Praktikumsbericht Westminster Kingsway College London Von August bis Oktober 2013 hatte ich die Chance am Westminster Kingsway College in London ein Praktikum zu absolvieren. Zuvor hatte ich alles versucht, um einen Praktikumsplatz in London zu ergattern: von einfachen Online-Bewerbungen bis zu Telefonaten mit der Human Resources Abteilung verschiedener Unternehmen. Allerdings stellte es sich als sehr schwierig heraus, als Studentin in einem anderen Land einen Praktikumsplatz zu bekommen. Vor allem die kleineren Unternehmen, die vielleicht bereit wären, fremdsprachige Studenten aufzunehmen, erreicht man schwer aus dem Ausland. Ich denke, es ist stets sehr mühsam sich in einem anderen Land zu bewerben und nicht vor Ort zu sein. Allerdings ist es noch schwieriger, falls man kein abgeschlossenes Studium hat und die Leute im Ausland daher die Qualifikationen nicht wirklich einschätzen können. Glücklicherweise erfuhr ich, als ich mich bereits kurz vor der Verzweiflung befand, von dem PraktikumsVermittlungs-Service des „Student und Arbeitsmarkt“ der Ludwig-MaximiliansUniversität. Somit ging mein Wunsch, die Semesterferien in London zu verbringen und mein Englisch aufzubessern, doch noch in Erfüllung. Außerdem denke ich, dass es zukünftig einfach sein wird einen Praktikumsplatz auf eigene Initiative zu finden, da ich nun die Stadt und auch ein paar Leute kennengelernt habe. Das Westminster Kingsway College hat vier zentral in der Innenstadt von London gelegene Standorte: in Regents Park, bei Victoria, bei Kings-Cross und in Soho. Das College bietet Kurse auf sämtlichen Leveln des englischen Bildungssystems – von ESOL (Englisch für Nicht-Muttersprachler) bis zu Accounting auf Master-Niveau. Den Großteil meiner Zeit verbrachte ich im Regents Park Center, da dort die internen Unterstützungs-Abteilungen untergebracht sind. Dort finden währenddessen kaum Kurse statt. An meinem ersten Arbeitstag im Westminster Kingsway College, dem 15.08.2013 war ich natürlich etwas aufgeregt – Wie werden die Leute sein? Was gibt es für Arbeiten? Ich hatte bereits zuvor im Email-Verkehr mit meiner „Betreuerin“ Lulu aus der Abteilung Human Resources gestanden, die mir sagte, ich solle einfach um 10 Uhr kommen und am Empfang nach ihr fragen. Zudem hatte ich bereits am Tag zuvor ausgetestet, wie lange ich zu meinem Arbeitsplatz zur Arbeit brauchte. Als ich ankam, fragte ich den Security-Mann nach Lulu und dieser schickte mich in das Mezzanine, das Zwischengeschoss zwischen 1.und 2. Etage. Die Räumlichkeiten des Westminster Kingsway College am Regents Park sind bereits etwas älter, aber sehr zentral zwischen den Tube-Stationen „Warren Street“ und „Euston“ gelegen – eine bzw. zwei Stationen vom Oxford Circus entfernt. Die Center in Kings-Cross und Victoria sind hingegen sehr schöne, gepflegte Gebäude. Während meinem Praktikum hatte ich die Möglichkeit verschiedene Bereiche des Unternehmens kennenzulernen: die ersten 3 Wochen verbrachte ich im „Human Resources“, dann arbeitete ich drei Wochen im „Professional Development“ und die restliches Zeit in einer Abteilung namens „Employer Training Solutions“. 1. Human Resources Die ersten drei Wochen meines Praktikums am Westminster Kingsway College verbrachte ich in der Abteilung Human Resources (HR). Auch wenn mich die Abteilung nicht wirklich für meinen späteren Werdegang interessiert, kann man wohl ein Praktikum kaum besser beginnen – denn im Human Resources lernt man das Unternehmen kennen. Hier erfuhr ich, wer die bestehenden Mitarbeiter sind und was für potentielle neue Mitarbeiter sich bewerben. Meine Aufgaben bestanden hauptsächlich im Sortieren eingehender Bewerbungen, Anfertigen der Bewerberauswahl-Mappen und Einholen von Referenzen für neue Arbeitnehmer. Zu der Zeit als ich anfing, waren gerade viele Stellen ausgeschrieben, vom „Lecturer“ bis zum „Human Resources Assistant“. Es ist sehr interessant, mit was für unterschiedlichen Anforderungsprofilen und Stellenausschreibungen man es an einem College zu tun hat. In meiner zweiten Woche begann die Immatrikulationsphase für neue Studenten. Hierzu wurde ich ebenfalls eingeteilt. Daher arbeitete ich ab der zweiten Woche jeweils einen halben Tag im Victoria Center beim Enrolment und erledigte am Rest des Tages meine gewohnten Arbeiten um HR. Beim Enrolment war ich für das „Fee Assessment“ zuständig, d.h. ich habe die Gebühren berechnet, die die Studenten zu zahlen haben. Aus Deutschland sind wir ja gewohnt, dass jeder das gleiche zahlt für sein Studium. In Großbritannien gelten ganz andere Regeln. Erstens sind die Gebühren insgesamt viel höher. Dazu kommt, dass es aber lauter Ausnahmen gibt, unter denen man keine beziehungsweise nur reduzierte Gebühren zahlen muss, z.B. wenn man staatliche Leistungen wie Arbeitslosengeld enthält. Da das College viele Kurse für Erwachsene angeboten hat, sind mir in der Enrolment-Zeit sehr viele Spanier, Italiener und Einwanderer aus anderen Ländern begegnet, die dort Englisch lernen wollten und aus Not in ihren Heimatstaaten nach Großbritannien gekommen sind. 2. Professional Development In meiner vierten Praktikumswoche wechselte ich in die Abteilung „Professional Development“. Die Abteilung ist dafür zuständig, Trainings und Weiterbildungsmaßnahmen für die Arbeitnehmer des College zu organisieren, zu verwalten und sich darum zu kümmern, dass die Arbeitnehmer auch wirklich an den Trainings teilnehmen. Als ich dort anfing begann gerade ein neues Projekt namens „The Year of Learning“. Dieses hatte zum Ziel die Qualität und Kreativität der Lehrer zu erhöhen. Dazu organisierten und veranstalteten wir mehrere Events, unter anderem one-to-one-Coachings für verschiedene Lehrer, Gruppen-Sessions für mehrere Lehrer in ähnlichen Fächerbereichen und Trainings für die Manager der Lehrer. 3. Employer Training Solutions Last but not least wechselte ich noch in die Abteilung Employer Training Solutions. Meine Arbeit in dieser Abteilung ergab sich eher spontan und war sicherlich nicht von Anfang an geplant. Während meiner sechsten Praktikumswoche kam Udish, der Chef der Abteilung „Employer Training Solutions“ auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, auch seine Abteilung noch kennenzulernen während meines Praktikums. Ich hatte bereits während meines Praktikums von der Abteilung erfahren und mich sehr für die Arbeit dort interessiert. Das College bietet nicht nur die Ausbildung für Studenten, sondern auch Trainings für Arbeitnehmer an. So gibt es ja in unterschiedlichen Branchen auch Qualitäts-Mindestanforderungen an die Arbeitnehmer – man kann zum Beispiel nicht im Health and Social Care Sektor tätig sein ohne verschieden Trainings absolviert zu haben. Darin bestand nun meine Aufgabe: den Unternehmen unsere Trainings zu verkaufen, mit ihnen gemeinsam einen Trainingsplan zu erstellen und die dafür notwendigen Ressourcen zu verschaffen, d.h. die tatsächlichen Trainings mit allem was dazu gehört organisieren. Den Großteil meines Tages verbrachte ich am Telefon und versuchte verschiedenen Unternehmen über unsere Trainings-Vielfalt aufzuklären und diese zu überzeugen ihre Weiterbildungsmaßnahmen mit uns zu befriedigen. Außerdem dürfte ich Udish auf Termine mit zu bereits bestehenden Kunden begleiten. Meine größte Angst war von Anfang an, dass mein Englisch nicht perfekt ist. Jeder von uns kennt das: im täglichen Leben in Deutschland ist man nicht gezwungen Englisch zu reden – und der Wortschatz schwindet dahin. Anfangs war ich eher still – es war mir zwischendurch beinahe peinlich zu reden. Aber mit der Zeit öffnete ich mich immer mehr. Insbesondere am Ende, als ich in der Abteilung „Employer Training Solutions“ arbeitete und den ganzen Tag am Telefon verbrachte, machte mein Englisch noch einmal einen großen Schub. Ich war nun gezwungen zu sprechen. Besonders gefreut hat mich, dass am Ende meines Praktikums eine Mitarbeiterin, deren Arbeitsplatz neben meinem platziert war und die somit jedes Telefonat und Gespräch, das ich führte mithören konnte, zu mir sagte: „Oh, you are German? Really? Your English is brilliant!“ London ist eine tolle Stadt und das Praktikum hat sehr großen Spaß gemacht. Da ich glücklicherweise wirklich jeden Tag spätestens um 18 Uhr gehen konnte, hatte ich auch die Möglichkeit viel von der Stadt anzusehen und diese zu „erleben“. Leider ist in England der Umgang mit Kollegen etwas anders als ich es von Deutschland gewohnt war. Bei meinem vergangenen Werkstudentenjob hatte ich stets einen guten Kontakt zu meinen Kollegen und habe auch privat viel mit diesen unternommen – anders in London: der Kontakt unter Kollegen ist dort rein geschäftlich gewesen, man tauschte keine privaten Anekdoten aus und unternahm auch nichts zusammen. Am besten verstand ich mich mit meinen beiden „Betreuerinnen“ Rita (aus dem Professional Development) und Lulu (aus der Human Resources Abteilung). Wir gingen oft zusammen Mittagessen und führten „GirlsTalks“. Alles in allem hat mir mein Praktikum am Westminster Kingsway College großen Spaß bereitet und ich würde es jederzeit wieder machen! Natürlich kann ich es auch nur jedem empfehlen, diese Erfahrung zu machen – es half mir sowohl sehr mein Englisch aufzubessern, aber viel mehr noch, mich persönlich weiterzuentwickeln, indem ich mich fernab von zu Hause in einer fremden Sprache durchgeschlagen habe. Mittagessen mit Rita (Professional Development; rechts) und Lulu (Human Resources; links) an meinem letzten Arbeitstag im regnerischen London.