Polardarstellung komplexer Zahlen

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KAPITEL 12. FUNKTIONENTHEORIE
Eine komplexe Zahl z = x + iy 6= 0 kann wie ein Punkt (x, y) ∈ R2 durch Polarkoordinaten beschrieben werden. Ist r := |z| und ϕ ∈ (−π, π] der Winkel zwischen dem Strahl
[0, z] und der positiven reellen Achse, so gilt
z = r(cos ϕ + i sin ϕ) = reiϕ .
Diese Darstellung nennt man Polardarstellung von z. Sie gilt dann auch für alle Winkel
der Form ϕk := ϕ + 2kπ mit k ∈ Z. Jedes solche ϕk heißt ein Argument von z. Die Menge
aller Argumente von z bezeichnen wir mit
arg z := { ϕ0 + 2kπ : k ∈ Z } .
Es ist also arg z eine Äquivalenzklasse reeller Zahlen unter der Äquivalenzrelation ϕ1 ∼ ϕ2 ,
falls ϕ1 − ϕ2 ∈ 2πZ. Anstatt ϕ ∈ arg z schreiben wir aber in der Regel ϕ = arg z. Mit
Arg z bezeichnen wir den Hauptwert des Arguments von z, d.h. dasjenige Argument im
Intervall (−π, π].
Aus dem Additionstheorem für die Exponentialfunktion erhalten wir für z = reiϕ und
w = seiψ ∈ C
zw = rsei(ϕ+ψ) .
Dieses Ergebnis liefert uns für die Multiplikation komplexer Zahlen ebenfalls eine geometrische Interpretation: Die Beträge werden multipliziert und die Argumente (Winkel)
addiert. Insbesondere liefert die Multiplikation mit eiϕ eine Drehung der Ebene um den
Winkel ϕ.
Hieraus folgt weiter
1
1
= e−iϕ .
z
r
Für n ∈ N erhält man mit vollständiger Induktion
z n = rn einϕ
und speziell
(cos ϕ + i sin ϕ)n = cos nϕ + i sin nϕ .
Diese Formel heißt Formel von de Moivre.
Historie: Abraham de Moivre, französischer Mathematiker, 1667 – 1754)
12.1. HOLOMORPHE FUNKTIONEN
317
Wir wollen nun zu gegebenem w ∈ C und n ∈ N alle komplexen Lösungen z der
Gleichung
zn = w
finden. Für w = 0 ist offenbar z = 0 die einzige Lösung. Es sei daher w 6= 0 und
w = seiψ .
Wir machen für z den Ansatz
z = reiϕ .
Dann folgt
rn einϕ = seiψ .
Durch Vergleich der Beträge und Argumente folgt hieraus r =
√
n
s und nϕ = ψ + 2kπ
mit k ∈ Z. Aufgrund der Periodizität von exp erhält man, dass die unendlich vielen
Zahlen ϕk :=
ψ+2kπ
n
nur n voneinander verschiedene Werte für eiϕk liefern. Man kann also
k = 0, 1, . . . , n − 1 wählen.
Für w = seiψ ∈ C \ {0} besitzt die Gleichung z n = w genau n verschiedene Lösungen
z0 , z1 , . . . , zn−1 . Diese sind gegeben durch
zk =
√
n
seiϕk
mit ϕk =
ψ + 2kπ
,
n
k = 0, 1, . . . , n .
Wichtige Beispiele sind die so genannten n-ten Einheitswurzeln, d.h. die Lösungen der
Gleichung z n = 1. Mit s = 1 und ψ = 0 folgt für die Lösungen
zk = exp 2kπi
,
n
k = 0, 1, . . . , n − 1 .
Die n-ten Einheitswurzeln liegen auf dem Einheitskreis und bilden die Ecken eines regelmäßigen n-Ecks. In der Abbildung ist dies für n = 8 veranschaulicht.
6
r
..............................
........
......
......
......
.....
..
...
..... ...
.
......... .....
..
.
.
.
.
... .... ...
.
.
.
....
.
... ...
....
.
.
...
.
.
...
..... π/4 ... ....
...
..
...
..
...
..
.
.
...
...
....
....
.....
......
.....
.........
......
...........................
r
r
r
r
r
r
r
-
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KAPITEL 12. FUNKTIONENTHEORIE
Während die reelle Exponentialfunktion eine Umkehrfunktion besitzt ist dies wegen
der 2πi-Periodizität für die komplexe Exponentialfunktion nicht der Fall. Aber der Parallelstreifen
S := { z ∈ C : | Im z| < π }
wird bijektiv auf C− := C \ (−∞, 0] abgebildet. Daher besitzt exp eine in C− definierte
Umkehrfunktion Log : C− → S. Diese heißt der Hauptzweig des Logarithmus. Es gilt
Log z = log |z| + i Arg z .
Aus der auch im Komplexen gültigen Formel für die Ableitung der Umkehrfunktion folgt
Log0 z =
1
,
z
z ∈ C− .
Für n ∈ N sei fn : C → C definiert durch fn (z) := z n . Weiter betrachten wir den
Winkelraum
Wn :=
reiϕ ∈ C : r > 0 , |ϕ| <
π
n
.
Dann ist fn holomorph in C und bildet Wn bijektiv auf C− := C \ (−∞, 0] ab. Daher
existiert eine Umkehrfunktion gn : C− → Wn und wir schreiben gn (z) = w1/n . gn heißt
Hauptzweig der n-ten Wurzel. Es ist gn holomorph in C− und für die Ableitung gilt
gn0 (z) =
1
n
z 1/n−1 .
Allgemeiner definiert man noch für α ∈ R
z α := eα Log z ,
z ∈ C− .
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