Robert Hausmann, Matthias Laabs Processing2010 Cultural Hacking und Kunstunterricht 2.0 Gerald Nestler 14 / 15 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Gerald Nestler Temporäre Anomalien Loop. Ein Paternoster in Wien. Die Kabinen rotieren im Kreis. Jede erzählt eine andere Geschichte. Loop. Ein Drehbuch. Zersplittert. Es läuft zum Beispiel Ökonomie und Kultur, Free Trade oder die Las Vegas Tänzerin. Wir, die Besucher, zappen zwischen den ›Kanälen‹. Die Rotation der Kabinen erzeugt Sprünge und Wechsel. Wir haben die Wahl. Jump in. Aktiv werden, eine Kabine betreten und vor allem bestimmen, wann wir aussteigen und uns wieder lösen. Jump. Die nächste Kabine. Loop. Robert Hausmann und Matthias Laabs im Gespräch mit Gerald Nestler , gr. System Die folgende Begriffsdefinition von Dirk Baecker mag als Einleitung für das Projekt »Processing2010« dienen. Unter »System« versteht Baecker »eine Gesamtheit interdependenter Elemente in wechselnden Relationen, die sich in einer Umwelt abgrenzt und im Zeitablauf erhält beziehungsweise reproduziert.«1 »Der Systembegriff […] formuliert das Phänomen der Oszillation. […] Er spricht von der Ordnung, um sich die Unordnung anzuschauen, zu der diese sich durchringen muss, um auf das reagieren zu können, was sie ausschließt.«2 1 Baecker, Dirk: System, Autopoiesis, Kommunikation. Drei Einträge für das Lexikon des systemischen Arbeitens, Friedrichshafen/Bodensee 2009, s. unter: www.dirkbaecker. com/SAK.pdf [06.11.2010]. 2 Baecker, Dirk: Wozu Systeme? Berlin 2002, S. 7f. 3 Der österreichische Kurator Dieter Buchhart über Gerald Nestler, s. unter www.geraldnestler.net/texts.htm [06.11.2010]. 4 Ebd. 5 Groys, Boris: Über das Neue. Versuch einer Kulturökonomie, München 1992, S. 14. 6 Nestler, Gerald: »Derivatnarrativ. Globaler Markt ist Medium und Dispositiv und schafft Derrivate«, in: Ders. (Hg.): Yx. Fluid Taxonomies. Enlitened Elevation. Voided Dimensions. Human Derivatives. Vibrations in Hyperreal Econociety, Wien 2007, S. 143–152, S. 152. 7 Düllo, Thomas; Liebl, Franz: »The Secret History of Cultural Hacking«, in: Dies. (Hg.): Cultural Hacking. Kunst des strategischen Handelns, Wien 2005, S. 13–46, S. 13. 8 »Upgrade« bedeutet Aufrüstung oder Verbesserung. Der Ausdruck bezeichnet die Änderung eines Produkts auf eine höherwertige Version, ähnlich eines Updates. Vgl. www.de.wikipedia.org/wiki/Upgrade [06.11.2010]. 9 Vgl. Düllo, Liebl, a.a.O., S. 22f. Gerald Nestlers Form 4 Enlitened Elevation [B1] ist eine site-specific Performance mit zwölf Akteuren im Paternoster des Hauses der Industrie, dem Sitz der Industriellenvereinigung Wien. Jede Kabine wird von einem Akteur bespielt, der eine affirmative bis kritische, von Nestler jeweils im Voraus bestimmte Position zur globalen ökonomischen Entwicklung vorträgt und diskutiert. Das Spielfeld ist offen und lädt dazu ein, die Kabinen zu benutzen. Die Loopbewegung der Stories kann aber auch von außen, von einer scheinbar festen Position aus, beobachtet werden. Scheinbar, da der räumlich-visuelle Standpunkt in der akustischen Bewegung der Stimmen zerfließt. Die einzelne Stimme wird Teil einer sich ständig verändernden, vielstimmigen Erzählung. Sie kommt näher, wird hörbar, zieht an den Besuchern vorbei und mischt sich mit anderen Stimmen. Automatisch ergibt sich dabei ein Zapping, ein Zusammenhören und Zwischenlesen. In unseren gemeinsamen Treffen sprachen wir häufiger über diese Arbeit. Wie sich herausstellte, sind Überlagerungen, Performativität und Marginalität Grundelemente in Nestlers kollaborativen Projekten. Er schafft »Rahmen, innerhalb derer er zusammen mit anderen KünstlerInnen, Ökonomen, WissenschaftlerInnen oder Interessierten agiert.«3 Damit wirft Nestler lässig das staubige, bis heute mit dem Geniekult verbundene Image des Künstlers über Bord. »In seinen Projekten bewegt sich Gerald Nestler im amorphen, sich permanent verändernden Überschneidungsraum zwischen Wirtschaft, Leben und Kunst.«4 Prägend hierfür sind die von ihm entwickelten Begriffe »Econociety« und »Econofilm«. Nestler beobachtet, analysiert und verarbeitet ökonomische Strukturen und Strategien. Als Broker begab er sich vor Jahren an deren Hauptknotenpunkt, die Börse. Immer wieder dringt er in das System ein, speist dissonante Informationen in den Fluss der Codes und erzeugt dadurch kurzzeitige Anomalien, die zu neuartigen Umwertungen und Abweichungen von den geregelten Abläufen führen. In diesem Sinn lässt sich Nestlers Arbeit als Hacking bezeichnen – als Cultural Hacking. Kultur und Hacking?! Jede kulturelle Handlung, die unter einem ›ökonomischen Zwang‹ abläuft, bedeutet Stillstand, da wir dann lediglich reproduzieren, was uns ohnehin schon vom System her bekannt ist.5 Neuartige kulturelle Praktiken sind gefragt. Nach Nestler ergibt es daher Sinn »sich einerseits in Unternehmen einzuschreiben, sich ihrer zu bedienen, um sie zu ›veröffentlichen‹, andererseits Automation (in der griechischen Bedeutung von Zufall) zu betreiben, und zwar dergestalt, dass ökonomisch gerichtete Information subversiv automatisiert wird, um die Kontrollinstanzen zu deformieren, sich also zwecklos ihrer zu bedienen, als Spiel, dessen Einsatz auf random gesetzt wird, um den Econofilm auszutrocknen«.6 Ähnlich wie der Computer Hacker nimmt der Cultural Hacker Verfremdungen kultureller Codes vor, indem er diese umdefiniert und auf diese Art neue Lesarten produziert. Cultural Hacking entspricht somit einer innovativen und interaktiven Aneignung von Kultur: »Ein ›Hack‹ fügt Entferntes zusammen und macht es mit einem Mal logisch. Neue Ähnlichkeitssysteme entstehen.« 7 Hacken ist eine Handlungsform, bei der die Grenzen zwischen Ernst und Spiel verschwimmen. Dabei schleust sich ein Hacker in Systeme ein, erkundet und decodiert sie, mit dem Ziel einer innovativen Recodierung, der Schaffung von Anomalien. Präzise Interventionen, bewusste Desorientierungen bzw. neue Orientierungen, Verschiebungen oder Überlagerungen werden in das System eingeführt. Von daher sind Hacker immer auch Avantgardisten, Vertreter der aktuellen ›Generation C‹, einer Generation, die im Neuen Medium aufwächst und sich daher ständig selbst upgradet8 und mixt. Cultural Hacking ist in vollem Gange: in der aktuellen Kunst, in der aktu­ellen Pop‑, Medien- und Jugendkultur, in Werbung, Konsum und Produktion. Die Innovationsspirale dreht sich. Konsumenten werden zu Produzenten und umgekehrt. Insofern ist eine Zweckentfremdung produzierter Waren durch den End-User nicht nur Trend, sondern der Schlüssel zur Innovation.9 Innovation meint aber nicht, dass das bis dato Verborgene sichtbar wird, sondern dass »der Wert dessen, was man immer schon gesehen und ­gekannt hat, umgewertet wird.« 10 Innovation meint deshalb die »Umwertung der Werte«.11 Für Gerald Nestler markiert dies vielleicht das »Gesetz einer neuen Kreativität«.12 Können Bildungseinrichtungen kulturelle Innovationen fördern oder funktionieren sie nur als Bewahranstalt eines etablierten Kulturguts? 10 Groys, Boris: Über das Neue, a.a.O.,S. 14. 11 Ebd., S. 14. 12 Nestler, Gerald: »Derivatnarrativ«, a.a.O., S. 143. 13 Die Simpsons: Debarted – Unter Ratten, Staffel 19, Folge 13. In Anlehnung an den Film The Departed. 14 Engl. »Schadprogramm«. 15 Vgl. Richard, Birgit: »Das jugendliche Bildego bei YouTube und flickr. True (Black Metal) und Real als Figuren mimetischer Selbstdarstellung«, in: Hugger, Kai-Uwe (Hg.): Digitale Jugendkulturen, Wiesbaden 2010, S. 55–72, S. 58. 16 Vgl. auch Zaremba, Jutta: »Sweded Films. Der Boom selbstgedrehter Videoparodien«, in: K+U 339/340, Beilageheft Jugendkulturelle Bildwelten, 2010, S. 18/19. 17 Vgl. Richard, Birgit: »Das jugendliche Bildego bei YouTube und flickr«, a.a.O., S. 58. 18 Siehe folgende Fanportale im Netz u.a.: www.animexx.onlinewelten.com oder www.fanfiction.net [06.11.2010]. 19 Vgl. Hugger, Kai-Uwe: »Digitale Jugendkulturen: Eine Einleitung«, in: Ders. (Hg.): Digitale Jugendkulturen, a.a.O., S. 7–22, S. 7. 20 Nach Martin Heidegger ist das »In-der-Welt-sein« eine Fundamentalstruktur menschlichen Daseins. Dasein und Welt sind immer schon verbunden, existenziell. Vgl. Heidegger, Martin (1927): Sein und Zeit, Tübingen 2006, S. 52–62. Debarted13 / Rebarted – aktuelle Jugendkulturen Eines Tages bekommt Bart Simpson einen neuen Mitschüler. Als Freund gewonnen, entpuppt er sich im Laufe der Folge als eine Art trojanisches Pferd. Von Rektor Skinner in die Welt von Bart eingeschleust, erspäht er Barts Muster und Stra­tegien und übernimmt diese. Die ›Ratte‹ kopiert aber nicht bloß. Einer Malware14 gleich, nutzt sie Barts Gewohnheiten, wird innovativer und konkurrenzfähiger. Auch in aktuellen Jugendkulturen ist Cultural Hacking eine verbreitete Praxis. Mit ihrem Konzept des kulturellen Remix sind die Simpsons ein gutes Beispiel dafür. Aktuelle jugendkulturelle Phänomene multiplizieren sich und befinden sich permanent im Remix, sie oszillieren und differenzieren sich aus, werden komplexer und upgraden sich selbst. In Zeiten des Web 2.0 haben sich die Handlungsspielräume rasant erweitert, Portale wie YouTube, Facebook, MySpace oder Animexx demonstrieren dies. Die Selbstdarstellung aktueller Jugendkulturen basiert auf einem Trend, der schon fast zum Mainstream geworden ist: das Abdrehen und Hochladen eigener Dance‑, Fan‑, Karaoke- oder Sportvideos.15 Dabei werden auch sogenannte mediaremix-Clips produziert. Sweded Films beispielsweise sind selbstgedrehte Trashmovies, in denen bekannter Filmstoff verarbeitet wird.16 Sogenanntes re-enactment ist eine Strategie, die in aktuellen Jugendkulturen weit verbreitet ist. Ursprünglich die Wiederaufführung historischer Ereignisse bezeichnend, steht re-enactment für die Nachstellung von Filmen, TV-Shows, GameSzenen oder Performances aus der Kunst u.a.17 Versteht man diese Praktiken als Formen des Cultural Hacking, dann sind auch Cosplayer Cultural Hacker. Beim Cosplaying stellt der Akteur eine Figur aus ­einem Manga oder einem Film möglichst originalgetreu nach. Eigene Attitüden treffen sich mit ­gekonntem Rollenspiel. Verwandt mit dem Cosplay sind Fanfiction oder Fanart.18 Durch die Vielfalt der Jugendkulturen werden auch die Praktiken und Formen des Cultural Hacking vervielfacht. Jugendkultur arbeitet im neuen Medium und erfährt ihre Erweiterung im Netz, sie ist daher immer schon digital verfasst.19 Das Leben im und mit dem Web 2.0 ist alltägliche Selbstverständlichkeit. Heideggers »In-der-Welt-sein«20 heißt aktuell ›Up-to-Date-Sein‹. 16 / 17 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Gerald Nestler Processing2010 Der Ablauf Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Dresdner Schulen arbeiten an ihren Projekten Das Setting Processing bezeichnet in der Informatik die Datenverarbeitung. Der Name des schul- und jahrgangsübergreifenden Unterrichtsprojekts »Processing2010« bezieht sich daher auf die Verarbeitung aktueller Daten und kultureller Codes in einer Zeit sich permanent überschneidender virtueller und physischer Räume. 18 Schüler der Klassenstufen 10 bis 12 aus drei Dresdner Schulen arbeiten für fünf Tage gemeinsam in einem außerschulischen Raum. Die Motorenhalle ist ein Projektzentrum für zeitgenössische Kunst, eine 400 qm große Halle. Sie liegt am Bahnhof Mitte, einem infrastrukturellen Knotenpunkt. Der Stadtraum wird daher zum schnell erreichbaren Erkundungs‑, Erprobungs- und Produktionsort des Projekts. Alter, Geschlecht und Interessenlagen der Schüler sind heterogen, was eine Vielzahl unterschiedlicher Zugänge eröffnet. Neben dem gesetzten räumlichen und zeitlichen Setting ist nicht zuletzt die Rahmung durch eine öffentliche Ausstellung, in der die Schülerprojekte und die abgelaufenen Prozesse am letzten Projekttag präsentiert werden sollen, für den konstruktiven Verlauf des Projekts relevant. Hauptknoten: Cultural Hacking Die Aufgabe der Schüler besteht darin, im Team eine Arbeit oder Aktion zu konzipieren, die differente Systeme miteinander kombiniert, überlagert bzw. hackt. Die Umsetzung bedingt auch die Untersuchung von Systemen. Die dabei durchgeführten Forschungen und Dokumentationen sind als kooperatives Verhalten wesentlicher Bestandteil des Prozesses. 21 Jeder Jugendliche über 14 ist durchschnittlich in zwei sozialen Netzwerken aktiv. Aktuelle Studie unter: www. uni-Leipzig.de/~umfmed/MeMo_SON10.pdf [22.10.2010]. 22 Vgl. Burkhardt, Sara: »Handlungsraum Netz. Neuartige Kommunikationsstrukturen und künstlerische Strategien«, in: K+U 338, 2009, S. 4–10, S. 10. Prozessträger: aktuelle Medien – www.processing2010.wordpress.com Das Projekt »Processing2010« nutzt die Möglichkeiten des Web 2.0. Da Lernen im Kern mit kommunikativen Prozessen verbunden ist, erweitern die computerbasierten sozialen Netzwerke des Web 2.0 den Handlungsraum und die Möglichkeiten des Wissenstransfers. Mithilfe dieser virtuellen Dateneinschreibungen können sowohl globale Interaktionen stattfinden als auch neuartige Verlinkungs- und Kommunikationsprozesse in Gang gesetzt werden. Im Unterricht sollten Erfahrungen der Schüler mit sozialen Netzwerken direkt genutzt werden.21 Ein Blog beispielsweise kann Schülern als Ideen- oder Gedankentagebuch dienen, in dem die eigene ästhetische Forschungsarbeit festgehalten und reflektiert wird.22 Ein Weblog dokumentiert den Verlauf der Woche sowie die Vor- und Nachbereitungen des Projekts. [M1] Auf eigenen Teamseiten posten die Schüler ihre Gedanken, Ideen und Aktionen. Das passiert in unterschied­ licher Form, in Stichworten, Sätzen, Assoziationen, Fragen oder Wortkettungen; Blogging-Zeiten sind fixe Parts des Ablaufplans. Auch das soziale Netzwerk Twitter ist Plattform für Ideen, Gedanken und momentane Aktionen der Schüler. Neben dem Projektaccount gibt es dort sechs Team­ accounts, mit denen Tweets rund um die Uhr verfasst werden. Chat ja, Facebook auch – kein Schüler hatte jedoch zuvor Erfahrungen mit dieser Form des Microblogging. So beginnt die rasante Exploration eines Mediums. Steckbrief Schulen Schule 1 Gymnasium Dreikönigschule Dresden Schule 2 St. Benno-Gymnasium Dresden Besonderheit: Gymnasium in Trägerschaft des Bistums Dresden-Meißen Schule 3 Gymnasium Dresden-Plauen Klassenstufen 10.–12. Klasse Steckbrief Unterrichtseinheit Zeitlicher Rahmen 5 Projekttage Gruppengröße 5 Jungen und 10 Mädchen Thema Cultural Hacking Orte Motorenhalle Dresden (Projektzentrum für zeit­genössische Kunst), Bahnhof Mitte und frei gewählte Orte im Stadtraum 18 / 19 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Gerald Nestler 1. Tag Space Time Moves / kiss / Projekt­ inhalt / Aufgabe / Inputs: unzählige Bild- und Videobeispiele / Briefing / Projektablauf als Wochenplan / Was ist ein System? 7 Gruppen bloggen und twittern ihre Antworten / Twittern / Auswertung / »Verfolge den blauen Ball.«: Reflexion komplexe Blue-Ball-Machine auf www. blueballfixed.ytmnd.com / Teambildungsphase, Open Space /TeamTwitteraccounts / Hausauf­gabe 10 minutes to go Schülerinnen und Schüler erkunden an unterschiedlichen Stationen den außerschulischen Projektraum Der Kick-Off beginnt mit dem Konzept Space Time Moves – gleichzeitig ein Warm Up und Kennenlernen. Die Schüler werden dabei mit Handlungen konfrontiert, die sie mindestens zu zweit ausführen sollen. Sie werden einem unfertigen Raum ausgesetzt und bauen an ihm weiter. Dinge werden hineingeholt oder herausgetragen, zusammen- oder auseinandergebaut, Gedanken in Form kurzer Nachrichten von bis zu 140 Zeichen aufgeschrieben, Kameras an Beinen montiert, Perspektiven verändert, ein Podium gestellt, Wege markiert, Video geschaut, gechillt, die Erdanziehung verschoben, sich kennengelernt. Es entsteht ein Raum, der sich in ständiger Fluktuation befindet. Anschließend stellen wir die Inhalte der Woche anhand eines detaillierten Ablaufplans vor, darin sind Inputs, Übungen, Besprechungen, Präsentationen, Reflexionsphasen, Blogging-Zeiten u.a. verzeichnet. Mit der Vorstellung der Wochenaufgabe wird anhand zahlreicher Beispiele ein breiter Exkurs in die sich berührenden Bereiche Medienkultur, Alltagskultur, Cultural Hacking und aktuelle Kunst unternommen. Die Schüler erhalten darüber hinaus ein Briefing, das für die folgenden Tage fragender Begleiter wird: »Was ist ein System?« steht da, oder: »Was passiert, wenn wir systemfremde Daten in ein System einschleusen und damit experimentieren?« [M2 und M3] Erinnern wir uns an . Was ist ein System? Sieben Gruppen, die diese Fragestellung in unterschiedliche Kontexte rücken, posten ihre Gedanken dazu direkt auf den Blog. Eine eigentlich kaum zu lösende, weil viel zu komplexe und überfordernde Fragestellung. Ein weiteres maßgebendes didaktisches Setting schaffen wir mit der Untersuchung der Blue Ball Machine. [M4] In zwei Gruppen wird die Datei im Netz angeschaut. Unzählige blaue Bälle durchlaufen darin verschiedene Stationen, in denen sie verarbeitet werden. Auf den ersten und zweiten Blick ist das extrem unübersichtlich und überfordernd. Der Versuch einer Ordnung beginnt mit der Aufgabe »Verfolge für eine Minute den blauen Ball.« Die nächste Überforderung. Welchen Ball verfolgt man? Unordnung. In dem anschließenden Gespräch reflektieren die Schüler die Komplexität dieses Systems und die regelrechte ›Schönheit‹ seines Ablaufs als Ausschnitt eines eigentlich noch viel komplexeren Geschehens. Die zuvor verfassten Systemdefinitionen werden darauf bezogen und es wird diskutiert, inwieweit sie auf diesen Fall anwendbar sind. Diese Wahrnehmungsübung bildet die Grundlage für Untersuchungen im Stadtraum am folgenden Tag. Die Teams, in denen die Schüler im Verlauf der Woche gemeinsam arbeiten, werden am Ende des ersten Tages gebildet. Ähnlich der Idee des Open Space werden Themen gesammelt, die auf eigenes und kollektives Interesse stoßen. Die Schüler ordnen die thematischen Felder selbst und strukturieren sie nach eigenen Kriterien um. Daraus entstehen sechs Teams, die sich wie folgt benennen: Vorsicht lange nicht gestrichen (vlng); MENSCHENFABRIK1; visio3; kunsttweets; LUEXJO; veggiegroupi. 2. Tag Auswertung 10 minutes to go / Untersuchungskriterien / Dinguntersuchung Bahnhof Mitte / Präsentation in der Motorenhalle / gemeinsame Reflexion / Welche Ideen entstehen für die weitere Arbeit? Woran könnte angeknüpft werden? / Situativer Input: Projekt »Absperrung ungültig« / »Zwischenlesen« /Präsentation und Reflexion / Situative Inputs: Fischli und Weiss, Bestué und Vives / Teamzeit, Ideen, Konzepte / Bloggen / Twittern Die Untersuchungen auf Basis der Blue Ball Machine werden fortgesetzt. Maßgebend für die Konkretisierung einzelner Projektideen wird dabei eine Übung im Stadtraum, deren Schwerpunkt auf dem kontextuellen Transfer dieses virtuellen Systems in den physischen Umraum liegt. Ähnlich den in der Animation zu findenden blauen Bällen und den höchst differenzierten Durchlaufstationen analysieren und dokumentieren die Schüler die am Bahnhof ineinandergreifenden Systemstrukturen. Zuvor sammelten sie folgende Untersuchungskriterien gemeinsam: Wiederholungen, Abläufe, Loop, Verhalten, Umwelt, Funktionen, Wege, Aussehen, Perspektiven, Zeitabläufe u.a. In der daran anschließenden Präsentationsphase wird das entstandene Dokumaterial reflektiert. In der Übung Zwischenlesen bekommen die Schüler die Aufgabe, Zusammenhänge zwischen Dingen zu schaffen. Innovative und kreative Zweckentdeckung steht im Mittelpunkt. Aus einer Packung Instant-Cappuccino, einem Apfel und einem Edding entsteht das »Peter-BrabeckSpiel«; aus einem Locher, einem weißen Blatt Papier und einem mit Wasser gefüllten Plastikbecher wird das »Löchli-Spiel« entwickelt; eine Kettenreaktion aus Flasche, Fernbedienung und Tacker wird konstruiert oder ein projizierter Kühlschrank mit ›echten‹ Lebensmitteln gefüllt. Den Schülern wird dabei auch Zeit und Raum gegeben, mit unterschiedlichen Formaten von Social Media zu experimentieren. MENSCHENFABRIK1 erstellt das Facebookprofil einer Mikrowelle, die bereits 32 Freunde hat. 23 Vgl. Panofsky, Erwin: »Die Perspektive als symbolischer Raum«, in: Ders.: Aufsätze zu Fragen der Kunstwissenschaft, Berlin 1998 (1924/25), S. 664–757. 24 Zum Begriff im schulischen Kontext vgl. Löw, Martina: Raumsoziologie, Frankfurt a.M. 2001, S. 231ff. Der Projektraum ist eine ständige Baustelle, ein Medienlabor. Ein »Aggregatraum«23 oder »synthetischer« 24 Raum, der durch Prozessualität, Dynamik und Hybridität charakterisiert ist. An einem Ort entstehen verschiedene Räumlichkeiten. Spuren aus Übungen bleiben zurück und neue ›Projektionen‹ kommen hinzu. Das Computerspiel Die Sims 3 steht allen Schülern wie auch den Besuchern der Eröffnung zur freien Verfügung. Auch die sogenannten Cheats – ›Tricks‹ oder Umcodierungen zur Veränderung des Spiels – sind frei zugänglich. Im Verlauf der Woche entwickelt sich daraus eine eigene virtuelle Welt. Unter anderem existiert auch eine analoge Twitterwall in Form einer Papierrolle, auf der jeden Tag Fragen mit einem Kurztext von bis zu 140 Zeichen beantwortet werden können: »Was ist für dich Utopie, Spiel, Internet oder Macht?« Nachdem die Schüler an den ersten Tagen durch Anleitungen und Experimente zahlreiche Anstöße erfahren, beginnt am Ende des zweiten Tages die Produktionsphase. Ein Parallel Processing setzt ein, eine von Inputs und Besprechungen unterbrochene Phase, ­ in der jedes Team Ideen konkretisiert, Inhalte erforscht und darüber hinaus zur Entwicklung eigener Projekte gelangt. 20 / 21 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Gerald Nestler Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Vorsicht lange nicht gestrichen (Vlng) MENSCHENFABRIK1 kunsttweets Die Übertragung der virtuellen Blue Ball Machine in den physischen Raum bildet für das Team ein komplexes Setting, worauf die Ideen und der Ablauf der eigenen Aktion zurückzuführen sind. In der Übung entdeckt Vlng die sogenannten Ampeldrücker an Straßenkreuzungen und Gleisübergängen. Das Team fotografiert und beobachtet die verschiedenen Gebräuche dieser zumeist gelb leuchtenden Benutzeroberflächen. Es scheint sich um eine Art ›Durchlaufstation‹ zu handeln, die reflexartig konsumiert wird. Sterilität ist dort nie gewährleistet. Die Idee einer Putzaktion wird geboren. Dabei bemerkt die Gruppe weitere Stationen, die ähnlich verarbeitet werden könnten: Feuchttücher müssten beispielsweise in jeder Telefonzelle zum Standard deklariert werden; Fahrkartenautomaten könnten in Quarantäne versetzt und Haltestellen- sowie Straßenbahnsitze während des vollen Betriebs mit dem Staubsauger gereinigt werden. In der Konzeption versucht das Team eine Aktion zu denken, die entweder unterschiedliche Stationen an einem Ort oder aber ein Objekt in der gesamten Stadt zu bearbeiten versucht. Durch Präzision und Reduktion der anfänglichen Ideen entwickelt Vlng eine überaus konsequente Aktion. In A CLEAN HOUSE IS A SIGN OF WASTED LIFE hackt die Gruppe städtische Ampeldrücker und deren Benutzer. Die Schülerinnen reinigen diese Stationen in einer präzisen Abfolge. Dafür werden Reinigungsprotokolle entwickelt, wie sie oftmals auch in öffentlichen Sanitärbereichen zu finden sind. Jeder ­gereinigte Druckknauf erhält diesen Plan, auf dem Ort, Zeit und Datum der Rei­ nigung einen Eintrag erhalten. Die Orte werden ebenfalls kartiert. [M5] »Inwiefern sind Maschinen Menschen? Inwiefern sind Menschen Maschinen? Inwieweit sind Mensch und Maschine verschmolzen? Wie abhängig ist die Maschine vom Menschen? Wie abhängig der Mensch von der Maschine? Wie erstellt man einen undefinierten Raum?«25 MENSCHENFABRIK1 und das Facebookprofil einer Mikrowelle – derartige Umdefinitionen sind sinnstiftend für die Gedanken und Problemstellungen dieses Teams. Im Prozess der Ideensammlung und des Inputs streift die Gruppe auch Fragen der Kybernetik. Die digitale Welt der Neuen Medien spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Thematik des Roboters und weitere komplexe Zwischenspiele von Mensch und Maschine. Mit mensch­ liches Handy sucht Mobiltelefon und menschlicher iPod sucht Kopfhörer starten skizzenhaft erste Versuche einer Umsetzung des Themas. Die Überlegung, Maschinenteile auf den menschlichen Körper zu übertragen, führt zu Bodypaintings und Tattoos. »Tag 3: Was fängt man mit einem ganzen Tag voller Zeit zur freien Verfügung an? Man diskutiert, lamentiert, bemalt sich mit Filzstiften, ärgert sich, dass man das Gemalte nicht wieder abwaschen kann, weil das Wasser abgestellt ist, man schmiedet Pläne, wirft sie wieder über den Haufen und man bewegt sich ständig zwischen ­Inspiration, Planlosigkeit, Aktivität und Trägheit. Und was kommt dabei raus? Die Idee zu einem Stoptrickfilm mit Mr. Polylux in der Hauptrolle. VieleFragen kommen auf.« MENSCHENFABRIK1 dreht auf der Basis von ca. 450 Foto­grafien einen Animationsfilm. Die Schüler werden darin zu Requisiten des Hauptakteurs, einem Overheadprojektor. [M6] »[Di, 24.08.] Heute morgen zum Bahnhof und Leute beim Ein- und Ausgehen beobachtet und gefilmt. Danach Präsentationen angesehen. Am Nachmittag haben wir dann kleinere Projekte bearbeitet – um neue Ideen für unser ›großes‹ Projekt zu kriegen.« Schlagworte – Tags –, unter denen sich die Gruppe kunsttweets gründet, sind »Natur« und »Mensch«. Bereits am Ende des zweiten Tages werden diese Themenkomplexe konkretisiert. Dabei arbeitet das Team von Beginn an mit der Überlegung, eine Art Raumund Bilderweiterung in eine Kombination von Projektion und physisch erfahrbaren Gegenständen zu übersetzen. Inhalt dieser Überlegung sind Aktionen im ­öffentlichen Raum, die subversiven Charakter haben sollen und dennoch ein Hauptaugenmerk auf Surrealität und Schönheit legen. Die Stadt wird als natürlicher Lebensraum des Menschen begriffen, Bäume sind Nachbarn von Beton und Asphalt. Titelfindungen folgen. StadtPflanze? AnstattNatur? StattNatur? In dem Projekt Stattpflanze inszeniert kunsttweets schließlich ein Picknick in einer belebten Einkaufspassage. Wie ­hineingeschnitten sitzt die Akteurin auf einer blauen Decke, mit einem Strohhut, liturgisch, während Passanten anscheinend achtlos vorbeigehen. Die ­Situation hat Bluebox-Charakter, erinnert an eine Montage. Ein Fake. Womöglich ein Werbefilm, aber wofür? In der Motorenhalle wird die Aktion in einer Videoprojektion auf Bodenhöhe ausgestellt, davor befindet sich, den Raum klar ­definierend, ein Rechteck aus Kunstgras. Die Reaktionen der Passanten hängen ­ in Form von Fotografien an der gegenüberliegenden Wand. [M7] 25 Aus dem Konzept von MENSCHENFABRIK1. Beobachtungen und Interventionen im Stadtraum Reinigung der Ampeldrücker im Stadtraum, Picknick in der Einkaufspassage 22 / 23 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Gerald Nestler Schülerinnen und Schüler beim Aufbau der Ausstellung ... ... und bei der Arbeit an ihren Projekten im öffentlichen Raum Gruppe 4 Gruppe 5 Gruppe 6 visio3 LUEXJO veggiegroupi Das wiederum ist Latein und heißt Anblick: Drei Schülerinnen, die den Anblick von Menschen thematisieren. Zu einfach? Wohl kaum. Mit dem Open Space steht der inhaltliche Komplex dieses Teams fest: Werbung und Mode einer gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschaft. Für die Umsetzung braucht es ein gutes Management. Mit der Verlagerung der Blue Ball Machine ins ›real life‹ macht die Gruppe dafür den ersten Schritt. ­visio3 untersucht einen Bahnsteig. Diesen Ort als komplexe Durchlaufstation verstehend, beobachten die Schülerinnen Passanten, deren Kleidung, Verhalten und sonstige Codes. Viele Fotografien entstehen und werden an einer Wand der Halle gesammelt: von Werbeplakaten, ein- und aussteigenden Menschen, von Klamottenkombinationen. Der Clou: Alles ist schwarzweiß. Wir denken pink, statt es anzuglotzen. Die Fotografien des Bahnsteigs verbleiben als Spur. Im Netz sammelt und ordnet das Team Werbungen aus Gegenwart und Vergangenheit. Bereits am dritten Tag werden deren Reproduktionen in einem raumgreifenden Mobile installiert. Diese netzbasierte Sammlung wollen die Schülerinnen mit Untersuchungen im Stadtraum erweitern. Passanten sollen interviewt werden. In der Teambesprechung wird besonderer Wert auf den Inhalt der Interviewfragen gelegt. Mit der Präsentation ihrer Interviews, der Spuren und des Mobiles schafft visio3 eine multimediale Installation, der durch die Videoprojektion einer belebten Einkaufpassage eine weitere Ebene hinzugefügt wird. Neben den völlig beliebig ablaufenden Filmaufnahmen der Passanten werden die Interviews hörbar: Wie stellen Sie sich die Mode der Zukunft vor? Raumanzüge à la Star Trek? [M8] Mobiles Bloggen und Twittern ist ständig angesagt. Mit dem Tweet »Anfang und Ende, aber was ist mit dem Weg« schafft LUEXJO ein Statement, das als Fazit des zweiten Tages gelten kann. Seit dem Kick-Off sind die Aktivitäten der Gruppe mit der virtuellen Welt des Computerspiels Die Sims 3 gedanklich verbunden – die Grundidee, diese Welt ins ›real life‹ zu transferieren, entwickelt LUEXJO im ­Übrigen bereits am ersten Tag. Übungen wie die Übertragung der virtuellen Blue Ball Machine in die physische Wirklichkeit sowie Zwischenlesen sind für das Team Übergangsstationen. Der Aufbau einer Kettenreaktion aus Tacker, Plastikflasche und Fernbedienung oder die Verfolgung eines Bechers auf der Straße, bis er von einem LKW überrollt wird, spiegeln den Grundcharakter LUEXJOs. Trash ist angesagt, in einer Verknüpfung von Bricolage, Alltagswahrnehmung und jugendlicher Spielkultur mit sinnstiftender Wirkung. Sogenanntes Human Gaming, ein re-enact­ ment von Szenen eines Computerspiels, verlangt die intensive Exploration von Die Sims 3. Das Team erstellt die eigenen Persönlichkeiten als Avatare, beobachtet das Verhalten der Sims bei Hunger, Müdigkeit oder Kommunikation. LUEXJO gründet das Label The Reals 3 und gestaltet ein eigenes Cover im Stil von Sims. Symbole werden nachgebaut und die Bewegungen von Sims erprobt, man lernt Simlisch. Mit der abschließenden Umsetzung im öffentlichen Raum werden Sprache und Kulturtechniken der Sims aus der virtuellen in die physische Wirklichkeit katapultiert. Ein klickender Cursor lässt den ›realen‹ Sim in der Stadt agieren, schickt ihn bei Hungergefühlen zum nächsten Sandwichstand. Die ursprünglich virtuellen Informationen werden nun recodiert. [M9] Unter dem Titel Quetschtomate dreht das Team am zweiten Tag ein Video zum Konsum von Gemüse. Es werden Tomaten gekauft und der Weg der Tomaten wird im Splitscreen aus drei Perspektiven dargestellt. Auffällig ist der Blick aus dem Inneren der Tüte – verschoben und anders. Das Verhältnis von Konsum, Mensch und Tier lässt veggiegroupi in der gesamten Woche nicht los. Parasit, Investor und Expansion sind drei Schlagworte, die sich in den Notizen finden. Derart wird der Käfig zum Gegenstand von Überlegungen. Sollten Käfige auf den Kopf gesetzt werden? Warum? Fühlen Sie sich sicher? Welche Bedeutungen verkörpert ein ­Käfig? Wollen wir wirklich damit arbeiten? Die Plakativität dieses Gegenstands wird diskutiert und schlussendlich distanziert die Gruppe sich wieder von diesem symbolischen Gegenstand. Durch den Prozess des Umdenkens gelangt veggie­ groupi auf eine neue Ebene. Kuscheltiere kommen ins Spiel, sie sind vielschichtiger in ihrer Aussage. In der gemeinsamen Besprechung präsentiert das Team sein Vorhaben, danach werden Materialien für die Durchführung des eigenen Projekts hergestellt und erprobt. So wertet veggie­ groupi Logo und Inhalt der Aktion Mensch um. In der Aktion Kuscheltier wird in ­einer stark frequentierten Einkaufspassage, einem von Hilfsorganisationen ­bevorzugten Ort für Spendenaufrufe, ein Netz aus Kuscheltieren geknüpft. Dabei tragen die Schüler weiße Overalls, die mit dem Logo versehen sind, und einen Mundschutz. Jedes Kuscheltier trägt zusätzlich einen Slogan. In dieser skurrilen Aktion werden verschiedene Kontexte gesamplet: die Hilfsorganisation, Sterilität, Kitsch und Trash, Tierhaltung, Passanteninteraktionen, Unfallhilfe. [M10] 24 / 25 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Gerald Nestler Setup Am fünften Tag werden der Projektraum und die darin abgelaufenen Prozesse in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert. Auch Gerald Nestler ist aus Wien angereist. Vor Ort tauchen wir bereits am Abend ­zuvor gemeinsam mit ihm in den Wochenverlauf und die Projekte der einzelnen Teams ab. Nestler begleitet den letzten Tag und stellt gemeinsam mit den Schülern eine seiner Textarbeiten aus: De Sign your Self-Colonization as Human Resource | Micro Brand and Consume your Awareness | You are Not as Rare as Reality. Für Nestler bezeichnet das Phänomen der Self-Colonization eine erweiterte, aktuelle Kolonialisierung von Ding-Mensch-Beziehungen, die sich sowohl auf gesellschaftlicher als auch biotechnologischer Ebene abspielt. Dies geschieht für ihn überall dort, wo ­die Dinglichkeit des Menschen als Ressource verwertet und das darin liegende Handlungs- und Selbsterfindungspotential profitabel abgeleitet werden kann. Individuen werden dazu erzogen, »[…] sich ständig selbst zu erfinden, anzupassen, zu mobilisieren, zu ent-individualisieren und neu zusammenzusetzen – und dies als koloniale Strategie an sich selbst anzuwenden.«26 Der Mensch, im Humanismus noch im Zentrum seiner Weltanschauung, wird nun selbst zu einer »Plantage«, zu einem intelligenten Feld ökonomischer Verwertung. Kolonialismus wäre somit keine Kategorie der Vergangenheit bzw. der postkoloniale Anspruch einer Emanzipation, sondern der globale Prozess einer »selbstbestimmten« Verwertung aller Humanressourcen. Gerald Nestler steht den Schülern an diesem Tag jederzeit als Gesprächspartner oder als Helfer bei technischen Problemen und Präsentationsfragen zur Verfügung. Er ist aktiv mitwirkender Experte im Projekt »Processing2010«, ein ›Mentor‹ und ›Teammate‹, der uns mit seinen Arbeiten auf neue Räume aufmerksam macht. Im Verlauf des Eröffnungsabends entwickeln sich zwischen ihm und den Schülern Gespräche über seine textuelle Arbeit – in einer selbstverständlichen Art und Weise, in einem Zusammenspiel des gesamten Settings. Stufe 4 Aufbau der Ausstellung gemeinsam mit dem Künstler Gerald Nestler Wie alle Pädagogik hat auch Kunstpädagogik mit Science-Fiction zu tun. »Es geht dabei immer um Prozesse, die in die Zukunft gerichtet sind.«27 In der globalen Wissensgesellschaft sind kunstpädagogische Konzepte gefragt, die in der Lage sind, die neuen Rahmenbedingungen als Chancen zu verstehen: Globalisierung, Web 2.0, Mobilität, Ökonomisierung, Destabilisierung von Machtverhältnissen, Erweiterung des Raumes, neue Grenzziehungen, Stabilität und Auflösung. Recycling ist angesagt. Das erfordert grundsätzliches Umdenken, und Cultural Hacking ist dafür eine gute Übung. So ist das Ziel zeitgenössischer ästhetischer Bildung nicht eine »angestrengte inszenierte Antwort auf etwas, das auch anders ›formuliert‹ werden könnte«, sondern vielmehr die Provokation eines solchen Umdenkens, nämlich »ästhetische Situationen zu Aufbau der Ausstellung und abendliche Eröffnungsfeier schaffen, die innere und äußere Erfahrungsräume neu befragen«.28 Eine Bildung, die sich auf Kunst bezieht, will nicht die Wirklichkeit abbilden, es geht vielmehr »um den notwendigen, spannenden Prozess Wirklichkeit zu destruieren und zu konstruieren.«29 Der Bildungstheoretiker Rainer Kokemohr bezeichnet Bildung als Prozess des Infragestellens hergebrachter und des Ausprobierens neuer Ordnungsfiguren.30 Bildung ist also jener Verarbeitungsmodus von Erfahrungen, Zeichen und Codes, der solches Umdenken als fundamentale Veränderung unseres gegebenen Welt- und Selbstentwurfs bewirkt.31 Nach Gregory Batesons Lerntheorie entspräche das der dritten und damit höchsten Stufe des Lernens, zu der Menschen fähig sind.32 Über das bloße Know That, Know What und Know How hinaus ermöglicht der Verarbeitungsmodus des Cultural Hacking auch das »Know Why als Prozess der Recherche, Findung, Strukturierung, Diskussion und Entscheidung beziehungsweise Beurteilung« 33 – und vielleicht sogar noch mehr: Stufe 4 – know how … to change. 26 Gerald Nestler in: Buchhart, Dieter: »In einem Gepräch mit Gerald Nestler«, in: Nestler, Gerald (Hg.): Yx, a.a.O., S. 230–233, S. 231. 27 Meyer, Torsten: »To Whom It May Concern: Angebot Kunstpädagogik«, in: Billmayer, Franz (Hg.): Angeboten. Was die Kunstpädagogik leisten kann, München 2009, S. 142–148, S. 143. 28 Lange, Marie-Luise: Grenzüberschreitungen. Wege zur Performance, Königstein/Taunus 2002, S. 476ff. 29 Pazzini, Karl-Josef: »Alle Bildung ist ästhetisch«, in: Lemke, Claudia; Meyer, Torsten; Münte-Goussar, Stephan; Pazzini, Karl-Josef (Hg.): sense & cyber. Kunst, Medien, Pädagogik, Bielefeld 2003, S. 275–285, S. 285. 30 Vgl. Kokemohr, Rainer: »Bildung als Welt- und Selbstentwurf im Anspruch des Fremden. Eine theoretisch-empirische Annäherung an eine Bildungsprozesstheorie«, in: Koller, Hans-Christoph; Marotzki, Winfried; Sanders, Olaf (Hg.): Bildungsprozesse und Fremdheitserfahrung. Beiträge zu einer Theorie transformatorischer Bildungsprozesse, Bielefeld 2007, S. 13–68, S. 14. 31 Vgl. ebd., S. 21. 32 Vgl. Bateson, Gregory (1972): Ökologie des Geistes. Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven, Frankfurt a.M. 1981, S. 379. Aus dem Lernen der Stufen 0–II ergibt sich, nach Bateson, der Aufbau einer stabilen Weltansicht, die immer nur ein eindeutiges Handlungs- und Beschreibungsmuster im Sinne von Know That, Know What und Know How beinhalten kann. 33 Nestler, Gerald: »Derivatnarrativ«, a.a.O., S. 152. 26 / 27 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Unterrichtsmaterialien Gerald Nestler Ausstellungen/Projekte (Auswahl) 1986–92 1994–97 2003 2004 2008 Seit 2009 2010 2010/11 2011 2005 CEOs. Videoporträtserie 1999-2005. Gerald Nestler und Toni Kleinlercher, in: update, kuratiert von eSeL, Künstlerhaus, Wien und Re-Act, kuratiert von Dieter Buchhart und Anna Karina Hofbauer, Nikolaj Contemporary Art Center Kopenhagen. umspannen – drawing options. 4-channel sound: Peter Szely. Raum für Kunst, Wien und Kunstraum Innsbruck, 2006 Plastic Trade-Off. Meta-Performative Börseninstallation in Echtzeit und Virtueller Wissensraum. Gerald Nestler und Sylvia Eckermann. working_world.net, Museum Arbeitswelt Steyr 2008 Im Neunten Himmel oder das andere Ende Europas. Expansion und Adaption im 17. Jhd. Interaktive Rauminszenierung, mit Sylvia Eckermann. Komposition: Peter Szely, Museum Stein, Krems 2009 The Trend Is Your Friend! A performative and interactive artistic experiment. Mit Sylvia Eckermann, MedienKunstLabor Graz, in Kooperation mit dem Steirischen Herbst, TU Graz, Uni Innsbruck und Peter Szely 2010 Breathe My Air. A paradoxical conversation piece. 3-Kanal-Video. Mit Sylvia Eckermann. Kurator: Li Zhenhua. Four.Zero.Space, Hangzhou, in Kooperation mit Shanghai eARTS. Businesslunch. Mittagspause. Kollegenschaft. Reduktionsteller mit Saft. Kantinenbesuche von Gerald Nestler und Gerald Straub während der Vienna Art Week, Wien lebt und arbeitet in Wien und London Studium und Diplom an der Akademie der bildenden Künste, Wien Broker und Trader, ›Feldforschung‹ zur globalen Marktwirtschaft, Hamburg Österreichisches Staatsstipendium für Bildende Kunst Forschungsstipendium der Gemeinde Wien, Wissenschaftsund Forschungsförderung Donauuniversität Krems, Lecturer am Institut für Bildwissenschaften Österreichisches Atelierstipendium Beijing/Nanjing (China) Practice-based-PhD am Centre for Research Architecture, Department of Visual Cultures, Goldsmiths College, London Herausgeber Kunstforum International Themenbände 200 und 201 zu Kunst und Wirtschaft, mit Dieter Buchhart Goldsmiths College, Department of Visual Cultures Research Bursary File Prix Lux, Electronic Language Festival São Paulo, nomination for TIYF! (mit Sylvia Eckermann) Österreichisches Atelierstipendium Krumau (Tschechien) Adjunct Professor, Webster University Wien, Department of Visual Cultures and Art www.geraldnestler.net Ausstellungen/Projekte (Auswahl) 1994 Real Data Stampede. Realdatenkonzert für Massenmedien und Computer. Ein Projekt von Thomas Feuerstein mit Thomas Bergmann, Peter Chiocchetti, Elmar Schaber, Mathias Fuchs, Peter Riedelsperger, Gerald Nestler, Utopia, Innsbruck 1995 Electronic Dust. Selbst-Kolonisierung und ausgelagertes Leben, Galerie der Stadt Innsbruck 1999 Sexy Curves. Audio-Visuelle Installation mit Börsendaten in Echtzeit. Gerald Nestler und Toni Kleinlercher. Sozialmaschine Geld, O.K Centrum für Gegenwartskunst, Linz 2002 c_bite, projectfriend~ship. Mit Oliver Irschitz, Interventionsprojekt, online und an der CeBIT, mit: Manfred Grübl, Jürgen Bauer und Automat, Hille Bressnik, Christof Cargnelli, Christine Citti, Johannes Deutsch, Hannes Bertolini, Peter Szely, Julian Wong, Hannover 2003 Sexy Curves Revisited. Inside the Data Wave. Audio-Visuelle Performance und Projektion mit Echtzeit-Börsendaten. In Kooperation mit dem Time Pill-Projekt von Norbert Brunner. Bienal de Valencia 2004 form 4 enlitened elevation. Live-Performance und Sound-Installation. Industriellenvereinigung, Wien Material als pdf zum Download verfügbar: www.medienportal.siemens-stiftung.org Bibliografie (Auswahl) 2006 Katalog working.world.net, Museum Arbeitswelt Steyr / AT Magazin EIKON 54 2007 Yx, fluid taxonomies—voided dimensions— enlitened elevations—human derivatives— vibrations in hyperreal econociety, Künstlerbuch und Reader, Schlebrügge Editors, Wien »Derivatnarrative.« Katalogbeitrag für Re.Sonance.Network.Mission.00. sonance. artistic.networt, Wien 2009 »Der Mensch als Derivat.« Künstlergespräch von Dieter Buchhart mit Gerald Nestler, Kunstforum International 197 2010 Magazin Kunstforum International Herausgeber der Themenbände 200 und 201 zu Kunst und Wirtschaft (mit Dieter Buchhart). Literatur Literatur Baecker, Dirk System, Autopoiesis, Kommunikation. Drei Einträge für das Lexikon des systemischen Arbeitens Friedrichshafen/Bodensee 2009 Pazzini, Karl-Josef Alle Bildung ist ästhetisch In: Lemke, Claudia; Meyer, Torsten; Münte-Goussar, Stephan; Pazzini, Karl-Josef (Hg.): sense&cyber. Kunst, Medien, Pädagogik Bielefeld 2003, S. 275–285 Baecker, Dirk Wozu Systeme? Berlin 2002 Bateson, Gregory (1972) Ökologie des Geistes. Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven Frankfurt a.M. 1981 Burkhardt, Sara Handlungsraum Netz. Neuartige Kommunikationsstrukturen und künstlerische Strategien In: K+U 338, 2009, S. 4–10 Richard, Birgit Das jugendliche Bildego bei YouTube und flickr. True (Black Metal) und Real als Figuren mimetischer Selbstdarstellung In: Hugger, Kai-Uwe (Hg.): Digitale Jugendkulturen Wiesbaden 2010, S. 55–72 Zaremba, Jutta »Sweded Films«. Der Boom selbstgedrehter Videoparodien In: K+U 339/340, Beilageheft Jugendkulturelle Bildwelten, 2010, S. 18–19 Düllo, Thomas; Liebl, Franz Cultural Hacking. Kunst des strategischen Handelns Wien 2005 Überblick Groys, Boris Über das Neue. Versuch einer Kulturökonomie München 1992 Heidegger, Martin (1927) Sein und Zeit Tübingen 2006 Hugger, Kai-Uwe (Hg.) Digitale Jugendkulturen Wiesbaden 2010 Kokemohr, Rainer Bildung als Welt- und Selbstentwurf im Anspruch des Fremden. Eine theoretisch-empirische Annäherung an eine Bildungsprozesstheorie In: Koller, Hans-Christoph; Marotzki, Winfried; Sanders, Olaf (Hg.): Bildungsprozesse und Fremdheitserfahrung. Beiträge zu einer Theorie transformatorischer Bildungsprozesse Bielefeld 2007, S. 13–68 Lange, Marie-Luise Grenzüberschreitungen. Wege zur Performance Königstein/Taunus 2002 Meyer, Torsten To Whom It May Concern: Angebot Kunstpädagogik In: Billmayer, Franz (Hg.): Angeboten. Was die Kunstpädagogik leisten kann München 2009, S. 142–148 Nestler, Gerald (Hg.) Yx. Fluid Taxonomies. Enlitened Elevation. Voided Dimensions. Human Derivatives. Vibrations in Hyperreal Econociety Wien 2007 Tag 1 Space Time Moves / kiss / Projektinhalt / Aufgabe / Inputs: unzählige Bild- und Videobeispiele / Briefing / Projektablauf als Wochenplan / Was ist ein System? 7 Gruppen bloggen und twittern ihre Antworten / Twittern / Auswertung / »Verfolge den blauen Ball.«: Reflexion komplexe Blue Ball Machine auf www.blueballfixed.ytmnd.com / Teambildungsphase, Open Space / Team-Twitteraccounts / Hausaufgabe 10 minutes to go Tag 2 Auswertung 10 minutes to go / Untersuchungskriterien / Dinguntersuchung Bahnhof Mitte / Präsentation in der Motorenhalle / gemeinsame Reflexion / Situativer Input: Projekt »Absperrung ungültig« / »Zwischenlesen« / Präsentation und Reflexion / Situative Inputs: Fischli und Weiss, Bestué und Vives / Teamzeit, Ideen, Konzepte / Bloggen / Twittern Tag 3, 4 und 5 Besprechungen / Konsultationen / Bloggen / Twittern / Eigenständige Teamarbeit / Umsetzungen der Teamprojekte, -aktionen / Dokumentation der Umsetzung / Gerald Nestler besucht das Projekt: Gespräche und gemeinsames Durchdenken der Raumkonzeption / Materialverarbeitung und -fertigstellung / Bloggen / Twittern / Präsentationsaufbau / Eröffnung 28 / 29 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Unterrichtsmaterialien Materialien B1 Gerald Nestler Performative Installation, Industriellenvereinigung Wien B2 Gerald Nestler Performative Installation, Industriellenvereinigung Wien © Gerald Nestler. Foto: mit freundlicher Genehmigung von Hans Labler © Gerald Nestler. Foto: mit freundlicher Genehmigung von Hans Labler Materialien M1 Blog zum Projekt Processing2010 Auf www.processing2010.wordpress.com. Er beinhaltet Aufgaben, Fragen, Übungen, Experimente, Kommentare, Dokumentationen sowie Bild- und Videomaterial aller Schülerprojekte. M2 Wochenaufgabe, Wochenplan und Briefing zum Projekt Auf www.processing2010.wordpress.com/team1 30 / 31 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Unterrichtsmaterialien Materialien M3 Materialblatt Zur Idee des Cultural Hacking und Abbildung des Infopoints mit Literaturauswahl auf www.processing2010.wordpress.com/infomaterial Materialien M4 Screenshot Blue Ball Machine www.zire.ch/blueball2.html 32 / 33 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Unterrichtsmaterialien Materialien M5 Screenshot Teamseite von Vorsicht lange nicht gestrichen Mit Kommentar, Bild- und Videomaterial auf www.processing2010.­wordpress.com/team3-2/ und Video­ stills der Aktion A CLEAN HOUSE IS A SIGN OF WASTED LIFE. Materialien M6 Screenshot Teamseite von MENSCHENFABRIK1 Mit Kommentar, Bild- und Videomaterial auf www.processing2010.wordpress.com/team7/ und Videostills ihres Stoptrickfilms. 34 / 35 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Unterrichtsmaterialien Materialien M7 Screenshot Teamseite von kunsttweets Mit Kommentar, Bild- und Videomaterial auf www.processing2010.wordpress.com/team5/ und Videostills ihrer Arbeit Stattpflanze. Materialien M8 Screenshot Teamseite von visio3 Mit Kommentar, Bild-, Audio- und Videomaterial auf www.processing2010.wordpress.com/team3/ und Videostills der in ihrer Installation integrierten Straßenszene. 36 / 37 kiss Robert Hausmann, Matthias Laabs / Unterrichtsmaterialien Materialien M9 Screenshot Teamseite von LUEXJO Mit Kommentar, Bild- und Videomaterial auf www.processing2010.wordpress.com/luexjo und Videostills ihrer Arbeit The Reals 3. Materialien M10 Screenshot Teamseite von veggiegroupi Mit Kommentar, Bild- und Videomaterial sowie Logo auf www.processing2010.wordpress.com/team6/ und Videostills der Aktion Kuscheltier.