urlaubsreif…

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Sonntag Aktuell, 8. Januar 2012
REISEN 31
In der Schule des Bürgermeisters
Das Dörfchen Carezza in Südtirol ist für Familien die richtige Adresse. Auf den Pisten am Fuße von Rosengarten und Rotwand finden
Kinder und Anfänger ideale Bedingungen zum Üben und Lernen.
VON SVEN HAHN AUS CAREZZA
Markus Dejori kommt trotz minus 13 Grad
gut gelaunt zur Talstation in Carezza. Seine
Rennskier trägt er lässig auf der Schulter. Er
ist schlank, hat schwarze Haare mit ein paar
grauen Strähnen. Nach italienischer
Tradition hat er eine große dunkle Sonnenbrille im Gesicht. Seine roten Skiklamotten
mit den Abzeichen am Arm und auf der Brust
zeichnen ihn als Skilehrer aus.
„Jetzt zeig’ ich euch mal mein Skigebiet“,
sagt er und schnallt die Rennlatten an. Wenn
er das sagt, dann nicht nur, weil er seit Jahrzehnten in Carezza als Skilehrer arbeitet.
Hauptberuflich
ist
Markus
Dejori
Bürgermeister der 2000-Seelen-Gemeinde
Welschnofen, zu der auch Carezza gehört.
Mit dem Paolina-Sessellift geht es auf
über 2100 Meter hinauf. Die Hänge sind fast
ohne Ausnahme nach Süden gerichtet. Schon
an den kurzen Dezembertagen bekommen
Skifahrer auf den Pisten über Carezza
dadurch viele Sonnenstunden ab.
Markus lässt seine Skispitzen Richtung
Talstation zeigen. Trotz der Rennskier erreicht er dabei nur selten rennmäßige Geschwindigkeiten. Denn bis auf wenige Ausnahmen sind die Pisten in Carezza einfach zu
meistern – viele breite und flache Hänge ziehen sich ins Tal. „Das hat den Vorteil, dass
sich Kinder und Anfänger nicht den ganzen
Tag mit einem einzigen Idiotenhügel herumplagen und langweilen müssen“, sagt der Pisten-Bürgermeister. Wenn es einmal steiler
wird, können diese Abschnitte meist auf Ziehwegen umfahren werden.
Die Speisekarte erfüllt die Hoffnungen,
Schlutzkrapfen mit brauner Butter
Wer es sportlicher mag, nimmt die Gondel
von der Talstation aus zum Sessellift Pra di
Tori. Hier führt eine knapp zweieinhalb Kilometer lange schwarze Abfahrt ins Tal. „Auf
diesem Hang findet ein Weltcuprennen der
Snowboarder statt“, erzählt Markus. Der
sportbegeisterte Bürgermeister war in seiner
Jugend selbst Rennläufer. „Ich habe im Sommer sogar an Grass-Ski-Rennen teilgenommen“ erzählt er, „dafür sind wir vor 25 Jahren
bis nach Kirchheim/Teck gefahren.“
Das Skigebiet Carezza in den Dolomiten lockt schon an den kurzen Dezembertagen dank seiner Südhänge mit vielen Sonnenstunden.
Auf dem Rückweg vom Pra di Tori legt
Markus eine kurze Verschnaufpause ein – es
ist Mittagszeit. Wir kehren im Hennenstall
ein. Die Hütte ist urig eingerichtet, viel Holz,
ein offener Pizzaofen, Kellnerinnen im
Dirndl. Skifahren in den Dolomiten unterscheidet sich gerade beim Einkehrschwung
vom hektischen Betrieb vieler Verpflegungsstationen in Österreich und der Schweiz.
Die Speisekarte erfüllt unsere Hoffnungen. Schlutzkrapfen mit brauner Butter,
Hirschcarpaccio auf Rucolabeet und
Parmesankäse, Polenta mit Pilzen und Käse.
Danach noch der obligatorische Espresso
macchiato und zurück in den Schnee.
Die Verbindungen zwischen den
einzelnen Pisten sind am Karersee, wie Carezza auf Deutsch heißt, ein wenig mühselig.
Lange Ziehwege, langsame Schlepp- oder sogar Tellerlifte führen unter den Gipfeln von
Rotwand und Rosengarten hin und her. „Unser Gebiet ist alt“, erklärt Markus, „es ist nicht
am Reißbrett entstanden, wie man das heute
machen würde.“ In den 1950er Jahren
entstanden hier die ersten Skilifte. Die wurden damals von den Hotels eigens für ihre
Gäste gebaut. „Die Gäste vom Savoy sind
dann 30-mal am Tag mit dem Savoy-Lift
gefahren. Die Gäste vom Hotel Moser 30-mal
mit dem Moser-Lift und so weiter“, erinnert
sich Markus.
Solange es die Stadtgeschäfte von
Welschnofen zulassen, steht Markus auf
Skiern. „Kinderkurse gebe ich besonders
gerne“, sagt er mit einem Lächeln. Das Einzige, was bei den kleinen Skianfängern häufig
den Lernerfolg behindert, sind die Eltern.
„Die folgen den Kursen oft aus Sorge. Doch
dann sind die Kinder abgelenkt und fallen viel
öfter hin. Dabei sollten die einem Bürgermeister doch vertrauen.“
Die Hänge, auf denen sich die Nachwuchsskifahrer tummeln, die Pisten unterhalb des
Paolina-Lifts, werden im Sommer als
Golfplatz genutzt. „Wir fahren grade über das
Grün beim dritten Loch“, erzählt Markus, als
er am Nachmittag die letzte Abfahrt Richtung
Carezza in Angriff nimmt. „Der Weinkeller
im Hotel Alpenrose neben der Talstation ist
ein echtes Highlight“, flüstert er uns noch zu,
bevor er sich verabschiedet.
Während sich der Pistenbürgermeister
wieder den Amtsgeschäften widmet, folgen
wir seinem Rat. Als sich die Tür zum Keller
FOTO: TVB ROSENGARTEN/LATEMAR
öffnet, strömt dem Besucher der Geruch von
altem Holz und schwerem Wein in die Nase.
Die gesamte Einrichtung wurde aus einem
alten 10 000-Liter-Rotweinfass gebaut. Die
Tischplatte war einst die Vorderseite des Fasses. An der Unterseite lässt sich bis heute der
Weinstein ertasten. Auf den Fassdauben an
der Wand lagern die Flaschen. Vorwiegend
Südtiroler Weine wie der Lagrein.
Skifahren in den Dolomiten, speziell in
Carezza, richtet sich vor allem an Familien
und Genießer. Wer die ultimative sportliche
Herausforderung sucht, ist am Karersee wohl
fehl am Platz. Doch wer seine Kinder zum
Skikurs in die vertrauenswürdigen Hände
eines Bürgermeisters geben möchte, der ist
am Fuße des Rosengarten-Massivs gut aufgehoben.
Italien
von Stuttgart oder Mannheim aus zu erreichen. Die
Route führt über den Brenner Richtung Bozen. Mit
dem Zug dauert die Anreise knapp sieben Stunden.
Von Bozen sind es rund 25 Kilometer bis Carezza.
DEUTSCHLAND
SCHWEIZ
Meran
SOAK-GRAFIK: KLOS
ÖSTERREICH
Bozen
Carezza
ITALIEN
Mailand
Venedig
70 km
Informationen
Tourismusverband Rosengarten Latemar: Unterbrichabruck, Ponte Nova di Sotto 9, 39050 Brichabruck,
Italien; Telefon: 00 39 / 04 71 61 03 10;
www.rosengarten-latemar.com
Anreise
Mit dem Auto ist Carezza in fünf bis sechs Stunden
Skikurse
Ein Tagesskikurs für Kinder bei Pistenbürgermeister
Markus Dejori und seinen Kollegen kostet 45 Euro,
fünf Tage kosten 135 Euro. Erwachsene bezahlen
ebenfalls 45 Euro am Tag, fünf Tage kosten 120
Euro. Die Skischule befindet sich an der Talstation in
Carezza (www.schi-schule.com). Der Tagesskipass
kostet 33 Euro für Erwachsene und 24 Euro für Kinder.
Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall die Bar im Hotel Alpenrose
besuchen. Barmann Peter versteht sein Handwerk
und ist immer für ein launiges Gespräch zu haben.
Auf keinen Fall einen „Bomardino“ trinken (Eierlikör, Rum und Sahne), wenn Sie auf Ihre Linie achten.
Ein Glas hat knapp 500 Kalorien.
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