V.2 Ähnlichkeitsgesetz

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N.BORGHINI
Hydrodynamik
Theoretische Physik IV
V.2 Ähnlichkeitsgesetz
~ ·~v(t, ~r) = 0 und
Die inkompressible Strömung eines Fluids genügt der Kontinuitätsgleichung ∇
der Navier–Stokes-Gleichung (III.34). Um den Einfluss der Eigenschaften des Fluids ρ und η bzw.
ν auf die Strömung zu bestimmen, ist es günstig, eine dimensionslose Form der Navier–StokesGleichung zu betrachten.
Sei Lc bzw. vc eine charakteristische Länge bzw. Geschwindigkeit für eine gegebene Strömung.
Damit kann man die physikalischen Größen skalieren, um dimensionslose Größen zu erhalten, die
hiernach mit ∗ bezeichnet werden:
~v
~r
t
P − P0
~r ∗ ≡
, ~v∗ ≡ , t∗ ≡
, P∗ ≡
,
Lc
vc
Lc /vc
ρvc2
wobei P 0 irgendeinen charakterischen Wert des Drucks bezeichnet. Somit lässt sich die inkompressible Navier–Stokes-Gleichung umschreiben als
∂~v∗ (t∗ , ~r ∗ ) ∗ ∗ ∗ ~ ∗ ∗ ∗ ∗
~ ∗P ∗ (t∗ , ~r ∗ ) + η 4∗~v∗ (t∗ , ~r ∗ ),
(V.9)
+ ~v (t , ~r ) · ∇ ~v (t , ~r ) = −∇
∂t∗
ρvc Lc
~ ∗ bzw. 4∗ dem Gradienten bzw. Laplace-Operator bezüglich der reduzierten Ortsvariable ~r ∗ .
mit ∇
Diese Gleichung enthält einen einzigen dimensionslosen Parameter, die Reynolds-Zahl
Re ≡
ρvc Lc
vc Lc
=
.
η
ν
(V.10)
Diese Zahl bildet ein Maß für die relative Wichtigkeit der Trägheits- und Reibungskräfte auf ein
Fluidelement oder einen im Fluid untergetauchten Körper: bei großer bzw. kleiner Re sind viskose
Effekte vernachlässigbar bzw. vorherrschend.
Die Lösungen für die Felder ~v∗ , P ∗ bei gegebenen Randbedingungen werden durch die unabhängigen Variablen t∗ , ~r ∗ , die Reynolds-Zahl und die Geometrie des Problems (entsprechend
dimensionslosen Verhältnissen von geometrischen Längen) festgelegt:
~v∗ (t∗ , ~r ∗ ) = f~(t∗ , ~r ∗ , Re),
P ∗ (t∗ , ~r ∗ ) = g(t∗ , ~r ∗ , Re),
(V.11)
mit f~ bzw. g einer vektoriellen bzw. skalaren Funktion. Dann sind Strömungsgeschwindigkeit und
Druck gegeben durch
vc t ~r
vc t ~r
2
~
~v(t, ~r) = vc f
, , Re ,
P (t, ~r) = P 0 + ρvc g
, , Re .
Lc Lc
Lc Lc
Die letzteren Gleichungen liegen der Modellierung in der Fluiddynamik mithilfe Versuchsmodelle
in reduziertem Maßstab zugrunde: Es seien Lc , vc bzw. LM , vM die charakteristischen Länge und
Geschwindigkeit für die Strömung in realer Größe bzw. im entsprechenden Versuchsmodell, wobei
das gleiche Fluid benutzt wird. Für vM /vc = LM /Lc ist die Reynolds-Zahl für die Modellströmung
gleich der Zahl für die Strömung in realer Größe und beide Strömungen sind ähnlich, d.h. besitzen
die gleichen ~v∗ und P ∗ .
Bemerkungen:
∗ Die Navier–Stokes-Gleichung enthält keinen Parameter mit der Dimension entweder einer Länge
oder einer Geschwindigkeit. Deshalb spiegeln Lc und vc die Randbedingungen wider.
Folglich ist die Reynolds-Zahl ist keine Eigenschaft eines Fluids, sondern eine Eigenschaft einer
gegebenen Strömung dieses Fluids.
∗ Wenn die Strömungsgeschwindigkeit durch die Schwerkraft beeinflusst wird, muss deren Kräftedichte −~g im rechten Glied der inkompressiblen Navier–Stokes-Gleichung (III.34) berücksichtigt
werden. Dementsprechend tritt auf der rechten Seite der
√ dimensionslosen Gleichung (V.9) ein zu2
sätzlicher Term proportional zu 1/Fr auf, mit Fr ≡ vc / gLc der Froude-Zahl , die ein Maß für das
Verhältnis von Trägheitseffekten zu Schwereeffekten darstellt. Dann sind ~v∗ , P ∗ Funktionen von t∗ ,
~r ∗ und von den Parametern Re und Fr.
V. Strömungen eines Newtonschen Fluids
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∗ Die oben diskutierte Abhängigkeit einer „abhängigen Variable“ (~v, P ) von „unabhängigen Variablen“ (t, ~r) und einem dimensionslosen Parameter (Re) stellt ein einfaches Beispiel für das allgemeine
π-Theorem von (Vaschy–)Buckingham [15] in der Dimensionsanalyse dar, vgl. z.B. [16], Kapitel 7.
V.3 Strömungen mit kleiner Reynolds-Zahl
In diesem Abschnitt werden Strömungen bei kleiner Reynolds-Zahl Re studiert, entsprechend
der Vorherrschaft der viskosen Effekte über die Effekte der Trägheit. Solche Strömungen werden
auch Stokes- oder schleichende Strömungen genannt.
V.3.1 Relevanz. Bewegungsgleichung
Die Strömungen mit kleiner Reynolds-Zahl können sehr unterschiedlicher Natur sein, da diese
Zahl drei17 physikalische Größen zusammenbindet, deren Größenordnung um viele Zehnerpotenzen
variieren kann:
• Bewegung mikroskopischer Objekte; dann spiegelt der kleine Wert der Reynolds-Zahl die kleine
Längenskala Lc wider.
– Für die Bewegung in Wasser (η ≈ 10−3 Pa·s) einer Bakterie der Größe Lc ≈ 5 µm mit der
Geschwindigkeit vc ≈ 10 µm·s−1 ist Re ≈ 5 · 10−5 : wenn die Bakterie ihre Propulsionsbewegung stoppt, wird sie sofort durch die Zähigkeit des Wassers(!) abgebremst.18 Ähnlicherweise dienen schleichende Strömungen auch der Beschreibung der Bewegung von
Reptilien in Sand [18].
– Dynamik einer Suspension von Teilchen kleiner Größe.
• Bewegung geologisches Materials mit kleiner Geschwindigkeit: die kleine vc und die hohe Scherviskosität kompensieren in diesem Fall den möglich großen Wert von Lc .
Beispielsweise entspricht der Bewegung des Erdmantels19 (Lc ≈ 100 km, vc ≈ 10−5 m·s−1 ,
ρ ≈ 5 · 103 kg·m−3 und η ≈ 1022 Pa·s) eine Reynolds-Zahl Re ≈ 10−18 .
Alle diese Beispiele stellen inkompressible Strömungen dar, so dass im Folgenden die Inkompressibilität der Strömung angenommen wird. Der Einfachheit halber werden nur stationäre Strömungen
betrachtet.
Physikalisch bedeutet eine kleine Reynolds-Zahl, dass die Effekte der Trägheit venachlässigbar
~ ~v klein
gegenüber denjenigen der Viskosität sind. Dementsprechend ist der konvektive Term ~v · ∇
gegen den viskosen Term. Unter den weiteren Annahmen der Stationarität und Inkompressibilität
der Strömung vereinfacht sich dann die Navier–Stokes-Gleichung (III.33) zur Stokes-Gleichung
~ P (~r) = η4~v(~r).
∇
(V.12)
Die Navier–Stokes-Gleichung wird also linearisiert.
Unter Verwendung der Relation
~ × ∇
~ × ~a(~r) = ∇
~ ∇
~ · ~a(~r) − 4~a(~r)
∇
(V.13)
und der Definition der Wirbligkeit lässt sich die Stokes-Gleichung als
~ P (~r) = −η ∇
~ ×ω
∇
~ (~r)
(V.14)
17
Die Massendichte erhält bei Fluiden etwa immer die gleiche Größenordnung.
Eine längere Diskussion der Bewegung einer Bakterie durch einen Nobelpreisträger ist in Ref. [17] zu finden.
19
Mithilfe der Massendichte, der Scherviskosität und der typischen Schallgeschwindigkeit cs ≈ 5000 m·s−1 für die
Transversalwellen lässt sich eine charakteristische Zeitskala tMantel = η/ρc2s ≈ 3000 Jahre bilden. Für Bewegungen
mit einer Zeitskala tc tMantel verhält sich der Mantel wie ein Festkörper — z.B. für die Ausbreitung von Wellen
nach einem Erdbeben —, während der Mantel für Bewegungen mit einer „geologischen“ Skala tc tMantel als eine
Flüssigkeit betrachtet werden kann.
18
V. Strömungen eines Newtonschen Fluids
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umschreiben, wobei die Inkompressibilität der Strömung benutzt wurde. Daraus folgt dann20
4P (~r) = 0.
(V.15)
Bildet man die Rotation der Gl. (V.14), so verschwindet die linke Seite, während für den rechten
Glied die Gl. (V.13) und die Inkompressibilität zu
4~
ω (~r) = ~0
(V.16)
führen, d.h. die Wirbligkeit genügt der Poisson-Gleichung.
V.3.2 Eigenschaften der Lösungen
Aus der Linearität der Stokes-Gleichung folgen verschiedene Eigenschaften deren Lösungen:21
• Einzigartigkeit der Lösung bei gegebenen Randbedingungen.
• Überlagerbarkeit der Lösungen: wenn ~v1 , ~v2 die Gl. (V.12) lösen, dann ist λ1~v1 + λ2~v2 mit
λ1 , λ2 ∈ R ebenfalls eine Lösung, vorausgesetzt die Randbedingungen werden entsprechend
geändert. Die Reynolds-Zahl der neuen Strömung muss aber klein bleiben!
Physikalisch bedeutet die Multiplikation eines Geschwindigkeitsfeld ~v(~r) mit einer Konstante λ die
Änderung des Materienstroms, während die Stromlinien (II.1b) unverändert bleiben.
Den Lösungen ~v(~r) und λ~v(~r) entspricht das gleiche dimensionlose Geschwindigkeitsfeld ~v∗ mit
unterschiedlichen charakteristischen Geschwindigkeiten vc bzw. λvc , die wiederum zu unterschiedlichen Reynolds-Zahlen führen. Für diese Lösungen hängt also ~v∗ [Gl. (V.11)] — und dadurchP ∗ ,
Gl. (V.12) — nicht von der Reynolds-Zahl ab, sondern nur von der Variable ~r ∗ : ~v = vc f~ ~r/Lc .
Die Tangentialspannung ist dann aus dimensionalen Gründen η∂vi /∂xj ∼ ηvc /Lc , so dass die
induzierte (Reibungs-)Kraft auf ein Objekt der Größe22 Lc proportional zu ηvc Lc ist, wie hiernach
auf ein Beispiel illustriert wird [vgl. Gl. (V.21)].
V.3.3 Strömung um eine Kugel
Eine Kugel mit dem Radius R wird in eine Flüssigkeit (Massendichte ρ, Scherviskosität η)
eingetaucht, die weit von der Kugel mit der gleichförmigen Geschwindigkeit ~v∞ strömt [Abb. V.4].
Es wird angenommen, dass Re = ρ|~v∞ |R/η klein ist, so dass die Strömung im Bereich der Kugel
als schleichend betrachtet werden kann.
~eϕ
~v∞
~er
ϕ
Abbildung V.4: Stokes-Strömung um eine Kugel.
Man sucht für die Strömungsgeschwindigkeit eine Lösung der Form ~v(~r) = ~v∞ +~u(~r), mit der
Randbedingung ~u(~r) = ~0 für |~r| → ∞. Im Folgenden wird ein Kugelkoordinatensystem mit dem
Ursprungspunkt im Zentrum der Kugel benutzt.
20
Trotz ihrer Einfachheit ist Gl. (V.15) in der Praxis nicht die nützlichste, da die Randbedingungen für eine
Strömung sich in den meisten Fällen auf die Geschwindigkeit beziehen, nicht auf den Druck.
21
Beweise können in Ref. [4], Kapitel 8.2.3 gefunden werden.
22
Wie in Abschnitt V.2 bemerkt wurde, sind die charakteristischen Skalen durch die Randbedingungen bestimmt.
V. Strömungen eines Newtonschen Fluids
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Hydrodynamik
Dank der Linearität der Gleichung (V.16) muss ~u Lösung von
~ ×~u(~r) = ~0
4 ∇
sein, sowie von
~ ·~u(~r) = 0,
∇
Theoretische Physik IV
(V.17a)
(V.17b)
entsprechend der Inkompressibilität der Strömung.
Um der letzteren Gleichung automatisch zu genügen, wird~u(~r) als die Rotation eines Vektorfeldes
~ (~r) gesucht. Dimensionale Betrachtungen deuten auf die Proportionalität dieses Vektorfeldes mit
V
~v∞ hin. Man macht also den Ansatz23
~ (~r) = ∇
~ × f (r)~v∞ = ∇f
~ (r) ×~v∞ ,
V
mit f (r) einer Funktion von r = |~r|, d.h. f hängt nur vom Abstand zur Kugel ab: außer der Richtung
von ~v∞ , die im Ansatz schon berücksichtigt wird, gibt es keine weitere bevorzugte Richtung, so dass
f kugelsymmetrisch ist.
~ · [f (r)~v∞ ] = ∇f
~ (r) ·~v∞
Somit gilt dank der Relation (V.13) und der Identität ∇
~ ×V
~ (~r) = ∇
~ ∇f
~ (r) ·~v∞ − 4f (r)~v∞ .
~u(~r) = ∇
(V.18)
Die Rotation des ersten Terms im rechten Glied ist null, trägt also nicht beim Einsetzen von ~u(~r)
in Gleichung (V.17a) bei:
~ ×~u(~r) = −∇
~ × 4f (r)~v∞ = −∇
~ 4f (r) ×~v∞ ,
∇
so dass
~ 4f (r) ×~v∞ = ~0.
4 ∇
~ 4f (r) nur eine KomDa f (r) unabhängig von den Azimutal- und Polarwinkeln ist, hat 4 ∇
ponente entlang der radialen Richtung
mit Einheitsvektor ~er , und kann somit nicht immer parallel zu
~
~v∞ sein. Deshalb muss 4 ∇ 4f (r) selbst verschwinden. Außerdem prüft man komponentenweise
~ 4f (r) = ∇
~ 4[4f (r)] nach, so dass die obige Gleichung sich als
die Identität 4 ∇
4[4f (r)] = Konstante
umschreiben lässt. Die Konstante muss Null sein, da es sich um die vierten Ableitungen von f (r) handelt, während die Geschwindigkeit ~u(~r), die nur von den zweiten Ableitungen abhängt [Gl. (V.18)],
bei r → ∞ verschwindet. Es gilt also 4[4f (r)] = 0.
In Kugelkoordinaten lautet der Laplace-Operator
4=
∂2
2 ∂
`(` + 1)
+
,
−
2
∂r
r ∂r
r2
mit ` einer ganzen Zahl, die vom Winkelanteil abhängt. Wegen der Kugelsymmetrie des Problems für
f soll hier ` = 0 genommen werden. Macht man den Ansatz 4f (r) = C/rα , so wird 4[4f (r)] = 0
nur für α = 0 or 1 erfüllt; mit Gl. (V.18) und der Bedingung ~u(~r) → ~0 für r → ∞ ist nur α = 1
möglich.
Die allgemeine Lösung der linearen Differentialgleichung
4f (r) =
d2 f (r) 2 df (r)
C
=
+
2
dr
r dr
r
ist dann durch
f (r) = A +
B C
+ r
r
2
(V.19a)
(V.19b)
~ × f (r)~v∞ wäre ~u(~r) immer senkrecht auf ~v∞ , so dass ~v(~r)
Mit dem anscheinend einfacheren Ansatz ~u(~r) = ∇
bei der Kugeloberfläche nicht verschwinden könnte.
23
V. Strömungen eines Newtonschen Fluids
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gegeben, wobei die zwei ersten Terme im rechten Glied die allgemeine Lösung der assoziierten
homogenen Differentialgleichung darstellen, während der dritte Term eine spezielle Lösung der inhomogenen Gleichung ist.
Gleichungen (V.18) und (V.19) führen zum Geschwindigkeitsfeld
~v∞ − 3 ~er ·~v∞ ~er
~v∞ − ~er ·~v∞ ~er
C
C
~
r
C
~
r
C
~ −B +
~u(~r) = ∇
·~v∞ − ~v∞ = −B
+
− ~v∞
3
3
r
2r
r
r
2
r
r
~v∞ − 3 ~er ·~v∞ ~er
C ~v∞ + ~er ·~v∞ ~er
= −B
−
.
3
r
2
r
Die Randbedingungen für die Strömungsgeschwindigkeit ~v(~r) = ~v∞ +~u(~r) bei der Kugeloberfläche lauten ~v(|~r| = R) = ~0, d.h.
B
C
C
3B
~v∞ +
1− 3 −
−
~er ·~v∞ ~er = ~0.
3
R
2R
R
2R
R3
6B
3R
und C = 2 =
, was führt zu
4
R
2
R3 3R ~v(~r) = ~v∞ −
~v∞ + ~er ·~v∞ ~er − 3 ~v∞ − 3 ~er ·~v∞ ~er .
4r
4r
Dies gilt für jeden ~er vorausgesetzt B =
(V.20)
Das Einsetzen dieser Strömungsgeschwindigkeit in die Stokes-Gleichung (V.12) liefert den Druck
3
2
P (~r) = ηR
~er ·~v∞
+ Konstante.
r2
Somit erhält man die mechanische Spannung (III.29) in einem Punkt der Oberfläche der Kugel.
Nach Integration ergibt sich die durch die Strömung geübte Kraft auf die Kugel
F~ = 6πRη~v∞ .
(V.21)
Dieses Resultat wird als Stokes-Gesetz bekannt.
Bemerkungen:
∗ Das Geschwindigkeitsfeld für die Potentialströmung eines idealen Fluids um eine Kugel mit dem
Radius R ist24
R3 ~v(~r) = ~v∞ + 3 ~v∞ − 3 ~er ·~v∞ ~er .
2r
Die zugehörige Abnahme der Geschwindigkeit ist viel steiler als für eine Stokes-Strömung (V.20),
entsprechend dem Transport von Impuls durch die Viskosität in der Letzteren.
∗ Die Näherung einer durch die Stokes-Gleichung beschriebenen Strömung mit kleiner ReynoldsZahl gilt nur in der Nähe der Kugel.
∗ Im Limes η → 0, d.h. eines idealen Fluids, verschwindet die Kraft auf die Kugel (V.21): dies
stellt ein Beispiel vom d’Alembertschen Paradoxon dar.
∗ Der Proportionalitätsfaktor zwischen Geschwindigkeit und Kraft wird als Beweglichkeit bzw.
Mobilität µ bezeichnet. Laut Gl. (V.21) gilt für eine Kugel in einer Stokes-Strömung µ = 1/(6πRη).
In seinem berühmten Artikel über die Brownsche Bewegung [19] hat Einstein diese Beweglichkeit
mit dem Diffusionskoeffizienten D suspendierter Kugeln in einer ruhenden Flüssigkeit verknüpft:
D = µkB T =
kB T
.
6πRη
Perrin konnte diese Formel (Stokes–Einstein-Gleichung) experimentell bestätigen und dadurch die
Avogadro-Konstante bestimmen und die „diskontinuierliche Struktur der Materie“ nachweisen [20].
24
Dies wird z.B. in Landau–Lifschitz [10] § 10 Problem 2 gezeigt.
V. Strömungen eines Newtonschen Fluids
51
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