Kapitel 5 Schwingungen und Resonanz Schwingungen sind Vorgänge, bei denen sich eine physikalische Grösse in Abhängigkeit von der Zeit periodisch ändert. Eine Schwingung kann als eindimensionale Bewegung betrachtet werden. Bei einer Schwingung bewegt sich z.B. ein Teilchen in einer periodischen Bewegung immer nur auf demselben Weg hin und her. 5.1 Harmonische Schwingungen 5.1.1 Eine sinusförmige Bewegung 263 Eine Masse wird an einem Faden aufgehängt. Wenn wir die Masse aus seiner Gleichgewichtslage auslenken und sie loslassen, schwingt sie um die Gleichgewichtslage. Wie soll eine solche Bewegung beschrieben werden? Physik 264 Schwingungen und Resonanz Demonstrationsexperiment: Schwingwagen Ein Wagen ist mit zwei Federn verbunden. Siehe Abb. 1. Schwingwagen: der Wagen ist mit zwei Federn verbunden. Der Wagen wird ausgelenkt und losgelassen. Die Auslenkung wird als Funktion der Zeit geplottet. Sie sieht sinusförmig aus. Figur 1. Demonstrationsexperiment: Pendel bewegt sich sinusförmig Die Kreisbewegung einer Kugel wird auf die Wand projiziert. Wir vergleichen die Bewegung des Pendels mit der Projektion der Kugel auf die Wand. Siehe Abb. 2. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Harmonische Schwingungen Kreisbewegung Pendel Figur 2. Pendel bewegt sich sinusförmig: Die Bewegung der aufgehängten Masse (Pendel) und die Projektion der Kugel auf die Wand werden verglichen. Experimentell beobachten wir: für kleine Auslenkungen ist die Pendelbewegung gleich der Projektion einer Kreisbewegung. 265 Wir können die Kreisbewegung als eine zweidimensionale Bewegung betrachten. Wir wählen dafür ein Koordinatensystem. Siehe Abb. 3. Physik 266 Schwingungen und Resonanz Die Kreisbewegung der Kugel wird durch den Winkel q parametrisiert und die Koordinaten der Kugel sind gleich: Ï x ( t) = R cosq ( t) = R coswt Ì Ó y ( t) = R sin q ( t) = R sin wt wobei R der Radius des Kreises ist. Weil die Kugel mit konstanter Geschwindigkeit auf dem Kreis umläuft, ist die Winkelgeschwindigkeit konstant als Funktion der Zeit, so dass der Winkel linear mit der Zeit zunimmt (Siehe Kap. 2.6): q ( t) = wt Um die Bewegung des Pendels zu beschreiben, müssen wir die Projektion der Kreisbewegung betrachten. Wir werden z.B. die Projektion der umlaufenden Kugel auf die y-Achse betrachten: y ( t) = R sin q ( t) = R sin wt Figur 3. Die Pendelbewegung ist gleich der Projektion einer Kreisbewegung. Ein Punkt bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit auf dem Kreis. Der Radius ist gleich 1. Wir schliessen daraus: Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Harmonische Schwingungen Die Masse des Pendels bewegt sich sinusförmig um ihre Gleichgewichtslage. Eine solche Bewegung ist durch den folgenden allgemeinen Ausdruck gegeben: x ( t) = A sin(wt + f ) wobei A die Amplitude, w die Kreisfrequenz, und f die Phasenkonstante ist. Solche Bewegungen werden harmonische Schwingungen genannt. Oft wird der Winkel der Sinusfunktion auch als die Phase der Schwingung bezeichnet. Hier haben wir diese Phase so ausgedrückt: q ( t) = wt + f Die Graphische Darstellung der ursprünglichen Phase. Phase f wobei f die ursprüngliche Phase zur Zeit t=0 ist. Siehe Abb. 4. Figur 4. 267 Obwohl wir die harmonische Bewegung durch eine Sinusfunktion definiert haben, kann sie ebenso gut durch eine Kosinusfunktion ausPhysik 268 Schwingungen und Resonanz p x ( t) = A cos(wt + f ) = A sin(wt + f + ) = A sin(wt + f ¢ ) 2 gedrückt werden, wobei der einzige Unterscheid ein Phasenunterschied von p/2 ist: d.h. pˆ Ê cos(q ) = sinÁq + ˜ Ë 2¯ sin(a + b ) = sin a cos b + cosa sin b Wir bemerken schliesslich, dass harmonische Bewegungen auch als Summe von Kosinus- und Sinusfunktionen ausgedrückt werden können. Aus der Gleichung folgt x ( t) = A sin(wt + f ) = A sin wt cosf + A coswt sin f = ( A cosf ) sin wt + ( A sin f ) coswt = B sin wt + C coswt wobei B=Asinf and C=Acosf neue Konstanten (d.h. Amplituden) sind, die die ursprüngliche Phase enthalten. Normalerweise werden wir nur den Ausdruck mit der Sinusfunktion und die ursprüngliche Phase verwenden. 5.1.2 Die Periode der Schwingung Die Periode T der Schwingung ist definiert als die Zeit, die benötigt wird, um eine vollständige Schwingung durchzuführen. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Harmonische Schwingungen fi T= 2p w q ( t + T ) = q ( t) + 2p fi w ( t + T ) + f = wt + f + 2p fi wt + wT = wt + 2p Die Sinusfunktion wiederholt sich wenn der Winkel q(t) um 2p zunimmt. D.h., bei einem vollständigen Zyklus erhöht sich die Phase der Sinusfunktion um 2p. Zur Zeit t+T unterscheidet sich die Phase um 2p von der Phase zur Zeit t: oder wT = 2p 1 w = T 2p Die Frequenz n ist die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde n= Die MKS-Einheit der Frequenz: Hertz (Hz) = 1/Sekunde 5.1.3 Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung fi - A £ x ( t) £ A Weil die Sinusfunktion nur Werte zwischen –1 und 1 annehmen kann, ist die grösste Auslenkung aus der Gleichgewichtslage gleich der Amplitude A, d.h. die Amplitude ist der Betrag der maximalen Auslenkung: x ( t) = A sin(wt + f ) 269 Die Amplitude entspricht der maximalen Entfernung vom Ursprung. Physik 270 Schwingungen und Resonanz v ( t) = fi - Aw £ v ( t) £ Aw dx ( t) = Aw cos(wt + f ) dt Die erste zeitliche Ableitung, die die Geschwindigkeit liefert, ist gleich und wir erhalten: v ( t) = ( Aw ) cos(wt + f ) fi - Aw 2 £ a( t) £ Aw 2 dv ( t) d = ( Aw cos(wt + f )) = - Aw 2 sin(wt + f ) dt dt In ähnlicher Weise ist die Beschleunigung gleich: a( t) = Wir bemerken, a( t) = - Aw 2 sin(wt + f ) Zusammenfassend haben wir gefunden: Ï x ( t) = A sin(wt + f ) Ô Ìv ( t) = Aw cos(wt + f ) Ô 2 Óa( t) = - Aw sin(wt + f ) Die Beziehung zwischen Sinus- und Kosinus-Funktionen sind in Abb. 5 gezeigt. Mit diesen kann die Beziehung zwischen Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung graphisch verstanden werden. Um die Diskussion zu vereinfachen, nehmen wir an, dass die Anfangsbedingungen so sind, dass die Phase f verschwindet. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Maximale Geschwindigkeit: wt = p 3p , ,... 2 2 wt = 0,p , 2p ,... Das System bewegt sich periodisch zwischen den maximalen Auslenkungen –A und +A. Die Geschwindigkeit verhält sich kosinusförmig, d.h. sie kann als sinusförmig mit einer ursprünglichen Phase gleich p/2 dargestellt werden (Siehe Abb. 5). Die Geschwindigkeit verhält sich periodisch zwischen den maximalen Geschwindigkeiten (–Aw und +Aw). Wegen des Phasenunterschieds ist die Geschwindigkeit maximal, wenn die Auslenkung verschwindet, und umgekehrt ist die Geschwindigkeit minimal, wenn die Auslenkung maximal ist: Maximale Auslenkung: Die Auslenkung verhält sich sinusförmig. Zur Zeit t=0 ist die Auslenkung gleich null und ihr Betrag ist maximal, wenn Harmonische Schwingungen 1. 2. 3. 271 Man kann das so verstehen: beim Nulldurchgang ist die Geschwindigkeit maximal. Die Auslenkung nimmt zu und die Bewegung wird gebremst bis die Geschwindigkeit verschwindet. Dieser Punkt entspricht der maximalen Auslenkung. Die Richtung der Bewegung ändert sich und die Bewegung läuft nachher zurück: die Auslenkung nimmt ab und die Geschwindigkeit nimmt zu, bis der Nulldurchgangspunkt wieder erreicht ist. In diesem Punkt ist die Geschwindigkeit maximal. Und die Bewegung wiederholt sich weiter. Die Beschleunigung verhält sich sinusförmig, wie die Auslenkung, aber mit entgegengesetztem Vorzeichen, d.h. sie kann als sinusförmig mit einer ursprünglichen Phase gleich p dargestellt werden (Siehe Abb. 5). Die Beschleunigung verhält sich periodisch zwischen den maximalen Beschleunigungen (–Aw2 und +Aw2). Sie ist maximal bei maximaler Auslenkung und verschwindet beim Nulldurchgang. Sie ist aber der Auslenkung immer entgegengesetzt. Die Beschleugigung wirkt der Bewegung entgegen. Wenn die Bewegung in eine Richtung läuft, versucht die Beschleunigung die Physik 272 Schwingungen und Resonanz Bewegung in die entgegengesetzte Richtung zu bringen: wenn die Auslenkung z.B. nach rechts ist, zeigt die Beschleunigung nach links, und umgekehrt, wenn die Auslenkung nach links ist, zeigt die Beschleunigung nach rechts. Die Geschwindigkeit verschwindet und die Beschleunigung wird maximal. Beim Nulldurchgang (sin(wt+f)=0): Ïx = ± A Ô Ìv = 0 Ô 2 Óa = m Aw Bei maximaler Auslenkung (sin(wt+f)=±1): In mathematischer Form können wir die zwei Grenzfälle so zusammenfassen: 1. 2. Ïx = 0 Ô Ìv = ± Aw Ô Óa = 0 Die Geschwindigkeit wird maximal und die Beschleunigung verschwindet. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Harmonische Schwingungen 273 Figur 5. Beziehung zwischen Sinus- und Kosinus-Funktionen. Die angegebene Phase f entspricht der Phasenkonstante, die eine Sinusfunktion sin(wt+f) haben muss, um die entsprechende Funktion zu liefern. Physik 274 Schwingungen und Resonanz 5.1.4 Anfangsbedingung Die Amplitude A und die Phasenkonstante f sind durch die Anfangsbedingungen festgelegt. Die Kreisfrequenz w wird durch die Lösung der Bewegungsgleichung bestimmt (Siehe Kap. 5.4). Zur Zeit t=0 ist z.B. die Auslenkung x(t=0) gleich x ( t = 0) = A sin(f ) ∫ x 0 wobei x0 der Anfangswert der Auslenkung ist. Zur Zeit t=0 ist die Geschwindigkeit v ( t = 0) = Aw cos(f ) = v 0 wobei v0 die Anfangsgeschwindigkeit ist. Mit Hilfe der Anfangsauslenkung und der Anfangsgeschwindigkeit werden die Konstanten A und f festgelegt. Ï x (0) = A sin(f ) = x 0 Ì Óv (0) = Aw cos(f ) = 0 p 2 fi f = v (0) = Aw cos(f ) = 0 fi A = x 0 z.B. für v0=0, Damit und Êp ˆ x (0) = A sin(f ) = A sinÁ ˜ = x 0 Ë 2¯ Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Schwingungen und Resonanz k = mw 2 Die Kraft bei der harmonischen Bewegung wobei Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Siehe Abb. 6. Wir betrachten Anordnungen, in denen eine Masse mit einer Feder verbunden ist. Wir nennen solche Anordnungen Federpendel. Wir unterscheiden die horizontalen und die vertikalen Versionen des Federpendels. 5.3 Anwendung: das Federpendel Wir diskutieren diese Beispiele in den nächsten Abschnitten und beginnen mit der Feder. Ist die Kraft, die auf ein Pendel wirkt, immer zur Auslenkung proportional? Eine solche Kraft haben wir als Rückstellkraft bezeichnet, und wir haben sie z.B. im Fall der Feder angetroffen. D.h., wenn die Auslenkung nach rechts ist, zeigt die Kraft nach links, und wenn die Auslenkung nach links ist, zeigt die Kraft nach rechts. Die Kraft zeigt daher immer in die Richtung des Ursprungs. Bei der harmonischen Bewegung ist die Kraft proportional und entgegengesetzt der Auslenkung. F ( t) = - kx ( t) Wir bemerken, dass die Kraft sich mit der Zeit ändern muss, und im Allgemeinen kann sie so ausgedrückt werden: 276 Schliesslich, p x ( t) = x 0 sin(wt + ) = x 0 cos(wt) 2 5.2 Die Kraft bei der harmonischen Bewegung = (-w 2 ) x ( t) dv d 2 x d 2 = = a( t) = ( A sin(wt + f )) dt dt 2 dt 2 = - Aw 2 sin(wt + f ) = (-w 2 ) A sin(wt + f ) In der harmonischen Bewegung besitzt die Beschleunigung eine einfache Beziehung zur Auslenkung: d.h. bei der harmonischen Bewegung ist die Beschleunigung proportional und entgegengesetzt zur Auslenkung. Wir betrachten nun eine Masse, die eine harmonische Schwingungsbewegung durchführt. Wie muss die Kraft, die auf die Masse wirkt, sein, damit die Masse eine solche Bewegungskurve beschreibt? F ( t) = ma( t) = m(-w 2 ) x ( t) = (- mw 2 ) x ( t) 275 Die Kraft, die auf die Masse wirken muss, damit die Masse in harmonischer Bewegung schwingt, ist gleich: Physik Horizontale und vertikale Anordnung des Federpendels. Anwendung: das Federpendel Figur 6. 5.3.1 Horizontale Bewegung des Federpendels 277 Wir betrachten nun die reibungsfreie Bewegung eines Blocks, der mit einer Feder verbunden ist. Uns interessiert die eindimensionale Bewegung des Blocks um seine Gleichgewichtslage. Siehe Abb. 7. Physik 278 Schwingungen und Resonanz Für eine Verschiebung x aus der Gleichgewichtslage, gibt es eine Rückstellkraft, die nach dem Hookeschen Gesetz für kleine Verschiebung x proportional zu x ist: F = - k( x - x0 ) wobei k die Federkonstante und x0 die Länge der entspannten Feder ist (Siehe Kapitel 2). x=0, F=0 positive Richtung Gleichgewichtslage x<0, F>0 x x>0, F<0 zusammengedrückte Feder ausgezogene Feder x Figur 7. Horizontales Federpendel. Die Feder versucht die Masse in ihre ursprüngliche Lage zurückzubringen. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Anwendung: das Federpendel Wir setzen x0=0, d.h. der Ursprung der x-Achse wird als die Gleichgewichtslage der Feder angenommen. Die resultierende Kraft, die auf den Block wirkt, ist demnach gleich F = - kx Wenn x=0 ist, sitzt der Block in seiner Gleichgewichtslage, und der Betrag der Federkraft ist gleich null. Wenn x verschieden von null ist, versucht die Federkraft den Block in seine Gleichgewichtslage zurückzubringen. Wir haben den Effekt einer solchen Kraft in Kap. 5.2 diskutiert: Wenn eine Rückstellkraft auf einen Körper wirkt, die proportional zur Verschiebung ist, erwarten wir, dass der Körper eine harmonische Bewegung durchführen wird. Bevor wir eine Lösung für die Bewegung des Blocks suchen, diskutieren wir eine ähnliche Anordnung, nämlich die vertikale Bewegung des Federpendels. 5.3.2 Vertikale Bewegung des Federpendels Wir können die vertikale Bewegung eines Federpendels studieren, wenn wir eine Masse an eine Feder hängen. Siehe Abb. 8 die Federkraft und die Gravitationskraft. 279 Im Fall, dass das Federpendel in vertikaler Richtung aufgehängt ist, wirken zwei Kräfte auf die Masse: 1. 2. Siehe Abb. 9. Physik 280 Schwingungen und Resonanz Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) F = mg - k ( x - x 0 ) Die Gesamtkraft, die auf die Masse wirkt, ist Figur 8. Das vertikale Federpendel. Wegen der Gravitationskraft wird die Feder verlängert, wenn die Masse angehängt wird. ausgezogene Feder x=x0 x0 Nagel Anwendung: das Federpendel Physik x0 xG x=xG, F=mg-k(xG-x0)=0 –k(x-x0) mg Gleichgewichtslage mit Gravitationskraft F ( xG ) = mg - k ( xG - x 0 ) = 0 fi xG = x 0 + mg k 281 Wenn wir die Masse an die Feder hängen, wird sich die Feder wegen der Gravitationskraft verlängern. Wir berechnen die Gleichgewichtslage xG als die Verschiebung, in welcher die Gesamtkraft gleich null ist: Figur 9. Vertikales Federpendel: eine Masse hängt an einer Feder. Wegen der Gravitationskraft, wird die Feder im Gleichgewicht verlängert. normale Länge der entspannten Feder positive Richtung 282 Schwingungen und Resonanz Wenn die Masse sich in dieser Position in Ruhe befindet, bleibt sie in Ruhe. Die Federkraft kompensiert die Gravitationskraft. Nun betrachten wir die Bewegung der Masse um die Gleichgewichtslage, d.h. wir nehmen an, dass die Verschiebung relativ zur Gleichgewichtslage ist: Dx = x - xG In diesem Fall ist die Gesamtkraft, die auf die Masse wirkt, gleich: F = mg - k ( Dx + xG - x 0 ) mg - x0 ) k = mg - k ( Dx + x 0 + = - kDx Wir schliessen daraus: Die Rückstellkraft ist im Fall einer vertikal aufgehängten Masse zur Verschiebung proportional, wenn die Verschiebung relativ zur Gleichgewichtslage gemessen wird. Wenn eine Rückstellkraft auf einen Körper wirkt, die proportional zur Verschiebung ist, wird der Körper eine harmonische Bewegung durchführen. Es folgt, dass die Masse um die Gleichgewichtlage schwingen wird. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Differentialgleichung der harmonischen Bewegung 5.4 Differentialgleichung der harmonischen Bewegung Mit Hilfe der Lösung einer Differentialgleichung werden wir die Kreisfrequenz der Schwingung als Funktion der physikalischen Grössen der schwingenden Anordnung bestimmen. Wir benutzen Newtons zweites Gesetz für den Fall, dass die Kraft proportional zur Verschiebung x ist, wobei der Ursprung der x-Achse (x=0) die Gleichgewichtslage der Masse ist: F = - kx = ma d2x dt 2 a= fi d2x k + x=0 dt 2 m dv d 2 x = dt dt 2 wobei im Allgemeinen die Rückstellkraftkonstante k dem Proportionalitätsfaktor zwischen Verschiebung und Rückstellkraft entspricht. Sie kann z.B. die Federkonstante sein, wenn wir eine Masse betrachten, die mit einer Feder verbunden ist. Die Beschleunigung ist d.h. - kx = m 283 Diese Bewegungsgleichung wird eine Differentialgleichung genannt. Sie stellt eine Beziehung zwischen der Funktion x(t) und ihrer zweiten Ableitung dar. Gesucht wird die Funktion x(t), die die Gleichung erfüllt. Physik 284 Schwingungen und Resonanz Diese Funktion x(t) ist bis auf den Faktor –(m/k) gleich ihrer zweiten Ableitung: 2 Ê m ˆ d x ( t) x ( t) = Á - ˜ Ë k ¯ dt 2 Eine solche Bedingung erfüllen die Sinus- und Kosinusfunktionen. Wir schreiben den Ansatz x ( t) = A sin(wt + f ) wobei A die Amplitude, w die Kreisfrequenz, und f die Phasenkonstante ist. Dieser Ansatz entspricht der Schwingung, die wir in Kap. 5.1 diskutiert haben. Die physikalische Interpretation der Amplitude, der Kreisfrequenz und der Phasenkonstante wurden dort schon erklärt. Wir haben in Kap. 5.1.4 gesehen, dass die Amplitude und die Phasenkonstante durch die Anfangsbedingungen bestimmt werden. Wir wollen nun die Kreisfrequenz der Schwingung berechnen. dx ( t) = Aw cos(wt + f ) dt Durch die Ableitung nach der Zeit erhalten wir und d 2 x ( t) = - Aw 2 sin(wt + f ) = -w 2 x ( t) dt 2 Wir setzen die Lösung x(t) in die Differentialgleichung ein d2x k + x=0 dt 2 m Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Differentialgleichung der harmonischen Bewegung Schwingungen und Resonanz w= k m Die Auslenkung s ist gleich θ s l mg sinθ m s=lθ mg Zerlegung der Gravitationskraft beim Fadenpendel. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Figur 10. wobei l die Länge des Fadens ist und q der Auslenkungswinkel. s = lq Wenn das Pendel ausgelenkt und losgelassen wird, schwingt es unter der Wirkung der Gravitationskraft in einer vertikalen Ebene. Siehe Abb. 10. Wir betrachten ein idealisiertes Fadenpendel. Es besteht aus einer (punktförmigen) Masse, die an einem masselosen Faden hängt. Wir betrachten keine Reibung. 5.5 Anwendung: Das Fadenpendel fi 286 und finden k - Aw 2 sin(wt + f ) + A sin(wt + f ) = 0 m k =0 m Wir beobachten, dass die Zeitabhängigkeit verschwindet, wenn wir die Sinusfunktionen weglassen, und dass die Amplitude auch weggelassen werden kann. Es bleibt -w 2 + D.h. die Kreisfrequenz w ist durch die Rückstellkraftkonstante k und die Masse m festgelegt. Wir bemerken, dass 1. 2. 3. 2p m = 2p k w 285 die Kreisfrequenz von der Rückstellkraftkonstante und der inversen Masse abhängt; die Kreisfrequenz unabhängig ist von der Amplitude A der Schwingung; sobald die Masse erst einmal harmonisch schwingt, führt sie diese Schwingung mit gleicher Amplitude, Kreisfrequenz und Phasenkonstante weiter. T= Die entsprechende Periode der Schwingung ist: Physik Anwendung: Das Fadenpendel Wir zerlegen die Gewichtskraft in eine tangentiale Komponente mgsinq und eine radiale Komponente mgcosq. Die radiale Komponente wird durch die Spannung des Fadens kompensiert. Die tangentiale Komponente bewirkt die Schwingung. Die tangentiale Komponente ist eine rücktreibende Kraft, und wir schreiben deshalb Ftangential = - mg sin q dq ds =l dt dt und atangential = d 2q d 2s =l 2 dt dt 2 Die Geschwindigkeit und die Beschleunigung können auch zerlegt werden. Für die tangentiale Geschwindigkeit und Beschleunigung gilt v tangential = Aus dem zweiten Newtonschen Gesetz folgt d 2q dt 2 Ftangential = matangential - mg sin q = ml und schliesslich finden wir die Differentialgleichung für die Bewegung des einfachen Fadenpendels d 2q g + sin q = 0 dt 2 l 287 In diesem Fall ist die rücktreibende Kraft nicht proportional zur Auslenkung, sondern zum Sinus des Auslenkungswinkels. D.h. die Lösung dieser Gleichung ist nicht einfach harmonisch. Physik 288 Schwingungen und Resonanz sin q ª q Um eine einfache harmonische Lösung zu finden, betrachten wir den Fall, in dem der Auslenkungswinkel klein ist, so dass Siehe Abb. 11. qªq Figur 11. Für kleine Auslenkungen kann man die Näherung sinq benutzen. d 2q g + q ª0 dt 2 l Die Bewegungsgleichung wird vereinfacht g l und T= 2p l = 2p g w mit einer einfachen harmonischen Lösung, wobei w= Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Anwendung: Das Fadenpendel die Periode T mit der Länge l zunimmt; die Periode T unabhängig von der Masse m und der Schwingungsamplitude A ist; aus der Periode T die Erdbeschleunigung g bestimmbar ist. Wir bemerken, dass für kleine Amplitude 1. 2. 3. Kleine und grosse Amplituden. 289 Für grössere Amplituden hängt die Periode von der Amplitude ab. Die Näherung der kleinen Amplitude gilt nicht mehr, und die wirkliche Periode ist länger als die für die kleinen Amplituden berechnete Periode. Siehe Abb. 12. Figur 12. Physik 290 Schwingungen und Resonanz Demonstrationsexperiment: Vergleich des Feder- und Fadenpendels Wir beweisen mit einem Vergleich ihrer Bewegungen, dass die Bewegungen des Feder- und Fadenpendels ähnlich sind. Fadenpendel Federpendel Vergleich der Periode des Faden- (links) und Feder-Pendels Siehe Abb. 13 Figur 13. (rechts). Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Anwendung: Das Fadenpendel m k Die Periode des vertikalen Federpendels ist gleich TFeder = 2 p l g wobei m die Masse und k die Federkonstante ist. Die Periode des Fadenpendels ist TFaden = 2p wobei l die Länge des Fadens und g die Erdbeschleunigung ist. mg k Wenn die Masse an der vertikalen Feder aufgehängt wird, verlängert sich die Feder, bis das System seine Gleichgewichtslage erreicht, in dem die Federkraft die Gravitationskraft kompensiert. Die Verlängerung der Feder ist xG - x 0 = l = xG - x 0 = mg k l mg m = 2p = 2p = TFeder g gk k 291 Wenn die Länge l des Fadens gleich der Verlängerung ist, ist die Periode des Fadenpendels gleich der des Federpendels: damit TFaden = 2p Beide Massen werden sich zusammen in Phase bewegen. Physik 292 Schwingungen und Resonanz 5.6 Energieerhaltung bei harmonischen Schwingungen 1 2 kx 2 Wir kennen den Ausdruck der potentiellen Energie, die in einer Feder gespeichert wird (Siehe Kap. 4.8): E= wobei x die Verlängerung der Feder oder die entsprechende Verschiebung der verbundenen Masse ist und k die Rückstellkraftkonstante. Wir kennen auch die analytische Lösung der harmonischen Schwingung x ( t) = A sin(wt + f ) dx = Aw cos(wt + f ) dt und die Geschwindigkeit ist gleich v ( t) = Mit diesen Beziehungen wird die gesamte mechanische Energie, die als die Summe der kinetischen und potentiellen Energie definiert ist, geschrieben als E = E kin + E pot kinetische Energie potentielle Energie 1 1 = mv 2 + kx 2 2 2 1 1 = mA 2w 2 cos2 (wt + f ) + kA 2 sin 2 (wt + f ) 2 44424443 1 2 44 1 42444 3 Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Gedämpfte harmonische Schwingungen Nun bemerken wir, dass die Kreisfrequenz w von k/m abhängt, so dass 2 1 1 Ê kˆ 1 k 1 mw 2 = mÁ = m = k 2 2 Ë m ¯˜ 2 m 2 ] und deshalb besitzen beide Teile der Gleichung für die Gesamtenergie denselben Faktor [ 1 E = kA 2 cos2 (wt + f ) + sin 2 (wt + f ) 2 1 2 kA 2 = Die gesamte mechanische Energie des Systems verändert sich nicht während der Schwingungsbewegung. Die Energie ist erhalten. (Natürlich wird dieses Ergebnis erwartet, weil die wirkenden Kräfte rein konservativ sind, da wir keine Reibung betrachtet haben.) 5.7 Gedämpfte harmonische Schwingungen Bei der freien Schwingung bleibt die Gesamtenergie konstant. Einmal angeregt, wird die Masse unendlich lang weiterschwingen. 293 Bei vielen Schwingungen, die wir in der Natur beobachten, bewegt sich die Masse nicht zwischen denselben Grenzen hin und her. Physik 294 Schwingungen und Resonanz In der Realität entziehen Reibungskräfte der Bewegung Energie. Das System verliert mechanische Energie durch die von Reibungskräften geleistete Arbeit. Man spricht von gedämpften harmonischen Schwingungen. Demonstrationsexperiment: Schwingwagen mit Dämpfung Wir betrachten noch einmal das Experiment mit dem schwingenden Wagen. In diesem Fall wird das elektromagnetische Induktiongesetz (wird im Kap. 12.12) verwendet, um eine Reibungskraft zu erzeugen. Diese Reibungskraft bremst den Wagen. Einschalten der Reibung Schwingwagen mit Dämpfung. Siehe Abb. 14. Figur 14. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Gedämpfte harmonische Schwingungen Experimentell beobachten wir die folgenden unterschiedlichen Situationen: 1. 2. Ungedämpfte Schwingung: wenn der Effekt der Reibungskräfte vernachlässigbar ist, beobachten wir die “freie” Schwingung. Gedämpfte Schwingung: wir unterscheiden hier drei Situationen, entsprechend der Stärke der Dämpfung: a) Schwach gedämpfte Schwingung: Die Bewegung ist eine Schwingung mit einer gedämpften Amplitude. Wenn die Dämpfung erhöht wird, nimmt die Amplitude der Schwingung mit der Zeit schneller ab. 295 Zeit Die beobachtete Auslenkung als Funktion der Zeit ist in Abb. 15 gezeigt. Die Bewegung verläuft in Form einer harmonischen Schwingung, deren Amplitude allmählich abnimmt. Eine schwach gedämpfte Schwingung. Auslenkung Figur 15. Physik 296 Schwingungen und Resonanz Wir stellen uns vor, dass die Dämpfungs weiter erhöht wird. Endlich wird der Fall erreicht, wobei die Masse nicht mehr schwingt: Auslenkung Eine kritisch-gedämpfte Schwingung. Zeit b) Kritische Dämpfung: Die Masse bewegt sich auf ihre Gleichgewichtslage hin, ohne zu schwingen. Siehe Abb. 16. Figur 16. c) Überkritische Dämpfung: Die Masse bewegt sich auf ihre Gleichgewichtslage hin, ohne zu schwingen. Je grösser die Dämp- Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Gedämpfte harmonische Schwingungen Zeit fung, desto länger dauert die Rückkehr der Masse in die Ruhelage. Siehe Abb. 17. Eine überkritisch-gedämpfte Schwingung. Auslenkung Figur 17. Um diese Beobachtungen in quantitativer Form zu beschreiben, betrachten wir: 297 eine idealisierte Situation, in der die Reibungskraft proportional zur Geschwindigkeit der Masse und immer ihr entgegengesetzt ist. F ( t) = FRückstellkraft + FDämpfungkraft = - kx ( t) - bv ( t) wobei b die Dämpfungskonstante ist. Physik 298 Schwingungen und Resonanz =m dx d2x = - kx - b dt dt 2 F = ma = - kx ( t) - bv ( t) Die Differentialgleichung ist dann oder d 2 x b dx k + + x=0 dt 2 m dt m Diese Gleichung ist die Bewegungsdifferentialgleichung der einfachen gedämpften harmonischen Schwingung. Nun müssen wir die Lösung x(t) vermuten. Der schwierigste Teil der Lösung einer Differentialgleichung ist, den Ansatz vorher richtig zu erraten, bevor man die Lösung finden kann! Wegen der experimentellen Beobachtungen, wird der Ansatz für die gedämpfte harmonische Schwingung so angenommen: Schwingung x ( t) = { Ae -dt sin( t4 +3 f) 14w 2 Amplitude wobei d der Dämpfungsfaktor ist. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Gedämpfte harmonische Schwingungen Mit Algebra findet man die Beziehung zwischen dem Dämpfungsfaktor und der Kreisfrequenz. Mit Hilfe des Ansatzes erhalten wir: x ( t) = Ae -dt sin(wt + f ) dx = Ae -dt (-d sin(wt + f ) + w cos(wt + f )) dt d2x = Ae -dt (d 2 sin(wt + f ) - dw cos(wt + f ) dt 2 dw cos(wt + f ) - w 2 sin(wt + f )) Wir setzen nun die Funktion, die erste und die zweite zeitliche Ableitung in die Differentialgleichung ein (um die Algebra zu vereinfachen, setzen wir die ursprüngliche Phase f=0): d 2 x b dx k + + x=0 dt 2 m dt m fi (d 2 sin(wt) - dw cos(wt) - dw cos(wt) - w 2 sin(wt)) + k b (-d sin(wt) + w cos(wt)) + sin(wt) = 0 m m b ˆ b kˆ ÊÊ ˆ Ê fi Á Ád 2 - w 2 - d + ˜ sin(wt) + Á -2dw + w˜ cos(wt)˜ = 0 Ë ËË ¯ m ¯ m m¯ b kˆ Ê 2 2 Ád - w - d + ˜ = 0 Ë m m¯ und b ˆ Ê Á -2dw + w˜ = 0 Ë m ¯ 299 Diese Gleichung muss für beliebige Zeiten gelten. Weil die Sinusund Kosinus-Funktion als unabhängige Funktionen der Zeit betrachtet werden können, müssen die Koeffizienten vor den entsprechenden Sinus- und Kosinus-Funktionen verschwinden: Physik 300 Schwingungen und Resonanz d= b 2m Aus der zweiten Gleichung erhalten wir: k -d2 m und d= b 2m und mit der ersten Gleichung erhalten wir schliesslich: w= k m und w = w 02 - d 2 Wir definieren als w0 die Kreisfrequenz der freien Schwingungen (oder Eigenfrequenz) w0 = Wir diskutieren jetzt die möglichen Lösungen. b =0 2m fi w = w0 = k m 1) ungedämpfte Schwingung: wenn die Dämpfungskonstante b gleich null ist, verschwindet auch der Dämpfungsfaktor d: d= fi w = w 02 - d 2 Es folgt daraus, dass die Masse mit ihrer Eigenfrequenz schwingt. 2) gedämpfte Schwingung: dπ0 Hier müssen wir den Ausdruck unter der Wurzel betrachten. Wir unterscheiden drei Fälle: Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Gedämpfte harmonische Schwingungen w = w 02 - d 2 a) d < w0: Die Wurzel kann berechnet werden (d.h. liefert eine relle Zahl). Wir identifizieren diesen Fall mit der Bewegung, bei der die Masse eine Schwingung mit einer gedämpften Amplitude durchführt. Aus der Gleichung fi k Ê b ˆ d 2 = Á ˜ < w 02 = fi Ë 2m ¯ m 2 b < bk = 4 mk schliessen wir, dass die Kreisfrequenz der gedämpften Bewegung immer kleiner als die der freien Bewegung ist. Die Reibungskräfte verlangsamen die Schwingung. Die Bedingung ist d < w0 d.h. die Dämpfungskonstante darf nicht zu gross sein, oder die Masse kann nicht schwingen. Diese Gleichung zeigt, dass bei grösser werdender Dämpfung ein kritischer Wert erreicht wird, bei dem das Argument der Wurzel verschwindet. Es tritt keine Schwingung mehr auf. Wir diskutieren den Fall noch weiter: fi b = bk = 4 mk = 2 mw 0 b) d = w0: die Bewegung erreicht den aperiodischen Grenzfall, der kritische Dämpfung genannt wird. d = w0 Die Kreisfrequenz ist w=0, und die Masse bewegt sich nur noch auf ihre Gleichgewichtslage hin, schwingt aber nicht. c) d > w0: die Bewegung befindet sich im Bereich der überkritischen Dämpfung. 301 Je grösser die Dämpfung, desto länger dauert die Rückkehr der Masse in die Ruhelage. Physik 302 Schwingungen und Resonanz Die Kreisfrequenz besitzt keine physikalische Bedeutung mehr, weil die Wurzel eines negativen Werts nicht reell ist. Die ganze Situation wird im Abb. 18 zusammengefasst, wo die Auslenkung (vertikale Achse) als Funktion der Zeit und der Dämpfungskonstante b dargestellt wird. Für eine verschwindende Dämpfungskonstante hat die Schwingung eine konstante Amplitude. Für zunehmende Dämpfung werden die Oszillationen mit der Zeit schneller abnehmen. Nach einem kritischen Wert gibt es keine Schwingungen mehr. Figur 18. Gedämpfte Schwingung. Die Auslenkung x(t) als Funktion der Zeit (t) und der Dämpfungskonstante b ist gezeigt. Wenn b grösser als der kritische Wert ist, gibt es keine Schwingungen mehr. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Erzwungene Schwingungen und Resonanz 5.8 Erzwungene Schwingungen und Resonanz Obwohl die Wirkung von Reibungskräften nicht vermieden werden kann, ist es möglich, dem schwingenden System Energie zuzuführen, so dass die Reibungsenergieverluste kompensiert werden. Wir können z.B. durch eine aufgezogene Feder Energie hineinbringen. Man spricht von erzwungenen Schwingungen. Wir betrachten eine, auf das schwingende System wirkende, äussere periodische Kraft, die kosinusförmig ist Fäussere = F0 cos(wt) wobei w die Kreisfrequenz der äusseren Kraft ist. Die Kreisfrequenz der freien Schwingung (die Eigenkreisfrequenz) wird als w0 bezeichnet. Demonstrationsexperiment: Schwingwagen mit äusserer Kraft und Dämpfung Siehe Abb. 19. Experimentell wird beobachtet: 303 Nach einer nicht-stationären Schwingung (Einschwingvorgang), bei der sich die Masse kompliziert bewegt, schwingt die Masse dann mit der Kreisfrequenz der äusseren Kraft (Siehe Abb. 20). Physik 304 Schwingungen und Resonanz Erzwungene gedämpfte Schwingung. Treibende Kraft Figur 19. Figur 20. Erzwungene Schwingung. Nach einer nicht-stationären Schwingung, wird die Masse mit der Kreisfrequenz der äusseren Kraft schwingen. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Erzwungene Schwingungen und Resonanz Schwingungen und Resonanz dx d2x +b + kx = F0 cos(wt) dt dt 2 dy d2y +b + ky = F0 sin(wt) dt dt 2 dz d 2z + b + kz = F0 (coswt + i sin wt) dt dt 2 dz d 2z + b + kz = F0e iwt dt dt 2 Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) x ( t) = Re z( t) Gesucht ist die komplexe Lösung z(t). Die Lösung x(t) ist gleich der reellen Projektion der komplexen Lösung z(t) m ist die Differentialgleichung gleich: e iq = cosq + i sin q Wegen der Eulerschen Formel, m Wir schreiben eine neue Gleichung, die für die komplexe Funktion z(t) in der komplexen Ebene gilt z( t) = x ( t) + iy ( t) Eine komplexe Zahl kann immer als die Summe ihrer reellen und imaginären Teile dargestellt werden. Wir definieren die komplexe Funktion z(t) als: m und eine zweite ähnliche Gleichung für eine neue Funktion y(t): m Wir lösen die Differentialgleichung mit Hilfe der komplexen Zahlen. Wir betrachten die ursprüngliche Differentialgleichung für x(t): F0coswt dx d2x = - kx - b + F0 cos(wt) dt dt 2 dx d2x +b + kx = F0 cos(wt) dt dt 2 306 Wir suchen die mathematische Form der stationären Schwingung. m Die Bewegungsgleichung einer schwingenden Masse, die an eine Feder mit Federkonstante k gebunden ist und einer Reibungskraft -bv unterworfen ist, ist gleich und der antreibenden Kraft d.h. m Der stationäre Ansatz der erzwungenen Schwingung wird geschrieben als x ( t) = A cos(wt - a ) wobei w die Kreisfrequenz der äusseren Kraft, A die Amplitude und a eine Phasenkonstante ist. Die Amplitude und die Phase der Schwingung hängen von der Amplitude und der Winkelgeschiwndigkeit der äusseren Kraft, von der Kreisfrequenz der freien Schwingung w0, und vom Dämpfungsfaktor b ab, wobei w0 = k / m 305 Die Ausdrücke für A und a können leicht mit Algebra gefunden werden. Physik Erzwungene Schwingungen und Resonanz Um die Differentialgleichung zu lösen, verwenden wir den folgenden komplexen Ansatz z( t) = Ae i(wt -a ) Die zeitlichen Ableitungen sind dz = Aiwe i(wt -a ) = iwz( t) dt d 2z = A(iw ) 2 e i(wt -a ) = -w 2 z( t) dt 2 (- mw 2 + ibw + k ) Ae - ia = F0 - mw 2 Ae i(wt -a ) + ibwAe i(wt -a ) + kAe i(wt -a ) = F0e iwt m(-w 2 z( t)) + b(iwz( t)) + kz( t) = F0e iwt Wenn wir diese Gleichungen in die Differentialgleichung einsezten, finden wir d.h. reell F w 2 ) + ib w = 0 e ia (1k4-2m4 { 3 imaginär A Ï F0 cosa = k - mw 2 = m(w 02 - w 2 ) ÔÔ A Ì Ô F0 sin a = bw ÓÔ A 307 Nun betrachten wir den rellen und den imaginären Teil der Gleichung. Es gilt Physik 308 Schwingungen und Resonanz 2 und ÊF ˆ 2 2 2 Á 0 ˜ sin a = b w Ë A¯ 2 Wenn wir die zwei Gleichungen nach der Amplitude und der Phase auflösen, erhalten wir: ÊF ˆ 2 2 2 2 2 Á 0 ˜ cos a = m (w 0 - w ) Ë A¯ ÊF ˆ 2 2 2 2 2 2 2 2 Á 0 ˜ (cos a + sin a ) = m (w 0 - w ) + b w Ë A¯ 2 und wir summieren die zwei Gleichungen: oder 2 F0 = m 2 (w 02 - w 2 ) + b 2w 2 A 2 tan a = sin a bw = cosa m(w 02 - w 2 ) und bw m(w 02 - w 2 ) Die ursprünglichen Gleichungen werden dividiert und wir finden: tan a = F0 m 2 (w 02 - w 2 ) + b 2w 2 Zusammenfassend haben wir gefunden A= w0 = k / m wobei die Winkelgeschwindigkeit der freien Schwingung (die Eigenkreisfrequenz) ist. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Erzwungene Schwingungen und Resonanz Wir schliessen daraus, dass die Amplitude und die Phase stark von der Kreisfrequenz der treibenden Kraft abhängen. Stationäre Schwingung Zeit Wenn die Kreisfrequenz der treibenden Kraft in der Nähe der Eigenkreisfrequenz ist, wird die Amplitude der Schwingung stark zunehmen. Eine Resonanzbedingung wird erreicht (Siehe Abb. 21), Physik 309 Zwischen zugeführter und verlorener Energie stellt sich schliesslich ein Gleichgewicht ein. Die Masse schwingt mit der Kreisfrequenz der treibenden Kraft w und einer Amplitude die von w ,w0 und b abhängt. Wenn wir die Energie des Systems betrachten, beobachten wir, dass die von der treibenden Kraft geleistete Arbeit Energie zuführt, die die Schwingungsamplitude vergrössert. Diese Energie geht auch durch Reibung verloren. Figur 21. Erzwungene Schwingung. Wenn die Kreisfrequenz der antreibenden Kraft in der Nähe der Eigenkreisfrequenz ist, wird die Amplitude der Schwingung zunehmen. Auslenkung x(t) 310 Schwingungen und Resonanz ¤ ) ) ∂A =0 ∂w Die Rezonanzbedingung, bei der die Amplitude maximal wird, erhalten wir mit: maximale Amplitude ( 2 m 2 (w 02 - w 2 )(-2w ) + 2b 2w 1 =- F =0 2 0 m 2 w 2 - w 2 2 + b 2w 2 3 / 2 ( 0 ) ( Ê ˆ ∂ ∂A F0 Á ˜ = ∂w ∂w Á m 2 w 2 - w 2 2 + b 2w 2 ˜ ( 0 ) Ë ¯ Wir erhalten: oder m 2 (w 02 - w 2 )(-2w ) + b 2w = 0 w 2 = w 02 - b2 2m 2 Die Resonanzbedingung ist damit oder b2 2m 2 b2 ª w 02 ª w 0 2m 2 w = w 02 - D.h. für schwache Dämpfung: w = w 02 - Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Erzwungene Schwingungen und Resonanz w Die Amplitude als Funktion des Verhältnisses w/w0 ist in Abb. 22 für verschiedene Dämpfungsfaktoren gezeigt. Für b=0 (d.h. keine Dämpfung) wird die Amplitude unendlich, wenn die Resonanzbedingung erreicht wird. Physik v ( t) = dx = - Aw sin(wt - a ) dt 311 Die Geschwindigkeit der Masse kann mit der Ableitung nach der Zeit gefunden werden Für eine Kreisfrequenz w stark verschieden von der Eigenkreisfrequenz w0, folgt a ª 0. Ist w0ªw, wird a ª p/2. Figur 22. Amplitude der erzwungenen Schwingung. Die verschiedenen Kurven entsprechen verschiedenen Dämpfungsfaktoren. Für b=0 (keine Dämpfung) wird die Amplitude unendlich, wenn die Resonanzbedingung erreicht wird. Amplitude 312 Schwingungen und Resonanz Im Resonanzfall, wenn a ª p/2, sind die Geschwindigkeit und die treibende Kraft in Phase p v ( t) = - Aw sin(wt - ) = Aw cos(wt) 2 Demonstrationsexperiment: Film Tacoma Brücke Schwingung der Tacoma-Brücke (1. Juli 1940). Die Tacoma Brücke ist ein berühmtes Beispiel für die ungenügende Berücksichtigung der Gefahren von Resonanzanregung bei der Konstruktion der Brücke. Die a priori kleine Wirkung des Windes hat durch den Resonanzeffekt eine sehr grosse Schwingung der Brücke angeregt (Siehe Abb. 23). Schliesslich konnte die Struktur solch starken Schwingungen nicht mehr widerstehen, und die Brücke kollabierte. Figur 23. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)