TIERHALTU NG I Gesundheit die grüne I Nr. 19/2011 Der Rinderflechte auf den Pelz rücken Die Rinderflechte ist eine der häufigsten Hautkrankheiten und befällt vor allem Jungtiere. Sie darf nicht unterschätzt werden, weil sie sich rasch weite rverbreitet und auf den Menschen übertragbar ist. Die Rinderflechte ist eine Faktorenkrankheit, weshalb in erster Linie Fütterung und Haltu ng überprüft werden müssen. ie Alpzeit neigt sich dem Ende zu oder ist D mancherorts schon zu Ende gegangen. Nicht selten ist der Schreck gross, wenn die im Frühlinggesunden Rinder mit Flechten von der Alp nach !-lause kommen. ObwohJ die runderflechte in der Regel vollständig abheilt, sollten erkrankte Tiere behandelt werden, um das Ansteckungsrisiko für die gesunden Tiere zu reduzieren. Denn sobald die Rinder bei Wintereinbruch eingestal1t werden und mit dem übrigen Tierbestand in Kontakt kommen, ist das Risiko einer weiteren Ausdehnung umso grösser. Die Schäden, die von der Rinderflechte ve rursacht werden, sind schwierig abzuschätzen. Erkrankte Tiere werden von Ausstellungen ausgeschlossen und können in einem solchen Zustand auch nicht verkauft werden. Schlachttiere mit Hautschäden werden mit einem Abzug bestraft, da solche Häute für die Lederindustrie einen geringeren Wert haben. Stark betroffene Tiere können in ihrer Entwicklung zurückbleiben und sind anfalhger für weitere Krankheiten. kung. Sie wird vom Pilz 'Il:ychophyton hervorgerufen. Er ist als Krankheitserreger in der Umwelt überall vorha nden. Flechten kommen bei beinahe allen Tierarten vor. Bekannt ist die Flechte bei den Schweinen, am meisten verbreitet ist aber die Rinderflechte. «Begünstigender Faktor für eine Erkrankung ist ein geschwächtes Immunsystem, häufig aufgrund einer ungenügenden Nährstoffversorgung der TierelI, erklärt Richard Eicher, Dozent für Tier~ gesundheit an der Schweizerischen Hochschule für Land- wi rtsch aft (SHL). ,Aber auch die Haltungsform und das Aufstallungssystem der T iere können eine Infektion begün- süge n. So sind eine hohe Tierdichte und ein feucht-warmes Klima ideale Voraussetzungen für eine Infektion.1I Die Rinderflechte ist ei ne Faktore nkrankh ei t, das he isst, meistens sind mehrere der oben genannten Ursachen fü r einen Krankheitsa usbruch verantwortlich. Jungtiere sind besonders anfal1ig für ei ne Infektion: ((Besonde rs im Ze itfe nste r der so genannten Immundepression hat de r Erreger ein leichtes Spiel. In dieser Ze itspanne hat die passive Immunität durch die Biestmilch bereits stark abgenommen, die aktive Immunität ist aber noch nicht vollständig aufgebaut worden», so Richard Eicher. Auch wi rd di e höhere Anf<illigkeit damit erklärt, dass bei Ju ngtieren der Säuremantel auf der Haut noch instabil ist. ((Auf der Alp sind viele der bereits genannten prädisponierenden Faktoren vorhanden: Es kommen viele Jungtiere aus verschiedenen Betrieben zusammen, das Klima ist feucht und warm. J e n ach Futtergrundlage kann der Nährstoffbedarf der Tiere nicht oder ungenügend gedeckt werden. Eine bedarfsdeckende Ergänzung mit Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen kann nicht immer und überal1 gewährleistet werden", erklärt der Dozent. Auch ist es oftmals nicht möglich, jedes einzelne Tier zu kontrollieren. Kreisrund bis ov al und scharf abg egrenzt Zu Beginn der Erkranku ng ist die Haut feuch t und rötlich. Die Haare stellen sich auf und es bildet sich eine Kr uste. Die Rind erfl echte ist eine Faktorenkrankheit Rinderflechte, man Die spri cht auch von Kälberflech- te oder 1tichophytie, ist eine infektiöse Hautpilzerkrall~ Typisch für die Rinderflechte sind die runden, haarlosen Stellen. Nachdem sie die volle Ausprägung erreicht haben, heilen sie von innen nach aussen vollständig ab. In der Regel si nd die Tiere danach imm un . Gesundheit I TIERHALTUNG Nr. 19/2011 I die grüne Anschliessend faHen die Haare aus und die typischen kreisrunden bis ovalen haarlosen Stellen kommen sichtbar zum Vorschein. Sie sind scharf abgegrenzt und mit bis zu 0,5 cm dicken hellgrauen Schuppen und Borken bedeckt. ln der Regel sind diese Stellen trocken und jucken nicht. Ebenfalls typisch ist der Ausbruch zuerst im Kopfbe reich , vor allem um die Augen und an den Ohren. Auch am Hals und in der Schwanzgegend sowie die Verbreitung über den ganzen Körper sind charakteristisch für die Rinderflechte. Es ist die einzige Hautkrankheit mit diesem Erscheinungsbild, deshalb ist eine Verwechslung mit anderen Hautkrankheiten, beispielsweise hervorgerufen durch Räudemilben, Läusen oder Haarlingen, kaum möglich. Die Übertragung der Rinderflechte erfolgt entweder direkt von Tier zu Tier über Hautkontakt oder indirekt über den Menschen, infizierte Stalleinrichtungen oder Gegenstände wie Putzmaterial, Schermaschine oder Kratzbürste. Auch kleine Hautverletzungen können eine Eintrittspforte für den Pilz darstellen. Die ersten sichtbaren Veränderungen treten nach einer bis vier Wochen nach der Infektion auf. Nach acht Wochen erreicht die Erkrankung die volle Ausprägung, heilt aber nach drei bis fünf Monaten vollständig ab. Bis zur vollen Ausprägung werden die runden Flecken immeT grösser, heilen dann aber von innen nach aussen ab. Tiere, die einmal an der Rinderflechte erkrankt sind, bleiben in der Regel danach immun. sofort behandelt, können unschöne Narben zurückbleiben . Vorbeugen und behandeln mit der Impfung Eine Behandlung der erkrankten Tiere ist wichtig, um eine Ausbreitung auf die nachwachsenden Rinder oder auf den Menschen zu verhindern oder zumindest einzudämmen. «Ein Wundermittel zur Pilz ist lange überlebensfähig und resistent gegenüber licht Ist die Rjnderflechte einmal im Bestand, ist sie sehr schwer wieder zu eliminieren. Der Pilz ist sehr resistent und kann über Monate überleben. Im Gegensatz zu den Räudeerkrankungen, die in den lichtarmen Wintermonaten auftreten, ist der Krankheitserreger der Rindertlechte resistent gegenüber Sonnenlicht und UV-Strahlen und jahreszeitlich nicht begrenzt. Ausserdem ist die Rinderflechte eine Zoonose, das heisst, sie ist auf den Menschen übertragbar. Beim Menschen äussert sich die Hautkrankheit ebenfalls in den runden, scharf abgegrenzten Flecken. Die erkrankten Hautpartien sind aber stark gerötet und jucken. Wird die Flechte beim Menschen nicht Die Rinderflechte tritt meistens zuerst am Kopf auf und kann sich dann über den ganzen Körper ausbreiten. «Eine hohe Tierdicht e und ein feucht-warmes Klima si nd ideale Voraussetzungen für eine Infektion.» Richa rd Eicher. Dozent an der SHL Behandlung der Rlnderflechte gibt es nichb, so Eicher. «Das 'lYpische an Faktorenkrankheiten ist, dass die verschiedenen verursachenden Fakto ren verbessert werden müssen. In erster Linie sind das die Haltung und die Versorgung der Tiere.» Zur Behandlung eignen sich jodhaltige Präparate mit einer fungiziden Wirkung. Dazu sind verschiedenste Mittel erhältlich wie beispielsweise Betadine-Flüssigseife, Lotionen für eine Ganzkörperwaschung oder einem Septa-Spray zur Behandlung oberflächlicher Pilzinfektionen. Da die Rinderflechte gehäuft im Augenbereich auftritt, ist eine Behandlung dort vorsichtig auszuführen. Die Tiere sollten unbedingt mit Handschuhen behandelt werden. Bei vielen erkrankten Tieren wird eine regelmässige Behandlung durch den Betriebsleiter aber aufwendig. Hier bietet sich die Impfung als therapeutische Massnahme an. Vor allem aber empfiehlt sich die Impfung als vorbeugende Möglichkeit. Geimpft werden sollten Tiere, die potenziell in Kontakt mit erkrankten Tieren kommen, vor allem Jungtiere. Kälber dürfen aber erst ab einem Alter von vier Wochen geimpft werden. Zwei Impfstoffe, ein Lebendimpfstoff sowie ein inaktivierter Impfstoffsind derzeit erhältlich. Im Abstand von zwei Wochen sollten die Tiere zw-eimal geimpft werden. Für die ganze Behandl ung muss mit Kosten von etwa 30 Pranken pro Tier gerechnet werden. Bis eine genügend starke Immunität aufgebaut ist, dauert es zwei bis drei Wochen. Bis dahin sollte ein Kontakt zu den erkrankten Tieren vermieden werden. Erkrankte Rinder können allenfalls noch so lange auf den Herbstweiden separiert werden. «Um der Rinderflechte vorzubeugen, müssen alle prädisponierenden Faktoren bekämpft werden. Das heisst, die Tiere müssen gut versorgt werden mit Nährstoffen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Auch müssen die Haltungsbedingungen überdacht werden», rät Richard Eicher. Damit gemeint sind vor allem genügend Platz, Luft und Licht. Sinnvoll sei es auch , Gerätschaften und Stalleinrichtungen, die im Kontakt mit erkrankten Tieren waren, zu desinfizieren. Auch wenn die Rinder beim Eil)stalJen geschoren werden, muss eine Weiterverschleppung durch die Schermaschine verhindert werden. Unbedingt dürfen im nächsten Frühjahr nur gesunde Tiere auf die Alp. Rinder, die an Rinderflechte erkrankt sind, gehöre n auf keinen Fall dort hin. I AHne Küenzi