Laser-Community | Das Laser Magazin von Trumpf © Illustration | Universität Tübingen, Physikalisches Institut LICHT AUS DER KÄLTE Tübinger Physiker haben einen Laser nur aus Gas und Licht erzeugt. Dr. William Guerin erklärt, was den Laser von allen anderen unterscheidet. 26-06-2012 Mehr zum Thema ZUR PERSON Gaslaser sind nichts Neues. Was ist das Besondere an dem Laser, den Ihr Team erzeugt hat? Neu an unserer Arbeit ist, dass wir einen Laser nur aus Kaltatomdampf aufgebaut haben — einem Medium, das vor uns noch niemand für diesen Zweck verwendet hat. Unser Laser basiert auf dem Prinzip der verteilten Rückkopplung — „distributed feedback“ oder DFB. Er braucht also keine Spiegel, weil sich die Rückkopplung im Verstärkungsmedium selbst räumlich verteilt. Der Trick besteht nun darin, eine räumliche Modulation des Brechungsindex in das Verstärkungsmedium einzuführen. Die Modulation bildet ein Gitter aus vielen Atomschichten, die als teilreflektierende Spiegel wirken und eine mehrfache Bragg-Reflexion entstehen lassen. Dieses Gitter erzeugt die Rückkopplung. Laser dieses Typs sind seit den 1970er-Jahren bekannt und sehr gebräuchlich dank ihrer interessanten Eigenschaften: Kompaktheit, Stabilität und Single-Mode-Betrieb. Wie haben Sie einen DFB-Laser nur aus Atomdampf erzeugt? Artikel online: http://www.laser-community.com/de/licht-aus-der-kalte/ Dr. William Guerin experimentiert an der Eberhard Karls Universität Seite 1 / 2 Laser-Community | Das Laser Magazin von Trumpf Tübingen mit optischen Gittern aus kalten Atomen. Er steuert an der Universität Tübingen das Projekt „Photonic band gaps in cold atoms“, für das er ein Stipendium der Alexander von Humboldt Stiftung erhalten hat. Unter der Leitung von Prof. Claus Zimmermann veröffentlichte er mit seinen Kollegen Alexander Schilke und Prof. Phillipe Courteille in Nature Photonics ihre Forschungsergebnisse „Optical parametric oscillation with Atome werden eingefangen und bilden ein optisches Gitter (rot); bei Anregung durch einen anderen Laser (blau) entsteht ein konischer Laserstrahl (gelber Kreis). Ein gasförmiges Verstärkungsmedium scheint für die Erzeugung eines DFB-Lasers zunächst einmal nicht gut geeignet zu sein: Gas ist ein ungeordnetes Medium und DFB-Laser hängen stark von einer geordneten Struktur ab. Außerdem hat Gas einen sehr niedrigen Brechungsindex. Es ist also schwierig, eine Modulation zu erzeugen, die so groß ist, dass es zur Rückkopplung kommt. Überdies sind Atome bei normalen Temperaturen mit 500 Metern pro Sekunde unterwegs — zu schnell, um sie mit optischen Fallen einzufangen. Die Physik kann Atome jedoch heute mit Lasertechniken auf extrem niedrige Temperaturen abkühlen und so bis auf eine Geschwindigkeit von 0,1 Meter pro Sekunde abbremsen. Wenn man nun eine optische Falle aus einer stehenden Welle aufbaut, können die kalten Atome in einer geordneten Struktur eingefangen werden. Sie bilden dann extrem dünne, ausgedehnte Scheiben — ähnlich wie ein Stapel Pfannkuchen. distributed feedback in cold atoms“ (Volltext kostenpflichtig). HINTERGRUND Das Verfahren der Laserkühlung ist in diesem Wikipedia-Artikel beschrieben. Informationen über BraggReflektion erhalten Sie hier in der Encyclopedia of Laser Physics and Technology. Mehr über DFB-Laser erfahren Sie ebenfalls dort und in diesem Video (Youtube). Und wie entsteht daraus nun ein Laser? Wir haben unlängst gezeigt, dass eine derartige atomare Probe aus extrem dünnem Rubidiumgas 80 Prozent eines einfallenden Sondenstrahls reflektieren kann. Dies war möglich, weil wir die geringe Atomdichte durch Verwendung von rund 10.000 Schichten ausgeglichen haben. Dann mussten wir nur noch die zweite Zutat zugeben: Verstärkung. Wie bei vielen anderen Lasern erreichen wir diese mit einem Pumplaser und dank der Eigenschaften der Rubidiumatome. Welche Anwendungsmöglichkeiten sehen Sie für Ihren DFB-Laser? Dies ist alles noch Grundlagenforschung. Aber um ein Beispiel zu nennen: Unser DFB-Laser emittiert aufgrund der sehr scharfen Atomresonanz einen besonderen konischen Strahl. Vielleicht findet jemand eine konkrete Anwendung, die auf dieser Eigenschaft beruht — möglicherweise ja einer Ihrer Leser! Artikel online: http://www.laser-community.com/de/licht-aus-der-kalte/ Seite 2 / 2