Institut für Agrarwirtschaft Prof. Dr. P. Rieder WTO-Projekt: Einzelmarktstudien Die Regelung des Marktzutritts beim Wein Dr. R. Jörin 1. Problemstellung und Vorgehen 2. Die Schritte zur Liberalisierung des Weinmarktes 2.1 WTO-Tarifizierung 1995: die Bildung von Zollkontingenten 2.2 Die Versteigerung des Weissweinkontingentes: Erfahrungen 1997-2000 2.3 Die Zusammenlegung der verschiedenen Zollkontingente ab 2001 3. Änderungen beim Marktzutritt: ökonomische Analyse der Auswirkungen 3.1 Die Marktsituation vor der Zusammenlegung der Zollkontingente 3.2 Auswirkungen der Zusammenlegung der Zollkontingente auf die Preisbildung 3.3 Erhöhung bzw. Aufhebung des Gesamtkontingentes in Zukunft 3.4 Harmonisierung der verschiedenen Zollansätze als weitere Option 4. Zusammenfassung und Folgerungen Anhang 6. Oktober 2000 1 1. Problemstellung und Vorgehen Die verschiedenen Zollkontingente für Wein1 werden auf den 1. Januar 2001 zusammengelegt. Das WTO-Projekt „Marktzutritt“ enthält für den Wein folgende Problemstellung: 1. 2. Welche Auswirkungen hätte eine Erhöhung bzw. ein Aufhebung des Zollkontingentes auf den Inlandmarkt ? Welche Auswirkungen hätte eine Harmonisierung der Zollansätze bei den verschiedenen Kategorien ? Die vorliegende Studie baut auf dem Bericht „Die Regelung des Marktzutritts“ vom Juni 2000 auf, der auf die spezifischen Fragen der Preisbildung unter Zollkontingenten eingeht. Für die Studie hier gehen wir wie folgt vor: Zuerst wird in Kap. 2 gezeigt, welche Schritte zur Liberalisierung geführt haben und welche Erfahrungen gemacht wurden. Die ökonomische Analyse der Auswirkungen unterschiedlicher Kontingentsmengen und Zollansätze erfolgt in Kap. 3. Mit Hilfe einfacher Ansätze werden die Effekte quantitativ ermittelt. 1 WTO-Zollkontingente für Weisswein offen und in Flaschen (Nr.23/25), für Rotwein offen und in Flaschen (Nr.24) und für Traubensaft (Nr.22) 2 2. Die Schritte zur Liberalisierung des Weinmarktes 2.1 WTO-Tarifizierung 1995: die Bildung von Zollkontingenten Auf Mitte 1995 wurden die Bestimmungen der Gatt-Uruguay-Runde in Kraft gesetzt. Wie bei vielen andern Agrarprodukten, bedeutete dies auch beim Weinimport die Bildung von Zollkontingenten. Damit verbunden war inbesondere ein neues Verfahren zur Verteilung der Importrechte: das bisherige starre System, basierend auf den Einfuhren der Vorjahre (historische Kontingente), war reformbedürftig, da es zu erheblichen Kontingentsrenten führte („Sofaimporteure“). Als neues Zuteilungsverfahren wurde das Windhundsystem auf den 1. Januar 1996 eingeführt. Während bei Rotwein der Übergang zum neuen Modus ohne Probleme verlief, traten beim Weisswein Schwierigkeiten auf. Innerhalb weniger Tage war das gesamte Zollkontingent von 15 Mio. Liter ausgenutzt. Einige wenige Firmen führten grosse Mengen an Billigweinen ein; Spezialitätenhändler mussten zum höheren Tarif ausserhalb des Kontingentes importieren 1. Das stark spekulative Verhalten von einigen Importeuren führte zu starken Verzerrungen im Weinhandel; ein anderes Zuteilungsverfahren drängte sich auf. Ab 1997 wurde das Zollkontingent für Weisswein versteigert. Die Erfahrung von 1996 zeigt, dass die Gewährleistung des Marktzutritts nicht nur eine Frage der Zollansätze und der Kontingentsmengen darstellt, sondern ganz besonders auch von der Anwendung des richtigen Verteilungsmodus abhängig ist. 2.2 Die Versteigerung des Weissweinkontingentes: Erfahrungen 1997-2000 Die Erfahrungen mit der Versteigerung lassen sich wie folgt zusammenfassen (Tab. 1 und Abb. 1-4): Streuung der Gebote: Nach den negativen Erfahrungen mit dem Windhundverfahren Anfang des Jahres 1996 wurde das Kontingent für das nächste Jahr auf 16 Mio. Liter erhöht und an die Importeure versteigert. Nach anfänglichen Unsicherheiten über die neuen Importbedingungen erreichten die Gebote für 1997 eine recht breite Streuung. Im Herbst 1996, als die erste Versteigerung stattfand, war die Angst, nicht importieren zu können, noch deutlich spürbar. In den Jahren danach war diese Streuung bereits kleiner geworden, da sich die Marktsituation beruhigt hatte und das neue Zuteilungsverfahren von den Beteiligten gut verstanden wurde. Sinkender Durchschnittspreis: Hauptgrund für die sinkenden Durchschnittspreise ist die sukzessive Erhöhung der Kontingentsmenge von 16 auf 19 Mio. Liter (+ 19 %). Daneben mag auch mitgespielt haben, dass die anfängliche Angst, kein Kontingent zu erhalten, nach der er- 1 Der notifizierte Ausserkontingentszollansatz von Fr. 5.70/l für Flaschen wurde für 1996 auf Fr. 3.-/l gesenkt, um benachteilgten Händlern dennoch Importe zu ermöglichen. 3 sten Versteigerung verschwand. Rund 500 Firmen und Personen haben Kontingente erhalten; der Kreis ist damit sehr gross. Kollusion unter den Bietenden konnte nicht festgestellt werden. Mit dem Versteigerungsverfahren konnte das Jahrzehnte alte Problem der Kontingentsrenten, das bei administrativen Zuteilungsverfahren auftritt, gelöst werden. Tab. 1 : Ergebnisse der Versteigerung der Weissweinkontingente 1997- 2000 Versteigerung der Weissweinkontingente 1997 1998 1999 2000 Zugeteilte Menge in Liter 16 Mio. 17 Mio. 18 Mio. 19 Mio. Durchschnittl. Preis / Liter der zugeteilten Menge 89 Rp. 60 Rp. 46 Rp. 33 Rp. Tiefstes Gebot innerhalb des Kontingents pro Liter 51 Rp. 35 Rp. 31 Rp. 18 Rp. Quelle: Ermittelt aufgrund der Angaben im Schweiz. Handelsamtsblatt, jeweils erste Ausgabe Februar 4 Abb. 1 : Ergebnis der Versteigerung für das Jahr 1997 195.1-200.0 180.1-185.0 Franken pro Hektoliter 165.1-170.0 150.1-155.0 135.1-140.0 120.1-125.0 105.1-110.0 90.1-95.0 75.1-80.0 60.1-65.0 45.1-50.0 30.1-35.0 15.1-20.0 0.01-5.0 0 10 20 30 40 50 60 40 50 60 1000 Hektoliter Abb. 2 : Ergebnis der Versteigerung für das Jahr 1998 195.1-200.0 180.1-185.0 Franken pro Hektoliter 165.1-170.0 150.1-155.0 135.1-140.0 120.1-125.0 105.1-110.0 90.1-95.0 75.1-80.0 60.1-65.0 45.1-50.0 30.1-35.0 15.1-20.0 0.01-5.0 0 10 20 30 1000 Hektoliter 5 Abb. 3 : Ergebnis der Versteigerung für das Jahr 1999 195.1-200.0 180.1-185.0 Franken pro Hektoliter 165.1-170.0 150.1-155.0 135.1-140.0 120.1-125.0 105.1-110.0 90.1-95.0 75.1-80.0 60.1-65.0 45.1-50.0 30.1-35.0 15.1-20.0 0.01-5.0 0 10 20 30 40 50 60 1000 Hektoliter Abb. 4 : Ergebnis der Versteigerung für das Jahr 2000 Franken pro Hektoliter 180.1-185.0 160.1-165.0 140.1-145.0 120.1-125.0 100.1-105.0 80.1-85.0 60.1-65.0 40.1-45.0 20.1-25.0 0.01-5.0 0 10 20 30 1000 Hektoliter 40 50 60 6 2.3 Die Zusammenlegung der verschiedenen Zollkontingente ab 2001 Tabelle 2 zeigt wie stabil die Marktlage beim Wein in den letzten Jahren war. Die Erhöhung des Weissweinkontingents und die gleichzeitige Reduktion des Rotweinkontingentes verlief erwartungsgemäss ohne Probleme. Allerdings kam es zu einer Verlagerung des Konsums zuungunsten des inländischen Weissweins. Ebenso bewirkte die Erhöhung des Importkontingentes einen Preisdruck bei den weissen Gewächsen; auf das Ausmass wollen wir im nächsten Kapitel näher eingehen. Die Zusammenlegung der beiden Kontingente stellt einen wichtigen Schritt zur Liberalisierung des Weinmarktes dar. Er führt zu einem Import von 170 Mio. Litern Wein, unabhängig von der Sorte, der Qualität oder der Herkunft. Tab. 2: Überblick über die Weinimporte 1997-99 Weinimporte 1997 1998 1999 Mio. Liter Mio. Liter Mio. Liter Weisswein Zollkontingent 16.000 17.000 18.000 Effektiver Import zum KZA 15.455 16.467 17.334 0.491 0.207 0.220 Zollkontingent 154.000 153.000 152.000 Effektiver Import zum KZA 147.634 147.445 146.677 0.033 0.030 0.046 Importe ausserhalb des Kontingents Rotwein Importe ausserhalb des Kontingents Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft Im folgenden Kapitel gehen wir der Frage nach, welche Auswirkungen weitere Liberalisierungsschritte auf die Preisbildung im Inland hätten. Gemeint ist die Erhöhung des Gesamtkontingentes (bzw. dessen Aufhebung) sowie die Harmonisierung der verschiedenen Zollansätze. 7 3. Änderungen beim Marktzutritt: ökonomische Analyse der Auswirkungen 3.1 Die Marktsituation vor der Zusammenlegung der Zollkontingente Wie bereits aus Tabelle 2 ersichtlich, wird das Rotweinkontingent nicht ganz ausgeschöpft und zum Ausserkontingentszollansatz wird nur in sehr geringen Mengen importiert. Dies bedeutet, dass die Importnachfragefunktion1 (DIMP) die Auslandangebotsfunktion (AIMP) im horizontalen Ast auf dem KZA-Niveau schneidet. Daraus lässt sich eine wichtige Folgerung ziehen: So wie sich die Marktlage in den letzten Jahren präsentierte, ist das Zollkontingent bei Rotwein nicht mehr bindend. Der Inlandpreis wird nur noch durch den Kontingentszollansatz gestützt. Trotz Windhundverfahren entstehen keine Verzerrungen des Marktes und auch keine Kontingentsrenten. Abb. 5 : Zollkontingent Rotwein nicht ausgeschöpft 1 Die Herleitung ist im Anhang erklärt 8 Preis AIMP AKZA pCH KZA pW DIMP Q1999 = 1.52 Mio. hl Menge Effektive Importmenge 1999 = 1.47 Mio. hl Das Zollkontingent Rotwein wird nicht ganz ausgeschöpft : der Preis im Inland wird nur noch durch den KZA gestützt ! Beim Weisswein ist die Sachlage anders: die Tatsache, dass die Importeure in den letzten Jahren Kontingente ersteigerten, bedeutet, dass sie wegen des Zollkontingentes für die limitierten Importe im Inland einen höheren Preis erzielen konnten, und zwar einen Preis, der über dem Einfuhrpreis + KZA liegt. Die Importnachfragefuktion (DIMP) schneidet die Auslandangebotsfunktion (AIMP) im senkrechten Ast. Würde der Staat die Kontingente nicht versteigern, sondern durch ein administratives Verfahren zuteilen, würde die Differenz zwischen dem Inlandpreis und dem Importpreis (inkl. KZA) als Kontingentsrente anfallen. Durch die Versteigerung schöpft der Staat diese Rente ab; er nimmt den Importeuren die Anreize, sich als RentSeekers zu verhalten. Das Zollkontingent hat aber eine preisstützende Wirkung zugunsten der Produzenten, ohne dass Kontingentsrenten entstehen. Dies ist die eigentliche Zielsetzung von Zollkontingenten. Der beabsichtigte Stützungseffekt zugunsten der Produzenten stellt sich aber nur ein, wenn der Zugang zu den Importrechten allen interessierten Firmen offen ist und die Verteilung der Kontingente durch ein marktwirtschaftliches Verfahren wie der Versteigerung geregelt wird. Abb. 6 : Erhöhung des Zollkontingentes bei Weisswein (Durchschnittliche Werte für Flaschen- und Fasswein) 9 Fr./L AIMP ImportSteigerungs- Inland+ gebote = preis preis p1997 p2000 5.67 5.67 + 0.89 = 6.56 - 8.5 % 5.67 + 0.33 = 6.KZA = 0.67 5.- + 19 % 16 19 Q1997 Q2000 DIMP M Mio. hl Erhöhung des Zollkontingents lockert „Knappheit der Importrechte“ : die Steigerungsgebote sinken ! 10 Die Ergebnisse der Versteigerungen zeigen, dass die schrittweise Erhöhung des Kontingents die „Knappheit der Importrechte“ in den letzten Jahren deutlich verminderte; entsprechend stark sind die Durchschnittswerte der Steigerungsgebote bzw. des Steigerungserlöses des Staates gesunken1. In Abb. 6 ist der Zusammenhang zwischen Kontingentsmenge und (gestütztem) Inland-Preis dargestellt. Interessant ist nun, dass wir über die Versteigerung zu einer Information gelangen, die für die weitere Studie wertvoll ist. Gemeint ist die Preiselastizität der Importnachfrage ( EPIMP ) beim Weisswein: WEISS EPIMP = Mengenänderung in % 19 % = = − 2.2 Pr eisänderung in % 8.5 % Die Erhöhung der Kontingentsmenge von 16 auf 19 Mio. Liter, dh. um 19 % liess den im Inland erzielbaren Preis um 8.5 % sinken. Wie immer in der Ökonomie gilt die Aussage nur dann, wenn in der Betrachtungsperiode alle andern Einflussfaktoren konstant waren („ceteris paribus“). Dies darf aufgrund der recht stabilen Verhältnisse auf dem Weinmarkt der letzten Jahre angenommen werden. Für den Teilmarkt Weisswein haben wir somit eine aktuelle Preiselastizität der Importnachfrage. Offen ist hingegen die Frage, ob diese Elastizität auch für den Rotweinmarkt oder gar für den Gesamtmarkt zutrifft. Bekanntlich kann dieser Schluss nicht gezogen werden, weil bei der Aggregation von einem Teilmarkt zum Gesamtmarkt die Substitutionswirkungen zwischen den einzelnen Produkten (zB. Rot- und Weisswein) berücksichtigt werden müssen. Frühere Untersuchungen am Institut für Agrarwirtschaft aus den achtziger Jahren zeigen, dass solche Substitutionsbeziehungen zwar bestehen, dass aber die Messung dieser Effekte (sog. „Kreuzpreiselastizitäten“ äusserst schwierig ist. Hingegen liess sich für den Gesamtmarkt eine recht zuverlässige Schätzung der Nachfrageelastzität durchführen 2: TOTAL = − 1.2 EPIMP Die Tatsache, dass der Teilmarkt preiselastischer reagiert als der Gesamtmarkt, entspricht den Erwartungen aus der ökonomischen Theorie und wird durch andere Analysen (z.B. Fleischmarkt) bestätigt. Wir brauchen diese Elastizitäten in Kap. 3.4 zur Beurteilung der harmonisierten Zollsätze. Hier beim Weisswein zeigt uns die Elastizität der Importnachfragefunktion, - dass das Zollkontingent wohl noch bindend ist, und - dass aber bei einer weiteren Erhöhung der Menge die Steigerungsgebote weiter gefallen wären. Die Frage, wieweit dies geschehen wäre, ist mit Blick auf die Zusammenlegung der Kontingente von Bedeutung. Abbildung 7 zeigt, dass die Abnahme der Steigerungsgebote der letzten vier Jahre nicht linear verläuft, sondern mit zunehmender Kontingentsmenge abflacht. 1 2 Das beim Weisswein angewandte Gebotspreissystem ist im Anhang erklärt. Die Ermittlung der Elastizität für den Gesamtmarkt ist im Anhang dargestellt. 11 Abb. 7 : Sinkende Steigerungebote bei der Erhöhung des Weissweinkontingentes in den Jahren 1997-2000 Rp. pro Liter Durchschnittliche Steigerungsgebote für die Weissweinkontingente 1997-2000 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 16 17 18 19 M io. Liter Eine Extrapolation1 aufgrund der Werte 1997-2000 ergäbe ungefähr eine Menge von 22-23 Mio. Litern, ab der keine Steigerungsgebote mehr gemacht worden wären. Bei der Zusammenlegung ist somit ein Mehrimport gegenüber heute von ungefähr 15-20 % zu erwarten. Auf den Gesamtmarkt bezogen (170 Mio. Liter) ist diese Mengenzunahme jedoch gering (ca. 3 %). 3.2 Auswirkungen der Zusammenlegung der Zollkontingente auf die Preisbildung Aufgrund der bisherigen Analyse kann folgendes festgehalten werden: Unter gleich stabilen Marktverhältnissen wie in den letzten Jahren wird das Gesamtkontingent nicht bindend sein. Es können daher keine Kontingentsrenten entstehen; in diesem Fall ist das Windhundverfahren aus administrativen Gründen zweckmässig. 1 Die Extrapolation mit Hilfe einer quadratischen Funktion ergibt einen Wert von 22.8 Mio. Liter bei einem R2=0.99 12 Wie wahrscheinlich sind jedoch deutliche Veränderungen der Marktlage ? Die Importnachfrage kann sich zum Beispiel unter folgenden Gründen ausweiten (in Abb. 8 verschiebt sich DIMP nach D*IMP), - wenn das Inlandangebot infolge einer Missernte sinkt; - wenn die Nachfrage aus konjunkturellen Gründen ansteigt; - wenn der Schweizer Wein nicht mehr den Präferenzen der Konsumenten entspricht. Abb. 8 : Gesamt-Zollkontingent Wein in Zukunft Preis AIMP Zollkontingent bindend ? p*CH pCH AKZA Kontingentsrenten = ? D*IMP KZA pW DIMP Q2001 = 1.70 Mio. hl Menge Zollkontingent nicht bindend Ist das Gesamt-Zollkontingent in Zukunft bindend oder nicht ? Die Folgen einer solchen Entwicklung des Marktes wären, dass das Gesamtkontingent bindend würde und sich Kontingentsrenten bilden könnten. Beim Windhundverfahren besteht überdies die Gefahr spekulativen Verhaltens. Die Beurteilung der zukünftigen Marktentwicklung ist daher von grosser Bedeutung für die Importmassnahmen beim Wein. Dabei muss folgende Unterscheidung gemacht werden: - Ernteausfälle sind zufällige, ausserordentliche Ereignisse, während Konsumtrends und konjunkturelle Nachfrageverschiebungen nicht „naturgegeben“ sind. 13 Ausserordentliche Ereignisse: In einer naturbedingten, ausserordentlich knappen Angebotssituation kann die Versorgung durch zusätzliche Importe zum KZA gewährleistet werden. Die Produzenten könnten bei einem Mangel allerdings nicht von höheren Preisen profitieren. Ihr Einlenken auf Mehrimporte kann als „Gegenleistung“ dafür betrachtet werden, dass sie in Normalsituationen von einem Importschutz in der Höhe der KZA profitieren. Konsumtrends: Die Erfahrung im In- und Ausland zeigen, dass der Trend weder für noch gegen Schweizer Wein spricht, sondern dass Qualitätsweine ständig zulegen, während der Konsum von Tafelweinen deutlich abnimmt. In den klassischen grossen Weinländern Frankreich, Spanien und Italien ist die Mengenzunahme bei den Qualitätsweinen wesentlich geringer als die Abnahme bei den Tafelweinen. Steigende Einkommen verstärken diese Verlagerung auf höherpreisige Weine. Die Folge davon ist ein stetig sinkender Gesamtkonsum. Dieser Trend auf die Schweiz übertragen, würde bedeuten, dass Nachfrageverschiebungen in erster Linie zugunsten der Qualitätsweine erfolgen würden, dass aber der Gesamtkonsum auch in einer konjunkturell guten Zeit nicht zunehmen würde. Solange bei steigenden Einkommen billige Tafelweine durch Qualitätsweine substituiert werden, dürfte die Importnachfrage nicht zunehmen. Preisbestimmend auf dem Inlandmarkt bleibt der KZA und das Zollkontingent wird nicht bindend. 3.3 Erhöhung bzw. Aufhebung des Gesamtkontingentes in Zukunft Die am Anfang gestellte Frage, welche Auswirkungen eine Erhöhung bzw. gar eine Aufhebung des Gesamtkontingentes hätte, lässt sich nun einfach beantworten: Wenn der Inlandpreis unter normalen Verhältnissen durch den KZA gestützt wird, hat eine Erhöhung des Zollkontingents keinen Einfluss auf die Preisbildung. Der grosse Importanteil beim Wein von ca. 60 % bewirkt, dass auch bei grösseren Ernten eine Stützung im Ausmass der KZA wirksam bleibt. Bei andern Agrarprodukten trifft dies keineswegs zu (Fleisch, Milch, Getreide etc. mit einem hohen Selbstversorgungsgrad). Bei ausserordentlichen Ereignissen wird eine Erhöhung der Zollkontingente zum Gegenstand einer Verhandlungslösung unter den Marktpartnern (Produzenten, Konsumenten, Handel, Staat). 3.4 Harmonisierung der verschiedenen Zollansätze als weitere Option Tabelle 3 enthält die Ausgangslage für die Frage, welche Auswirkungen eine Harmonisierung der verschiedenen Zollansätze auf den Inlandmarkt hätte. Es fällt auf, dass die relative Senkung des bisher höheren Zollansatzes für Flaschen gerade gleich gross ist wie die relative Erhöhung des Zollsatzes beim Fasswein (und Fiaschi), wenn man eine Einheitsbelastung von rund Fr. 50.- pro hl annimmt. Gemäss Angaben des BLW würde dies der Situation von 1997 entsprechen: gegenüber diesem Referenzjahr brächte eine Harmonisierung der Zollsätze keine zusätzliche Belastung der Importe. 14 Tab. 3 : Harmonisierung der verschiedenen Zollansätze zu einer Einheitsbelastung Importe Weiss Rot Flasche Fass Flasche Fiaschi Fass KZA pro hl 96.-/hl 38.-/hl 96.-/hl 38.-/hl 38.-/hl Importpreis Fr./hl 800.-/hl 200.-/hl 1 000.-/hl 350.-/hl 250.-/hl Einheitsbelastung* = 50.- /hl Veränderung des KZA in % des Importpreises - 46.-/hl -6% + 12.-/hl 6% - 46.-/hl -4.6% + 12.-/hl 4.8% * Umrechnungsfaktoren Fass und Fiaschi 0.9; Flasche 0.52 Referenzjahr 1997: Importe zum KZA 1 163 527 hl; Zolleinnahmen 86 Mio. Fr. Wein über 13 % nicht gesondert erfasst Die Frage, inwieweit in der WTO Zölle überhaupt angehoben werden dürfen, auch wenn bei andern Positionen wie hier bei den Flaschenweinen kompensiert wird, muss hier offen bleiben. Auf jeden Fall aber würde eine Harmonisierung den Trend in Richtung mehr Flaschenweine noch verstärken. Die Dynamik, mit der Produzenten Qualitätsweine erzeugen wollen, würde weiter zunehmen. Nicht alle Länder, nicht alle Regionen und Produzenten werden in diesem Qualitätswettbewerb gleicht gut bestehen können. Von Interesse ist nun die Frage, in welchem Mass sich die Harmonisierung auswirken würde. Wie bereits in Abschnitt 3.1 dargelegt, sind die Effekte abhängig von der Preiselastizität der Importnachfrage. Wir wissen auch, dass Teilmärkte im allgemeinen elastischer reagieren als aggregierte Gesamtmärkte. Da wir Werte ermittelt haben zwischen –1.2 für den Gesamtmarkt und –2.2 für den Teilmarkt Weisswein, wollen wir für die beiden Teilmärkte Flaschen- und Fassweine Elastizitäten annehmen, die ungefähr im selben Bereich liegen. 15 Tab. 4: Mengeneffekte einer Harmonisierung der Zollansätze beim Wein1 Harmonisierung der verschiedenen Zollansätze beim Wein Mengeneffekte bei unterschiedlichen Preiselastizitäten der Importnachfrage -1.2 -1.5 -2.2 Preisänderung - 5 % 6.0% 7.50% 11% 0.6 Mio. hl 0.636 0.645 0.661 Preisänderung + 5 % -6.0% -7.50% -11% 1.1 Mio. hl 1.034 1.018 0.979 1.671 1.663 1.639 Flaschenimporte Fassimporte Total 1.7 Mio. hl Die Ergebnisse in Tab. 4 zeigen, dass die Importzunahme bei den Qualitätsweinen schwächer ist als die Importabnahme bei den billigen Tafelweinen. Dies stimmt mit der bereits gemachten Feststellung über den abnehmenden Trend beim (Gesamt-) Weinkonsum überein. Rein mengenmässig betrachtet mag dieses Ergebnis aus handelspolitischer Sicht nicht unbedingt als positiv erscheinen; wertmässig hingegen ist die Ausdehnung des Handels mit Qualitätsweinen von grosser Bedeutung. Für die Produzenten ist der erzielbare Wertzuwachs durch höhere Qualität beim Wein unvergleichbar höher als bei den meisten andern Agrarprodukten. Hier liegt die Triebfeder für die Dynamik im Weinbau. Insgesamt sind jedoch die Effekte gering; ein verbleibender KZA von Fr. 50.-/hl entspricht einer durchschnittlichen Stützung von 10 %, bei Qualitätsweinen nur noch 5%. Dies bedeutet, dass der Schweizer Qualitätswein gegenüber Importwein konkurrenzfähig ist. Dies ist das wichtigste Ergebnis der Liberalisierung, die in den neunziger Jahren begonnen hat. 1 Die Effekte auf der Seite des Inlandangebots sind wegen des tiefen Selbstversorgungsgrades von 40 % vernachlässigbar. 16 Bei den AKZA stellt sich das Problem der Harmonisierung nicht, so lange das Gesamtkontingent nicht bindend ist. Eine Senkung auf einen tieferen Mittelwert (analog zu den KZA) ist für WTO II sinnvoll. Betrachtet man die Effekte nach verschiedenen Ländern, zeigt sich die unterschiedliche Entwicklung der Exporte in Flaschen. Im Vergleich zu den andern Ländern wird beispielsweise aus Spaniern deutlich mehr Wein in Flaschen importiert, weil der Rioja seit einigen Jahren nicht mehr im Fass exportiert werden darf. Zahlreich sind die Faktoren, die für die unterschiedliche Entwicklung der Importstruktur verantwortlich sind. Jedes Land, jede Region sucht ihren Weg um sich im Markt zu positionieren. Abb. 9 : Anteil Importe in Flaschen aus den drei grössten Ländern Anteil Flaschen beim Rotweinimport (%) 45.0 40.0 35.0 Prozent 30.0 Frankreich 25.0 Italien 20.0 Spanien 15.0 10.0 5.0 0.0 1994/95 1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 Tabelle 5 zeigt die unterschiedlichen Importpreise je nach Herkunftsland. Auf eine Aufschlüsselung der Importe in Flaschen und im Fass wurde verzichtet. Dennoch dürfte der Anteil Flaschenweine bei höheren Importpreisen grösser sein. Eine Harmonisierung würde die „preislich schwächeren“ Länder mehr treffen als die arrivierteren Anbieter von Qualitätswein. 17 Tab. 5 : Importpreise bei Wein: Ländervergleich Vergleich der Importpreise verschiedener Länder beim Wein Deutschland Frankreich Italien Portugal Spanien Griechenland Ungarn Zypern Südafrika USA Argentinien Chile Australien Neuseeland 1997 Fr./Liter 1998 Fr./Liter 1999 Fr./Liter 1997-99 Fr./Liter 7.44 6.83 3.67 1.95 2.40 3.05 1.53 0.64 2.81 7.67 2.75 3.58 8.06 12.13 7.03 7.30 3.90 3.28 2.73 3.38 1.24 0.72 3.69 8.29 5.60 4.14 7.09 8.49 9.15 7.33 3.74 3.70 3.55 2.69 1.45 0.72 2.68 7.89 4.80 4.73 6.82 9.29 7.87 7.15 3.77 2.98 2.89 3.04 1.41 0.69 3.06 7.95 4.38 4.15 7.32 9.97 Quelle: Schweizerische Aussenhandelsstatistik Gesamte Tarifnummer 2204 18 4. Zusammenfassung und Folgerungen 4.1 Zusammenlegung der verschiedenen Zollkontingete ab 2001 Rotwein: Seit Jahren wurde das bestehende Rotweinkontingent nicht mehr voll ausgenützt. Dies ist eine Folge vor allem des leicht sinkenden Konsums und der leicht steigenden Erzeugung im Inland. Diese Entwicklung von Angebot und Nachfrage führt dazu, dass die Importnachfrage eine rückläufige Tendenz aufweist. Das in der Uruguay-Runde festgelegte Zollkontingent war daher nicht mehr bindend. Weisswein: Beim Weisswein hat die Versteigerung der Zollkontingente wichtige Informationen über den Verlauf der Importnachfrage geliefert: die schrittweise Erhöhung des Zollkontingentes von 16 Mio. Litern 1997 auf 19 Mio. Liter für das Jahr 2000 bewirkte eine deutliche Senkung der Steigerungsbeträge pro Liter. Die Ausweitung des Marktzutritts hat die anfängliche Knappheit bei den Importrechten in den letzten vier Jahren deutlich reduziert. Erwartungsgemäss beantworteten die Importeure diese geringere Knappheit beim Import mit einer tieferen Zahlungsbereitschaft bei der Versteigerung. Wurden 1996 durchschnittlich noch 89 Rp. pro Liter geboten, waren es bei der letzten Versteigerung für das Jahr 2000 nur noch 33 Rp. pro Liter. Das Zollkontingent ist jedoch beim Weisswein immer noch bindend: bei einer Zusammenlegung der Kontingente dürfte der Import von Weisswein daher noch ca. 15 - 20 % zunehmen; bezogen auf das Gesamtkontingent von 1.7 Mio. hl sind dies jedoch nur ca. 3%. Gesamtkontingent nicht bindend: So wie sich die Marktlage heute, quasi am Vorabend der Zusammenlegung der Zollkontingente, präsentiert, kann damit gerechnet werden, dass das zukünftige Gesamtkontingent nicht mehr bindend sein wird. Dies gilt erst recht, wenn das Kontingent noch erhöht oder sogar abgeschafft würde. In diesem Fall würde das Preisniveau auf dem Inlandmarkt nur noch durch den Kontingentszollansatz gestützt. Unter diesen Voraussetzungen ist die Anwendung des Windhundverfahrens zur Verteilung der Zollkontingente zweckmässig, insbesondere weil es administrativ einfacher ist als das Versteigerungsverfahren. Ausserordentliche Marktlage: Belässt man jedoch die Menge bei den bisherigen 1.7 Mio. hl, kann das Gesamtkontingent bei veränderter Marktlage wieder bindend wirken. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn die Inlandernte deutlich geringer ausfallen würde, und/oder der Weinkonsum wieder ansteigen würde. Ein Indiz für eine steigende Importnachfrage wäre eine Zunahme der Importe ausserhalb des Zollkontingentes. Sollte eine solche Situation eintreten, würden Kontingentsrenten entstehen mit all ihren volkswirtschaftlich negativen Folgen. Sollte sich also die zukünftige Marktlage gegenüber heute deutlich verändern, müsste das Zollkontingent aus wettbewerbspolitischen Gründen versteigert werden. Für die Zukunft ist daher eine eingehende Marktbeobachtung von grosser Bedeutung. Konsumtrends: Die Erfahrungen im In- und Ausland zeigen, dass der Konsum von Qualitätsweinen ständig zunimmt, währenddem der Absatz bei Tafelwein deutlich abnimmt. In den klassischen grossen Weinländern Frankreich, Spanien und Italien ist die Mengenzunahme beim Qualitätswein wesentlich geringer als die Abnahme beim Tafelwein. Steigende Ein- 19 kommen verstärken diese Verlagerung auf höherpreisige Weine. Die Folge davon ist ein stetig sinkender Gesamtkonsum. Dieser Trend auf die Schweiz übertragen, würde bedeuten, dass Nachfrageverschiebungen in erster Linie zugunsten der Qualitätsweine erfolgen würden, dass aber der Gesamtkonsum auch in einer konjunkturell guten Zeit nicht zunehmen würde. Solange bei steigenden Einkommen billige Tafelweine durch Qualitätsweine substituiert werden, dürfte die Importnachfrage nicht zunehmen. Preisbestimmend auf dem Inlandmarkt bleibt daher der KZA, und das Zollkontingent wird nicht bindend. 4.2 Erhöhung bzw. Aufhebung des Zollkontingentes Wein Die Frage, welche Auswirkungen eine Erhöhung bzw. eine Aufhebung des Gesamtkontingentes hätte, lässt sich wie folgt beantworten: Wenn der Inlandpreis unter normalen Verhältnissen durch den KZA gestützt wird, hat eine Erhöhung des Zollkontingents keinen Einfluss auf die Preisbildung. Der grosse Importanteil beim Wein von ca. 60 % bewirkt, dass auch bei grösseren Ernten eine Stützung im Ausmass der KZA wirksam bleibt. Allerdings wird dieser Effekt beim Weisswein mit dem tieferen Importanteil geringer sein als beim Rotwein. Ausserordentliche Ereignisse: In einer naturbedingten, ausserordentlich knappen Angebotssituation kann die Versorgung durch zusätzliche Importe zum KZA gewährleistet werden. Die Produzenten könnten bei einem Mangel allerdings nicht von höheren Preisen profitieren. Ihr Einlenken auf Mehrimporte kann jedoch als „Gegenleistung“ dafür betrachtet werden, dass sie in Normalsituationen von einem Importschutz in der Höhe der KZA profitieren. 4.3 Harmonisierung der verschiedenen Zollansätze Bei einer Harmonisierung der Zollansätze für Flaschen- und Fasswein gehen wir von einer Einheitsbelastung von Fr. 50.-/hl; ein KZA in dieser Höhe bewirkt keine zusätzliche Belastung der Importe. Die relative Senkung des bisher höheren Zollansatzes für Flaschen ist gerade gleich gross ist wie die relative Erhöhung des Zollsatzes beim Fasswein (und Fiaschi). Die Frage, inwieweit in der WTO Zölle überhaupt angehoben werden dürfen, auch wenn bei andern Positionen wie hier bei den Flaschenweinen kompensiert wird, muss hier offen bleiben. Auf jeden Fall aber würde eine Harmonisierung den Trend in Richtung von mehr Importen in Flaschen noch verstärken. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass die Importzunahme bei den Qualitätsweinen schwächer ist als die Importabnahme bei den billigen Tafelweinen. Dies stimmt mit der bereits gemachten Feststellung über den abnehmenden Trend beim (Gesamt-) Weinkonsum überein. Rein mengenmässig betrachtet mag dieses Ergebnis aus handelspolitischer Sicht nicht unbedingt als positiv erscheinen; wertmässig hingegen ist die Ausdehnung des Handels mit Qualitätsweinen von grosser Bedeutung. Insgesamt sind jedoch die Effekte gering; ein verbleibender KZA von Fr. 50.-/hl entspricht einer durchschnittlichen Stützung von 10 %, bei Qualitätswein nur noch 5%. 20 Bei den AKZA stellt sich das Problem der Harmonisierung nicht, so lange das Gesamtkontingent nicht bindend ist. Eine Senkung auf einen tieferen Mittelwert (analog zu den KZA) ist für WTO II sinnvoll. 4.4 Beurteilung aus wettbewerbspolitischer Sicht Kernstück der Liberalisierung des Weinmarktes ist die schrittweise Erhöhung des Weissweinkontingentes sowie seine Versteigerung in den Jahren 1997-2000. Folgende Elemente seien hier nochmals hervorgehoben: • Das Versteigerungsverfahren brachte einem grossen Kreis interessierter Firmen den Zugang zu den Einfuhrkontingenten. Erst durch dieses marktwirtschaftliche Verfahren konnte der Wettbewerb im Importhandel gewährleistet werden. Das Jahrzehnte alte Problem der Kontingentsrenten, das bei administrativen Zuteilungsverfahren auftritt, konnte gelöst werden. • Die schrittweise Erhöhung des Weissweinkontingentes brachte erwartungsgemäss sinkende Werte für die durchschnittlichen Steigerungsgebote. Dementsprechend sank auch die Stützung des Inlandpreises im Ausmass von rund 10 %. Aufgrund des Verlaufs der Steigerungsgebote kann abgelesen werden, wie hoch jeweils der Zoll hätte festgelegt werden müssen, um den Schweizer Produzenten den gleichen Schutz zu gewähren wie mit dem Kontingent. Versteigerungen stellen damit eine „Brücke“ von den Zollkontingenten hinüber zu einem reinen Zollsystem. Dies ist aus ökonomischer Sicht dasjenige System, bei dem das Schutzziel mit den geringstmöglichen Verzerrungen des Handels erreicht wird. • • Da das Zollkontingent beim Rotwein seit Jahren nicht mehr ganz ausgenutzt wurde, war nur noch der relativ geringe Kontingentszollansatz preisbestimmend. Aufgrund dieser geringen Stützung waren die Produzenten gezwungen, ihre Wettbwerbsfähigkeit insbesondere durch die Steigerung der Qualität zu verbessern. Beim Weisswein wurde dieser Prozess mit der schrittweisen Erhöhung des Zollkontingentes eingeleitet. Die Zusammenlegung der Kontingente schafft nun gleichartige Rahmenbedingungen für Rot- und Weisswein. Dies verstärkt die Notwendigkeit, in allen Regionen und insbesondere beim Weisswein die Wettbewerbsfähigkeit ständig zu verbessern. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass auf diesem Weg Schweizer Qualitätswein gegenüber Importwein konkurrenzfähig geworden ist. Dies ist ein wichtiges Ergebnis der Liberalisierung, die in den neunziger Jahren begonnen hat. Bei einem harmonisierten Zollsystem erleichtert die Schweiz den Marktzutritt primär für Qualitätswein und nicht für Tafelwein. Dies ist ein klares Signal für die Produzenten im In- und Ausland. Für sie ist der erzielbare Wertzuwachs durch höhere Qualität beim Wein unvergleichbar höher als bei den meisten andern Agrarprodukten. Hier liegt die Triebfeder für die Dynamik im Weinbau. 21 ANHANG 1. Herleitung einer Importnachfragefunktion Die Importnachfragefunktion zeigt, wieviel von einem Produkt bei einem bestimmten Preis importiert wird. Aus der nachstehenden Graphik wird ersichtlich, dass mit sinkendem Preis p die Importnachfrage m zunimmt. Ist der Preis bei p0 , wird nichts importiert, d.h. die Nachfrage wird vollständig durch das Inlandangebot gedeckt. Ist der Markt offen, kann zum Weltmarktpreis pW die Menge mW importiert werden. Die Preislagen dazwischen sind möglich, wenn beispielsweise ein Zoll die Importe verteuert. Je höher der Zoll, desto grösser das Inlandangebot und desto kleiner die Nachfrage. Die Importnachfragefunktion zeigt explizit die Differenz zwischen (Inland-) Angebot und Nachfrage. Dies hat den Vorteil, dass bei der Analyse von Importregelungen direkt ersichtlich ist, wie sich Änderungen bei Zollansätzen und Kontingentsmengen auf den Import auswirken. Herleitung einer Importnachfragefunktion Inlandmarkt Importnachfrage p p S p0 DIMP p1 m1 m2 mW p2 pW D q S W q q S 2 q S 1 q D 2 D 1 q q D W m1 m2 mW m Wie immer bei der Analyse der Schweizer Agrarmärkte nehmen wir an, dass das kleine Land mit seinen Importentscheidungen keinen Einfluss auf die Weltmarktpreise hat; diese Annahme ist bekannt als “Fall des kleinen Landes“. Eine weitere Annahme besteht darin, dass Inland- und Importprodukte perfekte Substitute darstellen. 22 2. Merkmale des Gebotspreissystems Beim Gebotspreissystem bezahlt jeder, was er geboten hat. Das Gebotsverfahren widerspiegelt die unterschiedliche Zahlungsbereitschaft der Importeure. Im Prinzip gehen die Gebote nur bis auf das Niveau, beim dem der Wein auch zum Ausserkontingentszollansatz importiert werden könnte. Die Graphik zeigt, dass bei einer Reduktion der Quote die tiefst bietenden Mengen den Zuschlag nicht mehr erhalten; dementsprechend steigt der durchschnittliche Wert aller Gebote, die den Zuschlag erhalten haben. Das gleiche gilt auch umgekehrt: gewährt der Staat eine höhere Menge zum Import frei, sinkt der Wert der Gebote im Durchschnitt. Aus der Erfahrung der vier Versteigerungen beim Weisswein haben wir eine Information darüber erhalten, wie hoch der erzielbare Preis für Importweine im Inland ist, wenn der Staat eine bestimmte Zollkontingentsmenge festlegt. Die Ergebnisse zeigen, dass mit steigender Menge die Zahlungsbereitschaft abnimmt. Diese Relation entspricht der Importnachfragefunktion DIMP . Merkmale des Gebotspreissystems P r e is pW + AK ZA b m ax b m in D IM P pB pW KZA M enge Q „ p a y w h a t y o u b id “ 23 3. Ermittlung einer Importnachfragefunktion für den Gesamtmarkt Annahmen: Preiselastizität der Gesamtnachfrage Wein : -0.5 Gesamtnachfragemenge: 2.9 Mio. hl ; durchschnittlicher Preis: Fr. 5.- / L Inlandangebot (Rot + Weiss): 1.2 Mio. hl Ermittlung der Importnachfragefunktion für den Gesamtmarkt Wein Ausgangssituation Angebot Mio. hl Nachfrage Mio. hl Import Mio. hl 1.200 2.900 1.700 3.045 1.865 9.7% 3.045 1.905 12% Preisänderung = -10 % kurzfristig Preiselastizität Angebot+0.2 Preiselastizität Nachfrage -0.5 1.180 mittelfristig Preiselastizität Angebot+0.5 Preiselastizität Nachfrage -0.5 1.140 Elastizität der Importnachfrage kurzfristig = 9.7 % / - 10 % = - 0.97 mittelfristig = 12 % / - 10 % = - 1.2