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Stellenwert der dualen Ausbildung
in Großunternehmen
Untersuchung zur inhaltlichen Ausgestaltung von betrieblichen
Qualifizierungs- und Personalentwicklungskonzeptionen
Band 16 der Reihe Berufsbildungsforschung
Stellenwert der dualen Ausbildung
in Großunternehmen
Untersuchung zur inhaltlichen Ausgestaltung von betrieblichen
Qualifizierungs- und Personalentwicklungskonzeptionen
Band 16 der Reihe Berufsbildungsforschung
InhAlt
1
Inhalt
Abbildungsverzeichnis .................................................................................................................................................................................................... 3
tabellenverzeichnis .......................................................................................................................................................................................................... 4
Verzeichnis der Fallbeispiele ........................................................................................................................................................................................ 4
Abkürzungsverzeichnis................................................................................................................................................................................................... 5
Zusammenfassung ............................................................................................................................................................................................................ 7
1
Ausgangslage und Projektziele......................................................................................................................................................................15
1.1
1.1.1
1.1.2
1.1.3
1.1.4
1.2
1.3
2
Methodisches Vorgehen ...................................................................................................................................................................................29
2.1
2.2
2.3
2.4
3
Ausgangslage ..................................................................................................................................................................................15
Demografische Herausforderungen....................................................................................................................................15
Qualifikatorische Herausforderungen ...............................................................................................................................18
Arbeitsmarktbezogene Herausforderungen....................................................................................................................21
Zusammenfassung.......................................................................................................................................................................22
Untersuchungsziele und Forschungsfragen....................................................................................................................22
Forschungsthesen ........................................................................................................................................................................25
Dokumentenanalyse...................................................................................................................................................................29
Online-Befragung ........................................................................................................................................................................30
Telefonische, leitfadengestützte Experteninterviews .................................................................................................32
Betriebliche Fallstudien.............................................................................................................................................................33
Darstellung der Untersuchungsergebnisse..............................................................................................................................................35
3.1
3.1.1
3.1.2
3.1.3
3.1.4
3.2
3.2.1
3.2.2
3.2.3
3.3
3.3.1
3.3.2
3.4
3.4.1
3.4.2
3.4.3
3.4.4
3.4.5
3.4.6
3.4.7
3.4.8
3.4.9
3.4.10
3.4.11
Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunternehmen ......................................................................................35
Stellenwert der dualen Ausbildung: Ökonomische Dimension.............................................................................36
Stellenwert der dualen Ausbildung: Gesellschaftspolitische Dimension..........................................................47
Stellenwert der dualen Ausbildung: Werteorientierte Dimension.......................................................................48
Zusammenfassung zentraler Ergebnisse...........................................................................................................................49
Varianten der Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene ...................................51
Duale Ausbildung .........................................................................................................................................................................52
Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt (auch Leiharbeit) ........................................................................54
Nachqualifizierung ......................................................................................................................................................................55
Anforderungen an Ausbildung vor dem Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen......................57
Gestiegene Qualifikationsanforderungen auf mittlerer Qualifikationsebene ................................................58
Veränderter Bewerber-/Arbeitsmarkt................................................................................................................................60
Alternative Ausbildungsvarianten .......................................................................................................................................61
Förderung der Ausbildungsfähigkeit ..................................................................................................................................63
Verlängerung der Ausbildungsdauer ..................................................................................................................................64
AusbildungPlus – Vermittlung von Querschnittsqualifikationen ........................................................................66
Ausbildung mit Zusatzinhalten anderer Berufe ............................................................................................................66
Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“: Zusätzliche fachliche und überfachliche Inhalte an drei Lernorten .........................................................................................................................................................67
Berufsübergreifende Grundausbildung.............................................................................................................................68
Ausbildungsvarianten zur Unterstützung der internationalen Geschäftstätigkeit......................................69
Verzahnung von Aus- und Weiterbildung........................................................................................................................70
Ausbildung als Basis für einen strukturierten Personalentwicklungsprozess................................................71
Duales Studium .............................................................................................................................................................................73
Zusammenfassung zentraler Ergebnisse...........................................................................................................................82
2
InhAlt
4
Gesamtbewertung und Handlungsempfehlungen ...............................................................................................................................87
4.1
4.2
4.3
Hoher Stellenwert dualer Ausbildung in den Großunternehmen........................................................................87
Erkennbare Vielfalt alternativer Ausbildungsvarianten für die mittlere Fachkräfteebene ......................89
Zur Konkurrenz beruflicher und akademischer Bildung..........................................................................................91
literatur ...............................................................................................................................................................................................................................94
Anlagen ................................................................................................................................................................................................................................97
Anlage 1: Online-Fragebogen ......................................................................................................................................................................99
Anlage 2: Leitfaden für die Telefoninterviews .................................................................................................................................. 111
Anlage 3: Leitfaden für die betrieblichen Fallstudien ................................................................................................................... 113
ABBilDUnGsVeRZeicHnis
3
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Alterung der Bevölkerung im Vergleich .............................................................................................................................15
Abbildung 2:
Bevölkerung im Erwerbsalter von 20 bis unter 65 Jahren 2009 bis 2060 (in Mio.) .........................................16
Abbildung 3:
Entwicklung der Schulabsolvent/innenzahlen 2005 bis 2020 .................................................................................17
Abbildung 4:
Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen für das Ausbildungsjahr 2010/2011.......................................17
Abbildung 5:
Entwicklung der Studierendenanfängerquote in Deutschland von 1999 bis 2012........................................20
Abbildung 6:
Zusammensetzung der Neuzugänge in den drei Sektoren des beruflichen Ausbildungssystems seit 2000 nach schulischer Vorbildung (in %) ................................................................................................20
Abbildung 7:
Arbeitskräftebedarf 2005 bis 2035 nach Berufshauptfeldern in Prozent............................................................21
Abbildung 8:
Veränderungen der mittleren Fachkräfteebene am unteren und oberen Rand..............................................23
Abbildung 9:
Entwicklung der Ausbildungsquote 1999–2010 .............................................................................................................25
Abbildung 10: Übersicht über das Methodenspektrum im zeitlichen Verlauf ...............................................................................29
Abbildung 11: Anzahl der Mitarbeiter/innen der befragten Unternehmen im In- und Ausland nach Größenklassen.................................................................................................................................................................................31
Abbildung 12: Strukturierungsansatz zur Spezifizierung des Stellenwerts dualer Ausbildung..............................................35
Abbildung 13: Ausbildungsquoten 2000, 2005 und 2010...........................................................................................................................36
Abbildung 14: Zufriedenheit der Unternehmen mit der Leistungsfähigkeit des dualen Systems ........................................37
Abbildung 15: Bewertung eigener Ausbildung ..............................................................................................................................................38
Abbildung 16: Gründe für die eigene Ausbildung.........................................................................................................................................39
Abbildung 17: Als (sehr) wichtig bewertete Rekrutierungsvarianten von Unternehmen, für die sich die eigene Ausbildung mehr lohnt als früher ..........................................................................................................................40
Abbildung 18: Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Kosten-/Nutzenverhältnis des dualen Systems.....................41
Abbildung 19: Auswirkungen der zunehmenden Internationalisierung auf das Ausbildungsverhalten der Unternehmen ..................................................................................................................................................................................43
Abbildung 20: Rekrutierungsvarianten für die mittlere Fachkräfteebene........................................................................................52
Abbildung 21: Relativer Stellenwert der Rekrutierungsvarianten untereinander........................................................................52
Abbildung 22: Bedeutung unterschiedlicher Varianten für Großunternehmen zur zukünftigen Deckung ihres Fachkräftebedarfs (sehr wichtig/wichtig)...............................................................................................................54
Abbildung 23: Zukünftige Bedeutung des Modells „Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt“ ...............................55
Abbildung 24: Beeinflussende Faktoren des Ausbildungsverhaltens in den letzten 5-10 Jahren ..........................................57
Abbildung 25: Beitrag alternativer Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle im „Kampf um Talente“
(Wettbewerbsfaktor).....................................................................................................................................................................60
Abbildung 26: (Sehr) wichtige Gründe für das Angebot einer Ausbildung mit Zusatzqualifikation ....................................62
Abbildung 27: Inhaltliches Spektrum der Ausbildung mit Zusatzqualifikationen .......................................................................63
Abbildung 28: Varianten des Modells duales Studium ...............................................................................................................................74
Abbildung 29: Ranking der Gründe für das Angebot dualer Studiengänge .....................................................................................74
Abbildung 30: Einsatzbereiche von Absolventen dualer Studiengänge .............................................................................................75
Abbildung 31: Stellen für duale Studiengänge: ausbildungsergänzend oder -ersetzend...........................................................76
Abbildung 32: Zukünftige Relevanz des dualen Studiums.......................................................................................................................78
Abbildung 33: Nähe bzw. Distanz der vorgefundenen Ausbildungsvarianten zur dualen Ausbildung ..............................83
TABellen UnD FAllBeisPiele
4
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Verteilung der Unternehmen nach Wirtschaftszweigen ............................................................................................30
Tabelle 2:
Fördernde und hemmende Faktoren der Ausbildung nach BBiG/HwO ............................................................50
Tabelle 3:
Stärken und Schwächen der Modelle „duale Ausbildung“ und „duales Studium“ .........................................85
Verzeichnis der Fallbeispiele
Fallbeispiel 1: EQ+ für Jugendliche ohne qualifizierenden Hauptschulabschluss ........................................................................64
Fallbeispiel 2: Berufseinstiegsjahr mit Ausbildungsverlängerung .......................................................................................................65
Fallbeispiel 3: Einjährige Berufsorientierung .................................................................................................................................................65
Fallbeispiel 4: Berufsvorbereitendes Praktikum ...........................................................................................................................................65
Fallbeispiel 5: Betriebsinterne Qualifizierung................................................................................................................................................65
Fallbeispiel 6: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“ I ....................................................................................................67
Fallbeispiel 7: Ausbildungsvariante Basisqualifizierung und Berufsorientierung .......................................................................68
Fallbeispiel 8: Export von Elementen des deutschen Ausbildungsmodells ins Ausland ...........................................................69
Fallbeispiel 9: Aufbau eines Ausbildungssystems im Ausland nach deutschem Vorbild ..........................................................70
Fallbeispiel 10: Kompetenzmanagement............................................................................................................................................................72
Fallbeispiel 11: Facharbeiterentwicklung ...........................................................................................................................................................73
Fallbeispiel 12: Ausbildungsintegrierendes Studium....................................................................................................................................80
Fallbeispiel 13: Berufsbegleitende Studiengänge ............................................................................................................................................80
Fallbeispiel 14: Export des Modells duales Studium ins Ausland............................................................................................................82
ABküRZUnGsVeRZeicHnis
Abkürzungsverzeichnis
abH
Ausbildungsbegleitende Hilfen
AG
Aktiengesellschaft
BA
Bachelor
BBiG
Berufsbildungsgesetz
BIBB
Bundesinstitut für Berufsbildung
BMBF
Bundesministerium für Bildung und Forschung
DAX
Deutscher Aktienindex
DECVET
Pilotinitiative des BMBF zur Entwicklung eines deutschen
Leistungspunktesystems für die Berufsbildung
DIHK
Deutscher Industrie- und Handelskammertag
DHBW
Duale Hochschule Baden-Württemberg
DQR
Deutscher Qualifikationsrahmen
EQ
Einstiegsqualifizierung
EU
Europäische Union
HwK
Handwerkskammer
HwO
Handwerksordnung
IAB
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
IHK
Industrie- und Handelskammer
ISCED
International Standard Classification of Education
IT
Informationstechnik
IW
Institut der deutschen Wirtschaft Köln
KMK
Kultusministerkonferenz
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
KVP
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
MA
Master
PAL
Prüfungsaufgaben- und Lehrmittelentwicklungsstelle
PE
Personalentwicklung
SE
Europäische Gesellschaft
5
6
ZUsAMMenFAssUnG
Zusammenfassung
Ziel der Studie „Stellenwert der dualen Ausbildung in
Großunternehmen – Untersuchung zur inhaltlichen
Ausgestaltung von betrieblichen Qualifizierungs- und
Personalentwicklungskonzeptionen“ war es zu analy­
sieren, welche Rekrutierungswege Großunternehmen
für Beschäftigte auf der mittleren Qualifikationsebene
einschlagen. Im Fokus stand dabei die Bedeutung der
dualen Ausbildung als Rekrutierungsinstrument, d. h.
welche Faktoren die Ausbildungsbereitschaft begüns­
tigen und hemmen und inwiefern Großunternehmen
alternative Ausbildungsvarianten entwickeln, um ihre
Fachkräftebasis in Zukunft zu sichern.
Die Ergebnisse der Untersuchung basieren auf
einem methodischen Setting, bestehend aus Dokumentenanalysen, einer Online-Befragung von 30 Ausbildungs- und Personalexpertinnen und -experten in
Großunternehmen sowie sich daran anschließenden
vertiefenden Telefoninterviews mit denselben Personen.
In die Studie einbezogen sind Unternehmen unter­
schiedlicher Wirtschaftsbereiche aus Gewerbe, Dienst­
leistung und Handel. Über drei betriebliche Fallstudien,
die qualitative Interviews mit Ausbildungsleiter/innen,
Produktionsleiter/innen und Betriebsräten umfas­
sen, erfolgte eine vertiefende Erhebung alternativer
Ausbildungsvarianten. Die Untersuchung ist insge­
samt als Qualitativstudie angelegt. Die Ergebnisse der
Online-Befragung wurden ergänzend hinzugezogen,
um beispielsweise Einstellungen zur Relevanz dualer
Ausbildung branchenübergreifend zu ermitteln oder
auch den Stellenwert der identifizierten Ausbildungsund Rekrutierungsvarianten untereinander besser
einschätzen zu können.
Die duale Ausbildung kommt in den befragten Groß­
unternehmen in verschiedenen Varianten und Facetten
vor. Die klassische Ausbildung ohne jegliche Gestal­
tungsvarianten existiert in der Praxis der Großunter­
nehmen kaum mehr. In der Untersuchung wird daher
nach alternativen Ausbildungsvarianten „gefahndet“,
die Unternehmen, neben der dualen Ausbildung, zur
Qualifizierung von Fachkräften für die mittlere Qualifi­
kationsebene1 entwickeln und durchführen. Es werden
alle identifizierten alternativen Varianten beschrieben,
unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren
Unternehmen angeboten werden. Ziel ist es, die Gestal­
tungsvielfalt abzubilden und zukünftige Trends erken­
nen zu können („Trendscouting“).
1
Auf der mittleren Qualifikationsebene ist die Facharbeit ange­
siedelt. Sie grenzt sich sowohl von der höheren Ebene (akade­
misch qualifiziertes Personal) als auch von sogenannten Ein­
facharbeitsplätzen (An- und Ungelernte) ab.
7
Nachfolgend sind die wichtigsten Ergebnisse der
Studie und die daraus abgeleiteten Handlungsempfeh­
lungen zusammenfassend dargestellt.
A) Die wichtigsten
Ergebnisse im Überblick
1. Der stellenwert der dualen Ausbildung
ist in Großunternehmen weiterhin hoch.
Einschlägige Studien verweisen bereits auf die hohe
Relevanz der dualen Ausbildung für Unternehmen.
Sie wird derzeit und zukünftig als wichtigstes Modell
bezeichnet, um Fachkräfte für Tätigkeiten auf der mitt­
leren Qualifikationsebene zu qualifizieren (vgl. Weber
2007; Dionisius u. a. 2009; Hippach-Schneider/Weigel
2011). Auch die in der Studie befragten Großunterneh­
men bestätigen der dualen Ausbildung einen hohen
Stellenwert bei der Qualifizierung ihres Fachkräftenach­
wuchses. Die Gründe für diese positive Bewertung der
dualen Ausbildung sind vielfältig:
" Verbindung von Theorie und Praxis: Die Dualität
der Lernorte gewährleistet, dass die Auszubildenden
das theoretisch Erlernte in die Praxis umsetzen, be­
reits in der Ausbildung betriebliche Abläufe kennen­
lernen und erste Berufserfahrung sammeln können.
" Kosten-/Nutzenverhältnis: Die Ausbildung wird als
rentabel betrachtet, auch wenn sich das Kosten-/
Nutzenverhältnis nur schwer monetär beziffern
lässt. Die qualitative Hochwertigkeit der Ausbildung
rechtfertigt für viele Unternehmen die entstehenden
(hohen) Kosten.
" Einbindung in die Unternehmenskultur: Die Ver­
mittlung unternehmensbezogener Werte, das Kennen­
lernen der Unternehmenskultur sowie die Erzeugung
eines hohen Identifizierungsgrades mit dem Unterneh­
men fördern den Stellenwert der dualen Ausbildung.
" Gestaltungsspielraum: Die in der Vergangenheit
vorangetriebene Flexibilisierung der Ausbildung
durch mehr Gestaltungsoffenheit wird als positive
Entwicklung bewertet.
Die duale Ausbildung hat ihren festen Platz im Rek­
rutierungsinstrumentarium deutscher Großunterneh­
men. Trotz einer grundsätzlichen Zufriedenheit mit dem
dualen Ausbildungssystem konnte die Studie Faktoren
herausarbeiten, die Unternehmen entweder hemmen,
weiter in die duale Ausbildung zu investieren, oder das
Ausbildungsengagement zusätzlich fördern. Die folgen­
de Tabelle liefert einen Überblick über die identifizierten
fördernden und hemmenden Faktoren und den daraus
abgeleiteten Verbesserungsbedarf.
ZUsAMMenFAssUnG
8
Fördernde und hemmende Faktoren der Ausbildung nach BBiG/HwO
Aspekt
leistungsfähigkeit
Fördernde Faktoren
•
•
•
•
•
•
Hemmende Faktoren
• Zu wenig Praxisbezug im Schulsystem, zu wenig individuelle Förderung der Schüler/
innen
• Zunehmende Heterogenität der Bewerbergruppe
• Trend zur Akademisierung des Bildungssystems und dadurch Abwertung der Berufsbildung
• Leistung/Kooperation mit den Berufsschulen/fehlende Inhalte in Curricula der Berufsschulen
• Zu große Anzahl an Berufen
• Fehlende Durchlässigkeit an der Schnittstelle zur Hochschule
Verbesserungsbedarf
• Individuellere Förderung der Schüler/innen während der Schulzeit
• Attraktivität der dualen Ausbildung gegenüber Studiengängen stärken
• Verbesserte Ausbildung der Schüler/innen in der Berufsschule bzw. Professionalisierung
des Lehrpersonals und bessere Kooperation mit Unternehmen; Stärkung der Stellung
der Berufsschulen im Schulsystem
• Weniger Berufe bzw. Stärkung des Berufsgruppenprinzips
• Mehr Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Studium
Aspekt
kosten-/nutzenverhältnis
Fördernde Faktoren
• Höhere Rentabilität der eigenen Ausbildung gegenüber der Rekrutierung externer
Fachkräfte
Hemmende Faktoren
• Abnehmende Zahl an (geeigneten) Bewerber/innen
Verbesserungsbedarf
• Abkehr von politisch forcierter Akademisierung des Berufsbildungssystems
Aspekt
Flexibilität
Fördernde Faktoren
• Höhere Flexibilität (z. B. durch Gestaltungsoffenheit, Berufsgruppen), um auf heterogene
Zielgruppen zugehen zu können
• Schnellere Umsetzung neuer Berufe
• Erneuerung der Berufsbilder und positive Entwicklung des Prüfungswesens durch die
Einführung der gestreckten Abschlussprüfung
Hemmende Faktoren
• Zunehmend steigendes Anforderungsniveau der Ausbildung, zu viele Inhalte
• Aber noch nicht schnell genug!
• Bindung von Ausbilderkapazität durch hohes Engagement bei der IHK
Verbesserungsbedarf
• Häufigere und schnellere Überprüfung und Neuordnung der Berufsbilder
• Flexibilisierung des Systems/Modularisierung
Aspekt
Werteorientierung
Fördernde Faktoren
• Vermittlung unternehmensbezogener Werte/Erzeugung eines hohen Identifizierungsgrades mit dem Unternehmen
• Fortführung der Unternehmenstradition
Hemmende Faktoren
• Keine benannt
Kombination aus Theorie und Praxis
Höheres Ausbildungsniveau/gestiegene Anforderungen
Qualitativ höhere Ausbildung als früher
Zentrales Prüfungssystem bei den zuständigen Stellen (Kammern)
Betriebsspezifische Qualifizierung der Fachkräfte
Möglichkeiten der Verzahnung von Aus- und Weiterbildung
ZUsAMMenFAssUnG
Die genannten Verbesserungsbedarfe, wie z. B. not­
wendige Anpassung der in der Berufsschule vermittelten
Inhalte an die betrieblichen Bedarfe und an die verän­
derten beruflichen Anforderungen, Beschleunigung/Fle­
xibilisierung des Neuordnungsverfahren, unübersichtli­
che Zahl von Ausbildungsberufen, sind nicht unbekannt.
Großunternehmen unterscheiden sich hier nicht von
der Unternehmenslandschaft insgesamt. Wahrgenom­
mene Schwachstellen der dualen Ausbildung werden
bislang durch einen erhöhten Ressourceneinsatz (Perso­
nal, Finanzen) kompensiert. Als Konsequenz ist aus den
betrieblichen Strategien ablesbar, dass Unternehmen,
die ihre Bedarfe durch das Angebot der Ausbildung auf
Dauer nicht abgedeckt sehen – u. a. aufgrund fehlen­
der fachlicher Inhalte in der Berufsschule –, vermehrt
alternative Ausbildungsvarianten entwickeln, die in
unterschiedlichem Ausmaß Variationen des klassischen
dualen Ausbildungssystems darstellen.
2. Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene
werden primär über die duale Ausbildung
rekrutiert.
Die befragten Unternehmen rekrutieren ihre Fachkräfte
im Durchschnitt zu etwa zwei Drittel über die eigene
Ausbildung – darunter zählen in diesem Fall: duale
Ausbildung, duale Ausbildung mit Zusatzqualifikation,
duales Studium. Vor allem im gewerblich-technischen
Bereich bildet die duale Ausbildung einen unverzicht­
baren Bestandteil der Personalpolitik in den Großun­
ternehmen. Einerseits sind berufliche Handfertigkei­
ten immer noch gefragt, andererseits ist es schwerer,
einschlägig qualifizierte Fachkräfte auf dem externen
Arbeitsmarkt zu finden, die den spezifischen Qualifi­
kationsanforderungen des jeweiligen Unternehmens
gerecht werden. Im kaufmännischen Bereich sind
Tendenzen zur Höherqualifizierung erkennbar. Die
Anforderungsprofile in diesem Bereich haben sich
offensichtlich derart verändert, dass vermehrt auf Ab­
solventinnen und Absolventen dualer Studiengänge zu­
rückgegriffen wird. Insgesamt werden aber Tätigkeiten
auf der mittleren Qualifikationsebene auch zukünftig
– und das ist ein zentraler Befund der Untersuchung –
mehrheitlich von Personen mit einer Berufsausbildung
ausgeführt.
Neben der dualen Ausbildung wird etwa ein knappes
Drittel der Fachkräfte über den externen Arbeitsmarkt
rekrutiert. Dies ist als Komplementärstrategie für spezi­
fische Zwecke zu bewerten:
" Der externe Arbeitsmarkt wird entweder im Falle
eines entstehenden spezifischen Bedarfs, z. B. an
speziellen fachlichen Kompetenzen, Erfahrungen
oder zu besetzenden Positionen, als Rekrutierungs­
variante gewählt oder
9
" der Bedarf entsteht ad hoc und muss in kurzer Zeit
gedeckt werden, sodass Fachkräfte nicht schnell
genug intern bereitgestellt werden können.
Der Anteil an An- und Ungelernten ist in den Groß­
unternehmen eher gering und sinkt nach deren Anga­
ben tendenziell weiter, weshalb die befragten Unterneh­
men nur zu einem zu vernachlässigenden Anteil über
Nachqualifizierungsmaßnahmen rekrutieren.
3. Alternative Ausbildungsvarianten als
Antwort auf veränderte Rahmenbedingungen
und identifizierte Verbesserungsbedarfe
dualer Ausbildung
Die Etablierung alternativer Ausbildungsvarianten kann
als eine Reaktion auf sich verändernde Rahmenbedin­
gungen von Ausbildung gesehen werden. Als zentrale
Faktoren sind zum einen veränderte und/oder steigende
Qualifikationsanforderungen – bedingt durch techni­
sche Innovationen, neue Formen der Arbeitsorganisati­
on und die zunehmende Internationalisierung – zu nen­
nen sowie zum anderen der veränderte Bewerbermarkt
(weniger gute Bewerber/innen, leistungsstarke Jugend­
liche ziehen ein Hochschulstudium vor). Zudem sollen
über die identifizierten Ausbildungsvarianten erkannte
Schwächen im Ausbildungssystem kompensiert werden
– beispielsweise durch eine erhebliche inhaltliche Anrei­
cherung oder eine vom gängigen System abweichende
Organisation der Ausbildung, z. B. durch die Integration
eines dritten Lernorts oder die Qualifizierung aller Aus­
zubildenden einer Berufsgruppe in einem Basismodul.
Die Unternehmen entwickeln Ausbildungsvarianten,
die es erlauben, das zukünftige Fachpersonal noch be­
triebs- und bedarfsorientierter auszubilden. Dazu wird
die „klassische“ duale Ausbildung auf vielfältige Weise
angereichert.
Bei den in der Untersuchung identifizierten alterna­
tiven Ausbildungsvarianten handelt es sich mehrheitlich
um unterschiedliche Ausprägungen der Ausbildung
mit Zusatzqualifikationen, die in ihrer Ausgestaltung
eine unterschiedliche inhaltliche und organisatorische
Nähe zur klassischen dualen Ausbildung aufweisen
(vgl. nachfolgende Abbildung). Lediglich eine beschrie­
bene Variante ist unterhalb des ordnungspolitischen
Rahmens angesiedelt, d. h., sie endet nicht mit einem
Ausbildungsabschluss. Dabei handelt es sich um ein
Qualifizierungsprogramm für „schulmüde“ Jugendliche,
die in zwei Jahren auf eine Beschäftigung als Arbeiter/in
vorbereitet werden und dieses mit einer internen Prü­
fung des Unternehmens abschließen.
Duale Studiengänge werden von nahezu allen
befragten Unternehmen angeboten. Die Absolventinnen
und Absolventen von dualen Studienmodellen werden
ZUsAMMenFAssUnG
10
in der Regel nicht auf der mittleren Qualifikationsebene,
sondern wie bisherige Hochschulabsolventinnen und
-absolventen für höher qualifizierte Tätigkeiten, mit Op­
tion auf eine Führungslaufbahn, eingesetzt. Im Vergleich
zu klassischen Hochschulabsolventinnen und -absol­
venten bringen duale Studentinnen und Studenten aber
bereits Praxiserfahrung mit und kennen die Strukturen
und Prozesse des Unternehmens. Das Studium erfährt,
laut Aussage der befragten Unternehmen, durch das
Prinzip der Dualität eine Aufwertung.
Die folgende Übersicht zeigt das in den Großunternehmen vorgefundene Spektrum an Ausbildungsvarianten.
Visier. Einzelne Unternehmen haben diese Ausbildungs­
plätze im vergangenen Jahr aufgestockt bzw. zusätzli­
che Programme für diese Zielgruppe entwickelt. Hier
könnte sich eine Entwicklung von der Übernahme rein
gesellschaftlicher Verantwortung hin zur Potenzial­
nutzung auch „am unteren Rand“ abzeichnen. Die Zahl
der Jugendlichen in diesen Programmen ist quantitativ
bisher nicht von großer Bedeutung bei der Sicherung
der Fachkräftebasis.
Leistungsstarke Auszubildende werden durch die
Integration zusätzlicher Inhalte gefördert und zu guten
Leistungen motiviert. Während die Vermittlung über-
Alternative Ausbildungsvarianten in Großunternehmen
Duales Studium –
Exportmodell ins Ausland
Duales Studium –
berufsbegleitend
Duales Studium „light“
Förderung
der Ausbildungsfähigkeit
AusbildungPlus –
Vermittlung von Querschnittsqualifikationen
Ausbildung
mit Unterstützung
„Dritter Experten“
Duales Studium –
praxisintegrierend
Duales Studium –
ausbildungsintegrierend
Ausbildung mit
Zusatzinhalten anderer
Berufe
Verlängerung der
Ausbildungsdauer
Duales Studium –
Ersatz der dualen
Berufsausbildung
Berufsübergreifende Grundausbildung
Ausbildungmodelle zur Unterstützung der internationalen
Geschäftstätigkeit
Verzahnung von
Aus- und Weiterbildung
Ausbildung als Basis
für einen strukturierten PE-Prozess
Duale
Ausbildung
Diese lassen sich anhand von drei charakteristischen
Prinzipien zusammenfassend darstellen:
Prinzip der Potenzialausschöpfung
unterschiedlicher Qualifikationsniveaus
Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen nutzt
verschiedene Modelle zur Integration Leistungsschwä­
cherer in die duale Ausbildung. Angefangen von ausbil­
dungsbegleitenden Hilfen und Nachhilfeprogrammen
über Einstiegsqualifizierungen bis hin zu Berufsorien­
tierungs- und Berufsvorbereitungsprogrammen, die ein
Jahr vor der regulären Ausbildung starten. Die teilweise
inhaltlich komplexen und kostenintensiven einjährigen
Modelle bieten vornehmlich Unternehmen des verar­
beitenden Gewerbes an. Diese Unternehmen nehmen
die Zielgruppe der „Schulverlierer/innen“ nicht zuletzt
aufgrund der absehbaren demografischen Entwicklung
als potenzielles Fachkräftereservoir ansatzweise ins
fachlicher Kompetenzen meist als nicht zertifizierte
Zusatzqualifikation (z. B. Varianten „AusbildungPlus“)
erfolgt, werden zusätzliche fachliche Ausbildungsinhalte
aus zertifizierten Fort-/Weiterbildungen vorzeitig in die
Ausbildung integriert (z. B. Verknüpfung der Ausbildung
zum/zur Mechatroniker/in mit der Weiterbildung zum/
zur Servicetechniker/in). Im Falle des Ablegens einer
Fortbildungsprüfung können diese Inhalte angerechnet
werden.
Folgende Varianten zur Potenzialausschöpfung
unterschiedlicher Qualifikationsniveaus lassen sich
zusammenfassend finden:
" Varianten zur Förderung der Ausbildungsfähigkeit
" Varianten zur Verlängerung der Ausbildungsdauer
" Varianten „AusbildungPlus“ zur Vermittlung von
Querschnittsqualifikationen
ZUsAMMenFAssUnG
Prinzip der Gestaltung von lerneinheiten
Es können Ausbildungsvarianten identifiziert werden,
die eine modulartige Sortierung ihrer Inhalte vorse­
hen – und zwar über abgeschlossene Lerneinheiten. Im
Ergebnis entsteht – aufbauend auf einer oder mehre­
ren Ausbildungsordnungen – ein System miteinander
verbundener Lerninhalte, die flexibel, zum Teil auch
berufsübergreifend, vermittelt werden. Erkennbar sind
also Prinzipien modular gestalteter Ausbildungskon­
zepte, mit deren Hilfe Unternehmen versuchen, die
Passgenauigkeit von Ausbildungsberufen mit Blick auf
ihre branchen-/betriebsspezifischen Anforderungen zu
erhöhen.
Wenn beispielsweise verfügbare Berufsprofile
die betrieblichen Anforderungen nicht vollständig
abbilden, integrieren einzelne Großunternehmen
gezielt Inhalte aus weiteren Ausbildungsberufen in
die Ausbildung. Dies soll bewirken, dass die Fachkräfte
entweder breiter oder spezialisierter einsetzbar sind.
Beispiele hierfür sind der/die Verfahrensmechaniker/in
mit Zusatzqualifikation Berufskraftfahrer/in, Anlagen­
mechaniker/in mit Schweißerprüfung oder Elektro­
niker/in mit Kenntnissen über Mikrotechnologie oder
Wasserkraft.
Die in den Unternehmen der Finanzdienstleis­
tungsbranche angewendete Variante Ausbildung mit
Unterstützung „Dritter Experten“ (drei Lernorte) sieht
ebenfalls die Entwicklung von Lerneinheiten in Abhän­
gigkeit der unternehmensspezifischen Qualifikationsan­
forderungen vor. Durch die Zusammenarbeit mit einem
dritten, externen Lernort (Akademie) weichen die beiden
befragten Unternehmen aus dem Wirtschaftszweig „Er­
bringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistun­
gen“ bei den kaufmännischen Berufen auf Partner aus,
die – aus ihrer Sicht – flexibler auf veränderte Bedarfe
der Unternehmen eingehen. Die damit einhergehenden
Zusatzkosten nehmen die Unternehmen in Kauf, um die
Qualität der eigenen Ausbildung zu steigern. Die in der
Berufsschule vermittelten Inhalte gehen nicht im erfor­
derlichen Umfang auf die gestiegenen Anforderungen
im Berufsfeld ein. Dies wird darauf zurückgeführt, dass
das Berufsbild zuletzt 1997 neu geordnet wurde.
Zwei Unternehmen bilden in ihrer gewerblichtechnischen Ausbildung auf Basis des Berufsgruppenprinzips aus, d.h., die Auszubildenden verwandter Berufe
werden in den ersten sechs bzw. zwölf Monaten über
ein Grundmodul gemeinsam ausgebildet. Besonders
hervorzuheben ist das Modell eines Unternehmens
des verarbeitenden Gewerbes, welches ein berufsüber­
greifendes Berufsgrundbildungsjahr vorsieht mit der
Option, nach einem Jahr in einen anderen dualen Aus­
bildungsberuf innerhalb der Berufsgruppe zu wechseln.
11
Folgende Varianten mit Ansätzen zur Gestaltung von
Lerneinheiten werden zusammenfassend in den Unter­
suchungsergebnissen beschrieben:
" Varianten von Ausbildung mit Zusatzinhalten ande­
rer Berufe
" Varianten mit drei Lernorten: Ausbildung mit Unter­
stützung „Dritter Experten“
" Varianten mit einer berufsübergreifenden Grund­
ausbildung
Prinzip der Verzahnung von Aus- und Weiterbildung
Zur Vorbereitung der Auszubildenden auf die Anfor­
derungen in den betrieblichen Einsatzfeldern schaffen
einige der befragten Unternehmen fließende Übergänge
zwischen Aus- und Weiterbildung. Teilweise werden dazu
standardmäßig für alle Auszubildenden eines Jahrgangs
Fortbildungsinhalte in die Ausbildung integriert. Eine
weitere Möglichkeit ist, dass die Auszubildenden bereits
während der Ausbildung Weiterbildungszertifikate (z. B.
zum/zur Servicetechniker/in) oder erforderliche Berech­
tigungsscheine (z. B. für Tätigkeiten im Gas- oder Wasser­
netz [Energieversorger] oder für Tätigkeiten am Airbag,
an der Klimaanlage [Automobilhersteller]) erwerben, um
später Spezialistentätigkeiten übernehmen zu können.
Die duale Ausbildung stellt in manchen Unter­
nehmen, hauptsächlich des verarbeitenden Gewerbes,
den Ausgangspunkt für einen durchgängigen Perso­
nalentwicklungsprozess auf Facharbeiterebene dar.
Junge Talente sollen frühzeitig erkannt und individuell
gefördert werden. Den jungen Fachkräften stehen dabei
unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten offen:
Expertenlaufbahn, Führungslaufbahn oder Projektlei­
tung. Am Ende dieser Entwicklung kann eine interne
Weiterbildung, eine berufliche Fortbildung oder ein
BA-/MA-Abschluss stehen. Intendiert sind durchgän­
gige Entwicklungspfade, die während der Ausbildung
beginnen und nach Beendigung der Ausbildung nicht
abgeschlossen sind.
Folgende Varianten werden in den Untersuchungser­
gebnissen beschrieben:
" Varianten zur Verzahnung von Aus- und Weiterbil­
dung
" Varianten mit Ausbildung als Basis eines strukturier­
ten Personalentwicklungsprozesses
Die identifizierten Modelle unterscheiden sich aus
verschiedenen Gründen von der klassischen dualen
Ausbildung, stellen aber prinzipiell deren Grundprinzip
nicht infrage: Die Dualität von Theorie und Praxis, d. h.
die Verbindung von Lernen in einem schulischen Kon­
text und im Arbeitsprozess. Im Gegenteil, genau diese
ZUsAMMenFAssUnG
12
Dualität ist es, die die Unternehmen an ihren ausländi­
schen Standorten vermissen und dort mit verschiedenen
Modellen aktiv darauf hinwirken, eine Berufsausbildung
nach deutschen Qualitätsmaßstäben und mit betriebli­
chen Anteilen zu etablieren.
Varianten des dualen studiums
Auch die erhobenen und nachfolgend vorgestellten
Varianten von dualen Studiengängen lassen sich nach
ihrer Nähe bzw. Distanz zur dualen Ausbildung differen­
zieren: Die in die Ergebnisdarstellung eingehenden Mo­
delle unterscheiden sich grundsätzlich in ausbildungsin­
tegrierende, d. h. inklusive eines IHK/HwK-Abschlusses,
und praxisintegrierende duale Studiengänge.
Die Unternehmen sehen die Stärken und Schwächen
beider Modelle (duale Ausbildung, duales Studium) und
versuchen, in ihrer Kombination eine bestmögliche
Ausbildung ihrer Mitarbeiter/innen zu etablieren.
" Duales Studium „light“: zwei bis drei Semester
Studium, ohne Studienabschluss im Anschluss an die
duale Ausbildung
" Duales Studium – ausbildungsintegrierend: Kombi­
nation eines Berufsabschlusses (IHK/HwK) und eines
Bachelorabschlusses
" Berufsbegleitendes Studium: Start eines Bachelorstu­
diums im Anschluss an eine duale Berufsausbildung
Als eher praxisintegrierende Varianten werden in den
Untersuchungsergebnissen beschrieben:
" Duales Studium – praxisintegrierend: Bachelorstu­
dium mit betrieblichen Praxisphasen während der
Semesterferien
" Duales Studium – Ersatz der dualen Berufsausbil­
dung: Das duale Studium ersetzt die duale Ausbil­
dung.
stärken und schwächen duale Ausbildung und duales studium
stärken
schwächen
Duale Ausbildung
Duales studium
Große Praxisnähe
Praxisintegrierend
Kombination aus Theorie und Praxis
Verzahnung von Theorie auf akademischem Niveau
und praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten
Enge Bindung an Unternehmen
Übergreifendes, konzeptionelles Denken
Relevante Berufserfahrung
Eigenverantwortlichkeit, hohes Maß an Selbstorganisation
Hoher Transfererfolg: gut in Tagesgeschäft/
Produktionsprozess integrierbar
Hohes Qualifikationsniveau
Gut im Unternehmen vernetzt
Weniger geregelt, u. U. günstiger, auf keinen Fall
kostenintensiver
Berufsethos
Zertifizierte Praxisphasen, die in Endnote einfließen
Zu geringe bundesweit einheitliche Anrechnungsmöglichkeiten zwischen beruflicher Ausbildung und
Studium
Siehe Leitfrage 1: Hemmende Faktoren der
dualen Ausbildung
Überwiegend wird das duale Studium als Möglich­
keit gesehen, mit den betrieblichen Abläufen vertraute
Fach- und Führungskräfte auf einem höheren Quali­
fikationsniveau heranzubilden. Damit wird das duale
Studium zu einem Qualifizierungsangebot für besonders
Leistungsstarke.
Als Modelle mit einem Ausbildungsbezug werden in
den Untersuchungsergebnissen beschrieben:
Geringere Präsenz (zeitlich) im Unternehmen
" Duales Studium – Exportmodell ins Ausland: Das
Modell duales Studium, d. h. Studium kombiniert
mit betrieblichen Praxisphasen, wird ins Ausland
exportiert.
Das Modell duales Studium wird für die Unterneh­
men in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Einerseits fo­
kussieren sich leistungsstarke Jugendliche verstärkt auf
eine hochschulische Ausbildung, andererseits bildet sich
ZUsAMMenFAssUnG
am oberen Rand hoch qualifizierter Facharbeit ein Quali­
fikationssegment heraus, das in einzelnen Unternehmen
auch mit dualen Bachelorabsolvent/innen besetzt wird.
4. Wachsende konkurrenz zwischen beruflicher
und akademischer Bildung
Die Mehrheit der 28 Unternehmen bieten duale Studi­
engänge nicht speziell für die mittlere Fachkräfteebene
an, d. h. für Tätigkeiten oder Positionen, die üblicher­
weise mit beruflich qualifizierten Fachkräften besetzt
sind, sondern ausschließlich zur Qualifizierung ihres
akademischen Nachwuchses. Die restlichen Unterneh­
men bilden die Absolvent/innen dualer Studiengänge
teilweise für ein Tätigkeitssegment am oberen Rand der
mittleren Fachkräfteebene aus. Dabei handelt es sich
beispielsweise um Tätigkeiten im technischen Service
oder im Vertrieb (gewerblich-technisch) oder der geho­
benen Sachbearbeitung (kaufmännisch).
Duale Studiengänge werden primär dazu angeboten,
um den gestiegenen Anforderungen an den Arbeitsplät­
zen gerecht zu werden und um gut qualifizierte Bewer­
ber/innen für das Unternehmen gewinnen und halten
zu können. Der Großteil der Unternehmen betont, dass
die dual Studierenden keine „besseren Fachkräfte“ sind,
sondern mit den klassischen Hochschulabsolvent/in­
nen konkurrieren. Darüber hinaus gibt es aber Unter­
nehmen, die im dualen Studium eine Zwischenstufe
zwischen dualer Ausbildung und Hochschulstudium
sehen. Unternehmen eröffnen sich über dieses „Mittel­
ding“ neue Spielräume. Sie qualifizieren damit nicht aus­
schließlich für ihren Akademikernachwuchs, sondern
auch für anspruchsvollere Fachkräftetätigkeiten.
Tendenziell werden eher im kaufmännischen Be­
reich klassische Ausbildungsstellen mit dualen Student/
innen ersetzt als im gewerblich-technischen Bereich.
Das bedeutet primär, dass sich das Ausbildungsstellen­
profil verändert. Beispielsweise sind zwei Unternehmen
dazu übergegangen, größtenteils nur noch dual Studie­
rende statt beruflich Qualifizierte für kaufmännische
Tätigkeiten vorzusehen. Die Gründe liegen vordringlich
in der Notwendigkeit an gestiegenen fachlichen sowie
personalen und methodischen Kompetenzen. Über
diese Kompetenzen verfügen nach Meinung der Unter­
nehmen in der Regel nur Hochschulabsolvent/innen:
Ausbildungsabsolvent/innen seien nicht „senior“ genug
und brächten zu wenig Sprachkompetenzen mit.
Im gewerblich-technischen Bereich sind Über­
schneidungen zwischen den Qualifikationsprofilen an
der Schnittstelle von hoch qualifizierter Facharbeit zu
Akademikertätigkeit erkennbar, allerdings weniger in
Richtung dualer Ausbildung. An dieser Schnittstelle sind
häufig Fachkräfte mit Fortbildungsabschlüssen beschäf­
tigt (z. B. Meister/in oder Techniker/in). Meister/innen
13
und Techniker/innen werden vielfach für fachlich an­
spruchsvollere Sachbearbeitertätigkeiten eingesetzt oder
als betriebliche Vorgesetzte (z. B. Fertigungsgruppenlei­
ter/innen). Bachelor-Student/innen hingegen steigen
auf einem höheren hierarchischen Level ein, wie z. B.
in der gehobenen Sachbearbeitung oder im mittleren
Management. Ihnen stehen zudem weitere Karriereopti­
onen offen. Seit einigen Jahren steigt der Anteil an dual
Studierenden in den Unternehmen kontinuierlich an,
gleichzeitig ist aber in der Berufsbildungsstatistik eine
rückläufige Entwicklung von Fortbildungsabschlüssen
festzustellen. In Zukunft erwarten die befragten Unter­
nehmen an dieser Schnittstelle zunehmende Verände­
rungseffekte zulasten der Fortbildungsberufe: „Warum
sollte man jemanden zum Techniker fortbilden, wenn
man in derselben Zeit einen Bachelor haben kann?“
Neben der Konkurrenz dualer Studiengänge zur
dualen Ausbildung im kaufmännischen Bereich und bei
Fortbildungsabschlüssen im gewerblich-technischen
Bereich wird auch eine Konkurrenz zu klassischen
Hochschulabschlüssen gesehen: Es werden mehr Akade­
miker/innen selbst über duale Studiengänge ausgebildet
und weniger Hochschulabsolvent/innen vom externen
Arbeitsmarkt rekrutiert. Die Unternehmen nutzen die
dualen Studiengänge als Grundlage für eine über einen
längeren Zeitraum angelegte Personalentwicklung (ca.
vier bis fünf Jahre). Im Ergebnis steht ein/e hochschu­
lisch qualifizierte/r Mitarbeiter/in, der/die das Unterneh­
men, d. h. die Kultur, die Produkte und die Prozesse, gut
kennt und sich auf dieser Basis weiterentwickeln kann.
Die befragten Großunternehmen sprechen nur
vereinzelt von einer direkten Konkurrenzsituation
zwischen der dualen Ausbildung und dualen Studien­
gängen. Eine breit gefächerte betriebliche Relevanz kann
aus den Erkenntnissen – mit den benannten Ausnahmen
(Verdrängung von Fortbildungsberufen und teilweise
Substitution der kaufmännischen Ausbildung aufgrund
der Überschneidung von Anforderungsprofilen) – nicht
erkannt werden: Die Frage der Konkurrenz bedarf einer
näheren Betrachtung und ist gegenwärtig nicht ein­
deutig zu beantworten. Einerseits deuten der Ersatz von
dualen Ausbildungsplätzen durch Ausbildungsstellen
für duale Studiengänge und diffuse Qualifikationsprofile
an der Schnittstelle zwischen gehobener Facharbeit und
Akademikertätigkeit auf Verdrängungseffekte hin. An­
dererseits wird von Unternehmen die bildungspolitisch
forcierte Akademisierung, d. h. die Forderung steigender
Studierquoten, kritisiert (vgl. dazu auch BIBB 2012c).
Erkennbar ist die Sorge der Unternehmen, dass der
bildungspolitische Trend einer Aufstiegsorientierung
kontraproduktive Auswirkungen auf das Ausbildungs­
verhalten der Schulabsolvent/innen hat, sodass die be­
triebliche Ausbildung zukünftig auf (noch) weniger gute
ZUsAMMenFAssUnG
14
Bewerber/innen zurückgreifen kann. Die Befürchtung
ist, dass leistungsstarke Bewerber/innen sich eher für ein
Studium entscheiden und sich dadurch das Problem der
Nachwuchssicherung auf der mittleren Fachkräfteebene
verschärft.
B) Handlungsempfehlungen
Unternehmen formulieren die Modernisierungsbedarfe
des Ausbildungssystems auf der Grundlage erkannter
Anpassungsnotwendigkeiten, die durch unternehme­
rische, technologische und gesellschaftliche Verände­
rungen entstehen. Dabei handelt es sich um vereinzelt
benannte Neuordnungsbedarfe, beispielsweise in
kaufmännischen Berufen. Auch sind veränderte Qualifi­
kationsprofile in gewerblich-technischen Berufsbildern
der Energiebranche erkennbar. Ein Energieversorger
verweist beispielsweise auf ein selbst entwickeltes Profil
zum/zur „Hydroniker/in“ und „Hydromechaniker/in“2.
Die Hinzunahme weiterer externer Partner (Aka­
demien) bei der Vermittlung von Ausbildungsinhalten
zeigt weitergehenden Handlungsbedarf der Unterneh­
men an der Schnittstelle zur Berufsschule. Aus Sicht ein­
zelner Betriebe deckt diese in einzelnen Branchen bzw.
Regionen grundlegend benötigte Inhalte in kaufmänni­
schen Berufen nicht ausreichend ab. Notwendig scheint
eine verbesserte Anpassungsfähigkeit der Berufsschulen
an sich verändernde Anforderungen, um deren Rolle im
dualen System nachhaltig zu stabilisieren.
Zudem gilt es, die Ausdehnung des Berufsgruppen­
prinzips, d. h. die gemeinsame Grundlagevermittlung
verwandter Berufe und eine im Zeitverlauf stärkere
Spezialisierung, auch für weitere Berufe zu prüfen mit
dem Ziel, flexiblere Wege zum Ausbildungserfolg für
Jugendliche und eine Verbesserung der Wechselmög­
lichkeiten zwischen gleichwertigen Berufsbildern zu
schaffen. Letztendlich wäre das auch ein Beitrag zum
Ausbau betrieblicher Berufsorientierung und damit zur
Reduzierung von Ausbildungsabbrüchen.
Ein weiterer Ansatz zur stärkeren Flexibilisierung
der Ausbildung liegt in der Vermittlung von Inhalten
über abgegrenzte Lerneinheiten innerhalb der curricu­
laren Gesamtstruktur eines Ausbildungsberufes. Unter
Berücksichtigung einer stärker modular ausgerichteten
Ausbildung könnten einzelne Lerneinheiten schneller
erneuert und an veränderte Anforderungen angepasst
2
Zielgruppe: Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen der
Berufe Elektroniker/in und Industriemechaniker/in: Elektro­
niker/innen erhalten direkt im Anschluss an die Berufsausbil­
dung eine dreimonatige Grundausbildung im Bereich Metall.
Industriemechaniker/innen erhalten eine entsprechende Ver­
tiefung im Bereich Elektronik. Beide Gruppen erlernen zudem
spezifische Inhalte rund um die Wasserkraft.
werden. Es gilt zu prüfen, inwieweit die Grundprinzipi­
en der Gestaltung von Lerneinheiten geeignet sind, die
Flexibilität des Ausbildungssystems weiter zu erhöhen
und die skizzierten Ausbildungsvarianten stärker an
das System zu binden. Dies wäre ebenfalls ein Beitrag,
die Verzahnung der Aus- und Weiterbildung und somit
deren Durchgängigkeit zu stärken sowie die Attraktivität
dualer Ausbildung zu erhöhen.
Auch wenn der Kern der Ausbildung über die identifizierten Ausbildungsvarianten grundsätzlich erhalten
bleibt, so verändern sich doch die Facetten dualer
Ausbildung beispielsweise durch weitere Partner (Akade­
mien, Hochschulen) oder die Anreicherung bestehender
Inhalte durch modulare Lerneinheiten aus anderen Ausund Fortbildungsberufen. Gründe bestehen in veränder­
ten Arbeitsanforderungen oder auch in der Erhöhung der
Attraktivität der Ausbildung. Die sich in Unternehmen
entwickelnden Varianten sollten daraufhin weiter beob­
achtet werden, ob es sich bei den identifizierten Varianten
um Einzelfälle handelt oder um Entwicklungstendenzen,
die die Notwendigkeit betonen, die Flexibilisierung der
dualen Ausbildung stärker voranzutreiben.
Die Untersuchungsergebnisse geben Hinweise auf
sich verändernde Qualifikationsanforderungen auf der
mittleren Fachkräfteebene. Die nähere Betrachtung der
von den Unternehmen genutzten alternativen Ausbil­
dungsvarianten lässt zudem Rückschlüsse auf Verände­
rungen hinsichtlich des erforderlichen Qualifikations­
niveaus zu. Es lässt sich über alle Unternehmen hinweg
feststellen, dass eine feste Zuordnung von Abschlüssen
zu fest definierten Stellen- oder Tätigkeitsprofilen mehr
und mehr aufgelöst wird. Die Unternehmen nutzen ver­
schiedene Ausbildungsvarianten oder auch Kombinatio­
nen von Modellen, um für ein bestimmtes Tätigkeitsfeld
den/die bestmöglich ausgebildete/n Mitarbeiter/in
auszubilden.
Um jedoch dezidiert Aussagen über Qualifikations­
bedarfe auf der mittleren Fachkräfteebene treffen zu
können, auch hinsichtlich möglicher Verdrängungsef­
fekte durch duale Studiengänge, sind weitergehende
tätigkeitsbezogene Analysen in ausgewählten Bran­
chen notwendig. Ziel ist es dabei zu klären, wie sich die
Verschiebungen zwischen Ausbildung und Studium auf
Basis der aus der Tätigkeit erwachsenen Kompetenzanforderungen weiterentwickeln und wie sich daraus
abgeleitet Facharbeit weiterentwickelt.
Erforderlich ist es, die benannten Verschiebungen,
insbesondere an der Schnittstelle mittlere Fachkräfteebe­
ne/akademische Tätigkeiten, weiter zu beobachten. Eine
bildungspolitisch höhere Sensibilität bei der Forderung
nach mehr Akademiker/innen hinsichtlich betrieblicher
Belange bei der Sicherung der mittleren Fachkräftebasis
könnte bestehende Irritationen reduzieren.
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
1
15
Ausgangslage und Projektziele
1.1 Ausgangslage
Unternehmen stellen sich in Bezug auf die duale
Berufsausbildung vielschichtigen Herausforderungen,
die insbesondere aus veränderten wirtschaftlichen
und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen resultie­
ren. Die demografische Entwicklung, der Wandel der
Arbeitsanforderungen und die Dynamik der Globali­
sierung führen zu einem verschärften Wettbewerb auf
den Arbeits- und Ausbildungsmärkten. Unternehmen
nutzen deshalb in der Regel neben der dualen Ausbil­
dung noch verschiedene andere Rekrutierungswege, um
ihren Fachkräftebedarf zu decken, wie beispielsweise
duale Studiengänge, die Studium und Berufsausbildung
miteinander verzahnen.
Eine Herausforderung für das duale System ist, dass
duale Studiengänge künftig verstärkt Qualifikationen
abdecken könnten, die bisher durch die duale Berufsaus­
bildung bedient werden. So tritt die berufliche Ausbil­
dung in Konkurrenz zur „verberuflichten“ Hochschul­
ausbildung (vgl. Dietrich/Severing 2008, S. 98). Davon
sind insbesondere wissensintensive Berufe betroffen,
die häufig von Personen mit einer Studienberechtigung
ergriffen werden.
Nachfolgend werden die wesentlichen Herausforde­
rungen entlang von drei Argumentationssträngen –
demografische, qualifikatorische und arbeitsmarktbezo­
gene Herausforderungen – näher ausgeführt.
1.1.1
Demografische Herausforderungen
Der Demografiefaktor trifft die Unternehmen gleich
mehrfach. Neben der Abnahme und Alterung des
Erwerbspersonenpotenzials, ist das steigende Durch­
schnittsalter der Belegschaften, aber auch die sinkende
Anzahl von Schulabsolventinnen und -absolventen zu
nennen.
sinkendes erwerbspersonenpotenzial
Unterschiedliche Prognosen (BIBB-DEMOS, BIBB-FIT,
IAB) weisen in eine Richtung: Seit 1990 sinkt der Anteil
der 20- bis 64-jährigen Bevölkerung kontinuierlich, der
Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung
dagegen steigt (vgl. Abbildung 1).
Die Zahl der heute in Deutschland lebenden knapp
50 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter wird
nach 2020 erkennbar zurückgehen und im Jahr 2030
Abb. 1: Alterung der Bevölkerung im Vergleich
1990
100%
2010
2030
2050
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
Ve
r
De
ut
sc
hl
an
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nk
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t.
Kö reic
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N g re
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de ich
rla
Sc nd
hw e
ed
en
0%
0–19
Quelle: Bundesministerium des Innern 2011, S. 35
20–64
65+
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
16
etwa 42 Millionen betragen. Diese Entwicklung wird das
zukünftige Angebot an Arbeitskräften bestimmen (vgl.
BMI 2011, S. 36) (vgl. Abbildung 2).
Bei einer Gegenüberstellung des gesamtwirtschaft­
lichen Arbeitskräfteangebots und des Bedarfs ist zudem
ein stärkerer Rückgang des Angebots als des Arbeitskräf­
tebedarfs erkennbar (vgl. Helmrich 2012, S. 3). Engpässe
entstehen dabei eher bei Fachkräften mit mittleren
Bildungsabschlüssen als bei akademisch Gebildeten (vgl.
ebd., S. 9).
steigendes Durchschnittsalter in den Unternehmen
Für die Unternehmen bedeutet dies nicht nur ein
quantitativ abnehmendes Erwerbspersonenpotenzial,
sondern auch einen Anstieg des Durchschnittsalters der
Belegschaften. Das Erwerbspersonenpotenzial wird in
Zukunft zu einem hohen Anteil aus über 50-Jährigen
bestehen (BMI 2011, S. 37). Dies stellt Anforderungen
nicht nur an die Rekrutierungsvarianten der Unterneh­
men, sondern auch an die konzeptionelle Ausrichtung
der Personalpolitik auf die unterschiedlichen Lebensla­
gen und -bedürfnisse der Belegschaft. Verlässliche Daten
zur Altersstruktur der Beschäftigten in den Teilbranchen
liegen bisher nicht vor.
Bereits heute ist ein Rückgang potenzieller Arbeits­
kräfte aus dem dualen System spürbar, den Unterneh­
men in ihrer Personalplanung berücksichtigen müssen.
Deutlich lässt sich dies anhand des ebenfalls demo­
grafisch bedingten Rückgangs der Schüler/innen- und
Absolventen/innenzahlen erkennen.
sinkende Anzahl an schulabsolventinnen und
-absolventen
Ausgehend vom Jahr 2005 mit knapp 12,3 Millionen
Schüler/innen, wird die Zahl bis 2020 um 2,2 Millionen
Schüler/innen zurückgehen und 10,1 Millionen betra­
gen. Dies entspricht einem Rückgang von 17,8 Prozent
gegenüber 2005 (KMK 2007, S. 8).
Das für die mittlere Fachkräfteebene wichtige Potenzial
der Absolventinnen und Absolventen der Sekundarstu­
fe I (Hauptschüler/innen und Realschüler/innen) wird
bundesweit insgesamt sinken. Die Zahl der Absolventinnen
und Absolventen mit Realschulabschluss geht bis 2025 um
rund 70.300 Personen (19,5 Prozent) zurück (KMK 2011, S.
10). Bei denjenigen mit einem Hauptschulabschluss fällt
der erwartete Rückgang proportional gesehen noch stärker
aus und beträgt bis 2025 rund 39,3 Prozent (ebd.). Ein Blick
auf die akademisch Qualifizierten lässt erkennen, dass der
Rückgang bis 2025 im Verhältnis gesehen mit 7,1 Prozent
weniger stark ausfallen wird.
Starke Differenzen gibt es bei einer Unterschei­
dung nach Ost- und West-Deutschland. In den neuen
Bundesländern wird die Abnahme der Personen mit
Fachhochschul- und Hochschulreife in den Flächenlän­
dern mit knapp 25 Prozent deutlicher stärker ausfallen
als in den Stadtstaaten, deren Zahl nahezu unverändert
Abb. 2: Bevölkerung im erwerbsalter von 20 bis unter 65 jahren 2009 bis 2060 (in Mio.)
Millionen
Personen
50
1-W1
1-W2
48
46
44
42
40
38
36
34
32
30
2010
2015
2020
2025
Quelle: Bundesministerium des Innern 2011, S. 36
2030
2035
Kalenderjahr
2040
2045
2050
2055
2060
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
17
Abb. 3: entwicklung der schulabsolvent/innenzahlen 2005 bis 2020
110
100
West
90
80
D gesamt
70
Ost
60
50
2005
2015
2010
2020
Quelle: KMK 2009
bleibt (a. a. O., S. 11). Unternehmen müssen somit bei der
Versorgung mit Nachwuchskräften von regional unter­
schiedlichen Rahmenbedingungen ausgehen.
Diese Entwicklung hat negative Auswirkungen auf
die Nachfrage nach Ausbildungsstellen. Von großen
Problemen bei der Rekrutierung von Auszubildenden
berichten 27 Prozent der Unternehmen. Dies betrifft
zwar vor allem kleine und mittlere Unternehmen
(Becker u. a. 2011, S. 28), aber immerhin 50 Prozent der
Betriebe mit über 250 Mitarbeitenden berichten eben­
falls von Problemen bei der Besetzung von Ausbildungs­
stellen. Dies lässt sich auch an der Zahl nicht besetzter
Ausbildungsplätze verdeutlichen. Obwohl die Zahl der
Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus allgemein­
bildenden Schulen die Zahl der zu besetzenden dualen
Ausbildungsplätze seit Beginn der 1990er-Jahre über­
steigt (vgl. Autorengruppe BIBB/Bertelsmann Stiftung
2011, S. 7), konnten auch im Jahr 2010 zum Abschluss
des Berichtsjahres rund vier Prozent der gemeldeten
Ausbildungsstellen nicht besetzt werden.
Laut dem BIBB-Qualifizierungspanel bliebe zudem
jeder dritte Ausbildungsbetrieb erfolglos bei der Suche
nach geeigneten Bewerber/innen für das Ausbildungs­
jahr 2010/2011 (vgl. Abbildung 4).
Abb. 4: Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen für das Ausbildungsjahr 2010/2011
Anteil an Ausbildungsbetrieben mit Ausbildungsangeboten für das Ausbildungsjahr 2010/2011 und mit unbesetzten Ausbildungsstellen an allen Betrieben
(betriebliche Vakanzquote) (in %)
Betriebe mit Ausbildungsstellenangeboten
52,6
davon Betriebe mit unbesetzten
Ausbildungsstellen
Quelle: Troltsch u. a. 2012, S. 2
34,8
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
18
Zusätzlich ist festzuhalten, dass eine unmittelbare
Aufnahme einer dualen Berufsausbildung nur gut einem
Fünftel der Abiturientinnen und Abiturienten attraktiv
erscheint (BMBF 2011, S. 33). Diese Zahlen legen nahe,
dass der Fachkräftebedarf der Wirtschaft künftig nicht
mehr ausschließlich durch die berufliche Erstausbildung
gedeckt werden kann.
1.1.2
Qualifikatorische Herausforderungen
Veränderte (steigende) Qualifikationsanforderungen
Auslöser für veränderte Qualifikationsanforderungen
bestehen zunächst in technologischen und/oder orga­
nisatorischen Veränderungen der Arbeitstätigkeit. Die
Einführung neuer Technologien eröffnet Dispositions­
spielräume im Verhältnis Arbeitsorganisation, Technik
und Personal (vgl. Rese 2001, S. 172; Bergmann 2006,
S. 147). Technik wird nicht mehr als der allein dominie­
rende Faktor angesehen, dem sich die anderen Faktoren
anzupassen haben. Die Zerstückelung von Arbeitsinhal­
ten, Reduzierung von Interaktionsmöglichkeiten, die
rigide Trennung von Arbeitsplanung und -ausführung,
direkte Kontrolle und eine weitgehende Vereinfachung
der Arbeit weichen zunehmend Konzepten, welche die
Produktivitätspotenziale der Arbeit durch die Nutzung
der Qualifikationen der Beschäftigten und deren fach­
licher Souveränität erhöhen wollen. Im Rahmen dieser
Konzepte haben Gruppenarbeit, Aufgabenintegration,
Jobrotation und erhöhte Kooperation eine erhebliche
Bedeutung (vgl. Florida/McNulty 1995). Prozessorientie­
rung bei der Arbeitsorganisation rückt in den Fokus der
Betriebsorganisation. Baethge u. a. (1998, S. 83 ff.) weisen
darauf hin, dass die mit dem Begriff Prozessorientierung
gefasste Veränderungsdynamik in der Betriebs- und
Arbeitsorganisation weitreichende Auswirkungen
auf Kompetenzanforderungen der Beschäftigten und
in deren Gefolge auf die Konzeption und Inhalte der
Aus- und Weiterbildung haben (vgl. auch Dehnbostel
2008). Zudem führen der in den vergangenen Jahren
gewachsene Einfluss der Informations- und Kommuni­
kationstechnologie sowie ein größerer Dienstleistungs­
charakter zu steigenden Qualifikationsanforderungen
an die Beschäftigten. Durch die Integration von Dienst­
leistungsaufgaben und handwerklich-technologischen
Kompetenzen ist Facharbeit zudem komplexer und an­
spruchsvoller geworden – Facharbeiter/innen überneh­
men heute deutlich weniger rein produktionsbezogene
Tätigkeiten als noch vor 15 Jahren (vgl. Galiläer 2007,
S. 70).
Auf allen Hierarchieebenen benötigen Fachkräfte
breite berufliche Handlungskompetenzen. Diese benö­
tigten und sich verändernden Qualifikationen müssen
in immer kürzeren Zeiträumen zur Verfügung stehen.
Vor allem auf der mittleren Qualifikationsebene zeich­
net sich dabei ein Trend zur Höherqualifizierung ab. Der
Bedarf nach beruflicher Flexibilität und regelmäßiger,
gezielter Weiterentwicklung von Qualifikationen und
Tätigkeitsprofilen wird deshalb weiter zunehmen (vgl.
Wilhelm 2012).
Friktionen beim übergang schule/Beruf
Eine Reihe von Fakten lassen vermuten, dass für einige
Jugendliche der Übergang von der Schule ins Berufs­
leben bzw., aus Sicht der Unternehmen, die Besetzung
möglicher Ausbildungsstellen nicht friktionslos erfolgt.
Angeführt seien an dieser Stelle drei Faktoren:
" Hohe Zahl an Vertragslösungen: Im Jahr 2008 wur­
den 21,5 Prozent der Ausbildungsverträge vorzeitig
gelöst (vgl. BIBB 2010, S. 174). Zudem wechselten im
Schnitt der letzten 30 Jahre ein Fünftel der Absol­
ventinnen und Absolventen direkt nach der Aus­
bildung den erlernten Beruf (vgl. Hall 2007, S. 10).
Die Lösungsquoten schwanken meist zwischen 20
und 25 Prozent (vgl. Bohlinger 2008; Kupka/Wolters
2010, S. 5), sodass rund ein Fünftel bis ein Viertel der
Einmündungsprozesse nicht erfolgreich verlaufen
und damit nicht nur Ausbildungsstellen blockiert,
sondern zusätzlich auch biografische Unsicherhei­
ten erzeugt werden. Den Unternehmen geht somit
Potenzial verloren, das angesichts der aufgezeigten
demografischen Herausforderungen dringend
benötigt wird.
" Hohe Zahl an Jugendlichen im Übergangssystem:
Viele Schulabgänger/innen finden keinen direkten
Einstieg in den Arbeitsmarkt, sondern münden in
das Übergangssystem ein. Ihr Anteil an der Gesamt­
heit der Neuzugänge hat sich in den letzten Jahren
kaum verändert. Gegenwärtig kann von einem
Viertel bis einem Drittel der nicht studienberechtig­
ten Schulabgänger/innen (Neuzugänge) ausgegangen
werden, die mindestens an einer Übergangsmaßnah­
me teilnehmen (BIBB 2010, S. 91; Autorengruppe Bil­
dungsberichterstattung 2010, S. 313; Autorengruppe
Bildungsberichterstattung 2012, S. 102). Durch das
Übergangssystem entstehen nicht nur hohe Kosten,
die jährlich mit 4,3 Milliarden Euro für 2010 ange­
geben und mit 3,3 Milliarden Euro für das Jahr 2025
prognostiziert (Autorengruppe Bildungsberichter­
stattung 2010, S. 317) werden. Vielmehr verlieren
Unternehmen ein Potenzial aus dem Blick, das vor
dem Hintergrund zusätzlichen Fachkräftenach­
wuchsbedarfs für die mittlere Qualifikationsebene
dringend benötigt wird.
" Sinkende Ausbildungsreife von Jugendlichen aus
Unternehmenssicht: Aus Unternehmensbefragun­
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
gen sind Hinweise zu entnehmen, was unter fehlen­
der Ausbildungsreife zu verstehen ist: Die größten
Defizite sehen Unternehmen bei schriftsprachlichen
Kompetenzen, Rechtschreibung und Zeichensetzung
sowie der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit, ca. jedes
achte Unternehmen sieht Mängel bei der Dreisatzund Prozentrechnung und den Wirtschaftskenntnis­
sen (vgl. Dobischat/Kühnlein/Schurgatz 2012, S. 32;
Autorengruppe BIBB/Bertelsmann Stiftung 2011,
S. 10). Zudem wird die mangelnde Ausbildungs­
reife auch auf die als nicht ausreichend erachteten
Sozialkompetenzen der Schulabsolvent/innen
bezogen – und zwar von 75 Prozent der befragten
Unternehmen. Generell sind die regelmäßigen
Meldungen einer fehlenden Ausbildungsreife eines
Teils der Schulabgänger/innen aus Betrieben mit
Vorsicht zu genießen, da stichhaltige Belege für ein
nachlassendes Qualifikationsniveau fehlen. Zudem
wird nicht immer zwischen vorhandenen und auch
tatsächlich am Arbeitsplatz benötigten Kompetenzen
unterschieden. Aus Sicht der Unternehmen erfordert
eine sinkende Ausbildungsreife innerbetriebliche
Maßnahmen – als Kompensationsfunktion – mit
dem Ziel, das Eingangsniveau der Auszubildenden
anzuheben.
Dynamik der Globalisierung
Im globalen Wettbewerb werden Internationalisie­
rungsstrategien als wichtige Rahmenbedingung für den
Stellenwert und die Weiterentwicklung der Berufsaus­
bildung erachtet. „Für international agierende Unter­
nehmen ist es ein Moment der Standortentscheidung,
wo mit welcher Flexibilität und zu welchen Kosten von
den Bildungssystemen Berufskompetenzen bereit­
gestellt werden können.“ (Bertelsmann Stiftung 2009,
S. 154). Dieser Zusammenhang wird umso wichtiger, je
mehr Wettbewerbsvorteile auf Wissensvorsprüngen
und nicht mehr vorrangig auf materiellen Produktions­
faktoren beruhen (Bertelsmann Stiftung 2009, S. 165).
In Zeiten erhöhter transnationaler Mobilität können
Unternehmen zudem über den nationalen Ausbildungs­
markt hinaus adäquate Fachkräfte rekrutieren und die
Ausbildung ihres Personals ganz oder teilweise in andere
Länder verlagern. Dies ist besonders für Unternehmen
attraktiv, die gezielt Konzepte der Mitarbeitervielfalt
(„Diversity“) verfolgen und bestimmte ausländische
Märkte bedienen.
Eine Ausrichtung auf internationale Märkte dürf­
te den beschriebenen Trend zur Höherqualifizierung
weiter fördern, da Kompetenzen wie interkulturelles
Wissen und Sprachfähigkeiten an Bedeutung gewin­
nen. Betriebe, die stark im internationalen Wettbewerb
stehen, sollten demnach höhere durchschnittliche
Qualifikationsniveaus mit höheren Anteilen von Hoch­
19
schulabsolventinnen und -absolventen aufweisen als
Betriebe, die sich auf den nationalen Markt beschränken.
Hinweise hierauf finden sich im Bildungsbericht (vgl.
Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 107):
Es zeigt sich, dass Betriebe ohne oder mit nur geringem
Auslandsumsatz höhere Ausbildungsquoten aufwei­
sen als Betriebe, deren Auslandsumsatz bei 50 Prozent
und mehr liegt. Eine mögliche Erklärung wird darin
gesehen, dass die stark im internationalen Wettbewerb
stehenden Unternehmen zwecks Bewältigung erhöhter
Qualifikationsanforderungen „häufig schon ein höheres
durchschnittliches Qualifikationsniveau mit höheren
Anteilen von Hoch- und Fachhochschulabsolventinnen
und -absolventen aufweisen als Betriebe, die nur für den
nationalen Markt arbeiten“ (Autorengruppe Bildungsbe­
richterstattung 2010, S. 107).
In Sektoren und Branchen, in denen große Unter­
nehmen transnational tätig sind und die Kosten und
Leistungsfähigkeit von Berufsausbildungssystemen
international vergleichen, entsteht zugleich ein Stan­
dardisierungsdruck auf nationale Ausbildungssysteme
(Bertelsmann Stiftung 2009, S. 169). Dieser resultiert aus
der weltweiten Standardisierung von Produkten und
Verfahren, welche vereinheitlichend auf die Qualifika­
tionsanforderungen der Unternehmen wirken (Bertels­
mann Stiftung 2009, S. 167).
Trend zu höheren Bildungsabschlüssen
Parallel zu dem zuvor aufgezeigten Trend der demo­
grafischen Entwicklung lässt sich auch ein Trend zu
höheren Bildungsabschlüssen erkennen (vgl. Helmrich
u. a. 2012, S. 2). Die Gründe dafür liegen u. a. in einem
veränderten Bildungsverhalten junger Menschen, die
vermehrt akademische Bildungsabschlüssen anstreben.
Die Zahl der Studienanfänger/innen hat 2012 mit
rund 55 Prozent eines Altersjahrgangs ihren Höhepunkt
erreicht. Zu berücksichtigen ist allerdings der doppelte
Abiturjahrgang des Vorjahres, der ein schnelles Anstei­
gen der Studierendenanfängerquote zur Folge hatte.
Aber auch bereits 2010 war die Studierendenanfänger­
quote mit rund 45 Prozent im Vergleich zu 1999 (31 Pro­
zent) deutlich gestiegen (vgl. Abbildung 5).
Auch die Quote der Studienanfänger/innen und
Studienabsolventinnen und -absolventen ohne Abitur
erhöht sich. Die Anzahl der Studienanfänger/innen
ohne Abitur ist in Deutschland in den Jahren von 2007
bis 2010 im bundesweiten Durchschnitt erkennbar
gestiegen: der Anteil der Studienanfänger/innen ohne
Abitur hat sich in dieser Zeit von 1,09 Prozent auf 2,08
Prozent nahezu verdoppelt. Im Jahr 2010 begannen
9.241 Personen ohne Abitur ein Studium in Deutschland
(Nickel/Duong 2012, S. 29).
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
20
Abb. 5: entwicklung der studierendenanfängerquote in Deutschland von 1999 bis 2012
studienanfängerquote
80%
60%
40%
31,3
33,5
36,1
'99
'01
'02
38,9
37,1
37,0
35,7
37,1
'03
'04
'05
'06
'07
40,3
43,0
54,0
54,7
'11
'12
45,2
20%
0%
'08
'09
'10
jahre von 1999 bis 2012
Quelle: Statistisches Bundesamt 2012, S. 11
Die Anzahl derjenigen, die mit mittlerem Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss in das duale
System einmünden, ist wiederum seit dem Jahr 2000 um
fünf Prozent gesunken: 2010 hatten knapp 45 Prozent
der Neuzugänge einen mittleren Bildungsabschluss, im
Jahr 2000 waren es noch 50 Prozent (Abbildung 6).
Weiterhin ist erkennbar, dass der Anteil von (Fach-)
Hochschüler/innen im dualen System steigt – ebenfalls
um fünf Prozentpunkte seit 2000. Diese Entwicklungen
könnten auf einen Anstieg höher qualifizierter Tätigkei­
ten und auf eine entsprechende Arbeitskräftenachfrage
verweisen (vgl. Galiläer 2009, S. 36).
Abb. 6: Zusammensetzung der neuzugänge in den drei sektoren des beruflichen Ausbildungssystems seit 2000 nach schulischer Vorbildung (in %)
Duales System
in %
Schulberufssystem
Übergangssystem
100
90
1,6
15,7
19,2
20,2
18,6
19,4
20,7
30,5
80
1,2
1,5
22
24,9
51,9
52
21,8
20,6
2008
2010
70
60
50
45,7
44,9
50
62,7
62,3
59,7
16,9
0,3
17,8
0,2
2008
2010
35,8
40
30
20
29
30,2
28,8
10
0
31,2
4,5
4,4
4,6
15,4
4,6
2000
2008
2010
2000
Ohne Hauptschulabschluss
Mit Hauptschulabschluss
Mit mittlerem Schulabschluss
Mit (Fach-)Hochschulreife
2000
Sonstige Abschlüsse
*Bis 2008 Übergangssystem einschließlich Doppelzählungen; 2000 enthält zusätzliche Maßnahmen der BA;
vgl. Methodische Erläuterungen E1 und Erläuterungen bei Tab. E1 – 1A
Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, eigene Berechnungen und Schätzungen auf Basis der Schulstatistik; Bundesagentur für Arbeit,
Bestand von Teinehmerinnen und Teilnehmern in ausgewählten Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik mit SGB-Trägerschaft des Teilnehmers
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
21
Wird berücksichtigt, dass auch die Zahl der dual
Studierenden stark angestiegen ist, so stehen den Unter­
nehmen zukünftig mehr hochschulisch Qualifizierte zur
Verfügung. So halten Helmrich u. a. (2012, S. 9 f.) fest, dass
ein „leichtes konstantes Überangebot an akademisch
Ausgebildeten bei zeitgleich zunehmenden Engpässen
bei Fachkräften mit mittleren Bildungsabschlüssen“
besteht.
Unternehmen sehen darin eine der wichtigsten Heraus­
forderungen.
1.1.3
Arbeitsmarktbezogene Herausforderungen
Die Prognosen zeigen auf, dass der Fachkräftebedarf
sektoral unterschiedlich ausfallen wird (vgl. Abbildung 7).
Laut dem DIHK Innovationsreport (2011) hat der Aus­
bau der Fachkräftebasis für Großunternehmen mit über
250 Mitarbeiter/innen die höchste Priorität bei dem
Ausbau des Standortes Deutschland. „Unternehmen
haben große Schwierigkeiten, geeignete Forscher, Inge­
nieure und Techniker zu rekrutieren und sind dadurch
in ihrer Innovationsfähigkeit deutlich eingeschränkt“
(DIHK 2011, S. 3). Knapp 56 Prozent von 1.100 befragten
Ein Fachkräfte- bzw. Arbeitskräfteengpass wird dem­
nach hauptsächlich in den Gesundheits- und Sozialbe­
rufen sowie den Gastronomie- und Reinigungsberufen
entstehen. Obwohl relativ geringe Zuwächse in tech­
nisch-naturwissenschaftlichen Berufen erwartet wer­
den, ist hier vor dem Hintergrund regionaler Engpässe
ebenfalls von einem Fachkräfteengpass auszugehen.
60
50
21,2
13,3
2,1
22,2
12,7
1,9
2,0
19,3
12,2
11,7
18,6
4,7
4,5
4,4
11,0
10,8
10,7
10,5
10,4
9,2
9,0
8,8
8,8
9,2
10,4
47,9
10,9
47,7
11,5
47,6
12,1
47,6
0
12,6
17,4
16,8
16,4
16,1
15,8
8,4
8,2
8,4
8,4
8,5
4,6
3,0
4,9
3,2
5,0
3,4
5,2
3,5
5,3
3,7
40
20
4,3
5,0
30,9
32,1
12,6
33,1
13,0
33,8
13,5
11,2
12,0
3,7
3,8
3,7
3,7
3,6
2005
2010
2015
2020
2025
Produktionsbezogene Berufe
Rohstoffgewinnende Berufe
Be-, verarbeitende und
instandsetzende Berufe
Maschinen und Anlagen
steuernde und wartende Berufe
Primäre Dienstleistungsberufe
Berufe im Warenhandel, Vertrieb
Verkehrs-, Lager-, Transport-,
Sicherheits-, Wachberufe
Gastronomie- und
Reinigungsberufe
Büro-, kaufmännische
Dienstleistungsberufe
Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 163
17,9
47,6
34,5
Produktionsbezogene
Berufe
13,8
80
2,2
2,4
Primäre
Dienstleistungsberufe
in %
100
Arbeitskräftebedarf 2005 bis 2035 nach Berufshauptfeldern in Prozent
Sekundäre
Dienstleistungsberufe
Abb. 7:
Erwartungsgemäß wird die Nachfrage nach Erwerbspersonen ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung
sinken. Bei Arbeitskräften mit einer abgeschlossenen
Berufsausbildung werden sich bei anhaltender Nachfra­
ge demografiebedingt Fachkräfteengpässe ergeben (vgl.
Helmrich u. a. 2012, S. 5).
sekundäre Dienstleistungsberufe
Technisch-naturwiss. Berufe
Rechts-, Management- und
wirtschaftswissenschaftl. Berufe
Künstlerische, Medien-, geistesu. sozialwissenschaftl. Berufe
Gesundheits- und Sozialberufe,
Körperpflege
Lehrberufe
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
22
Eine starke Unterdeckung der Nachfrage wird im
gewerblich-technischen Bereich entstehen, in den
quantitativ starken Berufsfeldern der Metallbe- und
-verarbeitung sowie im Handwerk. Betroffen sind somit
die Kernsektoren der deutschen Industrie (Fahrzeug­
bau, Maschinenbau, Elektroindustrie) (Autorengrup­
pe Bildungsberichterstattung 2010, S. 103). Auch bei
Dienstleistungsberufen wird eine ähnliche Relation von
Angebot und Nachfrage bei Warenkaufleuten und Büro­
berufen erwartet (vgl. Weber 2007, S. 106).
Deutlich wird, dass vor allem auf der mittleren Qua­
lifikationsebene mit einem Fachkräfteengpass zu rech­
nen ist, der sich spätestens gegen Ende 2030 bemerkbar
machen wird (vgl. Helmrich u. a. 2012, S. 1; Dercks/
Hardege 2012, S. 4). Durch entsprechende Strategien zur
Fachkräftesicherung aufseiten der Unternehmen, die
zunehmende Berufstätigkeit von Frauen, aber sicherlich
auch durch Veränderungen der Berufswahloptionen von
Jugendlichen werden die Prognosen vermutlich nicht in
diesem Ausmaß eintreten. Dennoch wird eine Anpas­
sung betrieblicher Ausbildungs- und Rekrutierungs­
modelle zur Vorbeugung gegen Fachkräfteengpässe
erforderlich sein.
1.1.4
Zusammenfassung
Die skizzierte Ausgangslage verdeutlicht, welchen He­
rausforderungen sich Unternehmen bei der Sicherung
ihres Fachkräftebedarfs stellen müssen. Deutlich wird,
dass Unternehmen zukünftig zum einen aus einem
geringer werdenden Beschäftigungspotenzial schöpfen
können (Quantität). Zum anderen ist abzusehen, dass
sich die Anforderungen an die Qualifikation der Be­
schäftigten verändern und zunehmen (Qualität). Zudem
sehen sich Unternehmen mit einem Mismatch kon­
frontiert: Den sich verändernden, zum Teil steigenden
Qualifikationsanforderungen stehen Bewerber/innen
gegenüber, deren Bildungsniveau nicht im selben Maße
gestiegen ist bzw. deren Kompetenzen häufig nicht den
Erwartungen der Betriebe entsprechen.
Insgesamt betrachtet befördern die aufgezeigten
Einflussfaktoren alternative Modelle der Rekrutierung
und Ausbildung. Insbesondere Großunternehmen
kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie verfügen durch
ihre Wirtschaftskraft und ihre zumeist internationa­
le Ausrichtung über ausreichend eigene Ressourcen,
um jenseits gesetzlicher Rahmenbedingungen eigene
Modelle auszuarbeiten und umzusetzen. Durch ihre
besondere Stellung für die gesamte hiesige Wirtschaft
haben neue und alternative Modelle der Rekrutierung
und Ausbildung gleichzeitig auch überbetriebliche Sig­
nalwirkung und können den Umgang und die (Weiter-)
Entwicklung gesetzlich geregelter beruflicher Ausbil­
dung beeinflussen.
1.2 Untersuchungsziele
und Forschungsfragen
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) hat im Rahmen der Berufsbildungsforschungs­
initiative eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um
den Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunter­
nehmen zu erfassen und möglichen Modernisierungs­
bedarf zu identifizieren.
Im Kern geht es darum zu analysieren,
" welche Rekrutierungswege Großunternehmen für
Personal auf der mittleren Qualifikationsebene
einschlagen,
" welche Faktoren die Ausbildungsbereitschaft be­
günstigen bzw. hemmen sowie darum,
" ob und wenn ja, welche alternativen Ausbildungsva­
rianten Großunternehmen nutzen.
Die Untersuchung konzentriert sich auf Großunter­
nehmen. Denn nicht nur hinsichtlich der Produktent­
wicklung oder dem Einsatz von Produktionsverfahren,
sondern auch in der Berufsbildung gelten Großunter­
nehmen als Trendsetter. Ihre wirtschaftliche Größe, ihr
internationaler Handlungsraum und der bestehende
globale Wettbewerbsdruck führen dazu, dass sie früh­
zeitig neuartige Wege der Rekrutierung beschreiten
(müssen). So haben nicht zuletzt die Großunternehmen
in der Vergangenheit in Modellprojekten – durch eigene
innovative Ansätze die Aus- und Weiterbildung – die
Berufsausbildung in Deutschland nachhaltig weiterent­
wickelt.
Ziel des Projektes ist es, Einblick in die inhaltliche
Ausgestaltung der betrieblichen Rekrutierungs- und
Ausbildungskonzeptionen von Großunternehmen zu
erhalten. Untersucht wurde, wie hoch ihre Bereitschaft
zur Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG)
und der Handwerksordnung (HwO) ist und welcher
Stellenwert der dualen Ausbildung, im Kontext aller
Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle, aus ihrer Sicht
zukommt. Dabei geht es zum einen um die Identifikati­
on verschiedener Möglichkeiten der Rekrutierung von
Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene. Eine
Abgrenzung erfolgt zu den Varianten „Rekrutierung über
den Arbeitsmarkt“ sowie zur „Rekrutierung durch Nach­
qualifizierung“. Zum anderen werden zur klassischen
Ausbildung alternative Ausbildungsvarianten heraus­
gearbeitet. Aus dem Verhältnis der alternativen Ausbil­
dungsvarianten zur klassischen Ausbildung, d. h. deren
inhaltliche und strukturelle Nähe oder Distanz, werden
mögliche Implikationen auf das deutsche Berufsbil­
dungssystem abgeleitet.
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
23
Der besondere Fokus liegt auf alternativen Ausbil­
dungsvarianten, die die meist international agierenden
Großunternehmen anwenden, um speziell auf der
mittleren Qualifikationsebene Personal zu rekrutieren,
auszubilden und auch beruflich weiterzubilden. „Al­
ternativ“ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf
Ausbildungsvarianten, die über die klassische duale
Berufsausbildung hinausgehen, darunter wurden auch
duale Studiengänge (ausbildungsintegriert und praxisin­
tegriert) gefasst.
Abb. 8:
rung von angelernt Beschäftigten (z. B. Umschulungen,
Teilqualifizierungen) von Bedeutung. Sie nimmt in den
Untersuchungsergebnissen einen eher geringen Stellen­
wert ein, da die befragten Unternehmen kaum An- und
Ungelernte beschäftigen.
Die folgende Abbildung stellt die in der Untersu­
chung fokussierte mittlere Fachkräfteebene mit den
Schnittstellen zu den angrenzenden Qualifikationsebe­
nen dar:
Veränderungen der mittleren Fachkräfteebene am unteren und oberen Rand
An- und Ungelernte
Mittlere Fachkräfteebene
schnittstelle:
an- und ungelernte Tätigkeit –
einfache Facharbeit
Es lassen sich Ausbildungsvarianten zur Qualifi­
zierung von Fachkräften für die mittlere Qualifikati­
onsebene von Varianten an der Schnittstelle zur hoch
qualifizierten Facharbeit bzw. akademischen Qualifi­
kationsebene abgrenzen. Während auf der mittleren
Qualifikationsebene im Verständnis dieser Studie
beruflich qualifizierte Facharbeiter/innen angesiedelt
sind, sind am Übergang zur höheren Qualifikations­
ebene Facharbeiter/in mit einem Fortbildungs- oder
Hochschulabschluss verortet (vgl. Abbildung 8). Speziell
Rekrutierungs- und Ausbildungsvarianten für akade­
misches Personal sind kein primärer Gegenstand der
Untersuchung. Entsprechende Modelle fließen aber in
die Untersuchung mit ein, wenn sie bisherige berufliche
Ausbildung substituieren oder (teilweise) Bestandteil
von Rekrutierung und Ausbildung für die mittlere
Fachkräfteebene sind. Die untere Qualifikationsebene
(gering qualifiziertes Personal) war zwar für die Unter­
suchung in Hinblick auf Modelle der Nachqualifizie-
Akademiker/innen
schnittstelle:
hoch qualifizierte Facharbeit –
Akademiker/innentätigkeit
Aus der Zielsetzung der Studie lassen sich fünf hand­
lungsleitende Forschungsfragen zu folgenden Themen­
bereichen ableiten:
F1: Welchen stellenwert hat die duale Ausbildung in
Großunternehmen?
" Wie lässt sich der Stellenwert der dualen Berufsaus­
bildung aus Sicht der Unternehmen beschreiben?
" Wie zufrieden sind die Unternehmen mit der Leis­
tungsfähigkeit der dualen Ausbildung?
" Was schätzen Unternehmen an der dualen Ausbil­
dung und inwiefern sehen sie Verbesserungsbedarf?
" Welche Faktoren fördern und hemmen die Ausbil­
dung nach BBiG/HwO?
24
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
F2: Rekrutierung von Fachkräften für die mittlere
Qualifikationsebene – welche Varianten bestehen
jenseits der dualen Ausbildung?
" Inwiefern entwickeln die Unternehmen alternati­
ve Ausbildungsvarianten und welchen Prinzipien
folgen die identifizierten Alternativen?
" Welche Möglichkeiten zur Rekrutierung von Fach­
kräften für die mittlere Qualifikationsebene außer
der dualen Ausbildung nutzen Großunternehmen?
" Inwieweit ist die duale Ausbildung die passende
Antwort auf Veränderungen auf der mittleren Fach­
kräfteebene?
" Welche Gründe und wirtschaftlichen Rahmenbe­
dingungen beeinflussen die Entscheidung für oder
wider berufliche Ausbildung?
Der vorliegende Bericht ordnet in Kapitel 1 den Un­
tersuchungsgegenstand zunächst in den einschlägigen
wissenschaftlichen Diskurs ein und stellt die Zielsetzung
und die daraus abgeleiteten Forschungsthesen mit ihrer
Begründung ausführlich dar. Danach wird in Kapitel 2
auf die methodischen Grundlagen näher eingegangen.
Die Darstellung der Forschungsergebnisse in Kapitel
3 erfolgt entlang der im Kapitel 2 formulierten For­
schungsthesen. Im abschließenden Kapitel 4 werden
die Befunde mit thematisch einschlägigen Forschungs­
erkenntnissen in Bezug gesetzt, um ihre thematische
Reichweite beurteilen zu können. Auf Basis der zusam­
menfassenden Bewertung erfolgt die Ableitung und For­
mulierung von Schlussfolgerungen in Form bildungspo­
litischer Handlungsempfehlungen.
" Wie bewerten die Unternehmen die duale Ausbil­
dung im Vergleich zu anderen Rekrutierungsvarian­
ten?
F3: Welchen Anforderungen muss sich Ausbildung
heute stellen?
" Inwiefern verändern sich die Erwartungen der
Unternehmen an berufliche Bildung durch sich
wandelnde Rahmenbedingungen?
" Welchen Einfluss haben dabei veränderte fachliche
Anforderungen oder gestiegene Qualifikationsanfor­
derungen auf der mittleren Qualifikationsebene, die
Ordnungsmittel selbst, Kosten-Nutzen-Aspekte und
Erfordernisse des Arbeitsmarktes?
F4: Welche alternativen Ausbildungsvarianten für
die mittlere Qualifikationsebene bieten Unternehmen an?
" Welche zur dualen Berufsausbildung nach BBiG/
HwO alternativen Ausbildungsvarianten (Formen,
Inhalte, Organisation) bieten Unternehmen an?
" Wie sehen diese Alternativmodelle en détail aus und
welchen Zweck verfolgen sie?
" Welche Relevanz haben diese Wege für die Personal­
gewinnung insgesamt?
" In welchem Bezug (inhaltlich, strukturell) stehen die
alternativen Modelle zur dualen Ausbildung?
" In welchem Verhältnis stehen die alternativen Aus­
bildungsvarianten zur klassischen dualen Ausbil­
dung (inhaltliche und strukturelle Nähe oder Distanz
bzw. Ergänzung oder Verdrängung)?
F5: Welche Auswirkungen auf das Berufsbildungssystem sind bereits heute oder zukünftig durch die
identifizierten Ausbildungs- und Rekrutierungskonzeptionen feststellbar?
" Inwiefern ergibt sich durch die festgestellten Varian­
ten dualer Ausbildung ein Gestaltungsbedarf?
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
25
1.3 Forschungsthesen
Auf der Grundlage der genannten Forschungsfragen so­
wie des aktuellen Forschungsstands zum Zeitpunkt der
Studie wurden Forschungsthesen abgeleitet. Sie dienen
der Entwicklung des Erhebungsinstrumentariums sowie
der späteren Einordnung und Bewertung der gewonne­
nen Ergebnisse.
i. stellenwert der dualen Ausbildung
in Großunternehmen
stellenwert: Der Stellenwert der dualen Ausbildung
ist in Großunternehmen derzeit und auch zukünftig
hoch (These zu F1.1).
Aspekte wie die Leistungsfähigkeit und das Kosten-/
Nutzenverhältnis der Ausbildung bewerten Unter­
nehmen branchenübergreifend, immer noch, gut. In
Untersuchungen bestätigen Betriebe, dass sich für sie
die Ausbildung wirtschaftlich lohnt (vgl. Dionisius u. a.
2009, S. 18). In den vergangenen 15 Jahren hat sich das
Berufsbildungssystem verändert, es bietet heute eine
größere Flexibilität und von Betrieben geschätzte gute
Ansätze, wie z. B. durch gestaltungsoffene Ausbildun­
gen, Berufsgruppen oder die gestreckte Abschlussprüfung.
Abb. 9:
In den letzten drei Jahren sind allerdings sinkende
Ausbildungsquoten zu konstatieren. Bis Ende 2010 sank
die bundesweite Ausbildungsquote auf sechs Prozent,
was den niedrigsten Wert seit 1999 darstellt (Hucker
2012, S. 4 f.). Ein deutlicher Abwärtstrend ist in den neuen
Bundesländern zu verzeichnen (vgl. Abbildung 9). Erklä­
rungsansätze, wie Folgen des demografischen Wandels
(Sinken des Bewerber/innenangebots) oder die konjunk­
turelle Entwicklung (Reduktion der Ausbildungsaktivität
aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise), greifen al­
lerdings zu kurz. Erkennbar sind zusätzlich methodische
Schwächen bei der Ermittlung der Ausbildungsquote, die
vom Verhältnis „Gesamtbeschäftigte zu Auszubildenden“
ausgeht. Im Falle einer sinkenden Auszubildendenanzahl
und steigender Beschäftigung wirkt sich das negativ auf
die Ausbildungsquote aus. Noch ist unklar, ob der Rück­
gang als Trend bezeichnet werden kann.
Mit Blick ausschließlich auf die Großunternehmen
lässt sich in einer Langfristperspektive feststellen, dass
zwischen 1999 und 2010 die Ausbildungsbetriebsquote,
d. h. der prozentuale Anteil der Ausbildungsbetriebe an
allen Betrieben, um 1,8 Prozent gesunken ist (vgl. BIBB
2012b). Bundesweit über alle Betriebsgrößen hinweg
betrug die Veränderung nur -1,0 Prozent. Geklärt wird,
worauf nach Ansicht der Großunternehmen die zurück­
gehenden Ausbildungsquoten zurückzuführen sind und
wie sich ihrer Meinung nach die Ausbildungsquoten in
Großunternehmen entwickeln werden.
entwicklung der Ausbildungsquote 1999–2010 7,5%
7,0%
6,5%
6,0%
5,5%
Deutschland
Quelle: Hucker 2012, S. 5
Alte Länder
Neue Länder und Berlin
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
5,0%
26
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
Unternehmen im gewerblich-technischen oder
kaufmännischen Bereich unterscheiden sich hinsicht­
lich einzelner Aspekte wie z. B. Ausbildungstradition
oder Ausbildungsintensität nach Zielgruppen (Anteile
von Haupt-, Realschüler/innen und Abiturient/innen).
Dies könnte bedeuten, dass sich auch der Stellenwert der
Ausbildung in verschiedenen Branchen unterschiedlich
darstellt. Daher wird bei der Auswertung eine Differen­
zierung nach gewerblich-technischen und kaufmänni­
schen Berufsfeldern vorgenommen – und zwar dort, wo
durch die Betriebe Angaben gemacht wurden.
Es gibt Hinweise darauf, dass Betriebe ohne oder nur
mit einem geringen Auslandsumsatz höhere Ausbil­
dungsquoten aufweisen als Betriebe, deren Auslandsum­
satz bei mindestens 50 Prozent liegt. Exportorientierte
Unternehmen messen der dualen Berufsausbildung
in ihrer Personalstrategie demnach einen geringeren
Stellwert bei (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstat­
tung 2007, S. 107). Zu klären gilt es, inwieweit durch die
Internationalisierung die Ausbildungsaktivität im Inund Ausland beeinflusst wird.
effizienz: Unternehmen, die die Effizienz der Ausbildung in ihrem Unternehmen als lohnend bewerten,
weisen der Ausbildung einen hohen Stellenwert zu
(These zu F1.2).
ii. Varianten der Rekrutierung von Fachkräften für
die mittlere Qualifikationsebene
Unternehmen müssen von dem Nutzen bzw. der
Effizienz der dualen Berufsausbildung überzeugt sein,
um eine hohe Ausbildungsaktivität entfalten zu kön­
nen. Studien zur Kosten-/Nutzen-Betrachtung dualer
Berufsausbildung zeigen auf, dass der Grad der Ausbil­
dungsaktivität von positiven Effektivitätsbetrachtungen
abhängig ist (vgl. Dionisius u. a. 2009).
Flexibilität und individualisierung: Das System der
dualen Ausbildung wird flexibler und individualisierter (These zu F1.3).
Die Möglichkeiten der betrieblichen Ausbildung
verändern sich – durch Berufsgruppen oder die gestal­
tungsoffene Ausbildung. Auch der Aspekt der „Durchläs­
sigkeit“ innerhalb und zwischen den Bildungssystemen
beeinflusst die Ausbildung. Gleichzeitig haben Großun­
ternehmen aufgrund ihrer Ressourcen die Möglichkeit,
eigene Konzepte zu entwickeln und umzusetzen (z. B.
Ausbildung mit Zusatzqualifikationen). Die Ausbil­
dung verändert sich auch aufgrund der zunehmenden
Heterogenität der Bewerber/innengruppe – um leis­
tungsstärkeren Bewerber/innen mit Abitur und leis­
tungsschwächeren mit Hauptschulabschluss gerecht zu
werden, bieten Unternehmen individualisierte Ausbil­
dungskonzepte mit gezielter Förderung an.
Unternehmen, die die AusbildungPlus anbieten, wol­
len damit sowohl Defizite bei Auszubildenden ausglei­
chen, als auch Leistungsstarke fördern (vgl. Waldhausen/
Werner 2005, S. 60; BIBB 2011c; Severing 2009, S. 26 ff.).
internationalisierung: Die internationale
Geschäftstätigkeit der Großunternehmen
beeinflusst ihre Ausbildungsaktivitäten
im In- und Ausland (These zu F1.4).
Branchenübergreifend dient die duale Ausbildung
mittel- und langfristig zur Rekrutierung und Bindung benötigter Fachkräfte (These zu F2.1).
Viele Unternehmen schätzen die klassische Ausbil­
dung derzeit und zukünftig als „Königsweg“ ein, um
Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene auszu­
bilden (vgl. Weber 2007, S. 122). Vor allem für die mittlere
Fachkräfteebene ist die Ausbildung vermutlich derzeitig
und zukünftig das wichtigste Rekrutierungsinstrument.
iii. Anforderungen an die Ausbildung vor dem
Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen
Gestiegene Anforderungen auf der mittleren
Qualifikationsebene: Steigende Qualifikationsanforderungen auf der mittleren Qualifikationsebene
fördern die Entwicklung eigener Ausbildungsvarianten mit dem Ziel, die Ausbildung den gestiegenen
Anforderungen anzupassen (These zu F3.1).
In einigen Berufsbereichen wird eine „höhere systematische Wissensbasiertheit“ (Alesi/Teichler 2013,
S. 34) als wichtig erachtet, sodass von der Anhebung des
Qualifikationsniveaus über Akademisierungstendenzen
gesprochen wird. Es lässt sich nicht genau feststellen,
ob der Wandel hin zu komplexeren, anspruchsvolleren
Tätigkeiten eine Folge technologischer Entwicklungen
oder eine Folge der ansteigenden Qualifikationen der
Erwerbstätigen ist (vgl. Tiemann 2013, S. 81). Aber unter
denjenigen Personen, die hohen Wissensanforderungen
ausgesetzt sind, haben etwa die Hälfte eine Berufsausbil­
dung absolviert (a. a. O., S. 73).
Als Folgen dieses beschriebenen Wandels entwickeln
Unternehmen alternative Ausbildungs- und Qualifizie­
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
rungsmodelle und besetzen anspruchsvollere Positionen
vermehrt mit Hochschulabsolventinnen und -absolventen.
Arbeitsmarkt: Die Ausbildungsaktivität wird durch
die Quantität und Qualität der Bewerber/innen auf
dem Ausbildungsmarkt bestimmt (These zu F3.2).
Viele Unternehmen berichten branchenübergreifend
von Schwierigkeiten, Ausbildungsplätze zu besetzen (vgl.
Becker u. a. 2011, S. 16). Unternehmen, die nicht aus­
reichend viele oder nicht ausreichend gute Bewerber/
innen finden, bieten die Ausbildung mit Zusatzqualifika­
tionen an. Sie tun dies für verschiedene Zielgruppen (vgl.
Becker u. a., S. 21 ff.),
" um Defizite bei „leistungsschwächeren“ Auszubil­
denden auszugleichen,
" um die Ausbildung durch zusätzliche Inhalte anzu­
reichern,
oder aus Gründen der Attraktivitätssteigerung des
Unternehmens (vgl. u. a. Goeser/Isenmann 2011, S. 21),
" um durch dieses Angebot ein attraktiver Wettbewer­
ber zu sein und so möglichst viele Bewerber/innen
„anzulocken“.
iV. Alternative Ausbildungsvarianten
Großunternehmen stellen sich den Herausforderungen, die die duale Ausbildung mit sich bringt, durch
die etablierung neuartiger Ausbildungsvarianten
(These zu F4.1).
Die duale Berufsausbildung besitzt in Deutschland
nach wie vor einen hohen Stellwert. Die Rahmenbe­
dingungen bringen aber Herausforderungen mit sich,
wie z. B. zu wenige oder zu wenig gute Bewerber/innen,
hohe Kosten oder auch nicht mehr passgenaue Ausbil­
dungsinhalte. Um von den positiven Aspekten der eige­
nen Ausbildung zu profitieren, wie z. B. bedarfsgerechte
Ausbildung, Bindung von Fachkräften, und gleichzeitig
nachteilige Aspekte kompensieren zu können, ent­
wickeln Großunternehmen eine Vielzahl alternativer
Modelle (vgl. BIBB 2011a).
internationalisierung: Internationalisierungsaktivitäten unterstützen das Ausbildungsverhalten von
Großunternehmen in Richtung Höherqualifizierung
und fördern die Entwicklung alternativer Ausbildungsvarianten (These zu F4.2).
27
Großunternehmen, vor allem solche, die im produzierenden Gewerbe tätig sind, haben zumeist
eine Vielzahl ausländischer Standorte. Die Geschäfts­
tätigkeit auf internationalen Märkten erfordert eine
Höherqualifizierung der Fachkräfte, z. B. im Bereich
der Sprachkompetenzen oder der interkulturellen
Kompetenz (vgl. BIBB 2011a; Waldhausen/Werner
2005, S. 58 u. 63).
Veränderte fachliche Anforderungen führen zu
einer formalen Höherqualifizierung der Fachkräfte
für die mittlere Fachkräfteebene und erfordern eine
stärkere Verzahnung von Aus- und Weiterbildung
(These zu F4.3).
Im deutschen Bildungssystem lässt sich ein generel­
ler Trend zur Höherqualifizierung beobachten: Schüler/
innen streben nach höheren Schulabschlüssen, im
Idealfall dem Abitur. Auch bewerten viele anschließend
ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch ein Studium
höher als durch eine Ausbildung. Unternehmen wiede­
rum orientieren sich bei der Bewerber/innenauswahl
verstärkt auf andere Zielgruppen als noch vor 15 Jahren.
Im kaufmännischen Bereich z. B. ist das Abitur vor
Beginn der Ausbildung eher die Regel (vgl. Alesi/Teich­
ler 2013). Hintergrund sind die gestiegenen fachlichen
und überfachlichen betrieblichen Anforderungen. Die
Einführung und der Erfolg des dualen Studiums mit
Bachelorabschluss könnten daher dazu führen, dass
neue und anspruchsvolle Inhalte auch Eingang in die
Ausbildung finden.
Durchlässigkeit: Betriebliche Modelle fördern die
Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen und innerhalb von Bildungssystemen. Die Entwicklung oder
Etablierung unterschiedlicher Ansätze ist von dem
Bemühen gekennzeichnet, durchgängige Karrierepfade im Unternehmen zu etablieren (These zu
F4.4).
Um Fachkräfte bedarfsgerecht aus- und weiterzu­
bilden, ist die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen
und innerhalb von Bildungssystemen (z. B. Durchstieg
zwischen einzelnen Berufen oder zwischen Ausbil­
dungsberuf und Studium als beruflich Qualifizierter) für
Unternehmen handlungsleitendes Motiv. Innovative
Modelle, wie z. B. die Modularisierung von Aus- und
Weiterbildung oder die Schaffung von Berufsgruppen,
werden in Unternehmen zum Teil bereits umgesetzt
und sollen auch in der Berufsbildung stärker Eingang
finden (vgl. Waldhausen/Werner 2005, S. 61 ff.; Alesi/
Teichler 2013).
1 AUsGAnGslAGe UnD PROjekTZiele
28
inhaltliche und strukturelle nähe oder Distanz:
Alternative Ausbildungsvarianten intendieren die
strukturierte Vermittlung zusätzlich benötigter
Qualifikationen. Sie werden in ein organisatorisch
passendes Setting eingebunden (These zu F4.5).
Seit Mitte der 1990er-Jahre ist das Angebot an
Zusatzqualifikationen gestiegen. Seit der BolognaReform werden darüber hinaus verstärkt duale Studi­
engänge entwickelt. Diese Modelle nach dem Prinzip
„AusbildungPlus“3 sind ein Mittel dafür, um betriebsspe­
zifisch benötigte Fachkenntnisse zu vermitteln, die eine
Anpassung der Ausbildung entsprechend den aktuellen
Qualifikationserfordernissen ermöglicht (vgl. Waldhau­
sen/Werner 2007, S. 25). Alternative Ausbildungsformen
stellen darüber hinaus eine strukturell und inhaltlich
weiter gefasste Variante von Zusatzqualifikationen in der
Berufsausbildung dar.
Gestiegene Anforderungen an der schnittstelle zur
höheren Qualifikationsebene: Mit steigenden Qualifikationsanforderungen „am oberen Rand“ greifen
Unternehmen vermehrt auf alternative Ausbildungsvarianten zurück, um die Ausbildung den gestiegenen Anforderungen anzupassen (These zu F4.6).
Allein mit der dualen Berufsausbildung kann die
Wirtschaft ihren Fachkräftebedarf häufig nicht mehr
decken. Aktuelle Erkenntnisse aus der BIBB/IAB-Quali­
fikations- und Berufsfeldprojektion zeigen am ehesten
Fachkräfteengpässe bei den höchsten Qualifikations­
gruppen mit Hoch- und Fachhochschulabschluss (ISCED
5a und 6) und mit Fachschulabschluss (ISCED 5b). Eben­
so ist im mittleren Fachkräftesektor (qualifizierter Be­
rufsabschluss) verstärkt mit Engpässen zu rechnen (vgl.
Helmrich/Zika/Kalinowski/Wolter 2012). Alternative
Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten dienen dazu,
die sinkende Zahl von Schulabgänger/innen mit einem
höchstens mittleren Schulabschluss zu kompensieren.
Dabei wird vielfach auf höher qualifizierte Absolvent/
innen allgemeinbildender Schulen zurückgegriffen.
ergänzung oder Verdrängung: Alternative Modelle
ergänzen das Spektrum dualer Ausbildungsberufe
und stehen nicht im Wettbewerb zueinander (These
F4.7).
Alternative Ausbildungsvarianten tragen dazu
bei, besondere branchenbedingte Anforderungen an
3
vgl. AusbildungPlus: Das Portal für mehr Qualifikation
(www.ausbildungplus.de)
die Qualifikationen der Beschäftigten zu bewältigen
(vgl. BIBB 2011, S. 7 ff.). Zudem sind diese auf beson­
dere Zielgruppen zugeschnitten, z. B. zur Förderung
leistungsstarker oder zur Unterstützung leistungsschwächerer Auszubildender (vgl. Becker u. a. 2011).
Alternative Ausbildungsvarianten, wie z. B. die klassische
Berufsausbildung oder duale Studiengänge, stehen dabei
nicht im Wettbewerb zueinander, sondern ergänzen das
bestehende Angebot.
Zentrales Motiv ist nicht die Herstellung einer Kon­
kurrenzsituation, sondern die Erhöhung der Durchläs­
sigkeit zwischen den Bildungsgängen (vgl. a. a. O., S. 123).
2 MeTHODiscHes VORGeHen
2
29
Methodisches Vorgehen Untersucht wurde die Ausbildungs- bzw. Rekrutierungs­
praxis in 30 Großunternehmen (22 DAX-Unternehmen
sowie darüber hinaus acht weitere Unternehmen mit
zwischen 4.500 und 20.000 Mitarbeiter/innen).
Insgesamt kam eine mehrstufige multimethodische
Herangehensweise zum Einsatz, die qualitative und
quantitative Methoden verbindet, um den Gegenstand
in seiner Komplexität möglichst realitätsgetreu zu erfas­
sen und ein besseres Verständnis für das Zusammenwir­
ken der konstituierenden Faktoren zu entwickeln.
Abb. 10
(BIBB) einbezogen und Zwischenergebnisse gesichtet
und diskutiert. Diese Vorgehensweise ermöglichte die
Reflexion des Forschungsprozesses und generierte wei­
tere Forschungsfragen für die durchgeführten Fallstu­
dien.
Die Durchführung der Studie erfolgte in fünf Ar­
beitsschritten (Dokumentenanalyse, Online-Befragung,
vertiefende telefonische Interviews, betriebliche Fall­
studien sowie Berichterstellung), die nachfolgend näher
vorgestellt werden.
übersicht über das Methodenspektrum im zeitlichen Verlauf
Dokumentenanalyse
Online-Befragung
(n=30)
∙ Analyse betrieblicher
Ausbildungsund Rekrutierungsmodelle
∙ Standardisierte
Befragung von Ausbildungs- und Personalverantwortlichen
∙ Zusammenstellung
eines Unternehmenspools
∙ Erfassung erforderlicher Angaben zu
Ausbildungs- und
Rekrutierungskonzepten
Vertiefende telefonische interviews
(n=30)
∙ Leitfadengestützte
Interviews mit Ausbildungsleiter/innen
oder Personalverantwortlichen
∙ Qualifizierte Erhebung der spezifischen
Ausbildungs- und
Rekrutierungsmodelle
Betriebliche
Fallstudien
∙ Analyse der alternativen Ausbildungsund Rekrutierungsmodelle
∙ Analyse der innerbetrieblichen Wirkungsweise sowie Relevanz
Gesamtauswertung
und Bericht
∙ Themenbasierte
Auswertung der vorliegenden Ergebnisse
∙ Erstellung des
Abschlussberichts
und der Abschlusspräsentation
∙ Leitfadengestützte
Interviews mit
innerbetrieblichen
Expert/innen (Personalverantwortlichen,
Führungskräften und
Betriebsräten)
expertenworkshop
am 8.10.
12/2011
06/2012
08/2012
Die Ergebnisse erlauben einen vertieften Einblick in
das Ausbildungsverhalten von Großunternehmen, sind
jedoch nicht repräsentativ. Ziel der Untersuchung war
es in erster Linie, alternative Ausbildungs- und Rek­
rutierungsmodelle in der Breite zu identifizieren und
zu analysieren. Das Gesamtspektrum sollte dargestellt
werden und somit auch Modelle, die nur in einzelnen
Unternehmen zu finden sind. Im Blickfeld der Unter­
suchung stehen somit einzelne Phänomene (Varianten)
und weniger die Frage des quantitativen Umfangs.
Im Untersuchungsverlauf wurden Expertinnen und
Experten des Bundesinstituts für Berufliche Bildung
10/2012
12/2012
2.1 Dokumentenanalyse
Ziel
Ziel der Studie war die Analyse betrieblicher Ausbil­
dungs- und Rekrutierungsmodelle deutscher Großun­
ternehmen (z. B. duale Studiengänge, branchen- oder
betriebsspezifische Qualifizierungsprogramme, Ver­
bundausbildungen). Die Dokumentenanalyse diente als
Grundlage für die Erstellung des Fragebogens für die
Online-Befragung.
2 MeTHODiscHes VORGeHen
30
Die Analyse erfolgte über die Auswertung von Informa­
tionen in Geschäftsberichten oder Internetseiten von
Großunternehmen. Die identifizierten Beispiele lieferten
einen ersten Überblick über gängige Qualifizierungswe­
ge jenseits beruflicher Ausbildung nach BBiG/HwO und
trugen dazu bei, die Fragestellungen für die Online-Befragung zu präzisieren.
" Wirtschaftszweige: In die Untersuchung wurden
Unternehmen verschiedener Branchen einbezogen:
Sowohl Unternehmen aus dem produzierenden
Gewerbe als auch Dienstleister wurden in die Studie
mit eingebunden. Es ging einerseits darum, die Be­
sonderheiten verschiedener Branchen (vgl. Tabelle 1)
zu berücksichtigen, und andererseits sollte ein mög­
lichst breites Spektrum an alternativen Ausbildungsund Rekrutierungsvarianten identifiziert werden.
Zudem konnten relevante Ansprechpartner/innen
(Ausbildungs- und Personalverantwortliche) identifiziert
und ein Unternehmenspool von insgesamt 50 Groß­
unternehmen (30 DAX-Unternehmen und 20 weitere
Großunternehmen) für die nachfolgende Online-Be­
fragung und die vertiefenden telefonischen Interviews
zusammengestellt werden.
" Unternehmensgröße: Es sollten vor allem Groß­
unternehmen mit über 10.000 Beschäftigten
Berücksichtigung finden, da diese eher innovative
Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten nutzen.
In einzelnen Fällen wurden auch Unternehmen mit
weniger Beschäftigten in die Studie eingebunden, die
über derartige Varianten verfügen.
Vorgehen
2.2 Online-Befragung
Ziel
Erforderliche Sachinformationen, wie z. B. Kennzahlen
zu Mitarbeiter/innen, zum Fachkräfteanteil oder zur
Entwicklung der Ausbildungsquote, wurden im Vorfeld
der telefonischen Interviews über eine standardisierte
Online-Befragung erhoben (vgl. Schnell/Hill/Esser 2011,
S. 374). Die Online-Befragung diente dazu, die Inter­
views inhaltlich zu entlasten. Gegenstand waren, neben
den Rahmendaten zum Unternehmen, die Bewertung
des derzeitigen und zukünftigen Stellenwerts der dualen
Ausbildung sowie im Unternehmen etablierte alterna­
tive Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten für die
mittlere Fachkräfteebene.
" Internationale Geschäftstätigkeit: Es wurden zu­
dem Unternehmen einbezogen, die Repräsentanzen
in Deutschland haben, deren Muttergesellschaft sich
aber im Ausland befindet. Darüber konnten Ein­
flüsse von Unternehmen aus und auf ausländische
Ausbildungssysteme ermittelt werden. Zudem war
es möglich, Einflüsse der internationalen Geschäfts­
tätigkeit auf das deutsche Berufsbildungssystem zu
untersuchen.
Die Anzahl der ausgewählten Unternehmen aus den
einzelnen Wirtschaftsbereichen orientierte sich an dem
Anteil an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des
jeweiligen Bereichs. Wirtschaftszweige mit einem höhe­
ren Anteil an Beschäftigten wurden in der Studie stärker
berücksichtigt als andere.
Die Mehrheit der befragten Unternehmen (19 von
30) wird als Aktiengesellschaft geführt. Darüber hinaus
In Ergänzung der qualitativen Erkenntnisse konnten
die Ergebnisse der Online-Befragung einer quantitativen
Auswertung unterzogen werden.
Tabelle 1: Verteilung der Unternehmen nach Wirtschaftszweigen
Vorgehen
Wirtschaftszweig
Auswahl der Unternehmen
Im Fokus der Studie standen Großunternehmen, die als
Trendsetter für Innovationen der Aus- und Weiterbil­
dung gelten. Aus dem erstellten Unternehmenspool mit
einer Größenordnung von 50 Unternehmen erfolgte die
Auswahl von 30 Großunternehmen. 22 DAX-Unterneh­
men und acht weitere Unternehmen waren bereit, sich
zu beteiligen.
Die Kriterien für die Auswahl der 30 Unternehmen
folgten den formulierten Vorgaben:
Verarbeitendes Gewerbe
Anzahl
14
Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen
4
Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen
3
Information und Kommunikation
3
Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden
2
Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen
Dienstleistungen
2
Handel; Instandhaltung und Reparatur von
Kraftwagen; Energieversorgung
2
2 MeTHODiscHes VORGeHen
31
sind als Rechtsformen die Europäische Gesellschaft (SE)
(3), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (3), die
Kommanditgesellschaft (1), die eingetragene Genossen­
schaft (1) sowie andere Rechtsformen (3) angegeben.
Die Mitarbeiter/innenzahl der Unternehmen in
Deutschland bewegt sich bei neun Unternehmen zwi­
schen 4.000 und unter 10.000 Beschäftigten, bei sechs
Unternehmen zwischen 10.000 und unter 25.000 Be­
schäftigten, bei sieben zwischen 25.000 und unter 50.000
und bei acht Unternehmen bei über 50.000 Beschäftig­
ten. Nahezu alle Unternehmen sind weltweit aktiv (vgl.
Abbildung 11).
Ansprechpartner bzw. die Ansprechpartnerin festgelegt.
Ansprechpartner/innen waren Ausbildungsleiter/in­
nen und Personalverantwortliche. Die identifizierten
Ansprechpartner/innen erhielten einen personalisierten
Zugangscode, um auf den Fragebogen zugreifen zu kön­
nen. Dass diejenigen Personen geantwortet haben, die
zur Beantwortung der Fragen auch qualifiziert sind, ist
auf unterschiedliche Weise sichergestellt worden: über
die vorherige telefonische Abklärung der Zuständigkei­
ten, über das telefonische Abklären der Bereitschaft zur
Teilnahme, über die Übersendung eines personalisierten
Zugangscodes und über die anschließende Einbindung
der antwortenden Person in die Experteninterviews.
Abb. 11: Anzahl der Mitarbieter/innen der befragten Unternehmen im in- und Ausland
nach Größenklassen
Anzahl Mitarbeiter/innen im Inland
Anzahl Mitarbeiter/innen im Ausland
n=
n=
4
4
9
4
7
5
4
7
6
8
Bis unter 10.000
10.000 bis unter 25.000
25.000 bis unter 50.000
50.000 bis unter 100.000
über 100.000
Die Beschäftigtenzahlen weltweit bewegen sich bei
sieben Unternehmen unter 10.000 Mitarbeitenden, bei
zwölf Unternehmen bis unter 50.000 Beschäftigten und
bei den anderen Unternehmen – bei einer fehlenden
Angabe – mit einer breiten Streuung bis zu 275.000
Beschäftigten.
Der Online-Fragebogen (siehe Anlage 1) wurde
inhaltlich mit dem Auftraggeber abgestimmt und einem
Pretest unterzogen (Verständlichkeit, Eindeutigkeit,
Handhabbarkeit). Der Fragebogen ist in die folgenden
Themenkomplexe unterteilt:
Vorgehen bei der Befragung
" Angaben zum Unternehmen und zur Organisation
der Ausbildung
Die Ansprache der Unternehmen erfolgte mehrstufig: In
einem ersten Schritt wurden 30 Unternehmen posta­
lisch, mithilfe von Informationsschreiben des BMBF und
des f-bb, über die Studie informiert. Bei der anschlie­
ßenden telefonischen Kontaktaufnahme wurde der
" Positionen zur dualen Ausbildung, zum Ausbildungs­
verhalten und zur Personalplanung (z. B. Gründe für
die eigene Ausbildung)
" Angaben zu alternativen Ausbildungs- und Rekrutie­
rungsmodellen
2 MeTHODiscHes VORGeHen
32
2.3 Telefonische, leitfadengestützte
Experteninterviews
Ziel
Die telefonischen Expertengespräche sollten die Ergeb­
nisse aus der Online-Befragung vertiefen und spezifi­
zieren. Ziel der Telefoninterviews war die Erhebung der
unternehmensspezifischen Ausbildungs- und Rekrutie­
rungsmodelle sowie deren qualitative Diskussion z. B.
hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile. Gefragt wurde
nach den Gründen für die Nutzung alternativer Ausbil­
dungsvarianten, deren perspektivische Bedeutung im
Unternehmen und nach der Einschätzung der bildungs­
politischen Entwicklungen im Vergleich zu unterneh­
mensinternen Herausforderungen.
Vorgehen
Eine Expertin/ein Experte ist im Allgemeinen eine
Person, die ein besonderes Wissen über relevante Sach­
verhalte besitzt (vgl. Gläser/Laudel 2004, S. 10) und „in
irgendeiner Weise Verantwortung trägt für den Entwurf,
die Implementierung oder die Kontrolle einer Prob­
lemlösung oder (…) über einen privilegierten Zugang
zu Informationen über Personengruppen oder Ent­
scheidungsprozesse verfügt“ (Meuser/Nagel 2005, S. 74).
Gesprochen wird deshalb von methodisch konstruierten
Expert/innen (vgl. Deeke 1995, S. 10).
Experteninterviews sind im Verständnis dieser
Studie eine spezielle Anwendungsform von leitfaden­
gestützten Interviews. Anders als bei biografischen
Interviews interessiert der/die Befragte dabei weniger
als (ganze) Person denn in ihrer/seiner Eigenschaft als
Experte/Expertin für ein bestimmtes Handlungsfeld. Die
Person wird auch nicht als Einzelfall, sondern als Reprä­
sentant/in einer Gruppe (von bestimmten Expert/innen)
in die Untersuchung einbezogen. Dies schränkt die
Bandbreite der potenziell relevanten Informationen, die
die Befragten liefern sollen, deutlicher als bei anderen
Interviews, ein. Deshalb kommt dem Leitfaden bei
dieser Interviewform eine starke Steuerungsfunktion im
Hinblick auf den Ausschluss unergiebiger Themen zu.
Die Interviewpartner/innen verfügen über eine
exklusive Stellung im jeweiligen Unternehmen und sind
gemäß ihrer Position und Erfahrung in der Lage, die
vorhandenen bestehenden Ausbildungs- und Rekrutie­
rungsmodelle im Unternehmen aus strategischer Sicht
und hinsichtlich ihrer praktischen Ausgestaltung und
Handhabung zu bewerten.
Im Unterschied zur schriftlichen Befragung ermög­
licht die mündliche Befragung in Form eines leitfa­
dengestützten Interviews eine aktive Steuerung des
Gesprächs. So wird es möglich, dass einerseits über eine
geordnete und einheitliche Struktur (Leitfaden) über alle
Interviews hinweg Antworten generiert werden, die eine
spätere Kategorisierung ermöglichen. Andererseits kön­
nen während des Interviews einzelne Aspekte vertiefend
thematisiert werden. Dieser explorative Charakter stellt
sicher, dass bislang nicht fokussierte Ausbildungsvarian­
ten offengelegt und bewertbar werden.
Mit dem leitfadengestützten, telefonischen Exper­
teninterview (vgl. Schnell/Hill/Esser 2011, S. 317) wurde
eine effiziente und ökonomische Form der Datener­
hebung gewählt. Dieser Interviewform wurde Vorrang
gegenüber alternativen methodischen Zugängen wie
den Vor-Ort-Interviews eingeräumt, die aus Zeit- und
Kostengründen einen deutlich geringeren Einbezug von
Unternehmen zur Folge hätte.
Die Interviews wurden aufgezeichnet, zusammenge­
fasst und mittels eines thematischen Codierungssystems
(anlehnend an die Auswertungsstrategie zu Expertenin­
terviews nach Mäuser/Nagel 2005) mithilfe der Software
MAXQDA thesenbasiert ausgewertet.
Grundlage der Gesamtauswertung waren die zentra­
len Leitfragen, die sich aus dem Erkenntnisinteresse der
Studie ergaben. Die forschungsleitenden Fragestellun­
gen bedurften der Konkretisierung in Form von Thesen
(siehe Kapitel 1.3) als Grundlage für die Durchführung
der einzelnen Auswertungsschritte und der Darstellung
der Ergebnisse im Abschlussbericht.
Durchführung des experteninterviews
Der Interviewleitfaden (siehe Anlage 2) orientierte sich
eng an den Fragestellungen der Online-Befragung und
sollte die Befragungsergebnisse weiter vertiefen. Nach
der Erstellung des Interviewleitfadens erfolgte eine
unternehmensindividuelle Schwerpunktsetzung unter
Berücksichtigung der in der Online-Befragung gemach­
ten Angaben.
Im Fokus der Experteninterviews standen insbe­
sondere Hintergrundinformationen und Detailfragen
zu alternativen Ausbildungsvarianten. Dabei dienten
Betriebsbeispiele der Erläuterung einzelner Sachverhal­
te. In einzelnen Fällen konnten außerdem auf Nachfrage
nicht auswertbare Angaben der Unternehmen bei der
Online-Befragung korrigiert werden.4
4
Teilweise waren auch zusätzliche Erläuterungen zur begriff­
lichen Einordnung notwendig. So bezogen z. B. einige Unter­
nehmen ihre Angaben zur Nachqualifizierung nicht allein auf
die berufliche Qualifizierung An- und Ungelernter, sondern
allgemein auf Weiterbildungsmaßnahmen.
2 MeTHODiscHes VORGeHen
2.4 Betriebliche Fallstudien
Ziel
Ziel der drei vertiefenden betrieblichen Fallstudien
war es, Inhalt, Form und Organisation alternativer
Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle näher zu
untersuchen. Daraus sollte abgeleitet werden, inwieweit
diese Varianten eine Reaktion der Unternehmen auf
veränderte Herausforderungen sind und inwieweit sie
Erwartungen an die berufliche Bildung widerspiegeln.
Ein weiteres Untersuchungsinteresse bezog sich auf die
detaillierte Untersuchung des strategischen Zwecks und
der betrieblichen Folgen dieser Varianten im Vergleich
zur klassischen dualen Berufsausbildung. Zudem stand
die betriebliche Bewertung ihrer Relevanz im Kontext
aller betrieblichen Ausbildungs- und Qualifizierungs­
modelle im Fokus der Fallstudien. Die Ergebnisse der
Fallstudien werden im Zusammenhang mit den Ergeb­
nissen der Online-Befragung und der Telefoninterviews
integriert dargestellt und sind nicht gesondert aufge­
führt.
Zusammenfassend erfüllen die Fallstudien die fol­
genden Ziele:
" Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs- und
Rekrutierungsvarianten hinsichtlich ihres strategi­
schen Zwecks und der betrieblichen Folgen
" Analyse der Organisation dualer Ausbildung mit
Fokus auf alternative Ausbildungs- und Rekrutie­
rungsvarianten
" Berücksichtigung unterschiedlicher Sichtweisen
betrieblicher Akteure, wie Personal- und Ausbil­
dungsverantwortliche, Produktionsleiter/innen oder
Führungskräfte
Vorgehen
Fallstudien als Forschungsansatz, „der die theoretischen
Vorgaben der Methodologie in praktische Handlungs­
anweisungen umsetzt, ohne selbst Erhebungstechnik
zu sein“ (Lamnek 2000, S. 5), bieten den Vorteil, dass
man sich für ausgewählte Aspekte intensiv und tiefer
gehend mit dem Untersuchungsmaterial beschäftigen
und so umfangreichere und komplexere Ergebnisse
generieren kann (vgl. Witzel 1982, S. 78). Dazu können
unterschiedliche (Einzel-)Methoden kombiniert werden,
um die Fälle in ihrer Komplexität möglichst realitäts­
getreu zu beschreiben und ein besseres Verständnis für
das Zusammenwirken der konstituierenden Faktoren zu
entwickeln (vgl. Lamnek 2000, S. 5 ff.).
Dazu wurden in den Unternehmen Experteninter­
views mit unterschiedlichen betrieblichen Akteuren in
33
Abhängigkeit der jeweiligen Branche durchgeführt. Zu
den befragten Expert/innen gehörten Ausbildungs- und
Personalentwicklungsverantwortliche, Filial-, Abtei­
lungs- bzw. Produktionsleiter/innen und Führungskräf­
te sowie Vertreter/innen des Betriebsrats. Die Ergebnisse
der Fallstudien sind lediglich typisch für die untersuch­
ten und weiteren (Fall-)Situationen, jedoch nicht reprä­
sentativ für alle Großunternehmen. Sie ermöglichen es,
betriebliche Modelle zu beleuchten und Handlungsmus­
ter zu begründen.
Thematischer Fokus
Die Befragungsergebnisse warfen Themen- und Fra­
gestellungen auf, die mithilfe der Fallstudien geklärt,
vertieft und verdichtet wurden. Identifiziert wurden
folgende drei bildungspolitisch relevante Themen: Fach­
kräftesicherung, Internationalisierung und die Ausbil­
dung mit Unterstützung „Dritter Experten“.
1. Fachkräftesicherung: Konzentriert wurde sich auf
vertiefende und die Studie ergänzende Fragestellun­
gen zur Sicherung des zukünftigen Fachkräftebe­
darfs. Speziell stand das Handling der Unternehmen
von unterschiedlichen Anforderungs- und Quali­
fikationsniveaus in der Ausbildung im Fokus. Dazu
gehörte auch die Frage nach Entwicklungspfaden für
Beschäftigte zur Vorbereitung auf die Übernahme
anspruchsvollerer Tätigkeiten (z. B. durch das Modell
der dualen Studiengänge). Es galt, das Verhältnis des
dualen Studiums zu dualer Ausbildung zu betrach­
ten, da unterschiedliche Zielsetzungen mit dem
dualen Studium verfolgt werden: Einerseits stand das
betriebliche Interesse im Fokus, die Attraktivität als
Arbeitgeber zu erhöhen und somit kompetente Be­
werber/innen anzuziehen und zu binden. Anderer­
seits galt es zu prüfen, inwieweit sich ein geändertes
Tätigkeitsprofil an der Schnittstelle Fachkraft-Akade­
miker/in in den Unternehmen etabliert. Diese Frage
stellt sich gerade vor dem Hintergrund der Diskussi­
on um die Akademisierung der Berufswelt.
2. Internationalisierung: Vor dem Hintergrund
intensiver internationaler Geschäftstätigkeiten der
befragten Großunternehmen war zu klären, inwie­
weit sich diese auf die Ausbildung selbst auswirken.
Die Fragestellungen beleuchteten die Modelle der
Unternehmen näher und berücksichtigten auch die
veränderten Anforderungen an die Beschäftigten
(z. B. Vermittlung von Sprachkenntnissen, Sozialund Kulturkompetenzen). Die bisherigen Erkennt­
nisse, die eher auf einen Export von Elementen der
dualen Ausbildung verweisen, galt es hinsichtlich
Ausmaß und Reichweite näher zu betrachten.
3. Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“:
Das Thema bezieht sich auf Untersuchungen zur
2 MeTHODiscHes VORGeHen
34
Pluralität der Lernorte. In Erweiterung der Lernorte
„Betrieb“ und „Berufsschule“ etablieren einige Un­
ternehmen in der Ausbildung feste Kooperationen
mit externen Bildungsinstituten oder Akademien.
Ausbildungsinhalte werden gezielt an diese dritten
Experten ausgelagert oder von externen Trainer/in­
nen im Unternehmen übernommen.
Auswahl der Unternehmen
Die Auswahl der Unternehmen erfolgte auf Basis des
vorgestellten Themenspektrums. Alle drei Themen soll­
ten weitgehend über die ausgewählten Unternehmen
abgedeckt werden. Ausgewählt wurden ein Unterneh­
men aus der produzierenden chemischen Industrie,
ein Automobilhersteller und ein Unternehmen aus der
Dienstleistungsbranche.
Der entwickelte Gesprächsleitfaden (siehe Anla­
ge 3) konzentrierte sich thematisch auf die genannten
Fragestellungen und beleuchtete sowohl strategische
als auch operative Aspekte identifizierter Ausbildungsund Rekrutierungsvarianten.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
3
35
Darstellung der Untersuchungsergebnisse
3.1 Stellenwert der dualen Ausbil­
dung in Großunternehmen
Leitfrage 1, mit den dazu operationalisierten Thesen,
bildet die Grundlage zur Beantwortung der Frage nach
dem Stellenwert der dualen Ausbildung als Ausbildungs­
und Rekrutierungsmodell in Großunternehmen. Es
werden dazu hauptsächlich Ergebnisse der Online-Be­
leitfrage F1: W
elchen stellenwert hat die duale
Ausbildung in Großunternehmen?
" Wie lässt sich der Stellenwert der dualen Berufsausbildung aus Sicht der Unternehmen beschreiben?
" Wie zufrieden sind die Unternehmen mit der Leistungsfähigkeit der dualen Ausbildung?
fragung herangezogen5. Ergänzend dazu werden Zitate
aus den telefonischen Interviews verwendet. Es handelt
sich zunächst um eine Grobeinschätzung der befragten
Unternehmen zur eigenen Ausbildung (Status quo in
den befragten Großunternehmen) – und zwar insgesamt
zu den in dem jeweiligen Unternehmen vorzufindenden
Modellen6.
Der Stellenwert dualer Ausbildung bezieht sich auf
die Eignung der von Großunternehmen in Anspruch ge­
nommenen Ausbildungs- und Rekrutierungsvarianten,
um den Fachkräftenachwuchs für die mittlere Qualifika­
tionsebene zu sichern. Da die Beweggründe für die duale
Berufsausbildung in Großunternehmen nicht eindi­
mensional sind und keiner monolithisch ausgerichteten
Strategie folgen, erfolgt die Bewertung des Stellenwertes
über drei verschiedene Dimensionen: ökonomische Di­
mension, werteorientierte Dimension und gesellschafts­
politische Dimension (vgl. Abbildung 12).
" Was schätzen Unternehmen an der dualen Ausbildung und inwiefern sehen sie Verbesse­
rungsbedarf?
5 Sofern keine anderen Angaben gemacht werden, ist bei den
quantitativen Angaben immer von allen 30 Unternehmen als
relevante Bezugsgröße auszugehen.
" Welche Faktoren fördern und hemmen die Aus­
bildung nach BBiG/HwO?
6 Einige Unternehmen bieten die Ausbildung mit Zusatzqualifi­
kationen an. Einige wenige der befragten Betriebe subsumie­
ren auch das duale Studium unter den Begriff „Ausbildung“.
Eine differenzierte Betrachtung und Auswertung der verschie­
denen Ausbildungsvarianten erfolgt in Kapitel 3.4.
Abb. 12:
strukturierungsansatz zur spezifizierung des stellenwerts dualer Ausbildung
Ökonomische
Dimension
Gesellschaftspolitische
Dimension
Werteorientierte
Dimension
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
36
Ausbildung zur Fachkräftesicherung und berücksichtigt
das Kosten-/Nutzenverhältnis. Die Flexibilität des Sys­
tems sowie die Auswirkungen der Internationalisierung
auf das Ausbildungsverhalten der befragten Unter­
nehmen sind ebenfalls der ökonomischen Dimension
zugeordnet.
Der Stellenwert dualer Ausbildung wird von den
Unternehmen nicht ausschließlich unter ökonomischen
Gesichtspunkten (u. a. Effizienz und Effektivität dualer
Ausbildung) bewertet. Auch werteorientierte (u. a. Tra­
ditionsbezug dualer Ausbildung, Beitrag zur Corporate
Identity) und gesellschaftspolitische Aspekte (u. a. Aus­
bildungsverantwortung und Abhängigkeit vom Bewer­
bermarkt) begründen den Stellenwert von Ausbildung in
Unternehmen.
Zunächst wird der Frage der Ausbildungsbereit­
schaft, als Merkmal des Stellenwerts auf Ebene der
ökonomischen Dimension, nachgegangen. Als Indi­
kator eignet sich hier die Ausbildungsquote, da deren
Entwicklung letztlich von ökonomischen Faktoren und
strategischen Überlegungen der Unternehmen beein­
flusst ist.
In diesem Zusammenhang sei aber darauf verwiesen,
dass die Dimensionen zwar in Beziehung zueinander
stehen, die ökonomische Dimension aber handlungs­
leitend ist. Ökonomische Ziele entsprechen zum einen
dem Unternehmenszweck und sind zum anderen
Voraussetzung für die Fortführung der Ausbildung.
„Wenn Unternehmen […] anfangen, Ausbildung nicht
mehr als ökonomisch sinnvolle Investition zu betrach­
ten, sondern als sozialpolitische Wohltat, dann besteht
langfristig die Gefahr, dass sie sich auch tatsächlich aus
der Ausbildung zurückziehen“ (Busemeyer 2012, S. 28).
a. stagnation der betrieblichen Ausbildungsquoten
3.1.1 stellenwert der dualen Ausbildung:
Ökonomische Dimension
Die seit dem Jahr 2000 durch die Unternehmen ange­
gebenen Ausbildungsquoten zeigen grundsätzlich eine
dem Bundesdurchschnitt entsprechende Ausbildungs­
aktivität. Die Quoten weisen eine breite Streuung mit
einer Konzentration um den Bundesdurchschnitt her­
um auf. Im Jahr 2000 haben 14 Unternehmen unter dem
durchschnittlichen Niveau ausgebildet, in den Jahren
2005 und 2010 waren es 17 bzw. 18 Unternehmen (vgl.
Abbildung 13).
Die ökonomische Dimension umfasst Aspekte wie die
Zufriedenheit der befragten Unternehmen mit der Leis­
tungsfähigkeit des Ausbildungssystems, dem Beitrag der
Berücksichtigt werden muss, dass die befragten
Unternehmen ihre Ausbildungsquoten unterschiedlich
berechnen. Zum Teil wird die Quote auf Basis der fest
Abb. 13: Ausbildungsquoten 2000, 2005 und 2010
Jahr
2000
2005
2010
2,0
3,0
4,0
ein Unternehmen
Bundesdurchschnitt
5,0
6,0
zwei Unternehmen
7,0
8,0
9,0
vier Unternehmen
23
25
Ausbildungsquote in %
sechs Unternehmen
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
angestellten Vollzeitkräfte berechnet, andere Unterneh­
men beziehen die Zahlen ausschließlich auf ihre aktive
Belegschaft, also alle im Unternehmen tätigen Perso­
nen (u. a. Zeitarbeitskräfte, Praktikant/innen). Manche
Unternehmen zählen Praktikant/innen und duale
Studentinnen und Studenten als Auszubildende, andere
nicht. Zudem ergeben sich Schwankungen aufgrund von
Restrukturierungsmaßnahmen, die einen Personalab­
bau zufolge haben und auf den meist erst verzögert der
Abbau von Ausbildungsplätzen folgt.
In den nächsten fünf bis zehn Jahren prognostiziert
der Großteil der befragten Unternehmen eine gleich­
bleibende (20 Nennungen in den Interviews) bis leicht
ansteigende (sieben Nennungen) Ausbildungsquote. Von
einer sinkenden Ausbildungsquote geht in den nächsten
Jahren lediglich ein Unternehmen aus.
Die demografiebedingte Knappheit an Bewerber/innen (sechs Nennungen) und die zunehmende Attraktivi­
tät dualer Studiengänge bei den Bewerber/innen werden
zwar als potenzielle Hindernisse einer steigenden oder
konstanten Ausbildungsquote benannt, dennoch wird
mehr als die Hälfte der Unternehmen (16) an ihrer
bisherigen Quote festhalten oder sie erhöhen, um ihren
zukünftigen Bedarf an Nachwuchskräften decken zu
können.
„Wir werden nächstes Jahr versuchen, noch mehr
auszubilden. Aufgrund der demografischen Entwick­
lung wird das schwerer, aber es ist unser Ziel, die Aus­
bildungsquote beizubehalten.“ (Branche: Handel)
„Ich denke, die Quote bleibt stabil, weil ich im
Moment den gemeldeten Bedarf an Nachwuchskräften
nicht abdecken kann, weil mir nicht die entsprechen­
den Kapazitäten zur Verfügung stehen. Also einmal
wegen der Bedarfssignale der letzten Jahre und zum
Abb. 14:
37
Zweiten aufgrund der demografischen Strukturdaten
unseres Unternehmens.“ (Branche: Erbringung von
freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen
Dienstleistungen)
Branchenspezifisch lassen sich leichte Tendenzen
in der prognostizierten Entwicklung der Ausbildungs­
quote erkennen. Vor allem Unternehmen aus dem
verarbeitenden Gewerbe prognostizieren eine steigende
Ausbildungsquote in den kommenden fünf bis zehn
Jahren, was sich auf das tendenzielle Wachstum dieses
Wirtschaftszweigs (v. a. Automobil- und Chemiebranche)
zurückführen lässt.
b.Hohe Zufriedenheit der Unternehmen mit der
leistungsfähigkeit der dualen Ausbildung
These F1.1: Der Stellenwert der dualen Ausbildung
ist in Großunternehmen derzeit und auch zukünftig
hoch.
Die Auswertung der quantitativen und qualitativen Da­
ten stützt die These des derzeitig und zukünftig hohen
Stellenwertes des dualen Ausbildungssystems als Rekru­
tierungsmodell in Großunternehmen. Die Mehrheit der
befragten Unternehmen (n=24) ist mit der Leistungsfä­
higkeit des dualen Systems zur Deckung des betriebli­
chen Fachkräftebedarfs zufrieden oder sehr zufrieden.
Lediglich ein Unternehmen gibt an, unzufrieden zu sein
(vgl. Abbildung 14).
Diese Zufriedenheit drückt sich auch darin aus,
dass für nahezu alle befragten Unternehmen die eigene
Ausbildung einen unverzichtbaren Bestandteil der Per­
sonalpolitik darstellt, der entscheidend zur Sicherung
der künftigen Wettbewerbsfähigkeit beiträgt (n=28).
Gut qualifizierte und eingearbeitete Mitarbeiter/innen
Zufriedenheit der Unternehmen mit der leistungsfähigkeit des dualen systems
(sehr) zufrieden
teils, teils
Zufriedenheit mit der Leistungsfähigkeit des dualen Systems
unzufrieden
24
0
5
10
5
15
20
25
1
30
Anzahl der Unternehmen
n=30
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
38
Abb. 15: Bewertung eigener Ausbildung
Die eigene Ausbildung ...
Anzahl der Unternehmen
0
5
10
15
20
25
30
30
wirkt sich positiv auf das Image des Betriebs aus.
trägt entscheidend zur künftigen Wettbewerbsfähigkeit bei.
29
gehört bei uns zur Firmentradition.
29
ist der beste Weg, künftige Mitarbeiter/innen
in die Unternehmenskultur einzuführen.
28
steigert deutlich den Geschäftswert unseres Unternehmens
durch qualifizierte Mitarbeiter/innen.
28
ist unverzichtbarer Bestandteil der Personalpolitik.
28
nutzen wir, um das Risiko von Qualifikationsengpässen
auszuschließen.
26
ist stets auch Gemeinschaftsaufgabe der Wirtschaft.
26
erhöht die Attraktivität unseres Betriebs für leistungsfähige
Arbeitskräfte.
22
wirkt sich positiv auf Gestaltung der betrieblichen
Weiterbildung aus.
20
fördert die Innovationsfähigkeit des Betriebs.
20
gewährleistet die stetige Zufuhr von neuem Wissen.
19
soll uns vom externen Arbeitsmarkt unabhängig machen.
19
bewirkt eine systematische Verjüngung unserer Belegschaft.
19
erhöht stark das Ansehen unseres Betriebs bei Kunden
und Lieferanten.
19
verbessert unsere Anpassungsfähigkeit an technische und
Marktveränderungen.
18
n=30
steigern den Geschäftswert des Unternehmens (n=28)
(vgl. Abbildung 15).
Ausschlaggebende Faktoren zur Erklärung die­
ses hohen Stellenwerts sind vielfältig erkennbar: Die
Unternehmen schätzen die Kombination aus Theorie
und Praxis, die gewährleistet, dass die Auszubildenden
das theoretisch Erlernte in die Praxis umsetzen und die
sicherstellt, dass die Jugendlichen bereits in der Ausbil­
dung betriebliche Abläufe kennenlernen und relevante
Berufserfahrung sammeln.
Mehrfachantworten möglich
„Generell ist die Verbindung von theoretischen
Inhalten und praktischer Anwendung ein enormer
Vorteil des deutschen Ausbildungssystems. Ich
glaube, dieser Ansatz ist auch nach wie vor und
auch zukünftig richtig und gut.“ (Branche: Erbrin­
gung von Finanz- und Versicherungsdienstleistun­
gen)
Die Mitarbeiter/innen werden schon sehr früh an
das Unternehmen gebunden und lernen die Kultur
sowie verschiedene Fach- und Produktionsbereiche
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
39
kennen. Das ermöglicht einen weitgehend friktionslosen
Übergang von Ausbildung in Beschäftigung.
auch die besseren Führungskräfte. Das kann man na­
türlich nicht verallgemeinern.“ (Branche: Handel)
„Da wissen wir, was wir haben, die haben eine
dreijährige Probezeit durchlaufen, ist doch toll! Und die
bringen auch während der Ausbildung Nutzen, da sie,
wenn man das gut pädagogisch anpackt, einen hohen
Output an Leistung haben.“ (Branche: Verarbeitendes
Gewerbe)
c. Vielfältige Gründe für die eigene Ausbildung
Auch im Hinblick auf berufsbegleitende Weiter­
qualifizierungen (Aufstiegsfortbildung, Studium) wird
die berufliche Ausbildung als vorteilhaft betrachtet. 20
Unternehmen geben an, dass sich die eigene Ausbildung
positiv auf die Gestaltung der betrieblichen Weiterbil­
dung auswirkt (vgl. Abbildung 15), in dem Sinne, dass
diese im Anschluss an die solide Grundausbildung, die
der/die Ausbildungsabsolvent/in im Unternehmen
durchlaufen hat, eine betriebsnahe Weiterqualifizierung
leichter realisierbar ist als bei extern ausgebildeten
Fachkräften.
„Ich glaube, dass sich die berufliche Ausbildung –
gerade im Hinblick auf Weiterqualifizierungen wie
Meister oder Bachelor – lohnt. Weiterqualifizierungen
lassen sich nach einer Ausbildung leichter realisieren.
Das sind, in Richtung Zukunft gedacht, wahrscheinlich
Gefragt nach den Gründen für die eigene Ausbildung,
steht der Aspekt der Passgenauigkeit benötigter Fach­
kräfte im Vordergrund. So finden sich unter den sechs
meistgenannten Gründen der Unternehmen für die
eigene Ausbildung die Berücksichtigung betrieblicher
Anforderungen, die Reaktion auf den Mangel an qualifi­
ziertem Personal auf dem Ausbildungsmarkt, die Siche­
rung des Fachkräftenachwuchses in den Branchen/Re­
gionen sowie die Vermeidung hoher Fluktuation durch
die Gewinnung besonders betriebsnaher Fachkräfte (vgl.
Abbildung 16). 26 der befragten Unternehmen nutzen
zudem die Ausbildung, um das Risiko von Qualifika­
tionsengpässen auszuschließen, 22 sind der Meinung,
dass durch die eigene Ausbildung die Attraktivität des
Betriebes für leistungsstarke Arbeitskräfte steigt (vgl.
Abbildung 15).
Weitere Gründe für die eigene Ausbildung sind die
Einsparung der Einarbeitungskosten im Vergleich zu
betriebsfremden Fachkräften (n=22), die Reduktion des
Risikos personaler Fehlentscheidungen im Gegensatz
Abb. 16: Gründe für die eigene Ausbildung
Anzahl der Unternehmen
0
5
10
15
20
25
Qualifizierung von Nachwuchskräften, die genau den
betrieblichen Anforderungen entsprechen
30
Gewinn von Fachkräften, da Mangel an qualifiziertem
Personal auf dem Arbeitskraft
24
Einsparung hoher Einarbeitungskosten für betriebsfremde
Fachkräfte
22
Vermeiden von hoher Fluktuation durch Gewinnung besonders
betriebsverbundener Fachkräfte
21
Sicherung des Fachkräftenachwuchses in den
Branchen/Regionen
21
Vermeidung des Risikos personaler Fehlentscheidungen, das bei
Einstellung betriebsfremder Kräfte gegeben sein kann
20
Möglichkeit, bei der Übernahme von Auszubildenden „die
Besten“ auszuwählen
18
16
Einsparung von Kosten der Personalsuche auf dem Arbeitsmarkt
Einsparung von un- und angelernten Arbeitskräften durch den
Arbeitseinsatz der Auszubildenden während der Ausbildung
30
6
n=30
Mehrfachantworten möglich
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
40
zur Einstellung externer Fachkräfte (n=20), die Möglich­
keit der Übernahme der „Besten“ nach der Ausbildung
(n=18) und die Einsparung der Kosten für die Personal­
suche auf dem Arbeitsmarkt (n=16). Sechs Unternehmen
bewerten die Kostenreduktion, die durch den Arbeits­
einsatz der Auszubildenden während der Ausbildung
verzeichnet werden kann, als einen ausschlaggebenden
Grund.
d.Ausgeglichenes kosten-/nutzenverhältnis der
dualen Ausbildung
„Die eigene Ausbildung bietet die Möglichkeit,
betriebsspezifisch auszubilden. Der externe Markt an
Fachkräften bietet oftmals nicht genau das, was das
jeweilige Unternehmen sucht.“ (Branche: Bergbau, Ge­
winnung von Steinen und Erden)
Unternehmen, für die sich Ausbildung aus ökonomi­
schen Gründen stärker lohnt als früher (neun von 307),
betrachten die Ausbildung im kaufmännischen Bereich
(n=7) und gewerblich-technischen Bereich (n=6) künftig
als ein wichtiges oder sehr wichtiges Modell, Fachkräfte
auf der mittleren Qualifikationsebene zu rekrutieren.
Immerhin fünf Unternehmen nennen allerdings auch
den Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulab­
solvent/innen als (sehr) wichtiges Rekrutierungsinst-
„Die Ausbildung ist das zentrale Medium, über das
wir den Fachkräftebedarf im Unternehmen decken. Die
bei uns ausgebildeten Fachkräfte kennen natürlich das
Abb. 17:
These F1.2: Unternehmen, die die Effizienz der
Ausbildung in ihrem Unternehmen als lohnend
bewerten, weisen der Ausbildung einen hohen
Stellenwert zu.
A
ls (sehr) wichtig bewertete Rekrutierungsvarianten von Unternehmen,
für die sich die eigene Ausbildung mehr lohnt als früher
Anzahl der Unternehmen
0
2
4
6
12
6
Eigene Ausbildung im gewerblich-technischen Bereich
5
Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulabsolvent/innen
Einstellung berufserfahrener Fachkräfte vom externen
Arbeitsmarkt
3
Beschäftigung von Leiharbeitskräften (über
Zeitarbeitsfirmen)
3
Qualifizierung und Weiterbildung von Mitarbeiter/innen
ohne Berufsausbildung
2
Einstellung schulisch ausgebildeter Berufsanfänger/innen
2
Unternehmen – und zwar nicht nur aus der Fachlich­
keit heraus, sondern auch aus der Außerfachlichkeit
heraus, die kennen verschiedenste Abläufe, die kennen
die Unternehmenskultur, das bringt natürlich große
Vorteile.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
10
7
Eigene Ausbildung im kaufmännischen Bereich
Einstellung von Studienabbrecher/innen
8
1
n=9
Mehrfachantworten möglich
rument. Anderen Rekrutierungsvarianten, wie z. B. der
Einstellung berufserfahrener Fachkräfte vom externen
Arbeitsmarkt, der Beschäftigung von Leiharbeitskräften
über Zeitarbeitsfirmen oder der Einstellung von Studi­
enabbrecher/innen messen sie eine deutlich geringere
Bedeutung zu (vgl. Abbildung 17).
7
vgl. Abbildung 24, Kapitel 3.3.1 auf S. 57
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
41
Abb. 18: Zufriedenheit der Unternehmen mit dem kosten-/nutzenverhältnis des dualen systems
(sehr) zufrieden
teils, teils
Zufriedenheit mit dem Kosten-/
Nutzenverhältnis des dualen
Systems
23
0
5
10
7
15
20
Anzahl der Unternehmen
Die Effizienz der eigenen Ausbildung hat demnach
großen Einfluss auf den Stellenwert der dualen Ausbil­
dung in den befragten Großunternehmen.
Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen
sind mit dem Kosten-/Nutzenverhältnis des dualen Aus­
bildungssystems (sehr) zufrieden, keines der befragten
Unternehmen gibt an, unzufrieden zu sein.
Auch wenn sich das Verhältnis zwischen Investition
und Nutzen schwer beziffern lässt, wird die duale Aus­
bildung als rentabel eingestuft. Vor allem die qualitative
Hochwertigkeit der Ausbildung rechtfertigt für die
befragten Unternehmen die hohen Kosten (sechs Nen­
nungen). Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen:
Erworbene Kompetenzen der Fachkräfte sind mit dem
betrieblichen Bedarf kompatibel.
„Wir stecken da viel Geld rein, aber das, was wir da­
für bekommen, hat auch Hand und Fuß, ist qualitativ
hochwertig. Da sehen wir die Relation als angemessen.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
„Die Ausbildung ist qualitativ hochwertiger als
früher, es werden mehr Inhalte vermittelt, man kann
einen viel höheren Anspruch erheben an den heutigen
Facharbeiter.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
27 der 30 befragten Unternehmen geben bei der
Frage danach, welche Aspekte das Ausbildungsverhal­
ten des Unternehmens in den vergangenen fünf bis
zehn Jahren deutlich beeinflusst hat, die gestiegenen
Anforderungen an die Fachkräfte der mittleren Quali­
fikationsebene an. Folgten die Tätigkeiten vor einigen
Jahren noch häufiger einer gewissen Routine, wurden
die Anforderungen im Laufe der Zeit zunehmend
komplexer und vielfältiger. Die stetige Weiterentwick­
lung der Technologien und Maschinen erfordert analog
25
30
n=30
dazu eine Zunahme an Know-how. Durch vermehrte
Geschäftstätigkeiten im Ausland und in Folge der Glo­
balisierung gewinnen Sprachkenntnisse und interkul­
turelle Kompetenzen an Bedeutung. Zudem integrieren
Unternehmen vermehrt Zusatzkurse oder Zusatzquali­
fikationen in den regulären Ausbildungsplan. Von den
Lehrlingen werden in erhöhtem Maße konzeptionelle
und kreative Fähigkeiten sowie eine selbstständige
Arbeitsweise erwartet. Die gestiegenen Anforderungen
und die daraufhin erfolgte Anpassung und Weiterent­
wicklung der betrieblichen Ausbildung führt dazu,
dass Auszubildende bereits während der Ausbildung
wertschöpfend eingesetzt werden können.
„Dadurch, dass das Anforderungsprofil gestiegen
ist, ist natürlich auch die Wertschöpfung des Azubis ge­
stiegen und dadurch ist der Nutzen in den Abteilungen
höher als früher, wo es noch – und ich bin jetzt auch
schon 17 Jahre dabei – viele Abteilungen gab, die doch
noch sehr administrativ und routinemäßig unterwegs
waren und wo der Nutzen natürlich nicht so hoch war
wie heute, bei jemandem, der schon recht schnell in
irgendwelche Projektgeschäfte einsteigt.“ (Branche:
Information und Kommunikation)
Die Einstellung von berufserfahrenen Fachkräften
oder (Fach-)Hochschulabsolventinnen und -absolventen
über den externen Arbeitsmarkt wird zwar von jeweils
knapp der Hälfte der befragten Unternehmen als (sehr)
wichtige Rekrutierungsvariante bewertet (vgl. Abbildung
22), aber nicht unbedingt als rentable Alternative zur
Ausbildung im eigenen Unternehmen. Die Einstellung
extern ausgebildeter Fachkräfte wird häufig dann in
Anspruch genommen, wenn der Fachkräftebedarf durch
intern ausgebildete Mitarbeiter/innen nicht gedeckt
werden kann. Den hohen Einstiegsgehältern extern
rekrutierter Fachkräfte steht die Ersparnis an Einarbei­
42
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
tungszeit und -kosten eines/einer selbst ausgebildeten
Beschäftigten gegenüber. Ein sehr hoher Anteil der be­
fragten Unternehmen (n=22) sieht in der eigenen Ausbil­
dung den Vorteil, dass hohe Kosten für die Einarbeitung
betriebsfremder Fachkräfte entfallen (vgl. Abbildung 16).
„Der Aspekt der Flexibilisierung wird immer wichti­
ger, ein starres Ausbildungssystem wird zukünftig nicht
mehr funktionieren. Die Ausbildung muss zukünftig
individueller umgesetzt werden.“ (Branche: Erbringung
von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen)
Auch die Einsparung von Kosten der Personalsuche
auf dem externen Arbeitsmarkt wird von den Unterneh­
men (n=16) als Vorteil der eigenen Ausbildung erachtet
(vgl. Abbildung 16). Die eigene Ausbildung soll das
Unternehmen vom externen Arbeitsmarkt unabhängig
machen (vgl. Abbildung 15).
„Die eigene Ausbildung bietet die Möglichkeit,
betriebsspezifisch auszubilden. Der externe Markt an
Fachkräften bietet oftmals nicht genau das, was das
jeweilige Unternehmen sucht.“ (Branche: Bergbau, Ge­
winnung von Steinen und Erden)
Ein geringer Anteil der befragten Unternehmen
(n=6) benennt auch den Wegfall an- und ungelernter
Arbeitskräfte durch Auszubildende als einen Grund für
die eigene Ausbildung (vgl. Abbildung 16). Die Auszubil­
denden sind ab einem fortgeschrittenen Ausbildungs­
stand nach Einschätzung der Unternehmen – in der
Regel ab dem zweiten Ausbildungsjahr – fähig, relativ
selbstständig zu arbeiten und werden schon während
der Ausbildungszeit vermehrt in die Produktions- und
Dienstleistungsprozesse mit einbezogen. Dadurch steigt
die Rentabilität der betrieblichen Ausbildung für den
Ausbildungsbetrieb.
„Der Vorteil ist eigentlich der, dass ich einiges an
Einarbeitung und Kosten spare, als wenn ich extern
rekrutieren würde, weil der Auszubildende natürlich
schon drei Jahre bei uns im Haus ist, durch verschie­
dene Abteilungen gelaufen ist, d. h., der braucht einige
Schulungen gar nicht mehr, der braucht keine Einfüh­
rungstage mehr, der muss sich nicht in die Systeme
einarbeiten, das kennt er alles schon drei Jahre lang
und er kann viel schneller dann effizient in den Bereich
eingearbeitet werden.“ (Branche: Information und
Kommunikation)
e. Hohe Flexibilität des Ausbildungssystems
These F1.3: Das System der dualen Ausbildung wird
flexibler und individualisierter.
Die These, dass das System der dualen Ausbildung flexi­
bler und individualisierter wird, wird durch die Befra­
gungsergebnisse der Unternehmen gestützt. Ein hohes
Maß an Flexibilität der betrieblichen Ausbildung wird
von den meisten Unternehmen hervorgehoben. Die Aus­
bildung ermöglicht eine systematische Heranführung
des Fachkräftenachwuchses an das ausbildende Unter­
nehmen und dessen Spezifika. Über die Hälfte der Unter­
nehmen (n=18) bewerten sie als ein wichtiges Instrument
zur Verbesserung der Anpassungsfähigkeit an technische
und Marktveränderungen (vgl. Abbildung 15).
Insbesondere Unternehmen aus dem verarbeitenden
Gewerbe begrüßen zwar die mittlerweile schnellere Ein­
führung bzw. Anpassung von Berufen. Um sicherzustel­
len, dass die Ausbildungsberufe die rasante Entwicklung
von Qualifikationsanforderungen und Tätigkeitsprofilen
abbilden, müssten die Prozesse allerdings noch effizi­
enter sein. Ebenso erfahren die allgemein flexibleren
Prüfungsmöglichkeiten, wie die gestreckte Abschluss­
prüfung und der betriebliche Auftrag in der Prüfung, in
diesem Kontext eine positive Erwähnung. Zudem werden
das Angebot zweijähriger Berufe und die Möglichkeit,
Ausbildungsbestandteile im Ausland wahrzunehmen,
als Erweiterung des Flexibilitätsspielraums angesehen.
Der Großteil der Unternehmen ist mit der Pass­
genauigkeit der Berufe zufrieden. Gerade die neu geordneten Metall- und Elektroberufe und deren gestaltungsoffene Ausbildungsordnungen, die es den
Unternehmen ermöglichen, viele betriebsspezifische
Inhalte zu vermitteln, tragen zur Zufriedenheit bei.
Die Unternehmen der Automobilindustrie zeigen sich
hierbei „noch zufrieden“, erwarten aber zukünftig
einen erneuten Anpassungsbedarf.
„Ja, wir bilden ja z. B. für die Montage Fertigungs­
mechaniker aus, die gerade dieses Qualitätsmanage­
ment-Denken, das Thema Lean Management, Präsen­
tation, Problemlösung und Teamfähigkeit mit in die
Ausbildung integriert haben und insofern passt das
zusammen. Oder auch Mechatroniker, die im Rahmen
des betrieblichen Auftrages in der Prüfung lernen, die
Probleme ganz gezielt und tiefgehend auch zu lösen,
und damit haben die auch eine gewisse Problemlö­
sungsfähigkeit und auch eine entsprechende Fähigkeit,
Probleme auf den Punkt zu bekommen, auf ein Ergeb­
nis zu bekommen. Und damit sind wir eigentlich sehr
zufrieden.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Ein Unternehmen der Dienstleistungsbran­
che ist momentan deshalb zufrieden, da der Beruf
Tourismuskaufmann/-frau vor Kurzem überarbeitet
wurde und daher sehr gut die Belange der Branche
abdeckt.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
43
f. Zunehmende internationale Geschäftstätigkeit
beeinflusst das Ausbildungsverhalten der
Unternehmen
extern eingekauften Trainer/innen vermittelt. Neun
Unternehmen bieten ihren Auszubildenden einen Aus­
landsaufenthalt während der Ausbildungszeit an.
These F1.4: Die internationale Geschäftstätigkeit
der Großunternehmen beeinflusst ihre Ausbildungsaktivitäten im In- und Ausland.
Sechs Unternehmen erwähnen explizit die Leis­
tungsfähigkeit des deutschen Ausbildungssystems im
Vergleich zu ausländischen Ausbildungsmodellen. Das
Alleinstellungsmerkmal des deutschen Ausbildungssys­
tems besteht, laut Aussage der exportierenden Unter­
nehmen, hauptsächlich in der hier vorhandenen Kom­
bination aus Theorie und Praxis. Ausländische Modelle
sind oftmals sehr verschult (z. B. Ungarn, Russland), die
Inhalte werden nur theoretisch vermittelt.
Zwei Drittel (n=20) der befragten Unternehmen be­
stätigen, dass die zunehmende Internationalisierung
Auswirkungen auf das eigene Ausbildungsverhalten hat
(vgl. Abbildung 19).
Die befragten Unternehmen sind größtenteils
„Global Player“, d. h., das Aktivitätsspektrum der meisten
Betriebe ist weltweit ausgerichtet. Nur sehr wenige sind
ausschließlich in Deutschland tätig (n=4). Vor allem in
der EU und dem restlichen Europa, in Nordamerika und
Asien sind viele Unternehmen mit Standorten vertreten.
Die Ausbildung leistet für viele der befragten
Unternehmen einen Beitrag zur Unterstützung ihrer
Geschäftstätigkeiten im Ausland. Aufgrund der Gestal­
tungsoffenheit bietet sie den Unternehmen die Mög­
lichkeit, ihren Auszubildenden relevante Inhalte bereits
während der Ausbildungszeit zu vermitteln und sie da­
mit für internationale Geschäftstätigkeiten zu wappnen.
Vor dem Hintergrund der Internationalisierung wer­
den verstärkt zusätzliche überfachliche Qualifikationen
vermittelt (n=18), die den Betrieben als relevant bezüg­
lich ihrer Geschäftstätigkeiten im Ausland erscheinen
und in den Curricula der Berufsschulen nicht abgedeckt
sind. Dies betrifft in erster Linie vertiefte Sprachkennt­
nisse (v. a. Englisch, Spanisch) sowie interkulturelle
Kompetenzen. Diese werden in Schulungen von meist
„Ich glaube nach wie vor, dass wir mit dem dua­
len System, das ja nach wie vor noch einzigartig ist in
Europa, einen sehr starken Vorteil gegenüber den rein
schulischen Ausbildungen haben, da diese Modelle
nicht ermöglichen, die Theorie mit der Praxis zu ver­
knüpfen.“ (Branche: Sonstige wirtschaftliche Dienstleis­
tungen)
Neben dem hohen Stellenwert der deutschen dualen
Ausbildung im Vergleich zu ausländischen Modellen
und dem Beitrag, den diese zur Unterstützung der
internationalen Geschäftstätigkeiten leistet, ist ein Trend
zur Höherqualifizierung im Kontext der internationalen
Geschäftstätigkeit erkennbar. Unternehmen, die eine
größere Anzahl an Produktions- und Vertriebsstand­
orten im Ausland besitzen, bieten vermehrt das duale
Studium als Ausbildungs- und Rekrutierungsmodell an.
Immerhin 19 von 28 Unternehmen mit einem dualen
Studium haben mehr als 50 Vertriebsfilialen/-standorte,
elf Unternehmen mehr als 50 Produktionsstandorte
weltweit. Vor allem im kaufmännischen Bereich greifen
Unternehmen oftmals auf duale Studiengänge zurück,
Abb. 19: Auswirkungen der zunehmenden internationalisierung auf das Ausbildungsverhalten
der Unternehmen
eher ja
Die zunehmende Internationalisierung hat Auswirkungen auf die
Ausbildung von Fachkräften.
eher nein
20
0
5
10
10
15
20
Anzahl der Unternehmen n=30
25
30
44
um Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene zu
qualifizieren – nicht zuletzt aufgrund der angegebenen
höheren Kompetenzanforderungen, die sich im Zuge
internationaler Geschäftstätigkeit ergeben.
„Grundsätzlich generiert man für das Ausland
eher Hochschulabsolventen, das Bachelor-/Master­
system ist international gängige Praxis und bekannt.“
(Branche: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen
Dienstleistungen)
g. Verbesserungsbedarf hinsichtlich des dualen
Ausbildungssystems
Neben dem erkennbaren und dargestellten hohen Stel­
lenwert des dualen Ausbildungssystems für die Großun­
ternehmen wird nach konkreter Nachfrage unterschied­
licher Verbesserungsbedarf formuliert.
schnittstelle zur Berufsschule
Branchenübergreifend, mit leichtem Überhang der
Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe, wird Kritik
an der Leistung der Berufsschulen geäußert. Verbes­
serungspotenzial in der Zusammenarbeit mit Berufs­
schulen (zehn Nennungen) bestehen in der besseren
inhaltlichen Abstimmung zwischen den Lernorten
Berufsschule und Betrieb. Angesprochen werden vor
allem die zu geringe Passung von vermittelten Ausbil­
dungsinhalten und dem betrieblichen Bedarf sowie
die unzufriedenstellende Ausgestaltung der Inhalte.
Die Kooperation zwischen Betrieb und Berufsschule
müsse intensiviert werden, um eine bessere Passung zu
erzielen. Verbunden mit der inhaltlichen Frage ist auch
der Hinweis auf fehlendes ausreichend qualifiziertes
Personal in den Berufsschulen.
„Wir tun uns an vielen Stellen schwer mit den
Berufsschulen, da können Berufsschulen oft nichts
dafür – Problem ist das Ineinandergreifen von Kompe­
tenzentwicklung zwischen den Lernorten. Lernfelder
sind manchmal nicht perfekt mit dem verzahnt, was im
Betrieb gerade benötigt wird.“ (Branche: Verarbeitendes
Gewerbe)
„Von der Praxis her haben wir immer wieder Prob­
leme mit der Abdeckung durch die Berufsschulen, also
das ist ein sehr unterschiedliches Bild, teilweise sehr
gut, teilweise müssen wir dort Inhalte abdecken, die in
der Schule durch Lehrermangel etc. nicht ausreichend
vermittelt werden. Das ist so der Punkt, den ich da
sehe.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Betriebliche Handlungsstrategien zur Verbesserung
der Situation bestehen in der ergänzenden Wissensver­
mittlung durch die Unternehmen, beispielsweise durch
Zusatzkurse. Auch werden Kooperationen mit externen
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
Partnern (z. B. Akademien) initiiert, die den Auszubilden­
den die fehlenden Inhalte vermitteln (zwei Nennungen).
„Die Leistung der Berufsschulen ist eher mangelhaft.
Wenn die Leistung der Berufsschulen besser wäre, wäre
das duale System optimal. Mit der derzeitigen Situation
müssen wir viel Engagement in den Ausgleich dieser
Defizite stecken (Zusatzkurse).“ (Branche: Verarbeiten­
des Gewerbe)
„Für den Bereich Basisqualifizierung haben wir uns
einen externen Partner gesucht, die Akademie [Name
ersetzt], die uns diese Basisqualifizierung bundesweit
einheitlich zur Verfügung stellt. Diese Fachqualifizie­
rung wird ganz unterschiedlich erbracht, so wie es eben
beim jeweiligen Kunden notwendig ist und manchmal
eben auch mit internen Referenten, Dozenten oder Ma­
terialien versehen.“ (Branche: Erbringung von Finanzund Versicherungsdienstleistungen)
Hohes Anspruchsniveau in der Ausbildung
Das Anspruchsniveau der Ausbildung steigt vor al­
lem in gewerblich-technischen Berufen stetig. Dieser
Aspekt wurde zwar von manchen Unternehmen positiv
bewertet, teilweise schlagen sich die steigenden An­
forderungen jedoch in schlechten Prüfungsleistungen
der Auszubildenden nieder (vier Nennungen), was zu
einer teilweise kritischen Bewertung führt. Insbesonde­
re Auszubildende mit Haupt- und Realschulabschluss
haben Schwierigkeiten, die anspruchsvollen Prüfungen
zu bestehen (als Beispiel wurde hier das Berufsbild KfzMechatroniker/in genannt). Dies wird unter anderem
auf die Masse an Inhalten zurückgeführt, die heutzutage
laut Ausbildungsordnung zu vermitteln ist. Zum Teil
müssen die ausbildenden Betriebe kompensatorisch
wirken und die Auszubildenden durch Zusatzkurse
während der Ausbildung auf die Prüfungen vorberei­
ten, was einen zusätzlichen Aufwand bedeutet und die
Kosten der Ausbildung erhöht. Es müsse sichergestellt
werden, dass ein Ausbildungsberuf von der Zielgruppe
der Absolvent/innen der Sekundarstufe I weiterhin zu
bewältigen ist.
„Was mir ein bisschen Sorgen bereitet, ist der stän­
dige Anstieg des Anspruchsniveaus in den Abschluss­
prüfungen. Da glaube ich, ist man auf dem falschen
Weg. Insbesondere im Hinblick darauf, dass gerade in
den technischen Berufen eben auch viele junge Leu­
te mit Haupt- oder Realschulabschluss ausgebildet
werden. Wenn ich diesen Leuten die Berufsbefähigung
vermittle und dann die Prüfungen in bestimmten
Bereichen so anspruchsvoll sind, dass ich eigentlich
immer nur mit einem schlechten Ergebnis herausgehen
kann, also da bin ich mit der Entwicklung unzufrieden.“
(Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissen­
schaftlichen und technischen Dienstleistungen)
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
Zu große Vielfalt an Berufen
Die zu große Vielfalt und damit einhergehende Unüber­
sichtlichkeit der Ausbildungsberufe in Deutschland wird
von vier Unternehmen kritisiert. Als mögliche Verbesse­
rungen dahingehend werden eine Reduzierung der An­
zahl der Berufe, ein vermehrter Einsatz des Berufsgrup­
penprinzips und damit verbunden die Modularisierung
von Ausbildungsberufen benannt. Zwei Unternehmen
aus dem verarbeitenden Gewerbe schlagen zudem die
Einführung einer Grundqualifizierung vor, mit anschlie­
ßender Spezialisierung. Als mögliche Umsetzung wird
die Ausarbeitung einer geringen Anzahl an Basisberufen
vorgeschlagen, die eine breite Grundqualifikation absi­
chern und auf die dann betriebs- bzw. spartenspezifisch
aufgebaut werden kann.
„Wir haben eine unglaubliche Zahl von Berufen,
da blickt keiner mehr durch. Macht es nicht Sinn, eine
Grundqualifizierung zu finden, auf der Spezialisierun­
gen aufbauen können. Das könnte man speziell entlang
vom Bedarf der Unternehmen und Kompetenzen der
Azubis machen. Ich rede hier nicht von zweijährigen
Berufen oder dem angelsächsischen Modell.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
Trend zur Akademisierung
Branchenübergreifend bewerten fünf Unternehmen
den Trend in Richtung Akademisierung der mittleren
Fachkräfteebene als bedenklich, u. a. da das klassische
duale Ausbildungssystem bislang ein Garant für den
wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands darstellt. Es wird
kritisch festgestellt, dass vonseiten des Staates vermehrt
in die Hochschulbildung investiert wird und die beruf­
liche Bildung (v. a. Berufsschulen) finanziell weniger
gut ausgestattet sind. Eine zunehmende Entwertung
des dualen Ausbildungssystems wird infolge dessen von
manchen Unternehmen befürchtet.
„Die Ausbildung im Fachkräftebereich verliert
permanent an Ansehen, da kann man machen, was
man will. Wenn man heutzutage nicht studiert hat oder
nicht studieren kann, dann ist das schon mal schlecht.“
(Branche: Energieversorgung)
Verbesserung des kosten-/nutzenverhältnisses
Trotz des überwiegend positiven Tenors hinsichtlich
eines ausgewogenen Kosten-/Nutzenverhältnisses der
Berufsausbildung werden auch hier Verbesserungswün­
sche genannt, die zur Steigerung der Rentabilität des
Systems beitragen könnten.
Die fehlende Passung zwischen den Curricula der
Berufsschulen und den benötigten Inhalten der Ausbil­
dung wird auch unter dem Aspekt des Kosten-/Nutzen­
45
verhältnisses kritisch beurteilt. Die zusätzlichen Qua­
lifizierungen, die nötig sind, um den Auszubildenden
die fehlenden Inhalte zu vermitteln, sind mit enormen
Kosten verbunden.
„Weil wir neben dem klassischen Part Berufsschule
und neben dem klassischen Part in der Unterneh­
menspraxis einen dritten Part bezahlen müssen und
konzipieren müssen, der sehr wichtig ist, und das ist die
sogenannte Qualifizierung mit den Facetten Basisqua­
lifizierung und Fachqualifizierung. Das ist für uns ein
sehr kostenintensiver Part.“ (Branche: Erbringung von
Finanz- und Versicherungsdienstleistungen)
erhöhung der Flexibilisierung des dualen Ausbildungssystems
Auch bezogen auf die Flexibilität des Ausbildungssys­
tems wird noch Verbesserungsbedarf gesehen. Folgende
Aspekte werden in diesem Zusammenhang benannt:
" Häufigere Überprüfung und Neuordnung der
Berufsbilder (vier Nennungen), um beispielsweise
auf die stetigen Veränderungen im technologischen
Bereich schneller reagieren zu können. Aufgrund der
Möglichkeiten einer beweglicheren und schnelle­
ren Anpassung der Curricula der Fachhochschulen
auf die Bedarfe des Unternehmens, begründet ein
Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor das
Ausweichen auf das Modell des dualen Studiums in
bestimmten Berufsfeldern.
„Veränderungen (technologisch und was Produkti­
onsverfahren angeht) passieren heute so schnell, dass
wir auch in der Berufsausbildung sehr viel schneller
werden müssen, um mithalten zu können und im Ide­
alfall sogar Entwicklungen vorwegnehmen zu können.
Man bewegt sich im Spannungsfeld zwischen hoch­
wertiger, auf berufliche Anforderungen ausgerichteter
Ausbildung. Auf der anderen Seite ist das System zu
unflexibel und zu wenig auf dynamische Veränderun­
gen ausgerichtet.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
" Beschleunigung von Neuordnungsverfahren (sechs
Nennungen): Die Anpassung der Berufsbilder an die
Bedarfe der Unternehmen wird nach wie vor als ein
langwieriger Prozess wahrgenommen und bringt
einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich. Teil­
weise müssen Zwischenlösungen bis zur erfolgten
Anpassung oder Neuordnung gefunden werden.
„Also manchmal könnte eine Entwicklung, eine
Anpassung an die Bedarfe der Unternehmen etwas
schneller gehen, also bis letzten Endes ein Berufsbild
verändert wird, dauert es doch einige Zeit lang und das
ist manchmal etwas schwierig, darauf zu warten. Man
versucht dann mit der zuständigen Stelle, mit dem Be­
46
rufsbildungsausschuss vor Ort irgendwelche Zwischen­
lösungen zu bekommen, aber unter dem Strich ist das
natürlich eine sehr langwierige Geschichte, bis dann
das Bundesministerium die Entwicklung nachgezeich­
net hat.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
" Neun der 30 Unternehmen geben an, dass bestehen­
de Ausbildungsberufe zur Bewältigung der Anfor­
derungen an den betrieblichen Arbeitsplätzen nicht
passgenau sind. Das sind insbesondere zwei Unter­
nehmen der Branche „Erbringung von Finanz- und
Versicherungsdienstleistungen“. Ein Unternehmen
(Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienst­
leistungen) bemängelt, dass die Ausbildung sehr
spezifisch ist und die Absolventen/innen nur sehr
speziell einsatzfähig sind.
„Ausbildung sollte aber ja so angelegt sein, dass
man eher Generalist ist, das verschwindet immer mehr.“
(Branche: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen
Dienstleistungen)
" Auch zur Frage angepasster Inhalte von Ausbil­
dungsberufen sind Hinweise aus einem Unterneh­
men der Energiebranche geäußert worden. Ein
Unternehmen benennt selbst entwickelte Quali­
fizierungsinhalte zum/zur „Hydroniker/in“ und
„Hydromechaniker/in“8 (Einsatz dieser Fachkräfte im
Bereich Wasserkraft), die im Anschluss an die Berufs­
ausbildung vermittelt werden.
" Ein Unternehmen (Erbringung von Finanz- und
Versicherungsdienstleistungen) stört sich an miss­
verständlichen (Dialogmarketing) oder unattraktiven
(Sozialversicherungsfachangestellte) Berufsbezeich­
nungen. Im kaufmännischen Bereich wird von
der Neuordnung der Büroberufe erwartet, dass die
neuen Berufsbilder zudem den gestiegenen Anforde­
rungen entsprechen können.
" Erhöhung der Durchlässigkeit im Bildungssystem
(vier Nennungen): Die Anerkennung und Anrech­
nung von Lernleistungen auf höhere Abschlüsse
sollte vereinfacht werden. Wünschenswert wäre ein
Punktesystem (vgl. DECVET9) oder die Möglichkeit,
verschiedene Berufe kombinieren zu können, bei­
8 Zielgruppe: Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen der
Berufe Elektroniker/in und Industriemechaniker/in: Elektro­
niker/innen erhalten direkt im Anschluss an die Berufsausbil­
dung eine dreimonatige Grundausbildung im Bereich Metall.
Industriemechaniker/innen erhalten eine entsprechende Ver­
tiefung im Bereich Elektronik. Beide Gruppen erlernen zudem
spezifische Inhalte rund um die Wasserkraft.
9 DECVET ist eine Pilotinitiative des BMBF zur Entwicklung ei­
nes deutschen Leistungspunktesystems für die Berufsbildung.
Die Initiative verfolgt das Ziel, durch ein einheitliches Punkte­
system Lernleistungen und Kompetenzen zu bewerten und de­
ren Anrechnung für andere Ausbildungswege zu ermöglichen.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
spielsweise Ausbildungsberufe, deren Tätigkeitsfelder
und erforderliche Kompetenzen sich überschneiden,
wie z. B. Werkzeugmechaniker/in und Mechatroni­
ker/in.
„Es wäre also gut, mit der Durchlässigkeit früher
anzusetzen und so das schulische Übergangssystem
etwas zu entlasten.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
„Es wäre schön, wenn man zwischen Berufen mi­
schen könnte. Gut wäre z. B. eine Mischung zwischen
Werkzeugmechaniker und Mechatroniker, weil an
Arbeitsplätzen Kompetenzen aus beiden Berufen gefor­
dert sind.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
" Stärkere Einbindung in das Prüfungswesen (zwei
Nennungen): Von zwei Unternehmen wurde der
Wunsch nach einer Modifizierung des Prinzips
„wer lehrt, prüft nicht“ hin zu „wer lehrt, der prüft“
geäußert.
„Wir hätten Interesse daran, stärker in eine Prüfung
zu gehen, die im Unternehmen stattfindet, d. h., Unter­
nehmen und Ausbilder werden zertifiziert, um Prüfun­
gen eigenständig durchführen zu können. Wir würden
eine Umstellung des Systems auf ‚wer lehrt, der prüft‘
bevorzugen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
„Warum wird eine Prüfung in einem dualen Beruf
von der zuständigen Stelle durchgeführt, warum ist die
Berufsschule hier nicht involviert, warum wird nicht
intensiver die Möglichkeit gegeben, betriebliche Aufträ­
ge zu realisieren? Warum gibt es PAL, die relativ weit
von der betrieblichen Realität weg ist, die die Prüfung
erstellen?“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Bewertung der Praxisphasen
Ein Unternehmen (Branche: Erbringung von freibe­
ruflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienst­
leistungen) bemängelt, dass die betrieblichen Phasen
der dualen Ausbildung in keiner Weise zertifiziert oder
akkreditiert werden und daher nicht in die abschlie­
ßende Benotung der Auszubildenden mit einfließen.
Eine formale Bewertung dieser Leistung könnte zu einer
allgemeinen Verbesserung der Qualität der praktischen
Phasen der Auszubildenden führen. In dieser Hinsicht
werden duale Studiengänge als Vorreiter bezeichnet, da
hier die bearbeiteten Praxisthemen in die Hochschulno­
te der Studierenden mit einfließen.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
3.1.2 stellenwert der dualen Ausbildung:
Gesellschaftspolitische Dimension
Der Stellenwert dualer Ausbildung lässt sich nicht
ausschließlich über seine ökonomische Komponente
erklären. Unternehmen äußern darüber hinaus weitere
Argumente für die Ausbildung, die sich jenseits öko­
nomischer Fragen bewegen. Dazu gehört zunächst die
Wahrnehmung gesellschaftspolitischer Verantwortung
in der Form, dass Ausbildungsbetriebe einen Beitrag zur
beruflichen und persönlichen Sozialisation von jugend­
lichen Berufseinsteiger/innen leisten.
a. Bereitschaft zur übernahme gesellschaftspolitischer Verantwortung
Das Motiv der gesellschaftspolitischen Verantwortung
ist in den befragten Unternehmen stark ausgeprägt. Die
Ergebnisse zeigen, dass die Ausbildung eine Gemein­
schaftsaufgabe und eine Leistung für die Gesellschaft
darstellt und in gemeinsamer Verantwortung von
Wirtschaft, Politik und Gesellschaft durchgeführt wird.
26 der 30 Unternehmen bestätigen diese Aussage (vgl.
Abbildung 15).
47
die gesellschaftliche Verantwortung im Vordergrund,
da durfte Ausbildung auch kosten, was sie wollte. Man
wird auch in Zukunft eine gute Ausbildung anbieten
wollen, aber sie muss auch wirtschaftlich sein.“ (Bran­
che: Energieversorgung)
b.konjunkturbedingte Abhängigkeit vom
Bewerbermarkt: Bewerberquantität und
-qualität
Die befragten Unternehmen spüren aktuell zwar einen
Bewerberrückgang, sprechen jedoch noch wenig von
einem Bewerbermangel. Es zeigt sich, dass vor allem
qualitative Einschränkungen der Bewerber/innen ein
zunehmendes Problem für Großunternehmen darstel­
len. Bei der Frage danach, welche Aspekte das Ausbil­
dungsverhalten des Unternehmens in den vergangenen
fünf bis zehn Jahren deutlich beeinflusst haben, geben
elf der 30 befragten Betriebe an, nicht ausreichend gute
Bewerber/innen gefunden zu haben, was zur Folge hatte,
dass angebotene Stellen nicht besetzt wurden.
„Wir haben Ausbildung in der Vergangenheit oft als
gesellschaftliche Verantwortung begriffen. Das ist auch
nicht unwichtig und steht so einem großen Konzern gut
an.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissen­
schaftlichen und technischen Dienstleistungen)
Großunternehmen befinden sich gegenwärtig (noch)
in der komfortablen Lage, qualifizierte und geeignete
Bewerber/innen für die Ausbildungsplätze auswählen
und die besten Auszubildenden nach der Ausbildung
übernehmen zu können. Immerhin über die Hälfte der
befragten Unternehmen bestätigt das Argument der
„Bestenauswahl“ bei der Übernahme (n=18) (vgl. Abbil­
dung 16).
Einige Betriebe begründen zudem die Festlegung
ihrer Ausbildungsquote auf einem bestimmten Niveau
mit dem gesellschaftlichen Auftrag zur Förderung der
beruflichen Sozialisation junger Menschen und ihrer
Persönlichkeitsbildung (drei Nennungen), dem sie sich
verpflichtet fühlen.
„Wir sind in der guten Situation, dass wir noch aus­
reichend Bewerber haben (mehr Bewerber als Stellen).
Aber wir stellen uns darauf ein, dass wir mit rückläu­
figen Schülerzahlen zunehmend Bewerber bekommen,
die evtl. noch nicht ausbildungsreif sind.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
„Im Großen und Ganzen bleibt sie so wie sie ist,
behaupte ich mal, weil Großunternehmen ja auch einen
gesellschaftlichen Auftrag haben. Wenn wir nicht aus­
bilden, wer soll es dann machen …?“ (Branche: Verarbei­
tendes Gewerbe)
Auch wenn sich der Bewerbermangel in Großunter­
nehmen aktuell noch wenig bemerkbar macht – nur vier
Betriebe begründeten nicht besetzte Stellen mit einem
quantitativen Bewerbermangel –, wird die Quantität der
Bewerber/innen in den kommenden Jahren demogra­
fisch bedingt weiter abnehmen. Auch aufgrund der kurz­
fristig noch weiter zunehmenden Studierendenzahlen in
den nächsten Jahren sowie der Attraktivität von (dualen)
Studiengängen im Vergleich zur dualen Ausbildung bei
leistungsstärkeren Bewerber/innen, wird ein weiterer
Rückgang an Ausbildungsinteressent/innen erwartet.
Einschränkend wird von einem Unternehmen
erwähnt, dass die gesellschaftspolitische Verantwortung
nur so lange Berücksichtigung finden kann, wie sich
für ausbildende Betriebe ein wirtschaftlicher Nutzen
erkennbar darstellen lässt. Die Unternehmen müssen
im Vergleich zu früher deutlich mehr in die eigene
Ausbildung investieren. Finanzielle Engpässe und damit
einhergehende Sparprogramme könnten auf Dauer ein
Ausweichen auf kostengünstigere Ausbildungs- und
Rekrutierungsvarianten bedeuten.
„Grundsätzlich achtet das Unternehmen zurzeit
sehr auf die Wirtschaftlichkeit. Es gab Zeiten, da stand
„Unsere Bewerberzahlen sind in den letzten Jahren
etwas zurückgegangen, aber nicht analog zur demo­
grafischen Entwicklung, nach der wir viel schlechter
hätten dastehen müssen.“ (Branche: Handel)
Die Ansprüche der Großunternehmen an den zu­
künftigen Fachkräftenachwuchs sind hoch, die erwarte­
48
te Zunahme der Heterogenität der Bewerbergruppe wird
daher kritisch bewertet. Vor allem in einfachen Kultur­
fähigkeiten, wie Lesen, Schreiben und Rechnen, werden
Defizite wahrgenommen.
„Neben Defiziten in Englisch gibt’s auch Defizite
in Mathe (v. a. Grundlagen). Wir würden gerne mehr
Hauptschüler einstellen, aber Mathe ist ganz schwie­
rig.“ (Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und
Erden)
„Die Defizite liegen vor allem im Bereich mathe­
matischer Grundkenntnisse, im Bereich deutscher
Sprachkompetenz, sie liegen auch im Bereich Motivati­
on, Berufsorientierung und Zuverlässigkeit.“ (Branche:
Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und
technischen Dienstleistungen)
Vor diesem Hintergrund bieten bereits acht Un­
ternehmen Fördermaßnahmen vor oder während der
Ausbildung an, um leistungsschwächere Auszubildende
aufzufangen.
Bei den Maßnahmen und Angeboten zur Förderung
leistungsschwächerer Bewerber/innen und Auszubil­
dender werden Maßnahmen angeboten, die der eigent­
lichen Ausbildung vorgeschaltet sind, wie beispielsweise
ein Berufsorientierungsjahr sowie Berufsvorberei­
tungsmaßnahmen zu Beginn der Ausbildung, Nachhil­
femaßnahmen während der Ausbildung oder spezielle
ausbildungsbegleitende Hilfen.10
„Wir reagieren darauf, indem wir im November
mit einem eigenen Berufsvorbereitungsprogramm
starten, um die Defizite, die die Bewerber aus dem
schulischen und häuslichen Bereich mitbringen, aus­
zugleichen.“ (Branche: Erbringung von freiberufli­
chen, wissenschaftlichen und technischen Dienst­
leistungen)
Gleichzeitig haben Großunternehmen aufgrund
ihrer Ressourcen die Möglichkeit, eigene Konzepte zu
entwickeln und umzusetzen. 15 Unternehmen bieten
die eigene Ausbildung mit Zusatzqualifikationen an.
Fünf Unternehmen bezeichnen das Modell „Ausbildung
mit Zusatzqualifikation“ als zielgruppenorientiert im
Hinblick auf den Ausgleich von fachlichen und über­
fachlichen Defiziten der Auszubildenden, sieben Betrie­
be wollen damit besonders leistungsstarke Auszubilden­
de fördern (vgl. Abbildung 26).
Zudem intensivieren und erweitern die Großunter­
nehmen ihre Marketingstrategien, indem sie beispiels­
weise vermehrt auf Ausbildungsmessen präsent sind
10 Eine detailliertere Beschreibung der angebotenen Maßnahmen
und Programme zur Förderung leistungsschwacher Bewerber/
innen und Auszubildender findet sich im Rahmen der Ergeb­
nisdarstellung in Kapitel 3.4.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
oder Berufsinformationstage für Ausbildungsinteressen­
tinnen und -interessenten anbieten. Außerdem weichen
sie zunehmend auf neue, tendenziell schulisch höher
gebildete Zielgruppen aus, um leistungsstärkere Auszu­
bildende für die eigene Ausbildung zu gewinnen (drei
Nennungen). Hier rücken auch Studienabbrecher/innen
in das Blickfeld der Unternehmen. Mit Einführung des
zweigliedrigen Hochschulsystems (Bachelor/Master)
sind die Abbruchquoten wieder gestiegen. Damit öffnet
sich für die Unternehmen ein stetig wachsender Pool an
potenziellen Ausbildungsinteressent/innen mit höhe­
rem Bildungsniveau.
„Wir machen ein verstärktes Marketing. Wir gehen
in die Schulen und versuchen, dort mehr geeignete Be­
werber zu finden und zu erreichen, dass sie sich für uns
interessieren. Wir haben z. B. jetzt gerade im Moment
über 30 Abiturienten von einem Gymnasium da, die wir
jetzt sensibilisieren und auf uns einstimmen, dass sie
sich jetzt bewerben, und das läuft jetzt kontinuierlich.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
„Wir investieren viel in Marketing und passen das
gezielt an (zielgruppenspezifisch). Im Zweifel lasse ich
lieber zwei Plätze frei, bevor ich zwei Risikokandidaten
nehme.“ (Branche: Information und Kommunikation)
„[Studienabbrecher] könnten für uns interessant
werden, in Richtung Eingangskanal in die Berufsaus­
bildung. Im Zuge der Demografie ist es ein Kanal, den
wir in Zukunft genau beobachten wollen.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
3.1.3 stellenwert der dualen Ausbildung:
Werteorientierte Dimension
Wertebezogene Argumente für die eigene Berufsausbildung runden die Dimensionen zur Beschreibung
des Stellenwertes der dualen Ausbildung ab. Über
die betriebliche Ausbildung werden unternehmensbezogene Werte vermittelt. Dies trägt zur Identifizie­
rung der Auszubildenden mit dem Unternehmen bei,
wobei an dieser Stelle Überschneidungen der werteori­
entierten mit der ökonomischen Dimension erkennbar
sind.
Die Ausbildung leistet einen Beitrag zur Einbindung
der Auszubildenden in die Unternehmensidentität
(Corporate Identity). Die Identität eines Unternehmens
wird durch betriebliche Charakteristika und Spezifika
geformt. Dabei spielen Aspekte wie die Unternehmens­
kultur, -geschichte und Organisationsstruktur ebenso
eine Rolle wie der betriebsspezifische Sprachgebrauch
und die allgemeinen Umgangsformen. Auch die intern
gelebten Normen und Werte, die zusammengefasst als
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
Unternehmensphilosophie bezeichnet werden können,
tragen wesentlich zur betrieblichen Identitätsbildung
bei.
Die Prägung der Unternehmensstruktur und -kultur,
die Vermittlung unternehmensbezogener Werte sowie
die Erzeugung eines hohen Identifizierungsgrades mit
dem Unternehmen fördern den Stellenwert der dualen
Ausbildung. Für 28 der befragten Unternehmen fördert
die eigene Ausbildung wesentlich die Identifikation der
Mitarbeiter/innen mit dem Unternehmen, da sie der
beste Weg ist, um sie in die Unternehmenskultur einzu­
führen (vgl. Abbildung 15).
Die im Unternehmen ausgebildeten Fachkräfte
kennen die Systeme, Abläufe und die Kultur des Un­
ternehmens, da sie in der Ausbildungszeit Gelegenheit
hatten, sehr viele verschiedene Bereiche zu durchlaufen.
Über den externen Markt rekrutierte Fachkräfte können
diesen Vorsprung der Ausbildungsabsolvent/innen nicht
oder nur schwer einholen.
„Und schlussendlich auch die Unternehmens­
strategie und auch den Spirit in einem Unternehmen
kann man natürlich sehr gut in der Ausbildungszeit
vermitteln. Dadurch, dass in der Ausbildung sehr viele
Bereiche durchlaufen werden, können die Azubis das
Unternehmen auch ganz anders einschätzen und dann
auch ganz anders tätig werden als jemand, der von
außen kommt.“ (Branche: Erbringung von sonstigen
wirtschaftlichen Dienstleistungen)
Auch das Motiv der stringenten Fortführung der ei­
genen Unternehmenstradition sollte unter dem Aspekt
der Werteorientierung erwähnt werden. Die befragten
Unternehmen betrachten diese in hohem Maße als aus­
schlaggebend für die Begründung der eigenen Ausbil­
dung. Nahezu alle Unternehmen (n = 29) geben an, dass
die eigene Ausbildung für sie zur Unternehmenstraditi­
on gehört (vgl. Abbildung 15).
3.1.4 Zusammenfassung zentraler ergebnisse
Leitfrage 1 beleuchtet die Relevanz der dualen Ausbil­
dung für die Großunternehmen sowie die Faktoren, die
Ausbildung befördern und hemmen (siehe Tabelle 2).
Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die befrag­
ten Großunternehmen der dualen Ausbildung einen
hohen Stellenwert bescheinigen.
Die folgende Tabelle liefert eine Übersicht über die
benannten fördernden und hemmenden Faktoren für
die duale Ausbildung sowie geäußerten Verbesserungs­
bedarf am dualen Ausbildungssystem aus Sicht der
befragten Unternehmen. Der Verbesserungsbedarf wird
49
im Rahmen der Gesamtbewertung der Ergebnisse noch
einmal aufgegriffen.
Die durch die Unternehmen seit dem Jahr 2000
angegebenen Ausbildungsquoten zeigen grundsätzlich
eine dem Bundesdurchschnitt entsprechende Ausbil­
dungsaktivität. In den nächsten fünf bis zehn Jahren
prognostiziert der Großteil der befragten Unternehmen
eine gleichbleibende bis leicht ansteigende Ausbil­
dungsquote. Das Ergebnis korrespondiert durchaus mit
bundesweiten Erkenntnissen. Troltsch u. a. (2012, S. 8)
verweisen darauf, dass die Mehrheit der Ausbildungs­
betriebe in Deutschland ihre Ausbildungsaktivitäten
in den kommenden drei Jahren unverändert lassen
will. Rückläufige Bewerberzahlen und die zunehmende
Attraktivität dualer Studiengänge bei den Bewerber/
innen werden dabei als potenzielle Hindernisse einer
steigenden oder konstanten Quote benannt, um den
zukünftigen Bedarf an Nachwuchskräften über die duale
Ausbildung decken zu können.
Die Identifizierung der Faktoren, die den Stellen­
wert der Ausbildung in Unternehmen begünstigen,
erfordert einen mehrdimensionalen Betrachtungsan­
satz, um das breite Spektrum der Gründe und poten­
zieller Hemmnisse für die duale Ausbildung zu ver­
deutlichen. Neben der ökonomischen sind auch eine
werteorientierte und gesellschaftspolitische Dimension
erkennbar.
Die Prägung der Unternehmensstruktur und -kultur,
die Vermittlung unternehmensbezogener Werte
sowie die Erzeugung eines hohen Identifizierungsgrades mit dem Unternehmen sind benannte positive
Effekte, die zu einem hohen Stellenwert der Ausbil­
dung beitragen. Über den externen Markt rekrutierte
Fachkräfte können diesen Vorsprung gegenüber den
Ausbildungsabsolventen/innen nicht oder nur schwer
einholen. Auch spielt die Übernahme gesellschaftspo­
litischer Verantwortung keine unbedeutende Rolle bei
den Gründen für die eigene Ausbildung. Diese wird als
gemeinsame Aufgabe von Staat, Gesellschaft und Unter­
nehmen begriffen.
Erwartungsgemäß kann der hohe Stellenwert
vor allem über die ökonomische Dimension begründet
werden. Schließlich stellt die eigene Ausbildung zur
Gewinnung und Sicherung von Fachkräften, die auf
die betriebsspezifischen Inhalte hin ausgebildet wer­
den, einen unverzichtbaren Bestandteil der betriebli­
chen Personalpolitik dar. Auch wenn sich das Kosten-/
Nutzenverhältnis nur schwer in Zahlen ausdrücken
lässt, wird die Ausbildung als rentabel betrachtet. Die
qualitative Hochwertigkeit der Ausbildung rechtfer­
tigt für viele Unternehmen die entstehenden (hohen)
Kosten.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
50
Tabelle 2: Fördernde und hemmende Faktoren für die Ausbildung nach BBiG/HwO
Aspekt
leistungsfähigkeit
Fördernde Faktoren
•
•
•
•
•
•
Hemmende Faktoren
• Zu wenig Praxisbezug im Schulsystem, zu wenig individuelle Förderung der Schüler/
innen
• Zunehmende Heterogenität der Bewerbergruppe
• Trend zur Akademisierung des Bildungssystems und dadurch Abwertung der Berufsbildung
• Leistung/Kooperation mit den Berufsschulen/fehlende Inhalte in Curricula der Berufsschulen
• Zu große Anzahl an Berufen
• Fehlende Durchlässigkeit an der Schnittstelle zur Hochschule
Verbesserungsbedarf
• Individuellere Förderung der Schüler/innen während der Schulzeit
• Attraktivität der dualen Ausbildung gegenüber Studiengängen stärken
• Verbesserte Ausbildung der Schüler/innen in der Berufsschule bzw. Professionalisierung
des Lehrpersonals und bessere Kooperation mit Unternehmen; Stärkung der Stellung
der Berufsschulen im Schulsystem
• Weniger Berufe bzw. Stärkung des Berufsgruppenprinzips
• Mehr Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Studium
Aspekt
kosten-/nutzenverhältnis
Fördernde Faktoren
• Höhere Rentabilität der eigenen Ausbildung gegenüber der Rekrutierung externer
Fachkräfte
Hemmende Faktoren
• Abnehmende Zahl an (geeigneten) Bewerber/innen
Verbesserungsbedarf
• Abkehr von politisch forcierter Akademisierung des Berufsbildungssystems
Aspekt
Flexibilität
Fördernde Faktoren
• Höhere Flexibilität (z. B. durch Gestaltungsoffenheit, Berufsgruppen), um auf heterogene
Zielgruppen zugehen zu können
• Schnellere Umsetzung neuer Berufe
• Erneuerung der Berufsbilder und positive Entwicklung des Prüfungswesens durch die
Einführung der gestreckten Abschlussprüfung
Hemmende Faktoren
• Zunehmend steigendes Anforderungsniveau der Ausbildung, zu viele Inhalte
• Aber noch nicht schnell genug!
• Bindung von Ausbilderkapazität durch hohes Engagement bei der IHK
Verbesserungsbedarf
• Häufigere und schnellere Überprüfung und Neuordnung der Berufsbilder
• Flexibilisierung des Systems/Modularisierung
Aspekt
Werteorientierung
Fördernde Faktoren
• Vermittlung unternehmensbezogener Werte/Erzeugung eines hohen Identifizierungsgrades mit dem Unternehmen
• Fortführung der Unternehmenstradition
Hemmende Faktoren
• Keine benannt
Kombination aus Theorie und Praxis
Höheres Ausbildungsniveau/gestiegene Anforderungen
Qualitativ höhere Ausbildung als früher
Zentrales Prüfungssystem bei den zuständigen Stellen (Kammern)
Betriebsspezifische Qualifizierung der Fachkräfte
Möglichkeiten der Verzahnung von Aus- und Weiterbildung
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
Trotz der hohen Zufriedenheit benennen einige
betriebliche Expertinnen/Experten zu bearbeitende
Schwachstellen des dualen Ausbildungssystems. Häufig
benannt werden die Unübersichtlichkeit der Ausbil­
dungsberufe in Deutschland sowie die verbesserungs­
bedürftige inhaltliche Schnittstelle zur Berufsschule.
Auch der zunehmende Trend hin zur Akademisierung
auf der mittleren Fachkräfteebene wird durchaus kri­
tisch kommentiert, da leistungsstarke Bewerber/innen
zunehmend eher Interesse an einem dualen Studium
haben und auf der mittleren Fachkräfteebene zukünf­
tig fehlen.
Zudem wird die Notwendigkeit einer höheren Fle­
xibilität dualer Ausbildung betont: zum einen über eine
verbesserte Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Be­
rufen und Systemen und zum anderen über die schnel­
lere Neuordnung einzelner Berufsbilder, um langjährige
– und dadurch unflexible – Prozesse zu vermeiden.
51
3.2 Varianten der Rekrutierung
von Fachkräften für die
mittlere Qualifikationsebene
leitfrage F2: Rekrutierung von Fachkräften
für die mittlere Qualifikationsebene –
welche Varianten bestehen jenseits
der dualen Ausbildung?
" Welche Möglichkeiten zur Rekrutierung von
Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene,
außer der dualen Ausbildung, nutzen Großun­
ternehmen?
" Welche Gründe und wirtschaftlichen Rahmen­
bedingungen beeinflussen die Entscheidung für
oder wider berufliche Ausbildung?
" Wie bewerten die Unternehmen die duale Aus­
bildung im Vergleich zu anderen Rekrutierungs­
varianten?
In der Untersuchung wurde auch analysiert, wie Groß­
unternehmen Fachkräfte für die mittlere Qualifikati­
onsebene rekrutieren. In der Ergebnisdarstellung wird
zwischen den Rekrutierungsvarianten duale Ausbildung,
externer Arbeitsmarkt und Nachqualifizierung unter­
schieden.
Ergänzend zur dualen Ausbildung, die erwartungs­
gemäß von allen Großunternehmen angeboten wird,
geben zwölf Unternehmen an, auch über den externen Arbeitsmarkt Fachpersonal zu rekrutieren11.
Vier12 Unternehmen bieten auch Nachqualifizierungen
an, um an- und ungelernten Mitarbeiter/innen das
Nachholen eines Berufsabschlusses zu ermöglichen
(vgl. Abbildung 20).
11 Unter „Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt“ wird
hier die Rekrutierung sowohl von ausgebildeten Fachkräften
und auch Hochschulabsolvent/innen, als auch von Leihar­
beitskräften und ungelernten Kräften über den externen Ar­
beitsmarkt zusammengefasst dargestellt.
12 In zwei der Fallstudienbetrieben werden Maßnahmen angebo­
ten, die mit Nachqualifizierung in Verbindung gebracht wer­
den können. Es handelt sich um kein systematisches Konzept
und findet in geringem Umfang statt (z. B. Teilnahme eines
Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin an Externenprüfung). Da­
her werden diese Ansätze nicht in die Rekrutierungsvariante
„Nachqualifizierung“ eingerechnet.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
52
Abb. 20: Rekrutierungsvarianten für die mittlere Fachkräfteebene
Anzahl der Unternehmen
0
5
10
15
20
12
Rekrutierung über Arbeitsmarkt
Die nachfolgende Grafik visualisiert die Häufigkeit
der Nennungen bezogen auf die jeweilige Rekrutie­
rungsvariante (Frage: „Bieten Sie dieses Modell an?“
– dunkelblaue Balken). Die prozentualen Angaben
beziehen sich auf den Stellenwert, den die Unternehmen
der jeweiligen Variante einräumen (Frage: „Welche Stel­
lenwert nehmen die einzelnen Rekrutierungsvarianten
ein, in Prozent?“ – hellblaue Balken). Hier wurde, unter
ausschließlicher Berücksichtigung derjenigen Unter­
nehmen, die die jeweilige Variante tatsächlich anbieten,
ein Mittelwert berechnet.
In der Befragung gaben die Unternehmen an, ihre
Fachkräfte im Durchschnitt zu etwa 68 Prozent über die
eigene Ausbildung (Ausbildung, Ausbildung mit Zusatz­
qualifikation, duales Studium) zu rekrutieren. Etwa 28
Prozent der Fachkräfte werden über den Arbeitsmarkt
rekrutiert und ein geringer Anteil über Nachqualifizie­
rungsmaßnahmen für An- und Ungelernte (vgl. Abbil­
dung 21).
30
30
Duale Ausbildung
Nachqualifizierung
25
n=30
Mehrfachantworten möglich
4
3.2.1 Duale Ausbildung
These F2.1: Branchenübergreifend dient die
duale Ausbildung mittel- und langfristig zur
Rekrutierung und Bindung benötigter Fachkräfte.
In Kapitel 3.1 wurde die Bedeutung der dualen Aus­
bildung aus Sicht der befragten Unternehmen bereits
dargelegt und erläutert. Die These, dass das Modell
derzeitig und auch zukünftig einen hohen Stellen­
wert in Großunternehmen besitzt, kann anhand der
erhobenen quantitativen und qualitativen Ergebnisse
gestützt werden. Nicht überraschend ist demnach, dass
die Ausbildung eine hohe Priorisierung gegenüber
anderen Varianten zur Rekrutierung von Fachkräften
für die mittlere Qualifikationsebene aufweist. Die duale
Ausbildung gilt in den befragten Großunternehmen
immer noch als „Königsweg“ zur Sicherung ihrer Fach­
kräftebasis. Zwei Drittel der befragten Unternehmen
Abb. 21: Relativer stellenwert der Rekrutierungsvarianten untereinander
67,46 %
70
60
Genutzte Rekrutierungswege
Stellenwert/Rekrutierung (Mittelwerte)
50
40
n=30
20
Stellenwert/Rekrutierung
Nachqualifizierung
(absolute Häufigkeiten)
5 % (n=2)
10 % (n=1)
27,78 %
30
n=12
10
n=4
0
Eigene Ausbildung
Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt
Nachqualifizierung
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
rekrutieren über diesen Weg für die mittlere Fachkräf­
teebene.
„Im Fachkräftebereich wird nicht besonders viel
extern eingestellt, d. h., die eigene Ausbildung bleibt
hier trotz allem die wichtigste Rekrutierungsstrategie.“
(Branche: Energieversorgung)
„Die Fachkräfte auf der mittleren Qualifikations­
ebene rekrutieren wir natürlich sehr wichtig und aus­
schließlich über Auszubildende.“ (Branche: Information
und Kommunikation)
Merkmale, die die eigene Ausbildung gegenüber der
Einstellung betriebsfremder Fachkräfte vom externen
Arbeitsmarkt auszeichnen, wurden bereits in Kapitel
3.1 genannt und sollen im Folgenden noch einmal in
Erinnerung gerufen werden:
" Einsparung der Einarbeitungskosten, schnellerer
und effizienterer Einsatz der Ausbildungsabsolvent/
innen
" Einsparung der Kosten für die Personalsuche auf
dem Arbeitsmarkt
" Gewinnung von Fachkräften, die auf dem externen
Markt nicht verfügbar sind
" Verminderung der Fluktuation durch Gewinnung
besonders betriebsnaher Fachkräfte
" Reduktion des Risikos personaler Fehlentscheidungen
" Möglichkeit der Übernahme der „Besten“ nach der
Ausbildung
" leichtere Realisierbarkeit von Weiterqualifizierung
für Ausbildungsabsolvent/innen
" Steigerung der Unabhängigkeit vom externen Markt
Die vielfältigen Vorteile der im Unternehmen ausge­
bildeten Fachkräfte im Vergleich zu extern rekrutiertem
Personal tragen zu deren hohen Ansehen in den befrag­
ten Unternehmen bei.
Abbildung 22 veranschaulicht, dass die duale Ausbil­
dung auch in Zukunft für die befragten Unternehmen
das wichtigste Modell zur Deckung ihres Fachkräftebe­
darfs für die mittlere Qualifikationsebene bleibt.
Die eigene Ausbildung im gewerblich-technischen
und kaufmännischen Bereich wird jeweils als wichtigste
Variante zur zukünftigen Deckung des Fachkräftebe­
darfs bewertet.
Vor allem im gewerblich-technischen Bereich bildet
die duale Ausbildung einen unverzichtbaren Bestandteil
der Personalpolitik in den Großunternehmen.
53
„[...] solange es Produktionsstätten in Deutschland
gibt, braucht man immer gute Fachleute.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
Dies hängt auch mit dem berufsspezifisch ange­
spannten Arbeitsmarkt zusammen. Es ist schwerer,
einschlägig qualifizierte Fachkräfte auf dem externen
Arbeitsmarkt zu finden, die den spezifischen Qualifi­
kationsanforderungen des jeweiligen Unternehmens
gerecht werden (vier Nennungen).
„Es ist besonders wichtig, im gewerblich-techni­
schen Bereich eine eigene Qualifikation zu haben, weil
wir da einen Fachkräftebedarf haben und die Jugend­
lichen zu wenig Interesse daran haben.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
„Im gewerblich-technischen Bereich ist die eigene
Ausbildung sehr wichtig, da es das, was wir brauchen,
auf dem Markt nicht gibt – z. B. Baustoffprüfer als
Beruf, den es nur in der Baustoffbranche gibt. Wenn
wir uns keine Baustoffprüfer ausbilden würden, gäbe es
keine.“ (Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und
Erden)
Auch der Ausbildung im kaufmännischen Bereich
wird zukünftig große Bedeutung zur Deckung des
Fachkräftebedarfs auf der mittleren Qualifikationsebene
beigemessen. Hier lassen sich jedoch eher Tendenzen
zur Höherqualifizierung erkennen. Die Anforderungs­
profile in diesem Bereich haben sich offensichtlich
derart verändert, dass vermehrt auf Absolvent/innen
dualer Studiengänge zur Besetzung der Stellen zurück­
gegriffen wird.
„Wir haben aber gerade auch bei den kaufmänni­
schen Auszubildenden einen relativ hohen Anteil an
Leuten mit Hochschulreife und das nähert sich dann
nachher in den Tätigkeiten wieder an, weil wir auch
ein berufsbegleitendes BWL-Studium anbieten, sodass
die Absolventen des dualen Studiums und diejenigen,
die dieses berufsbegleitende Studium absolviert haben,
später durchaus auf vergleichbaren Positionen landen.“
(Branche: Erbringung von freiberuflichen, wissen­
schaftlichen und technischen Dienstleistungen)
Ergänzend zur Ausbildung kommt die Einstellung
berufserfahrener Fachkräfte vom externen Arbeits­
markt zur Deckung des Fachkräftebedarfs infrage.
Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen sieht
dieses Modell als (sehr) wichtig an. Der Ersatz von Fach­
kräften durch (Fach-)Hochschulabsolventinnen und
-absolventen wird ebenfalls von knapp der Hälfte der
Unternehmen als (sehr) wichtig bewertet. Ein Drittel
der Betriebe beschäftigt Leiharbeitskräfte (über Zeitar­
beitsfirmen).
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
54
Abb. 22: Bedeutung unterschiedlicher Varianten für Großunternehmen zur zukünftigen Deckung
ihres Fachkräftebedarfs (sehr wichtig/wichtig)
Anzahl der Unternehmen
0
5
10
15
20
21
Eigene Ausbildung im kaufmännischen Bereich
Einstellung berufserfahrener Fachkräfte vom externen
Arbeitsmarkt
14
13
Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulabsolventen
10
Beschäftigung von Leiharbeitskräften (über Zeitarbeitsfirmen)
Qualifizierung und Weiterbildung von Mitarbeiter/innen ohne
Berufsausbildung
5
Einstellung von Studienabbrecher/innen
5
Einstellung von Berufsanfänger/innen, die von anderen
Unternehmen ausgebildet wurden
Als weniger bedeutsame Rekrutierungsstrategien
werden die Weiterbildung von Mitarbeiter/innen ohne
Berufsausbildung sowie die Einstellung von Studienabbrecher/innen, schulisch ausgebildeten Berufsanfän­
ger/innen und Ausbildungsabsolvent/innen anderer
Unternehmen angesehen.
3.2.2 Rekrutierung über den externen Arbeitsmarkt
(auch leiharbeit)
Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen rekrutiert
Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene über den
externen Arbeitsmarkt (n=12). Es ist davon auszugehen,
dass alle Großunternehmen Fachkräfte auch über den
Arbeitsmarkt rekrutieren, jedoch in geringerem Umfang
als über die eigene Ausbildung. Der Rekrutierung über
den Arbeitsmarkt wird deshalb kein hoher Stellenwert
zur Fachkräftesicherung auf mittlerer Qualifikations­
ebene beigemessen.
Durchschnittlich werden in den zwölf Unternehmen,
die angeben, diese Variante anzubieten, ca. 28 Prozent
der Fachkräfte über den externen Markt rekrutiert (vgl.
Abbildung 21). Die Rekrutierung über den Arbeitsmarkt
30
24
Eigene Ausbildung im gewerblich-technischen Bereich
Einstellung schulisch ausgebildeter Berufsanfänger/innen
25
3
2
n=30
Mehrfachantworten möglich
ergänzt das Rekrutierungsportfolio. Aus primär zwei
Gründen werden Fachkräfte extern rekrutiert:
" Der externe Arbeitsmarkt wird entweder im Falle
eines entstehenden fachlich spezifischen Bedarfs,
z. B. an speziellen Kompetenzen, Erfahrungen oder
zu besetzenden Positionen, als Rekrutierungsvarian­
te gewählt oder
" der Bedarf entsteht ad hoc und muss in kurzer Zeit
gedeckt werden, sodass Fachkräfte nicht schnell
genug intern bereitgestellt werden können.
Die Rekrutierung über den Arbeitsmarkt wird als
Komplementärstrategie für einen spezifischen Zweck
gesehen, der über die duale Ausbildung kurzfristig nicht
zu decken ist.
„Es ist ein Parallelsystem und keine Konkurrenz. Die
Auszubildenden werden immer zu bestimmten Zeiten
fertig (Sommer/Winter). Es gibt Bereiche, die außerhalb
dieses Zeitraums Kräfte suchen. Wir suchen auch nicht
nur Young Professionals, sondern auch Professionals,
die schon gewisse Berufserfahrungen mitbringen. Da­
her ist das ein ganz normaler Weg, der nicht in Konkur­
renz zur Ausbildung steht.“ (Branche: Erbringung von
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
55
freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen
Dienstleistungen)
Insbesondere im Fall überdurchschnittlicher
Wachstumsphasen wird auf den externen Arbeitsmarkt
zurückgegriffen.
„Ich sag mal, unser Unternehmen ist in den letzten
15 Jahren extrem gewachsen. (...) das kann man mit der
eigenen Ausbildung nicht abdecken. Es ist also nie­
mand ausgewechselt oder ersetzt worden, sondern man
braucht auch Facharbeiter von extern und eine gesunde
Mischung ist da immer gut. Und wir haben im letzten
Jahr, glaub’ ich, 1.000 Mitarbeiter neu eingestellt und
es gehen auch immer wieder Mitarbeiter, die Fluktua­
tion ist da. Aber bei 1.000 Stellen kommen wir mit den
140, die wir jedes Jahr ausbilden, nicht weit, das ist ein
Tropfen auf den heißen Stein.“ (Branche: Verarbeitendes
Gewerbe)
Der Großteil der Unternehmen (sieben der zwölf Ant­
wortenden) geht davon aus, dass diese Rekrutierungsva­
riante in den nächsten fünf Jahren nicht weiter ausge­
baut wird. Für stark wachsende Unternehmen gewinnt
die Strategie weiter an Bedeutung.
Letztlich muss berücksichtigt werden, dass in den
Großbetrieben Leiharbeit als Rekrutierungsvariante
in der Regel zur kurzfristigen Überbrückung perso­
naler Engpässe gewählt wird. Wie aus Abbildung 22
ersichtlich wird, geben zehn Unternehmen an, bei der
zukünftigen Deckung ihres Facharbeiterbedarfs auf
Leiharbeitskräfte zurückzugreifen. Teilweise werden
Zeitarbeiter/innen, die nicht mit einer fachadäquaten
Ausbildung ins Unternehmen kommen, nachquali­
fiziert und anschließend in feste Arbeitsverhältnisse
übernommen.
„Bei den Facharbeitern gibt es dann die Zeitarbeits­
firmen, die hier Fachkräfte anbieten. Da gibt es dann
aber auch schon längere Zeit eine partnerschaftliche
Zusammenarbeit mit denen. Wir machen z. B. auch
Qualifizierungsmaßnahmen mit den Zeitarbeitern, die
wir finanzieren, und haben auch schon viele übernom­
men. Davon profitieren wir ja dann auch irgendwie.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Auch ein Unternehmen aus der Branche „Erbrin­
gung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und
technischen Dienstleistungen“ greift auf die Beschäf­
tigung von Leiharbeitskräften auf der mittleren Fach­
kräfteebene zurück (bis zu 50 Prozent der Belegschaft)
und unterhält dazu eine eigene Personalservicetochter,
die geeignete Kräfte für das Unternehmen rekrutiert.
Begründet wird dies mit dem ökonomischen Vorteil der
Zeitarbeit und der Möglichkeit, flexibel auf die jeweilige
Geschäftslage reagieren zu können.
3.2.3 nachqualifizierung
Bei der Nachqualifizierung handelt es sich von der
Definition her um Fördermaßnahmen für An- und
Ungelernte13 mit dem Ziel des nachträglichen Erwerbs
eines formalen Berufsabschlusses. Es kann sich auch um
Teilqualifizierungen mit dem Ziel handeln, den Berufs­
abschluss zu erwerben.
Abb. 23: Zukünftige Bedeutung des Modells „Rekrutierung über externen Arbeitsmarkt“
Das Modell wird in den
nächsten fünf Jahren...
Anzahl der Unternehmen
0
2
4
6
10
12
7
auf heutigem Niveau verbleiben
an Bedeutung gewinnen
2
weiß nicht
2
keine Angabe
8
1
n=12
13 Darunter werden Personen verstanden, die entweder keinen
Berufsabschluss oder einen Berufsabschluss, der auf dem Ar­
beitsmarkt nicht mehr verwertbar ist, haben.
56
Vier der 30 befragten Unternehmen nutzen die
Nachqualifizierung von An- und Ungelernten zur Rek­
rutierung von Fachkräften auf mittlerem Qualifikations­
niveau. Da Einfacharbeitsplätze zunehmend wegfallen,
besteht einerseits die Notwendigkeit, im Unternehmen
beschäftigte An- und Ungelernte auf das Niveau einer
Fachkraft zu qualifizieren.
„Also zum einen haben wir einen zwar zurückge­
henden Anteil An- und Ungelernter, aber doch noch
eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die vor ca. 20 Jahren
eingestellt wurden für Produktionstätigkeiten, also als
Produktionshelfer. Diese Stellen entfallen mehr und
mehr, und hier haben wir Programme, um sie auf den
Stand eines [Berufsbezeichnung: anonymisiert] zu
bringen. Was neu wiederkommt: dass wir beispielsweise
Leasingkräfte, die bei uns im Bereich Logistik, Abfül­
lung usw., also auch eher einfacher Produktionstätig­
keiten, eingesetzt sind, dass wir die qualifizieren, um
sie dann wieder auf Facharbeiterniveau zu bringen.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Andererseits führen einzelne wenige Unternehmen
Nachqualifizierung als zusätzliche Variante zur Deckung
ihres Fachkräftebedarfs durch, d. h., es werden an- und
ungelernte Personen rekrutiert und weiterqualifiziert.
„Unterhalb von beruflicher Ausbildung machen
wir Umschulungen, dass man also vom Arbeitsmarkt
welche nimmt und die dann in einem Jahr zum Ma­
schinen- und Anlagenführer qualifiziert.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
„Wir stellen Fremdberufler ein, die wir dann be­
rufsbegleitend zu einem Facharbeiterabschluss führen.
D. h., die schließen dann eine Ausbildung zum [Berufs­
bezeichnung: anonymisiert] ab.“ (Branche: Verarbeiten­
des Gewerbe)
Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die
befragten Unternehmen dieser Rekrutierungsvariante
wenig Bedeutung zumessen, was unter anderem darauf
zurückzuführen ist, dass der Anteil an An- und Unge­
lernten gering ist und tendenziell weiter sinkt. Lediglich
die Hälfte der vier Unternehmen geht somit davon
aus, dass das Modell der Nachqualifizierung in Zukunft
(deutlich) an Bedeutung gewinnen wird.
„[…], wir haben so gut wie keine An- und Ungelern­
ten. Wir verfolgen das Prinzip, dass wir eigentlich nur
Facharbeiter einstellen. Wir haben sicherlich im Dienst­
leitungsbereich, im Werkschutz oder in der Kantine
den ein oder anderen, der keine oder zumindest keine
fachspezifische Ausbildung besitzt, aber wir haben in
der Produktion oder in anderen Prozessen so gut wie
keinen, der keine Facharbeiterausbildung hat.“ (Bran­
che: Verarbeitendes Gewerbe)
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
„Also der Anteil An- und Ungelernter ist bei uns sehr
niedrig, das kommt eher noch aus der Vergangenheit,
zuletzt haben wir eigentlich keine An- und Ungelernten
mehr eingestellt.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
3.3 Anforderungen an Ausbildung
vor dem Hintergrund veränder­
ter Rahmenbedingungen
leitfrage F3:
Welchen Anforderungen muss sich
Ausbildung heute stellen?
" Inwiefern verändern sich die Erwartungen
der Unternehmen an berufliche Bildung
durch sich wandelnde Rahmenbedingungen?
" Welchen Einfluss haben dabei fachliche
Notwendigkeiten bzw. gestiegene Qualifikati­
onsanforderungen auf der mittleren Quali­
fikationsebene, die Ordnungsmittel selbst,
Kosten-Nutzen-Aspekte und Erfordernisse
des Arbeitsmarktes?
Wie Ausbildung in Unternehmen durchgeführt wird,
hängt von mehreren Faktoren ab, die in diesem Kapitel
näher betrachtet werden. Die Einflussfaktoren auf die
mittlere Fachkräfteebene und auf die Anforderungen,
denen duale Ausbildung heute genügen muss, wirken
sowohl aus den Unternehmen heraus (steigende Anfor­
derungen) als auch von außen auf das Unternehmen ein
(veränderter Bewerbermarkt).
57
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Qualifi­
kationsanforderungen auf der mittleren Fachkräfteebe­
ne in den Unternehmen steigen. Beispielsweise müssen
im gewerblich-technischen Bereich Facharbeiter/innen
mit immer komplexer werdenden Produkten, Verfahren
und Produktionsprozessen zurechtkommen. Im Dienst­
leistungssektor sind die Fachkräfte unter anderem mit
sich rasch wandelnden Kommunikations- und Informa­
tionstechnologien und sich stetig ändernden Kunden­
anforderungen konfrontiert.
Unternehmen reagieren auf diese Entwicklungen,
indem sie die betriebliche Ausbildung um notwendi­
ge (über-)fachliche Inhalte anreichern. Dadurch wird
jedoch die Ausbildung anspruchsvoller. Dies wird
zunehmend zum Problem, da demografiebedingt das
Ausbildungspotenzial abnimmt (quantitativ und quali­
tativ). Schulabgängerzahlen sinken erkennbar, während
gleichzeitig das Studieninteresse gut qualifizierter Ju­
gendlicher zunimmt. Die Folge davon ist, dass leistungs­
starke Bewerber/innen nicht mehr in gleichem Umfang
wie bisher für die duale Ausbildung zur Verfügung
stehen. Auf der anderen Seite steigt die Nachfrage nach
Ausbildungsanwärter/innen mit Hochschulreife, denn
Unternehmen orientieren sich bei der Bewerberauswahl
verstärkt auf andere Zielgruppen als noch vor 15 Jahren.
Im kaufmännischen Bereich z. B. ist das Abitur als
Einstiegsniveau in die Ausbildung mittlerweile eher die
Regel als die Ausnahme (vgl. Alesi/Teichler 2013).
Abb. 24: Beeinflussende Faktoren auf das Ausbildungsverhalten in den letzten 5 bis 10 jahren
Anzahl der Unternehmen
0
5
10
20
25
30
27
Anforderungen an Fachkräfte sind gestiegen
Stellen konnten nicht besetzt werden – nicht ausreichend gute
Bewerber/innen
11
Ausbildung lohnt sich ökonomisch mehr als früher
9
Bestehende Berufsbilder sind nicht passgenau
9
Stellen konnten nicht besetzt werden – nicht ausreichend viele
Bewerber/innen
4
Ausbildung lohnt sich ökonomisch weniger als früher
1
Anforderungen an Fachkräfte sind gesunken
1
Ausbildungsintensive Bereiche sind weggefallen
15
n=30
Mehrfachantworten möglich
58
3.3.1 Gestiegene Qualifikationsanforderungen auf
mittlerer Qualifikationsebene
These F3.1: Steigende Qualifikationsanforderungen
auf der mittleren Qualifikationsebene fördern die
Entwicklung eigener Ausbildungsvarianten mit dem
Ziel, die Ausbildung den gestiegenen Anforderungen
anzupassen.
Der wichtigste Einflussfaktor auf das Ausbildungs­
verhalten von Großunternehmen sind mit Abstand
fachliche Notwendigkeiten. Das zeigen die Ergebnisse
der quantitativen Befragung: Hier gaben 27 von 30
Unternehmen an, dass gestiegene Anforderungen auf
der mittleren Qualifikationsebene ihr Ausbildungsver­
halten in den letzten fünf bis zehn Jahren am stärksten
beeinflusst haben (vgl. Abbildung 24).
In die gleiche Richtung weist der Befund, dass die be­
fragten Unternehmen die Entwicklung und den Einsatz
eigener Ausbildungsvarianten mit fachlichen Notwen­
digkeiten begründen: Aufgrund gestiegener Qualifika­
tionsanforderungen bieten zwei Drittel der Großunter­
nehmen die Ausbildung mit Zusatzqualifikationen an
und drei Viertel greifen sogar auf duale Studiengänge
zurück.
Die Ergebnisse stützen die These, dass Großunter­
nehmen eigene Ausbildungsvarianten entwickeln, um
steigende Qualifikationsanforderungen auf der mittle­
ren Qualifikationsebene zu kompensieren. Dies beant­
wortet allerdings nicht die Frage, warum und inwiefern
sich Qualifikationsbedarfe aus Sicht der befragten
Unternehmen verändert haben. Dies wurde über die
qualitativen Interviews ergänzt. Identifiziert wurden da­
bei verschiedene Einflussfaktoren auf die Qualifikations­
entwicklungen in Großunternehmen. Die im Folgenden
dargestellten Ergebnisse erlauben Rückschlüsse auf die
Ursachen für die gestiegenen Qualifikationsanforderun­
gen auf der mittleren Qualifikationsebene.
a. Technologische Veränderungen
Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, vor allem
die Automobilbranche, und der Branche Information
und Kommunikation führen gestiegene Anforderun­
gen an die Fachkräfte auf komplexere Produkte sowie
komplexere Produktionsverfahren zurück. Die tech­
nologische Entwicklung erfolgt kontinuierlich und
in immer kürzeren Zyklen. Fachkräfte müssen, neben
der fortwährenden Erneuerung ihres Fachwissens, ein
gewisses Maß an Flexibilität, Veränderungsbereitschaft
und Anpassungsfähigkeit mitbringen, um die an sie
gestellten Anforderungen bewältigen zu können. Was
die Fertigung betrifft, sind die Anforderungen an die
Fachkräfte durch die zunehmende Automatisierung in
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
der Produktion (z. B. Robotik und automatische Prozess­
steuerung) besonders in den Bereichen Wartung und
Instandhaltung deutlich gestiegen.
„Ganz aktuelles Beispiel: Elektromobilität. Die Pro­
dukte, die wir produzieren, werden immer komplexer,
damit steigen selbstverständlich die Anforderungen für
alle Mitarbeiter, die mit diesen Produkten zu tun haben,
egal in welchem Zusammenhang – das gilt für studierte
Ingenieure wie für die, die wir in der Berufsausbildung
qualifizieren. Insofern steigen Anforderungen kontinu­
ierlich – auf der einen Seite wegen der Komplexität der
Produkte, auf der anderen Seite, weil auch die Produk­
tionsverfahren immer komplexer werden.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
„Anforderungen im Fertigungsbereich sind ge­
stiegen: Anlagen sind komplexer. Ausweitung der
Tätigkeitsbereiche erkennbar, z. B. um Instandhaltung.
Einfache Tätigkeiten gibt‘s nicht mehr (Automati­
sierung oder Übergabe an Fremdfirmen).“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
Aber nicht nur in Unternehmen aus dem verarbei­
tenden Gewerbe steigen die Anforderungen aufgrund
technologischer Weiterentwicklungen, sondern auch
in Unternehmen aus Dienstleistungsbranchen. Diese
Unternehmen verweisen insbesondere im Hinblick
auf die rasante Entwicklung von Internettechnologien
auf einen kontinuierlichen Qualifizierungsbedarf ihrer
Mitarbeiter/innen.
„Es ist so, dass die IT-Welt bei uns immer komplexer
wird. Also das eine ist das Thema Datenschutz, das bei uns
sehr hoch angesiedelt ist, und das Thema Internet, CloudComputing usw., d. h., wir brauchen eigentlich immer Mit­
arbeiter, die sich ständig weiterqualifizieren und die auch
mit den technischen Neuerungen Schritt halten können.“
(Branche: Information und Kommunikation)
„Ja, zum einen sind wir natürlich in einer Welt, in
der das ganze Online-Geschäft immer stärker Einzug
findet, d. h., da sind schon andere Anforderungen auch
von technischer Natur, der Informationsfluss ist enorm,
weil wir natürlich auch sehr viele Unterschiede der
Informationsgewinnung haben.“ (Branche: Erbringung
von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen)
b.steigende Verantwortung auf mittlerer Fachkräfteebene
Über alle Branchen hinweg führen neue Formen der
Arbeitsorganisation, der internationalen Zusammen­
arbeit und des Qualitätsmanagements zur stärkeren
Einbindung von Mitarbeiter/innen auf mittlerer Fach­
kräfteebene in die Produktions- bzw. Geschäftsprozesse
der Unternehmen. Die Tätigkeitsfelder der Fachkräfte
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
verändern sich dadurch stetig und weiten sich aus.
Methodische Kompetenzen, wie z. B. die Fähigkeit zur
Selbstorganisation im Team, werden daher wichtiger.
Auch Projektmanagementkenntnisse werden zuneh­
mend erforderlich, da sich Projektarbeit auch auf die
Fachkräfteebene verlagert.
Fachkräfte sind in höherem Maß als früher für das
Ergebnis ihres Handelns und für ihr Produkt verant­
wortlich. Auch kostenbewusstes und sicherheitsrele­
vantes Handeln oder Kundenorientierung sind heute
wichtige Aspekte, die auch auf der Ebene von Fachkräf­
ten berücksichtigt werden müssen.
Die Untersuchungsergebnisse bestätigen, dass
diese in der Literatur bereits mehrfach beschriebenen
Entwicklungen das Ausbildungsverhalten der Unterneh­
men stark beeinflussen: Mitarbeiter/innen auf mittlerer
Fachkräfteebene sind stärker an Optimierungsprozessen
beteiligt. Das betrifft nicht mehr nur das betriebliche
Vorschlagswesen, sondern auch die konkreten Umset­
zungsprozesse. Insbesondere in Produktionsunterneh­
men werden zunehmend Produktionssysteme wie z. B.
lean production eingeführt. Fachkräfte, die damit arbei­
ten, müssen mit Ingenieurinnen und Ingenieuren oder
Technikerinnen und Technikern auf gleicher Augenhöhe
kommunizieren können. Dazu brauchen sie umfassende
Prozesskenntnisse und die Bereitschaft, sich aktiv an der
kontinuierlichen Verbesserung dieser Prozesse (KVP) zu
beteiligen.
„Ich selber hab‘ auch eine Ausbildung gemacht,
allerdings in den 70er-Jahren, und wenn ich da verglei­
che, was wir noch an Ausbildungsinhalten vermittelt
bekommen haben und was sie unseren heutigen Azubis
vermitteln, dann ist da ein riesengroßer Unterschied.
Wir haben die Basics erfahren und heute machen wir
mit den Leuten Englischkurse, Spanischkurse, techni­
sches Englisch, machen im fachlichen Bereich viel, viel
mehr als damals und das führt auch dazu, dass die
heutigen Fachkräfte, die eine Ausbildung gemacht ha­
ben, dass man die auch hinterher teilweise ganz anders
einsetzen kann. Also nach meiner Beobachtung, wo
früher dann schon der ein oder andere Techniker oder
sogar Ingenieur war, das kann heute auch ein Fachar­
beiter machen. Oder insbesondere in Teams, in denen
Techniker/Facharbeiter und Ingenieure zusammenwir­
ken, merken wir einfach auch, dass die Ingenieure bzw.
Vorgesetzten auch einen viel höheren Anspruch erheben
an den heutigen Facharbeiter.“ (Branche: Verarbeiten­
des Gewerbe)
„Zudem werden die Hierarchien immer flacher, was
automatisch dazu führt, dass mehr Verantwortung in
diese Ebene gegeben wird.“ (Branche: Verarbeitendes
Gewerbe)
59
c. Gestiegene Anforderungen in Ordnungsmitteln
Obwohl die Mehrzahl der Betriebe die gestiegenen
Anforderungen an die (angehenden) Fachkräfte auf
technologische und wirtschaftliche Entwicklungen
zurückführt, gibt es auch Unternehmen, die als Grund
für gestiegene Anforderungen in der Ausbildung die
Ordnungsmittel selbst benennen. Angemerkt wird, dass
die Anforderungen, die neue und neu geordnete Berufs­
bilder an die Auszubildenden stellen, teilweise so hoch
sind, dass sie von Auszubildenden ohne Hochschulreife
nur mit Unterstützung seitens des Betriebes zu bewälti­
gen sind. Im gewerblich-technischen Bereich betrifft das
Berufsbilder wie z. B. den/die Kfz-Mechatroniker/in.
„Fachlich gibt es höhere Anforderungen durch die
Ordnungsmittel, z. B. beim Kfz-Mechatroniker. Bei die­
sem Niveau ist es für Realschüler schon anspruchsvoll.“
(Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden)
„[…] betrifft fachliche Aspekte an den Schulen, hier
sind Anforderungen höher geworden, z. B. was Kun­
denbetreuung, Kundenzufriedenheit angeht. Das ist für
viele eine Hürde. Was mathematische und physikalische
Kenntnisse betrifft, ist dieser Beruf ohnehin anspruchs­
voll. Das komplette Handwerk muss natürlich gleich­
zeitig auch abgedeckt sind.“ (Branche: Handel)
d. Höhere Anforderungen aufgrund der
Internationalisierung
Auch die Internationalisierung in Großunternehmen
führt zu steigenden Anforderungen in der Ausbildung.
Zwei Drittel der befragten Unternehmen (20 von 30)
stimmten dem zu. Die internationale Vernetzung der
Großunternehmen erfordert verstärkt auch von Fach­
kräften gute bis sehr gute Sprachkenntnisse, insbe­
sondere Englisch. Gerade in kaufmännischen Berufen
haben diese Anforderungen stark zugenommen.
„Mit der zunehmenden Internationalisierung haben
Fremdsprachenkenntnisse drastisch an [Relevanz] ge­
wonnen und dann auch speziell Englisch. Unsere kauf­
männischen Azubis und auch die Laboranten machen
komplett Englisch mit Zertifikat, weil sie internationa­
les Marketing machen, internationale Betriebssysteme
haben und auch internationale Entwicklungen haben.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Neben Sprachen werden auch eine gewisse Bereit­
schaft und die Fähigkeit gefordert, sich mit anderen Kul­
turen auseinanderzusetzen (interkulturelle Kompetenz).
Hiervon sind auch technische Fachkräfte betroffen, die
in der Montage oder im Service tätig sind.
„Überfachlich sind die Anforderungen gestiegen,
weil der Nachwuchs verstärkt im internationalen Ge­
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
60
schäft eingesetzt wird – in der Montage, der Inbetrieb­
nahme und im Service. Der Anteil des internationalen
Geschäfts hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht.
D. h., es werden einerseits verstärkt Sprachkenntnisse
vermittelt und der Umgang mit fremden Kulturen.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Die Ausbildung mit Zusatzqualifikation wird von
etwa der Hälfte der Unternehmen, die das Modell
anbieten, aus Wettbewerbsgründen angeboten. Das Zu­
satzspektrum an Berufsprofilen orientiert sich in diesen
Fällen an dem quantitativen und qualitativen Bewerberangebot.
Weil die Curricula der Berufsschulen Sprachkom­
petenzen und interkulturelle Kompetenzen nicht in
ausreichendem Maße abdecken, halten 18 Unternehmen
die Vermittlung zusätzlicher überfachlicher Qualifikati­
onen für erforderlich.
„Ja, nicht jedes Unternehmen bietet Zusatzqualifi­
kationen an, z. B. zum Fremdsprachenkorresponden­
ten.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
3.3.2 Veränderter Bewerber-/Arbeitsmarkt
These F3.2: Die Ausbildungsaktivität wird durch die
Quantität und Qualität der Bewerber/innen auf dem
Ausbildungsmarkt bestimmt.
Auf einem enger werdenden Ausbildungsmarkt ste­
hen die Unternehmen zunehmend im Wettbewerb um
besonders leistungsstarke Bewerber/innen. Großunter­
nehmen präsentieren sich gerade auch dieser Zielgruppe
nicht zuletzt durch alternative Ausbildungsvarianten als
attraktive Arbeitgeber. Dies bestätigen auch die Ergeb­
nisse der quantitativen Befragung: Nach den veränder­
ten fachlichen Anforderungen im Beruf ist der „Kampf
um Talente“ der am zweithäufigsten genannte Grund,
warum Unternehmen alternative Ausbildungsvarianten
einsetzen.
Die Unternehmen nutzen hierfür zwar auch die Aus­
bildung mit Zusatzqualifikationen (sieben von 15), doch
wird als entscheidender Wettbewerbsfaktor auf dem
Ausbildungsmarkt eindeutig das duale Studium gesehen
(14 von 28).
„Das neue Ausbildungssystem seit 2011 zielt auf
eine größere Flexibilität, eine gezielte Förderung von
Azubis sowie eine größere Attraktivität ab, ist gleichzei­
tig aber durchaus ein sehr anspruchsvolles Programm!“
(Branche: Erbringung von Finanz- und Versicherungs­
dienstleistungen)
Die fachliche Notwendigkeit steht beim Angebot von
Zusatzqualifikationen jedoch im Vordergrund. Qualifi­
kationsprofile, die auf dem Arbeitsmarkt kaum oder nur
schwierig zu finden sind, werden beispielsweise durch
die Weiterentwicklung der Beschäftigten im Unterneh­
men kompensiert. Das Zusatzspektrum an alternativen
Ausbildungsvarianten orientiert sich somit an mangeln­
den Qualifikationsprofilen am regionalen oder überregi­
onalen Arbeitsmarkt.
Auf das duale Studium setzen fast alle befragten
Unternehmen, um mit dem Angebot leistungsstarke
Abiturientinnen und Abiturienten anzusprechen. Die
Unternehmen nutzen die duale Ausbildung, um diese
Zielgruppe frühzeitig an sich zu binden.
„Es gibt heute doppelt so viele Bewerber für duales
Studium wie für die ,klassische‘ Ausbildung. Das duale
Studium ist spannend, weil man hier die guten Abitu­
rienten kriegt.“ (Branche: Erbringung von Finanz- und
Versicherungsdienstleistungen)
Abb. 25: Beitrag alternativer Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle im „kampf um Talente“
(Wettbewerbsfaktor)
Anzahl der Unternehmen
0
5
20
25
30
7
Ausbildung mit Zusatzqualifikation (n=15)
Nachqualifizierung (n=4)
15
14
Duales Studium (n=28)
Rekrutierung über Arbeitsmarkt (n=12)
10
2
1
n=30
Mehrfachantworten möglich
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
„Damit kann man sich frühzeitig um die TopBewerber kümmern, die schon während der Schulaus­
bildung herausstechen. Leuten mit gutem Abiturschnitt
wollen wir auch attraktive Arbeitsplätze bieten, sonst
entscheiden die sich, woanders hinzugehen.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
Für duale Studiengänge sprechen aus Sicht der
Unternehmen weitere Gründe: Unternehmen können
auf die inhaltliche Ausgestaltung dualer Studiengänge
direkt einwirken und diese auf die konkreten betriebli­
chen Bedarfe ausrichten. Die stärker ordnungspolitisch
geregelten Berufe bieten dahingehend einen geringeren
Spielraum. Auch ist die inhaltliche Anpassung von Stu­
diengängen deutlich schneller zu bewerkstelligen als die
von Ausbildungsordnungen.
„Weil wir da natürlich das duale Studium selbst
ausrichten – wir kooperieren mit den Hochschulen und
haben auch Einfluss auf die Inhalte der dualen Studi­
engänge. Wir haben auch mit einer Fachhochschule
einen Studiengang selbst entwickelt. Da finden sich
natürlich unsere Bedarfe wieder.“ (Branche: Verarbei­
tendes Gewerbe)
Der Vorteil des dualen Studiums gegenüber einem
„reinen“ Hochschulstudium liegt für die Unternehmen
darin, dass Absolventinnen und Absolventen eines
dualen Studiums bereits Berufserfahrung im Unterneh­
men gesammelt haben, entsprechend sozialisiert sind
und ohne eine größere Einarbeitung sofort eingesetzt
werden können.
„[Das duale Studium gewinnt] zum einen an
Attraktivität bei jungen Menschen, aber auch bei den
Betrieben, weil sie eben nicht nur reine Akademiker von
den Hochschulen einstellen, sondern auch vom dua­
len System, die eben schon sehr viel Berufserfahrung
mitbringen.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen,
wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen)
61
3.4 Alternative Ausbildungsvarianten
leitfrage F4: Welche alternativen Ausbildungsvarianten für die mittlere Qualifikationsebene
bieten Unternehmen an?
" Welche zur dualen Berufsausbildung nach
BBiG/HwO alternativen Ausbildungsvarianten
(Formen, Inhalte, Organisation) bieten Unter­
nehmen an?
" Wie sehen diese Alternativmodelle en détail aus
und welchen Zweck verfolgen sie?
" Welche Relevanz haben diese Wege für die Per­
sonalgewinnung insgesamt?
" In welchem Bezug (inhaltlich, strukturell) stehen
die alternativen Modelle zur dualen Ausbildung?
" In welchem Verhältnis stehen die alternativen
Ausbildungsvarianten zur klassischen dualen
Ausbildung (inhaltliche und strukturelle Nähe
oder Distanz bzw. Ergänzung oder Verdrän­
gung)?
Die duale Ausbildung kommt in den befragten Groß­
unternehmen in verschiedenen Varianten und Facetten
vor. Die klassische Ausbildung ohne Gestaltungsvarian­
ten existiert in der Praxis der Großunternehmen kaum
mehr. In der Untersuchung wird daher nach alternati­
ven Ausbildungsvarianten „gefahndet“, die Unterneh­
men, neben der dualen Ausbildung, zur Qualifizierung
von Fachkräften für die mittlere Qualifikationsebene
entwickeln und durchführen. Es wurden alle identifi­
zierten alternativen Modelle beschrieben, unabhängig
davon, ob sie von einem oder mehreren Unternehmen
angeboten werden. Ziel ist es, die Gestaltungsvielfalt
abzubilden und zukünftige Trends erkennen zu können
(„Trendscouting“).
These F4.1: Großunternehmen stellen sich den
Herausforderungen, die die duale Ausbildung mit
sich bringt, durch die Etablierung neuartiger Ausbildungsvarianten.
Die Etablierung alternativer Ausbildungsvarianten
ist eine Reaktion auf die im vorangegangenen Kapi­
tel beschriebenen veränderten Rahmenbedingungen.
Gestaltungsoffene Berufsbilder intendieren die Ausrich­
tung der Ausbildung an betriebs- und branchenspezifi­
sche Bedarfslagen. Die Unternehmen bieten eine Reihe
alternativer Modelle an, die mehr oder weniger Varian­
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
62
ten der dualen Ausbildung darstellen. Diese weisen eine
unterschiedliche Nähe (inhaltlich und organisatorisch)
zur klassischen dualen Ausbildung auf.
In der Befragung wurden die im Folgenden vorge­
stellten Modelle unter dem Aspekt „Ausbildung mit
Zusatzqualifikation“ erhoben14. Unter Zusatzqualifikati­
onen werden Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten
verstanden, die über die in den Ausbildungsordnungen
definierten Ausbildungsinhalte hinausgehen und sich
somit deutlich oberhalb der Mindestanforderungen von
Ausbildungsordnungen befinden (vgl. BIBB Datenreport
2012; Waldhausen/Werner 2005).
Weitere Merkmale sind
" die Vermittlung der Inhalte parallel zur Berufsausbil­
dung oder unmittelbar im Anschluss,
" ein zeitlicher Mindestumfang (mindestens 40 Stun­
den) und
" eine Zertifizierungsoption.
Im Ergebnis bieten 15 Unternehmen unterschied­
liche Varianten von Ausbildung mit Zusatzqualifika­
tionen an. Ausschlaggebend für das Angebot sind aus
Sicht der Unternehmen gestiegene (über-)fachliche
Anforderungen und die Möglichkeit, über diese Modelle
leistungsstarken Jugendlichen eine attraktive Ausbil­
dungsvariante anbieten zu können. Ein absehbarer
Fachkräftemangel spielt hingegen eine untergeordnete
Rolle (vgl. Abbildung 26).
Die Anreicherung der klassischen Ausbildung mit
Zusatzqualifikationen wird durch das Prinzip der
Gestaltungsoffenheit der Ausbildung gestützt. Aus
Sicht der Unternehmen leisten diese Ausbildungsva­
rianten einen Beitrag zur Stabilisierung der mittleren
Fachkräfteebene. Ein Großteil der Unternehmen, die
die Ausbildung mit Zusatzqualifikationen anbieten,
geht davon aus, dass dieses Modell auch in den nächs­
ten fünf Jahren im heutigen Umfang angeboten wird.
Die Minderheit (n=3) geht von einer weiter steigenden
Bedeutung aus.
Die angebotenen Zusatzqualifikationen sehen
mehrheitlich zusätzliche fachliche Kompetenzen (n=15)
in unterschiedlicher Intensität vor, dann zusätzliche
oder vertiefte Fremdsprachenkenntnisse (n=12) oder
auch überfachliche/methodische Kompetenzen (n=12)
(vgl. Abbildung 27).
Die in der Untersuchung identifizierten Varianten
dualer Ausbildung werden in diesem Kapitel entlang
ihrer jeweiligen Nähe zur klassischen Ausbildung
vorgestellt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um
Modelle zur Unterstützung Leistungsschwächerer (z. B.
Förderung der Ausbildungsfähigkeit, Verlängerung der
Ausbildungsdauer) und Modelle im Sinne einer „Ausbil­
dungPlus“ im überfachlichen Bereich (z. B. Vermittlung
von Querschnittsqualifikationen). Diese Modelle weisen
eine deutliche Nähe zur klassischen dualen Ausbildung
auf, sind aber der Vollständigkeit halber aufgeführt und
kurz beschrieben.
Abb. 26: (sehr) wichtige Gründe für das Angebot einer Ausbildung mit Zusatzqualifikation
Anzahl der Unternehmen
0
5
10
9
Fachliche Notwendigkeit
7
Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“
Kostengünstige Alternative
3
Andere Gründe
3
Keine Angabe
14 Abgesehen von den Modellen in Kapitel 3.4.10 „Duales Studi­
um“; dieses wurde in der Befragung als duales Studiengänge
gesondert erhoben und bewertet.
15
1
n=15
Mehrfachantworten möglich
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
63
Abb. 27: inhaltliches spektrum der Ausbildung mit Zusatzqualifikationen
Anzahl der Unternehmen
0
5
10
12
Zusätzliche/vertiefte Fremdsprache
9
Zusätzliche fachliche Inhalte auf ähnlichem Niveau
8
Verstärkt überfachliche/methodische Kompetenzen
6
Zusätzliche fachliche Inhalte auf höherem Niveau
Verstärkt Aspekte der
Kundenorientierung/Dienstleistung
4
Andere
1
Keine Angabe
1
Des Weitern werden Ausbildungsvarianten vorge­
stellt, deren inhaltliche und organisatorische Ausge­
staltung sich erkennbar von dem klassischen Modell
entfernen, dadurch dass sie
" ein abweichendes Gestaltungsprinzip verfolgen, z. B.
berufsübergreifende Grundausbildung, Ausbildung
mit Zusatzinhalten anderer Berufe, Ausbildung mit
Unterstützung „Dritter Experten“,
" die internationale Geschäftstätigkeit flankieren,
z. B. Auslandsaufenthalte der Auszubildenden,
Export deutscher Ausbildungselemente ins Ausland,
oder
" die Grenzen von Aus- und Weiterbildung ver­
schwimmen lassen, z. B. Verzahnung von Aus- und
Weiterbildung, Ausbildung als Basis eines struktu­
rierten Weiterbildungsprozesses.
3.4.1 Förderung der Ausbildungsfähigkeit
Unterstützungsmaßnahmen, die leistungsschwächeren
Jugendlichen den Übergang in Ausbildung und deren
Abschluss erleichtern sollen, finden in den Unterneh­
men zu zwei Zeitpunkten statt: vor Beginn und während
der Ausbildung. Es handelt sich dabei z. B. um Schnup­
perpraktika, Vorkurse, Nachhilfeprogramme oder
ausbildungsbegleitende Hilfen (abH).
15
n=15
Mehrfachantworten möglich
Das Bewerberangebot, aus dem die Unternehmen
schöpfen, ermöglicht es ihnen zwar immer noch, ihre
Ausbildungsstellen zu besetzen, eine „Bestenauslese“,
wie bis vor einigen Jahren möglich, ist allerdings heute
nicht mehr realisierbar. Jugendliche, die früher eine
duale Ausbildung begonnen haben, münden nun eher in
ein Hochschulstudium ein. Die Zielgruppe der leistungs­
schwächeren Jugendlichen, die nicht friktionslos in eine
duale Ausbildung einmünden, gerät daher zunehmend
ins Blickfeld von Großunternehmen. Die Unternehmen
sind zum heutigen Zeitpunkt nicht wesentlich auf diese
Zielgruppe angewiesen, um ihr Fachkräftereservoir zu
sichern. Die bestehenden Varianten werden eher aus
gesellschaftspolitischer Verantwortung heraus ange­
boten. Mit Blick in die Zukunft und der absehbaren
demografischen Entwicklung werden diese Modelle aber
an Bedeutung gewinnen.
Vor und/oder zu Beginn der Ausbildung bieten die
Großunternehmen eine Reihe unterschiedlicher Model­
le an, um die Jugendlichen für eine duale Ausbildung zu
begeistern und fit zu machen.
„Wir haben ein Angebot für Schulabbrecher und
schulmüde Jugendliche. Junge Menschen können in das
Unternehmen reinschnuppern und Praktika machen.
Diese Jugendlichen können jedoch nicht zur Hauptziel­
gruppe werden, da wie gesagt die Anforderungen an
unsere Azubis sehr hoch sind und diese Jugendlichen die­
se Reife nicht haben.“ (Branche: Erbringung von Finanzund Versicherungsdienstleistungen)
64
Zwei Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor
bieten Berufsvorbereitungsmaßnahmen zu Beginn der
Ausbildung an. In Vorkursen und Berufsvorbereitungs­
programmen sollen Defizite, die die Bewerber/innen aus
dem schulischen und häuslichen Bereich mitbringen,
ausgeglichen werden.
„Also die größten Defizite sind schon mal in den
Noten erkennbar, d. h. also, die Masse, die wir noch vor
fünf bis sechs Jahren hatten, die im 2er- und 3er-Be­
reich lag, die ist heute nicht mehr da. Jetzt bekommen
wir Bewerbungen mit Noten im 3er-, 4er- und 5er-Be­
reich und wenn die dann bei uns anfangen, machen wir
Vorkurse, um einzuschätzen, wie weit sind die bei der
Programmierung. Bei manchen muss man noch anfan­
gen, denen Primzahlen zu erklären, und bei anderen ist
es so, die zwar eine gute Mathenote haben, aber die ist
nicht mehr ausschlaggebend dafür zu sagen, dass derje­
nige wirklich ein technisches oder logisches Verständnis
hat.“ (Branche: Information und Kommunikation)
„Die Defizite liegen vor allem im Bereich mathe­
matischer Grundkenntnisse, im Bereich deutscher
Sprachkompetenz, sie liegen auch im Bereich Motiva­
tion, Berufsorientierung und Zuverlässigkeit. […] Wir
reagieren darauf, indem wir im November mit einem
eigenen Berufsvorbereitungsprogramm starten.“ (Bran­
che: Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen
und technischen Dienstleistungen)
Während der Ausbildung werden weitere Förderins­
trumente genutzt, um leistungsschwächere Jugendliche
besser in die duale Berufsausbildung zu integrieren. Die
Großunternehmen, ausschließlich aus dem verarbeiten­
den Gewerbe, greifen hierbei auf die bekannte Bandbrei­
te an Unterstützungsmaßnahmen zurück:
" Ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) werden von
drei Unternehmen des produzierenden Gewerbes
benannt.
" Nachhilfeprogramme während der Ausbildung
konzentrieren sich meist auf Mathematik, aber auch
andere Themen, je nach individuellem Bedarf der
Auszubildenden (Nachhilfemaßnahmen werden von
drei Unternehmen des produzierenden Gewerbes
genannt).
„Ja, z. B. Nachhilfeprogramme für Mathematik. Ist
bei uns eingebunden in das Programm ‚Entwicklung
und Förderung für Auszubildende‘. In regelmäßigen
Gesprächen mit Azubis und Ausbildern werden För­
dermaßnahmen besprochen. Hier werden z. B. auch
konkrete Lernzeiten zu Hause vereinbart.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
3.4.2 Verlängerung der Ausbildungsdauer
Um auch Jugendliche als Fachkräfte zu gewinnen, für die
eine Ausbildung in der Regelzeit nicht machbar scheint,
bieten Unternehmen für diese Zielgruppe Modelle an,
die die Ausbildungsdauer verlängern. Ausbildungsva­
rianten dieser Kategorie intendieren einen leichteren
Übergang von der Schule in den Beruf. Auch hier steht
für die Unternehmen die gesellschaftliche Verantwor­
tung im Vordergrund. Aufgrund des hohen zeitlichen
und monetären Aufwands nimmt diese Art der Quali­
fizierung einen relativ geringen Anteil im Vergleich zur
klassischen Ausbildung ein. Gerade im verarbeitenden
Gewerbe werden diese jungen Fachkräfte nach erfolg­
reicher Vermittlung an ihren späteren Arbeitsplatz als
verlässliche Größe im Facharbeiterreservoir geschätzt.
Diese Mitarbeiter/innen sind, laut Angaben befragter
Betriebsräte in den Fallstudien, mit ihren Aufgaben in
der Produktion am zufriedensten.
Bei diesen Modellen handelt es sich um Berufsori­
entierungsmaßnahmen, Einstiegsqualifizierungen oder
Berufsvorbereitungsprogramme.
Ein Unternehmen hat das Instrument Einstiegsqua­
lifizierung zu einem EQ+ ausgebaut, um auch Jugendli­
chen ohne qualifizierenden Hauptschulabschluss – der
die Mindestanforderung für eine Ausbildung bei diesem
Unternehmen ist – den Einstieg ins Unternehmen zu
ermöglichen.
Fallbeispiel 1 aus der Branche Verarbeitendes
Gewerbe: eQ+ für jugendliche ohne qualifizierenden
Hauptschulabschluss
„Wir haben jetzt erstmalig die Einstiegsqualifizierung+
durchgeführt. Das ist für junge Menschen, die aus irgendwelchen Gründen den Quali noch nicht gemacht
haben, meistens schon einmal probiert haben, aber nicht
gepackt haben. Da gibt es ja sehr schwierige Biografien,
die dahinterstecken, und da setzen wir jetzt mit dem
EQ+-Modell an. Das beinhaltet einen Tag Berufsschule,
einen Tag an der Mittelschule und drei Tage bei uns.
Einmal, um auf den Beruf vorzubereiten, was Ziel der EQ
ist, aber zusätzlich auch noch, um den Quali nachholen.
Und das war schon beeindruckend, dass von den 18 Leuten, die eigentlich alle schon einmal ‚Loser‘ waren und
4er und 5er im Zeugnis hatten, 17 den Quali über dieses
Programm geschafft haben. Wir haben da auch ein enges
Coaching, in dem wir auch sehr viel zusätzlich mit Sozialpädagogen gearbeitet haben.“
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
In zwei Unternehmen des verarbeitenden Gewer­
bes werden ebenfalls entsprechende Modelle für die
benannte Zielgruppe angeboten. Ein Unternehmen legt
seinen Fokus auf die Berufsorientierung und gibt Ju­
gendlichen die Möglichkeit, ein Jahr lang verschiedenste
Berufe im Unternehmen kennenzulernen.
Fallbeispiel 2 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: Berufseinstiegsjahr mit Ausbildungsverlängerung
„Zur Zielgruppe gehören junge Leute, die sich noch
nicht beruflich orientiert haben. Die bekommen die
Möglichkeit, sich ein Jahr zu orientieren. Im technischnaturwissenschaftlichen Bereich werden schon Kernqualifikationen vermittelt, Teilnehmer gehen auch in die Berufsschule und werden in betriebliche Praktikumsphasen
eingebunden – können bis zu mehreren Monaten laufen.
Das müssen dann nicht prozessindustrietypische Berufe
sein. Der Berufswunsch kann auch Gastronomie, Hotel,
Krankenhaus oder Kfz-Mechatroniker sein. Das sind alles
Berufe, die wir nicht anbieten; wenn es Leuten aber hilft,
sich zu 100 Prozent in einem Berufsfeld zu orientieren,
unterstützen wir sie darin. Die Vermittlungsquote über 20
Jahre beträgt weit über 80 Prozent. Ziel ist schon, Leute
für das Unternehmen zu gewinnen, das ist aber nicht vordergründig. Grundsätzliches Ziel ist die unternehmensunabhängige Vermittlung der Leute in Ausbildung.“
Das zweite Unternehmen bietet gleich zwei „Startprogram­
me“ für die Zielgruppe der leistungsschwächeren Jugendli­
chen an. Der Fokus liegt jeweils auf der Berufsvorbereitung.
Werden die Programme erfolgreich abgeschlossen, können
die Jugendlichen in eine reguläre Ausbildung starten.
Fallbeispiel 3 aus der Branche Verarbeitendes
Gewerbe: einjährige Berufsorientierung
Seit 1993 bereitet das Unternehmen in einer einjährigen
Maßnahme leistungsbereite Jugendliche mit Hauptschulabschluss auf eine Berufsausbildung vor, um ihnen
Perspektiven für den Berufseinstieg zu eröffnen. Mehr
als 80 Prozent aller Teilnehmer erhalten im Anschluss
einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz innerhalb oder in
Partnerbetrieben. Insgesamt werden jedes Jahr 200 Plätze in den Berufsfeldern Metall, Elektro, Bau, Holz oder
Büro zur Verfügung gestellt. Die Jugendlichen machen
ein Praktikum im Betrieb, gehen einen Tag pro Woche
in die Berufsschule und erhalten einen Tag pro Woche
sozialpädagogische Betreuung. Nach Beendigung des
berufsvorbereitenden Jahres erhalten die Jugendlichen
eine Bescheinigung über die Teilnahme am Programm
und ein Zeugnis der berufsbildenden Schule.
65
Fallbeispiel 4 aus der Branche Verarbeitendes
Gewerbe: Berufsvorbereitendes Praktikum
Das Programm richtet sich an eine ähnliche Zielgruppe,
die aber „etwas bessere Startvoraussetzungen mitbringt“.
In diesem Programm erhalten die Jugendlichen einen
einjährigen Praktikumsvertrag für eines der zwei Berufsbilder „Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und
Klimatechnik“ oder „Maschinen- und Anlagenführer/in“.
In diesem einen Jahr werden ihnen bereits Teile des jeweiligen Berufsbildes vermittelt und auch sie erhalten
eine sozialpädagogische Betreuung. Danach steigen die
Jugendlichen in die reguläre Ausbildung in einem der
Partnerbetriebe (Ausbildungsverbund) ein.
Ein Dienstleistungsunternehmen bietet neben dem
EQ-Programm im gewerblich-technischen Bereich ein
Modell an, in dem jährlich 24 „schulmüde“, arbeitslose
Jugendliche (im Hartz-IV-Bezug) für eine Tätigkeit im
[Geschäftsbereich: anonymisiert] qualifiziert werden.
Im Gegensatz zu allen anderen in der Untersuchung
identifizierten Ausbildungsvarianten ist dieses Modell
jenseits der ordnungspolitischen Ebene angesiedelt. Die
Qualifizierung endet mit einem unternehmensinternen
Zertifikat.
Fallbeispiel 5 aus der Branche erbringung von technischen Dienstleistungen: Betriebsinterne Qualifizierung
Jedes Jahr werden 24 Jugendliche in einer zweijährigen
internen Qualifizierungsmaßnahme – ohne Berufsschulunterricht und Berufsabschluss – in der Beschäftigung
qualifiziert. Die Jugendlichen werden als Angelernte eingestellt und entsprechend bezahlt (höhere Entlohnung
als Ausbildungsentgelt). Während der zwei Jahre wird
ihnen ein Pate (ein Meister) zur Seite gestellt, der sie
fachlich begleitet. Ein Sozialarbeiter im Anerkennungsjahr übernimmt die sozialpädagogische Begleitung. Die
Qualifizierungsinhalte orientieren sich an der Umschulung zum/zur [Abschluss: anonymisiert] (IHK). Diese
Maßnahme schließen sie mit einer eigens konzipierten
Prüfung – angelehnt an die IHK-Prüfung – ab. Wer diese
Prüfung besteht, kann sich nach einem weiteren Jahr
für die IHK-Prüfung zum/zur [Abschluss: anonymisiert]
anmelden.
66
3.4.3 AusbildungPlus – Vermittlung von Querschnittsqualifikationen
Querschnittsqualifikationen, z. B. soziale, methodische
und Selbstkompetenzen, nehmen branchenübergreifend
einen hohen Stellenwert ein. Im Rahmen der Auswei­
tung der internationalen Geschäftstätigkeit der Großunternehmen geht es beispielsweise darum, mit auslän­
dischen Geschäftspartnern zusammenzuarbeiten und
adäquat zu kommunizieren. Entsprechend hoch ist der
Anteil an überfachlichen Zusatzqualifikationen, in denen
Sozial- und Methodenkompetenzen gefördert werden.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
„Ja, das ist klar Englisch. Wir machen 60 Prozent
Auslandsumsatz, das geht aber über die Sprache hi­
naus, also wir machen auch durchaus interkulturelle
Trainings. Es geht um Kommunikation an sich, also
die Bedeutung überhaupt von Kommunikation, sowohl
schriftlich, mündlich, non-verbal, das ist aus unserer
Sicht gestiegen und da haben wir zusätzliche Bausteine
in der Ausbildung.“ (Branche: Information und Kom­
munikation)
3.4.4 Ausbildung mit Zusatzinhalten anderer
Berufe
„Es gibt nicht einen Beruf bei [uns], der keine Zu­
satzqualifikation bekommt. Reden können in ganzen
Absätzen, selbstbewusst, problemlösend an die neuen
Herausforderungen gehen – mit hoher methodischer
Kompetenz und genau das schulen wir im Vorfeld,
damit die auf den Stellen auch Problemlöser sind und
nicht nur Verrichter von Arbeit. Insofern hat jeder Beruf
ein vorher festgelegtes und standardisiertes Qualifika­
tionsprogramm. Wir haben ein zusätzliches Begleitpro­
gramm für alle Auszubildenden, wo es um die Vermitt­
lung von Sozialkompetenzen geht. [Name Programm:
anonymisiert] nennen wir das, was ich glaube sieben
bis acht Tage ausmacht. Zu Themen wie: Wie ernähre
ich mich gesund, Teamorientierung, Integrität, Diver­
sity-Aspekte etc. Das ist für alle Azubis verpflichtend.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
In drei Unternehmen werden (Teil-)Inhalte aus einem
zweiten Berufsbild in das „Hauptberufsbild“ integriert
und zusammen vermittelt. Aufgrund spezifischer tätig­
keitsbezogener Anforderungen, die das „Hauptberufs­
bild“ nicht vollständig abdeckt, haben die Unternehmen
Sonderlösungen entwickelt. In zwei Fällen erfolgt die
Vermittlung der gemeinsamen Inhalte während der
Erstausbildung und in einem Fall in Form einer Weiter­
bildung direkt im Anschluss an die Ausbildung. Durch
Absprachen mit der zuständigen Stelle und Berufsschu­
len zur Organisation und Durchführung können diese
Ausbildungsvarianten in die betriebliche Ausbildung
integriert werden.
Ein Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche
integriert die Zusatzqualifikation „Projektmanagement“
in die Ausbildung. Es werden dazu Schulungen ange­
boten und die Jugendlichen führen ein zeitlich länger
angelegtes Projekt gemeinsam durch.
Zusatzqualifikation Berufskraftfahrer/in: Die Ausbil­
dung zum/zur Verfahrensmechaniker/in wird mit der
Zusatzqualifikation „Berufskraftfahrer/in“ zwecks Spe­
zialisierung in der Betonherstellung ergänzt, d. h., das
Unternehmen finanziert den Lkw-Führerschein. Dieses
Unternehmen bildet auch Berufskraftfahrer/innen mit
Sonderqualifizierung „Betonpumpenspezialist/in“ aus.
(Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden)
Besonders häufig werden interkulturelle und
kommunikative Zusatzqualifikationen vermittelt. Auf­
grund der meist internationalen Geschäftstätigkeit der
Unternehmen werden den Jugendlichen bereits in der
Ausbildung zusätzliche Fremdsprachenkurse angeboten.
„Wir haben einen externen Englisch-Trainer, der mit
den Azubis zweimal pro Woche Unterricht macht. Für
Spanisch haben wir ein Abkommen mit der Berufsschu­
le über zusätzlichen Unterricht. Sonst machen wir das
über eingekaufte spezielle Sprachtrainer. Aspekte wie
interkulturelle Kompetenzen, Verhandlungstraining,
Kommunikation werden in der Berufsschule gar nicht
vermittelt. Das schulen wir dann zusätzlich.“ (Branche:
Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleis­
tungen)
Dazu gehört auch das Thema „Diversity Manage­
ment“, das modular angeboten wird und interkulturelle
sowie Kommunikations- und Verhandlungstrainings
vorsieht.
Die von Großunternehmen benannten einschlägigen
Beispiele sind:
Elektrofachkraft/Fachkraft für Mikrotechnologie:
Im gewerblich-technischen Bereich sind in einzelnen
Berufen Zusatzqualifikationen vorgesehen. Beispielswei­
se absolvieren Mikrotechnolog/innen eine Schulung zur
Elektrofachkraft. Mechatroniker/innen machen parallel
einen Kurs zur zertifizierten Fachkraft für Mikrotechno­
logie (Vier-Wochen-Kurs, überbetrieblich, mit IHK-Zer­
tifikat). (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Berufsprofil „Hydroniker/in“ und „Hydromecha­
niker/in“ im Anschluss an die Erstausbildung: Beim
Hydroniker lernen die Elektroniker/innen viele Indust­
riemechanikerkompetenzen zusätzlich und umgekehrt
(dreimonatige Grundausbildung rund um die Wasser­
kraft im Anschluss an die Erstausbildung). (Branche:
Energieversorgung)
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
3.4.5 Ausbildung mit Unterstützung „Dritter
experten“: Zusätzliche fachliche und überfachliche inhalte an drei lernorten
Zwei Unternehmen aus der Finanzbranche haben
jeweils modular strukturierte Ausbildungsvarianten
entwickelt, in denen über die gesamte Dauer der Aus­
bildung gezielt ein dritter, externer Lernort die Vermitt­
lung von Inhalten einzelner Lerneinheiten übernimmt.
Die Unternehmen sprechen von einer Ausbildung
mit Unterstützung „Dritter Experten“. Fachliche und
überfachliche Inhalte werden neben der Berufsschule
von einem zweiten externen Partner [Weiterbildungs­
akademie: anonymisiert], in der Ausbildung, vermittelt.
Die Akademie bereitet die Auszubildenden auch auf die
IHK-Prüfung vor.
Den Einbezug eines „Dritten Experten“ begrün­
den die befragten Expert/innen mit einer fachlichen
Notwendigkeit. Die Ausbildung mit Zusatzqualifikation
ist zum Standard für die Qualifikationsanforderungen
an eine/n Bankkaufmann/-frau geworden. Hintergrund
ist eine bestehende Divergenz zwischen dem Berufsbild,
das zuletzt 1997 neu geordnet wurde, und den gegen­
wärtigen betrieblichen Anforderungen. Ein weiterer
Grund liegt in der angestrebten Steigerung der Unter­
nehmensattraktivität, um sehr gute Bewerber/innen
anzusprechen und für die Ausbildung zu interessieren.
„Das ermöglicht uns, mit der besten Berufsaus­
bildung im Finanz- und Dienstleistungssektor die
talentiertesten Schulabsolventen für uns zu begeistern
und sie fit für eine erfolgreiche Zukunft zu machen.“
(Branche: Erbringung von Finanz- und Versicherungs­
dienstleistungen)
Bei den zusätzlichen Inhalten handelt es sich um
fachliche, zum Teil unternehmensspezifische Vertie­
fungen (z. B. Produktschulungen), Vertriebsschulungen
und überfachliche Methodenkompetenztrainings. Die
Vermittlung dieser, mit dem externen Partner erarbei­
teten Inhalte, erfolgt an den bundesweiten Standorten
des Lernpartners und soll ein bundesweit einheitliches
und standardisiertes Qualifikationsniveau der Auszubil­
denden sicherstellen. Denn im Gegensatz zur Beschu­
lung in den Berufsschulen sind bei den Schulungen des
externen Partners nicht nur die Inhalte standardisiert,
sondern auch deren Vermittlung. Zudem werden die
Module regelmäßig evaluiert und können bei Bedarf in
relativ kurzer Zeit angepasst werden.
Fallbeispiel 6 aus der Branche erbringung von Finanzund Versicherungsdienstleistungen: Ausbildung mit
Unterstützung „Dritter experten“ i
67
Das Unternehmen hat seine Berufsausbildung neu ausgerichtet. Das Ziel: Auszubildende ergebnisorientiert und
nachhaltig auf einen erfolgreichen Abschluss der Ausbildung und gleichzeitig auf eine erfolgreiche Zukunft als
Bankmitarbeiter/in vorzubereiten. Die Ausbildung ist in
Lerneinheiten gegliedert, dadurch soll flexibel auf individuelle Bedürfnisse und Leistungsniveaus der Jugendlichen reagiert und z. B. Schwerpunkte im Verlauf der
Ausbildung neu ausgerichtet werden können.
Das System ist dreistufig aufgebaut und findet in der
Unternehmenspraxis und an drei weiteren Lernorten
statt:
Stufe 1: Theorie: Die Vermittlung der prüfungsrelevanten theoretischen Inhalte erfolgt neben der Berufsschule
(Lernort 1) in der Weiterbildungsakademie A (Lernort 2).
Die Auszubildenden besuchen Trainings an bundesweiten Standorten; der Lehrplan wird kooperativ ausgearbeitet.
Stufe 2: Praxis: In Praxisphasen werden die Auszubildenden kontinuierlich auf eine Tätigkeit in der Kundenberatung vorbereitet, es werden unternehmensspezifische Inhalte, Abläufe und Standards vermittelt. Die
Durchführung der vertriebsorientierten Grundlagenqualifizierung und die Bereitstellung der Medien liegen in
der Hand der Weiterbildungsakademie B (Lernort 3).
Stufe 3: Verantwortung (überfachliche Kompetenzen):
Ziel ist es, dass sich alle Auszubildenden sozial engagieren, hier werden unterschiedliche Möglichkeiten angeboten. Es gibt ein Pilotprojekt in Kooperation mit einer
Tageszeitung, damit die Auszubildenden Zeitung als
Infomedium kennenlernen und sich an diese Form der
Information gewöhnen (Lesen langer Texte, fundierte
Hintergrundinfos, Smalltalk-Themen für Kundenkontakt). Die Auszubildenden müssen auf einem OnlinePortal Fragen zu Artikeln beantworten. Die Aufgaben
werden durch ein Lehrerinstitut benotet.
Innerhalb der vorgegebenen Ausbildungslogik hat jeder
Auszubildende die Möglichkeit, seinen Lernrhythmus
selbst zu bestimmen und ist gefordert, seinen Lernalltag
eigenverantwortlich zu organisieren. Mit einem Mix aus
unterschiedlichen Medien und Methoden (z. B. Lernaufträge, interaktive Geschichten, Gruppentraining, OnlinePortal zur Vorbereitung und für flexiblen Zugriff) sollen
im Ausbildungsverlauf immer wieder neue Lernimpulse
und Lernschwerpunkte gesetzt werden. Das Programm
wird regelmäßig in Qualitätszirkeln mit allen Beteiligten
inhaltlich erweitert und verbessert.
68
Ein weiteres Unternehmen bietet eine ähnliche
Ausbildungsvariante an. Auch hier liegt die Intention
darin, benötigte und in den Berufsschulcurricula nicht
ausreichend abgedeckte fachliche, aber auch überfachli­
che Kompetenzen zu vermitteln, um auf die veränderten
Anforderungen an den Beruf reagieren zu können. Wie
in dem zuvor beschriebenen Fallbeispiel auch, sind mit
der Vermittlung der zusätzlichen Qualifikationen keine
gesonderten Zertifikate verbunden. Die Kenntnisse sind
interne Voraussetzungen zur Ausübung des Berufs in
dem Unternehmen und werden in den Personalunterla­
gen dokumentiert.
3.4.6 Berufsübergreifende Grundausbildung
Zwei Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes nut­
zen die 2003/2004 geschaffene Berufsgruppensystema­
tik in den Metall- und Elektroberufen, um gemeinsame
Grundqualifikationen berufsübergreifend zu vermitteln.
Gerade in der Automobilbranche erfordert der schnelle
technologische Wandel eine hohe Flexibilität und damit
schnelle Anpassungsfähigkeit der Bildungskonzepte.
Die Unternehmen wählen die Berufe, in denen sie
den größten Gestaltungsspielraum sehen und nutzen
diesen, um unternehmensspezifische Anforderungen in
das Berufsbild zu integrieren. In beiden Unternehmen
durchlaufen alle gewerblich-technischen Auszubilden­
den, unabhängig von ihrem zunächst gewählten Berufs­
bild, gemeinsam eine halb- oder einjährige technische
Grundbildung.
In einem Unternehmen sind alle gewerblich-techni­
schen Auszubildenden unabhängig vom Beruf das erste
halbe Jahr in der Produktion und besetzen dann erst
gezielt berufstypische Positionen. Darüber hat das Un­
ternehmen zusammen mit einer Universität ein kom­
petenzorientiertes Ausbildungsmodell entwickelt (vgl.
Anderka 2010, S. 202 ff.). Die Ausbildungsinhalte werden
kompetenzorientiert beschrieben und auf die Lernorte
projiziert. „Es gibt erste Ansätze zur Kooperation mit der
Berufsschule, hier ist aber bisher nichts wirklich etabliert.
Wir wollen aber so langsam das Thema Kompetenzerwerb an Berufsschulen stärker forcieren.“
Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der gesamten
Ausbildung und berücksichtigt folgende Aspekte:
" Entwicklung und Förderung von Auszubildenden,
Vermittlung verstärkt überfachliche Kompetenzen
" Vermittlung fachlicher Inhalte
" Erprobung beruflicher Handlung
In einem Unternehmen aus dem verbreitenden
Gewerbe (siehe nachfolgendes Fallbeispiel) erfolgt
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
zunächst die Einstellung mit Ausbildungsvertrag im
gewählten Ausbildungsberuf. Im Anschluss an eine
zwölfmonatige Basisqualifizierung in acht Bausteinen
(z. B. Drehen, Fräsen, Elektrik) haben die Jugendlichen
dann die Möglichkeit, sich noch für einen anderen Beruf
derselben Berufsgruppe zu entscheiden. Gegebenenfalls
wird der Ausbildungsvertrag umgeschrieben. Mit dieser
Variante sollen Stärken und Talente der Auszubildenden
auf einer fundierten Basis frühzeitig erkannt und gezielt
gefördert werden. Das kann in letzter Konsequenz auch
den Durchstieg zum Studium bedeuten. Neben der
fachlichen Vermittlung von Ausbildungsinhalten erfolgt
somit auch eine Berufsorientierung als Bestandteil der
Ausbildung. Das Unternehmen legt Wert auf eine best­
mögliche Ausbildung, um auf künftige Anforderungen
(z. B. neue Technologien) vorbereitet zu sein. Zudem sind
die Mitarbeiter/innen, die ihren Stärken entsprechend
eingesetzt werden, motivierter und produktiver in der
Arbeitsausführung.
Fallbeispiel 7 aus der Branche Verarbeitendes
Gewerbe: Basisqualifizierung und Berufsorientierung
Ziel des Konzeptes ist es, mit Stärkenorientierung, Flexibilität und weiterführenden modularen Qualifizierungen
die Auszubildenden auf die zukünftigen beruflichen
Anforderungen vorzubereiten.
Die Berufsausbildung erfolgt in vier Schritten:
A) Gemeinsame breite Grundbildung im ersten
Ausbildungsjahr (zwölf Monate)
1. Basisqualifizierung:
Berufsorientierung: Gemeinsam mit externen Beratern wird ein Konzept zur Erkennung der Talente und
Stärken der Auszubildenden entwickelt und angewendet. Mit Unterstützung der dafür qualifizierten Ausbilder/innen lernt die/der Auszubildende in der Basisqualifizierung ihre/seine Talente und Stärken kennen.
Sowohl auf Basis der aufgezeigten Bedarfe des Unternehmens als auch auf persönlichen Wunsch der/des
Auszubildenden können nach der gemeinsamen Basisqualifizierung Berufswechsel vereinbart werden.
Bedarfsplanung: Zum Ende der Basisqualifizierung
erfolgt eine zusätzliche Bedarfsabfrage in den Fachbereichen, insbesondere hinsichtlich der erforderlichen
Qualifikation der Auszubildenden. Auf veränderte qualitative Bedarfe in den Fachbereichen kann durch den
möglichen Berufswechsel am Ende der Basisqualifizierung flexibel reagiert werden. Der Planungszeitraum
verkürzt sich dadurch auf zwei bis zweieinhalb Jahre.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
Berufsgruppen-Orientierung: Die Auszubildenden
erhalten im ersten Ausbildungsjahr eine breite, einheitliche, berufsbildübergreifende Grundlagenausbildung (Basisqualifizierung) in acht Bausteinen, ergänzt
durch fachspezifische Inhalte und Versetzung in den
Fachbereich. Beginnend mit der Basisqualifizierung
werden Talente und Stärken der Auszubildenden ermittelt und im Rahmen der Berufsausbildung weiter
ausgebaut.
B) Berufsbezogene Fachqualifizierung (18–30 Monate)
Die Spezialisierung nimmt im Verlauf der Berufsausbildung zu. Im dritten Ausbildungsabschnitt „Spezialqualifizierung“ werden die von der Ausbildungsordnung
vorgeschriebenen Inhalte durch zusätzliche bedarfsorientierte Bausteine ergänzt.
2. Aufbauqualifizierung:
Berufliche Inhalte und Konzentration auf die Abschlussprüfung
3. Spezialqualifizierung:
Zusätzliche Bausteine entsprechend technologischer
Anforderungen
4. On-Top-Qualifizierung:
Weiterbildung: Programme zur fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung
3.4.7 Ausbildungsvarianten zur Unterstützung
der internationalen Geschäftstätigkeit
These F4.2: Internationalisierungsaktivitäten
unterstützen das Ausbildungsverhalten von Großunternehmen in Richtung Höherqualifizierung und
fördern die Entwicklung alternativer Modelle.
Wie in Kapitel 3.1.1 bereits ausgeführt, hat die
internationale Geschäftstätigkeit der Unternehmen
Auswirkung auf ihr Ausbildungsverhalten im In- und
im Ausland. Die Ausbildung in Deutschland wird, auf­
grund gestiegener Anforderungen beispielsweise durch
die Kommunikation mit ausländischen Kolleginnen
und Kollegen oder Geschäftspartner/innen weltweit,
anspruchsvoller. Neben gängigen Zusatzqualifikatio­
nen in Form von Fremdsprachen oder interkulturellen
Trainings bieten neun von 26 international tätigen
Unternehmen ihren Auszubildenden die Möglichkeit
eines mehrwöchigen Auslandsaufenthaltes an. Die
Auszubildenden sollen dadurch Einblick in die Arbeits­
abläufe an ausländischen Standorten erhalten, die kul­
turellen Spezifika des jeweiligen Landes kennenlernen
69
sowie ihre Fremdsprachenkenntnisse weiter ausbauen.
Diese Auslandsaufenthalte werden zum Teil betrieblich
organisiert oder über EU-Programme (z. B. Erasmus+)
realisiert.
„Sprachkurse oder auch kulturelle Kenntnisse in der
Form, dass wir die Azubis schon auch mal für ein paar
Wochen ins Ausland (z. B. China, Dänemark, England,
…) schicken, damit sie auch mal eine ganz andere
Kultur kennenlernen und auch schon mal einüben, wie
man sich in einer anderen Kultur bewegt.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
„Wir schicken etwa 30 Prozent unserer Azubis auf
einen etwa zwölf bis15 Wochen dauernden Auslands­
aufenthalt. Wir nutzen das Leonardo-Programm der
EU, also innerhalb der EU, und insbesondere unsere
dualen Studenten werden über den Globus verteilt, z. B.
in Korea, Japan, Südafrika, Brasilien.“ (Branche: Verar­
beitendes Gewerbe)
Ein weiterer Schwerpunkt der Ausbildungsaktivität
vor dem Hintergrund der zunehmenden Internationali­
sierung ist der Export einzelner Elemente der deutschen
Berufsausbildung ins Ausland. 20 der 26 Unternehmen
mit Auslandsaktivität transferieren deutsche Ausbil­
dungsansätze ins Ausland.
Das Alleinstellungsmerkmal des deutschen Aus­
bildungssystems besteht laut Angaben der befragten
Expertinnen und Experten hauptsächlich in der Kom­
bination aus Theorie und Praxis. Ausländische Modelle
sind oftmals sehr verschult, die Inhalte werden nur the­
oretisch vermittelt. Daher werden vor allem praktische
Elemente des dualen Systems exportiert. Dies geschieht
beispielsweise in Form eines ergänzenden praktischen
Jahres, das im Anschluss an die reguläre Ausbildungszeit
umgesetzt wird. Ziel ist also die Qualitätsverbesserung
der jeweiligen Berufsausbildungssysteme am auslän­
dischen Standort. Keines der befragten Unternehmen
importiert hingegen ausländische Ausbildungsvarianten
oder Teile davon.
Fallbeispiel 8 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: export von elementen des deutschen Ausbildungsmodells ins Ausland
UsA: „Gearbeitet wird in einem Trimester-System in
Kooperation mit dem College. In Anlehnung an das
deutsche System der zwei Lernorte, Berufsschule und
Betrieb, durchlaufen die Auszubildenden abwechselnd
Theoriephasen im College und Praxisphasen im Betrieb.
In den USA liegt der Schwerpunkt der Ausbildung auf
fachlichen Inhalten.“
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
70
Russland: „Es handelt sich normalerweise um eine dreijährige schulische Ausbildung. Nach dem ersten Jahr
versucht das Unternehmen zwei Jahre lang Einfluss auf
die staatlich-schulischen Inhalte zu nehmen und hängt
am Ende noch ein praktisches Jahr dran.“
indien: „Unternehmen bestimmter Größe bekommen
eine Anzahl an Praktikanten vorgeschrieben. Das machen wir gerne. Wir haben aber auch Vorschläge zur
besseren Qualifizierung eingebracht. Das ist schon sehr
nah an unserem deutschen Ausbildungsmodell.“
Die Exportaktivitäten deutscher Großunternehmen
beeinflussen teilweise ausländische Bildungssysteme an
sich. So haben sich beispielsweise in Ungarn mehrere
deutsche Automobilunternehmen zusammengeschlos­
sen, um dort eine Ausbildung nach deutschem Vorbild
aufzubauen. Die Unternehmen treten mit den dortigen
Ministerien und Behörden in Kontakt und verhandeln
die Rahmenbedingungen und die Inhalte der Berufsaus­
bildung.
Die Aktivitäten beinhalten z. B. den Aufbau eines be­
trieblichen Bildungszentrums, über das die Grundlagen
vermittelt werden, sowie die Einrichtung von Lernsta­
tionen in der Produktion. „Ziel ist es, dass am Ende der
gleiche Facharbeiter mit der gleichen Kompetenz rauskommt, wie es hier der Fall ist.“ (Branche: Verarbeiten­
des Gewerbe) In einem Land erhalten die Auszubilden­
den auch eine Art Praktikantenvertrag und eine kleine
Vergütung, um die berufliche Ausbildung gegenüber der
im Ausland oft vorherrschenden akademischen Ausbil­
dung aufzuwerten. In letzter Konsequenz qualifiziert das
Unternehmen auch die Berufsschullehrer/innen, um
eine Berufsausbildung nach deutschen Qualitätsmaß­
stäben im Ausland gewährleisten zu können.
Fallbeispiel 9 aus der Branche Verarbeitendes Gewerbe: Aufbau eines Ausbildungssystems im Ausland
nach deutschem Vorbild
„In [Land X: anonymisiert] haben wir beispielsweise ein
großes Werk. Vor 15 Jahren haben wir da schon mal mit
einer Art Ausbildung begonnen. Wir haben systematisch
angefangen, die Schüler längere Zeit in den Ferienzeiten
zu uns zu holen. In den letzten Jahren haben wir intensiv
mit der Regierung verhandelt, weil wir gerne mehr betriebliche Ausbildungseinheiten aufbauen wollen. Ganz
aktuell haben wir im letzten Jahr ein ähnliches Bildungszentrum wie hier aufgebaut. D. h. mit High-Tech-Anlagen, um auch in der aktuellen Technologie ausbilden
zu können. Ziel ist es, dass wir irgendwann 50 Prozent
Zeitanteil der Ausbildung im Unternehmen erreichen.
Ich denke, dass wir dafür noch ungefähr vier bis fünf
Jahre brauchen werden. Wir haben jetzt extra jemanden
vom Ministerium dafür eingestellt, der diesen Prozess
modelliert und gute Kontakte zu den Hochschulen und
der Regierung hat. Die Regierung ist mittlerweile aber
auch hochinteressiert an diesen Modellen. Wir arbeiten
noch nicht mit Kammern in dem Sinne zusammen, dass
wir eine Kammerprüfung haben wollen. Natürlich gibt es
da auch Kompetenznachweise. Am Ende bekommen die
das normale schulische Zertifikat und parallel auch noch
ein unternehmensspezifisches Zertifikat. In Ungarn sind
wir also schon relativ weit.“
3.4.8 Verzahnung von Aus- und Weiterbildung
These F4.3: Veränderte fachliche Anforderungen
führen zu einer formalen Höherqualifizierung der
Fachkräfte für die mittlere Fachkräfteebene und
erfordern eine stärkere Verzahnung von Aus- und
Weiterbildung.
Erkenntnisse der Untersuchung stützen die These,
dass veränderte fachliche Anforderungen eine Höher­
qualifizierung der Fachkräfte erfordern. Das Qualifika­
tionsniveau auf der mittleren Fachkräfteebene steigt
insgesamt an. Es gibt – über alle Branchen hinweg –
zunehmend Tätigkeits- und Aufgabenfelder, die eine
Fachkraft ohne zusätzliche Weiterbildungen oder eine
Fortbildung nicht bewerkstelligen kann. Es werden
mehr und mehr bedarfsorientierte und auf individuelle
Potenziale abgestimmte Qualifizierungswege beschrit­
ten, um für spezialisierte oder hoch komplexe Aufgaben
den/die passend qualifizierte/n Mitarbeiter/in einsetzen
zu können.
In etwa einem Viertel der befragten Unternehmen
werden Ausbildungsvarianten angeboten, die Weiter­
bildungen oder Teile aus Fortbildungsberufen bereits
in die duale Ausbildung integrieren. Der Zweck ergibt
sich aus den Anforderungen der Tätigkeit, die sich nicht
vollständig durch ein einzelnes Berufsbild oder ohne ein
Weiterbildungs-/Fortbildungszertifikat abdecken lassen.
Diese Ausbildungsvariante wird aufgrund der fachlichen
Notwendigkeit für alle Auszubildenden angeboten oder
für Auszubildende, bei denen sich abzeichnet, dass in
absehbarer Zeit eine Fortbildungsprüfung abgelegt wird.
Für Unternehmen erhöht sich dadurch die Effizienz der
Ausbildung, da Weiterbildungszertifikate oder Teile der
Fortbildungen kostengünstig in die Ausbildungszeit
integriert werden.
Zwei Unternehmen vermitteln Inhalte (Lerneinhei­
ten) aus Fortbildungen schon während der Ausbildung.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
Im ersten Fall wird ein aus Sicht des Unternehmens not­
wendiger Weiterbildungslehrgang integriert. Im zweiten
Fall werden die Auszubildenden auf Spezialistentätigkei­
ten vorbereitet.
Weiterbildung Schweißer: „[…] oder was wir auch
machen ist, dass wir Berufe, die wir früher als eigene
Berufe angeboten haben, beispielsweise Schweißer,
dass wir die jetzt in solchen Fällen, in denen wir immer
geringere Bedarfe haben, dann nicht als eigenständigen
Ausbildungsgang, sondern beispielsweise einen Anla­
genmechaniker mit zusätzlichen Schweißprüfungen
versehen, sodass der am Ende mehr oder weniger das
Gleiche kann.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Servicetechniker: „Aufbauqualifizierung zum
Servicetechniker als Angebot für Kfz-Mechatroniker,
die schon während der Ausbildung beginnt, weil viele
Inhalte ähnlich oder gleich sind. Das haben wir mit der
Handwerkskammer so schlank gemacht, dass wir nichts
doppelt vermitteln. Die Absolventen machen dann ein
halbes Jahr nach der Ausbildung den Abschluss als
Servicetechniker. Das war früher erst nach zwei, drei
Jahren möglich, da eigentlich Berufserfahrung erfor­
derlich ist.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
In die Ausbildung integrierte Inhalte aus Fortbil­
dungsberufen werden im Anschluss an die Berufs­
ausbildung auf die Prüfung angerechnet. Dazu gibt es
Vereinbarungen der Unternehmen mit den zuständigen
Stellen. Im Blick steht die Effektivierung von Entwick­
lungspfaden.
„Es gibt da sozusagen ein Kurssystem bei uns, das
wir über die Azubis stülpen, die aber nicht irgendwo
zertifiziert sind. Es gibt in manchen Berufen auch
Pflichtabschlüsse, z. B. das Englischzertifikat oder die
Fachkraft für Bürokommunikation, die machen noch
den Dialogmarketingbaustein, oder andere erwerben
zusätzlich den Führerschein für den Gabelstapler, das
sind dann so zertifizierte Zusatzangebote. Aber es gibt
keinen Beruf, wo du nicht irgendwas obendrauf hast.
Das sind dann Qualifikationen, die die Prüfungsord­
nung nicht abdecken und die sehr firmenspezifisch
sind. (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
In einem Unternehmen aus dem Bereich Energie­
versorgung erwerben technische Fachkräfte bereits
während der Ausbildung Grundlagen und teilweise Be­
rechtigungen für Tätigkeiten im Gas- oder Wassernetz.
Betroffen sind Berufe wie Elektroniker/in, Kraftwerker/
in, Kraftwerksmeister/in oder Kraftwerksingenieur/in.
Die während der Ausbildung vermittelten Grundlagen
dienen der Vorbereitung auf die Fortbildungsprüfung.
Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe
integriert in die Ausbildung zum/zur Mechatroniker/in
71
von der Berufsgenossenschaft vorgeschriebene Berech­
tigungsnachweise für Klimaanlagen und für den Airbag.
Außerdem wurde aufgrund der neuen Thematik „Elekt­
romobilität“ die integrierte Ausbildung zur Elektrofach­
kraft eingeführt.
Fünf Unternehmen (vier aus dem verarbeitenden
Gewerbe, eines aus dem Bereich der Erbringung von
freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen
Dienstleistungen) bieten die Fortbildung zum/zur
Fremdsprachenkorrespondent/in (IHK) oder zum/
zur Euromanagement-Assistent/in als Zusatzqualifi­
kation für die Berufe Industriekaufmann/-frau und
Kaufmann/-frau für Bürokommunikation an.
Dieses Modell sieht eine enge Verzahnung von Ausund Weiterbildung vor und wird auch gezielt für leis­
tungsstarke Auszubildende angeboten. Damit werden
diese individuell gefördert und erste Grundlagen für die
Karriere im Anschluss an die Ausbildung gelegt. Ziel ist
es, leistungsstarke Auszubildende an das Unternehmen
zu binden.
3.4.9 Ausbildung als Basis für einen strukturierten
Personalentwicklungsprozess
These F4.4: Betriebliche Modelle fördern die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen und innerhalb
von Bildungssystemen. Die Entwicklung oder Etablierung unterschiedlicher Ansätze ist von dem Bemühen gekennzeichnet, durchgängige Karrierepfade
im Unternehmen zu etablieren.
Es bestätigt sich die These, dass betriebliche Mo­
delle die Durchlässigkeit zwischen und innerhalb von
Bildungssystemen erhöhen und Unternehmen auch auf
Fachkräfteebene bewusst durchgängige Karrierepfade
etablieren. Lebenslanges Lernen, d. h. eine strukturierte
und gesteuerte Weiterbildung der Mitarbeiter/innen,
ist für die Großunternehmen kein bloßes Lippenbe­
kenntnis, sondern eine betriebliche Notwendigkeit.
Die Unternehmen müssen mit hoher Geschwindigkeit
auf veränderte Anforderungen reagieren, sei es auf­
grund technologischer Entwicklungen oder Markt­
veränderungen auf der einen Seite oder aufgrund des
demografischen Wandels und der bevorstehenden
Verrentungswelle geburtenstarker Jahrgänge auf der
anderen Seite. Um in Zukunft nicht nur mit ausreichend
vielen, sondern auch mit ausreichend gut qualifizierten
Fachkräften den Geschäftserfolg sicherzustellen, haben
vornehmlich Unternehmen der Automobilindustrie
elaborierte Modelle zur Personalentwicklung auf Fach­
arbeiterebene konzipiert und etabliert.
72
Zwei Unternehmen aus dem verarbeitenden Ge­
werbe und eines aus dem Bereich Energieversorgung
binden die duale Berufsausbildung in einen durchgän­
gigen Personalentwicklungsprozess ein, an dessen Ende
ein internes Zertifikat, ein Fortbildungsabschluss oder
auch ein Bachelor- oder Masterabschluss stehen kann.
D. h., ähnlich wie es für Hochschulabsolvent/innen oft
üblich ist, werden in diesen Unternehmen auch für
Facharbeiter/innen standardisierte Entwicklungspfade
(Expertenlaufbahn, Führungslaufbahn etc.) beschrieben
und entsprechende Weitbildungsmodule konzipiert. Die
Gründe sind auch hier gestiegene Qualifikationsanfor­
derungen und die fachliche Notwendigkeit.
Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe
reagiert beispielsweise auf die Notwendigkeit, in kürze­
rer Zeit Expert/innen auszubilden und zu entwickeln,
durch ein eigenes Programm. Der Altersdurchschnitt in
Produktionseinheit A ist relativ niedrig, es arbeiten viele
junge Fachkräfte zusammen mit immer weniger wer­
denden „alten Hasen“, die Expert/innen und Meister/
innen ihres Fachs (Werkzeugmacher/innen) sind. Da
im Werkzeugbau dieses Unternehmens Großwerkzeuge
hergestellt werden, sind viele Kenntnisse und Fertigkei­
ten notwendig, die das Berufsbild nicht beinhaltet bzw.
die viel Erfahrungswissen erfordern. Die erfahrenen
Mitarbeiter/innen gehen in den kommenden Jahren
nach und nach in Rente: Es besteht die Gefahr, dass dem
Unternehmen das gesamte Know-how verloren geht.
Junge Mitarbeiter/innen müssen heute schneller verant­
wortliche Positionen übernehmen können.
„Früher galt immer der Spruch: ‚Ein richtiger Werk­
zeugmacher muss zehn Jahre gearbeitet haben.‘ Die Zeit
haben wir heute nicht mehr. Heute sitzen junge Leute
mit weniger als zehn Jahren Berufserfahrung in Positi­
onen mit Führungsverantwortung oder leiten Baustel­
len in China oder anderswo auf der Welt. Wenn ich da
immer warten würde, bis jemand zehn Jahre Berufser­
fahrung hat, dann könnte ich meine Arbeit nicht mehr
machen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Junge Facharbeiter/innen haben nicht mehr diese
zehn Jahre Zeit, sich die Kniffe und Tricks von den er­
fahrenen Kolleg/innen abzuschauen, um selbst Expert/
innen ihres Fachs zu werden. Das Unternehmen hat
momentan wenige Expert/innen und viele Mitarbeiter/
innen auf dem Level eines Anwenders und Könners. Ziel
eines Unternehmens aus dem verarbeitenden Gewerbe
ist es, dieses Verhältnis umzudrehen.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und jun­
ge Facharbeiter/innen schneller auf einen Expertenlevel
zu bringen, hat das Unternehmen aus dem verarbeiten­
den Gewerbe folgendes Aus- und Weiterbildungskon­
zept entwickelt.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
Fallbeispiel 10 aus der Branche Verarbeitendes
Gewerbe: kompetenzmanagement
Nach Abschluss der Ausbildung zum Werkzeugmechaniker durchlaufen alle Auszubildenden ein mehrstufiges
Weiterbildungsprogramm, das auf ihre individuellen
Qualifizierungsbedarfe zugeschnitten ist. In einem Mitarbeitergespräch erstellt der Vorgesetzte zusammen mit
dem Jungfacharbeiter eine Qualifizierungsmatrix (Selbstund Fremdeinschätzung). In dieser Matrix sind alle Kompetenzen eingetragen, die ein Kenner, ein Anwender und
ein Experte haben müssen (Soll-Kompetenzen). Zu jeder
Kompetenz ist ein Kompetenzprofil hinterlegt, in dem
genau beschrieben wird, was der Facharbeiter können
muss. Dabei wird unterschieden zwischen Basis-, Detailund Spezialwissen. Jedes Kompetenzfeld wird farblich
(rot/orange/grün) gekennzeichnet, je nach Kompetenzstand. Erst wenn alle Felder grün markiert sind, ist der
Facharbeiter zum Experten geworden.
Das Programm ist mehrstufig aufgebaut:
Theorie: Es wurden Leitfäden zu elf Themen entwickelt, in denen das notwendige Wissen abgebildet ist.
Diese Leitfäden hängen überall in der Werkshalle aus,
die Mitarbeiter können sich die fehlenden Inhalte selbst erarbeiten.
Zusätzlich werden Schulungen zu diesen Themen angeboten. In den Mitarbeitergesprächen wird festgelegt,
welche Schulungen der Facharbeiter im nächsten Jahr absolvieren soll. Pro Jahr sollten mindestens vier Schulungen besucht werden.
Praxis: Die erlernten Kenntnisse sollen auch in prakti­
schen Übungen angewendet werden. Dazu wurde ein
eigener Übungsbereich eingerichtet.
Für dieses Modell wurde ein Mitarbeiter aus der Werkstatt abgestellt, der die praktischen Übungen anleitet,
aber auch die theoretischen Schulungen durchführt.
Im Prinzip soll jeder Mitarbeiter Experte werden, auf
dem Level „Kenner“ dürfen sich jeweils nur die neuen
Mitarbeiter direkt nach der Ausbildung befinden.
In einem Unternehmen aus dem Bereich Energiever­
sorgung werden im Anschluss an eine gewerbliche oder
kaufmännische Ausbildung insgesamt sieben15 verschie­
15 Ein achter Pfad ist ein Studienförderprogramm inklusive Sti­
pendium für Auszubildende, die ihre Ausbildung überdurch­
schnittlich gut abgeschlossen haben.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
dene Weiterentwicklungspfade angeboten. Diese Weiter­
bildungen dauern zwischen drei Monaten und drei Jahren
und werden an verschiedenen Standorten angeboten. Die
Programme verfolgen unterschiedliche Zielsetzungen: die
Weiterentwicklung zum/zur Techniker/in bzw. Meister/
in, z. B. ein Programm für individuelle Facharbeiter­
förderung oder die Vermittlung zusätzlicher, vertiefter
fachlicher Inhalte (Expertenlaufbahn). Das Unter­
nehmen bildet stark über Bedarf aus (sieben Prozent
Ausbildungsquote, zwei Prozent Übernahmequote). Die
übernommenen Facharbeiter „sind eher Facharbeiter
plus“, d. h. sie durchlaufen eine dieser Weiterbildungen.
Ein Unternehmen der Automobilbranche bietet in
ähnlicher Weise verschiedene Karrierepfade speziell
für Jungfacharbeiter/innen im gewerblich-technischen
Bereich an. Der Personalentwicklungsprozess ist hier
stärker an bestehende Entwicklungspfade für Akademi­
ker/innen angebunden und auf eine spätere Fach- und
Führungskarriere der Teilnehmer/innen ausgerichtet
(siehe nächstes Fallbeispiel: Facharbeiterentwicklung).
Fallbeispiel 11 aus der Branche Verarbeitendes
Gewerbe: Facharbeiterentwicklung
Das Förderprogramm ist ein zukunftsorientiertes Entwicklungsprogramm für junge Facharbeiter im gewerblich-technischen Bereich. Wer eine technische Berufsausbildung mit hervorragenden Leistungen absolviert
hat, wird in den ersten Berufsjahren gezielt gefördert.
Das Programm ist mit einer ersten Pilotrunde für 20
gute Jungfacharbeiter gestartet, die nach ihrer Ausbildung und einer kurzen Orientierungsphase in ihrem
Fachbereich ein 24-monatiges Programm durchlaufen.
In dieser Zeit werden die Facharbeiter mit systematischen Fachbereichswechseln auf eine spätere Fach- und
Führungskarriere vorbereitet. Anschlussmöglichkeiten
sind z. B. Fortbildungen zum Techniker oder Meister.
Dieser Pfad stellt einen Baustein eines ganzheitlichen
Personalentwicklungsprozesses dar. Der Facharbeiter
kann grundsätzlich berufsbegleitend noch einen Bachelorabschluss erwerben.
Auch die nachfolgenden Ergebnisse zum dualen
Studium bekräftigen die Aussage, dass alternative
Ausbildungsvarianten die Durchlässigkeit zwischen den
Bildungssystemen durch die Entwicklung durchgängi­
ger Karrierepfade befördern. Diese „Durchgängigkeit“
zwischen Ausbildung und Studium stellen die Unter­
nehmen oftmals in Eigenregie her, indem sie die Quali­
fizierungskonzepte inhaltlich und organisatorisch eng
mit Hochschulen und zuständigen Stellen abstimmen,
um ihren Absolventinnen und -absolventen den Durch­
stieg von der Ausbildung zum Studium zu erleichtern.
73
3.4.10 Duales studium
Die in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen
Ausbildungsvarianten haben eines gemeinsam: Am
Ende der Qualifizierung oder als Ausgangspunkt für
eine Weiterqualifizierung steht ein IHK/HwK-Abschluss.
Zusätzlich zu diesen Varianten dualer Ausbildung, ob
mit oder ohne Zusatzqualifikation oder mit direkt an­
schließender Weiterbildung, bieten nahezu alle befrag­
ten Unternehmen duale Bachelorstudiengänge an (28
der 30 Unternehmen). Die erhobenen und nachfolgend
vorgestellten Varianten dualer Studiengänge lassen
sich ebenfalls nach ihrer Nähe bzw. Distanz zur dualen
Ausbildung differenzieren.
Die unter dem Begriff „Duales Studium“ in die
Ergebnisdarstellung eingehenden Ausbildungsvarianten
unterscheiden sich in ausbildungsintegrierende und
praxisintegrierende Modelle:
" ausbildungsintegrierende Studiengänge: Die
Jugendlichen erwerben neben dem Hochschulab­
schluss gleichzeitig auch einen anerkannten Berufs­
abschluss (n=16).
" praxisintegrierende Studiengänge: Entweder die
Auszubildenden studieren an einer Berufsakademie
(n=19) oder in das Studium sind mehrere Praxisphasen integriert (n=15), die einen vertieften Einblick
in Unternehmensprozesse (Produkt- oder Dienstleis­
tungserstellungsprozess) gewähren.
Die unterschiedlichen Varianten dualer Studiengänge sind relativ gleichmäßig verteilt (vgl. Abbil­
dung 28).
Manche Unternehmen entscheiden sich für ein
bestimmtes Studienmodell und bieten diese nicht par­
allel an: Z. B. bieten sechs Unternehmen ausschließlich
ausbildungsintegrierende Studiengänge an, elf Unter­
nehmen nutzen allein praxisintegrierende Modelle. Die
restlichen Unternehmen bieten eine Kombination aus
beiden Varianten des dualen Studiums an. Eine aussage­
kräftige Zuordnung zu einzelnen Branchen konnte nicht
festgestellt werden.
Manche Unternehmen, die mehrere Varianten anbie­
ten, sehen für die Absolvent/innen im Anschluss an das
Studium fest definierte Einsatzgebiete vor, was nachfol­
gend am Beispiel eines Energieunternehmens deutlich
wird.
„Im IT-Bereich und im Bereich Elektrotechnik (Ener­
gieversorgung, -verteilung und -gewinnung im Thema
smart grids, smart systems) ist man dazu übergegan­
gen, auf den Facharbeiter den Bachelor ,aufzupfropfen‘,
d. h., in der Konsequenz gibt es dort die Variante Bache­
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
74
Abb. 28: Varianten des Modells duales studium
Anzahl der Unternehmen
0
4
8
12
16
20
24
28
19
Studium an der Berufsakademie
Bachelorstudium plus Ausbildungsabschluss (IHK)
16
Bachelorstudium mit Praxisphasen im Betrieb
15
n=28
Mehrfachantworten möglich
lor und Bachelor inklusive IHK-Abschluss gleichzeitig.
Diese sind dann in der Montage, Inbetriebnahme, im
Service tätig. Die reinen Bachelor sind eher im Bereich
Forschung und Entwicklung tätig. Im Vertrieb sind
vor allem die Berufsakademie-Studenten vorgesehen.“
(Branche: Energieversorgung)
Der Hauptgrund, duale Studiengänge anzubieten,
besteht für die meisten Unternehmen (21 von 28) in der
fachlichen Notwendigkeit. Die Hälfte bietet das Modell
außerdem an, um den besten Schulabgänger/innen
frühzeitig attraktive Angebote unterbreiten zu können
(vgl. Abbildung 29).
Duales studium als Ausbildungsmodell
für die mittlere Fachkräfteebene?
Die Mehrheit der 28 Unternehmen bietet diese duale
Studiengänge nicht speziell für die mittlere Fachkräf­
teebene an, d. h. für Tätigkeiten oder Positionen, die
üblicherweise mit beruflich qualifizierten Fachkräften
besetzt werden. Etwa 60 Prozent der befragten Unter­
nehmen bieten die dualen Studiengänge ausschließlich
zur Qualifizierung ihres akademischen Nachwuchses an.
Bei den restlichen Unternehmen werden die Absolvent/
innen dualer Studiengänge allerdings teilweise für Tätig­
keiten am oberen Rand der mittleren Fachkräfteebene
ausgebildet.
Abb. 29: Ranking der Gründe für das Angebot dualer studiengänge
Anzahl der Unternehmen
0
4
8
12
24
28
14
Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“
9
Drohender Fachkräftemangel
4
Kostengünstige Alternative
Andere Gründe
20
21
Fachliche Notwendigkeit
Keine Angabe
16
3
2
n=28
Mehrfachantworten möglich
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
75
Erkenntnis ist, dass die Unternehmen mit dualen
Studienangeboten in der Regel für Absolventinnen
und Absolventen von dualen Studiengängen weitere
Karriereoptionen vorsehen (n=19). Lediglich ein kleiner
Teil der befragten Unternehmen setzt ihre dual Studie­
renden auch auf der mittleren Fachkräfteebene ein (n=4)
(vgl. Abbildung 30).
nähert sich dann nachher in den Tätigkeiten wieder
an, weil wir auch ein berufsbegleitendes BWL-Studium
anbieten, sodass die Absolventen des dualen Studiums
und diejenigen, die dieses berufsbegleitende Studium
absolviert haben, später durchaus auf vergleichbaren
Positionen landen. Aber die duale Ausbildung alleine
ist im Regelfall nicht mehr ausreichend, um sich in der
Abb. 30: einsatzbereiche von Absolventen dualer studiengänge
Anzahl der Unternehmen
0
4
8
12
Ja, in der Regel werden für die Absolventen/innen
konkrete weitere Karriereoptionen vorgesehen.
16
20
24
28
20
4
Beides
Nein, in der Regel werden die Absolventen/innen
wie Absolventen/innen klassischer Berufsausbildung
auf der mittleren Qualifikationsebene eingesetzt.
2
Keine Angabe
2
Die beiden Unternehmen, die angeben, ihre dual
Studierenden auf mittlerem Fachkräfteniveau einzu­
setzen, führen unterschiedliche Gründe an: Bei einem
Unternehmen erfordert die Branche (Bergbau) ein
duales Studium, in welchem die notwendigen Kenntnis­
se erworben werden. Denn einen Ausbildungsberuf, der
diese Inhalte entsprechend abdeckt, gibt es nicht.
Bei dem anderen Unternehmen werden die Ab­
solventinnen und Absolventen zunächst auf mittlerer
Fachkräfteebene eingesetzt, eine spätere Weiterentwick­
lung zur Übernahme anspruchsvollerer Aufgaben ist
aber vorgesehen. Beschäftigte mit einem reinen Bache­
lorabschluss sowie hochschulisch dual Qualifizierte kön­
nen aber durchaus vergleichbare Positionen einnehmen.
„Natürlich wird ein ausgebildeter Anlagenmecha­
niker eine andere Tätigkeit ausüben als ein Bachelor of
Science, der Klimatechnik studiert hat. […] aber auch
die Absolventen dualer Studiengänge […] nehmen wir
in die anspruchsvolle Sachbearbeitung und Projektar­
beit, während die Absolventen der klassischen Ausbil­
dungsberufe in vielen Fällen auch erst mal eher in der
Sachbearbeitung oder sogar in operativen Tätigkeiten
eingesetzt werden. Wir haben aber gerade auch bei
den kaufmännischen Auszubildenden einen relativ
hohen Anteil an Leuten mit Hochschulreife und das
n=28
Hierarchie und auch finanziell interessant weiterzu­
entwickeln.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen,
wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen)
In nahezu allen Unternehmen werden Absolven­
tinnen und Absolventen eines dualen Studiums für
höherwertige Tätigkeiten eingesetzt als Ausbildungsab­
solventinnen und Absolventen. Es werden erkennbar
vor allem die gemeinsamen Stärken der beiden Model­
le betont, z. B. Praxisnähe, frühzeitige Bindung an das
Unternehmen, starke Einbindung
in Unternehmensnetzwerke (vgl. Tabelle 3, Kapitel
3.4.11).
„Der duale Student wird ebenso wie der Auszubil­
dende sehr früh in das Unternehmen eingeführt, er
kennt das Unternehmen zu dem Zeitpunkt, zu dem er
als Ingenieur tätig ist, eigentlich schon. Was ein Riesen­
vorteil ist gegenüber dem, der frisch reinkommt und im
ersten Jahr noch nicht so wirklich weiß, wo links und
wo rechts ist.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Die Befragung zeigt auch, dass immerhin neun
von 28 Unternehmen mit dem Modell duales Studium
klassische Ausbildungsplätze ersetzt haben. Acht Unter­
nehmen bieten die dualen Studiengänge zusätzlich zur
dualen Ausbildung an und acht Unternehmen ersetzen
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
76
Abb. 31: stellen für duale studiengänge: ausbildungsergänzend oder -ersetzend
Anzahl der Unternehmen
0
4
8
Es wurden damit klassische
Ausbildungsplätze ersetzt.
16
20
24
28
9
Es wurden sowohl Stellen ersetzt
als auch neue geschaffen.
8
Es wurden zusätzlich zu bestehenden
Ausbildungsplätzen neue Stellen geschaffen.
8
Keine Angabe
12
3
damit Ausbildungsplätze und schaffen gleichzeitig zu­
sätzliche Ausbildungsstellen (vgl. Abbildung 31).
Die meisten zusätzlich geschaffenen Stellen ent­
stehen im IT-Bereich (acht Nennungen), gefolgt vom
gewerblich-technischen und dem kaufmännischen
Bereich (je sechs Nennungen). Die zusätzlichen Stellen in
der IT-Branche bewegen sich vor allem auf Akademiker­
niveau und ersetzen in fünf der acht Fälle die Rekrutie­
rung von Hochschulabsolvent/innen.
„Der Bereich IT ist auf Akademikerniveau, wurde
früher mit Diplomabsolventen besetzt. Gibt’s heute
nicht mehr auf dem Markt in der von uns benötigten
Menge, daher füllen wir die Stellen mit den dualen
BA-Absolventen.“ (Branche: Erbringung von freibe­
ruflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienst­
leistungen)
In der Mehrzahl der Unternehmen (n=16) durchlaufen maximal zehn Prozent der Auszubildenden
ein duales Studium, in sechs Unternehmen sind es
bereits 20 Prozent und in zwei Unternehmen beträgt
der Anteil der dualen Student/innen im Verhältnis
zu den Auszubildenden 20 Prozent, in einem sogar
56 Prozent.
Tendenziell werden eher im kaufmännischen Be­
reich (fünf Nennungen) klassische Ausbildungsstellen
mit dualen Studenten besetzt, gefolgt vom IT-Bereich
(vier Nennungen), weniger im gewerblich-technischen
Bereich (drei Nennungen).
„Im kaufmännischen Bereich werden frühere Indus­
triekaufleute [Fachkräfteniveau] durch BA-Absolventen
ersetzt.“ (Branche: Erbringung von freiberuflichen,
wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen)
n=28
„Im kaufmännischen Bereich wurden zehn Aus­
bildungsplätze (Fremdsprachenkorrespondenten und
Bürokaufleute) durch duale Studenten (BWL und
Wirtschaftsinformatiker) ersetzt. Somit wurde die kauf­
männische Ausbildung zugunsten des dualen Studiums
aufgegeben.“ (Branche: Information und Kommunika­
tion)
Die Unternehmen ziehen das Bachelorstudium der
kaufmännischen Ausbildung aus unterschiedlichen
Gründen vor, die sich aber im Wesentlichen immer
wieder auf die veränderten Anforderungen in der Be­
rufstätigkeit zurückführen lassen. Unternehmen fordern
heute von ihren Mitarbeiter/innen mehr konzeptio­
nelle Kompetenzen und weniger „Rezeptwissen“, um in
immer kürzeren Wissens- und Innovationszyklen und
der zunehmend komplexen Arbeitswelt bestehen zu
können. Hochschulisch dual Qualifizierte bringen nach
Ansicht eines Unternehmens aus dem Bereich „Informa­
tion und Kommunikation“ diese Kompetenz eher mit als
Absolventinnen und Absolventen einer dualen Ausbil­
dung. Aber auch die Jugendlichen selbst streben immer
mehr nach einem akademischen Abschluss, gerade im
kaufmännischen Bereich.
„Vor ca. zehn Jahren haben wir Bürokaufleute und
Fremdsprachenkorrespondenten ausgebildet (zehn bis
15 Leute). Nach Ausbildungsabschluss wurden Leute
z. B. im Sekretariat und der kaufmännischen Sachbe­
arbeitung nachgefragt. Die Sachbearbeitung wurde
nach Prag ausgelagert. Im Sekretariat wollten die
Manager die jungen Absolventen ,nicht haben‘, da sie
mit 19 nicht ,senior‘ genug waren, um im internati­
onalen Projektgeschäft zu überleben. Also haben wir
umgeschwenkt auf Fremdsprachenkorrespondenten.
Die wurden im Unternehmen immer gefördert und zum
Studium motiviert (hatten alle Abitur). Jetzt haben die
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
Bewerber mit Abitur ja die Wahl zwischen einer Ausbil­
dung und dem dreijährigen Bachelor und interessieren
sich daher mehr für das Studium.“ (Branche: Informati­
on und Kommunikation)
Über die zukünftige Bedeutung und das Verhältnis
der Ausbildungsvarianten „Duale Ausbildung“, „Duales
Studium“ und „Hochschulstudium“ existieren in den
Unternehmen unterschiedliche Positionen. Ein Teil
der Unternehmen betont, die dual Studierenden seien
„keine besseren Fachkräfte“, sondern den klassischen
Hochschulstudierenden gleichgestellt. Es gibt aber auch
Unternehmen, die im dualen Studium eine Zwischen­
stufe zwischen dualer Ausbildung und Hochschulstu­
dium sehen. Unternehmen eröffnen sich über dieses
„Mittelding“ neue Spielräume. Sie qualifizieren damit
nicht ausschließlich ihren Akademikernachwuchs,
sondern auch ihren Nachwuchs für gehobene Fachkräf­
tetätigkeiten.
77
Über alle Unternehmen hinweg lässt sich feststellen,
dass die feste Zuordnung von Stellen- oder Tätigkeits­
profilen zu Abschlüssen mehr und mehr aufgelöst wird.
Die Unternehmen nutzen verschiedene Ausbildungsva­
rianten und deren Kombination, um für ein bestimmtes
Tätigkeitsfeld die bestmöglich ausgebildeten Mitarbei­
ter/innen zu erhalten.
Zur Frage der konkurrenz zwischen dualer
Ausbildung und dualem studium
Zum heutigen Zeitpunkt betrachten die Unternehmen
beide Modelle in einer Komplementärfunktion für
unterschiedliche Zielgruppen und Kompetenzprofile,
weniger als konkurrierende Ausbildungsvarianten. Das
duale Studium stellt zunächst eine ergänzende Variante
zur dualen Ausbildung dar. Ein Einsatz der Absolventin­
nen und Absolventen auf der mittleren Qualifikations­
ebene erfolgt kaum.
„Das duale Studium ist ja noch mal so eine Zwi­
schenstufe zwischen dualer Ausbildung und Hoch­
schulausbildung. Insbesondere im IT-Bereich, da für die
die Berufe hier nicht ausreichend waren, da haben wir
sehr viele Angebote. Aber auch im Bereich ,Vertrieb und
Marketing‘ nutzen wir verstärkt das Thema ,Duales
Studium‘ und keine Ausbildungsberufe.“ (Branche:
Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und
technischen Dienstleistungen)
„Konkurrenz der beiden Systeme? Nein, ich sehe das
eher als Ergänzung und als gegenseitige Unterstützung
der Systeme! Wir lernen z. B. sehr viel Methodisches aus
der Ausbildung für das duale Studium. Wir haben eine
einheitliche Lernplattform für Azubis und Studenten,
d. h., unsere Azubis profitieren auch vom Know-how
der Studenten.“ (Branche: Erbringung von freiberufli­
chen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleis­
tungen)
In manchen Unternehmen wurden konkrete Bache­
lorpositionen geschaffen, die den Absolventinnen und
Absolventen zunächst den Einstieg in das Unternehmen
ermöglichen sollen und längerfristig weitere Karriere­
wege eröffnen.
„Die beiden Modelle werden ganz schön lange noch
parallel laufen – solange es Produktionsstätten in
Deutschland gibt, braucht man immer gute Fachleute.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
„Im Moment stellen wir die alle auf Bachelor­
positionen, das sind neue Positionen, die wir ge­
schaffen haben im mittleren Managementbereich,
also am Ende der Facharbeiterleiter zu Beginn
des Management-Zirkels, und dann wird man gucken,
wie die sich entwickeln. Manche werden auf dieser
Ebene bleiben, weil sie sagen, das ist genau das, was
ich will, und andere wollen einen etwas gehobeneren
Qualifizierungsgrad, andere werden sagen, ,also ich
brauch jetzt noch einen Master‘ und werden versu­
chen, den umzusetzen und die werden wir dann auch
begleiten müssen. Und dann gibt es noch die dritte
Gruppe: Mal angenommen, sie arbeiten im Bereich
A und haben einen Bachelor of Science und plötzlich
sollen sie in den Einkauf für weltweite Rohstoffe, dann
sagt man denen, du machst jetzt keinen Sciencemaster
drauf, sondern es reicht dir ein Bachelor of Business
Administration. Also, das ist so variabel und man
muss sich eben auf alle Möglichkeiten einstellen,
die die Stellen erfordern.“ (Branche: Verarbeitendes
Gewerbe)
„Das duale Studium, das jemand bei uns im
Unternehmen macht, zielt nicht auf eine Fachar­
beiterposition, sondern dass er fachlich Erfahrung
gesammelt hat. Anschließend im Netzwerk eines
Unternehmens müssen Akademiker eng mit Facharbei­
tern zusammenarbeiten und deren Sprache verstehen
und gewisse praktische Fähigkeiten mitbringen, um
als Ingenieur bestimmte Dinge auch anders einzu­
schätzen. Das ist eine ganz andere Zielrichtung, von
daher gibt es keine Konkurrenz.“ (Branche: Verarbeiten­
des Gewerbe)
Mittel- und langfristig wird die Bedeutung des Aus­
bildungs- und Rekrutierungsmodells duales Studium
in den Unternehmen weiter steigen (n=17) (vgl. Abbil­
dung 32).
Das duale Studium gewinnt für die Unternehmen
einerseits als Rekrutierungsinstrument an Bedeutung.
Aufgrund des sinkenden Interesses gut qualifizierter
Schulabsolventinnen und -absolventen an einer dualen
Ausbildung – diese suchen heutzutage eher den Weg an
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
78
Abb. 32: Zukünftige Relevanz des dualen studiums
Anzahl der Unternehmen
Das Modell wird in den
nächsten fünf Jahren ...
0
4
8
12
20
24
28
13
an Bedeutung gewinnen
10
auf heutigem Niveau verbleiben
4
deutlich an Bedeutung gewinnen
keine Angabe
16
1
die Hochschulen (vgl. die steigenden Studierendenzah­
len) – sollen damit frühzeitig leistungsstarke Schulab­
gänger/innen für das Unternehmen gewonnen werden.
„Also ich glaube, dass beide Instrumente [duale
Ausbildung und duales Studium] unterschiedliche
Zielgruppen ansprechen und zwar auf sehr, sehr gute
Art und Weise. Wir werden aber in Zukunft erleben,
dass das duale System durch die dualen Studiengänge,
was die Abiturienten angeht, unter Druck gerät, weil
die Abiturienten – das merken wir auch bei Marketing­
maßnahmen aller Art – natürlich im Moment sich sehr
auf die dualen Studienplätze fokussieren.“ (Branche:
Information und Kommunikation)
Anderseits greifen Unternehmen aufgrund gestie­
gener Anforderungen an der Schnittstelle hoch quali­
fizierter Facharbeit und typischer Akademikertätigkeit
vermehrt auf Absolventinnen/Absolventen dualer
Studiengänge zurück. Die Unternehmen bieten duale
Studiengänge an, um ein neu identifiziertes Qualifika­
tionsniveau am Übergang von Facharbeiter- zu Aka­
demikerabschlüssen abzudecken. Wobei die Grenzen
hier fließend zu sein scheinen und es in den einzelnen
Unternehmen häufig keine klaren Vorgaben gibt, ob
ein/e weiterqualifizierte/r Facharbeiter/in oder ein/e
Bachelorabsolvent/in eine Position übernehmen soll.
Die Fachabteilungen entscheiden selbstständig, welches
Kompetenzprofil bevorzugt wird.
Überschneidungen zwischen den Qualifikationspro­
filen entstehen daher eher an der Schnittstelle von hoch
qualifizierter Facharbeit (Meister/in und Techniker/in)
zu Akademikertätigkeit und zwischen dualem Studium
und klassischem Hochschulstudium, weniger zur dualen
Ausbildung.
Gerade im gewerblich-technischen Bereich werden
die Fortbildungsberufe Meister/in und Techniker/in von
n=28
Bachelorabsolvent/innen zunehmend verdrängt. Das
zeigt sich daran, dass der Anteil an dualen Studierenden
in den Unternehmen seit einigen Jahren kontinuierlich
steigt und gleichzeitig eine rückläufige Entwicklung von
Fortbildungsabschlüssen festzustellen ist (vgl. Dobi­
schat 2008). Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden
Gewerbe geht davon aus, dass zukünftig der Bedarf an
akademisch qualifizierten Absolvent/innen vordringli­
cher sein wird als der Bedarf an Facharbeiter/innen.
„Das klassische Studium und die duale Ausbildung
stehen in Konkurrenz zueinander und ich sehe das
duale Studium dort eher als ein Mittelding, als eine
Möglichkeit, um auf Inhalte der dualen Ausbildung,
aber auch auf die Zielgruppe, nicht zu verzichten, selbst
wenn wir vielleicht nicht in allen Fällen ein Studium
benötigen, zumindest nicht am Anfang. Was wir uns
stärker wünschen, wäre eine Ausbildung mit durchaus
sehr guten Schülern und zu einem späteren Zeitpunkt
durch berufsbegleitende Bachelor Höherqualifizierun­
gen. Da sehe ich eigentlich einen sehr guten Weg für
beide Seiten, aber es gibt sehr viele, die einfach sagen:
,Studium ist schon wichtig.‘“ (Branche: Verarbeitendes
Gewerbe)
„Man kann Industriemeister machen, bis jetzt gibt’s
immer noch den Techniker – wobei ich es persönlich
schwierig sehe, den Techniker zukünftig aufrechtzuer­
halten, wenn in derselben Zeit ein BA-Studium absol­
viert wird. Aufstiegsqualifizierung zum Meister ist ein
ganz anderes Ding und wird häufig als gleichwertig mit
dem BA gesehen.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
„In unserer Branche gibt es auch ein duales Studium
neben dem Meister – das ist schon eine Konkurrenz.“
(Branche: Handel)
Insbesondere im kaufmännischen Bereich ist auf­
grund der gestiegenen Anforderungen und den meist
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
höher qualifizierten Bewerber/innen (mit Hochschul­
zugangsberechtigung) eine Konkurrenz schon heute
deutlich spürbar.
„Es gibt Konkurrenz im kaufmännischen Bereich!
Gerade bei der Übernahme schnappen BA-Absolventen
den ausgebildeten Industriekaufleuten die Plätze weg.“
(Branche: Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden)
„Durch die Einführung des Bildungsproduktes ,Dua­
ler Student‘ können wir natürlich Zielfunktionen füllen,
die wir vorher mit einem Ausbildungsabsolventen nicht
hätten besetzen können, da hätten wir uns jemanden
von extern geholt. Es gibt aber auch Funktionen, die ein
dualer Student übernimmt, wo man sagt, da passt mir
der duale Student jetzt besser drauf als der klassische
Ausbildungsabsolvent, warum auch immer. Das kann
allein schon sein, dass ein Ausbildungsabsolvent nicht
so sehr fachspezifisch, sondern etwas breiter eingesetzt
ist, z. B. im HR-Bereich können sie keinen Ausbildungs­
absolventen als Konzeptionisten einsetzen, da er in der
Ausbildung nichts über den Personalbereich gelernt
hat, der duale Student sehr wohl. Und das ist vielleicht
genau das bisschen mehr, was der duale Student hat.
In der monatlichen Entlohnung macht das oft keinen
Unterschied.“ (Branche: Erbringung von Finanz- und
Versicherungsdienstleistungen)
Neben der Konkurrenz zu Fortbildungsabschlüssen
wird auch ein Wettbewerb zu klassischen Hochschulab­
schlüssen gesehen: Es werden mehr Akademiker/innen
selbst ausgebildet und weniger Hochschulabsolvent/
innen vom Arbeitsmarkt rekrutiert. Die Unternehmen
nutzen die dualen Studiengänge für einen vier- bis
fünfjährigen Personalentwicklungsprozess. Sie erhalten
eine/n Hochschulabsolvent/in, die/der das Unterneh­
men, die Prozesse, Strukturen, die Kultur kennt und die/
den sie während des dualen Studiums auf die unterneh­
mensspezifischen Anforderungen vorbereiten konnten.
Bereits direkt nach dem Studium kann der/die junge
Mitarbeiter/in gezielt nach den bekannten Neigungen
und Potenzialen weiterentwickelt und – das ist der
wesentliche Vorteil – direkt wertschöpfend eingesetzt
werden.
„Die Dualstudenten werden bei uns rekrutiert für
die mittlere, aber auch teilweise schon für die höheren
Führungsebenen, das ist also ein klares Premiuman­
gebot, das wir machen. Die konkurrieren hier bei uns
durchaus mit den ,normalen‘ Hochschulabsolventen
und sind von unserer Eingangsqualifikation her deut­
lich besser als ein Durchschnittsabiturient. Die Absol­
venten der dualen Studiengänge konkurrieren mit den
guten und sehr guten deutschen Hochschulabsolventen.
So ist der Markt.“ (Branche: Information und Kommu­
nikation)
79
„Also [das duale Studium] ist eigentlich eine
fünfjährige Personalentwicklung und das ist auch der
Unterschied zu einem normalen Studium. Er weiß ganz
genau: ,Was könnte mir gefallen? Wo könnten meine
Schwerpunkte liegen?‘ und wir arbeiten natürlich auch
mit entsprechend überfachlichen Seminaren an der
Persönlichkeit.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Varianten von dualen studiengängen
Nachfolgend werden die verschiedenen Varianten dualer
Studiengänge, die die befragten Unternehmen anbieten,
beispielhaft vorgestellt und deren Zweck erläutert. Es
beginnt mit Modellen, die sich stärker an den Gestal­
tungsprinzipien dualer Ausbildung orientieren und
endet mit Ausbildungsvarianten, die sich weiter von
der dualen Ausbildung entfernt haben und somit streng
genommen keine Variante dualer Ausbildung darstellen,
sondern einen eigenen Typus repräsentieren.
Duales studium „light“
Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe
bietet eine komplexitätsreduzierte Variante des dualen
Studiums für Fachkräfte auf der mittleren Qualifi­
kationsebene an. Die Stellen für Studierende dieser
Variante bewegen sich nicht ausschließlich auf Akade­
mikerniveau: Es werden damit Stellen besetzt, für die
die „normale“ Qualifikation eines Facharbeiters oder
einer Facharbeiterin nicht ausreicht, aber auch kein
komplettes Hochschulstudium zwingend erforderlich
ist. Daher wird die Berufsausbildung mit Teilen eines
Hochschulstudiums kombiniert: Je nach Bedarf können
junge Facharbeiter/innen ihre Kenntnisse durch zwei
bis drei Semester an einer Hochschule vertiefen, ohne
einen formalen Abschluss zu erwerben. Dahinter stehen
keine konkreten Karriereoptionen, sondern es besteht
eine fachliche Notwendigkeit in bestimmten Tätigkeits­
feldern, deren Anspruch eine klassische IHK-Ausbildung
nicht abdeckt.
Duales studium – ausbildungsintegrierend
Die befragten Unternehmen bieten die dualen Studien­
gänge meist sehr guten Abiturientinnen und Abiturien­
ten als Direkteinstieg ins Unternehmen im Anschluss an
die allgemeine Hochschulreife an.
Insgesamt 16 der 28 Unternehmen bieten ausbil­
dungsintegrierende Studiengänge an, d. h., die Jugendli­
chen erwerben einen Ausbildungsabschluss und parallel
dazu einen Hochschulabschluss. Die beiden Ausbil­
dungsgänge sind zeitlich und organisatorisch aufeinan­
der abgestimmt. Die Unternehmen konzipieren Quali­
fizierungsmodelle, in denen die Stärken der Ausbildung
und des dualen Studiums kombiniert werden. Meist
beginnen die Jugendlichen mit einer klassischen dualen
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
80
Ausbildung, nach ein bis eineinhalb Jahren beginnt das
Studium an einer Hochschule. Die Berufsausbildung
schließen sie als Teilnehmer/innen der Externenprü­
fung an der IHK ab. Insgesamt dauert diese Form der
Qualifizierung, je nach Modell, dreieinhalb bis vierein­
halb Jahre, also etwas länger als ein duales Studium mit
Praxisphasen. Bewusst wird nicht auf die Inhalte der du­
alen Ausbildung verzichtet. Auch ist den Unternehmen
der formale Ausbildungsabschluss wichtig. Besonders
im gewerblich-technischen Bereich (n=10) wird diese
Kombination geschätzt, und das ausbildungsintegrierte
Modell genießt einen hohen Stellenwert in den Fachab­
teilungen. Die Unternehmen wollen auf die Vorteile bei­
der Modelle (vgl. Tabelle 3, Kapitel 3.4.11), speziell auch
auf die beruflichen Handfertigkeiten, nicht verzichten.
„Im technischen Bereich bestehen wir auf den du­
alen Abschluss, im Gegensatz zu den kaufmännischen
Berufen, weil wir da die Notwendigkeit sehen, dass je­
mand, der später einen Bachelor- oder Masterabschluss
hat, trotzdem den Ausbildungsberuf sehr gut kennt.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
„Das ist wirklich toll, wenn die fertig sind, müssen
die sich ja eigentlich ganz normal für ein Arbeitsver­
hältnis bewerben, mittlerweile sagen die Fachabteilun­
gen aber, ‚du brauchst mir den gar nicht schicken zum
Bewerbergespräch, den nehme ich blind‘. Das Modell als
solches hat mittlerweile einen so hohen Wert, weil die
genau wissen, dass das unwahrscheinlich praxisorien­
tiert ist.“ (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Da diese Form der Ausbildung auf dem Bewerber­
markt sehr gefragt ist, gelingt es den Unternehmen mit
diesem Modell, Talente eines Jahrgangs frühzeitig an
sich zu binden.
„Deutschlandweit haben wir jedes Jahr ca. 1.000
Bewerbungen für die 24 Stellen, da werden wirklich die
Besten ausgesucht, die haben ein entsprechendes Auf­
treten in den Abteilungen und werden alle übernom­
men – dann auch gleich in höherwertige Tätigkeiten.“
(Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Fallbeispiel 12 aus der Branche Verarbeitendes
Gewerbe: Ausbildungsintegrierendes studium
Das Unternehmen bietet leistungsstarken Abiturienten
in Kooperation mit zwei Fachhochschulen ein ausbildungsintegriertes Studium an. Die Jugendlichen beginnen meist eine technische oder – in geringerem Umfang
– eine kaufmännische Ausbildung. Diese durchlaufen
sie verkürzt in zweieinhalb Jahren und beginnen parallel
ein ausbildungsbegleitendes Studium. Nach insgesamt
dreieinhalb Jahren erwerben die Jugendlichen einen
Studienabschluss als Bachelor of Science (Wirtschaftsinformatik), Bachelor of Engineering (Mechatronik, Elektrotechnik oder Maschinenbau) oder Bachelor of Arts
(Business Administration oder Internationales Management). Die Präsenzveranstaltungen des Studiums finden
abends und am Wochenende statt, parallel nehmen die
Studierenden noch an angebotenen Begleitprogrammen,
wie z. B. qualifizierenden Workshops oder NetzwerkEvents, teil.
„Die sind also vier Jahre im Unternehmen, haben eine
Berufsausbildung, einen Bachelorabschluss und eineinhalb Jahre berufliche Erfahrung und unser internes Begleitprogramm (überfachliche Qualifikationen, die immer wichtiger werden) über Kommunikation, Netzwerke
etc. durchlaufen und die sind dann sehr gut einsetzbar.
Die sind dann nicht für den Bereich ,Forschung und Entwicklung‘ vorgesehen, sondern sind dann mehr in der
Produktion gut einsetzbar als Ingenieure. Damit haben
wir sehr gute Erfahrungen gemacht und das hat mittlerweile unseren Bedarf an Akademikern, den wir sonst
über Hochschulabsolventen und das Traineeprogramm
gedeckt haben, um fast 50 Prozent reduziert.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
Berufsbegleitendes studium
In einigen Unternehmen werden Bachelorstudien­
gänge aber auch gezielt zur Weiterqualifizierung von
sehr guten Fachkräften im Anschluss an eine erfolg­
reich absolvierte Berufsausbildung angeboten. Diese
berufsbegleitenden Modelle finden sich vor allem in
gewerblich-technischen Berufen. Facharbeiter/innen,
die eine Hochschulzugangsberechtigung haben und
über das nötige Potenzial verfügen, werden zu einem
Studium motiviert. In diesem Fall steht insbesondere die
Fachkräftesicherung durch die Ausbildung des eigenen
Ingenieursnachwuchses im Vordergrund.
Fallbeispiel 13: Berufsbegleitende studiengänge
Ein Unternehmen hat in Kooperation mit verschiedenen
Hochschulen gemeinsam Curricula für das berufsbeglei­
tende Bachelor- und auch Masterstudium entwickelt.
Ausgebildete Fachkräfte können nach Erhalt erster
Praxiserfahrung berufsbegleitend einen Bachelorstudiengang absolvieren. Auch besteht dann im Anschluss die
Möglichkeit, ein berufsbegleitendes Masterstudium (an
verschiedenen Hochschulen in Deutschland) abzuschließen. (Branche: Verarbeitendes Gewerbe)
Ein Unternehmen aus dem Bereich „Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden“ bietet das Programm Stu-
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
dium plus an. Sehr gute Azubis mit Abitur können sich
nach der Ausbildung direkt für ein Studium bewerben
und erhalten ein Stipendium in Höhe von monatlich
700 Euro. Darüber hinaus wird ihnen ein Mentor aus der
Führungsebene zur Seite gestellt, der den adäquaten
Einsatz während der Praxisphasen sicherstellt. Diese
Absolventinnen und Absolventen können dann international eingesetzt werden. Ein ähnlich aufgebautes Programm bietet auch ein Unternehmen aus dem Bereich
der Energieversorgung an.
Ein Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe
bietet ein Academic Programm an, welches sich an
eigene Mitarbeiter mit mindestens zwei Jahren Berufserfahrung richtet. Es ist dabei unerheblich, über welchen
Weg die Mitarbeiter ins Unternehmen gekommen sind.
Diese können über Kooperation mit einer Hochschule
einen BA- oder MA-Abschluss nachholen. Pro Jahr werden hierfür ca. 50 Kandidatinnen und Kandidaten ausgewählt. Die Umsetzung erfolgt in den Abendstunden
mithilfe einer Arbeitszeitreduzierung oder auch durch
Sabbaticals.
Duales studium – praxisintegrierend
Eine andere Möglichkeit des attraktiven Direkteinstiegs
in das Unternehmen bieten praxisintegrierende duale
Studiengänge. Im Vergleich zu einem normalen Stu­
dium umfasst es Lerneinheiten im Betrieb, allerdings
keine ganze Berufsausbildung. Bei der Dualen Hoch­
schule Baden-Württemberg (DHBW) sind die Student/
innen beispielsweise drei Monate an der Hochschule
und anschließend drei Monate im Betrieb.
Die dual Studierenden werden während ihrer Semes­
terferien in verschiedenen Abteilungen des Unterneh­
mens als Praktikant/innen eingesetzt. Elf der befragten
Unternehmen bieten praxisintegrierende duale Studien­
gänge an, wahlweise an der Berufsakademie oder an der
Hochschule (zumeist Fachhochschule).
Der Anteil an dualen Studiengängen hat in den
vergangenen fünf Jahren stark zugenommen. Die
Gründe für das Angebot dieses Ausbildungsmodells sind
vielschichtig, wie die folgende Stellungnahme eines
Unternehmensvertreters deutlich macht:
„Zunächst einmal gewinnt das Modell deshalb an
Bedeutung, weil wir z. B. in der Betriebswirtschaft eher
die Nachfrage nach Bachelorn als nach Industriekauf­
leuten haben. Genauso haben wir einen entsprechenden
Ingenieurbedarf, den wir nicht nur durch das Recrui­
ting von Hochschulen decken können, die Tendenz geht
dahin, dass wir alle möglichen Quellen, u. a. die dualen
Studiengänge, nutzen. Das wird aufgrund der Bedarfe
81
im Unternehmen zunehmen und aufgrund der massiv
steigenden Bewerberzahlen in diesem Bereich.“ (Bran­
che: Verarbeitendes Gewerbe)
Ähnlich wie bei dem ausbildungsintegrierenden
Modell sehen die Unternehmen hier den größten Vorteil
im betrieblichen Anteil des Studiums. Die Studieren­
den kennen das Unternehmen und haben eine höhere
Bindung. Ein Unternehmen der Branche „Erbringung
von freiberuflichen, wissenschaftlichen und techni­
schen Dienstleistungen“ bietet dieses Ausbildungsmo­
dell ebenfalls aufgrund komplexerer Aufgaben- und
Tätigkeitsprofile in einzelnen Geschäftsbereichen an,
z. B. zur Abwicklung und technischen Realisierung im
Systemkundengeschäft. Für den Vertrieb und die Sys­
temtechnik werden daher bevorzugt Absolvent/innen
des dualen Studiums eingestellt. Das Unternehmen hat
mit dem dualen Studium 15 Prozent der klassischen
Ausbildungsplätze ersetzt, vorrangig in der IT und im
kaufmännischen Bereich (BWL). Auch andere Rekru­
tierungswege, z. B. über den externen Arbeitsmarkt,
wurden damit ersetzt: Die eigenen BA-Absolvent/innen
werden, aufgrund ihrer bereits dreijährigen Unter­
nehmenserfahrung gegenüber externen Hochschul­
absolvent/innen bevorzugt. Es gibt keine eindeutige
Zuordnung von Stellenprofilen zu Abschlüssen. In der
IT werden Stellen teilweise durch Fachinformatiker oder
BA-Absolvent/innen (Informatik) besetzt. Auch für die
weiteren Karriereoptionen geht in diesem Unternehmen
die Leistung vor Abschluss: „Da entscheidet persönliches
Profil und Passung.“
Die Unternehmen sehen einen weiteren gewichtigen
Vorteil in dualen Studiengängen: Sie können die Inhalte
weitestgehend selbst bestimmen. Die Unternehmen ge­
hen auf Hochschulen zu und entwickeln in Abstimmung
mit den jeweiligen Studiengängen eigene Curricula, die
ihren betrieblichen Bedarfen bestmöglich entsprechen.
Komplizierten Reglementierungen gehen sie so aus dem
Weg.
„Wir haben mit der Variante, die wir machen mit ei­
ner Dualen Hochschule und auch mit einer Fachhoch­
schule, beste Erfahrungen gemacht. Die Hochschulen
waren flexibel in der Kreierung und Einführung neuer
Module, die für unsere Qualifizierung wichtig sind.
Z. B. bei der Konzeption des Studiengangs „[anonymi­
siert]“ konnten wir neben den betriebswirtschaftlichen
Basics 30 Prozent der Inhalte selbst bestimmen, indem
wir fachspezifische Add-ons in das Curriculum mit
eingebracht haben.“ (Branche: Erbringung von freibe­
ruflichen, wirtschaftlichen und technischen Dienstleis­
tungen)
Für ein Unternehmen aus der Informations- und
Kommunikationsbranche ist nicht die duale Ausbildung,
sondern das duale Studium „der Königsweg“: „Hat vor
82
allem ökonomische Aspekte. Wir können diese Leute
sofort einsetzen und machen gute Erfahrungen mit dem
dualen Studium. Könnte in Zukunft noch wichtiger wer­
den, wird sonst auf dem heutigem Niveau verbleiben.“
Duales studium – ersatz der dualen Berufsausbildung
Während im gewerblich-technischen Bereich die duale
Ausbildung einen sehr hohen Stellenwert genießt (vgl.
Kapitel 3.1) und dort auch ausbildungsintegrierende
Studiengänge besonders beliebt sind, stellt sich das
in den kaufmännischen Berufen und den IT-Berufen
anders dar. Wie bereits mehrfach angeführt, haben sich
die Anforderungen in diesen Tätigkeitsfeldern in einem
größeren Umfang weiterentwickelt und erhöht, sodass
die Unternehmen das duale Studium gegenüber der
dualen Ausbildung bevorzugen.
In zwei Unternehmen wurde die kaufmännische
Ausbildung komplett durch das Angebot dualer Studi­
engänge ersetzt. Das Stellenprofil hat sich in dem Maße
geändert, dass der Ausbildungsberuf die Anforderungen
nicht mehr abdecken konnte.
„Jetzt haben die Bewerber mit Abitur die Wahl zwi­
schen einer Ausbildung und dem dreijährigen Bachelor
und interessieren sich daher mehr für das Studium.
Somit wurde die kaufmännische Ausbildung zugunsten
des dualen Studiums aufgegeben.“ (Branche: Informati­
on und Kommunikation)
„Hier haben wir eigene Ausbildung zurückgefahren.
In der Zentrale werden zunehmend Industriekaufleu­
te durch BA-Absolventen ersetzt. Wenn heute ein/e
Industriekaufmann/-frau in Rente geht, wird die Stelle
übermorgen mit einem BA-Absolventen ersetzt, wenn
nicht sogar mit einem Master. Wir haben vieles zentra­
lisiert (Einkauf, Buchhaltung) oder auch ausgelagert in
Service-Zentren. Daher sind die Basic-Jobs, die früher
von Industriekaufleuten gerade auch an Produktions­
standorten ausgeführt wurden, weggefallen.“ (Branche:
Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden)
Zwei Unternehmen haben ihre Auszubildenden
zum/zur Informatikkaufmann/-frau bzw. zum/zur
Fachinformatiker/in durch dual qualifizierte Hochschul­
absolvent/innen ersetzt.
„Wir hatten z. B. an einem Standort die Situation,
dass wir Informatikkaufleute nach der Ausbildung
nicht mehr adäquat einsetzen konnten, weil die Funk­
tionen nicht mehr vorhanden waren. Dort fand ein
Umdenken statt – es sollte weiter ausgebildet werden,
aber mit klarer Perspektive für die Leute, daher duales
Studium. Ausbildungsplätze wurde in duale Studien­
plätze umgewandelt und die Anzahl erhöht. Von den
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
Inhalten hat sich zum Diplom nichts geändert, nur
die Zeit ist kürzer geworden – sehr positiv.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
„Im IT-Bereich wurde komplett umgestellt von
Fachinformatikern auf duale Studiengänge. Die Tä­
tigkeiten haben sich dort so stark verändert, weg von
Hardware hin zu Kundenbetreuung und Softwarepro­
grammierung, Planung und Projektierung. D. h., die
klassische Ausbildung konnte im Hardwarebereich
auch nicht mehr abgebildet werden.“ (Branche: Ener­
gieversorgung)
Duales studium – exportmodell ins Ausland
Ebenso wie Unternehmen das duale Ausbildungsmodell
in Teilen ins Ausland exportieren (vgl. Kapitel 3.4.7),
gibt es ein Unternehmen (Information und Kommu­
nikation), das das Modell duales Studium an seinen
ausländischen Standorten einführt. „Wir versuchen, das
duale Modell [Studium] zu exportieren. Was ist Kern in
Deutschland, was braucht man, was sind Grundlagen?
Alles in ständiger Abstimmung mit der Zentrale in
Deutschland.“
Fallbeispiel 14 aus der Branche information und
kommunikation: export des Modells duales studium
ins Ausland
indien: Das Unternehmen kauft Vorlesungen ein. Es
werden Bachelorstudenten rekrutiert, die dann ein
duales Studium, in dem Fall einen berufsbegleitenden
Master, absolvieren. Das ist ein Modell in Indien mit
eigenen Klassen.
china: Nach China wird der duale Bachelor exportiert.
Die Studenten werden nach dem Grundstudium rekrutiert und setzen ihr Studium im dualen System fort. Die
Studenten verwenden ihre Semesterferien und absolvieren ansonsten ein sehr verschultes Studium.
Brasilien: Hier sind es Studenten aus verschiedenen Studiengängen, die ein Studium in Kooperation absolvieren.
3.4.11 Zusammenfassung zentraler ergebnisse
These F4.5: Alternative Ausbildungsvarianten
intendieren die strukturierte Vermittlung zusätzlich
benötigter Qualifikationen. Sie werden in ein organisatorisch passendes Setting eingebunden.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
83
Ausgehend von dem identifizierten aktuellen und
zukünftig hohen Stellenwert der dualen Ausbildung
zur Sicherung der Fachkräftebasis in den Unternehmen
bieten die befragten Großunternehmen alternative
Ausbildungsvarianten an, die in unterschiedlichem
Ausmaß Varianten von dualer Ausbildung darstellen. Die
identifizierten Modelle bewegen sich mehr oder weniger
in unmittelbarer Nähe zur dualen Ausbildung. Lediglich
ein Modell zur Integration „schulmüder“ Jugendlicher
(vgl. Fallbeispiel 5) ist jenseits der ordnungspolitischen
Ebene angesiedelt, d. h., es schließt nicht mit einem
anerkannten Abschluss, sondern mit einem unterneh­
mensinternen Zertifikat ab.
Die folgende Abbildung 33 visualisiert das breite
Spektrum der in der Untersuchung identifizierten
Ausbildungsvarianten. Dargestellt ist die Nähe oder
Distanz zur klassischen dualen Ausbildung auf Basis
ihrer Gestaltungsprinzipien. Während beispielsweise
Ausbildungsvarianten zur Förderung der Ausbildungs­
fähigkeit kaum eine Variationsvielfalt aufweisen, so sind
Modelle mit Zusatzinhalten aus anderen Ausbildungs­
berufen weiter von der klassischen Ausbildung entfernt.
Im Ergebnis ist erkennbar, dass zwar eine breite Vielfalt
an Ausbildungsvarianten besteht, diese im Wesentlichen
aber lediglich Modifikationen der dualen Ausbildung
sind. Die Unternehmen orientieren sich also weiterhin
an der dualen Ausbildung.
Das duale Studium wird in der Untersuchung den
Ausbildungsvarianten zugeordnet. Durch das Nebenei­
nander von ordnungspolitisch und hochschulisch gere­
gelten Ausbildungsgängen begründet sich eine weitere
Entfernung als beispielsweise zu Ausbildungsvarianten,
die lediglich zusätzliche Inhalte anbieten.
Die Alternativen zur dualen Ausbildung werden von
Großunternehmen im Wesentlichen genutzt, um Rekru­
tierungshürden auf einem sich wandelnden Ausbildungs­
markt zu kompensieren und um die Fachkräfte auf sich
verändernde Qualifikationsanforderungen vorzubereiten.
Um ausreichend viele Fachkräfte bestmöglich für
zukünftige Herausforderungen zu qualifizieren
" werden in noch überschaubarem Umfang Leistungs­
schwächere an die Ausbildung herangeführt,
" vermitteln die Unternehmen den Auszubildenden
zusätzliche fachliche und überfachliche Inhalte wäh­
rend der Ausbildung oder direkt im Anschluss daran,
" werden „Dritte Experten“ zur Vermittlung von
Fachinhalten einbezogen,
" werden auf Basis bestehender Ausbildungsberufe
modulare Angebote entwickelt, die dem betriebli­
chen Bedarf entsprechen,
" erfolgt die systematische Verzahnung von Aus- und
Weiterbildung zur Etablierung von Entwicklungs­
pfaden und
" setzen die Unternehmen verstärkt auf das duale
Studium.
Abb. 33: nähe bzw. Distanz der vorgefundenen Ausbildungsvarianten zur dualen Ausbildung
Duales Studium –
Exportmodell
ins Ausland
Duales Studium –
berufsbegleitend
Duales Studium „light“
Verlängerung der
Ausbildungsdauer
Förderung
der Ausbildungsfähigkeit
Duale
Ausbildung
AusbildungPlus –
Vermittlung von Querschnittsqualifikationen
Duales Studium –
praxisintegrierend
Duales Studium –
ausbildungsintegrierend
Ausbildung mit
Zusatzinhalten anderer
Berufe
Ausbildung
mit Unterstützung
„Dritter Experten“
Duales Studium –
Ersatz der dualen
Berufsausbildung
Berufsübergreifende Grundausbildung
Ausbildungmodelle zur Unterstützung der internationalen
Geschäftstätigkeit
Verzahnung von
Aus- und Weiterbildung
Ausbildung als Basis
für einen strukturierten PE-Prozess
84
Die identifizierten Modelle unterscheiden sich aus
verschiedenen Gründen von der klassischen dualen
Ausbildung. Mit Ausnahme des Modells „Praxisinte­
grierendes duales Studium“16 stellt keines der Alter­
nativmodelle die Grundzüge der dualen Ausbildung
prinzipiell infrage, d. h. die Dualität von Theorie und
Praxis und somit die Verbindung von Lernen in einem
schulischen Kontext und im Arbeitsprozess. Im Gegen­
teil, genau diese Dualität ist es, die die Unternehmen
an ihren ausländischen Standorten vermissen und dort
aktiv darauf hinwirken, eine Berufsausbildung nach
deutschen Qualitätsmaßstäben oder duale Studien­
gänge mit betrieblichen Anteilen zu etablieren. Eine
Abkehr vom Ausbildungsprinzip ist nicht erkennbar.
Im kaufmännischen Sektor gibt es allerdings erkenn­
bare Anzeichen dafür, dass ein erhöhter Flexibilisie­
rungsspielraum über den Einsatz dualer Studiengänge
erzeugt werden soll.
Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen führt
Maßnahmen zur Integration Leistungsschwächerer in
die duale Ausbildung durch – angefangen von ausbil­
dungsbegleitenden Hilfen und Nachhilfeprogrammen
über Einstiegsqualifizierungen bis hin zu Berufsorien­
tierungs- und Berufsvorbereitungsprogrammen, die ein
Jahr vor der regulären Ausbildung starten. Die zum Teil
sehr aufwendigen und kostenintensiven einjährigen
Modelle zur Integration von leistungsschwächeren Ju­
gendlichen in die Ausbildung werden vornehmlich von
Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes angeboten.
Diese Unternehmen nehmen die Zielgruppe der „Schul­
verlierer/innen“, nicht zuletzt aufgrund der absehbaren
demografischen Entwicklung, als potenzielles Fachkräf­
tereservoir langsam ins Visier. Einzelne Unternehmen
haben diese Ausbildungsplätze im vergangenen Jahr auf­
gestockt bzw. zusätzliche Programme für diese Zielgrup­
pe entwickelt. Hier scheint sich eine Entwicklung von
der Übernahme rein gesellschaftlicher Verantwortung
hin zur Potenzialnutzung auch „am unteren Rand“ zu
vollziehen.
Die befragten Großunternehmen reichern die duale
Ausbildung um eine Reihe von zusätzlichen fachlichen
und überfachlichen Inhalten an. Solange die erforder­
lichen Zusatzqualifikationen in einem überschaubaren
Rahmen bleiben, werden sie vor allem im fachlichen Be­
reich meist unternehmensintern vermittelt. Gerade bei
der Vermittlung überfachlicher Kompetenzen beziehen
einzelne Unternehmen externe Partner mit ein. Dies
kann punktuell geschehen und sich nur auf einzelne
eng umgrenzte ergänzende Ausbildungsinhalte (z. B.
Sprachkurse) beziehen. In der Untersuchung werden
deshalb nur solche Modelle gesondert aufgeführt, die in
ihrer Art gehäuft auftreten (AusbildungPlus: Vermitt­
16 Es handelt sich im Grunde um ein Hochschulstudium, das be­
triebliche Praxisphasen vorsieht.
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
lung von Querschnittsqualifikationen – meist aufgrund
des hohen Internationalisierungsgrades von Großunter­
nehmen) oder die sich inhaltlich oder organisatorisch
wesentlich von bekannten „Zusatzqualifikationen“ bzw.
deren Vermittlung unterscheiden.
These F4.6: Mit steigenden Qualifikationsanforderungen „am oberen Rand“ greifen Unternehmen vermehrt auf alternative Ausbildungsvarianten zurück,
um die Ausbildung den gestiegenen Anforderungen
anzupassen.
Es wird die These gestützt, dass die Unternehmen
aufgrund steigender Qualifikationsanforderungen „am
oberen Rand“ vermehrt auf alternative Ausbildungs­
varianten zurückgreifen. Die Untersuchung zeigt, dass
etwa ein Viertel der Unternehmen, aufgrund gestie­
gener Anforderungen, Ausbildung mit Zusatzquali­
fikation anbietet und mit diesem Modell klassische
Ausbildungsplätze ersetzt hat. Hier sind vor allem die
Unternehmen der Branche „Erbringung von Finanzund Versicherungsdienstleistungen“ zu nennen, die die
Variante „Ausbildung mit Unterstützung Dritter“ als
Standardausbildung zur Abbildung ihres Qualifikati­
onsbedarfs sehen.
Bei einigen Unternehmen nehmen externe Partner
bei der Ausbildung einen so wichtigen Stellenwert ein,
dass sie neben dem Betrieb und der Berufsschule zum
dritten Lernort werden. Diese Variante unterscheidet
sich insbesondere mit Blick auf die Einbindung der
Berufsschule. Aufgrund einer nicht mehr aktuellen Aus­
bildungsordnung im Beruf Bankkaufmann/-frau, deren
Inhalte im Rahmenlehrplan sowie im Ausbildungsrah­
menplan offensichtlich nicht den betrieblichen Anfor­
derungen der Branche genügen, wurden eigene Module
(fachlich und überfachlich) entwickelt, die von einem
dritten, externen Partner über die gesamte Ausbil­
dungsdauer vermittelt werden und auf die IHK-Prüfung
vorbereiten sollen.
Im Modell der berufsübergreifenden Grundausbil­
dung nutzen die Großunternehmen die Gestaltungs­
spielräume, die ihnen die Ordnungsmittel bieten, um für
ihren betrieblichen Bedarf auszubilden. Dabei kommen
den Unternehmen insbesondere gestaltungsoffene Aus­
bildungsordnungen, wie die der neu geordneten Metallund Elektroberufe, entgegen. Aufgrund ihrer Flexibilität
und Passgenauigkeit ist die Mehrzahl der befragten
Unternehmen mit den verfügbaren Ausbildungsberufen
zufrieden.
In Fällen, in denen sich die betrieblichen Bedarfe nicht über bestehende Berufsbilder abbilden lassen, be­
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
helfen sich Unternehmen damit, auf Basis bestehender
Ausbildungsgänge Varianten zu bestehenden Berufs­
profilen zu entwickeln. Dazu reichern sie den von ihnen
ausgewählten Ausbildungsberuf um modulare Ausbil­
dungsinhalte anderer Berufe an.
Zur Vorbereitung der Auszubildenden auf die Anfor­
derungen in den betrieblichen Einsatzfeldern schaffen
einige der befragten Unternehmen fließende Übergänge
zwischen Aus- und Weiterbildung. Teilweise werden
dazu standardmäßig für alle Auszubildenden eines Jahr­
gangs Fortbildungsinhalte in die Ausbildung integriert.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Auszubildenden
bereits während der Ausbildung Weiterbildungszertifi­
kate oder erforderliche Berechtigungsscheine erwerben,
um später Spezialistentätigkeiten zu übernehmen.
In letzter Konsequenz stellt die duale Ausbildung in
manchen Unternehmen, hauptsächlich des verarbeiten­
den Gewerbes, den Ausgangspunkt für einen durchgän­
gigen Personalentwicklungsprozess auf Facharbeiter­
ebene dar. Junge Talente sollen frühzeitig erkannt und
individuell gefördert werden. Den jungen Fachkräften
stehen dabei unterschiedliche Entwicklungsmöglichkei­
ten (Expertenlaufbahn, Führungslaufbahn oder Projekt­
leitung) offen. Am Ende dieser Entwicklung kann eine
interne Weiterbildung, eine berufliche Fortbildung oder
ein BA-/MA-Abschluss stehen.
85
These F4.7: Alternative Modelle ergänzen das Spektrum dualer Ausbildungsberufe und stehen nicht im
Wettbewerb zueinander.
Dual ausgebildete Fachkräfte werden nach wie vor
gebraucht, besonders im verarbeitenden Gewerbe in den
gewerblich-technischen Berufen. Anders stellt sich die
Lage im kaufmännischen und IT-Sektor dar. Hier reicht
eine duale Ausbildung teilweise nicht mehr aus, um den
gestiegenen Qualifikationsanforderungen gerecht zu
werden. Die Unternehmen unterfüttern die duale Aus­
bildung in erheblichem Umfang durch zusätzliche Qua­
lifizierungsangebote bzw. wurde die duale Ausbildung
vereinzelt bereits von dualen Studiengängen abgelöst.
Das duale Studium nutzen nahezu alle befragten
Großunternehmen, wobei unterschiedliche Formen von
dualen Studiengängen, wie ausbildungs- und praxis­
integrierende Studiengänge, verbreitet sind. Überwie­
gend wird das duale Studium als Möglichkeit gesehen,
mit den betrieblichen Abläufen vertraute Fach- und
Führungskräfte auf höherem Qualifikationsniveau
heranzubilden. Damit wird das duale Studium zu einem
Qualifizierungsangebot für besonders Leistungsstarke.
Ein Konkurrenzverhältnis zwischen Ausbildung und
dualem Studium ist zum jetzigen Zeitpunkt lediglich in
einzelnen Ansatzpunkten erkennbar, wenn beispiels­
weise Ausbildungsplätze zugunsten von Studienplätzen
gestrichen wurden. Beschäftigte mit Berufsabschluss
und Beschäftigte mit akademischem Abschluss fin­
den sich weiterhin in unterschiedlichen Laufbahnen
Tabelle 3: stärken und schwächen der Modelle duale Ausbildung und duales studium
stärken
schwächen
Duale Ausbildung
Duales studium
Große Praxisnähe
Praxisintegrierend
Kombination aus Theorie und Praxis
Verzahnung von Theorie auf akademischem
Niveau und praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten
Enge Bindung an Unternehmen
Übergreifendes, konzeptionelles Denken
Relevante Berufserfahrung
Eigenverantwortlichkeit, hohes Maß an Selbstorganisation
Hoher Transfererfolg: gut in Tagesgeschäft/
Produktionsprozess integrierbar
Hohes Qualifikationsniveau
Gut im Unternehmen vernetzt
Weniger geregelt, u. U. günstiger, auf keinen Fall
kostenintensiver
Berufsethos
Zertifizierte Praxisphasen, die in Endnote einfließen
Zu geringe bundesweit einheitliche Anrechnungsmöglichkeiten zwischen beruflicher Ausbildung und
Studium
Siehe Leitfrage 1: Hemmende Faktoren der
dualen Ausbildung
Geringere Präsenz (zeitlich) im Unternehmen
86
und Aufgaben- und Verantwortungsbereichen wieder.
Konkurrenzsituationen entstehen eher an der Schnitt­
stelle von hoch qualifizierter Facharbeit (Meister/in
und Techniker/in) und Akademikertätigkeit. In diesem
Qualifikationssegment könnte es vermehrt zu Tätig­
keitsüberschneidungen kommen. Diesen Überschnei­
dungsbereich gilt es weiter zu beobachten und zu
untersuchen.
Die Unternehmen sehen die Stärken und Schwächen
beider Ausbildungsvarianten und versuchen in ihrer
Kombination eine bestmögliche Ausbildung ihrer Mitar­
beiter/innen zu etablieren (vgl. Tabelle 3).
Das Modell wird in Zukunft an Bedeutung gewin­
nen: Einerseits fokussieren sich leistungsstarke Jugend­
liche verstärkt auf eine hochschulische Ausbildung, an­
dererseits bildet sich am oberen Rand hoch qualifizierter
Facharbeit ein Qualifikationssegment heraus, das in
einzelnen Unternehmen auch mit dualen Bachelorab­
solvent/innen besetzt wird. Etwa die Hälfte der Unter­
nehmen bietet bereits heute duale Studiengänge an, um
den gestiegenen Anforderungen an den Arbeitsplätzen
gerecht zu werden und hat mit diesem Modell klassische
Ausbildungsplätze ersetzt.
Tendenziell ist diese Entwicklung eher in kaufmän­
nischen als in gewerblich-technischen Berufen zu be­
obachten. In zwei Unternehmen werden Stellen, für die
früher kaufmännisch ausgebildete Fachkräfte gewählt
wurden, sukzessiv mit Bachelorabsolvent/innen besetzt.
Begründet wird dieses Vorgehen mit gestiegenen Anfor­
derungen auf fachlicher und sprachlicher Ebene, inso­
fern sich auch das Stellenprofil verändern müsse. Zudem
sind einfache Tätigkeiten durch einen stärkeren Grad an
Automatisierung weggefallen oder wurden ausgelagert.
„Daher sind die Basic-Jobs, die früher von Industrie­
kaufleuten gerade auch an Produktionsstandorten aus­
geführt wurden, weggefallen. Im Bereich Einkauf und
Global Sourcing werden nun lieber Hochschulabsolven­
ten eingesetzt. Bei Realschülern ist Englisch schwierig
bzw. nicht vorhanden. Die können wir in der Zentrale
eines Global Players nicht mehr gebrauchen. Da sind
wir auf Studenten mit Auslandserfahrung angewiesen.
Um mit Lieferanten auf der ganzen Welt kommunizie­
ren zu können, muss man schon im Ausland gewesen
sein und fließend Englisch sprechen.“ (Branche: Berg­
bau, Gewinnung von Steinen und Erden)
„Vor ca. zehn Jahren haben wir Bürokaufleute und
Fremdsprachenkorrespondenten ausgebildet (zehn bis
15 Leute). Nach Ausbildungsabschluss wurden Leute
z. B. im Sekretariat und der kaufmännischen Sachbe­
arbeitung nachgefragt. Sachbearbeitung wurde nach
Prag ausgelagert. Im Sekretariat wollten die Manager
die jungen Absolventen ,nicht haben‘, da sie mit 19 nicht
3 DARsTellUnG DeR UnTeRsUcHUnGseRGeBnisse
,senior‘ genug waren, um im internationalen Projekt­
geschäft zu überleben. Also haben wir umgeschwenkt
auf Fremdsprachenkorrespondenten. Die wurden im
Unternehmen immer gefördert und zum Studium
motiviert (hatten alle Abitur). Jetzt haben die Bewerber
mit Abitur ja die Wahl zwischen einer Ausbildung und
dem dreijährigen Bachelor und interessieren sich daher
mehr für das Studium. Somit wurde die kaufmännische
Ausbildung zugunsten des dualen Studiums aufgege­
ben.“ (Branche: Information und Kommunikation)
Aber auch im gewerblich-technischen Bereich hat
die rasante technologische Entwicklung dazu geführt,
dass die Unternehmen vermehrt auf alternative Aus­
bildungsvarianten zurückgreifen. Dies zeigt sich in der
Branche der „Erneuerbaren Energien“ in plastischer
Weise:
„Auf der fachlichen Ebene hat sich in der Thematik
,Neue Energien‘, d. h. die Technologie smart grids, smart
technologies, in den letzten Jahren rasant weiterentwi­
ckelt. Da reicht eine Elektrikerausbildung heute nicht
mehr, da braucht man die Automatisierer, auch die
Kenntnisse von Embedded IT. Dadurch sind die Anfor­
derungen höher geworden und dementsprechend gibt
es hier auch den Switch zu dualen Studiengängen und
zur Ausbildung mit Zusatzqualifikationen.“ (Branche:
Verarbeitendes Gewerbe)
4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen
4
87
Gesamtbewertung und Handlungsempfehlungen
Grundlage für die Gesamtbewertung der Untersu­
chungsergebnisse und die Ableitung von Handlungs­
empfehlungen ist Leitfrage F5.
leitfrage F5: Welche Auswirkungen auf das
Berufsbildungssystem sind bereits
heute oder zukünftig durch die identifizierten Ausbildungs- und Rekrutierungskonzeptionen feststellbar?
" Inwiefern ergibt sich durch die festgestellten
Varianten dualer Ausbildung ein Gestaltungs­
bedarf?
" Inwiefern entwickeln die Unternehmen alterna­
tive Ausbildungsvarianten und welchen Prinzi­
pien folgen die identifizierten Alternativen?
" Inwieweit ist die duale Ausbildung die passen­
de Antwort auf Veränderungen der mittleren
Fachkräfteebene?
Die Bewertung erfolgt entlang von drei Kernerkenntnis­
sen der Studie:
" Hoher Stellenwert dualer Ausbildung in Großunter­
nehmen (Kapitel 4.1)
" Erkennbare Vielfalt alternativer Ausbildungsvarian­
ten für die mittlere Fachkräfteebene (Kapitel 4.2)
" Zur Konkurrenz beruflicher und akademischer Bil­
dung (Kapitel 4.3)
Der hohe Stellenwert dualer Ausbildung bedeutet
nicht, dass kein Reformbedarf dabei besteht, die Flexi­
bilität beruflicher Ausbildung zu erhöhen. Jedes der drei
Kapitel endet daher mit der Beschreibung von Hand­
lungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der berufli­
chen Bildung in Deutschland.
4.1 Hoher Stellenwert dualer
Ausbildung in den Großunter­
nehmen
Aus unterschiedlichen Studien ist bekannt, dass Unter­
nehmen die klassische duale Ausbildung derzeit und
zukünftig als „Königsweg“ einschätzen, um Fachkräfte
für die mittlere Qualifikationsebene auszubilden und
damit der dualen Ausbildung einen hohen Stellenwert
zuweisen (vgl. Weber 2007; Dionisius u. a. 2009; HippachSchneider/Weigel 2011). Auch die vorliegenden Untersu­
chungsergebnisse bringen hierzu keine gänzlich davon
abweichenden Erkenntnisse hervor. Die Unternehmen
sind mit der von ihnen durchgeführten Ausbildung
erkennbar zufrieden. Sie haben sich vielgestaltige Aus­
bildungsvarianten geschaffen, die ein unterschiedlich
breites Spektrum hinsichtlich der Nähe zur klassischen
dualen Ausbildung aufweisen: von Ausbildungsvarian­
ten, die lediglich zusätzliche (über-)fachliche Inhalte in
die Ausbildung integrieren, über Varianten, in denen die
Vermittlung fachlicher Inhalte über Dritte organisiert
ist, bis hin zu Varianten, die in Kombination mit einem
Studium angeboten werden (vgl. dazu auch BIBB 2011d,
S. 38). Im Grunde genommen existiert in Großunter­
nehmen nicht ausschließlich die klassische Form dualer
Ausbildung, sondern vielfältige, auf Basis der Ausbil­
dungsordnung entwickelte Varianten. Im Falle erkann­
ter positiver ökonomischer Effekte der Ausbildung wird
die Ausbildungsaktivität auch zukünftig aufrechter­
halten. Die duale Ausbildung rechnet sich im Vergleich
zu anderen Rekrutierungsvarianten trotz der damit
verbundenen (hohen) Kosten. Der Befund fügt sich an
dieser Stelle ebenfalls in Erkenntnisse anderer Studien
zur Kosten-/Nutzen-Betrachtung dualer Berufsausbil­
dung ein. Diese zeigen auf, dass der Grad der Ausbil­
dungsaktivität von positiven Effektivitätsbetrachtungen
abhängig ist (vgl. u. a. Dionisius u. a. 2009).
Das Festhalten an der dualen Ausbildung wird, neben
dem günstigen Kosten-/Nutzenverhältnis, von den be­
fragten Großunternehmen insbesondere mit der hohen
Qualität der dualen Ausbildung begründet. Unternehmen
schätzen an der dualen Ausbildung, dass sie angehende
Fachkräfte betriebsspezifisch qualifiziert. Wird der Blick
auf unterschiedliche Unternehmensgrößen gerichtet,
so lässt sich im Abgleich mit dem Forschungsstand
feststellen, dass die eigene Ausbildung zur Deckung des
Fachkräftebedarfs, zur Vorbeugung des drohenden Fach­
kräftemangels sowie zur Deckung eines betriebsspezifi­
schen inhaltlichen Bedarfs von zentraler Bedeutung ist
(vgl. BIBB 2010, S. 23; BIBB 2011d17, S. 21). Betriebe mit
mehr als 250 Beschäftigten (Großbetriebe) decken ihren
Bedarf an Fachkräften überwiegend über interne Ausbil­
dung und Qualifizierung (vgl. BIBB 2011d, S. 38).
Über den Arbeitsmarkt rekrutieren die befragten
Unternehmen Fachkräfte lediglich zur kurzfristigen
Bedarfsdeckung, in der Regel im Kontext der Bearbei­
tung von sich kumulierenden Aufträgen. Auch wird
die Leiharbeit zu diesem Zweck in unterschiedlichem
Umfang verwendet (vgl. BIBB 2011d, S. 28). Der dadurch
entstehende Qualifikationsmix in der Belegschaft wird
17 Hier wird die schulische Ausbildung mitgerechnet.
88
teilweise als positiver Nebeneffekt wahrgenommen (vgl.
dazu auch Hippach-Schneider/Weigel 2011, S. 25). Die
Entwicklung gering qualifizierter Beschäftigter über
Nachqualifizierungsmaßnahmen spielt in den befragten
Großunternehmen eine untergeordnete Rolle. Sicherlich
auch, da sie nur über einen geringen Anteil von An- und
Ungelernten verfügen.
Auch im internationalen Vergleich wird das deutsche
Ausbildungssystem nicht nur als geeignet, sondern als
herausragend bezeichnet. Ebenfalls lässt sich dieser Be­
fund in den Forschungsstand problemlos einordnen (vgl.
dazu Hucker 2012, S. 4 f.). Alleinstellungsmerkmal ist die
enge Verzahnung von Theorie und Praxis. Erkennbar
ist, dass die Gestaltungsoffenheit und Flexibilität der
dualen Ausbildung einen hohen Spielraum zur Deckung
betrieblicher Bedarfe, aber auch Freiraum zur Entwick­
lung eigener Ausbildungsvarianten eröffnet. Dies führt
dazu, dass Großunternehmen Qualitätsmaßstäbe der
deutschen dualen Ausbildung an ihren ausländischen
Standorten einführen und versuchen, dort Ausbildungs­
varianten nach deutschem Vorbild zu etablieren.
Trotz der vielfältig benannten positiven Konnotatio­
nen für die Ausbildung nach dem dualen System haben
die Unternehmen auf verschiedene Veränderungs- und
Verbesserungsbedarfe hingewiesen.
Verbesserung der Zusammenarbeit mit den
Berufsschulen
Die benannten Schwachstellen sind deckungsgleich
mit der öffentlich diskutierten Kritik am deutschen
Berufsschulsystem (vgl. dazu Handelsblatt 2012).
Kritisiert werden vor allem die ungenügende Verzah­
nung der Inhalte der Berufsschulcurricula mit den sich
verändernden betrieblichen Anforderungen sowie der
vorherrschende Mangel an Lehrkräften. Die Bedeutung
der Berufsschulen im deutschen Bildungssystem wird,
gemessen an dem finanziellen Aufwand der Länder, im
Vergleich zu Hochschulen mitunter als nicht ange­
messen wahrgenommen. Die Unternehmen gehen mit
hohem finanziellem Aufwand auf zusätzliche externe
Partner zu, die die für sie relevanten Inhalte umfassend
vermitteln sollen (z. B. Zusammenarbeit mit Akademien
und Hochschulen).
langwierige neuordnungsverfahren
In einzelnen Berufsbildern (kaufmännischer Bereich)
wird ein Neuordnungsbedarf signalisiert. Es handelt sich
etwa um den Beruf des/der Bankkaufmanns/-frau, der
zuletzt im Jahr 1997 neu geordnet wurde. Die Anforde­
rungen gehen laut Meinung der befragten Großunter­
nehmen heutzutage weit über die vorgesehenen Inhalte
der Ausbildungsordnung hinaus. Neuordnungsverfah­
ren dauern aus Sicht der Unternehmen zu lang und sind
4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen
mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden. Aus
diesem Grund entstehen betriebliche Zwischenlösun­
gen bis zur erfolgten Anpassung bzw. Neuordnung des
Berufsbildes bzw. die Unternehmen weichen vereinzelt
gänzlich auf alternative Ausbildungsvarianten aus (z. B.
duales Studium im kaufmännischen Bereich).
Hohe Berufsvielfalt
Die hohe Berufsvielfalt trifft nicht das Interesse aller
Unternehmen. Als Nachteil wird die damit einhergehen­
de Unübersichtlichkeit der deutschen Berufslandschaft
gesehen. Ein Plädoyer ist vielmehr in Richtung „Stär­
kung des Berufsgruppenprinzips“ erkennbar. Denn „[…]
fachliche Berufsgruppen [...] versprechen die Flexibili­
tät, die Unternehmen und junge Menschen benötigen.
Sie sind transparent, durchlässig und unbürokratisch“
(Holterhoff 2009, S. 43). Berufsgruppen zielen darauf,
fachliche Gemeinsamkeiten in den ersten Ausbildungs­
jahren zu vermitteln. Im Anschluss erfolgt ab dem
dritten Ausbildungsjahr die Spezialisierung.
Der durch die befragten Großunternehmen iden­
tifizierte Verbesserungsbedarf stellt keine völlig neuen
Erkenntnisse in den Raum. Die Gruppe der befragten
Großunternehmen unterscheidet sich somit nicht von
anderen Unternehmen. Was aber erkennbar ist, sind die
in Erwägung gezogenen und mit finanziellem und per­
sonellem Aufwand umgesetzten betrieblichen Kompen­
sationsstrategien. Die Folge ist, dass Unternehmen, die
ihre Bedarfe durch das mögliche Ausbildungsangebot
auf Dauer nicht erfüllt sehen, alternative Ausbildungsva­
rianten in Betracht ziehen könnten, die sich an einzel­
nen Stellen vom klassischen dualen Ausbildungssystem
weiter entfernen als bisher. Dazu gehört beispielsweise
der Einsatz von dual studierten statt dual ausgebildeter
Mitarbeiter/innen in kaufmännischen Berufen (z. B.
Kaufmann/-frau für Bürokommunikation).
Handlungsempfehlungen
Die von den Unternehmen benannten Vorschläge zur
weiteren Modernisierung der Berufsausbildung be­
gründen sich in den aktuellen und absehbaren Heraus­
forderungen zur Sicherung ihrer Fachkräftebasis. Die
schnellere Anpassung der Berufsbilder an veränderte
Anforderungen wird bereits durch das Prinzip der
Gestaltungsoffenheit ermöglicht. Zusätzlich erfährt das
Berufsgruppenprinzip eine Bestätigung: Jugendliche
werden in den ersten sechs bis zwölf Monaten im Be­
trieb gemeinsam ausgebildet. Die Hinzunahme weiterer
externer Partner (Bildungsakademien) zur Vermittlung
von Ausbildungsinhalten zeigt weiter gehenden Hand­
lungsbedarf an der Schnittstelle zur Berufsschule. Diese
decken, aus Sicht der befragten Unternehmen, benötigte
Inhalte in manchen Regionen nicht ausreichend ab.
4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen
Folgender Handlungsbedarf ist zu erkennen:
" Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Berufsschu­
len zur nachhaltigen Stabilisierung ihrer Rolle im
dualen Ausbildungssystem
" Fortführung der Umsetzung des Berufsgruppen­
prinzips in weiteren Berufen mit dem Ziel, flexiblere
Wege zum Ausbildungserfolg für Jugendliche und
eine Verbesserung der Wechselmöglichkeiten zwi­
schen gleichwertigen Berufsbildern zu schaffen
4.2 Erkennbare Vielfalt alternativer
Ausbildungsvarianten für die
mittlere Fachkräfteebene
Die identifizierten Ausbildungsvarianten stellen das Be­
rufsausbildungssystem nicht infrage, verweisen jedoch
auf die Notwendigkeit der weiteren Beobachtung. Die
Betriebe orientieren sich nach wie vor an der dualen
Ausbildung zur Entwicklung des Fachkräftenach­
wuchses für die mittlere Fachkräfteebene. Positiv ist zu
erwähnen, dass der vorhandene Gestaltungsspielraum
dazu beitragen kann, die Ausbildung zu modernisieren.
Die in der Untersuchung angesprochenen alterna­
tiven Ausbildungsvarianten gehen über die klassische
Ausbildung in unterschiedlichem Umfang hinaus. Die
erkannten Ausbildungsvarianten weisen dahingehend
ein unterschiedlich breites Spektrums auf: von Ausbil­
dungsvarianten, die lediglich zusätzliche Inhalte in die
Ausbildung mit integrieren, bis hin zu Ausbildungsvari­
anten, die in Kombination mit einem Studienabschluss
angeboten werden (duales Studium). Auch dieses Modell
wird von den Unternehmen zum Teil zur Ausbildung
gezählt (vgl. Bahl u. a., S. 38), auch wenn diese akade­
mischen Absolvent/innen in der Regel nicht auf der
mittleren Fachkräfteebene eingesetzt werden.
Gründe für diese Entwicklung liegen einerseits in
fachlichen Notwendigkeiten einzelner Branchen, was
die inhaltliche Anreicherung der Ausbildung erforder­
lich macht. Beispielsweise steigt durch technologische
Entwicklungen sowie durch Abflachung von Hierar­
chien die Komplexität von Facharbeit der Verantwor­
tungsbereich von Facharbeiter/innen. Internationale
Geschäftstätigkeiten verlangen Sprachkenntnisse und
interkulturelle Kompetenzen. Unter diesen Vorgaben
reicht aus Sicht der befragten Großunternehmen die
Ausbildung nach den in der Ausbildungsordnung
festgelegten Ausbildungsinhalten nicht immer aus. Die
Erweiterung ihres Qualifizierungsportfolios um eigene
Ausbildungsvarianten ist damit unter anderem als Reak­
89
tion auf sich verändernde Qualifikationsanforderungen
zu sehen und wird von den befragten Unternehmen
auch überwiegend so begründet.
Die am zweithäufigsten genannte Begründung sind
andererseits veränderte Bedingungen am Bewerber­
markt. Unternehmen, die nicht ausreichend viele oder
nicht ausreichend gute Bewerber/innen finden, bieten
zielgruppenorientierte Ausbildungsvarianten an. Sie tun
dies bekanntermaßen, um der Heterogenität der Bewer­
ber/innen gerecht zu werden (vgl. IW Köln 2011, 21 ff.)
oder zwecks Attraktivitätssteigerung (vgl. u. a. Goeser/
Isenmann 2011, S. 21).
Aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse der Un­
ternehmen entstehen unterschiedliche Ausbildungs­
varianten. Eine Orientierung dieser Modelle an der
dualen Ausbildung ist grundsätzlich erkennbar. Kon­
zeptmodifikationen finden in dem ordnungspolitisch
gesetzten Rahmen statt. Darüber hinaus entwickelt sich
die Ausbildung an einzelnen (wenigen) Stellen über den
Ordnungsrahmen hinaus. Beispielsweise Fallbeispiel 7:
„Ausbildungsvariante Basisqualifizierung und Berufsorientierung“: Das Modell sieht ein berufsübergreifen­
des Berufsgrundbildungsjahr mit der Option auf einen
Wechsel (nach zwölf Monaten) in einen anderen dualen
Ausbildungsberuf innerhalb der Berufsgruppe vor. Die
in Fallbeispiel 5 beschriebene Variante zur Integration
„schulmüder“ Jugendlicher ist unterhalb der ordnungs­
politischen Ebene angesiedelt, d. h., sie schließt nicht
mit einem anerkannten Abschluss, sondern mit einem
unternehmensinternen Zertifikat ab.
Die identifizierten und beschriebenen Varianten
nutzen in der Regel die Gestaltungsoffenheit der Ausbil­
dungsordnungen, um ihre Ausbildung den betrieblichen
Anforderungen und Rahmenbedingungen anzupassen.
Die Betrachtung dieser Varianten kann durchaus einen
Beitrag zur Modernisierung des dualen Ausbildungssys­
tems leisten.
Die identifizierten Ausbildungsvarianten lassen sich
mithilfe der drei folgenden Merkmale beschreiben:
Potenzialausschöpfung, Lerneinheiten und Verzahnung
von Aus- und Weiterbildung.
1. Prinzip der Potenzialausschöpfung unterschiedlicher Qualifikationsniveaus
Jedes Unternehmen möchte das Leistungspotenzial
seiner unterschiedlich qualifizierten Mitarbeiter/innen
optimal ausschöpfen. Alle Varianten folgen diesem Prin­
zip: Die Ausbildung soll so bedarfsorientiert wie möglich
gestaltet werden. Jugendliche erfahren aufbauend auf
ihren Eingangsqualifikationen individuelle Unterstüt­
zung und Förderung. Zum einen betrifft dies leis­
90
4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen
tungsstarke Auszubildende: Während die Vermittlung
überfachlicher Kompetenzen meist als nicht zertifizierte
Zusatzqualifikation (z. B. Modelle „AusbildungPlus“)
erfolgt, werden zusätzliche fachliche Ausbildungsinhalte
durch die Integration von Inhalten aus zertifizierten
Fort-/Weiterbildungen (z. B. Verknüpfung der Ausbil­
dung zum/zur Mechatroniker/in mit der Weiterbildung
zum/zur Servicetechniker/in) vermittelt.
Ausbildungsberufen mit Blick auf ihre branchen-/be­
triebsspezifischen Anforderungen zu erhöhen (vgl. BIBB
2011, S. 7 ff.).
Aber auch „Schulverlierer/innen“ und arbeitslose
Jugendliche werden in begrenztem Ausmaß in den
Blick genommen und mit entsprechenden Program­
men unterstützt. Sie werden, zusätzlich zur Förderung
über EQ-Maßnahmen, in zum Teil ein- bis zweijährigen
Berufsorientierungs- oder Berufsvorbereitungspro­
grammen an die Ausbildung herangeführt, um ihnen
einen Berufseinstieg zu ermöglichen. Diese Varianten
werden zwar vor dem Hintergrund der Übernahme von
gesellschaftlicher Verantwortung schon seit mehreren
Jahren angeboten, einzelne Unternehmen haben diese
Ausbildungsplätze im vergangenen Jahr jedoch aufge­
stockt oder zusätzliche Programme für diese Zielgruppe
entwickelt. Hier scheint sich eine beobachtenswerte
Entwicklung von der Übernahme rein gesellschaftlicher
Verantwortung hin zur Potenzialnutzung auch „am
unteren Rand“ zu vollziehen. Trotz hoher Vermittlungs­
quoten in eine reguläre Ausbildung wird dieser Anteil
aufgrund der, im Vergleich zur regulären Ausbildung,
höheren Kosten nach Einschätzung der Unternehmen
nicht steigen.
" Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“
2. Prinzip Gestaltung von lerneinheiten
Um Fachkräfte bedarfsgerecht aus- und weiterzubilden,
ist die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen und
innerhalb von Bildungssystemen (z. B. Durchstieg zwi­
schen einzelnen Berufen) für Unternehmen handlungs­
leitendes Motiv. In mehreren Studien wurde deutlich,
dass innovative Modelle unter Berücksichtigung von
Lerneinheiten/Berufsgruppen in den Großunterneh­
men bereits umgesetzt werden und deren Wunschvor­
stellung für eine zukunftsorientierte Berufsbildung
widerspiegeln (vgl. Waldhausen/Werner 2005; Alesi/
Teichler 2013).
Auch in dieser Untersuchung wurden Ausbildungs­
varianten identifiziert, in denen sich einzelne Unter­
nehmen ihre benötigten Qualifikationsinhalte neu
sortieren – und zwar in abgeschlossenen Lerneinheiten.
Im Ergebnis entsteht – aufbauend auf einer oder meh­
reren Ausbildungsordnungen – ein System miteinander
verbundener Lerninhalte, die flexibel – auch berufsüber­
greifend – vermittelt werden. Erkennbar sind Prinzipien
modular gestalteter Ausbildungskonzepte, mit deren
Hilfe Unternehmen versuchen, die Passgenauigkeit von
In der Untersuchung konnten drei Varianten iden­
tifiziert werden, die in unterschiedlicher Art und Weise
modulare Lerneinheiten beinhalten:
" Ausbildung mit Zusatzinhalten aus anderen Berufen
" berufsübergreifende Grundausbildung (Stärkung des
Berufsgruppenprinzips)
In Fällen, in denen verfügbare Berufsprofile die
betrieblichen Anforderungen nicht vollständig abbilden,
integrieren die befragten Großunternehmen gezielt
Inhalte aus anderen Ausbildungsberufen in die Aus­
bildung im Basisberuf. Dies ist erforderlich, damit die
Fachkräfte entweder breiter oder spezialisierter einsetz­
bar sind. Beispiele hierfür sind Verfahrensmechaniker/
innen mit Zusatzqualifikation Berufskraftfahrer/in oder
Anlagenmechaniker/in mit Schweißprüfung. Oder in
Fällen, in denen Verbindungen von Qualifikationen
gefragt sind, die in den verfügbaren Berufsbildern nicht
vorgesehen sind, wie z. B. Elektronikfachkräfte mit
Kenntnissen über Mikrotechnologie oder Wasserkraft.
Die Kombination von Ausbildungsinhalten unterschied­
licher Berufe ist für die Unternehmen eine gute Mög­
lichkeit, betriebs- oder branchenspezifische Tätigkeitszu­
schnitte abzubilden (vgl. dazu auch IW Köln 2011).
Die in einzelnen Unternehmen angewendete Aus­
bildung mit Unterstützung „Dritter Experten“ (drei
Lernorte) sieht ebenfalls die Entwicklung von Lernein­
heiten in Abhängigkeit der unternehmensspezifischen
Qualifikationsanforderungen vor. Bemerkenswert sind
zwei Aspekte: 1. Die entsprechende Ausbildungsord­
nung dient lediglich als Rahmen, sie deckt die benötig­
ten Kompetenzen jedoch nicht vollständig ab. Aufgrund
dessen wurde eine Reihe von modularen Zusatzinhalten
entwickelt. 2. Die Berufsschule übernimmt die Funkti­
on der Vermittlung von Grundkenntnissen. Um einen
bundesweit einheitlichen Qualifikationsstandard bei
allen Auszubildenden zu erreichen, verlassen sich beide
befragten Unternehmen auf die Dienstleistung einer
Weiterbildungsinstitution, die die Jugendlichen auf die
IHK-Abschlussprüfung vorbereitet.
Zwei Unternehmen nutzen in ihrer gewerblichtechnischen Ausbildung das Berufsgruppenprinzip, um
Auszubildende verwandter Berufe in den ersten sechs
bzw. zwölf Monaten in einem Grundmodul gemein­
sam auszubilden. Das bringt viele Vorteile mit sich:
Durch das Bündeln von Ausbildungsressourcen wird
die betriebliche Ausbildung kosteneffizienter. Da die
Festlegung auf einen Ausbildungsberuf später erfolgt,
4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen
bleibt die Bedarfsplanung länger flexibel und der Pla­
nungshorizont für Unternehmen verkürzt sich. Zudem
können in der Phase der gemeinsamen Grundbildung
Stärken der Auszubildenden besser erkannt und die
Berufswahl bei Bedarf angepasst werden.
3. Prinzip der Verzahnung von Aus- und Weiterbildung
Die Schnittstellen von Aus- und Weiterbildung sind in
manchen Großunternehmen inhaltlich und organisato­
risch eng miteinander verzahnt. Die befragten Unter­
nehmen sind bemüht, fließende Übergänge zwischen
der Aus- und Weiterbildung zu schaffen. Dabei handelt
es sich in erster Linie um Weiterbildungsmaßnahmen
während der dualen Ausbildung oder im direkten
Anschluss daran, die notwendig sind, um den Beruf im
Unternehmen in vollem Umfang ausüben zu können.
Zum Teil handelt es sich um Qualifizierungen, die die
Einsatzmöglichkeiten der Fachkräfte erweitern. Bei­
spielsweise erwerben Auszubildende bereits während
der Ausbildung Weiterbildungszertifikate (z. B. zum/
zur Servicetechniker/in, Zusatzqualifikation Dialogmar­
keting für Bürokaufleute) oder erforderliche Berech­
tigungsscheine (z. B. Elektrofachkraft). Auch einzelne
Inhalte von Aufstiegsfortbildungen, z. B. zum/zur
Meister/in oder Techniker/in, oder der Erwerb der Fach­
hochschulreife während der Ausbildung sind Modelle,
um Karrierepfade für Fachkräfte zu etablieren. Letztlich
haben sich Varianten mit Zusatzqualifikationen, die den
Erwerb der Fachhochschulreife vorsehen, seit 2004 auch
erkennbar erhöht – von 133 in 2004 auf 185 Modelle in
2011 (BIBB 2012, S. 246).
In manchen Unternehmen des verarbeitenden Ge­
werbes stellt die duale Ausbildung den Ausgangspunkt
für einen durchgängigen Personalentwicklungsprozess
auf Facharbeiterebene dar. Im Sinne eines strategischen
Kompetenzmanagements erfolgt ein Abgleich von benö­
tigten und vorhandenen Kompetenzen (Soll-/Ist-Ab­
gleich). Benötigte Kompetenzen basieren auf aktuellen
und zukünftigen Anforderungen des Marktes, der sich
in den einzelnen Branchen unterschiedlich darstellt.
Gerade Großunternehmen können dazu auf unter­
schiedliche Modelle zurückgreifen, da sie meist bereits
ein strategisches Kompetenzmanagement im Unter­
nehmen etabliert haben (vgl. BIBB 2011, S. 7 ff.). Diese
Entwicklung ist als positiv zu bewerten: Durchgängige
und nach oben offene Karrierepfade, wie sie bisher meist
Akademiker/innen vorbehalten waren, beginnen in den
Unternehmen heute auf der Grundlage einer dualen
Berufsausbildung. Den jungen Fachkräften stehen dabei
unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten (Exper­
tenlaufbahn, Führungslaufbahn oder Projektleitung)
offen. Am Ende dieser Entwicklung kann eine interne
91
Weiterbildung, ein beruflicher Fortbildungs- oder ein
BA-/MA-Abschluss stehen.
Handlungsempfehlungen
Der betriebliche Bedarf nach einer flexibleren An­
passung der Inhalte eines Berufsbildes an die sich
verändernden Anforderungen der Arbeitstätigkeit ist
erkennbar. Der Grundgedanke besteht in der Vermitt­
lung der Inhalte in abgegrenzten Einheiten innerhalb
der curricularen Gesamtstruktur eines Ausbildungsbe­
rufes. In einer stärker modular aufgebauten Ausbildung
könnten einzelne Lernmodule schneller erneuert bzw.
ausgetauscht werden.
Es gilt daher zu prüfen, inwieweit die Gestaltung
abgeschlossener Lerneinheiten oder auch das Berufs­
gruppenprinzip (d. h. die gemeinsame Grundlagenver­
mittlung verwandter Berufe und eine im Zeitverlauf
stärkere Spezialisierung) geeignet sind, die Flexibilität
des Ausbildungssystems weiter zu erhöhen und die
skizzierten Ausbildungsvarianten stärker an das System
zu binden.
Auch wenn insgesamt der Kern der Ausbildung
erhalten bleibt, so verändern sich doch Facetten dualer
Ausbildung aufgrund veränderter Arbeitsanforderun­
gen. Was sich an Varianten in Unternehmen entwickelt,
sollte daraufhin beobachtet werden, ob es sich bei ein­
zelnen Modellen um Randerscheinungen handelt oder
um Entwicklungstendenzen, die die Notwendigkeit zum
Ausdruck bringen, die Flexibilität dualer Ausbildung
weiter zu erhöhen.
4.3 Zur Konkurrenz beruflicher und
akademischer Bildung
Neben den bisher dargestellten Ausbildungsvarianten
bieten die Unternehmen auch eine Reihe dualer Studi­
engänge in unterschiedlicher Ausgestaltung an (ausbil­
dungsintegrierend/praxisintegrierend). Sie reagieren
damit einerseits auf steigende fachliche Anforderungen,
andererseits auf die Bedürfnisse leistungsstarker Schul­
absolventinnen und -absolventen, die vermehrt das
duale Studium der dualen Ausbildung vorziehen. Zudem
bietet es den Unternehmen die Möglichkeit, die Vorteile
der dualen Ausbildung (Praxisnähe, stärkere Bindung an
das Unternehmen, schnellerer wertschöpfender Berufs­
einstieg) mit einer akademischen Qualifizierung (höhere
Wissensintensität) zu verbinden.
Zentrales Motiv für das Angebot dualer Studiengän­
ge ist für die meisten Unternehmen zunächst weniger
die Herstellung einer Konkurrenzsituation, sondern
die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen den Bil­
dungsgängen (vgl. Weber 2007, S. 123). Trotzdem bleiben
92
Auswirkungen auf das Berufsbildungssystem nicht aus:
2011 überstieg die Anzahl an Studienanfänger/innen
erstmals die Anzahl der Berufsanfänger/innen (vgl.
BMBF 2012b, S. 6).
Aus den Untersuchungsergebnissen wird deutlich,
dass das duale Studium eine zur dualen Ausbildung
komplementär eingesetzte Variante darstellt. Die
Absolventinnen und Absolventen dualer Studiengänge
werden kaum auf der mittleren Qualifikationsebene ein­
gesetzt, sondern sind für höhere, qualifikationsgerechte
Beschäftigungsfelder vorgesehen. Wie auch HippachSchneider/Weigel 2011 feststellen, werden Varianten mit
Doppelabschlüssen (ausbildungsintegrierende Studien­
gänge oder berufsbegleitende Bachelorstudiengänge) bei
Unternehmen zunehmend beliebter. Insbesondere im
gewerblich-technischen Bereich werden diese den pra­
xisintegrierenden Studiengängen oder dem klassischen
Hochschulstudium häufig vorgezogen. Auf die beruflich
vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten wollen die
Unternehmen also nicht verzichten.
Während eine Konkurrenz zwischen dualer Ausbil­
dung und dualem Studium aus Sicht der Unternehmen
kaum erkannt wird ergibt sich eine Konkurrenzsitua­
tion eher am „oberen Rand“ von Facharbeit. An dieser
Schnittstelle sind häufig Fachkräfte mit Fortbildungs­
abschlüssen beschäftigt. Auch wenn z. B. Meister/innen
und Techniker/innen gemeinsam mit Bachelorabsol­
vent/innen in Stufe 6 des Deutschen Qualifikations­
rahmens (DQR) einsortiert sind, unterscheiden sich
die ausgeführten Tätigkeiten häufig noch voneinander.
Meister/innen und Techniker/innen werden vielfach
für (gehobene) Sachbearbeitungstätigkeiten eingesetzt
oder als betriebliche Vorgesetzte (Fertigungsgruppen­
leiter/in). Bachelorstudent/innen steigen auf dem Level
einer gehobenen Sachbearbeitung oder im mittleren
Management mit weiteren Karriereoptionen ein. In
Zukunft erwarten die befragten Unternehmen an dieser
Schnittstelle aber Verdrängungseffekte bei Fortbildungs­
berufen wie z. B. dem/der Techniker/in. „Warum sollte
man jemanden zum Techniker fortbilden, wenn man in
derselben Zeit einen Bachelor haben kann?“ (vgl. dazu
auch Dobischat u. a., 2008) Zudem wurde die Befürch­
tung geäußert, dass zukünftig der beruflich qualifizierte
Unterbau mit Weiterentwicklungspotenzial für eine
gehobene Fachlaufbahn oder kleinere Führungsaufga­
ben ausdünnt, weil weniger Personen überhaupt eine
Berufsausbildung beginnen.
Anders stellt sich die Lage in den kaufmännischen
Berufen dar. Hier ist bereits heute eine Tendenz zu­
gunsten der akademischen Ausbildung zu beobachten.
Während die meisten befragten Unternehmen duale
Studiengänge zur Qualifizierung ihres akademischen
Nachwuchses vorsehen, werden im kaufmännischen
4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen
Bereich dual ausgebildete Fachkräfte zunehmend
durch Absolvent/innen dualer Studiengänge ersetzt.
Die Gründe liegen in der Notwendigkeit fachlicher so­
wie insbesondere personaler und methodischer Kom­
petenzen zur Ausübung der vorgesehenen Tätigkeiten.
Über diese Kompetenzen verfügen in der Regel nur
Hochschulabsolvent/innen: Ausbildungsabsolvent/
innen seien nicht „senior“ genug und bringen zu wenig
Sprachkompetenzen mit. Diese Entwicklung wurde im
Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Struktur­
wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft und einer
Verschiebung zugunsten wissensintensiver Beschäfti­
gungsfelder bereits in anderen Studien aufgezeigt (vgl.
Walden 2010, S. 37 ff.).
Im Wettbewerb dualer Studiengänge und der dualen
Ausbildung haben duale Studiengänge aus Sicht der
Unternehmen den Vorteil, dass Hochschulen bei der
Festlegung der Ausbildungsinhalte deutlich flexibler
sind, als dies bei den bundesweit geregelten Ausbil­
dungsberufen möglich ist. Die Unternehmen können
bei der Entwicklung von Studiengängen gewünschte In­
halte in die hochschulischen Curricula einfließen lassen.
Die Hochschulen sind beweglicher, Änderungen werden
schneller umgesetzt.
Die befragten Großunternehmen sprechen nur
vereinzelt von einer direkten Konkurrenzsituation
zwischen der dualen Ausbildung und dualen Studien­
gängen: Die Frage der Konkurrenz stellt sich offensicht­
lich eher auf bildungspolitischer und wissenschaftlicher
Ebene (vgl. BIBB 2012c). Eine breite betriebliche Rele­
vanz kann aus den Erkenntnissen – mit Ausnahmen
(Verdrängung von Fortbildungsberufen und teilweise
Substitution der kaufmännischen Ausbildung aufgrund
der Überschneidung von Anforderungsprofilen) – nicht
abgeleitet werden. Hinweise bestehen eher in Bezug auf
sich überschneidende Qualifikationsprofile am Über­
gang der mittleren Fachkräfteebene zu höher quali­
fizierten Tätigkeiten. Facharbeitertätigkeiten werden
auch zukünftig – und das ist ein zentraler Befund der
Untersuchung – mehrheitlich von Personen mit einer
Berufsausbildung ausgeführt.
Erkennbar ist die Sorge der Unternehmen, dass der
bildungspolitische Trend einer Aufstiegsorientierung
kontraproduktive Auswirkungen auf das Ausbildungs­
verhalten der Schulabsolvent/innen hat, sodass das
betriebliche Ausbildungsmodell auf keine ausreichende
Basis zurückgreifen kann. Die Befürchtung ist, dass
leistungsstarke Bewerber/innen der Berufsausbildung
fernbleiben, sich für ein Studium entscheiden und sich
dadurch das Problem der Nachwuchssicherung auf der
mittleren Fachkräfteebene weiter verschärfen wird.
Auf die „politisch erzeugte“ zusätzliche Zahl an
Hochschulabsolvent/innen wird konzeptionell reagiert.
4 GesAMTBeWeRTUnG UnD HAnDlUnGseMPFeHlUnGen
Erkennbar ist eine Veränderung der „Ränder“ dualer
Ausbildung, aber nicht des Kerns oder ihrer Grundprin­
zipien. Unternehmen müssen daher reagieren, um leis­
tungsstarke Schulabsolvent/innen an das Unternehmen
zu binden – und das gehe nur über die Ermöglichung
hochschulischer Abschlüsse. Diese Argumentation wird
durch folgendes Zitat plausibel:
„Die Ausbildung im Fachkräftebereich verliert
permanent an Ansehen, da kann man machen, was
man will. Wenn man heutzutage nicht studiert hat oder
nicht studieren kann, dann ist das schon mal schlecht.
Der Tenor ist: ‚Eigentlich muss doch jeder das Abitur
schaffen‘. ‚Die Studierendenquoten sind zu niedrig.‘
Solche Aussagen sind für den Fachkräftebereich nicht
besonders hilfreich. Wir brauchen nicht viele schlechte
Studienabsolventen, sondern wir bräuchten ein paar
sehr gute Ausbildungsabsolventen oder beruflich wei­
terqualifizierte Techniker oder Meister. Aber die fehlen
dann, weil nur der, der nicht studieren konnte, dann
eine Ausbildung macht. Deshalb auch die Zunahme der
dualen Studiengänge.“ (Branche: Energieversorgung)
Durchgängige Bildungspfade eröffnen Bewerbe­
rinnen und Bewerbern Karriereoptionen und ermögli­
chen Unternehmen, je nach Bedarfslage Fachkräfte für
unterschiedliche Qualifikationsniveaus heranzubilden.
Durch die Möglichkeit, nach dem Facharbeiterabschluss
auch ohne Abitur ein Studium aufnehmen zu können,
wird die duale Ausbildung aufgewertet. Die Förderung
berufsbegleitender Studienangebote und Stipendien­
programme ist darauf ausgelegt, Schnittstellen zwischen
der beruflichen und der akademischen Ausbildung zu
schaffen. Die bildungspolitisch forcierte Akademisie­
rung würde dieses Anliegen konterkarieren und hat aus
Sicht der befragten Unternehmen negative Rückwir­
kung auf die duale Ausbildung.
Handlungsempfehlungen
Die Untersuchungsergebnisse geben Hinweise auf sich
verändernde Qualifikationsanforderungen auf der mitt­
leren Fachkräfteebene. Die nähere Betrachtung der von
den Unternehmen genutzten alternativen Ausbildungs­
varianten lässt zudem Rückschlüsse auf Veränderungen
hinsichtlich des erforderlichen Qualifikationsniveaus zu.
Es lässt sich über alle Unternehmen hinweg feststellen,
dass eine feste Zuordnung von Abschlüssen zu fest defi­
nierten Stellen- oder Tätigkeitsprofilen mehr und mehr
aufgelöst wird. Die Unternehmen nutzen verschiedene
Ausbildungsvarianten oder auch Kombinationen von
Modellen, um für ein bestimmtes Tätigkeitsfeld den/die
bestmöglich ausgebildete/n Mitarbeiter/in einzusetzen.
Um jedoch dezidiert Aussagen über Qualifikations­
bedarf auf der mittleren Fachkräfteebene treffen zu kön­
93
nen, auch hinsichtlich der Überschneidung von erwor­
benen Kompetenzen aus dualen Studiengängen, sind
weiter gehende tätigkeitsbezogene Analysen in ausge­
wählten Branchen notwendig. Ziel dabei ist es zu klären,
wie sich die Verschiebungen zwischen Ausbildung und
Studium auf Basis der aus der Tätigkeit erwachsenen
Kompetenzanforderungen weiterentwickeln und wie
sich daraus abgeleitet Facharbeit weiterentwickelt.
Es ist zudem erforderlich, mit Unternehmen über
die angesprochenen Rückwirkungen im Gespräch zu
bleiben und diese weiter zu beobachten. Hinsichtlich
bildungspolitischer Statements könnte eine höhere Sen­
sibilität hinsichtlich betrieblicher Belange bestehende
Irritationen reduzieren.
94
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Witzel, A. (1982): Verfahren der qualitativen Sozialforschung:
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liTeRATUR
AnlAGen
97
Anlagen
Anlage 1: Online-Fragebogen ......................................................................................................................................................................99
Anlage 2: Leitfaden für die Telefoninterviews .................................................................................................................................. 111
Anlage 3: Leitfaden für die betrieblichen Fallstudien ................................................................................................................... 113
98
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
Online-FRAGeBOGen ZUR UnTeRsUcHUnG Des sTellenWeRTs
DUAleR AUsBilDUnG in GROssUnTeRneHMen
Sehr geehrte Damen und Herren,
die duale Berufsausbildung ist im internationalen Vergleich immer noch einer der erfolgreichsten Wege zur Sicherung eines qualifizierten Fachkräftenachwuchses. Nicht zuletzt die Großunternehmen haben in der Vergangenheit in
Modellprojekten durch eigene innovative Ansätze die Aus- und Weiterbildung in Deutschland nachhaltig weiterentwickelt.
Um Entwicklungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung systematisch zu erfassen, hat das Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) eine Befragung in Auftrag gegeben, die durch das Forschungsinstitut Betriebliche
Bildung (f-bb) durchgeführt wird. Die Untersuchung soll den aktuellen und zukünftigen Stellenwert der dualen Ausbildung in Großunternehmen erheben und mögliche Modernisierungsbedarfe identifizieren. Ziel der Untersuchung ist
eine repräsentative Befragung von Großunternehmen. Im Kern geht es darum zu analysieren,
" welche Qualifizierungs- und Rekrutierungswege Großunternehmen für Personal auf der mittleren Qualifikationsebene einschlagen,
" welche Faktoren die Ausbildungsbereitschaft begünstigen bzw. hemmen sowie darum,
" ob, und wenn ja, welche alternativen Ausbildungsformen eingeschlagen werden.
Mit diesem Fragebogen befragen wir Sie als Personal- und Ausbildungsverantwortliche/n eines DAX-Unternehmens
bzw. großen Familienunternehmens nach Ihren Ideen und Vorstellungen zu einem leistungsfähigen betrieblichen
Ausbildungssystem.
Die Beantwortung der Fragen wird ca. 45 Minuten in Anspruch nehmen.
Im Anschluss an diese Online-Befragung werden Sie von einer Mitarbeiterin des f-bb telefonisch kontaktiert. Ziel ist
es, in einem Telefoninterview einzelne Fragestellungen zu vertiefen sowie Ideen und Ansätze aus Ihrem betrieblichen
Alltag aufzunehmen.
Hinweise zum Datenschutz:
Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Das Ergebnis der Untersuchung wird für den Auftraggeber in einem
aggregierten Bericht zusammengefasst. Hierbei werden keine Rückschlüsse auf Ihre Person möglich sein.
Technische Hinweise zum Ausfüllen des Fragebogens:
Zur Navigation im Fragebogen bitte nur auf die Buttons „Zurück“ oder „Weiter“ klicken, nicht die Pfeiltasten Ihres
Internetbrowsers benutzen. Sobald Sie mit dem „Weiter“-Button auf die nächste Seite springen, sind die vorher eingegebenen Daten gespeichert.
Am Ende des Fragebogens gibt es die Möglichkeit, die Antworten auszudrucken (z. B. als Tischvorlage für das Telefoninterview).
Kontaktdaten
Bei Rückfragen dürfen Sie sich gerne an die Ansprechpartnerinnen im f-bb wenden:
Christine Küfner (0911/27779-871) oder [email protected]
Sylvia Krenn (0911/27779-18) oder [email protected]
Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
99
Anlage 1: Online-FRAGeBOGen
A. Das Unternehmen
Zum Einstieg möchten wir Sie bitten, uns einige Fragen zur Unternehmens- und Beschäftigtenstruktur
zu beantworten.
1.
Welchem Wirtschaftszweig ist das
Unternehmen zuzuordnen?
Mehrfachantworten möglich
2.
Welche Rechtsform hat
die Organisation?
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei
Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden
Verarbeitendes Gewerbe
Energieversorgung
Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung
Baugewerbe
Handel
Verkehr und Lagerei
Gastgewerbe
Information und Kommunikation
Erbringung von Finanz- und
Versicherungsdienstleistungen
Grundstücks- und Wohnungswesen
Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen
und technischen Dienstleistungen
Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen
Dienstleistungen
Aktiengesellschaft (AG)
Europäische Gesellschaft (SE)
Kommanditgesellschaft (KG), inkl. Co. KG
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
eingetragene Genossenschaft (eG)
Sonstiges
3.a Wie viele standorte unterhält
das Unternehmen ungefähr in
Deutschland in den unterschiedlichen
Unternehmensbereichen?
Jeweils Kategorien: keinen; 1–5; 6–10; 11–50; mehr als 50
3.b Wie viele standorte unterhält
das Unternehmen ungefähr weltweit
in den unterschiedlichen
Unternehmensbereichen?
Jeweils Kategorien: keinen; 1–5; 6–10; 11–50; mehr als 50
Zentrales Management
(Finanzen, Personal, Kommunikation)
Produktionsstandorte
Vertriebsfilialen/-standorte
Lager/Logistik
Forschung und Entwicklung
Standort: Zentrales Management
(Finanzen, Personal, Kommunikation)
Produktionsstandorte
Vertriebsfilialen/-standorte
Lager/Logistik
Forschung und Entwicklung
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
100
4.
in welchen Regionen ist das Unternehmen mit standorten vertreten?
Mehrfachantworten möglich
5.
Wie viele Mitarbeiter hat das Unternehmen? Wenn sie die genaue Anzahl
nicht wissen, bitte schätzen sie.
EU
restliches Europa
Nordamerika
Mittel- und Südamerika
Asien
andere Regionen
Mitarbeiter in Deutschland:
Mitarbeiter unternehmensweit:
Bei der Befragung geht es um strategien und Modelle in Großunternehmen zur Qualifizierung und Rekrutierung
von Personal für die mittlere Qualifikationsebene, d. h. für die Arbeitsplätze von Fachkräften.
Diese Arbeitsplätze setzen fundiertes berufliches Wissen, komplexe Fertigkeiten und breite Kompetenzen voraus.
Die Facharbeit auf mittlerer Qualifikationsebene grenzt sich sowohl von der höheren Ebene (akademisch gebildetes
Personal) als auch von sogenannten Einfacharbeitsplätzen (An- und Ungelernte) ab.
Im Folgenden bitten wir Sie, den Anteil der „Fachkräfte auf mittlerer Qualifikationsebene“ einzuschätzen.
6.
Wie hoch ist der Anteil der Fachkräfte
auf der mittleren Qualifikationsebene
an allen Beschäftigten des Unternehmens in Deutschland?
sehr gering (unter 20 % der Gesamtbelegschaft)
eher gering (21 % bis 40 % der Gesamtbelegschaft)
mittel (41 % bis 60 % der Gesamtbelegschaft)
eher hoch (61 % bis 80 % der Gesamtbelegschaft)
sehr hoch (mehr als 80 % der Gesamtbelegschaft)
7.
in welchen Bereichen sind Fachkräfte
auf der mittleren Qualifikationsebene
in ihrem Unternehmen hauptsächlich
eingesetzt? (Angaben nur für
Deutschland)
Beschaffung und Einkauf
Forschung und Entwicklung
IT
Logistik
Marketing und Vertrieb
Produktion/Betrieb
Verwaltung/Personal
Bitte bilden Sie eine Reihenfolge, beginnend
mit dem Bereich, in dem anteilig die meisten
Fachkräfte beschäftigt sind.
Bitte beantworten Sie folgende Fragen zur Ausbildung und der Ausbildungsorganisation des Unternehmens.
8.
Wie hoch war die Ausbildungsquote des
Unternehmens in den jahren 2000, 2005
und 2010 in Deutschland?
9.
Wie viele Auszubildende hatte das
Unternehmen 2011 in Deutschland?
Ausbildungsquote 2000:
Ausbildungsquote 2005:
Ausbildungsquote 2010:
Zahl der Auszubildenden insgesamt:
davon: gewerblich-technisch:
kaufmännisch:
10. Wie viele haupt- und nebenberufliche
Ausbilder beschäftigt das Unternehmen
in Deutschland?
Zahl der hauptamtlichen Ausbilder (ca.):
Zahl der nebenberuflichen Ausbilder (ca.):
11. Wo werden die Rekrutierungs- und
Qualifizierungsstrategien des Unternehmens bestimmt?
Die Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien werden zentral
festgelegt und von den einzelnen Standorten umgesetzt.
Die Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien werden
dezentral an den einzelnen Standorten festgelegt und umgesetzt.
Sonstiges:
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
12. Welche Aspekte der Rekrutierungsund Qualifizierungsstrategien werden
zentral und welche dezentral an den
einzelnen standorten festgelegt?
101
Auswahl der Rekrutierungsstrategien (z. B. Einstellung,
Ausbildung, innerbetriebliche Weiterbildung)
zentral
dezentral
sowohl zentral als auch dezentral
Auswahl der Ausbildungsmodelle (klassische Ausbildung,
duales Studium, Ausbildung mit Zusatzqualifikationen)
zentral
dezentral
sowohl zentral als auch dezentral
Konzeption von Aus- und Weiterbildungskomponenten (z. B.
Zusatzqualifikationen für die Ausbildung, Weiterbildungskonzepte)
zentral
dezentral
sowohl zentral als auch dezentral
Auswahl der Ausbildungsberufe
zentral
dezentral
sowohl zentral als auch dezentral
Bestimmung der Zahl der Ausbildungsplätze
zentral
dezentral
sowohl zentral als auch dezentral
dezentral
sowohl zentral als auch dezentral
Sonstiges:
zentral
B. Positionen zu dualer Ausbildung, Ausbildungsverhalten und Personalplanung
Im Folgenden möchten wir gerne erfahren, wie Sie die duale Berufsausbildung bewerten. Bitte beziehen Sie sich
auf die Anforderungen Ihres Unternehmens zur Deckung des Fachkräftebedarfs auf mittlerer Qualifikationsebene.
13. Wie wichtig sind in Zukunft für das
Unternehmen folgende Möglichkeiten
zur Deckung des Qualifikationsbedarfs
auf der mittleren Fachkräfteebene?
Bitte gewichten Sie Ihre Antworten
auf einer Skala von 1 = völlig unwichtig
bis 5 = sehr wichtig.
eigene Ausbildung im kaufmännischen Bereich
völlig unwichtig
sehr wichtig
eigene Ausbildung im gewerblich-technischen Bereich
völlig unwichtig
sehr wichtig
Einstellung berufserfahrener Fachkräfte vom externen Arbeitsmarkt
völlig unwichtig
sehr wichtig
Einstellung von Berufsanfängern, die von anderen
Unternehmen ausgebildet wurden
völlig unwichtig
sehr wichtig
Qualifizierung und Weiterbildung von Mitarbeitern ohne
Berufsausbildung (An- und Ungelernte)
völlig unwichtig
sehr wichtig
Einstellung schulisch ausgebildeter Berufsanfänger
völlig unwichtig
sehr wichtig
Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulabsolventen
völlig unwichtig
sehr wichtig
Einstellung von Studienabbrechern
völlig unwichtig
sehr wichtig
Beschäftigung von Leiharbeitskräften (über Zeitarbeitsfirmen)
völlig unwichtig
sehr wichtig
Einstellung von geringfügig Beschäftigten
völlig unwichtig
sehr wichtig
Sonstige:
völlig unwichtig
14. Wie zufrieden ist das Unternehmen
mit …
Bitte bewerten Sie die Zufriedenheit
auf einer Skala von 1 = völlig unzufrieden
bis 5 = sehr zufrieden.
sehr wichtig
der Leistungsfähigkeit des dualen Systems zur Deckung
des betrieblichen Qualifikationsbedarfs?
völlig unzufrieden
sehr zufrieden
dem Verhältnis von Nutzen und Kosten der eigenen
betrieblichen Ausbildung?
völlig unzufrieden
sehr zufrieden
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
102
15. inwieweit treffen die folgenden
Aussagen auf die eigene Ausbildung
des Unternehmens zu?
Bitte bewerten Sie jede Aussage auf einer
Skala von 1 = trifft überhaupt nicht zu
bis 5 = trifft voll und ganz zu.
trifft überhaupt nicht zu < 1 2 3 4 5 > trifft voll und ganz zu
Die eigene Ausbildung …
steigert deutlich den Geschäftswert unseres Unternehmens
durch gut qualifizierte Mitarbeiter.
1=
2=
3=
4=
5=
trägt entscheidend zur künftigen Wettbewerbsfähigkeit
unseres Unternehmens bei.
1=
2=
3=
4=
5=
nutzen wir, um das Risiko von Qualifikationsengpässen
auszuschließen.
1=
2=
3=
4=
5=
ist für uns stets auch eine Gemeinschaftsaufgabe der Wirtschaft
und eine Leistung für die Gesellschaft.
1=
2=
3=
4=
5=
gehört bei uns zur Firmentradition.
1=
2=
3=
4=
5=
ist der beste Weg, künftige Mitarbeiter in die Unternehmensstruktur einzuführen.
1=
2=
3=
4=
5=
soll uns (vorrangig) vom externen Arbeitsmarkt
unabhängig machen.
1=
2=
3=
4=
5=
verbessert erheblich unsere Anpassungsfähigkeit an technische
und Marktveränderungen.
1=
2=
3=
4=
5=
fördert die Innovationsfähigkeit unseres Unternehmens.
1=
2=
3=
4=
5=
ist unverzichtbarer Bestandteil unserer Personalpolitik.
1=
2=
3=
4=
5=
fördert wesentlich die Identifikation der Mitarbeiter mit
unserem Unternehmen.
1=
2=
3=
4=
5=
wirkt sich positiv auf das Image unseres Betriebs in der
Öffentlichkeit aus.
1=
2=
3=
4=
5=
erhöht stark das Ansehen unseres Unternehmens bei Kunden
und Lieferanten.
1=
2=
3=
4=
5=
erhöht deutlich die Attraktivität unseres Unternehmens für
leistungsfähige Arbeitskräfte.
1=
2=
3=
4=
5=
wirkt sich sehr positiv auf die Gestaltung der betrieblichen
Weiterbildung aus (z. B. durch erhöhtes Problembewusstsein
für Qualifizierungsfragen).
1=
2=
3=
4=
5=
bewirkt eine systematische Verjüngung unserer Belegschaft.
1=
2=
3=
4=
5=
gewährleistet die stetige Zufuhr von neuem Wissen
in unserem Unternehmen.
1=
2=
3=
4=
5=
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
16. Wie wichtig sind im Unternehmen
die folgenden Gründe für die eigene
Ausbildung?
Bitte bewerten Sie die Gründe auf
einer Skala von 1 = völlig unwichtig
bis 5 = sehr wichtig.
103
Gewinnung von Fachkräften, da Mangel an qualifiziertem
Personal auf dem Arbeitsmarkt
völlig unwichtig
sehr wichtig
Einsparung von Kosten der Personalsuche auf dem Arbeitsmarkt
völlig unwichtig
sehr wichtig
Einsparung hoher Einarbeitungskosten für betriebsfremde Fachkräfte
völlig unwichtig
sehr wichtig
Qualifizierung von Nachwuchskräften, die genau den betrieblichen
Anforderungen entsprechen
völlig unwichtig
sehr wichtig
Vermeidung des Risikos personaler Fehlentscheidungen,
das bei Einstellung betriebsfremder Kräfte gegeben sein kann
völlig unwichtig
sehr wichtig
Möglichkeit, bei der Übernahme von Auszubildenden
„die Besten“ auszuwählen
völlig unwichtig
sehr wichtig
Vermeiden von hoher Fluktuation durch Gewinnung besonders
betriebsverbundener Fachkräfte
völlig unwichtig
sehr wichtig
Einsparung von un- und angelernten Arbeitskräften durch den
Arbeitseinsatz der Auszubildenden während der Ausbildung
völlig unwichtig
sehr wichtig
Sicherung des Fachkräftenachwuchses in der Branche/Region
völlig unwichtig
17. Welchen stellenwert nimmt aktuell
die duale Ausbildung im kontext
aller Rekrutierungsstrategien
für Fachkräfte auf der mittleren
Qualifikationsebene ein?
Bitte machen Sie eine ungefähre Schätzung.
Es können insgesamt höchstens 100 Prozent
vergeben werden.
18. Ausgehend vom eben dargestellten
stellenwert dualer Ausbildung im Unternehmen: Gab es in den vergangenen
5–10 jahren gravierende Veränderungen im Rekrutierungsverhalten, z.
B. dass eine der in Frage 17 genannten
Personalbeschaffungsstrategien intensiviert, andere reduziert wurden?
19. Welche der folgenden Aspekte haben
das Ausbildungsverhalten des Unternehmens in den vergangenen 5–10
jahren deutlich beeinflusst?
Mehrfachantworten möglich
sehr wichtig
Die Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene werden aktuell
(2011/2012) rekrutiert zu ...
% über eigene berufliche Ausbildung.
% über eigene Qualifizierungsmodelle in Form additiver Modelle
(Ausbildung mit Zusatzqualifikationen, duales Studium, etc.).
% über eigene Qualifizierungsmodelle unterhalb berufl. Ausbildung.
% über den Arbeitsmarkt (ausgebildete Fachkräfte).
% über den Arbeitsmarkt (ungelernte Kräfte).
% über den Arbeitsmarkt (Hochschulabsolventen).
% Sonstiges:
Bitte erläutern Sie kurz (stichpunktartig) die Gründe
für die jeweilige Veränderung:
Die Anforderungen an die Fachkräfte der mittleren
Qualifikationsebene sind gestiegen.
Die Anforderungen an die Fachkräfte der mittleren
Qualifikationsebene sind gesunken.
Die bestehenden Ausbildungsberufe sind nicht passgenau
für die Anforderungen an unseren Arbeitsplätzen.
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
104
Angebotene Stellen konnten nicht besetzt werden.
Es gab nicht ausreichend gute Bewerber.
Angebotene Stellen konnten nicht besetzt werden.
Es gab nicht ausreichend viele Bewerber.
Berufliche Ausbildung lohnt sich aus ökonomischen Erwägungen eher weniger als früher.
Berufliche Ausbildung lohnt sich aus ökonomischen Erwägungen eher mehr als früher.
Ausbildungsintensive Bereiche im Unternehmen sind weggefallen.
Sonstiges:
20. Falls die bestehenden Ausbildungsberufe nicht ihren betrieblichen
Anforderungen entsprechen: Warum
sind die Berufe nicht passgenau?
Bitte nennen Sie, falls zutreffend,
mindestens einen Beispielberuf.
Ausbildungsdauer ist zu lang.
Ausbildungsdauer ist zu kurz.
Vorgegebene Inhalte passen inhaltlich nicht zu den beruflichen
Anforderungen.
Vorgaben in der Ausbildungsordnung sind zu spezifisch.
Bandbreite innerhalb einer Berufsgruppe ist zu differenziert,
einzelne Berufsbilder sind zu eng gefasst.
Bandbreite innerhalb einer Berufsgruppe ist nicht ausreichend,
neue Berufe werden benötigt.
Anforderungen des Berufsbildes sind zu hoch.
Anforderungen des Berufsbildes sind zu niedrig.
Sonstige:
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
21. kamen in den vergangenen
5–10 jahren Rekrutierungs- und
Qualifizierungsstrategien verstärkt
oder neu hinzu?
105
nein
ja, berufliche Ausbildung inklusive additiver Elemente
(duales Studium, Ausbildung mit Zusatzqualifikationen)
ja, Qualifizierung an- und ungelernter Mitarbeiter unterhalb
des Niveaus dualer Ausbildung
ja, Rekrutierung von ausgebildeten Fachkräften auf dem
Arbeitsmarkt plus Anpassungsqualifizierung
ja, Rekrutierung von Hochschulabsolventen, akademischem
Personal am Arbeitsmarkt
ja, Rekrutierung von beruflich qualifizierten Fachkräften
auf dem Arbeitsmarkt
ja, Rekrutierung von im Ausland qualifizierten Fachkräften
ja, Rekrutierung von An- und Ungelernten auf dem Arbeitsmarkt
Sonstige:
22. Bitte begründen sie kurz, warum
einzelne Rekrutierungs- und
Qualifizierungsstrategien verstärkt
oder neu hinzugekommen sind:
(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)
23. Welche entwicklungen werden im
Unternehmen / in der AG hinsichtlich
der Zahl a) der Beschäftigten
sowie b) der neu einzustellenden
Auszubildenden für die nächsten
drei jahre erwartet?
Bitte bewerten Sie die erwartete Entwicklung auf einer Skala
von 1 = erhebliche Abnahme bis 5 = erhebliche Zunahme.
Zahl der Beschäftigten
erhebliche Abnahme
erhebliche Zunahme
Zahl der neu einzustellenden Auszubildenden
erhebliche Abnahme
erhebliche Zunahme
Im Folgenden interessieren uns die Auswirkungen der Internationalisierung auf Ihr Qualifizierungsund Rekrutierungsverhalten.
24. Hat die zunehmende internationalisierung Auswirkungen auf die
Ausbildung von Fachkräften im
Unternehmen in Deutschland?
25. Falls ja, welche Auswirkungen hat die
zunehmende internationalisierung auf
das Ausbildungsverhalten?
Mehrfachantworten möglich
eher ja, die zunehmende Internationalisierung beeinflusst
unser Ausbildungsverhalten
eher nein, die zunehmende Internationalisierung beeinflusst
unser Ausbildungsverhalten nicht
Aufgrund der zunehmenden Internationalisierung …
bilden wir weniger aus und setzen verstärkt auf Rekrutierung
am Arbeitsmarkt.
bilden wir weniger aus und setzen verstärkt auf Rekrutierung von
Hochschulabsolventen.
sind wir gezwungen, zusätzliche/andere Inhalte in die Ausbildung zu
integrieren.
sind wir gezwungen, zusätzliche überfachliche Qualifikationen,
z. B. Fremdsprachen, Kommunikationsaspekte, zu vermitteln.
sind wir gezwungen, zusätzlich auszubilden, da auch im Ausland
verstärkt in Deutschland ausgebildete Fachkräfte benötigt werden.
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
106
26. Wie rekrutiert das Unternehmen Fachkräfte für die mittlere Qualifikationsebene an ausländischen standorten?
Rekrutierung von Schulabsolventen und landesübliche
Qualifizierung/„Ausbildung“
Rekrutierung am Arbeitsmarkt
Rekrutierung am Arbeitsmarkt und eigene betriebliche
Qualifizierung
Kooperation mit Schulen
Trainees
Export des deutschen Ausbildungsmodells ins Ausland
(Ausbildung im Ausland nach deutschem Modell)
Sonstige:
Bitte Reihenfolge bilden, den bedeutendsten
Rekrutierungsweg zuerst; bitte alle Rekru­
tierungswege einbeziehen, die sie anwenden.
27. importiert das Unternehmen erfolgreiche ausländische Qualifizierungsmodelle oder international übliche
Qualifizierungsstandards, die parallel
oder in konkurrenz zu den Abschlüssen
des BBiG stehen?
28. Wenn ja, welche Modelle bzw. welche
Qualifizierungsstandards werden
importiert?
ja
nein
Bitte beschreiben Sie kurz das Modell
und wie es umgesetzt wird:
c. Alternative Ausbildungsmodelle
Neben der klassischen dualen Ausbildung nach BBiG setzen Unternehmen auch auf alternative Rekrutierungs-,
Ausbildungs- und Qualifizierungsmodelle für die mittlere Fachkräfteebene. Im Folgenden möchten wir gerne
erfahren, welche dieser Modelle Ihr Unternehmen anbietet.
Bei Frage 29 handelt es sich um eine Filterfrage. Bitte beantworten Sie im weiteren Verlauf des Fragebogens
den jeweiligen Fragenkatalog zu den Modellen, die Sie bei sich im Unternehmen anbieten.
29. Welche der folgenden Qualifizierungs-/Rekrutierungswege bieten
sie neben der dualen Ausbildung
zur Ausbildung/Qualifizierung
von Fachkräften auf der mittleren
Qualifikationsebene an?
Mehrfachantworten möglich.
additives Modell (AusbildungPlus): duale Ausbildung mit
Zusatzqualifikation (→ S. 16)
additives Modell (AusbildungPlus): duales Studium (→ S. 18)
eigenes Ausbildungsmodell mit IHK/HwK-Abschluss (→ S. 20)
(Nach-)Qualifizierung von Fachkräften, die bereits Tätigkeiten auf
mittlerer Qualifikationsebene ausüben. Die Qualifizierung
ist unterhalb des Niveaus beruflicher Ausbildung
(z. B. Umschulungen, Teilqualifizierungen etc.) angesiedelt. (→ S. 22)
Rekrutierung auf dem Arbeitsmarkt
Sonstige:
Additives Modell (AusbildungPlus): Ausbildung mit Zusatzqualifikation
30. Wie ist der charakter dieses Modells
zu beschreiben?
Mehrfachantworten möglich
Das Modell ist tätigkeitsorientiert und vermittelt über die
Ausbildung hinausgehende notwendige fachliche und/oder
überfachliche Inhalte.
Das Modell ist zielgruppenorientiert: Defizite der Auszubildenden –
fachlich/überfachlich – sollen ausgeglichen werden.
Das Modell ist zielgruppenorientiert: Besonders leistungsstarke
Auszubildende sollen gezielt gefördert werden.
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
31. Wo liegen die Unterschiede zwischen
der regulären Berufsausbildung und
ihrer Ausbildung mit Zusatzqualifikationen?
Mehrfachantworten möglich
107
Es werden zusätzliche fachliche Inhalte vermittelt auf höherem
Niveau als die Inhalte der klassischen Ausbildung.
Es werden zusätzliche fachliche Inhalte vermittelt auf einem
ähnlichem Niveau wie die Inhalte der klassischen Ausbildung.
zusätzliche/vertiefte Fremdsprache
Es werden verstärkt überfachliche methodische Kompetenzen
Es werden verstärkt Aspekte der Kundenorientierung und Dienstleistungsaspekte
Sonstige:
32. Wurden klassische Ausbildungsstellen
durch dieses Qualifizierungsmodell ersetzt, nur neue stellen geschaffen oder
beides? Wenn ja, in welchem Umfang?
Es wurden ca.
Prozent der klassischen
Ausbildungsplätze ersetzt.
Es wurden zusätzlich zu den bestehenden Ausbildungsplätzen
ca.
Prozent neue Stellen geschaffen.
33. Wie viele der Auszubildenden des
Unternehmens durchlaufen eine
Ausbildung mit Zusatzqualifikationen?
(Bezugsjahr: 2011)
Auszubildende nach diesem Modell:
34. An welche Zielgruppen richtet sich das
Angebot? ist der Zugang beschränkt?
(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)
Bitte beschreiben Sie kurz die Zielgruppen
und die jeweiligen Auswahlkriterien.
35. Werden mit diesem Angebot weiterführende karriereoptionen für die
Absolventen verfolgt?
Ja, in der Regel werden für die Absolventen konkrete weitere Karriereoptionen vorgesehen (z. B. Techniker, Meister, Studium etc.).
Nein, in der Regel werden die Absolventen wie Absolventen klassischer Berufsausbildung behandelt und auf der mittleren Qualifikationsebene eingesetzt.
Sonstige:
36. Warum wird dieses Ausbildungsmodell
angeboten?
fachliche Notwendigkeit
Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“
kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen
Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung)
mangelnde Ausbildungsreife
drohender Fachkräftemangel
andere Gründe:
Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend
mit dem wichtigsten Kriterium.
37. Wie wird sich der Anteil der Ausbildungen nach diesem Modell im Unternehmen in den nächsten fünf jahren
quantitativ entwickeln?
Das Modell ...
wird deutlich an Bedeutung gewinnen.
wird an Bedeutung gewinnen.
wird auf heutigem Niveau verbleiben.
wird weniger wichtig sein als heute.
wird deutlich weniger wichtig sein als heute.
weiß nicht
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
108
Additives Modell (AusbildungPlus): duales Studium
38. Wie ist der charakter dieses Modells
zu beschreiben?
Bachelorstudium mit Praxisphasen im Betrieb
Studium an der Berufsakademie
Bachelorstudium plus Ausbildungsabschluss (IHK)
Sonstiges:
39. Wurden klassische Ausbildungsstellen
durch dieses Qualifizierungsmodell ersetzt, nur neue stellen geschaffen oder
beides? Wenn ja, in welchem Umfang?
Es wurden ca.
Prozent der klassischen Ausbildungsplätze
ersetzt.
Es wurden zusätzlich zu den bestehenden Ausbildungsplätzen ca.
Prozent neue Stellen geschaffen.
40. Wie viele der Auszubildenden des
Unternehmens durchlaufen eine
Ausbildung nach diesem Modell?
(Bezugsjahr: 2011)
Auszubildende nach diesem Modell:
41. An welche Zielgruppen richtet sich das
Angebot? ist der Zugang beschränkt?
(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)
Bitte beschreiben Sie kurz die Zielgruppen
und die jeweiligen Auswahlkriterien.
42. Werden mit diesem Angebot weiterführende karriereoptionen für die
Absolventen verfolgt?
Ja, in der Regel werden für die Absolventen konkrete weitere
Karriereoptionen vorgesehen.
Nein, in der Regel werden die Absolventen wie Absolventen
klassischer Berufsausbildung behandelt und auf der mittleren
Qualifikationsebene eingesetzt.
Sonstige:
43. Warum wird dieses Ausbildungsmodell
angeboten?
fachliche Notwendigkeit
Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“
kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen
Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung)
mangelnde Ausbildungsreife
drohender Fachkräftemangel
andere Gründe:
Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend
mit dem wichtigsten Kriterium.
44. Wie wird sich der Anteil der Ausbildungen nach diesem Modell im Unternehmen in den nächsten fünf jahren
quantitativ entwickeln?
Das Modell ...
wird deutlich an Bedeutung gewinnen.
wird an Bedeutung gewinnen.
wird auf heutigem Niveau verbleiben.
wird weniger wichtig sein als heute.
wird deutlich weniger wichtig sein als heute.
weiß nicht
Eigenes Ausbildungsmodell mit IHK/HwK-Abschluss
45. Bitte beschreiben sie das unternehmenseigene Ausbildungsmodell
und zeigen sie dabei die Unterschiede
zur klassischen Ausbildung auf.
(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
46. Wurden klassische Ausbildungsstellen
durch dieses Qualifizierungsmodell ersetzt, nur neue stellen geschaffen oder
beides? Wenn ja, in welchem Umfang?
109
Es wurden ca.
Prozent der klassischen Ausbildungsplätze ersetzt.
Es wurden zusätzlich zu den bestehenden Ausbildungsplätzen
ca.
Prozent neue Stellen geschaffen.
47. Wie viele der Auszubildenden des
Unternehmens durchlaufen diese
Ausbildung? (Bezugsjahr: 2011)
Auszubildende nach diesem Modell:
48. An welche Zielgruppen richtet sich das
Angebot? ist der Zugang beschränkt?
(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)
Bitte beschreiben Sie kurz die Zielgruppen
und die jeweiligen Auswahlkriterien.
49. Werden mit diesem Angebot
weiterführende karriereoptionen
für die Absolventen verfolgt?
Ja, in der Regel werden für die Absolventen konkrete weitere
Karriereoptionen vorgesehen.
Nein, in der Regel werden die Absolventen wie Absolventen
klassischer Berufsausbildung behandelt und auf der mittleren
Qualifikationsebene eingesetzt.
Sonstige:
50. Warum wird dieses Ausbildungsmodell
angeboten?
fachliche Notwendigkeit
Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“
kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen
Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung)
mangelnde Ausbildungsreife
drohender Fachkräftemangel
andere Gründe:
Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend
mit dem wichtigsten Kriterium.
51. Wie wird sich der Anteil der Ausbildungen nach diesem Modell im
Unternehmen in den nächsten
fünf jahren quantitativ entwickeln?
Das Modell ...
wird deutlich an Bedeutung gewinnen.
wird an Bedeutung gewinnen.
wird auf heutigem Niveau verbleiben.
wird weniger wichtig sein als heute.
wird deutlich weniger wichtig sein als heute.
weiß nicht
(Nach-)Qualifizierung von Fachkräften, die bereits Tätigkeiten auf mittlerer Qualifikationsebene ausüben. Die Qualifizierung ist angesiedelt unterhalb des Niveaus beruflicher Ausbildung (z. B. Umschulungen, Teilqualifizierungen etc.).
52. Wurden in den letzten fünf jahren
klassische Ausbildungsstellen durch
dieses Qualifizierungsmodell ersetzt?
Ja, es wurden Ausbildungsstellen ersetzt.
53. Werden mit diesem Angebot weiterführende karriereoptionen für die
Absolventen verfolgt?
Ja, in der Regel werden für die Absolventen konkrete weitere Karriereoptionen vorgesehen.
Nein, in der Regel werden die Absolventen wie Absolventen klassischer Berufsausbildung behandelt und auf der mittleren Qualifikationsebene eingesetzt.
Nein, es wurden keine Ausbildungsstellen ersetzt.
Sonstige:
AnlAGe 1: Online-FRAGeBOGen
110
54. Warum wird dieses Ausbildungsmodell
angeboten?
Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend
mit dem wichtigsten Kriterium.
55. Wie wird sich der Anteil der Ausbildungen nach diesem Modell im
Unternehmen in den nächsten
fünf jahren quantitativ entwickeln?
fachliche Notwendigkeit
Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“
kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen
Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung)
mangelnde Ausbildungsreife
drohender Fachkräftemangel
andere Gründe:
Das Modell ...
wird deutlich an Bedeutung gewinnen.
wird an Bedeutung gewinnen.
wird auf heutigem Niveau verbleiben.
wird weniger wichtig sein als heute.
wird deutlich weniger wichtig sein als heute.
weiß nicht
Rekrutierung auf dem Arbeitsmarkt
56. Wurden in den letzten fünf jahren
klassische Ausbildungsstellen durch
die Rekrutierung auf dem Arbeitsmarkt ersetzt? Wenn ja, in welchem
Umfang?
57. An welche Zielgruppen richtet sich
das Angebot?
Ja, es wurden ca.
Prozent der Ausbildungsplätze ersetzt.
Nein, es wurden keine Ausbildungsplätze ersetzt.
(Maximale Zeichenanzahl: 2.000)
Welche Personen (Abschluss, beruflicher
Hintergrund) werden hierbei bevorzugt
rekrutiert?
58. Warum wird dieses Ausbildungsmodell
angeboten?
Bitte bilden Sie eine Reihenfolge beginnend
mit dem wichtigsten Kriterium.
59. Wie wird sich der Anteil der Rekrutierung nach diesem Modell im Unternehmen in den nächsten fünf jahren
quantitativ entwickeln?
fachliche Notwendigkeit
Wettbewerbsfunktion im „Kampf um Talente“
kostengünstige Alternative (z. B. im Vergleich zu umfangreichen
Weiterqualifizierungen im Anschluss an die Ausbildung)
mangelnde Ausbildungsreife
drohender Fachkräftemangel
andere Gründe:
Das Modell ...
wird deutlich an Bedeutung gewinnen.
wird an Bedeutung gewinnen.
wird auf heutigem Niveau verbleiben.
wird weniger wichtig sein als heute.
wird deutlich weniger wichtig sein als heute.
weiß nicht
AnlAGe 2: leiTFADen FüR Die TeleFOninTeRVieWs
111
Anlage 2: leitfaden für die Telefoninterviews
Beispielfragebogen für die Telefoninterviews
1. Ziele des interviews skizzieren
Der Online-Fragebogen war aufgrund der Standardisierung relativ kompakt. Ziel dieses telefonischen Interviews ist
es nun, konkrete Beispiele aus der Ausbildungs- bzw. Qualifizierungspraxis zu erfragen und Ihre Ideen, Meinungen
und Einstellungen zum Thema „Duale Berufsausbildung in Deutschland“ im Detail zu erheben.
2. Block A: Fragen zum Unternehmen
Frage 6
Der Fachkräfteanteil auf der mittleren Qualifikationsebene ist mit mittel angegeben (41% - 60%)
– woraus setzt sich der Rest zusammen? Eher Akademiker, eher An- und Ungelernte?
Hinweis von uns: immer bezogen auf die mittlere Fachkräfteebene
Frage 8
Online wurde nach der Ausbildungsquote rückwirkend für die letzten zehn Jahre gefragt, sie ist in
Ihrem Unternehmen konstant geblieben. Wie schätzen Sie die Entwicklung in den nächsten zehn
Jahren ein? Zu- oder Abnahme der Ausbildungsquote?
Begründung abfragen.
Frage 11 + 12
Nach ihren Angaben werden die meisten Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien
zentral festgelegt?
Zentral festgelegt wird die „Konzeption von Aus- und Weiterbildungskomponenten“:
• Sind diese zentral festgelegten Punkte standardisiert? In welcher Form?
• Gibt es eine zentrale Qualitätssicherung?
3. Block B: Positionen zu dualer Ausbildung, Ausbildungsverhalten, Personalplanung
Frage 13
Die eigene Ausbildung ist Ihrer Einschätzung nach sehr wichtig für die Deckung des
Fachkräftebedarfs. Könnten Sie das bitte kurz näher ausführen?
Stichwort: Ersatz von Fachkräften durch (Fach-)Hochschulabsolventen wird als völlig unwichtig bewertet
– wo sehen Sie also die Vorteile von Fachkräften, die eine Ausbildung durchlaufen haben?
Frage 14
Sie sind mit der Leistungsfähigkeit des dualen Systems nur teilweise zufrieden, schätzen das KostenNutzen-Verhältnis allerdings als eher passend ein.
Könnten Sie beide Aspekte kurz erläutern?
Frage 18
Diese Frage wurde online nicht beantwortet, daher noch mal nachhaken:
Gab es in den vergangenen 5 bis 10 Jahren gravierende Veränderungen im Rekrutierungsverhalten?
(Wurden Maßnahmen intensiviert oder andere reduziert?)
Frage 19
Sie geben an, dass die Anforderungen auf der mittleren Qualifikationsebene gestiegen sind.
•
•
•
Frage 19
Könnten sie dies bitte genauer ausführen (konkrete Beispiele)?
Sind dies Veränderungen auf fachlicher und/oder überfachlicher Ebene?
In den Bereichen, wo Anforderungen gestiegen sind – passen denn die bestehenden
Berufe noch dazu?
Sie bewerten die bestehenden Ausbildungsberufe als nicht passgenau.
Könnten Sie dies an Beispielen näher ausführen?
Welche Konsequenzen ziehen Sie als Unternehmen daraus?
Zusammenhang mit den erwähnten „differenzierteren Kompetenzbedarfen“?
•
•
•
AnlAGe 2: leiTFADen FüR Die TeleFOninTeRVieWs
112
Frage 25
Sie geben an, dass die Internationalisierung das Ausbildungsverhalten beeinflusst – es müssen
zusätzliche Aspekte (z. B. Fremdsprachen und Kommunikationsaspekte) vermittelt werden.
• Könnten Sie dies kurz an einem Beispiel erläutern?
• Wie werden diese Kompetenzen vermittelt (Standardisierung, Umfang)?
Wenn sie nun einen Blick nach vorne wagen:
• Wie wird sich die Ausbildung in Ihrem Unternehmen entwickeln?
• Was sollte und könnte sich verbessern, um auch in Zukunft ausreichend gut qualifizierte
Fachkräfte zu haben?
Blick auf die duale Ausbildung generell: Wie bewerten Sie das deutsche Berufsbildungssystem
heute im Vergleich zu früher: gab es Verbesserungen, negative Entwicklungen?
Mögliche Stichworte: Berufsgruppenprinzip, gestreckte Abschlussprüfung etc.
4. Block c: Alternative Ausbildungsmodelle
Additiv: duales Studium
Frage 39
Sie geben an, dass durch das duale Studium 5 % neue Stellen geschaffen wurden.
In welchen Bereichen? (Stichworte z. B. IT, Qualitätssicherung, Verwaltung)
Bewegen sich diese Stellen ausschließlich auf Akademiker-Niveau?
Wie viele von den Absolventen machen einen Master?
Frage 42
Welche konkreten Karriereoptionen werden verfolgt?
Frage 43
Inwiefern sehen Sie eine fachliche Notwendigkeit, wenn Sie das duale Studium anbieten?
Frage 44
Das Modell wird Ihrer Einschätzung nach an Bedeutung gewinnen. Warum schätzen Sie dies so ein?
Wo sehen Sie Aufgaben/Stärken/Schwächen des Ausbildungssystems und wo des dualen Studiums,
wenn damit (wenn auch nur in geringem Maße) Ausbildungsplätze ersetzt werden?
Welche Erfahrung gibt es mit dem Modell?
Wurde es in irgendeiner Weise evaluiert und wenn ja, was kam dabei heraus?
(Nach-)Qualifizierung von Fachkräften (unterhalb von beruflicher Ausbildung)
Frage 53
Sie haben angegeben, dass mit dieser Rekrutierungsstrategie keine Ausbildungsplätze ersetzt werden. Wer wird hier für welche Positionen im Unternehmen rekrutiert?
Bedeutet das, dass es hierbei um gänzlich andere Zielgruppen und Arbeitsplätze geht als im Bereich
Ausbildung?
Hypothese: Diese Strategie ist keine Konkurrenz zum Ausbildungssystem,
sondern passiert auf einer anderen Ebene.
Rekrutierung von Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt
Frage 56
Sie haben angegeben, dass mit dieser Rekrutierungsstrategie ebenfalls keine Ausbildungsplätze
ersetzt werden. Wer wird hier für welche Positionen im Unternehmen rekrutiert?
Bedeutet das, dass es hierbei um gänzlich andere Zielgruppen und Arbeitsplätze geht als im Bereich
Ausbildung?
Hypothese: Diese Strategie ist keine Konkurrenz zum Ausbildungssystem,
sondern passiert auf einer anderen Ebene.
5. Abschluss des interviews
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
113
Anlage 3: leitfaden für die betrieblichen Fallstudien
interviewleitfaden für betriebliche Fallstudien zu Ausbildungs- und Rekrutierungsmodellen
in Großunternehmen
1. Ziele der Fallstudie
a. Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs- und Rekrutierungsmodelle hinsichtlich ihrer organisatorischen
Einbettung, ihres strategischen Zwecks und der betrieblichen Folgen sowie der Erwartungen des Unternehmens
an das Berufsbildungssystem und deren Akteure
b. Inhaltliche Spezifizierung über die folgenden drei Themen:
•
Fachkräftesicherung: u. a. Umgang mit unterschiedlichen Anforderungsniveaus in der Ausbildung,
Implementierung von Entwicklungspfaden zur Vorbereitung auf anspruchsvolle Tätigkeiten, Veränderung
von Tätigkeitsprofilen durch das Modell des dualen Studiums
•
Internationalisierung: Unterstützung der international ausgerichteten Geschäftstätigkeit durch die duale
Ausbildung, Umgang mit veränderten Anforderungen an die Auszubildenden, Export von Elementen der
deutschen dualen Ausbildung in ausländische Bildungssysteme
•
Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten“: Kooperation mit Institutionen neben der Berufsschule
(z. B. Akademien) zur Vermittlung zusätzlicher theoretischer Inhalte
2. Ablauf
Es sind drei Interviewsequenzen mit Interviewpartner/innen in unterschiedlicher Funktion vorgesehen, um verschiedene
Sichtweisen zu den Fragestellungen erheben zu können und damit die Erkenntnisse inhaltlich abzurunden.
3. interviewleitfaden
Unternehmen:
interviewpartner/in und
Funktion:
Datum:
interviewsequenz 1
(Verantwortliche/r Ausbildung und Verantwortliche/r Personalentwicklung)
strategische und operative ebene
einführung
•
•
•
Kurze Erläuterung: Ausgangslage: aktueller Stand, weiteres Vorgehen
Ziele des Interviews
Zusammenfassen bisheriger auf das Unternehmen bezogener Ergebnisse (Zweck der jeweiligen Strategie)
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
114
Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs-und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation)
Leitfrage
Inhaltliche Konkretisierung
A.1 Ausbildung mit Zusatzqualifikationen: stellen sie bitte den verfolgten
Zweck in Abgrenzung zur dualen
Ausbildung als Rekrutierungsstrategie
aus ihrer sicht dar.
•
In welcher Form und in welchem Umfang werden Zusatzqualifikationen während der Ausbildung angeboten?
•
Welche fachliche Notwendigkeit spricht für das Modell?
•
Inwieweit sind strategische Gründe ausschlaggebend
(u. a. Bindung von leistungsstarken Fachkräften an das Unternehmen)?
•
Ist dieses Modell mit einer kurzfristigen Perspektive angelegt oder
langfristig eingeplant (etablierte Strategie)? [erläutern lassen]
•
Werden durch das Modell langfristig (zusätzliche) Ausbildungsplätze mit einem anderen Qualifikationsprofil geschaffen?
•
In welchen Tätigkeitsfeldern und Berufen entstehen hauptsächlich
derartige Profile für qualifizierte Fachkräfte mit Zusatzqualifikationen?
•
Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? (Handelt es
sich um ein integriertes, auf andere Lösungen abgestimmtes
Gesamtkonzept oder ist es eine Einzellösung? Wird das Modell
den Bewerbern als Einstieg angeboten oder erst im Laufe der
Ausbildung? Welche Anschlussmöglichkeiten sind vorgesehen?
Welche Hürden gilt es zu bewältigen?)
•
In welcher Form und in welchem Umfang werden
duale Studiengänge angeboten?
•
Welche fachliche Notwendigkeit spricht für das Modell?
[Nachfrage: Strategie, um Veränderungen der Arbeitsaufgaben
bewältigen zu können? Beispiele nennen lassen]
•
Inwieweit sind auch strategische Gründe ausschlaggebend
(u. a. Bindung von leistungsstarken Fachkräften an das Unternehmen)?
•
In welchen Tätigkeitsfeldern entstehen hauptsächlich Stellenprofile für dual Studierenden hauptsächlich? Inwieweit verändert sich
das Stellenprofil?
•
In welchem Ausmaß werden klassische Ausbildungsplätze
umgewandelt (Stichwort Konkurrenz)?
•
Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? (Handelt es sich
um ein integriertes, auf andere Lösungen abgestimmtes Gesamtkonzept oder ist es eine Einzellösung? Welche Anschlussmöglichkeiten sind vorgesehen? Welche Hürden gilt es zu bewältigen?)
•
Inwieweit stimmen Sie der folgenden Aussage zu?: Wir rekrutieren
Personal für die mittlere Fachkräfteebene nahezu ausschließlich
über die duale Berufsausbildung! (Aussage kommentieren lassen)
•
In welchem Ausmaß wird auf diese Strategie mit Fokus mittlere
Fachkräfteebene zurückgegriffen?
A.2 Duales studium: stellen sie bitte den
verfolgten Zweck in Abgrenzung zur
dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus ihrer sicht dar.
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
A.3 Rekrutierung über den externen
Arbeitsmarkt: stellen sie bitte den
verfolgten Zweck in Abgrenzung
zur dualen Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus ihrer sicht dar.
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
115
Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs-und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation)
Leitfrage
A.4 1) Welche Modelle zur nachqualifizierung werden verfolgt, um
un-/angelernten Arbeitskräften einen
Berufsabschluss zu ermöglichen?
A.4 2) sie führen im Unternehmen eigene
Berufsorientierungsprogramme
durch. Bitte beschreiben sie kurz
Zweck und Ausgestaltung dieser
Programme.
A.5 Wenn sie die eben beschriebenen
Modelle rekapitulieren (Ausnahme
BO), wie schätzen sie deren relativen
stellenwert zueinander ein?
Inhaltliche Konkretisierung
•
Gibt es Unterschiede bei der Verwendung des Modells hinsichtlich
der Zielgruppen: Besetzung von Positionen auf der mittleren Fachkräfteebene und/oder für akademische Fach- und Führungskräfte?
•
Überschlagen Sie kurz das gesamte in 2011/2012 extern rekrutierte
Personal: Bitte schätzen Sie: Wie viel Prozent davon wurden rekrutiert für Einfacharbeitsplätze (An- und Ungelernte), als Facharbeiter
auf mittlerer Qualifikationsebene und als akademische Fach- und
Führungskräfte?
•
Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? (Handelt es sich
um ein integriertes Gesamtkonzept oder sind es Einzellösungen?
Welche Hürden gibt es zu bewältigen?)
•
Spezifizierung/Vertiefung der Modelle und der
verfolgten Zwecksetzungen
•
Welche Relevanz nimmt die Nachqualifizierung ein
(aktuell und zukünftig)?
•
Welche Beratungs-/Förderungsleistungen werden in Anspruch
genommen (Perspektive Berufsabschluss, WeGeBau)?
•
Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? (Handelt es sich
um ein integriertes Gesamtkonzept oder sind es Einzellösungen?
Welche Anschlussmöglichkeiten sind vorgesehen? Welche Hürden
gibt es zu bewältigen?)
•
Wie ist das Programm mit der dualen Ausbildung verzahnt?
Wie wählen Sie die Teilnehmenden aus? Wie stellt sich die vertragliche Gestaltung dar (automatische Übernahme)?
•
Welche Erfolge haben Sie mit diesem Ansatz hinsichtlich
der Berufsorientierung bisher erzielt (Sicherheit der Berufswahl,
Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen)?
•
Sind Sie eingebunden in (bundesweite) Programme zur
Berufsorientierung (z. B. Zusammenarbeit mit Schulen
oder der Arbeitsagentur)?
•
Werden Sie in Zukunft verstärkt auf leistungsschwächere
Jugendliche zugehen? Wenn ja, gibt es schon konkrete
Überlegungen, wie Sie die Zielgruppe ansprechen und für
Ihre Bedürfnisse qualifizieren können?
•
Einschätzung wie Frage 17 im Fragebogen mit prozentualer
Verteilung versehen!
Stellenwert heute und in den nächsten 5–10 Jahren
bewerten?
•
•
Welche internen/externen Einflussfaktoren (z. B. technologische
Entwicklungen, demografischer Wandel, Marktentwicklung)
könnten zukünftig Veränderungen im Qualifikationsbedarf und
damit des Stellenwerts einzelner Modelle hervorrufen?
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
116
Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs-und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation)
Leitfrage
Inhaltliche Konkretisierung
A.6 existenz alternativer Modelle
(Trendscouting): Uns interessieren
nun weitere Ausbildungs- und
Rekrutierungsmodelle jenseits der
ordnungspolitischen ebene, d. h.
interne strategien, die sie zu Zwecken der Rekrutierung und entwicklung von Fachkräften anbieten (z. B.
Programme zur Vermittlung unternehmensspezifischer kenntnisse).
•
Welche Ansätze können Sie jenseits der bereits formulierten
Modelle noch nennen und beschreiben?
•
•
Inwieweit handelt es sich um Ausbildung oder Weiterbildung?
•
Wenn ja, wie ist dies genau aufgebaut? Welche Berechtigungen
sind damit verknüpft? Wie ist die Transparenz der Leistungen
sichergestellt? Welche Rolle spielt für das Unternehmen deren
ordnungspolitische Kompatibilität?
•
Wie ist das Modell organisatorisch eingebettet? Handelt es sich
um ein integriertes Gesamtkonzept oder sind es Einzellösungen?
Welche Anschlussmöglichkeiten sind vorgesehen? Welche Hürden
gilt es zu bewältigen?
•
•
Auf welche Problemlagen beziehen sich Ihre Hinweise?
•
Welche Lösungen erwarten Sie mittel- und langfristig
von der Bildungspolitik?
B.1 sie haben in der Befragung einen
Anteil von
% an Fachkräften
auf mittlerer Qualifikationsebene
genannt.
•
Wie wird sich dieser Anteil in den nächsten 5–10 Jahren
entwickeln?
•
Erwarten Sie eine Verschiebung der Qualifikationsebenen
im Unternehmen (Stichwort Höherqualifizierung?)
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
•
Werden in Zukunft mehr höher qualifizierte Fachkräfte
(Fortbildung, akademisch Qualifizierte) auf der mittleren
Fachkräfteebene beschäftigt sein?
•
Wenn ja, ist das in allen Unternehmensbereichen und
Berufsfeldern der Fall oder nur in bestimmten?
•
Nachfragen: Inwieweit etablieren Sie bewusst (systematisch) die
Strategie des Rückgriffs auf schulisch höher Qualifizierte?
•
Inwieweit stimmen Sie der Aussage zu, dass in Zukunft verstärkt
Studienabbrecher als Fachkräfte auf mittlerer Qualifikationsebene
rekrutiert werden?
•
Inwieweit gehen Sie gezielt auf leistungsschwächere
Absolventen zu? Gibt es hier schon konkrete Überlegungen,
Modelle (EQ, abH etc.)?
Bitte stellen Sie die Programme und
den damit verfolgten Zweck kurz dar.
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
A.7 sie haben in den interviews unterschiedliche kritikpunkte bzw.
Verbesserungshinweise und
Wünsche an das Berufsbildungssystem formuliert: können sie
diese konkretisieren?
Liegt diesen Ansätzen ein unternehmensspezifisches
Zertifizierungssystem zugrunde?
Welche konkreten Handlungsnotwendigkeiten leiten
Sie kurz- und mittelfristig daraus ab?
Punkte benennen
und nach weiteren fragen
Block B: Fachkräftesicherung
B.1 1) Da zukünftig die schülerabsolventenzahlen sinken, welche
alternativen Szenarien sehen Sie
zur sicherstellung des benötigten
Qualifizierungsniveaus auf der
mittleren Fachkräfteebene?
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
117
Block B: Fachkräftesicherung
B.1 2) inwieweit werden sich zukünftig
aus ihrer sicht Tätigkeiten und
Anforderungsniveau auf der mittleren
Fachkräfteebene verändern?
•
Inwieweit sehen Sie organisierte Anpassungsprozesse zur
Bewältigung der Veränderungen vor (u. a. Anreicherung der
Arbeitstätigkeit und damit qualitative Veränderung)?
B.2 inwieweit stimmen sie der folgenden
Aussage zu?: Zukünftig wird es
schwieriger, kompetenzprofile in
stellenbeschreibungen eindeutig einem
bestimmten Abschluss zuzuordnen.
•
Welche Einsatzszenarien sind für dual Studierende vorgesehen? Welche Tätigkeiten übernehmen sie im Unterschied zu
Beschäftigten mit Berufsausbildung?
•
Welche Einsatzszenarien sind für ehemalige Auszubildende
vorgesehen, die Zusatzqualifikationen erwerben? Welche
Tätigkeiten übernehmen sie im Unterschied zu Beschäftigten
mit Berufsausbildung?
•
Wie unterscheiden sich die Einsatzbereiche voneinander?
B.3 Welche Relevanz nimmt das „untere
Qualifikationsniveau“ mit Bezug
zur mittleren Fachkräfteebene aktuell
und zukünftig ein?
•
Wie wird sich der Anteil der Anlerntätigkeiten in den nächsten
5–10 Jahren im Unternehmen entwickeln?
•
Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene?
B.4 Welche Relevanz nimmt das „obere
Qualifikationsniveau“ mit Bezug zur
mittleren Fachkräfteebene aktuell
und zukünftig ein?
•
Wie wird sich der Anteil der hoch qualifizierten Facharbeit in den
nächsten 5–10 Jahren entwickeln?
•
•
Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene?
B.5 Bitte beschreiben sie, wie sich die
Ausbildungsmodelle im Unternehmen
von den Ansätzen in der Weiterbildung abgrenzen.
•
Inwieweit beeinflussen die Ausbildungs- und Rekrutierungsstrategien den Weiterbildungsbereich im Unternehmen und
umgekehrt?
•
Inwieweit ist der Übergang von Ausbildung und Weiterbildung
fließend? Inwieweit grenzen sich die Modelle zur Ausbildung
im Unternehmen von der Weiterbildung ab?
•
Können Sie Beispiele nennen?
•
Ist eine systematische Verschränkung der unterschiedlichen
Niveaus konzeptionell vorgesehen?
•
Sind Entwicklungspfade im Unternehmen etabliert und damit
vorgesehen (Beispiele sind: vom An- und Ungelernten zur
Fachkraft/ von der Meisterin zur Ingenieurin/vom Techniker
(Fachlaufbahn) zur Führungskraft)?
•
Wir erfolgt die organisatorische Einbindung?
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
B.6 Wie werden die unterschiedlichen
Qualifikationsniveaus miteinander
in Beziehung gesetzt, aufeinander
abgestimmt und organisiert?
(Elektroniker – Techniker –
Bachelor – Master?)
Wo hört das Ausbildungssegment (inkl. Ausbildung mit
Zusatzqualifikation) auf und fängt das Tätigkeitssegment
duales Studium an?
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
118
Block c: Internationalisierung
•
Bitte konkretisieren Sie veränderte Anforderungen an die
Kompetenzen der Auszubildenden (jeweils Inhalt und Umfang)!
•
Wie wird die Vermittlung dieser notwendigen Kompetenzen
sichergestellt? (z. B. Kooperation mit Berufsschule, Vermittlung
zusätzlicher Inhalte, Austausch mit den ausländischen
Standorten, …)?
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
•
Gibt es international gängige Zertifikate, die für die Fachkräfte
relevant sind? Werden dafür Qualifizierungen angeboten?
c.2 Wie lässt sich die organisatorische
Umsetzung beschreiben?
•
•
Welche Akteure sind beteiligt?
c.3 sie exportieren elemente des dualen
Ausbildungssystems ins Ausland
•
Bitte konkretisieren Sie Gegenstand und Zweck!
Welche Elemente, Umfang und Reichweite sowie Vorgehen?
•
•
Welche Strategie liegt dem zugrunde?
•
Welche Gründe bedingen die Veränderungen?
c.1 Für das Unternehmen wirkt sich die
internationale Geschäftstätigkeit
auf die duale Berufsausbildung aus
(ergebnisse der Befragung). können
sie diese Auswirkungen bitte näher
beschreiben und erläutern?
[Ergebnisse der Befragung ansprechen]
c.4 sind zukünftig Veränderungen zu dem
bislang Dargestellten zu erwarten?
Welche Abstimmungsnotwendigkeiten entstehen?
Welche Empfehlungen leiten Sie zwecks Verbesserung
der Situation aus Ihren Beschreibungen ab?
Block D: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten “
D.1 sie kooperieren zusätzlich zur Berufsschule mit weiteren Ausbildungspartnern (konkreten Fall benennen).
D.2 ist dieses Modell mit einer kurzfristigen Perspektive angelegt
oder langfristig eingeplant (etablierte
strategie)? Ausbaupläne?
[erläutern lassen]
•
Bitte beschreiben Sie die Form und das Ausmaß der Kooperation
mit Dritten genauer.
•
Welcher Zweck wird verfolgt? Welche fachliche Notwendigkeit
begründet das Vorgehen? Welche strategische?
•
Um die Vermittlung welcher Inhalte geht es? Handelt sich um
betriebsspezifische Inhalte oder branchenspezifische, d. h. fehlen
diese Inhalte im Berufsbild?
•
Betrachten Sie die Vermittlung der Inhalte während der
Ausbildung als unerlässliche Notwendigkeit (im Gegensatz
zur Weiterbildung danach)?
•
Werden damit aus Ihrer Sicht Lücken in bestehenden
Ausbildungsberufen ausgeglichen?
•
•
Ist die Vermittlung der Inhalte in der Berufsschule denkbar?
•
Denken Sie darüber nach, zukünftig auch zusätzliche Inhalte
über Dritte vermitteln zu lassen?
Wie ist dieser dritte Lernort organisatorisch in die Ausbildung
eingebettet (u.a. Abstimmung der Inhalte und der Organisation
zwischen Berufsschule, Unternehmen und Dritten [Akademie])?
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
119
interviewsequenz 2:
Filial-, Abteilungs- bzw. Produktionsleiter/in (je nach Branche) + Führungskraft
Operative ebene
Einführung
•
•
•
Kurze Erläuterung: Ausgangslage: aktueller Stand, weiteres Vorgehen
Ziele des Interviews
Zusammenfassen der bisherigen auf das Unternehmen bezogenen Ergebnisse
(strategische Zweck der jeweiligen Strategie)
Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs -und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation)
A.1 Ausbildung mit Zusatzqualifikationen
•
Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen
Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar. Welche
fachlichen Notwendigkeiten sprechen für das Modell?
•
In welchen Bereichen sind die Absolventen eingesetzt? Inwiefern
unterscheiden sich diese Tätigkeitsbereiche von den Tätigkeiten der
ausschließlich dual ausgebildeten Fachkräfte?
•
Welchen (veränderten) Arbeits- und Kompetenzanforderungen
soll das Modell in Abgrenzung zur klassischen dualen Ausbildung
entsprechen?
•
Stärken/Schwächen: An welcher Stelle entstehen Friktionen,
kann der Zweck nicht erfüllt werden?
•
•
Welche Lösungsansätze ergeben sich aus Ihrer Sicht?
•
Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen
Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar. Welche
fachlichen Notwendigkeiten sprechen für das Modell?
•
Wie bewerten Sie das Verhältnis zwischen dualem Studium und der
klassischen dualen Ausbildung? Stichworte: parallel, Konkurrenz
•
Welchen (veränderten) Arbeits- und Kompetenzanforderungen
soll das Modell in Abgrenzung zur klassischen dualen Ausbildung
entsprechen?
•
In welchen Bereichen sind die Absolventen eingesetzt? Inwiefern
unterscheiden sich diese Tätigkeitsbereiche von den Tätigkeiten der
ausschließlich dual ausgebildeten Fachkräfte?
•
Welche Tätigkeiten übernehmen die dual Qualifizierten nach
der Ausbildung? Erfolgt ein flexibler Einsatz (auch klassische
Tätigkeiten für Fachkraft)?
•
Organisation: Wie erfolgte Entwicklung und Umsetzung
der Studiengänge?
•
An welcher Stelle entstehen Friktionen, kann der Zweck nicht
erfüllt werden?
•
•
Welche Lösungsansätze ergeben sich aus Ihrer Sicht?
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
A.2 Duales studium
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
Welche Relevanz nimmt die Strategie ein (aktuell und zukünftig)?
Welche Relevanz nimmt die Strategie ein (aktuell und zukünftig)?
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
120
•
Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen
Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar.
•
Für welche Funktionen und Qualifikationsniveaus wird über den
externen Arbeitsmarkt rekrutiert?
•
Gibt es Unterschiede bei der Verwendung des Modells (Zweck):
Besetzung von Positionen auf der mittleren Fachkräfteebene und/
oder von Positionen für akademische Fach- und Führungskräfte?
•
•
Welche Kompetenzen benötigen Sie von extern vs. intern?
•
Überschlagen Sie kurz die in Ihrer Abteilung in 2011/2012 neu besetzten Stellen: Bitte schätzen Sie: Wie viel Prozent davon wurden
intern oder extern besetzt? Welche Unterschiede bestehen dabei
hinsichtlich des Qualifikationsniveaus (mittlere Fachkräfteebene,
akademisch qualifiziertes Personal)?
•
•
Welcher Zweck wird verfolgt?
•
Wer kommt dafür infrage, wie werden die Beschäftigten
angesprochen, wie werden sie dazu ermutigt und unterstützt?
A.5 Wenn sie die eben beschriebenen
Modelle rekapitulieren, wie schätzen sie deren relativen stellenwert
zueinander ein?
•
Stellenwert heute und in den nächsten 5–10 Jahren
bewerten lassen!
•
Welche internen/externen Einflussfaktoren (z. B. technologische
Entwicklungen) könnten zukünftig Veränderungen im
Qualifikationsbedarf und damit des Stellenwerts einzelner
Modelle hervorrufen?
A.6 Haben sie Verbesserungshinweise
und Wünsche mit Blick auf das
Berufsbildungssystem?
•
Können Sie diese konkretisieren?
A.3 Rekrutierung über den externen
Arbeitsmarkt
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
A.4 nachqualifizierung
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
In welchem Ausmaß im Verhältnis zur dualen Ausbildung wird diese
Strategie gewählt?
Welche Relevanz nimmt die Nachqualifizierung ein
(aktuell und zukünftig)?
Block B: Fachkräftesicherung
B.1 inwieweit werden sich zukünftig
aus ihrer sicht Tätigkeiten und
Anforderungsniveau auf der mittleren
Fachkräfteebene verändern?
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch
oder einzelnen Berufen]
B.2 Welche Relevanz nimmt das „untere
Qualifikationsniveau“ mit Bezug zur
mittleren Fachkräfteebene aktuell
und zukünftig ein?
(Verändertes Tätigkeitsprofil an der Schnittstelle Fachkraft/Akademiker)
•
Erwarten Sie eine Verschiebung der Qualifikationsebenen im
Unternehmen (Stichwort Höherqualifizierung)?
•
Werden in Zukunft mehr höher qualifizierte Fachkräfte
(Fortbildungsabschlüsse, akademische Abschlüsse) auf
der mittleren Fachkräfteebene beschäftigt sein?
•
Wenn ja, ist das in allen Unternehmensbereichen und Berufsfeldern
der Fall oder nur in bestimmten?
•
Wie wird sich der Anteil der Anlerntätigkeiten in den nächsten
5–10 Jahren im Unternehmen entwickeln?
•
Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene?
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
B.4 Bitte beschreiben sie, wie sich die
Ausbildungsmodelle im Unternehmen von den Ansätzen in der
Weiterbildung abgrenzen?
•
B.5 entwicklungspfade
(Bezug nehmen auf Interviewergebnisse aus Interviewsequenz 1)
Inwieweit ist der Übergang von Ausbildung und Weiterbildung
fließend? Inwieweit grenzen sich die Modelle zur Ausbildung im
Unternehmen von der Weiterbildung ab?
•
Wenn ja (Entwicklungspfade), Art der Verzahnung erläutern lassen
•
Bitte konkretisieren Sie veränderte Anforderungen an die
Kompetenzen der Auszubildenden (jeweils Inhalt und Umfang)!
Für welche späteren Einsatzbereiche sind diese
Kompetenzen notwendig?
Wie groß schätzen Sie den Anteil der Auszubildenden,
der solche besonderen Kompetenzen benötigt?
Wie wird die Vermittlung dieser notwendigen Kompetenzen sichergestellt? (z. B. Kooperation mit Berufsschule, Vermittlung zusätzlicher Inhalte, Austausch mit den ausländischen Standorten, …)?
Werden diese Kompetenzen zertifiziert?
Welche Erfahrungen haben Sie bisher gesammelt, welche
Qualifizierungsmaßnahmen bringen Ihrer Meinung nach
den höchsten praktischen Nutzen?
Block c: Internationalisierung
c.1 Für das Unternehmen wirkt sich die
internationale Geschäftstätigkeit auf
die duale Berufsausbildung aus (ergebnisse der Befragung). können sie
diese Auswirkungen in ihrer Abteilung
bitte konkret beschreiben?
•
•
•
•
•
c.2 Wie lässt sich die organisatorische
Umsetzung beschreiben?
•
•
Welche Akteure sind beteiligt?
Welche Abstimmungsnotwendigkeiten entstehen?
c.3 sind zukünftig Veränderungen zu dem
bislang Dargestellten zu erwarten?
•
Welche Gründe bedingen die Veränderungen aus Ihrer Sicht?
Block D: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten “
D.1 sie kooperieren zusätzlich zur Berufsschule mit weiteren Ausbildungspartnern (konkreten Fall benennen).
•
•
•
•
•
•
Welcher Zweck wird verfolgt? Welche fachliche Notwendigkeit
begründet das Vorgehen?
Um die Vermittlung welcher Inhalte geht es? Handelt sich
um betriebsspezifische Inhalte oder branchenspezifische,
d. h. fehlen diese Inhalte Ihrer Meinung nach im Berufsbild?
Betrachten Sie die Vermittlung der Inhalte während der
Ausbildung als unerlässliche Notwendigkeit (im Gegensatz
zur Weiterbildung danach)?
Werden damit aus Ihrer Sicht Lücken in bestehenden
Ausbildungsberufen ausgeglichen?
Inwiefern bietet es sich an, diese Inhalte in der Berufsschule
zu vermitteln?
Wie ist dieser dritte Lernort organisatorisch in die Ausbildung
eingebettet? (u. a. Abstimmung der Inhalte und der Organisation
zwischen Berufsschule, Unternehmen und Dritten [Akademie])?
121
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
122
Block D: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten “
•
D.2 ist dieses Modell mit einer kurzfristigen Perspektive angelegt oder
langfristig eingeplant (etablierte
strategie)? Ausbaupläne?
Gibt es Ihrer Ansicht nach weitere Themen, die sich zukünftig für
eine Vermittlung über einen dritten Lernort anbieten würden?
[erläutern lassen]
interview 3: Betriebsrat
Operative ebene –
Arbeitnehmerperspektive
Einführung
•
•
•
Kurze Erläuterung: Ausgangslage: aktueller Stand, weiteres Vorgehen
Ziele des Interviews
Zusammenfassen der bisherigen auf das Unternehmen bezogenen Ergebnisse
(strategische Zweck der jeweiligen Strategie)
Block A: Spezifizierung der identifizierten Ausbildungs-und Rekrutierungsmodelle (Zweck, Folgen, Organisation)
A.1 Ausbildung mit
Zusatzqualifikationen
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
•
•
•
•
•
A.2 Duales studium
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
•
•
•
•
•
•
•
Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen
Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar. Welche fachlichen Notwendigkeiten sprechen Ihrer Meinung nach für das Modell?
In welchen Bereichen sind die Absolventen eingesetzt?
Inwiefern unterscheiden sich diese Tätigkeitsbereiche von den
Tätigkeiten der ausschließlich dual ausgebildeten Fachkräfte?
Welchen (veränderten) Arbeits- und Kompetenzanforderungen
soll das Modell in Abgrenzung zur klassischen dualen Ausbildung
entsprechen?
Stärken/Schwächen: An welcher Stelle entstehen Friktionen,
kann der Zweck nicht erfüllt werden?
Welche Lösungsansätze ergeben sich aus Ihrer Sicht?
Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen
Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar.
Welche fachlichen Notwendigkeiten sprechen für das Modell?
Wie bewerten Sie das Verhältnis zwischen dualem Studium
und der klassischen dualen Ausbildung? Stichworte: parallel,
Konkurrenz
Welchen (veränderten) Arbeits- und Kompetenzanforderungen
soll das Modell in Abgrenzung zur klassischen dualen Ausbildung
entsprechen?
In welchen Bereichen sind die Absolventen eingesetzt?
Inwiefern unterscheiden sich diese Tätigkeitsbereiche von den
Tätigkeiten der ausschließlich dual ausgebildeten Fachkräfte?
Welche Tätigkeiten übernehmen die dual Qualifizierten nach
der Ausbildung? Erfolgt ein flexibler Einsatz (auch klassische
Fachkräftetätigkeiten)?
An welcher Stelle entstehen Friktionen, kann der Zweck
nicht erfüllt werden?
Welche Lösungsansätze ergeben sich aus Ihrer Sicht?
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
A.3 Rekrutierung über den externen
Arbeitsmarkt
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
A.4 nachqualifizierung
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch]
123
•
Stellen Sie bitte den verfolgten Zweck in Abgrenzung zur dualen
Ausbildung als Rekrutierungsstrategie aus Ihrer Sicht dar.
•
Für welche Funktionen und Qualifikationsniveaus wird über den
externen Arbeitsmarkt rekrutiert?
•
Gibt es Unterschiede bei der Verwendung des Modells (Zweck):
Besetzung von Positionen auf der mittleren Fachkräfteebene und/
oder von Positionen für akademische Fach- und Führungskräfte?
•
•
Welche Kompetenzen benötigen Sie von extern vs. intern?
•
Überschlagen Sie kurz die im Unternehmen in 2011/2012 neu
besetzten Stellen: Bitte schätzen Sie: Wie viel Prozent davon wurden
intern oder extern besetzt? Welche Unterschiede bestehen dabei
hinsichtlich des Qualifikationsniveaus (mittlere Fachkräfteebene,
akademisch qualifiziertes Personal)?
•
•
Welcher Zweck wird verfolgt?
In welchem Ausmaß im Verhältnis zur dualen Ausbildung wird diese
Strategie gewählt?
Wer kommt dafür infrage, wie werden die Mitarbeiter angesprochen,
wie werden sie dazu ermutigt und unterstützt?
A.5 Wenn sie die eben beschriebenen
Modelle rekapitulieren, wie
schätzen sie deren relativen
stellenwert zueinander ein?
•
Stellenwert heute und in den nächsten 5–10 Jahren
bewerten lassen!
•
Welche internen/externen Einflussfaktoren (z. B. technologische
Entwicklungen) könnten zukünftig Veränderungen im
Qualifikationsbedarf und damit des Stellenwerts einzelner
Modelle hervorrufen?
A.6 Haben sie Verbesserungshinweise
und Wünsche mit Blick auf das
Berufsbildungssystem?
•
Können Sie diese konkretisieren?
Block B: Fachkräftesicherung
B.1 inwieweit werden sich zukünftig
aus ihrer sicht Tätigkeiten und
Anforderungsniveau auf der mittleren
Fachkräfteebene verändern?
[Differenzierung nach gewerblichtechnisch und kaufmännisch oder
einzelnen Berufen]
B.2 Welche Relevanz nimmt das „untere
Qualifikationsniveau“ mit Bezug zur
mittleren Fachkräfteebene aktuell
und zukünftig ein?
(Verändertes Tätigkeitsprofil an der Schnittstelle Fachkraft/Akademiker)
•
Erwarten Sie eine Verschiebung der Qualifikationsebenen im
Unternehmen (Stichwort Höherqualifizierung)?
•
Werden in Zukunft mehr höher qualifizierte Fachkräfte (Fortbildungsabschlüsse, akademische Abschlüsse) auf der mittleren Fachkräfteebene beschäftigt sein? Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?
•
Wenn ja, wird das in allen Unternehmensbereichen und Berufsfeldern der Fall sein oder nur in bestimmten?
•
Wie wird sich der Anteil der Anlerntätigkeiten in den nächsten
5–10 Jahren Ihrer Meinung nach im Unternehmen entwickeln?
Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene?
•
AnlAGe 3: leiTFADen FüR Die BeTRieBlicHen FAllsTUDien
124
B.3 Welche Relevanz nimmt das „obere
Qualifikationsniveau“ mit Bezug zur
mittleren Fachkräfteebene aktuell
und zukünftig ein?
•
B. 4 Bitte beschreiben sie, wie sich die
Ausbildungsmodelle im Unternehmen
von den Ansätzen in der Weiterbildung abgrenzen?
•
B. 5 entwicklungspfade
(Bezug nehmen auf Interviewergebnisse aus Interviewsequenz 1)
•
•
Wie wird sich der Anteil der hochqualifizierten Facharbeit
in den nächsten 5-10 Jahren entwickeln?
Welche Konsequenzen sehen Sie für die mittlere Fachkräfteebene?
Wo hört das Ausbildungssegment (inkl. Ausbildung mit
Zusatzqualifikation) auf und fängt das Tätigkeitssegment
duales Studium an?
Inwieweit ist der Übergang von Ausbildung und Weiterbildung
fließend? Inwieweit grenzen sich die Modelle zur Ausbildung im
Unternehmen von der Weiterbildung ab?
•
Wenn ja (Entwicklungspfade), wie transparent sind diese Pfade
für die Mitarbeiter?
•
Bitte konkretisieren Sie veränderte Anforderungen an die
Kompetenzen der Auszubildenden (jeweils Inhalt und Umfang)!
Für welche späteren Einsatzbereiche sind diese Kompetenzen
notwendig?
Wie groß schätzen Sie den Anteil der Auszubildenden,
der solche besonderen Kompetenzen benötigt?
Wie wird die Vermittlung dieser notwendigen Kompetenzen
sichergestellt? (z.B. Kooperation mit Berufsschule, Vermittlung zu­
sätzlicher Inhalte, Austausch mit den ausländischen Standorten, …)
Werden diese Kompetenzen zertifiziert?
Welche Erfahrungen haben Sie bisher gesammelt, welche
Qualifizierungsmaßnahmen bringen Ihrer Meinung nach den
höchsten praktischen Nutzen?
B. 6 Wie bewerten sie diese entwicklung
aus sicht des Betriebsrats?
Block c: Internationalisierung
c.1 Für das Unternehmen wirkt sich die
internationale Geschäftstätigkeit
auf die duale Berufsausbildung aus
(ergebnisse der Befragung). können
sie diese Auswirkungen bitte konkret
beschreiben?
•
•
•
•
•
c. 2 Wie bewerten sie diese entwicklung
aus sicht des Betriebsrats?
•
Sind zukünftig Veränderungen zu dem bislang Dargestellten
zu erwarten? Welche Gründe bedingen die Veränderungen aus
Ihrer Sicht?
Block D: Ausbildung mit Unterstützung „Dritter Experten “
D. 1 Das Unternehmen kooperiert
zusätzlich zur Berufsschule mit
weiteren Ausbildungspartnern
(konkreten Fall benennen).
Folgende Inhalte werden dabei vermittelt [Ergebnisse aus Interview 1+2]
•
•
•
•
D. 2 Wie bewerten sie diese entwicklung
aus sicht des Betriebsrats?
Welcher Zweck wird damit aus Ihrer Sicht verfolgt? Welche
fachliche Notwendigkeit begründet das Vorgehen?
Betrachten Sie die Vermittlung der Inhalte während der
Ausbildung als unerlässliche Notwendigkeit? (im Gegensatz
zur Weiterbildung danach?)
Werden damit aus ihrer Sicht Lücken in bestehenden
Ausbildungsberufen ausgeglichen?
Warum sollten aus Ihrer Sicht diese Inhalte über andere
Ausbildungspartner als die Berufsschule vermittelt werden?
Impressum
Die Berufsbildungsforschungsinitiative des BMBF
Herausgeber
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Referat für Grundsatzfragen der beruflichen
Aus- und Weiterbildung
Heinemannstraße 2
53175 Bonn
Zur Stärkung der Attraktivität und Zukunftsfähigkeit des Berufs­
bildungssystems sowie zur Erhöhung der Integrationschancen
von Jugendlichen an der ersten und zweiten Schwelle bedarf es
einer konsistenten und konsequenten Berufsbildungspolitik.
Mit Blick auf die Komplexität der für die Berufsbildungspolitik
entscheidungsbeeinflussenden Faktoren und Rahmenbedin­
gungen sollen die Erkenntnisse der Berufsbildungsforschung eine
Grundlage für die politische Entscheidungsfindung sein.
Bestellungen
schriftlich an
Publikationsversand der Bundesregierung
Postfach 48 10 09
18132 Rostock
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.bmbf.de
oder per
Tel.: 030 18 272 272 1
Fax: 030 18 10 272 272 1
Die im Jahr 2006 gestartete Initiative des BMBF – unterstützt
durch das Bundesinstitut für Berufsbildung – orientiert sich
kontinuierlich in seiner inhaltlichen Ausrichtung an program­
matischen bildungspolitischen Anforderungen. Das Ziel der im
Rahmen der Berufsbildungsforschungsinitiative durchgeführten
Forschungsvorhaben ist es, Informationen, Daten und Vorschlä­
ge in Form von Expertisen und empirischen Untersuchungen
für bildungspolitisches Handeln zu generieren. Darüber hinaus
soll diese Initiative zu einer Intensivierung der Kommunikation
zwischen Wissenschaft und Politik beitragen.
Stand
Februar 2015
Druck
BMBF
Gestaltung
W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld; Hauke und Jessica Sturm
Bildnachweis
Plainpicture/C&P
Text
Dr. Thomas Freiling
Sylvia Krenn
Anja Stuhlmüller
© Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb)
Obere Turnstr. 8
90429 Nürnberg
Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unentgeltlich abgegeben. Sie ist
nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien
noch von Wahlwerberinnen/Wahlwerbern oder Wahlhelferinnen/Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament.
Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen
und an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken
oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Unter­
sagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung.
Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese
Schrift der Empfängerin/dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch
ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise
verwendet werden, die als Parteinahme der Bundesregierung zugunsten
einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte.
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