igg Intergeo 2013, Essen Millimeter, Milligal, Gigatonnen und Terawatt – wie Schwerefeldmissionen den Klimawandel beobachten 1 Jürgen Kusche Professur für Astronomisch-Physikalische und Mathematische Geodäsie, IGG, Uni Bonn igg CHAMP, GRACE, GOCE, … 1970: Kameramessungen 1980: Laserdistanzmessungen 2 2000: GPS-LEO Tracking, LEO-LEO Ranging, Gradiometrie igg CHAMP, GRACE, GOCE, … Fragen • Was haben wir, mit inzwischen >10 Jahren CHAMP/GRACE/GOCE, über Veränderungen im Klimasystem gelernt? • Chancen und Grenzen 3 igg CHAMP, GRACE, GOCE, … DFG-Schwerpunktprogramm SPP1257 (2006-2013) Massentransporte und Massenverteilungen im System Erde 4 2012: SPP-Abschlußkolloquium und GRACE Science Team Meeting igg Massentransporte und Massenverteilungen: Größenordnungen Biomasse M = 1-2 × 103 Gt Luftmasse M = 5 × 106 Gt 5 Marine Evaporation M = 400 × 103 Gt/a Gletscher Negative Massenbilanz M = 200 Gt/a ? 0,023 % der Erde bestehen aus Wasser: M = 1,4 × 109 Gt igg Thema des Vortrags Fragen • Was haben wir, mit inzwischen >10 Jahren CHAMP/GRACE/GOCE, über Veränderungen im Klimasystem gelernt? • Chancen und Grenzen 6 igg Trends (2002-2010) aus GRACE Schwerefeldmodellen Alaskagletscher Negative Positive Massenbilanz Landwirtschaft Grundwasserspiegel fällt Erdbeben 7 Zunahme Wasserspeicherung Reservoir Negative Massenbilanz Niederschlagszunahme igg Massenbilanzen und Meeresspiegelanstieg IPCC AR5 (Summary for Policymakers) „In allen Szenarien wird sich die Erwärmung der Ozeane über Jahrhunderte fortsetzen, selbst wenn die Treibhausgasemissionen konstant bleiben oder gesenkt werden.“ 8 • 2100: Anstiege um weitere 26 bis 55 cm, auch wenn beträchtliche Klimaschutzanstrengungen unternommen werden • Ohne Emissionsbeschränkungen: 45 bis 82 cm • Könnte auch deutlich höher ausfallen • Neue Projektionen höher als im AR4, weil der Beitrag der polaren Eisschilde besser berücksichtigt ist (negative Massenbilanzen Grönland und Antarktik) igg Meeresspiegelanstieg Mittlerer Anstieg 1950-2011 (Rekonstruktion aus Pegeln und Satellitenaltimetrie, Wachsmuth et al.) 9 1) igg Meeresspiegelanstieg Mittlerer Anstieg 1993-2010 (Satellitenaltimetrie, Stammer et al.) 10 1) igg Meeresspiegelanstieg Projektion 2081-2100 vs. 1986-2005 (mit RCP8.5, Slangen et al.) 11 1) igg Massenbilanzen und Meeresspiegelanstieg Beitrag der Eisschilde zum Meeresspiegelanstieg 1993-2011 [Antarktik aus GRACE 0.59 +/- etc 0.20mm/a (Shepherd et al., 2012) ] 12 +0.6 mm/Jahr igg Massenbilanzen und Meeresspiegelanstieg Beitrag der Eisschilde zum Meeresspiegelanstieg In verschiedenen geodätischen Beobachtungstechniken (Shepherd et al., 2012) 13 IO-Methode Radaraltimetrie Satellitengravimetrie igg Massenbilanzen und Meeresspiegelanstieg Beitrag der Eisschilde zum Meeresspiegelanstieg In verschiedenen geodätischen Beobachtungstechniken (Eicker et al.,) A GRACE B ICESAT 14 EWH [m/year] EWH [m/year] Satellitengravimetrie Laseraltimetrie igg Massenbilanzen und Meeresspiegelanstieg Beitrag der Gletscher zum Meeresspiegelanstieg 2003-2011 0.41 +/- 0.08mm/a (Jacob et al., 2012) 15 +0.4 mm/Jahr igg Massenbilanzen und Meeresspiegelanstieg Dynamische Topographie, geostrophische Strömungen, und der Golfstrom (1 Sv = 0.001 km3/s) GRACE 16 GOCE GOCE Willis (2010) In-situ Bingham et al igg Intensivierung des Wasserkreislaufs ? IPCC AR5 (Summary for Policymakers) „Ein ungebremster Ausstoß von Treibhausgasen könnte das Klimasystem derart verändern, wie dies in den vergangenen hunderttausenden Jahren nicht vorgekommen ist. Vielfältige und deutliche Veränderungen wären zu erwarten, wie etwa bei Niederschlägen, Eis und Schnee, einigen Extremwetterereignissen, […]“ • Bei vielen extremen Wetterereignissen wurden Veränderungen beobachtet. […] In Europa, Asien und Australien traten häufiger Hitzewellen auf. • Mehr und intensivere Starkregenereignisse in Nordamerika und Europa. • Häufigere und längere Hitzewellen (sehr wahrscheinlich). • 2100: Starkniederschläge werden über den meisten Landgebieten der mittleren Breiten und über den feuchten Tropen sehr wahrscheinlich intensiver und häufiger auftreten 17 igg Intensivierung des Wasserkreislaufs ? Hydrologische Messgröße: Abfluß (Pegelmessung + Ganglinie) Integriert über Einzugsgebiet Runoff Niederschlag Milliman et al., 2008 18 igg Intensivierung des Wasserkreislaufs ? 19 Milliman et al., 2008 igg Intensivierung des Wasserkreislaufs ? 20 Milliman et al., 2008 igg Intensivierung des Wasserkreislaufs ? Beitrag der terrestrischen Grund- und Oberflächen zum Meeresspiegel 2003-2011 aus GRACE und RA: -0.2 mm/a (Riva et al., 2012, Jensen et al., 2013) 21 - 0.2 mm/Jahr igg Intensivierung des Wasserkreislaufs ? 2010-11 Fasullo et al., 2013 MSL1993-2013 de-trended Beschleunigungen in GRACE 2003-2011 22 igg Intensivierung des Wasserkreislaufs ? 23 Elbe-Hochwasser Mai/Juni 2013 igg Intensivierung des Wasserkreislaufs ? Elbe-Hochwasser Mai/Juni 2013 in GRACE Niederschlag Mai 2013 (BfG) 100 mm EWH ∼ 17.8 km3 24 Gesamtwassermenge im Ems-Weser-Elbe Einzugsgebiet Anne Springer, Uni Bonn igg Massenbilanzen in numerischen Modellen Wasserbilanz in Modellen • Wasserspeicherung in Balance mit Niederschlag, Verdunstung, Abfluß ? 25 W S SO igg Massenbilanzen in numerischen Modellen 26 K. Trenberth igg Anthropogene Effekte – Hydrologische Massenbilanzen Anthropogene Grundwasserentnahmen / Landwirtschaft 27 Absinken des Grundwasserniveaus um 20mm/Jahr im Central Valley (52.000km2), 20.3km3 in 6.5 Jahren (Famiglietti et al. 2011) igg Thema des Vortrags Fragen • Was haben wir, mit inzwischen >10 Jahren CHAMP/GRACE/GOCE, über Veränderungen im Klimasystem gelernt? • Chancen und Grenzen 28 igg Chancen und Grenzen Numerische Modelle des Erdsystems (Ozean, Atmosphäre, Landoberfläche, …) • • • • # Zustandsgrößen O(100) • verknüpft durch Navier-Stokes Gleichungen, HS der Thermodynamik, Erhaltungssätze Masse, Drehimpuls, Strahlung, Kont.-gleichung, … # Freiheitsgrade O(1030) (Globale Atmosphäre) • Skalen mm … 1000 km, min … Dekaden Simulationen: Prozessverständnis, Vorhersagen, Klimaprojektionen Offline oder gekoppelt Messung • Daten werden i.d.R. durch Assimilation eingeführt 29 igg Assimilation von Schwerefelddaten in numerische Modelle Datenassimilation • Integration von Modellrechnung (simulierter Zustand des Ozeans, der Atmosphäre, der terrestrischen Wasserflüsse, …) und gemessenem Schwerefeld im Sinne einer Ausgleichung • Lange schon Standard in Wettervorhersage (Niederschlagsmessungen) und Ozeanmodellierung • Methoden (3DVAR, 4DVAR, EnKF/KS) und effiziente Implementierungen/Werkzeuge sind vorhanden • Was derzeit entwickelt wird (z.B. NASA GLDAS, DFG SPP 1257): Verfahren um integrale Daten (Schwerefeld!) effizient zu assimilieren • Chancen: Was lernen wir neues? 30 igg Assimilation von Schwerefelddaten in numerische Modelle Beispiel: Globaler terrestrischer Wasserkreislauf 31 Parameterraum hydrologischer Modelle • Wasserspeicherung in Raum und Zeit • Grundwasser, Boden, Wurzelzone, … • Oberflächengewässer, … • Parameter die Transport und Phasenumwandlung steuern igg Assimilation von Schwerefelddaten in numerische Modelle Beispiel: Globaler terrestrischer Wasserkreislauf Global Land Data Assimilation System (M. Rodell) 32 • Downscaling • Vertikale Disaggregation igg Assimilation von Schwerefelddaten in numerische Modelle Beispiel: Globaler terrestrischer Wasserkreislauf 33 Schätzung von Modellparametern im Ensemble Kalman Filter igg Assimilation von Schwerefelddaten in numerische Modelle Beispiel: Globaler terrestrischer Wasserkreislauf Assimilation von GRACE in das hydrologische Modell WGHM – welche Parameter sind meist sensitiv? M. Schumacher, Uni Bonn Schmelztemperatur von Schnee Strahlungsbilanz Niederschlagsmenge Anthropogene GWEntnahme 34 igg Schwerefeldsatelliten messen Schneeschmelztemperatur? 35 igg Globaler Energiekreislauf Energiebilanz in Modellen • Solare Einstrahlung in Balance mit Wärmeaustausch? 36 igg Globaler Energiekreislauf 37 K. Trenberth Globaler Energiekreislauf igg Landoberfläche – Variabilität der Evapotranspiration E im Rhein-Maas Gebiet aus GRACE und Modellen (A. Springer, Uni Bonn) 38 2.26⋅106 J/kg A. Springer, Uni Bonn 80 W / m2 (globales Mittel) igg Globaler Energiekreislauf Ozean - Wärmeaufnahme Beispiel (1 Sigma) • • • • • 0,3 mm/a globaler Meeresspiegel aus Altimetrie 0,3 mm/a globale Ozeanmasse aus Gravimetrie ⇒ 0,4 mm/a für die wärmebedingte Ausdehnung ⇒ 0,26…0,52 (W / m2)/a Wärmeaufnahme ⇒ 85…170 TW/a • Über ein Jahr, entspricht dies einer Änderung der Ozeanwärme um 2.6…5.2 ⋅ 1021 Joule 39 igg Globaler Energiekreislauf Geodätischer Fehlerbalken Ozean – Wärmeaufnahme (IPCC AR5) 40 igg Globaler Energiekreislauf Land-Wasserspeicherung 41 Thermische Ausdehnung Ozean – Wärmeaufnahme (R. Rietbroek, Uni Bonn) igg Zusammenfassung • >10 Jahre CHAMP, GRACE und GOCE haben ermöglicht, zahlreiche „klimarelevante“ Zeitreihen von Feldern und Parametern abzuleiten; wesentliche Updates von IPCC-AR5 wurden dadurch möglich • • intelligente Kombination von Schwerefelddaten mit hydrologischen, meteorologischen und ozeanographischen Messgrößen durch Validierung / Verbesserung von „langen Zeitreihen“ anderer Messverfahren im gemeinsamen Zeitraum werden „klimarelevante Zeitskalen“ abgedeckt • Chancen und Grenzen? • • • Weiterführung der Zeitreihen (GRACE-FO, ESA/NASA Efforts) Operationalisierung von Schwerefelddaten durch Datenassimilation wird neue Anwendungen öffnen Schwerefeld wird zu einer generischen Messgröße des gekoppelten Wasser-Energie-Stoff-Kreislaufes werden 42 igg 43 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit