Lagebericht GH MV 02122015

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- Geboren in MVEin Lagebericht zur Situation
der Geburtshilfe in
Mecklenburg-Vorpommern
Lagebericht zur Situation der Geburtshilfe in
Mecklenburg-Vorpommern
Katharina J. Hoff
Michaela Skott
Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern des Vereins
Mother Hood e.V. - Bundeselterninitiative zum Schutz von
Mutter und Kind während Schwangerschaft, Geburt und 1. Lebensjahr
2. Dezember 2015
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1
2 Ergebnisse für die Klinische Geburtshilfe
2.1 Kaiserschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Dammschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
4
6
3 Außerklinische Geburtshilfe
7
4 Diskussion
4.1 Schwächen der Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Bewertung der Ergebnisse durch die Landesgruppe MecklenburgVorpommern des Vereins Mother Hood e.V. . . . . . . . . . . . .
4.2.1 Sicherheit entsteht durch individuelle Betrachtung . . . .
4.2.2 Bevölkerungsrückgang und Wirtschaftlichkeit erfordern neue
Antworten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.3 Lange Wege – Weniger Sicherheit in MV? . . . . . . . . .
4.2.4 Notfall per System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.5 Kaiserschnitt – kein Königsweg . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.6 Qualität: mehr als Überleben . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.7 Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
7
8
8
9
10
11
11
5 Material
13
8
8
6 Methoden
13
6.1 Kaiserschnittraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
6.1.1 Prüfung: stimmt die Berechnung der Kaiserschnittrate? . 14
6.2 Dammschnittrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1
Einführung
Dieser Bericht gibt einen Überblick über die Situation der Geburtshilfe in Mecklenburg-Vorpommern aus Sicht von Eltern.
1
Daten 2014 in der Übersicht
Anzahl der Krankenhäuser insg.
mit Geburtshilfe
Anzahl der Betten
Nutzungsgrad Geburtshilfe
angem.
Nutzungsgrad
gem.Krankenhausplan MV
geborene Kinder
lebend geboren
still geboren klinisch
39
17
10.435
63 %
85 %
12.785
12.745
40 / Rate 3,18 pro 1.000 (Deutschland
3,6)
still geboren außerklinisch
–
in einer Klinik geborene Kinder
12.558
außerklinisch geboren
227 (Differenzbildung)
Zangengeburt
79
Vakuumextraktion
577
Kaiserschnitt (insges.)
3.693 / 29,41 % Kaiserschnittrate (berechnet auf die Zahl der klinische Geburten)
(StatA MV, Statistischer Bericht A423 2014 00)
Anzahl der Hebammen
angestellt in Kliniken
126
hauptberuflich frei
214
nebenberuflich frei
93
Hebammen mit Hausgeburten
11
Hebammen mit Geburtshilfe
nicht erfasst
Erläuterung:
Zur Bewertung haben die Daten wenig Aussagekraft. Eine Summierung der angestellten und hauptberuflich freien Hebammen ist nicht möglich. Die Daten
entstammen verschiedenen Quellen. Aufgrund der Erhebungsmodi sind deshalb
Dopplungen möglich. Darüber hinaus ergeben sich Altbestände in den Daten, da
die Hebammen nicht sofort zur Abmeldung verpflichtet sind.
Eine Aussage über die Versorgungslage zur Schwangerschaftsvorsorge und Wochenbett kann ebenfalls nicht getroffen werden, da der jeweilige Leistungsumfang
der einzelnen Hebamme nicht erhoben wird.
(Stand Nov. 2015/ Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales)
Wir beziehen uns bei klinischen Daten auf das Jahr 2013, da zum gegebenen
Zeitpunkt keine ausreichenden Daten für das Jahr 2014 vorliegen.
Wir haben alle Daten sorgfältig erhoben, erheben jedoch keinen Anspruch
auf Vollständigkeit.
Im Jahr 2013 kamen in Mecklenburg-Vorpommern 12.560 Kinder zur Welt
[1]. Mindestens 12.334 dieser Kinder kamen in den 17 in diesem Bericht erfassten
klinischen Kreißsälen der 6 Landkreise unseres Bundeslandes zur Welt. Es ergibt
sich eine Differenz von 226 Geburten, die vermutlich größtenteils außerklinisch
stattgefunden haben. Dies entspricht einem Anteil von 1,8% außerklinischen
Geburten.
Die “klassischen” Marker zur Beurteilung der Qualität von Geburtshilfe sind
2
Abbildung 1: Geschätzte Müttersterblichkeit pro 100.000 Lebendsgeburten von 1990
bis 2013. Deutschland in grün, Gesamteuropa in violett. (Quelle: WHO/Europe, European HFA Database, November 2015)
Abbildung 2: Geschätzte Säuglingssterblichkeit pro 1000 Lebendgeburten von 1990
bis 2013. Deutschland in grün, Gesamteuropa in violett. (Quelle: WHO/Europe, European HFA Database, November 2015)
die Morbidität und Mortalität von Müttern und Säuglingen. Deutschland gehört
weltweit zu den Ländern mit den niedrigsten Morbiditäts- und Mortalitätsraten. Die Entwicklung der Mütter- und Säuglingsmortalitätsraten in einigen europäischen Ländern sowie der europäischen Gesamtregion sind in Abbildungen
1 und 2 dargestellt. Die Zahlen zu Morbidität und Mortalität werden in verschiedenen Ländern unterschiedlich erhoben und sind daher alleine nicht aussagekräftig/vergleichbar.
3
Wir haben uns in Anbetracht der niedrigen Morbiditäts- und Mortalitätsrate
in Deutschland dazu entschieden, Kaiserschnittraten und Dammschnittraten als
Qualitätsmarker zu verwenden.
Landkreis/Klinik
Landkreis Nordwest-Mecklenburg
HELIOS Kliniken Schwerin (Perinatalzentrum Level 1)
Sana Hanseklinikum Wismar GmbH
Landkreis Ludwigslust-Parchim
Westmecklenburg Klinikum Helene von Bülow (Hagenow)
MediClin Krankenhaus am Crivitzer See
AKG Klinik Parchim GmbH
Landkreis Rostock
Klinikum Südstadt (Rostock) (Perintatalzentrum Level 1)
KMG Klinikum Güstrow GmbH
Landkreis Vorpommern-Rügen
HELIOS Hanseklinikum Stralsund
Sana-Krankenhaus Rügen GmbH
Landkreis Mecklenburgische Seenplatte
Kreiskrankenhaus Demmin
Müritz Klinikum GmbH (Waren)
DRK-Krankenhaus Mecklenburg-Strelitz GmbH
Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg (Perinatalzentrum Level 1)
Landkreis Vorpommern-Greifswald
Universitätsmedizin Greifswald (Perinatalzentrum Level
1)
AMEOS Klinikum Anklam
ASKLEPIOS Klinikum Pasewalk
Kreiskrankenhaus Wolgast
#Geburten
1789
1073
716
1496
625
418
453
3434
2853
581
1351
905
446
2232
538
493
275
926
2032
819
300
506
407
Tabelle 1: Geburtskliniken und Geburtenzahlen geordnet nach Landkreisen.
2
Ergebnisse für die Klinische Geburtshilfe
Mecklenburg-Vorpommern verfügte 2013 über 17 Geburtskliniken, die sich auf
sechs Landkreise verteilen (siehe Tablelle 1 auf Seite 4). Mecklenburg-Vorpommern
ist das am dünnsten besiedeltste Bundesland Deutschlands. Im Jahr 2013 kamen auf jeden Quadratkilometer 69 Einwohner[2]. Auf einer Gesamtfläche von
23.212 Quadratkilometern bedeutete das Vorhandensein von nur 17 Geburtskliniken vergleichsweise lange Anfahrtswege zur Geburt in einer Klinik.
2.1
Kaiserschnitte
Wir unterscheiden zwischen primären Kaiserschnitten, sekundären Kaiserchnitten und vaginalen Geburten.
Die World Health Organization (WHO) berichtet, dass bei einem Ansteigen
der Kaiserschnittrate bis auf 10% die Rate der Todesfälle von Müttern und
4
Geburten in MV 2013 (absolut)
Geburten in MV 2013 (relativ)
1.0
Prim. Kaiserschnitt
Sek. Kaiserschnitt
Vaginale Geburt
WHO Kaiserschnitt
0.8
Geburten in MV 2013 (absolut)
WHO*
Vorpommern−Greifswald
Mecklenburg. Seenplatte
Nordwestmecklenburg
Vorpommern−Greifswald*
Mecklenburg. Seenplatte
0.0
Vorpommern−Rügen
0
Rostock
0.2
Ludwigslust−Parchim
1000
Nordwestmecklenburg
0.4
Vorpommern−Rügen
0.6
2000
Rostock
3000
Ludwigslust−Parchim
4000
Geburten in MV 2013 (relativ)
1.0
2500
2000
Prim. Kaiserschnitt
Sek. Kaiserschnitt
Vaginale Geburt
WHO Kaiserschnitt
0.8
0.6
1500
0.4
1000
0
0.0
Schwerin (L1)
Wismar
Hagenow
Crivitz
Parchim
Rostock (L1)
Güstrow
Stralsund
Rügen
Demmin
Waren
Neustrelitz
Neubrandenburg (L1)
Greifswald (L1)
Anklam
Pasewalk
Wolgast
WHO*
0.2
Schwerin (L1)
Wismar
Hagenow
Crivitz
Parchim
Rostock (L1)
Güstrow
Stralsund
Rügen
Demmin
Waren
Neustrelitz
Neubrandenburg (L1)
Greifswald (L1)
Anklam
Pasewalk
Wolgast
500
Abbildung 3: Geburten in Mecklenburg-Vorpommern (2013) gegliedert in die Modi
“Vaginale Geburt” (blau), “Sekundärer Kaiserschnitt” (orange) und “Primärer Kaiserschnitt” (rot). Linke Abbildungen in absoluten Zahlen, rechte Abbildungen in relativen
Verhältnissen. Die WHO unterscheidet nicht zwischen primären und sekundären Kaiserschnitten, wenn es um die maximale als sinnvoll anzunehmende Kaiserschnittrate
geht (braun). “L1” steht für “Perinatalzentrum Level 1”.
Neugeborenen sinkt. Bei einem weiteren Ansteigen über 10% ist kein solcher
Nutzen mehr erkennbar[3]. Die WHO sieht eine Kaiserschnittrate von maximal
15% als sinnvoll an.
Für Landkreise zusammengefasst ist die Kaiserschnittrate (primäre und sekundäre Kaiserschnitte zusammen) im Landkreis Nordwest-Mecklenburg mit
23% am geringsten, im Landkreis Vorpommern-Rügen mit 35% am Höchsten.
Über alle Geburten gemittelt berechnen wir für Mecklenburg-Vorpommern eine Kaiserschnittrate von 28%. Bundesweit betrug die Kaiserschnittrate 2013
31.8%. Mecklenburg-Vorpommern liegt demzufolge unter dem Bundesdurchschnitt, aber deutlich über der von der WHO maximal als sinnvoll erachteten
Kaiserschnittrate. Abbildung 3 auf Seite 5 zeigt die Geburtsmodi gegliedert in
Landkreise in absoluten Zahlen und relativen Verhältnissen.
5
Nach einzelnen Kliniken aufgeschlüsselt ergibt sich ein differenzierteres Bild.
Parchim und Wolgast weisen mit 19 bzw. 20% die landesweit geringsten Kaiserschnittraten auf, während Stralsund und Anklam mit 38 bzw. 41% zu den
Spitzenreitern gehören.
Man könnte glauben, dass Perinatalzentren Level 1 aufgrund des erhöhten
Zulaufs an potentiell komplizierten Geburten grundsätzlich eine höhere Kaiserschnittrate aufwiesen, als Kliniken geringerer Versorgungsstufe. Dem ist jedoch
nicht so. Die Kaiserschnittraten in den Perinatalzentren Level 1 in Schwerin,
Rostock, Neubrandenburg und Greifswald streuen ähnlich breit, wie die aller
anderen Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern.
2.2
Dammschnitte
In Mecklenburg-Vorpommern liegen die Dammschnittraten bei vaginalen Geburten über die verschiedenen Landkreise zwischen 26 (Vorpommern-Greifswald)
und 40% (Rostock, siehe Abbildung 4 auf Seite 6). Sowohl gemessen an der Tatsache, dass die Klinik Wolgast eine Dammschnittrate von nur 6% aufweist, als
Dammschnitte in MV 2013 (absolut)
Dammschnitte in MV 2013 (relativ)
1.0
Kein Dammschnitt
Dammschnitt
Dammschnitte in MV 2013 (absolut)
Vorpommern−Greifswald
Mecklenburg. Seenplatte
Dammschnitte in MV 2013 (relativ)
1.0
2000
1500
Vorpommern−Rügen
Nordwestmecklenburg
Vorpommern−Greifswald
Mecklenburg. Seenplatte
Vorpommern−Rügen
0.0
Rostock
0.2
0
Ludwigslust−Parchim
0.4
500
Nordwestmecklenburg
0.6
1000
Rostock
0.8
1500
Ludwigslust−Parchim
2000
Kein Dammschnitt
Dammschnitt
0.8
0.6
1000
0.4
500
0.2
Schwerin
Wismar
Hagenow
Crivitz
Parchim
Rostock
Güstrow
Stralsund
Rügen
Demmin
Waren
Neustrelitz
Neubrandenburg
Greifswald
Anklam
Pasewalk
Wolgast
0.0
Schwerin
Wismar
Hagenow
Crivitz
Parchim
Rostock
Güstrow
Stralsund
Rügen
Demmin
Waren
Neustrelitz
Neubrandenburg
Greifswald
Anklam
Pasewalk
Wolgast
0
Abbildung 4: Dammschnitte bei vaginalen Geburten in Mecklenburg-Vorpommern
(2013) gegliedert in die Modi “Kein Dammschnitt” (blau) und “Dammschnitt” (rot).
6
auch gemessen am Bundesdurchschnitt (23.8%) sind diese Raten vergleichsweise
hoch.
Betrachtet man die Dammschnittraten nach Kliniken aufgeschlüsselt, ergibt
sich auch hier ein differenzierteres Bild: Mit 6% hat Wolgast die mit Abstand
geringste Dammschnittrate, während Hagenow mit 54% die höchste Dammschnittrate aufweist.
3
Außerklinische Geburtshilfe
Da es keine gesonderte Erhebung gibt, wird die Anzahl der außerklinischen Geburten in Deutschland per Differenz aus den Angaben der statistisch erhobenen
Daten gebildet.
2014 : 227
Aufgrund der geringen Aussagekraft dieser Geburtenzahl in M-V bilden wir hier
die Ergebnisse1 der deutschlandweiten Erhebung ab:
Spontangeburt
90,7%
Bevorzugte Gebärposition
aufrecht
Damm intakt nach vaginaler Geburt
45,4%
Dammriss dritten oder vierten Grades nach vaginaler Geburt 1,1%
Episiotomie (Dammschnitt)
4,6%
Sectio
6,6%
keinerlei Interventionen
34,0%
keine mütterlichen Probleme nach der Geburt
95%
Verlegung der Mutter während der Geburt
16,9%
Verlegung der Mutter nach der Geburt
3,6%
5 Minuten Apgar-Wert ≥ 7 (bezogen auf Lebendgeburten)
99,3%
Häufigste kindliche Morbidität
Atemstörungen
Perinatale Mortalität
0,15% (= 1,5 )
Mütterliche Mortalität
–
Quelle: “Qualitätsbericht außerklinische Geburtshilfe in Deutschland 2013” /QUAG
– Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. / http:
//quag.de/downloads/QUAG_bericht2013.pdf
‡
4
4.1
Diskussion
Schwächen der Analyse
Bei der Berechnung der Kaiserschnittrate haben wir zunächst die Gesamtzahl
der Kaiserschnitte aus der Summierung aller mit Kaiserschnitten assoziierten
OPS/ICD-Ziffern gebildet. Dies führte teilweise zu offensichtlich zu hohen Zahlen. Die von uns als Ausweichmethode gewählte indirekte Berechnung der Kaiserschnittanzahl über die Zahl der Geburten abzüglich vaginaler Geburtsoperationen und Geburten spontaner Einlinge berücksichtigt die eventuell mögliche
spontane Geburt von Mehrlingen nicht.
1 Wegen der fehlenden Dokumentationspflicht sind nicht alle außerklinischen Geburten erfasst. Der Erhebungsgrad für 2013 beträgt 85,9 %
7
Da die Rohdaten teilweise dem Datenschutz unterliegen und wir für solche
Daten ersatzweise die Zahl eins eingesetzt haben, kommt es hier u.U. zu leichten Ungenauigkeiten. Wir betrachten diese aber aufgrund der anzunehmenden
kleinen Zahlen als vernachlässigbar.
4.2
4.2.1
Bewertung der Ergebnisse durch die Landesgruppe
Mecklenburg-Vorpommern des Vereins Mother Hood
e.V.
Sicherheit entsteht durch individuelle Betrachtung
Mother Hood e.V. strebt eine am Individuum orientierte Geburtshilfe an.
Den persönlichen Risiken von Mutter und Kind während Schwangerschaft und
Geburt kann im Sinne einer sicheren Geburtshilfe, aus unserer Sicht, nicht
durch pauschalierte Bewertungen in ausreichendem Maße begegnet werden. Nur
indem die Geburtshilfe den individuellen Bedürfnissen von Mutter und Kind
gerecht wird, kann sie sicher sein und beste Ergebnisse liefern.
4.2.2
Bevölkerungsrückgang und Wirtschaftlichkeit erfordern neue
Antworten
Einhergehend mit der demografischen Entwicklung zeigen sich strukturelle
Probleme, die die Sicherheit der Geburtshilfe in den kommenden Jahren in
Frage stellen. Die Zusammenlegung von Kliniken bzw. deren Schließung betrifft
häufig gerade jene Abteilungen zuerst, die sehr kostenintensiv sind: Kreißsaal
und Kinderklinik sind keine attraktiven Geschäftszweige. Die sich seit Jahren
anhaltend verschlechternde Situation in der außerklinischen Geburtshilfe durch
freiberufliche Hebammen führt ebenfalls zu einer Einschränkung des Versorgungsangebotes für Familien.
Die hohe Anzahl von Kreißsaalschließungen in den vergangenen zehn Jahren
in Deutschland ist nicht allein im Rückgang der Bevölkerung begründet. Vielmehr spielen hier auch wirtschaftliche Ursachen eine Rolle. Die häufige Annahme, nach der Kliniken mit Geburten unter 500 im Jahr eine geringere Qualität
bieten, fußt auf einer umstrittenen Vergleichsgrundlage und kann auch durch unsere Erhebung nicht belegt werden. Insbesondere kleine Kliniken verfügen bei
guter Risikolenkung außerdem über das Potential eine individuelle hochwertige
Geburtshilfe zu leisten.
4.2.3
Lange Wege – Weniger Sicherheit in MV?
Die IGES-Studie zur Kinder- und Jugendmedizin in Mecklenburg-Vorpommern
aus dem Jahr 2014 [4] kommt zu dem Schluss, dass sich bis zum Jahr 2030 die
Anzahl der Kinder unter 15 Jahren im Land um 10 Prozent reduzieren wird. Sie
prognostiziert weiterhin eine Konzentration in den städtischen Zentren. Außen
vor sind in dieser Betrachtung die neuen Entwicklungen durch die dauerhafte
Ansiedlung Geflüchteter.
Angesichts dieser voraussichtlichen Entwicklung erscheint es zunächst sinnvoll, darauf auch mit der Zusammenlegung oder Schließung geburtshilflicher
Abteilungen zu reagieren. Doch neben dem Fakt, dass, betrachten wir die aktuelle politische Lage, Prognosen u.U. recht schnell eine Korrektur erfahren, gibt
es innerhalb der Diskussion um sinkende Bevölkerungszahlen ein Problem:
8
4.2.4
Notfall per System
Selbst wenn es weniger Geburten – und in manchen Regionen sehr wenige Geburten gibt – es gibt sie. Wenn Frauen auf Usedom oder Hiddensee, in Friedland
oder Dömitz schwanger sind (bzw. Urlaub machen), benötigen diese in zumutbarer und sicher erreichbarer Entfernung ein Versorgungsangebot, das gemäß
des jüngsten gemeinsamen Antrages der demokratischen Fraktionen im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns Qualität und Wahlfreiheit (vgl. DS 6/4105) des
Geburtsortes für die Frauen sichert. Mit 17 Krankenhäusern (mit Geburtshilfe)
auf 23.212 Quadratkilometern müssen schwangere Frauen bereits jedoch heute
Wege von über einer Stunde Fahrt zur nächsten Geburtsklinik in Kauf nehmen.
Das Vorhandensein eines Fahrzeugs und Führerscheins vorausgesetzt. Rettungsdienste benötigen 10 bis 12 Minuten in der Notfallrettung (Rettungsdienst vor
Ort). Allerdings sind die Notärzte für gynäkologische Notfälle unter der Geburt
nicht speziell ausgebildet. Der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe und jetziger Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), welche u.a. die medizinischen Leitlinien erstellt, Prof. Dr. med. Rolf Kreienberg,
äußerte sich im Zuge der Schließung der Oldenburger Geburtshilfe dahingehend,
dass Wege von einer Stunde im Sinne der Sicherheit der Schwangeren zu
lang sind. Er macht außerdem klar, dass Notärzte mit einem gynäkologischen
Notfall überfordert wären und dieses Problem auch nicht durch ein Training
der Assistenten gelöst werden könne [5]. Gemäß Rettungsdienstgesetz müssen
in der Notfallrettung die Patientinnen entsprechend in die nächstgelegene geeignete medizinische Einrichtung gebracht werden. Dies ist, bei der genannten Verteilung der 17 Kliniken mit geburtshilflicher Abteilung auf die gesamte
Fläche des Landes, bei Komplikationen unter der Geburt unter Umständen ein
zu weiter Weg. Vgl.; Bei einem Notkaiserschnitt liegen zwischen Entscheidung
für den Eingriff und der Kindsentwicklung etwa acht bis höchstens zehn Minuten. Diesen Tatsachen Rechnung tragend wird offensichtlich von vorneherein
die Umgehung der Hinzuziehungspflicht einer Hebamme ( 4 Hebammengesetz)
in Kauf genommen. Die Hinzuziehungspflicht gilt auch im Falle eines Kaiserschnitts und ist nur im Notfall nicht bindend. Ob es sich bei einer auf lange
Wege angelegten geburtshilflichen Versorgung dann um einen Notfall handelt
und dies einer Rechtsauseinandersetzung standhielte darf bezweifelt werden.
Bestärkt werden diese negativen Faktoren zusätzlich durch die Mangelversorgung mit Hebammenhilfe. Bereits heute finden immer weniger Frauen
eine Begleitung durch eine Bezugshebamme während der Geburt, wenn sie diese wünschen. Es gibt Regionen im Land, in denen Hausgeburten durch eine der
elf Hausgeburtshebammen Mecklenburg-Vorpommerns allein aufgrund der Entfernung nicht mehr möglich ist. Schon die IGES-Studie 2012 [6] gab an, dass
Mecklenburg-Vorpommern Regionen der Unterversorgung mit Hebammenhilfe
aufweist. Immer häufiger berichten Frauen, auch aus den Zentren, dass sie ebenfalls keine Vorsorge oder Wochenbettbetreuung in Anspruch nehmen können, da
die Hebammen ausgebucht sind. Auch die Hebammen berichten von 3 bis 5 Absagen täglich. Dem Empfinden und der nicht statistisch gesicherten Erfahrung
von Frauen und Hebammen steht die, durch das Ministerium veröffentlichte,
stetig wachsende Zahl der Hebammen in Mecklenburg-Vorpommern. Aufgrund
der verschiedenen Erhebungsquellen sind diese Daten jedoch alles andere als
aussagekräftig für den Gesamtumfang der angebotenen Versorgung der Frauen
§
9
und Familien. Dies bestätigen übereinstimmend die zuständige Fachabteilung
im Sozialministerium und der Hebammenverband. Das Netz der sicheren
Versorgung ist löchrig. Die jüngsten Entscheidungen zur Verlegung des Wolgaster Kreißsaals und der Kinderklinik eskalieren die Situation für eine weitere
Region.
4.2.5
Kaiserschnitt – kein Königsweg
Für eine bessere Aussagekraft zur Qualität der Geburtshilfe in MecklenburgVorpommern haben wir uns für die betrachteten Marker Kaiser- und Dammschnittrate entschieden. Wir versprechen uns davon die bessere Sichtbarkeit
eines bestehenden Problems. In manchen Regionen dieses Bundeslandes haben
die Frauen ein im Vergleich doppelt hohes Kaiserschnittrisiko. Die von uns evaluierten Daten geben Anlass zur Sorge. Vorangestellt sei: Zweifellos stellt der
medizinisch indizierte Kaiserschnitt eine lebensrettende Maßnahme dar. Dem
gegenüber steht der, in Deutschland seltene, Wunschkaiserschnitt, den Mother
Hood e.V. in Anerkennung einer selbstbestimmten Geburt ebenfalls als Methode
akzeptiert.
Anders als häufig angenommen sind laut Bertelsmann-Studie jedoch weder
das steigende Durchschnittsalter der Mütter, noch Erkrankungen wie Diabetes
Mellitus und Adipositas noch die steigende Zahl übergroßer Kinder, Mehrlingsgeburten oder Wunschkaiserschnitte ausschlaggebend für die hohe Anzahl von
Kaiserschnitten [7].
Die unmittelbaren Risiken für Mutter und Kind aus diesem Eingriff,
ebenso wie mögliche Spätfolgen für beide stellen nicht nur ein gesundheitliches,
sondern auch ein volkswirtschaftliches Risiko dar. Gleichzeitig gibt es Hinweise
darauf, dass Frauen, die einen ersten Kaiserschnitt hatten, sich weniger häufig
für ein zweites Kind entscheiden. Dies kann bei Betrachtung der demografischen
Entwicklung für unser Bundesland nicht von allgemeinen Interesse sein.
Mögliche Folgen für die Mutter sind neben den allgemeinen OP-Risiken
die erhöhten Risiken für Folgeschwangerschaften (Uterusruptur/Placent Praevia/Mortalität), späterer Milcheinschuss und durchschnittlich kürzere Stilldauer
sowie mögliche Traumatisierungen [8]. Kinder, die vor der 39. SSW per Kaiserschnitt entbunden werden, leiden häufiger unter Anpassungsschwierigkeiten.
Neuere Studien belegen Zusammenhänge zwischen dem Geburtsweg und der
späteren Erkrankung bspw. an Asthma. Auch Bindungsstörungen und Stillprobleme sind bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht eine 15prozentige Kaiserschnittrate als medizinisch indiziert an. Dazu gehören auch so
genannte weiche Risikofaktoren, wie bspw. die Angst vor großen Schmerzen.
Die Dammschnittrate ist mancherorts exorbitant hoch und liegt insgesamt
sogar über dem Bundesdurchschnitt. Nicht nur, dass die Anwendung und Nutzung dieser Methode durchaus umstritten ist – auch hier drohen Nebenwirkungen, wie die Verwachsung von Narben, Inkontinenz, Beeinträchtigungen des
Sexualempfindens. Für durchschnittlich jede dritte Frau, in Bezug auf weitere
Interventionen sogar häufiger, besteht demzufolge im Zusammenhang mit einer
Geburt ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, welches nicht a priori auf den Vorgang
selbst abzielt.
Die entstehenden Folgen sind langfristiger Natur und stellen sowohl persönlich
als auch gesellschaftlich eine Belastung. Bisher existieren hierzu unserer Kenntnis nach keine gesonderten Erhebungen, so dass die Höhe dieser Kosten, die aus
10
Eingriffen ohne medizinische Indikation entstehen, nur geschätzt werden könnte.
4.2.6
Qualität: mehr als Überleben
Wir stellen fest: Insgesamt wird die Geburtshilfe auch in Mecklenburg-Vorpommern
auf einem sehr hohen Niveau geleistet. Die Mütter- und Säuglingssterblichkeit
ist äußerst gering. Allein gemessen an diesen beiden Parametern gäbe es keinen
Verbesserungsbedarf, vorausgesetzt man akzeptiert eine gewisse Mortalitätsrate
als unausweichlich.
Dennoch gibt es zwei diskutable Punkte: Einerseits muss es darum gehen,
diese Qualität mindestens zu halten. Andererseits geben allein die Mortalitätsraten keinerlei Auskunft über die Gesundheit von Mutter und Kind. Nicht
“tot” bedeutet nicht automatisch auch “gesund”. Eine Geburtshilfe, in
der ein Großteil der Frauen und Kinder einem unnötigen gesundheitlichen Risiko
ausgesetzt ist, erscheint uns durchaus kritikwürdig.
4.2.7
Lösungen
Unsere Datenerhebung zeigt die Seltenheit der außerklinischen Geburtshilfe.
Lediglich etwa 1,8 bis 2,0 Prozent der Frauen entscheiden sich für diesen Weg.
Als Teil der Lösung zum Angebot einer sicheren Geburtshilfe in MecklenburgVorpommern spielt sie aus unserer Sicht jedoch eine wichtige Rolle.
Wir weisen darauf hin, dass der Landtag M-V die Wahlfreiheit des Geburtsortes für die Frauen als zu sicherndes Recht ansieht und einen entsprechenden
Beschluss gefasst hat. Häufig wird unter Wahlfreiheit verstanden, dass sich Frauen für Hausgeburten entscheiden. Wahlfreiheit meint jedoch viel mehr. Es geht
auch um die Wahl klinischer Angebote. Eine Politik, die systematisch auf Schließungen von Kreißsälen setzt, verletzt genauso das Recht auf die freie Wahl des
Geburtsortes, wie jene, die die freiberufliche Ausübung einer außerklinischen
Geburtshilfe unmöglich macht. In der Abwägung der verschiedenen Interessen von Familien, Klinikbetreibern, Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV)
und Hebammen sollten rechtliche Interessen (Wahlfreiheit, freie Ausübung des
Berufes) Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen haben (Kosten). Im Sinne der Solidargemeinschaft gilt es dennoch gangbare Kompromisse zu finden.
Gehen wir also davon aus, dass die Schließung oder Umwidmung von Standorten geburtshilflicher Versorgung künftig aus wirtschaftlichen Gründen unvermeidbar ist, sollten wir bessere Ideen haben, als die Frauen und Kinder ihrem
möglichen Schicksal und damit der Verfügbarkeit von Rettungswagen oder Hubschraubern zu überlassen.
In einer Studie zur Zukunft der stationären Versorgung in Gynäkologie
”
und Geburtshilfe“ [9] kommen die Autoren zu dem Schluss, dass städtische und
ländliche Entwicklung unterschiedlich betrachtet werden müssen. Sie regen an,
die Versorgung in der Fläche durch so genannte Gesundheitszentren zu sichern.
Wir schließen uns dieser Idee an und fordern die modellhafte, dezentrale Errichtung von interdisziplinären Geburtszentren in denen Geburtshilfe, Gynäkologie und Pädiatrie vorgehalten werden. Diese Zentren bieten
die Möglichkeit außerklinisch zu entbinden. Durch die Vorhaltung von Kinderarzt und Gynäkologen in Bereitschaftssystemen ist aus unserer Sicht gegenüber
dem klassischen Geburtshaus eine andere Maßgabe für die Qualitätsanforderungen möglich. Durch dieses Angebot sollen ländliche Strukturen gestärkt werden.
11
Durch das um Pädiatrie und Gynäkologie erweiterte Angebot, können auch weitere Bevölkerungsgruppen von diesen Geburtszentren profitieren. Denkbar wäre
auch, ein Gesundheits- und Elternbildungsstättenkonzept zusätzlich zu erarbeiten. Eine Einbindung in ein qualifiziertes Rettungssystem (Hebammen auf Rettungswagen, Neugeborenentransport – quer zur Fahrtrichtung etc.) ist in diesem
Zuge unerlässlich. Im Zusammenhang mit der Betrachtung der hohen Kaiserund Dammschnittraten erscheint uns diese Lösung ebenfalls als sinnvoll. Nach
Angaben [10] des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV)
sind außerklinische Geburten in Geburtshäusern sicher und stehen der Sicherheit
klinischer Geburten gleicher Risikostufen nicht nach. Im Gegenteil: Das Risiko
einen Kaiserschnitt zu erhalten, ist ungleich geringer, der gesundheitliche Zustand von Mutter und Kind ist besser.
In Anbetracht der gesundheitlichen Risiken für Mutter und Kind, die durch
einen Kaiserschnitt entstehen, ist außerdem dringend anzustreben die Qualität
der Geburtshilfe in Mecklenburg-Vorpommern dahingehend zu verbessern, dass diese Raten gesenkt werden. Auch hier sollte das Land mit Modellprojekten vorangehen. Die von uns skizzierten Geburtszentren könnten eine entsprechende Strahlkraft entwickeln. Gleichzeitig müssen weitere Maßnahmen
ergriffen werden. Dazu gehören die Gesundheitsbildung in Schulen, Werbekampagnen des Landes in Wartezimmern von Gynäkologen und Kinderärzten sowie
einschlägigen Familienportalen und -zeitschriften, Angebote für Fortbildungen
niedergelassener Gynäkologen, freiwillige Zielvereinbarungen mit Klinikbetreibern etc. Eine Umsetzung dieser Ziele könnte durch die Gründung eines Runden Tischs Geburtshilfe auf Landesebene, koordiniert im Ministerium für
Arbeit, Gleichstellung und Soziales, erfolgen.
Ein weiterer wesentlicher Faktor zum Erhalt der Qualität in der Geburtshilfe bzw. zu ihrer Verbesserung spielt die Versorgung mit Hebammenhilfe. Aufgrund der Komplexität der Themas sollen hier in die Betrachtung nur einige
Schlaglichter Eingang finden. Ein Großteil der Problematik zu weniger Hebammen hat seine Ursachen in der nach wie vor nicht zufriedenstellend gelösten
Haftpflichtsituation für Hebammen. Erneut liegt seitens der Versicherer kein
Angebot für das Folgejahr vor. Der Regressverzicht, den Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, im vermeintlichen Interesse der Versicherer eingeführt
hat, zeigt dort also offensichtlich keine Wirkung, führt jedoch seitens der GKVen zu einem äußerst restriktiven, nicht medizinisch begründbarem Umgang mit
der außerklinischen Geburtshilfe. Die gesetzlichen Krankenkassen erkennen das
Recht auf die freie Wahl des Geburtsortes nicht an und schränken die Entscheidungsmöglichkeiten der Frauen widerrechtlich ein, indem sie sogar die Ausübung
von gesetzlich gesicherten Patientenrechten unmöglich machen. Innerhalb eines
sicheren Versorgungssystems sind Hebammen jedoch unerlässlich. Als kompetente Begleiterinnen der Frauen und Kinder während Schwangerschaft, Geburt
und Stillzeit sind sie nicht verzichtbar und könnten darüber hinaus auch in
Rettungskonzepte mit eingebunden werden. Das Land ist also weiterhin aufgefordert auf Bundesebene alle Anstrengungen zu unternehmen die berufliche
Situation von Hebammen nachhaltig zu verbessern.
5
Material
Die Geburtenzahl der einzelnen Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern wurde der “Geburtenliste Deutschland” für das Jahr 2013 [11] entnommen, mit Ausnahme der Universitätsmedizin
12
Greifswald, für welche Frau Steinke von der Pressestelle die Geburtenzahl nannte. Die Geburtenzahl des ASKLEPIOS Klinikums Anklam wurde von der dort tätigen Hebamme Frau
Lüthke bestätigt. Wir weisen darauf hin, dass die Zahlen der “Geburtenliste Deutschland”
grundsätzlich unverbindlich sind und fehlerbehaftet sein können.
Folgende Daten wurden aus den Referenzberichten zu den Qualitätsberichten 2013 des
Gemeinsamen Bundesausschusses [12] für die einzelnen Kliniken entnommen:
ˆ OPS-Ziffer 5-738 (im Abschnitt Methoden abgekürzt als DS ): Episiotomie und Naht
(Summe aller Unterziffern).
ˆ Spontane Einlingsgeburten (im Abschnitt Methoden abgekürzt als Spt. Einlg.): Diese Zahl wurde aus dem Nenner zum Qualitätsindikator “Dammriss III oder IV bei
spontanen Einlingsgeburten” oder alternativ aus dem Nenner zum Qualitätsindikator
”Verhältnis der beobachteten zur erwarteten Rate (O / E) an Dammrissen Grad III
oder IV bei spontanen Einlingsgeburten“ entnommen.
ˆ Vaginale Entbindungsoperationen (Zangen- und Vakuumextraktionen, im Abschnitt
Methoden abgekürzt als Vag. OP ): Ziffern O81, 5-728.0, 5-728.1, 5-720.0, 5-720.1, 5728.y, 5-728.x. Für Wolgast liegen diese Zahlen nicht vor.
ˆ Primäre Kaiserschnitte (im Abschnitt Methoden abgekürzt als pri. KS ): 5-740.0, 5741.0, 5-741.2, 5-741.4, 5-749.10.
Abweichend wurden die Zahl der Dammschnitte und die Zahl der Kaiserschnitte aus dem
Jahr 2013 der Klinik in Wolgast telefonisch von einer Hebamme genannt.
Werte, bei denen ”Datenschutz“ steht, wurden als Zahl 1 behandelt. Dies ist nicht korrekt,
aber es handelt sich um sehr kleine Zahlen, die auf das Gesamtergebnis kaum Auswirkungen
haben.
Aus oben genannten Zahlen berechnen wir die im Abschnitt ”Methoden“ beschriebenen
Quotienten für die einzelnen Kliniken.
Zur landkreisbezogenen Berechnung der Quotienten werden die Ausgangszahlen alle Kliniken in einem Landkreis zunächst addiert, anschließend werden die Quotienten, wie im Abschnitt ”Methoden“ beschrieben, berechnet.
6
Methoden
Wir berechneten die Quotienten für operative Entbindungen in Bezug auf die Gesamtanzahl
an Geburten und Dammschnitte in Bezug auf die spontanen Einlingsgeburten. Grundsätzlich
erheben wir keinen Anspruch auf Korrektheit der berechneten Quotienten, da die zugrundeliegenden Zahlen fehlerbehaftet sein können und wir wie im Folgenden aufgeführt einige
Annahmen treffen.
6.1
Kaiserschnittraten
Wir unterscheiden zwischen “primären Kaiserschnitten” und “sekundären Kaiserschnitten”.
Bei der Berechnung der Kaiserschnittrate treffen wir die Annahme, dass alle nicht spontanen Einlingsgeburten und alle nicht vaginal-operativ entbundenden Geburten automatisch
Kaiserschnitt-Geburten sind. Damit beträg die Anzahl Kaiserschnitte
#KS = #Geburten − #vag. OP − #Spt. Einlg.
(Ausnahme Wolgast, hier wurde uns die #KS direkt vom Kreißsaal genannt und musste nicht
berechnet werden.)
Die Kaiserschnittrate berechnet sich wie folgt:
KS % = 100 ·
#KS
#Geburten
In Grafiken weisen wir die Raten für primäre und sekundäre Kaiserschnitte getrennt aus. Sie
berechnen sich wie folgt:
KS pri.% = 100 ·
KS sek.% = 100 ·
#pri. KS
#Geburten
#KS − #pri. KS
#Geburten
13
6.1.1
Prüfung: stimmt die Berechnung der Kaiserschnittrate?
Das Statistische Bundesamt gibt für das Land Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2013
eine Kaiserschnittrate von 28.1% an [13]. Mit über das gesamte Bundesland summierten Rohdaten ergibt sich nach unserer oben beschriebenen Berechnung eine Kaiserschnittrate von
27.7%. Unsere Berechnung unterschätzt die tatsächliche Kaiserschnittrate also leicht, genügt
aber unseren Ansprüchen an Genauigkeit.
6.2
Dammschnittrate
Wir definieren die Dammschnittrate als den Quotienten
DS % = 100 ·
#DS
.
#Spt. Einlg.
Spontane Mehrlingsgeburten bleiben bei dieser Art der Berechnung unberücksichtigt.
Literatur
[1] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/36617/umfrage/
anzahl-der-geburten-in-deutschland-nach-bundeslaendern/, 25. November 2015
[2] http://www.statistik-portal.de/statistik-portal/de_jb01_
jahrtab1.asp, 25. November 2015
[3] http://www.who.int/mediacentre/news/releases/2015/
caesarean-sections/en/, 25. November 2015
[4] http://www.regierung-mv.de/serviceassistent/download?id=149969,
25. November 2015
[5] http://www.ln-online.de/Lokales/Ostholstein/
Gutachter-Schliessung-der-Geburtshilfe-ist-nicht-vertretbar,
25. November 2015
[6] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/
dateien/Downloads/H/120504_IGES-Gutachten_Versorgungs-_und_
Verguetungssituation_in_der_ausserklinischen_Hebammenhilfe.pdf,
25. November 2015
[7] Faktencheck Gesundheit, Kaiserschnittgeburten - Entwicklung und regionale Verteilung, 2012, im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, https://
www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/
GrauePublikationen/GP_Faktencheck_Gesundheit_Kaiserschnitt.pdf
[8] http://www.familienplanung.de/, 25. November 2015, Portal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
[9] Augurzky, B., Kreienberg, R., Mennicken, R. (2015) Zukunft der stationären
Versorgung in Gynäkologie und Geburtshilfe. Der Gynäkologie 7:495-500.
DOI 10.1007/s00129-015-3722-z
[10] https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/
krankenversicherung_1/ambulante_leistungen/geburtshaeuser/
Geburtshaeuser_Nov-2011_Pilotprojekt_Vergleich_
_klin-ausserklin_Geburten_GKV-SV.pdf, 25. November 2015
14
[11] http://www.klinikum-starnberg.de/files/STA_PDF-Dokumente/
718509_Geburtenliste_2012-2013.pdf, 30. Oktober 2015
[12] http://www.g-ba-qualitaetsberichte.de, 30. Oktober 2015
[13] https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/
Pressemitteilungen/2014/09/PD14_341_231.html, 30. Oktober 2015
15
Erstellt von:
Katharina Hoff und
Michaela Skott
Diese Veröffentlichung ist
urheberrechtlich geschützt
Stand 2. Dezember 2015
veröffentlicht unter:
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