3. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht 3.1 Grundlagen: Zahlungsbilanz und Wechselkurs 3.2 Theorien der Wechselkursbestimmung 1: Die Kaufkraftparitätentheorie 3.3 Theorien der Wechselkursbestimmung 2: Die Zinsparitätentheorie 3.4 Devisenmarkt-Gleichgewicht Blanchard/ Illing: Kapitel 18 bis 21 © Prof. Dr. Gerhard Illing Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 1 3. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Grundfragen: Welchen Einfluss haben außenwirtschaftliche Beziehungen auf das makroökonomische Gleichgewicht? Was bestimmt die Nettoexportnachfrage (X-Im)? Wichtiger Faktor: Wechselkurs relativer Preis von Auslands- zu Inlandsgütern Abwertung: verbilligt Exporte; verteuert Importe Stimuliert Beschäftigung; verteuert Konsum Was bestimmt den Wechselkurs? Untersuche: Bedingungen für Gleichgewicht am Devisenmarkt Wie wirken sich verschiedene Wechselkurssysteme aus? Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 2 3.1 Grundlagen Devisenmarktgleichgewicht (Handel von $ gegen €) Angebot an Devisen = Nachfrage nach Devisen Gleichgewichtsmechanismus: Anpassung des Wechselkurses Was bestimmt die Nachfrage nach Devisen und Wechselkurse? Handelsströme: Exportüberschuss: Überangebot an Fremdwährung Nettokapitalströme: Kapitalexport: Überangebot an einheimischer Währung Unterscheide: Kurze vs. mittlere Frist Wirksamkeit von Geld- und Fiskalpolitik in offener Volkswirtschaft: bei unterschiedlichen Wechselkurssystemen (fixe vs. flexible Wechselkurse) Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 3 3.1.1. Grundlagen: Die Zahlungsbilanz VGR mit Außenwirtschaft: Wichtige Posten der Zahlungsbilanz Produktionsseite: • • • Handelsbilanz: Nettoexporte von Waren Dienstleistungsbilanz Außenbeitrag: Nettoexporte NX = X – IM Handels- u. Dienstleistungsbilanz in D traditionell Exportüberschüsse in D meist defizitär (starker Tourismus) Einkommensseite: Inländer erzielen auch Einnahmen im Ausland; Ein Teil der Einkommen inländischer Produktion geht an Ausländer Leistungsbilanz: berücksichtigt den Saldo der Primäreinkommen SP (Unterschied zwischen BIP und BNE: BNE= BIP + SP) Leistungsbilanz = Handels- und Dienstleistungsbilanz (Außenbeitrag) + Saldo der Primäreinkommen SP + Saldo der laufenden Übertragungen LB = NX + SP = X – IM + SP Kapitalbilanz: Veränderung der Kapitalströme Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 4 3.1.1 Grundlagen: Handels– und Leistungsbilanz Saldo der Primäreinkommen (Erwerbs- und Vermögenseinkommen) BNE = BIP + SP (Saldo der Primäreinkommen) BNE übersteigt das BIP, falls inländische Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital höhere Auslandseinkommen erzielen als Ausländer im Inland Umgekehrt (BIP >BNE), falls ein hoher Anteil des inländischen Produktionswerts an Ausländer fließt Leistungsbilanz LB = X – IM + SP wirkt sich aus auf: Angebot von/ Nachfrage nach Devisen Nettoersparnis im Ausland (Vermögensänderung) Zunächst unterstellen wir aber: Saldo der Primäreinkommen gleich Null (also: Nettoexportüberschuss = Leistungsbilanzüberschuss) SP = 0 → LB = X – IM Großer Unterschied nur, falls hohe Auslandsverschuldung /-vermögen Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 5 3.1.1 Grundlagen: Handels- und Leistungsbilanz Verhältnis BIP zu BNE BNE vs. BIP: Kuwait und Irland Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 6 Bsp: Posten der deutschen Zahlungsbilanz 2005 (Mrd. €) Leistungsbilanz Kapitalbilanz (1) Handelsbilanz Warenexporte Warenimporte 160,6 786,2 625,6 (1a) Ergänzungen zum Außenhandel – 20,2 (2) Dienstleistungsbilanz – 27,9 (3) Außenbeitrag (1+1a+2) (4) Saldo Primäreinkommen (5) Übertragungen (6) Saldo Leistungsbilanz (3+4+5) 112,5 8,6 (8) Saldo der Direktinvestitionen –10,4 (9) Wertpapiertransaktionen und Finanzderivate (Saldo) –18,6 (10) Kredite (Saldo) –73,2 (11) Saldo der Devisenbilanz (12) Saldo der Kapitalbilanz Statistische Diskrepanz (6+7+12) 2,2 –100,1 – 9,1 –28,9 92,2 (7) Saldo der Vermögensübertragungen –1,3 BIP 2005 2245,5 Mrd. € Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht März 2006 Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 7 3.1.1 Grundlagen: Leistungsbilanz und Kapitalbilanz Am Devisenmarkt werden Angebot von/ Nachfrage nach Währungen bestimmt durch A) Reale Transaktionen (Handelsströme) Handel von Waren und Dienstleistungen Handelsströme werden bestimmt von relativen Preisen: (Realer Wechselkurs) Unterschiede der Inflationsraten beeinflussen Wettbewerbsfähigkeit, falls Wechselkurs sich nicht anpasst B) Kapitalbewegungen (Nettokapitalströme) Kapitalbilanz: Internationale Portfolioentscheidungen abhängig von Zinsunterschieden, Wechselkurserwartungen und Risikoeinschätzungen Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 8 3.1.1 Grundlagen: Leistungsbilanz und Kapitalbilanz Dominanz der Kapitalströme Quelle: Dt. Bundesbank Monatsbericht 1/2002 Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 9 3.1.2 Grundlagen: Der Wechselkurs Außenhandelsgleichgewicht (Stromgleichgewicht) Handelsströme passen sich nur träge an (Beispiel: Unterbewertung → Verteuerung der Importe, Stimulierung der Exporte → Aufwertung) Langsamer Prozess, behindert von Transaktionskosten → Reale Güterströme bestimmen Wechselkurse nur langfristig Portfoliogleichgewicht (Bestandsgleichgewicht) Internationale Anleger müssen bereit sein, die angebotenen Mengen an internationalen Assets zu halten. Riesige Kapitalbestände → Geringfügige Änderungen der Erwartungen führen zu starken Preisreaktionen → Wechselkursbewegungen werden kurzfristig von Kapitalströmen dominiert Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 10 3.1.2 Grundlagen: Der Wechselkurs Nominaler Nominaler Wechselkurs Wechselkurs--Zwei ZweiBerechnungsmethoden: Berechnungsmethoden: Unterscheide: Mengen- und Preisnotierung 1. Wir verwenden: Wechselkurs in Mengennotierung: E: $/€ Wieviel $ bekomme ich je € [für eine Einheit einheimischer Währung]? Steigt E, wertet sich der Euro gegenüber dem Dollar auf! 2. Traditionell: Wechselkurs in Preisnotierung: €/$: (Inverse 1/E) Wieviel kostet der Kauf eines $ in einheimischer Währung? Aktuell: Dezember 2007: Wechselkurs des Euro gegenüber US-Dollar: Mengennotierung E = $ je € : 1,50 $ je € Preisnotierung 1/E € je $ 0,66 € je $ Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 11 3.1.2 Grundlagen: Der nominale Wechselkurs Mengennotierung E: $ /€ E: Der Preis der inländische Währung in Einheiten der ausländischen Währung Abwertung des Euro entspricht einem Sinken des Wechselkurses! Aufwertung des Euro entspricht einem Anstieg des Wechselkurses! Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 12 3.1.2 Vom nominalen zum realen Wechselkurs Unterscheide Unterscheidezwischen zwischennominalen nominalenund undrealen realenWechselkursen: Wechselkursen: Beobachtung: Beobachtung: Starke Schwankungen des nominalen Wechselkurses Bedeutet eine Aufwertung des Euro zwangsläufig, dass Europäer sich real mehr Güter leisten können? Es kommt auf die reale Kaufkraft an! Wir müssen auch die Entwicklung der Inflationsraten berücksichtigen! Wie hoch ist der reale Preis von Exporten und Importen? Exportgüterpreise P: in €; Importgüterpreise P* in Fremdwährung ($) Exporte müssen zum Wechselkurs E in Dollar umgerechnet werden: P Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 E Seite 13 3.1.2 Vom nominalen zum realen Wechselkurs Unterscheide: Unterscheide: Realer Realer vs. vs. nominaler nominaler Wechselkurs Wechselkurs Nominaler Wechselkurs E: Der relative Preis verschiedener Währungen (etwa: $/€, $/Yen, €/Yen) Realer Wechselkurs ∈ = P E/ P * : Preis inländischer Güter in Einheiten ausländischer Güter Anstieg von ∈: verteuert inländische Güter – reale Aufwertung im Inland Wert der Nettoexporte in €: realer Nettoexport: Dr. Sebastian Watzka P NX = P X - P*/E Im NX = X - P*/EP Im = X - Im /∈ Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 14 3.1.2 Vom nominalen zum realen Wechselkurs Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 15 Ausblick Theorien der Wechselkursbestimmung: Kaufkraftparitätentheorie (im engl: PPP für Purchasing Power of Money, Irving Fisher) Zinsparitätentheorie (u.a. Robert Mundell, Marcus Fleming, Rudi Dornbusch, und vmtl noch viele ältere Ökonomen) • zentrales Element: Arbitrage Gleichgewicht auf dem Devisenmarkt: bestimmt durch Angebot und Nachfrage (wie auf jedem anderen Markt auch..) Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 16 3.2 Kaufkraftparitätentheorie - Der Big Mac Index Was bestimmt den langfristigen Trend der Wechselkurse? Einfache Überlegung: Alle Güter sollten weltweit einheitlichen Preis haben Absolute Kaufkraftparität Prägnantes Beispiel: Der Big Mac Index (Economist) Forderung: Preis für einen Hamburger sollte weltweit gleich sein! Einfache Theorie zur Prognose von langfristigen Wechselkursbewegungen Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 17 3.2 Realer Wechselkurs und Kaufkraftvergleich Die DieWahl Wahlzwischen zwischeneinheimischen einheimischenGütern Güternund undImporten: Importen: Realer RealerWechselkurs: Wechselkurs:Relativer RelativerPreis Preiseines einesbestimmen bestimmenWarenkorbs: Warenkorbs: Sei P = Preis für Big Mac in München (in Euro) P* = Preis für Big Mac in New York (in Dollar) E = Nominaler Wechselkurs $/€ Juli 2007 Preis für Bigmac Euroraum: 3,06 €; USA: 3,41 $ Wechselkurs Dez 2007 : E = 1,48 $ je € Preis eines EU-Big Macs, umgerechnet in Dollar: = EP EP E P = 3,06x1,48=4,53$ Realer Wechselkurs: ∈ = ∈ = 4,53 / 3,41 = 1,33 >1 P* Der Preis eines Big Mac ist in München höher als in New York. Um den realen Wechselkurs auf 1 zu senken, müsste der Euro gegenüber dem Dollar abwerten (d.h. E müsste sinken auf P*/P=1,11). Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 18 3.2 Kaufkraftvergleich - Der Big Mac Index Februar 2007 $ je € $ je € Quelle: Economist Februar 2007 Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 19 3.2 Kaufkraftparität Realer Preis: ∈ = E P/ P* Langfristiges Gleichgewicht: ∈*=1 Falls ∈ < 1: Inlandsgüter sind „zu billig“ → a) Nettoexporte steigen (Exporte billiger, Importe teuer) b) Schlechtere Terms of Trade (niedriger Lebensstandard) Aus ∈* = E P/ P* = 1 folgt: → E* = P * / P Falls E < E* → unterbewertete Währung: hohe Nettoexporte; starke Nachfrage nach einheimischer Währung → E steigt (Aufwertung) Falls E > E* → überbewertete Währung: hohe Nettoimporte; starke Nachfrage nach ausländischer Währung → E sinkt (Abwertung) Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 20 3.2 Kaufkraftparität Absolute Kaufkraftparität (Gesetz des gleichen Preises) Big-Mac Beispiel zeigt, dass absolute Kaufkraftparität zu strikt ist Gilt kurzfristig nicht, weil Handelsströme nur langsam reagieren (Transportkosten etc.) Gilt aber auch langfristig nicht, weil viele Güter nicht handelbar sind (Wohnungen, Dienstleistungen) → keine Preisarbitrage Relative Kaufkraftparität: zielt auf Änderungsraten: • • • E p* p = − = π * −π E p* p Monetäre Erklärung für Wechselkursbewegungen: Wechselkursänderungen bestimmt von Unterschieden der Inflationsraten Strukturelle (reale) Änderungen können aber auch ∈ verändern Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 21 3.3 Zinsparitätentheorie Welche Motive bewegen internationale Anleger am Devisenmarkt? Zinsdifferenzen; Erwartungen über zukünftige Rentabilität Internationale Kapitalströme: Umschichtungsversuche bei Änderungen von Zinsen/ Erwartungen → Portfolioreaktion → Effekt auf Wechselkurs Einfachster Fall: Perfekte Kapitalmobilität - Internationale Anlagen sind perfekte Substitute (ohne Risikozuschlag) Gleichgewichtsbedingung: Angleichung erwarteter kurzfristiger Renditen Zinsparitätentheorie: Et 1 + it = (1 + it *) e E t +1 Zins im Inland ist niedriger als Zins im Ausland, wenn die Kapitalmärkte mit einer Aufwertung der einheimischen Währung rechnen (falls Eet+1>Et ) Falls keine Wechselkursänderungen erwartet werden: i=i* Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 22 1 + it e Et = E t +1 1 + i *t 3.3 Zinsparitätentheorie Ertrag bei einer Anlage von X € für ein Jahr: Erwartete Effektivrendite muss gleich hoch sein, egal ob ich das Geld am Euro- oder Dollarmarkt anlege (abgesehen von Risiko und Transaktionskosten) 1+i Euro- Nächstes Jahr: Ertrag X (1+i) Anleihe X Rücktausch in € zum erwarteten Kurs Eet+1 Kauf von $ zum Tageskurs Et $ Anleihe 1+i* X (1+i*) Et X Et Gedeckte Zinsparität: heute schon Verkauf am Terminmarkt (Swap ) Dr. Sebastian Watzka Ertrag in $: Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Ertrag in €: X (1+i*) Et / Eet+1 Seite 23 3.4 Devisenmarkt-Gleichgewicht Bedingung für ein außenwirtschaftliche Gleichgewicht: Zunächst fordern wir: Ausgeglichene Handelsbilanz: NX=X- Im/∈ ∈=0 (wir vernachlässigen vorerst den Kapitalmarkt!) Anpassung Anpassungdes desrealen realenWechselkurses Wechselkurses Beispiel: Beispiel:Handelsbilanzdefizit Handelsbilanzdefizitin inden denUSA USA (NX<0) (NX<0) EP ∈≡ * P E: P: P*: Nominaler Wechselkurs Inländisches Preisniveau Ausländisches Preisniveau Analyse aus Sicht der USA: E: €/$ Importeure in den USA benötigen €, haben aber $: Überangebot an Dollar Abwertung des Dollar; Aufwertung des Euro (€/$ sinkt) Exporte und Importe hängen vom realen Wechselkurs ∈ ab Bei konstanten Preisen: Dr. Sebastian Watzka Abwertung (E fällt) verbilligt einheimische Güter in den USA → stimuliert dies die Nettoexporte? Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 24 3.4.1 Die Marshall-Lerner Bedingung Stabilitätsbedingung: „Normale“ Reaktion der Nettoexporte: Nettoexporte NX steigen bei realer Abwertung (Rückgang von ∈ = E P/ P*) ∈= Normale Reaktion: Nettoexporte steigen, wenn inländische Güter billiger werden (wenn ∈ sinkt - reale Abwertung) → Fallende Nettoexportnachfrage EP P* Anpassung zum Gleichgewicht: Bei konstanten Preisen P, P* spielt sich E so ein, dass bei ∈* das Gleichgewicht NX=0 erreicht wird ∈* Außenhandelsdefizit → Abwertung Dr. Sebastian Watzka 0 NX Außenhandelsüberschuss → Aufwertung Bei normaler Reaktion: Devisenmarkt ist stabil Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 25 3.4.1 Die Marshall-Lerner Bedingung Wann reagiert die Handelsbilanz „normal“? Bei fallender Nettoexportnachfrage! [mit sinkendem (steigendem) E muss NX=X- Im/∈ ∈ zu (ab)nehmen] Dann wird ein Handelsbilanzdefizit durch Abwertung abgebaut Intuition Beispiel USA vs. Europa: 1) Exporte der USA nach Europa werden billiger; Auslandsnachfrage/ -exporte nach Gütern aus USA nimmt zu→ → X steigt 2) Importgüter in die USA werden teurer: Importmengen Im sinken; → NX steigt 3) Problem aber: NX=X- Im/∈ ∈ Eine Abwertung verteuert die Importe sofort! ∈ ↓ → Importwert steigt → NX ↓ - Gesamteffekt auf Im/∈ somit unbestimmt Marshall-Lerner Bedingung: “Normale” Reaktion von NX = X – Im/∈ Nur falls die Gütermengen stark genug reagieren: Angebots- und Nachfrageelastizitäten im In- u Ausland müssen hoch genug sein: Summe der absoluten Elastizitäten der Import- und Exportnachfrage >1 Elastizität: Um wieviel % reagiert die Menge, wenn der Preis um 1% steigt? Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 26 3.4.1 Die Marshall-Lerner Bedingung Formale Darstellung Nettoexporte: NX = X(Y*, ∈) - Im (Y, ∈) / ∈ ∈2 ∂ NX/ ∂∈ = ∂X / ∂∈ - ∂ Im /∂∈ • 1/ ∈ + Im /∈ 3 Wirkungen einer Aufwertung (Anstieg von ∈) auf die Handelsbilanz: Mengeneffekte 1. X sinkt (∂X / ∂∈<0) 2. Im steigt (∂ Im / ∂∈ >0) Werteffekt NX ↓ 3. Importwert Im /∈ sinkt (bei konstantem Im): NX ↑ Marshall-Lerner Bedingung: Eine Aufwertung dämpft die Handelsbilanz, falls der Rückgang von X und der Anstieg von Im zusammen den Werteffekt Im /∈ übertrifft. Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 27 3.4.1 Die Marshall-Lerner Bedingung Ausgangspunkt: NX ≡ X(∈) – Im (∈) /∈ =0; also: Im =X∈ Mathematische Ableitung ∂ NX/ ∂∈ = ∂X / ∂∈ - ∂ Im /∂∈ • 1/ ∈ + Im • 1/∈2 <0? Dämpft eine Aufwertung die Netttoexporte? Multipliziere mit ∈2 /Im ∂X ∈ 2 ∂ ∈ Im − ∂ X ∂ ∈ ∂ Im − ∂ ∈ ∈ X + ∈ 2 1 Im + ∈ 2 Im ∈ ∂ Im ∂ ∈ ∈ Im ∈ 2 Im < 0 > 1 Summe der absoluten Elastizitäten der Import- und Exportnachfrage >1 Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 28 3.4.1 Die Marshall-Lerner Bedingung Beachte: Mengenreaktion erfolgt aber nur langsam; Preisreaktion dagegen unmittelbar Beispiel: Führt Abwertung zu einer Verbesserung der Leistungsbilanz? Normale Reaktion: Exporte X steigen, Importe Im sinken → Handelsbilanzsaldo X – Im /∈ verbessert sich Aber: Laufende Lieferverträge sind kurzfristig meist fix → Mengenreaktion erfolgt nur verzögert (Kurzfristige Elastizitäten kleiner als langfristige) Falls Importe in ausländischer Währung fakturiert: Importwert nimmt bei Abwertung zunächst zu: Im /∈ ↑ → Defizit verschlechtert sich zunächst noch weiter: - Im /∈ ↓ J-Kurven Effekt Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 29 3.4.1 Die Marshall-Lerner Bedingung Dynamische DynamischeEffekte Effekteeiner einerAbwertung: Abwertung: J-Kurven Effekt + Netto exporte, NX Abwertung Zeit A Dr. Sebastian Watzka C B Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 30 3.4.1 J-Kurve: Empirische Überprüfung ExportÜberschuss Deutschland bis 1999: Exportüberschuss steigt bei Abwertung Beachte: Negatives Defizit entspricht Überschuss; Sondereffekt 1990 Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 31 3.4.1 J-Kurve: Empirische Überprüfung Exportdefizit USA: mit Abwertung geht Handelsdefizit zurück; J Kurve seit 2003? Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 32 3.4.2 Exportüberschuss und Kapitalexporte Außenhandelsüberschuss entspricht einer Übernachfrage nach Euros: Exporteure verkaufen ihre BMWs in die USA und wollen $ Erlöse in Euro tauschen Ausgleichsmechanismus bei flexiblen Wechselkursen ohne Kapitalströme: Nominaler Wechselkurs E passt sich an, bis das Gleichgewicht NX=0 erreicht Viele Staaten haben aber über längere Zeit keine ausgeglichene Handelsbilanz Beispiele: Deutschland: Traditionell (bis 1990) hoher Exportüberschuss; nach der Vereinigung wandelte er sich zeitweise in ein Defizit – das im Ausland akkumulierte Netto-Kapitalvermögen ist entsprechend gesunken USA: Chronisches extrem hohes Leistungsbilanzdefizit – Gefahr der Abwertung? Warum passt sich der nominale Wechselkurs E nicht an, bis Export- und Importströme ausgeglichen sind? (NX=0) Kein Problem, solange Kapitalanleger bereit sind, das Defizit zu finanzieren! Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 33 3.4.2 Exportüberschuss und Kapitalexporte Beispiel Deutschland Saldo Auslandsvermögen Ende 2006: 560 Mrd. € Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 34 3.4.2 Exportüberschuss und Kapitalexporte Ausgleichsmechanismen Außenhandelsüberschuss kann ausgeglichen werden durch: 1) Nettokapitalexporte (bei flexiblen Wechselkursen und freiem Kapitalmarkt) Gleichgewichtsbedingung: NX + KI = 0 also: NX = -KI = KX Wert der Nettoexporte = Wert der Nettokapitalexporte z.B.: BMW Verkäufer legen ihre $-Erlöse direkt in den USA an Wechselkurs E passt sich an, bis Gleichgewicht NX+KI=0 erreicht 2) Ankauf von Devisenreserven der Zentralbank (bei fixen Wechselkursen) ~ entspricht expansiver Geldpolitik NX = ∆ M: erhöht einheimische Geldmenge (→ steigende Preise im Inland) Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 35 3.4.2 Exportüberschuss und Kapitalexporte Beachte: Nicht nur Exportüberschuss, sondern auch Einkommensüberschuss (SP) führt zu Überangebot an Devisen: Leistungsbilanz = Außenbeitrag (X-IM) + Saldo der Primäreinkommen SP LB = NX + SP = X – IM + SP Unterscheide zwischen Produktion im Inland: Y (BIP) und Einkommen der Inländer (BNE = Y + SP) Produktion im Inland: Y = C + I + G + X – Im /∈ ∈ Einkommen der Inländer: Y+SP=C + T+ S Devisenmarkt insgesamt ausgeglichen, falls: LB + KI = NX+SP+KI= 0 Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 36 3.4.2. Exportüberschuss und Kapitalexporte BNE = Haushalte + C G Staat S I Budget defizit SP Unternehmen T Y+SP=C + T+ S Saldo der Primäreinkommen G-T Netto-Exporte NX BNE = Y Finanzsektor Ausland Netto-Kapitalexporte Leistungsbilanzüberschuss LB = NX+SP Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 37 3.4.2 Exportüberschuss und Kapitalexporte Ersparnis, Ersparnis,Investitionen Investitionenund undLeistungsbilanz Leistungsbilanz Es Esgilt: gilt: Y = C + I + G + X – Im/∈ und S = Y+ SP – (C + T) Setze Y=… in S= Y+… ein und kürze C : S = I + G - T + X - Im /∈ ∈ + SP Wegen LB LB≡ X – Im /∈ + SP = S + (T - G) - I Leistungsbilanz Überschuss Dr. Sebastian Watzka = = Nettokapitalexporte Ersparnis - Investitionen Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 38 3.4.2 Exportüberschuss und Kapitalexporte Ersparnis, Ersparnis,Investitionen Investitionenund undAußenhandelsüberschuss Außenhandelsüberschuss LB LB==SS––II++(T-G) (T-G) Beachte: • Leistungsbilanzüberschuss: Inländische Ersparnis übersteigt Investition • Leistungsbilanzdefizit: Inländische Investition übersteigt Ersparnis • Zunahme der Investitionen muss sich widerspiegeln entweder in Anstieg privater oder staatlicher Ersparnis oder in Verschlechterung der Leistungsbilanz • Zunahme des Budgetdefizits muss sich widerspiegeln entweder in Anstieg privater Ersparnis, Rückgang privater Investionen oder in Verschlechterung der Leistungsbilanz • Ein Land mit hoher privater oder staatlicher Sparrate hat entweder hohe private Investitionen oder hohen Leistungsbilanzüberschuss. Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 39 3.4.3 Devisen- und Kapitalmarkt - Fazit Bei flexiblen Wechselkursen passt sich der nominale Wechselkurs E an, bis der Devisenmarkt im Gleichgewicht ist. Traditionell: Gleichgewicht bei Ausgleich von Export- und Importströme (ausgeglichene Handelsbilanz: NX=0) Modern: simultanes Gleichgewicht von internationalen Kapital- und Güterströmen: NX +SP+ KI = LB + KI= 0 Kurzfristig dominieren Kapitalströme (Kapital ist viel mobiler als Güter) – Wechselkursbewegungen werden kurzfristig von den Kapitalströmen bestimmt: Portfoliogleichgewicht Kriterium für mobiles Kapital: Erwartete Renditeunterschiede Zinsparität als Gleichgewichtsbedingung Dr. Sebastian Watzka Grundlagen der VWL II – Kapitel 3 Seite 40