachten keine Reibung.
5.5 Anwendung: Das Fadenpendel
fi
286
und finden
k
- Aw 2 sin(wt + f ) + A sin(wt + f ) = 0
m
k
=0
m
Wir beobachten, dass die Zeitabhängigkeit verschwindet, wenn wir
die Sinusfunktionen weglassen, und dass die Amplitude auch weggelassen werden kann. Es bleibt
-w 2 +
D.h. die Kreisfrequenz w ist durch die Rückstellkraftkonstante k und
die Masse m festgelegt.
Wir bemerken, dass
1.
2.
3.
2p
m
= 2p
k
w
285
die Kreisfrequenz von der Rückstellkraftkonstante und der
inversen Masse abhängt;
die Kreisfrequenz unabhängig ist von der Amplitude A der
Schwingung;
sobald die Masse erst einmal harmonisch schwingt, führt sie diese
Schwingung mit gleicher Amplitude, Kreisfrequenz und Phasenkonstante weiter.
T=
Die entsprechende Periode der Schwingung ist:
Physik
Anwendung: Das Fadenpendel
Wir zerlegen die Gewichtskraft in eine tangentiale Komponente
mgsinq und eine radiale Komponente mgcosq.
Die radiale Komponente wird durch die Spannung des Fadens
kompensiert.
Die tangentiale Komponente bewirkt die Schwingung.
Die tangentiale Komponente ist eine rücktreibende Kraft, und wir
schreiben deshalb
Ftangential = - mg sin q
dq
ds
=l
dt
dt
und
atangential =
d 2q
d 2s
=l 2
dt
dt 2
Die Geschwindigkeit und die Beschleunigung können auch zerlegt
werden. Für die tangentiale Geschwindigkeit und Beschleunigung
gilt
v tangential =
Aus dem zweiten Newtonschen Gesetz folgt
d 2q
dt 2
Ftangential = matangential
- mg sin q = ml
und schliesslich finden wir die Differentialgleichung für die Bewegung des einfachen Fadenpendels
d 2q g
+ sin q = 0
dt 2 l
287
In diesem Fall ist die rücktreibende Kraft nicht proportional zur Auslenkung, sondern zum Sinus des Auslenkungswinkels. D.h. die
Lösung dieser Gleichung ist nicht einfach harmonisch.
Physik
288
Schwingungen und Resonanz
sin q ª q
Um eine einfache harmonische Lösung zu finden, betrachten wir den
Fall, in dem der Auslenkungswinkel klein ist, so dass
Siehe Abb. 11.
qªq
Figur 11. Für kleine Auslenkungen kann man die Näherung sinq
benutzen.
d 2q g
+ q ª0
dt 2 l
Die Bewegungsgleichung wird vereinfacht
g
l
und
T=
2p
l
= 2p
g
w
mit einer einfachen harmonischen Lösung, wobei
w=
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Anwendung: Das Fadenpendel
die Periode T mit der Länge l zunimmt;
die Periode T unabhängig von der Masse m und der Schwingungsamplitude A ist;
aus der Periode T die Erdbeschleunigung g bestimmbar ist.
Wir bemerken, dass für kleine Amplitude
1.
2.
3.
Kleine und grosse Amplituden.
289
Für grössere Amplituden hängt die Periode von der Amplitude ab.
Die Näherung der kleinen Amplitude gilt nicht mehr, und die wirkliche Periode ist länger als die für die kleinen Amplituden berechnete
Periode. Siehe Abb. 12.
Figur 12.
Physik
290
Schwingungen und Resonanz
Demonstrationsexperiment: Vergleich des Feder- und Fadenpendels
Wir beweisen mit einem Vergleich ihrer Bewegungen, dass die Bewegungen des Feder- und Fadenpendels ähnlich sind.
Fadenpendel
Federpendel
Vergleich der Periode des Faden- (links) und Feder-Pendels
Siehe Abb. 13
Figur 13.
(rechts).
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Anwendung: Das Fadenpendel
m
k
Die Periode des vertikalen Federpendels ist gleich
TFeder = 2 p
l
g
wobei m die Masse und k die Federkonstante ist.
Die Periode des Fadenpendels ist
TFaden = 2p
wobei l die Länge des Fadens und g die Erdbeschleunigung ist.
mg
k
Wenn die Masse an der vertikalen Feder aufgehängt wird, verlängert
sich die Feder, bis das System seine Gleichgewichtslage erreicht, in
dem die Federkraft die Gravitationskraft kompensiert.
Die Verlängerung der Feder ist
xG - x 0 =
l = xG - x 0 =
mg
k
l
mg
m
= 2p
= 2p
= TFeder
g
gk
k
291
Wenn die Länge l des Fadens gleich der Verlängerung ist, ist
die Periode des Fadenpendels gleich der des Federpendels:
damit
TFaden = 2p
Beide Massen werden sich zusammen in Phase bewegen.
Physik
292
Schwingungen und Resonanz
5.6 Energieerhaltung bei harmonischen
Schwingungen
1 2
kx
2
Wir kennen den Ausdruck der potentiellen Energie, die in einer Feder
gespeichert wird (Siehe Kap. 4.8):
E=
wobei x die Verlängerung der Feder oder die entsprechende Verschiebung der verbundenen Masse ist und k die Rückstellkraftkonstante.
Wir kennen auch die analytische Lösung der harmonischen Schwingung
x ( t) = A sin(wt + f )
dx
= Aw cos(wt + f )
dt
und die Geschwindigkeit ist gleich
v ( t) =
Mit diesen Beziehungen wird die gesamte mechanische Energie, die
als die Summe der kinetischen und potentiellen Energie definiert ist,
geschrieben als
E = E kin + E pot
kinetische Energie
potentielle Energie
1
1
= mv 2 + kx 2
2
2
1
1
= mA 2w 2 cos2 (wt + f ) + kA 2 sin 2 (wt + f )
2 44424443 1
2 44
1
42444
3
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Gedämpfte harmonische Schwingungen
Nun bemerken wir, dass die Kreisfrequenz w von k/m abhängt, so
dass
2
1
1 Ê kˆ
1 k 1
mw 2 = mÁ
= m = k
2
2 Ë m ¯˜
2 m 2
]
und deshalb besitzen beide Teile der Gleichung für die Gesamtenergie denselben Faktor
[
1
E = kA 2 cos2 (wt + f ) + sin 2 (wt + f )
2
1 2
kA
2
=
Die gesamte mechanische Energie des Systems verändert sich
nicht während der Schwingungsbewegung. Die Energie ist
erhalten.
(Natürlich wird dieses Ergebnis erwartet, weil die wirkenden Kräfte
rein konservativ sind, da wir keine Reibung betrachtet haben.)
5.7 Gedämpfte harmonische
Schwingungen
Bei der freien Schwingung bleibt die Gesamtenergie konstant. Einmal angeregt, wird die Masse unendlich lang weiterschwingen.
293
Bei vielen Schwingungen, die wir in der Natur beobachten, bewegt
sich die Masse nicht zwischen denselben Grenzen hin und her.
Physik
294
Schwingungen und Resonanz
In der Realität entziehen Reibungskräfte der Bewegung Energie. Das System verliert mechanische Energie durch die von
Reibungskräften geleistete Arbeit.
Man spricht von gedämpften harmonischen Schwingungen.
Demonstrationsexperiment: Schwingwagen mit Dämpfung
Wir betrachten noch einmal das Experiment mit dem schwingenden
Wagen. In diesem Fall wird das elektromagnetische Induktiongesetz
(wird im Kap. 12.12) verwendet, um eine Reibungskraft zu erzeugen.
Diese Reibungskraft bremst den Wagen.
Einschalten der Reibung
Schwingwagen mit Dämpfung.
Siehe Abb. 14.
Figur 14.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Gedämpfte harmonische Schwingungen
Experimentell beobachten wir die folgenden unterschiedlichen Situationen:
1.
2.
Ungedämpfte Schwingung: wenn der Effekt der Reibungskräfte
vernachlässigbar ist, beobachten wir die “freie” Schwingung.
Gedämpfte Schwingung: wir unterscheiden hier drei Situationen,
entsprechend der Stärke der Dämpfung:
a) Schwach gedämpfte Schwingung: Die Bewegung ist eine
Schwingung mit einer gedämpften Amplitude. Wenn die Dämpfung erhöht wird, nimmt die Amplitude der Schwingung mit der
Zeit schneller ab.
295
Zeit
Die beobachtete Auslenkung als Funktion der Zeit ist in
Abb. 15 gezeigt. Die Bewegung verläuft in Form einer harmonischen Schwingung, deren Amplitude allmählich abnimmt.
Eine schwach gedämpfte Schwingung.
Auslenkung
Figur 15.
Physik
296
Schwingungen und Resonanz
Wir stellen uns vor, dass die Dämpfungs weiter erhöht wird. Endlich
wird der Fall erreicht, wobei die Masse nicht mehr schwingt:
Auslenkung
Eine kritisch-gedämpfte Schwingung.
Zeit
b) Kritische Dämpfung: Die Masse bewegt sich auf ihre Gleichgewichtslage hin, ohne zu schwingen. Siehe Abb. 16.
Figur 16.
c) Überkritische Dämpfung: Die Masse bewegt sich auf ihre
Gleichgewichtslage hin, ohne zu schwingen. Je grösser die Dämp-
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Gedämpfte harmonische Schwingungen
Zeit
fung, desto länger dauert die Rückkehr der Masse in die Ruhelage.
Siehe Abb. 17.
Eine überkritisch-gedämpfte Schwingung.
Auslenkung
Figur 17.
Um diese Beobachtungen in quantitativer Form zu beschreiben,
betrachten wir:
297
eine idealisierte Situation, in der die Reibungskraft proportional zur Geschwindigkeit der Masse und immer ihr entgegengesetzt ist.
F ( t) = FRückstellkraft + FDämpfungkraft
= - kx ( t) - bv ( t)
wobei b die Dämpfungskonstante ist.
Physik
298
Schwingungen und Resonanz
=m
dx
d2x
= - kx - b
dt
dt 2
F = ma = - kx ( t) - bv ( t)
Die Differentialgleichung ist dann
oder
d 2 x b dx k
+
+ x=0
dt 2 m dt m
Diese Gleichung ist die Bewegungsdifferentialgleichung der einfachen gedämpften harmonischen Schwingung.
Nun müssen wir die Lösung x(t) vermuten. Der schwierigste Teil der
Lösung einer Differentialgleichung ist, den Ansatz vorher richtig zu
erraten, bevor man die Lösung finden kann!
Wegen der experimentellen Beobachtungen, wird der Ansatz für die
gedämpfte harmonische Schwingung so angenommen:
Schwingung
x ( t) = {
Ae -dt sin(
t4
+3
f)
14w
2
Amplitude
wobei d der Dämpfungsfaktor ist.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Gedämpfte harmonische Schwingungen
Mit Algebra findet man die Beziehung zwischen dem Dämpfungsfaktor und der Kreisfrequenz. Mit Hilfe des Ansatzes erhalten wir:
x ( t) = Ae -dt sin(wt + f )
dx
= Ae -dt (-d sin(wt + f ) + w cos(wt + f ))
dt
d2x
= Ae -dt (d 2 sin(wt + f ) - dw cos(wt + f ) dt 2
dw cos(wt + f ) - w 2 sin(wt + f ))
Wir setzen nun die Funktion, die erste und die zweite zeitliche Ableitung in die Differentialgleichung ein (um die Algebra zu vereinfachen, setzen wir die ursprüngliche Phase f=0):
d 2 x b dx k
+
+ x=0
dt 2 m dt m
fi (d 2 sin(wt) - dw cos(wt) - dw cos(wt) - w 2 sin(wt)) +
k
b
(-d sin(wt) + w cos(wt)) + sin(wt) = 0
m
m
b ˆ
b kˆ
ÊÊ
ˆ
Ê
fi Á Ád 2 - w 2 - d + ˜ sin(wt) + Á -2dw + w˜ cos(wt)˜ = 0
Ë
ËË
¯
m ¯
m m¯
b kˆ
Ê 2
2
Ád - w - d + ˜ = 0
Ë
m m¯
und
b ˆ
Ê
Á -2dw + w˜ = 0
Ë
m ¯
299
Diese Gleichung muss für beliebige Zeiten gelten. Weil die Sinusund Kosinus-Funktion als unabhängige Funktionen der Zeit betrachtet werden können, müssen die Koeffizienten vor den entsprechenden
Sinus- und Kosinus-Funktionen verschwinden:
Physik
300
Schwingungen und Resonanz
d=
b
2m
Aus der zweiten Gleichung erhalten wir:
k
-d2
m
und
d=
b
2m
und mit der ersten Gleichung erhalten wir schliesslich:
w=
k
m
und
w = w 02 - d 2
Wir definieren als w0 die Kreisfrequenz der freien Schwingungen
(oder Eigenfrequenz)
w0 =
Wir diskutieren jetzt die möglichen Lösungen.
b
=0
2m
fi
w = w0 =
k
m
1) ungedämpfte Schwingung: wenn die Dämpfungskonstante b gleich
null ist, verschwindet auch der Dämpfungsfaktor d:
d=
fi
w = w 02 - d 2
Es folgt daraus, dass die Masse mit ihrer Eigenfrequenz schwingt.
2) gedämpfte Schwingung:
dπ0
Hier müssen wir den Ausdruck unter der Wurzel betrachten. Wir
unterscheiden drei Fälle:
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Gedämpfte harmonische Schwingungen
w = w 02 - d 2
a) d < w0: Die Wurzel kann berechnet werden (d.h. liefert eine relle
Zahl). Wir identifizieren diesen Fall mit der Bewegung, bei der die
Masse eine Schwingung mit einer gedämpften Amplitude durchführt.
Aus der Gleichung
fi
k
Ê b ˆ
d 2 = Á ˜ < w 02 =
fi
Ë 2m ¯
m
2
b < bk = 4 mk
schliessen wir, dass die Kreisfrequenz der gedämpften Bewegung
immer kleiner als die der freien Bewegung ist. Die Reibungskräfte
verlangsamen die Schwingung.
Die Bedingung ist
d < w0
d.h. die Dämpfungskonstante darf nicht zu gross sein, oder die
Masse kann nicht schwingen.
Diese Gleichung zeigt, dass bei grösser werdender Dämpfung ein kritischer Wert erreicht wird, bei dem das Argument der Wurzel verschwindet. Es tritt keine Schwingung mehr auf. Wir diskutieren den
Fall noch weiter:
fi
b = bk = 4 mk = 2 mw 0
b) d = w0: die Bewegung erreicht den aperiodischen Grenzfall, der
kritische Dämpfung genannt wird.
d = w0
Die Kreisfrequenz ist w=0, und die Masse bewegt sich nur noch
auf ihre Gleichgewichtslage hin, schwingt aber nicht.
c) d > w0: die Bewegung befindet sich im Bereich der überkritischen
Dämpfung.
301
Je grösser die Dämpfung, desto länger dauert die Rückkehr der
Masse in die Ruhelage.
Physik
302
Schwingungen und Resonanz
Die Kreisfrequenz besitzt keine physikalische Bedeutung mehr,
weil die Wurzel eines negativen Werts nicht reell ist.
Die ganze Situation wird im Abb. 18 zusammengefasst, wo die Auslenkung (vertikale Achse) als Funktion der Zeit und der Dämpfungskonstante b dargestellt wird. Für eine verschwindende
Dämpfungskonstante hat die Schwingung eine konstante Amplitude.
Für zunehmende Dämpfung werden die Oszillationen mit der Zeit
schneller abnehmen. Nach einem kritischen Wert gibt es keine
Schwingungen mehr.
Figur 18. Gedämpfte Schwingung. Die Auslenkung x(t) als Funktion der Zeit
(t) und der Dämpfungskonstante b ist gezeigt. Wenn b grösser als der
kritische Wert ist, gibt es keine Schwingungen mehr.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Erzwungene Schwingungen und Resonanz
5.8 Erzwungene Schwingungen und
Resonanz
Obwohl die Wirkung von Reibungskräften nicht vermieden werden
kann, ist es möglich, dem schwingenden System Energie zuzuführen,
so dass die Reibungsenergieverluste kompensiert werden.
Wir können z.B. durch eine aufgezogene Feder Energie hineinbringen.
Man spricht von erzwungenen Schwingungen.
Wir betrachten eine, auf das schwingende System wirkende,
äussere periodische Kraft, die kosinusförmig ist
Fäussere = F0 cos(wt)
wobei w die Kreisfrequenz der äusseren Kraft ist. Die Kreisfrequenz der freien Schwingung (die Eigenkreisfrequenz)
wird als w0 bezeichnet.
Demonstrationsexperiment: Schwingwagen mit äusserer Kraft und
Dämpfung
Siehe Abb. 19.
Experimentell wird beobachtet:
303
Nach einer nicht-stationären Schwingung (Einschwingvorgang), bei der sich die Masse kompliziert bewegt, schwingt
die Masse dann mit der Kreisfrequenz der äusseren Kraft
(Siehe Abb. 20).
Physik
304
Schwingungen und Resonanz
Erzwungene gedämpfte Schwingung.
Treibende Kraft
Figur 19.
Figur 20. Erzwungene Schwingung. Nach einer nicht-stationären
Schwingung, wird die Masse mit der Kreisfrequenz der äusseren Kraft
schwingen.
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Erzwungene Schwingungen und Resonanz
Schwingungen und Resonanz
dx
d2x
+b
+ kx = F0 cos(wt)
dt
dt 2
dy
d2y
+b
+ ky = F0 sin(wt)
dt
dt 2
dz
d 2z
+ b + kz = F0 (coswt + i sin wt)
dt
dt 2
dz
d 2z
+ b + kz = F0e iwt
dt
dt 2
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
x ( t) = Re z( t)
Gesucht ist die komplexe Lösung z(t). Die Lösung x(t) ist
gleich der reellen Projektion der komplexen Lösung z(t)
m
ist die Differentialgleichung gleich:
e iq = cosq + i sin q
Wegen der Eulerschen Formel,
m
Wir schreiben eine neue Gleichung, die für die komplexe Funktion
z(t) in der komplexen Ebene gilt
z( t) = x ( t) + iy ( t)
Eine komplexe Zahl kann immer als die Summe ihrer reellen und
imaginären Teile dargestellt werden. Wir definieren die komplexe
Funktion z(t) als:
m
und eine zweite ähnliche Gleichung für eine neue Funktion y(t):
m
Wir lösen die Differentialgleichung mit Hilfe der komplexen Zahlen. Wir betrachten die ursprüngliche Differentialgleichung für x(t):
F0coswt
dx
d2x
= - kx - b
+ F0 cos(wt)
dt
dt 2
dx
d2x
+b
+ kx = F0 cos(wt)
dt
dt 2
306
Wir suchen die mathematische Form der stationären Schwingung.
m
Die Bewegungsgleichung einer schwingenden Masse, die an eine
Feder mit Federkonstante k gebunden ist und einer Reibungskraft -bv
unterworfen ist, ist gleich
und der antreibenden Kraft
d.h.
m
Der stationäre Ansatz der erzwungenen Schwingung wird
geschrieben als
x ( t) = A cos(wt - a )
wobei w die Kreisfrequenz der äusseren Kraft, A die Amplitude und a eine Phasenkonstante ist.
Die Amplitude und die Phase der Schwingung hängen von der
Amplitude und der Winkelgeschiwndigkeit der äusseren Kraft, von
der Kreisfrequenz der freien Schwingung w0, und vom Dämpfungsfaktor b ab, wobei
w0 = k / m
305
Die Ausdrücke für A und a können leicht mit Algebra gefunden werden.
Physik
Erzwungene Schwingungen und Resonanz
Um die Differentialgleichung zu lösen, verwenden wir den folgenden
komplexen Ansatz
z( t) = Ae i(wt -a )
Die zeitlichen Ableitungen sind
dz
= Aiwe i(wt -a ) = iwz( t)
dt
d 2z
= A(iw ) 2 e i(wt -a ) = -w 2 z( t)
dt 2
(- mw
2
+ ibw + k ) Ae - ia = F0
- mw 2 Ae i(wt -a ) + ibwAe i(wt -a ) + kAe i(wt -a ) = F0e iwt
m(-w 2 z( t)) + b(iwz( t)) + kz( t) = F0e iwt
Wenn wir diese Gleichungen in die Differentialgleichung einsezten,
finden wir
d.h.
reell
F
w 2 ) + ib
w = 0 e ia
(1k4-2m4
{
3 imaginär
A
Ï F0
cosa = k - mw 2 = m(w 02 - w 2 )
ÔÔ A
Ì
Ô F0 sin a = bw
ÓÔ A
307
Nun betrachten wir den rellen und den imaginären Teil der Gleichung. Es gilt
Physik
308
Schwingungen und Resonanz
2
und
ÊF ˆ
2
2 2
Á 0 ˜ sin a = b w
Ë A¯
2
Wenn wir die zwei Gleichungen nach der Amplitude und der Phase
auflösen, erhalten wir:
ÊF ˆ
2
2
2
2 2
Á 0 ˜ cos a = m (w 0 - w )
Ë A¯
ÊF ˆ
2
2
2
2
2 2
2 2
Á 0 ˜ (cos a + sin a ) = m (w 0 - w ) + b w
Ë A¯
2
und wir summieren die zwei Gleichungen:
oder
2
F0
= m 2 (w 02 - w 2 ) + b 2w 2
A
2
tan a =
sin a
bw
=
cosa m(w 02 - w 2 )
und
bw
m(w 02 - w 2 )
Die ursprünglichen Gleichungen werden dividiert und wir finden:
tan a =
F0
m 2 (w 02 - w 2 ) + b 2w 2
Zusammenfassend haben wir gefunden
A=
w0 = k / m
wobei die Winkelgeschwindigkeit der freien Schwingung (die
Eigenkreisfrequenz)
ist.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Erzwungene Schwingungen und Resonanz
Wir schliessen daraus, dass die Amplitude und die Phase
stark von der Kreisfrequenz der treibenden Kraft abhängen.
Stationäre Schwingung
Zeit
Wenn die Kreisfrequenz der treibenden Kraft in der Nähe der Eigenkreisfrequenz ist, wird die Amplitude der Schwingung stark zunehmen. Eine Resonanzbedingung wird erreicht (Siehe Abb. 21),
Physik
309
Zwischen zugeführter und verlorener Energie stellt sich schliesslich
ein Gleichgewicht ein. Die Masse schwingt mit der Kreisfrequenz der
treibenden Kraft w und einer Amplitude die von w ,w0 und b abhängt.
Wenn wir die Energie des Systems betrachten, beobachten wir, dass
die von der treibenden Kraft geleistete Arbeit Energie zuführt, die die
Schwingungsamplitude vergrössert. Diese Energie geht auch durch
Reibung verloren.
Figur 21. Erzwungene Schwingung. Wenn die Kreisfrequenz der
antreibenden Kraft in der Nähe der Eigenkreisfrequenz ist, wird die
Amplitude der Schwingung zunehmen.
Auslenkung x(t)
310
Schwingungen und Resonanz
¤
)
)
∂A
=0
∂w
Die Rezonanzbedingung, bei der die Amplitude maximal wird, erhalten wir mit:
maximale Amplitude
(
2 m 2 (w 02 - w 2 )(-2w ) + 2b 2w
1
=- F
=0
2 0 m 2 w 2 - w 2 2 + b 2w 2 3 / 2
( 0 )
(
Ê
ˆ
∂
∂A
F0
Á
˜
=
∂w ∂w Á m 2 w 2 - w 2 2 + b 2w 2 ˜
( 0 )
Ë
¯
Wir erhalten:
oder
m 2 (w 02 - w 2 )(-2w ) + b 2w = 0
w 2 = w 02 -
b2
2m 2
Die Resonanzbedingung ist damit
oder
b2
2m 2
b2
ª w 02 ª w 0
2m 2
w = w 02 -
D.h. für schwache Dämpfung:
w = w 02 -
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Erzwungene Schwingungen und Resonanz
w
Die Amplitude als Funktion des Verhältnisses w/w0 ist in Abb. 22 für
verschiedene Dämpfungsfaktoren gezeigt. Für b=0 (d.h. keine Dämpfung) wird die Amplitude unendlich, wenn die Resonanzbedingung
erreicht wird.
Physik
v ( t) =
dx
= - Aw sin(wt - a )
dt
311
Die Geschwindigkeit der Masse kann mit der Ableitung nach der Zeit
gefunden werden
Für eine Kreisfrequenz w stark verschieden von der Eigenkreisfrequenz w0, folgt a ª 0. Ist w0ªw, wird a ª p/2.
Figur 22. Amplitude der erzwungenen Schwingung. Die verschiedenen
Kurven entsprechen verschiedenen Dämpfungsfaktoren. Für b=0 (keine
Dämpfung) wird die Amplitude unendlich, wenn die Resonanzbedingung
erreicht wird.
Amplitude
312
Schwingungen und Resonanz
Im Resonanzfall, wenn a ª p/2, sind die Geschwindigkeit und die
treibende Kraft in Phase
p
v ( t) = - Aw sin(wt - ) = Aw cos(wt)
2
Demonstrationsexperiment: Film Tacoma Brücke
Schwingung der Tacoma-Brücke (1. Juli 1940).
Die Tacoma Brücke ist ein berühmtes Beispiel für die ungenügende
Berücksichtigung der Gefahren von Resonanzanregung bei der Konstruktion der Brücke. Die a priori kleine Wirkung des Windes hat
durch den Resonanzeffekt eine sehr grosse Schwingung der Brücke
angeregt (Siehe Abb. 23). Schliesslich konnte die Struktur solch starken Schwingungen nicht mehr widerstehen, und die Brücke kollabierte.
Figur 23.
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
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