apoFokus apoResearch Anlageinformation Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust > Hohe Inflation in den 20er und 70er Jahren war sehr schädlich > Mittelfristige Inflationsrisiken vs. kurzfristige Deflationsgefahr > Inflationsgeschützte Anleihen, Aktien, Immobilien und Rohstoffe Ausgabe 5│2010 apoFokus apoResearch Anlageinformation Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG, Düsseldorf, unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bonn/Frankfurt. Die in diesem apoFokus enthaltenen Informationen stellen keine Anlageberatung dar. Sie zielen nicht auf das individuelle Anlageprofil des Empfängers ab, sondern enthalten allgemeine Informationen, die eine selbstständige Anlageentscheidung erleichtern sollen. Mit dem apoFokus ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf verbunden. Der apoFokus beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten. Die vorliegende Publikation gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder. Die Inhalte sind sorgfältig recherchiert. Eine Haftung/Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann im Einzelfall aber nicht übernommen werden. Nachdruck nur mit Genehmigung der Deutschen Apotheker- und Ärztebank. 2 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Inhalt Einleitung 4 Inflation: Grundlagen 5 Exkurs 1923 – Wie konnte das geschehen? 13 Aktuelle und jüngere Entwicklung 15 Haben wir in 2 bis 5 Jahren eine beschleunigte Inflation? 18 Anlagen mit Schutz vor Inflation 24 Fazit 32 3 apoFokus apoResearch Anlageinformation Einleitung Einleitung Anleger sorgen sich um Geldwertstabilität Notenbanken haben viel Geld in den Umlauf gebracht In den letzten zwei Jahren haben sich die Inflationssorgen vieler Anleger beträchtlich erhöht. Über 70 % der Bürger erwarten aktuell steigende Inflationsraten. Auslöser war die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise. Die Staaten haben große Konjunkturprogramme wie z. B. die Abwrackprämie bezahlt. Die Angst vor der Geldentwertung wird durch die derzeit stark steigende Staatsverschuldung der Industrieländer noch verstärkt. Die Krise um Griechenland ist dabei nur der Auslöser und die Spitze des Eisbergs. Die Notenbanken haben viel Geld in den Umlauf gebracht, um den wirtschaftlichen Absturz ins Bodenlose zu verhindern. Gefährlich ist dabei die große Menge an Liquidität, die über das Finanzsystem ausgeschüttet wurde. Diese Geldmenge ist quasi der Rohstoff, aus dem Inflation entstehen kann. Bedenklich stimmen auch Vorschläge des IWF, die Notenbanken sollten statt 2 % ein Inflationsziel von 4 % anstreben. Zunächst wird hinterfragt, was eigentlich mit Inflation gemeint ist, wie sie entstehen kann und wie sie wirkt. Die extreme Inflation von 1923 und die Geldentwertung nach dem zweiten Weltkrieg sind noch nicht vergessen. Wir blicken zurück auf die hohe Inflation der 70er Jahre. Wir kommen zu der Fragestellung, welche Argumente für oder gegen eine Beschleunigung der Inflation in den kommenden Jahren sprechen. 4 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Inflation: Grundlagen Inflation: Grundlagen Definitionen Es existieren verschiedene Definitionen für den Begriff Inflation. Wir wollen im Weiteren auf die geläufigste zurückgreifen: Inflation (lat.: inflare) Deflation (lat.: deflare) Stagflation Inflation bezeichnet den Prozess ständiger Preisniveausteigerungen beispielsweise infolge längerfristiger Ausweitung der Geldmenge durch Staaten (Fiskalpolitik) oder Notenbanken (Geldpolitik). Es verändert sich das Austauschverhältnis von Geld zu allen anderen Gütern - zu Lasten des Geldes. Folglich gibt es für eine Geldeinheit weniger Güter oder umgekehrt: Für Güter muss mehr Geld gezahlt werden, sie werden teurer. Daher versteht man unter Inflation auch eine Geldentwertung. Das Gegenteil von Inflation ist die Deflation. Dementsprechend ist der Mechanismus umgekehrt: Deflation beschreibt das Szenario eines allgemeinen, signifikanten und anhaltenden Rückgangs des Preisniveaus bei Gütern und Dienstleistungen. Somit erhält man für eine Geldeinheit mehr Güter, das heißt sie werden billiger. Der Begriff Stagflation ist ein Kunstwort aus den Begriffen Stagnation und Inflation. Bei einem stagnierenden Wachstum einer Volkswirtschaft und gleichzeitiger Inflation spricht man von Stagflation. Dies war Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts während der ersten Ölkrise in England und Amerika der Fall. Welche Formen der Inflation gibt es? Schleichende Inflation Bei einer schleichenden Inflation existieren nur niedrige Inflationsraten, die sich im Laufe der Jahre zu Kaufkraftverlusten summieren können. Dies ist der übliche Fall und erscheint den Verbrauchern als relativ unbedeutend, solange die Inflation über Lohnerhöhungen ausgeglichen wird. Chronische Inflation Bei der chronischen Inflation handelt es sich um hartnäckige und mehrjährige hohe Inflationsraten. Hyperinflation (auch Wenn plötzlich sehr hohe Inflationsraten auftreten, schnellen die Preise ebenfalls nach oben, und es entsteht eine Hyperinflation. Dieser Prozess geht in aller Regel mit einem Vertrauensverlust in das Geld und einer Flucht in Sachwerte einher. galoppierende Inflation) 5 apoFokus apoResearch Anlageinformation Inflation: Grundlagen Beste Beispiele aus der Vergangenheit sind in Argentinien am Anfang der neunziger Jahre bzw. in Simbabwe zu finden. Hyperinflation in Argentinien (in % ggü. Vorjahr) Argentinien 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 Quelle: Datastream Hyperinflation in Simbabwe (in % ggü. Vorjahr) Simbabwe 120.000 ??? 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle:Datastream Die Fragezeichen in der Grafik symbolisieren einerseits fehlende Daten nach 2008 und andererseits die weitere Entwicklung, da sich die politischen Verhältnisse bis heute nicht gravierend geändert haben. Wie entsteht eigentlich eine Inflation? Grundsätzlich ist die Entstehung von Inflation an realwirtschaftliche Voraussetzungen gebunden. Preisänderungen von einzelnen Gütern sind noch keine Inflation. Im Folgenden sollen kurz die verschiedenen Mechanismen erläutert werden: Geldmengenwachstum 6 Ein Mechanismus ist die Ausweitung der Geldmenge. Wenn die Geldmenge schneller expandiert als das Handelsvolumen, kann das Preisniveau steigen. Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Inflation: Grundlagen Im Rahmen der Finanzkrise hat die Europäische Zentralbank die Märkte mit Liquidität „geflutet“, sprich die Geldmenge überproportional ausgeweitet. Führt die Ausweitung der Geldmenge zwangsläufig zu Inflation? Auf eine Antwort gehen wir im Späteren ein, vorab jedoch kurz die theoretische Grundlage für diese Aussage: Ein kurzer Exkurs zur Quantitätsgleichung: Quantitätsgleichung P x y = m x V (Preis x Handelsvolumen = Geldmenge x Umlaufgeschwindigkeit) Beide Seiten der Gleichung müssen immer gleich sein! Wenn die Geldmenge (m) schneller expandiert als das Handelsvolumen (y) steigt bei gleicher Umlaufgeschwindigkeit (V) das Preisniveau (P) an. Mit der Gleichung kann die Geldmenge annähernd bestimmt werden. Die Aufgabe der EZB ist die Geldwertstabilität, das heißt sie achtet darauf, dass die Inflationsrate um die 2 % gehalten wird. Bei einer Rate von über 2 % ist eine Zinserhöhung wahrscheinlich. Auch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wird beobachtet. Das Handelsvolumen entspricht dem Produktionspotenzial der EU. Aus diesen Annahmen kann die Geldmenge berechnet werden. Annahmen > Inflation = 2,0 % (Preis) > Produktionspotenzial = 2,0 % (Handelsvolumen) > Umlaufgeschwindigkeit des Geldes = 0,5 % Aus diesen Annahmen ergibt sich ein Geldmengenwachstum von 3,5 % Die weiteren Zusammenhänge zwischen Geldmenge und Preissteigerungen erläutern wir zu einem späteren Zeitpunkt. Nachfrageinduzierte Inflation (Demand-pull) Preisanstieg durch Verknappung Bei einer nachfrageinduzierten Inflation muss die gesamtwirtschaftliche Nachfrage das Angebot übertreffen. Ungeachtet einer zunehmenden Kapazitätsauslastung kommt es zu einer Verknappung der Güter, und die Preise steigen. Kosteninduzierte Inflation (Cost-push) Preisanstieg durch höhere Produktionskosten Durch höhere Produktionskosten kann ebenfalls eine Inflation entstehen. Die Produzenten versuchen beispielsweise, die höheren Einkaufspreise bei Rohstoffen auf ihre Verkaufspreise aufzuschlagen. Steigende Ölpreise werden ebenfalls in Form von höheren Energiepreisen an die Verbraucher weiterge7 apoFokus apoResearch Anlageinformation Inflation: Grundlagen geben. Der Ölpreisschock in den siebziger Jahren ist ein bekanntes Beispiel, und die autofreien Sonntage sind noch in guter Erinnerung. Lohn-Preis-Spirale Höhere Lohnabschlüsse führen bei den Unternehmen ebenfalls zu steigenden Kosten. Sollte für die Firmen die Möglichkeit bestehen, diese Kostensteigerungen auf den Produktpreis und damit auf den Endabnehmer abzuwälzen, werden sie dies tun. Eine Spirale entsteht dann, wenn mit der kommenden Tarifrunde wieder versucht wird, mit weiteren Lohnsteigerungen den Preisauftrieb zu kompensieren. Monopolisten Diese Art der Preissteigerungen ist nicht mit denen eines Monopolisten vergleichbar. Mangelnde Konkurrenz führt immer zu erhöhten Preisen, nicht jedoch zwangsläufig zu Inflation, da es sich nur um ein Produkt bzw. einige Produkte handelt. Qualitätsverbesserungen Gleiches gilt für Qualitätsverbesserungen bei Endprodukten, die sich ebenfalls im Preisgefüge niederschlagen. Ein gutes Beispiel ist der Röhrenfernseher gegenüber dem LCD-TV. Der Konsument honoriert das bessere Bild, indem er den höheren Preis des LCD-TVs akzeptiert. Der Röhrenfernseher, sofern im Handel noch erhältlich, wird letztlich zum „Ladenhüter“. Importierte Inflation Bei einer importierten Inflation werden die Preissteigerungen im Ausland über die importierten Güterpreise ins Inland überführt. Im weiteren Sinne wird jede Inflation, deren Ursache in den ausländischen Beziehungen einer Volkswirtschaft liegt, als importierte Inflation bezeichnet. Transmissionsmechanismen Es gibt drei Transmissionsmechanismen Für diese Form der inländischen Inflationsentstehung gibt es drei Transmissionsmechanismen. Ausgangspunkt sind die Inflationsraten im Ausland und feste Wechselkurse zwischen In- und Ausland. Durch die steigenden Inflationsraten im Ausland können heimische Unternehmen in diesen Ländern höhere Verkaufspreise für ihre Produkte erzielen. So erwirtschaften die Konzerne über den Export höhere Erträge. Mechanismus 1: Währungen – Exporterlöse erhöhen die Geldmenge 8 Durch den Verkauf der exportierten Produkte gelangen die Devisen ins Inland. Über die fixen Wechselkurse werden die ausländischen Devisen in inländisches Geld getauscht, wodurch die Geldmenge im Inland steigt. Dieser Geldmenge steht aber kein zusätzliches Güterangebot gegenüber, so dass nach der Quantitätsgleichung die Preise im Inland anziehen werden. Die Inflation Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Inflation: Grundlagen aus dem Ausland wird damit ins Inland transportiert. Mechanismus 2: Konkurrenzlose Importgüter Mechanismus 3: Güterverknappung Ein Beispiel für ein konkurrenzloses Gut ist Erdöl. Es ist nicht substituierbar und muss dort gekauft werden, wo es gefördert wird. Bei steigenden Weltmarktpreisen erhöhen sich die Importpreise und letztlich die Verkaufspreise an dem veredelten Produkt Benzin. Sollte es durch den entstehenden Kaufkraftverlust der Verbraucher zu Lohnsteigerungen kommen, dann kann durch eine einsetzende Lohn-Preis-Spirale die inländische Inflation weiter angeheizt werden. Durch den ausgeweiteten Export von Waren könnte im Inland nur ein reduziertes Angebot entstehen. Bei gleichbleibender Nachfrage verteuern sich diese Waren, und dadurch kann es zu Inflation kommen. Sollten die Kapazitäten für die Herstellung des Produktes nicht ausgeweitet werden können und die inländischen Grenzkosten übersteigen, werden die Preise ebenfalls anziehen und die Inflation fördern. Mit einem freien Wechselkurs gegenüber der Auslandswährung kann man einer importierten Inflation entgegensteuern. Die Unternehmen wechseln zwar ihre ausländischen Devisen ebenfalls im Inland um, jedoch fällt durch das Überangebot an Fremddevisen der Kurs der Auslandswährung. Dieser Mechanismus funktioniert aber nur für ausländische Devisen. Innerhalb der Euro-Zone ist diese Möglichkeit durch die einheitliche Währung verschlossen. Dadurch existiert keine Kompensationsmöglichkeit für die Mitglieder innerhalb der Euro-Länder gegen importierte Inflation aus dem Nachbarstaat. Wie wird die Inflation gemessen? Repräsentativer Warenkorb Die Erfassung der Preisentwicklung wird im Verbraucherpreisindex dargestellt. Dabei geht es um die Verbrauchergewohnheiten in einem privaten Haushalt, die sehr umfassend und detailliert erfasst werden. Es werden jedoch nicht alle Güter aus dem Warenangebot einbezogen, sondern nur einige hundert ausgewählt, die repräsentativ für den gesamten Verbrauch als auch für die Preisentwicklung der Haushalte sind. Rund 750 verschiedene Preise Der deutsche Verbraucherpreisindex (VPI) besteht aus etwa 750 unterschiedlich gewichteten Gütern und Dienstleistungen und stellt einen Mittelwert aller einzelnen Güter dar. Die Gesamtheit dieser ausgewählten Güter heißt Warenkorb. Nachfolgend sind die Warenkörbe und die Gewichtungen in Deutschland bzw. in der Europäischen Union (EU) aufgelistet. 9 apoFokus apoResearch Anlageinformation Inflation: Grundlagen Warenkörbe von Deutschland bzw. der EU 11,6% 9,6% Energie 27,6% 29,3% Industrieerzeugnisse 5,1% 7,3% Unverarbeitete Lebensmittel Verarb. Lebensmittel (inkl. Tabak + Alkohol) 11,4% 11,9% 7,4% 7,1% Diverse Dienstleistungen Freizeit Kommunikationsdienstl. Verkehrsdienstleistung Wohnungsdienstleistung 2,9% 3,3% 12,5% 14,9% 7,3% 6,6% 10,2% 14,2% Deutschland EU Quelle: Deutsche Bundesbank 2010 Statistisches Bundesamt berechnet Inflationsrate Die Veränderung der Preise des Warenkorbs zum Basisjahr ergibt die gemessene Inflationsrate. Da sich die Verbrauchergewohnheiten über die Zeit ändern, wird der Warenkorb in Deutschland in einem Turnus von fünf Jahren neu zusammengesetzt. Die Daten für die Inflationsrate werden in Deutschland durch das Statistische Bundesamt gesammelt und berechnet. Die EU (hier: EuroStat) versucht, die Warenkörbe der einzelnen EU-Länder so einheitlich wie möglich zu gestalten, um gravierende Unterschiede zu vermei-den und die EU-Inflationsrate nicht zu verzerren. Wägungsschema Gewichtung der Güter im Warenkorb Wichtiger als die Auswahl der einzelnen Güter im Warenkorb ist die Gewichtung der ausgewählten Waren. Beispielsweise haben die Mietausgaben ein höheres Gewicht als die laufenden Lebensmittelausgaben im Monat. Auch das Wägungsschema wird in einem Turnus von fünf Jahren überprüft und entsprechend angepasst. „Gefühlte“ Inflation In der Bevölkerung wird die Teuerungsrate meist höher empfunden, als es die Statistik ausweist. Sie „empfindet“ einen höheren Wert. Dies liegt an den Barzahlungen der Verbraucher, beispielsweise an den Brötchen- oder Brotpreisen. Diese Preise sind in den letzten Jahren real stärker gestiegen als die Inflationsraten, allerdings haben diese Preise im gesamten Warenkorb kaum Gewicht und beeinflussen die Inflationsmessung nur gering. Kerninflation Neben der normalen Inflationsrate existiert noch die geringer volatile Kerninflationsrate. In dieser Rate werden die Energie- und Nahrungsmittelpreise nicht berücksichtigt, da sie einer hohen Schwankungsbreite unterliegen. 10 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Inflation: Grundlagen Europäische Inflationsrate Für die Inflationsrate der europäischen Union melden die Mitgliedsländer ihre eigenen monatlichen Teuerungsraten an EuroStat. Dort werden die Daten anhand des Bruttoinlandsproduktes der Länder gewichtet und zu einer europäischen Inflationsrate zusammengefasst, dem HVPI (Harmonisierter Verbraucherpreisindex). Der Index wird immer drei Wochen nach Monatsende veröffentlicht. Ländergewichtung für die Berechnung der Inflationsrate in der EU (in %) Deutschland Italien Niederlande Belgien Portugal Irland Slowenien Luxemburg 26,2 % 18,2 % 5,1 % 3,2 % 2,2 % 1,5 % 0,4 % 0,3 % Frankreich Spanien Griechenland Österreich Finnland Slowakei Zypern Malta 20,8 % 12,6 % 3,6 % 3,0 % 1,7 % 0,7 % 0,3 % 0,1 % Quelle: EuroStat Die Ländergewichtung zeigt das deutliche Übergewicht der großen Volkswirtschaften. Der Anteil an der EU-Inflationsrate von Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien summiert sich auf fast 78 %. Nachfolgende Grafik zeigt den HICP (Harmonized Index of Consumer Prices; identisch mit dem HVPI), an dem die Europäische Zentralbank die Preisstabilität festmacht. Die hellblaue Gerade zeigt die durchschnittliche Inflationsrate seit 1999 von 2 % an. Damit hat die EZB ihre eigene Vorgabe, eine Inflationsrate von um die 2 %, erreicht. Entwicklung der Inflationsrate in der EU (in %) HICP Durchschnittliche Inflationsrate seit 1999 5 4 3 2 1 0 -1 1995 2000 2005 2010 Quelle: Europäische Zentralbank 11 apoFokus apoResearch Anlageinformation Inflation: Grundlagen Inflationswirkung Die Auswirkungen der Inflation sind vielschichtig. Generell lässt sich sagen, dass bei einer steigenden Inflationsrate der Schuldner profitiert, während der Gläubiger Verluste erleidet. Es findet eine Umverteilung von realem Vermögen statt. Hypothekenzinsen aus Sicht von Inflation … Ein gutes Beispiel hierfür sind die Hypothekenzinsen bei einem Immobilienkredit. In Deutschland werden Immobilienkredite meist für eine längere Laufzeit mit einem festgelegten Zinssatz abgeschlossen. Bei einem Inflationsanstieg profitiert der Schuldner, da der Nominalwert und der Zinssatz festgeschrieben sind, während beispielsweise die Gehälter steigen. Somit inflationiert sich der Wert des Kreditvolumens. … und Deflation In einem deflationären Umfeld fallen nicht nur die Güterpreise, sondern auch die Preise für die Vermögenswerte, wie beispielsweise bei Immobilien. Hier würde der Gläubiger profitieren, während der Schuldner weiterhin seine nominalen Schulden inklusive der fixen Zinszahlungen bedienen muss. Kaufkraftverluste der Bei hohen Inflationsraten entstehen Kaufkraftverluste. Generell werden Gehälter und Renten nur mit einer Zeitverzögerung erhöht. Der bis dahin aufgelaufene Kaufkraftverlust wird nur relativ kompensiert. Die steigenden Inflationsraten der kommenden Monate führen zu weiteren Konsumeinschränkungen der Verbraucher durch die Preisanstiege. Verbraucher Nachfolgende Grafik beschreibt den Kaufkraftverlust bei Inflationsraten von 2 % oder 5 % über die Zeit: Bei 5 % Inflation halbiert sich 100 die Kaufkraft nach 15 Jahren 80 60 40 20 0 1 8 2 % Inflation p.a. 15 Jahre 22 29 36 5 % Inflation p.a. Quelle: apoBank Der Wertverlust des Kapitals bzw. von Vermögenswerten ist offensichtlich und eine Sicherung vor Kaufkraftverlusten essentiell. Welche Anlageklassen für einen Kapitalerhalt in Frage kommen, wird später ausführlicher dargestellt. 12 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Exkurs 1923 – Wie konnte das geschehen? Exkurs 1923 – Wie konnte das geschehen? Hyperinflation – die Katastrophe vor 80 Jahren Die Geldmenge wuchs immer stärker Geld verlor schneller an Wert, als die Bürger etwas kaufen konnten Bereits kurz nach dem Beginn des ersten Weltkriegs begann eine hartnäckige Inflation, die sich bald zu einer Hyperinflation ausweitete. Ähnlich wie heute war der Staat sehr hoch verschuldet. Nur die Ursache war mit den Kriegs- und hohen Reparationsforderungen des Versailler Vertrages eine andere. Im Krieg begab das Deutsche Reich Kriegsanleihen, wodurch sich der Staat gegenüber der Bevölkerung hoch verschuldete. Durch die Ausgabe dieser Anleihen begann quasi der Gelddruck, denn diese Papiere waren nicht durch reale Werte gedeckt. Um den Gelddruck zu unterstützen, wurde mit Beginn des Weltkriegs im August 1914 der Goldstandard aufgehoben. Zuvor war die Reichsmark zu 1/3 durch Goldreserven gedeckt. Da aber die Rückzahlung durch den besiegten Kriegsgegner erfolgen sollte und immer mehr Anleihen emittiert wurden, reduzierte sich der Deckungsstock pro Wertpapier. Die Geldmenge wuchs. Gleichzeitig verteuerten sich die Güter des täglichen Bedarfs. Die Wirtschaft brach ein, und es wurde mit dem Druck neuen Geldes gegengesteuert. Das zuvor schon geringe Vertrauen in die Reichsmark wurde endgültig zerstört, die Preise explodierten. Im Januar des Jahres 1923 kostete ein Brot noch 163 Mark, Mitte November kostete es 233 Milliarden Mark. Die Industrieproduktion sank um 37 %, die Arbeitslosigkeit stieg von unter 5 % im Januar auf fast 30 % im Dezember. Erst durch eine Währungsreform im November 1923 konnte die Inflation beendet werden. Die Reichsmark wurde abgeschafft und durch die Rentenmark ersetzt. Diese neue Währung wurde wieder durch Goldreserven gedeckt, das Wechselkursverhältnis Rentenmark zu Reichsmark betrug 1:1 Billion. 100.000.000.000.000 1.000.000.000.000 10.000.000.000 100.000.000 1.000.000 10.000 100 1 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921 1922 1923 Quelle: apobank, Hermann Bente: Die deutsche Währungspolitik von 1914–1924. Weltwirtschaftliches Archiv 13 apoFokus apoResearch Anlageinformation Exkurs 1923 – Wie konnte das geschehen? Inflation wurde 1923 wissentlich riskiert Für Regierende ist Inflation das kleinere Übel 14 Wie konnte es dazu kommen? Rudolf v. Havenstein war damals Präsident der Reichsbank. Er war der maßgebliche Initiator des exzessiven Geldrucks. Aus heutiger Sicht könnte man meinen, die negativen Folgen einer starken Inflation waren den damaligen Ökonomen nicht bewusst bzw. unbekannt. Doch das war nicht der Fall. Vielmehr wurde diese Situation wissentlich herbeigeführt. Die Gründe hierfür sind auch heute noch unsicher, aber politisch motiviertes Handeln ist sehr wahrscheinlich. Die junge Weimarer Republik war instabil. Die Regierung unter Friedrich Ebert hatte Angst, die Steuern zu erhöhen und so den Unmut in der Bevölkerung weiter zu schüren. Eine starke Inflation ist zwar ökonomisch katastrophal, hat jedoch machtpolitisch einen gewissen Charme. Einerseits konnte so den Siegermächten glaubhaft versichert werden, dass die Reparationen Deutschland ruinieren, andererseits konnte innenpolitisch die Schuld für die Inflation dem Ausland zugeschoben werden. Hier könnten sich beängstigende Parallelen zur Gegenwart eröffnen: hohe Verschuldung, schlechte wirtschaftliche Lage, Angst vor einschneidenden Reformen und die Finanzmarktakteure als mögliche Schuldige. Dieses Schreckensszenario wird insbesondere durch die Krise um Griechenland und Spanien innerhalb der europäischen Währungsunion realer. Mit dem Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB beginnt mehr oder minder der Druck von Geld. Auch die Einflussnahme der Politik auf die Zentralbank hinterlässt, im Rückblick auf die Historie, einen stark negativen Beigeschmack. Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Aktuelle und jüngere Entwicklung Aktuelle und jüngere Entwicklung „The great Inflation“ – die Geldentwertung der 1970er In den 70er Jahren kam es in den USA und Europa zu größeren Inflationswellen. Ursächlich waren die beiden Ölkrisen 1973 und 1979. Das Ölembargo der OPEC, verbunden mit der hohen Staatsverschuldung der USA wegen des Vietnamkrieges, führte zur Stagflation. In der Bundesrepublik erreichte die Inflation 1973 mit über 8 % p. a. ihren bisherigen Höhepunkt (siehe nachfolgende Grafik), in Italien waren es sogar 25 % p. a. Die Krise bedeutete das Ende des Wirtschaftswunders. Erstmals traten in größerem Umfang Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit auf, die Sozialausgaben stiegen. In vielen Ländern forderten die Gewerkschaften zweistellige Lohnerhöhungen, was die eingangs beschriebene Lohn-Preis-Spirale in Gang setzte. So schoben kletternde Löhne und steigende Preise die Inflation massiv an, die Wirtschaft ging in die Knie. Die Stagflation setzte ein. Mitte des Jahrzehnts ging die Inflation wieder etwas zurück. 2. Ölkrise treibt die Inflation erneut an Eine weitere drastische Preissteigerung fand 1979 statt. Diesmal erreichte die USA eine dramatische Inflation von14 % p. a. Auslöser war der erste Golfkrieg zwischen Irak und Iran. 15 % Inflation in den USA … Paul Volcker wurde neuer Chef der Fed. Seine Mission war es, die Inflation zu stoppen. Im März 1980 stieg die Inflationsrate auf 15 %, die Erwartung immer schneller steigender Preise drohte sich zu verselbstständigen. … konnten nur noch durch Paul Volcker stoppte die Inflation, indem er die Leitzinsen radikal auf 20 % anhob. Die Wirtschaft stürzte in eine Rezession, es kam zu heftigen Protesten. Kurz darauf stieg die Arbeitslosigkeit dramatisch, und US-Präsident Jimmy Carter wurde abgewählt. schmerzhafte Zinserhöhungen gebremst werden Diese Erfahrungen erinnern daran, dass auch moderne Ökonomien nicht vor einer hohen Inflation gefeit sind. Aufgrund der Leitzinserhöhungen war die Teuerungsrate in den USA drei Jahre später deutlich auf 5 % gesunken. In Deutschland war die zweite Ölkrise einer der Hauptgründe für die damals schwerste Rezession in den Jahren 1981/82. Nachfolgend haben wir die Inflationsentwicklung ausgewählter Länder im Überblick dargestellt. 15 apoFokus apoResearch Anlageinformation Aktuelle und jüngere Entwicklung Industrieländer Inflationsentwicklung Globalisierung brachte lange 30 % günstige Importprodukte 25 % 20 % 15 % 10 % 5% 0% -5 % 1960 1965 1970 Deutschland Italien 1975 1980 1985 USA Großbritannien 1990 1995 2000 Schweiz Frankreich 2005 2010 Spanien Quelle: Datastream Schwellenländer Inflationsentwicklung 100.000 % 10.000 % 1.000 % 100 % 10 % 1% 0% 1980 1982 1985 1987 1990 1992 1995 1997 2000 2002 2005 2007 2010 Argentinien Türkei Mexiko Pakistan Indien Südafrika Korea Brasilien Venezuela Quelle: Datastream In den vergangenen 30 Jahren konnten die Industrienationen günstige Waren aus Ländern wie China oder Indien einführen. Fernseher, Computer, Mobiltelefone – die Schwellenländer produzierten zu geringen Kosten. Daher galt die Inflation vor kurzem als quasi tot, dies war ein Segen der Globalisierung. Produktionskapazitäten wurden von Deutschland in andere Länder verlagert. Parallel fielen die Preise für viele handelbare Güter wie z. B. Fernseher. Die Globalisierung half, die Inflation zurückzuführen – es war eine Zeit der Disinflation in den Industrieländern (siehe Grafik oben). 16 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Aktuelle und jüngere Entwicklung Globalisierung wandelt sich zum Preistreiber Seit der Jahrtausendwende drehen sich diese Preiseffekte der Globalisierung langsam um. Die Schwellenländer wachsen seit Jahren dynamisch, u. a. weil die Industrieländer viele Waren aus diesen Ländern importieren. Dies hat viele neue Arbeitsplätze im Produktions- und im Dienstleistungssektor geschaffen. Nun kann die lokale Bevölkerung selbst mehr konsumieren. Zudem steigt der Rohstoffbedarf. Der höhere Ölpreis ließ die Benzinpreise von 2005 bis 2008 stark steigen. Aktuell spüren die Europäer den gesunkenen Eurokurs. Ökonomen sprechen von einer importierten Inflation, weil die steigenden Preise ihren Ursprung überwiegend im Ausland haben. Regionale Unterschiede Energie und Bekleidung werden teurer … Im Euroland ist die Inflationsrate auf 1,6 % p. a. Mitte Juni angestiegen. Ursachen sind steigende Preise von Bekleidung und höhere Energiekosten. … Alkohol und Tabak ebenfalls Stärkere Preiserhöhungen gibt es in den Bereichen außerhalb der inländischen Privatwirtschaft: So stiegen die von globalen Entwicklungen abhängigen Heizöl- und Spritpreise ebenso wie die administrierten Preise von Alkohol und Tabak. PIIGS-Staaten mit Griechenland, Irland, Portugal und Spanien stehen vor einer Deflation oder haben bereits zurückgehende Preise. Zwar steigen viele indirekte Steuern, die Sparprogramme mit Kürzungen von Löhnen und Renten lassen jedoch die Preise sinken. Dies ist für die EZB eine Herausforderung. Um der lokalen Konjunktur gerecht zu werden, müsste sie z. B. für Deutschland die Zinsen erhöhen und für die PIIGS-Länder noch lange tief lassen. Deflationsgefahr Großbritannien: Zentralbank akzeptiert Inflation und schwache Währung Inflationsdruck in Schwellenländern In Großbritannien steigt die Inflation aktuell schneller als erwartet. Zuletzt erreichte sie bereits 3,4 % p. a. Es stiegen vor allem die Preise für Energie, Alkohol und Tabak. Überraschenderweise stieg auch die Kerninflation, die die Änderungen von Energie- und Lebensmittelpreisen ausblenden, auf 3,1 % p. a. In den letzten zwei Jahren ist die Inflation in 17 Monaten stärker gestiegen als erwartet. Die Bank of England ist allerdings nach eigenem Bekunden bereit, eine höhere Inflation zuzulassen. Damit ist England ein gutes Beispiel dafür, wie sich eine schwache Währung und marode Staatsfinanzen auf die Preisstabilität auswirken. Dies könnte auch den Euroraum treffen, da seit Monaten auch der Euro schwächelt. In den Schwellenländern haben Lebensmittel einen hohen Anteil am Warenkorb. Auch der Anteil von Energie ist hoch, es sei denn, die Regierung subventioniert Energie. Da die entsprechenden Preise steigen, ist insgesamt die Inflation hoch. Dies führt bald zu höheren Lohnforderungen und Lohnsteige17 apoFokus apoResearch Anlageinformation Haben wir in 2 bis 5 Jahren eine beschleunigte Inflation? rungen. Letztlich verteuert die lokale Inflation auch unsere Importe aus den Schwellenländern. Hierauf gehen wir später noch näher ein. 14,9 Venezuela 13,3 11,4 Ägypten Indien 10,2 Türkei Pakistan 10,2 9,7 Ukraine Argentinien 9,1 Vietnam 4,3 Mexico 6,0 3,4 UK Russland 2,8 China 5,3 2,2 USA 4,8 1,6 Euroland Brasilien 1,2 Südafrika 0,9 -1,2 Japan Finnland -2,1 Irland Deutschland -2,7 Lettland 31,9 Aktuelle Inflationsraten ausgewählter Länder Quelle: Bloomberg, apoBank, Global Infaltion Watch Haben wir in 2 bis 5 Jahren eine beschleunigte Inflation? Argumente für die Inflation Historisch niedrige Zinsen liefern Grundlage für Inflation 18 Für die Inflation spricht insbesondere die großzügige Geldpolitik der Notenbanken in den letzten zwei Jahren. Dies betrifft vor allem die historisch tiefen Leitzinsen, die Ende 2008 weltweit nahe Null gesenkt wurden und wohl selbst in den kommenden Quartalen noch tief belassen werden (siehe nachfolgende Grafik). In Europa ist zu befürchten, dass die EZB die notwendigen Zinserhöhungen verschieben könnte, um einzelnen Krisenländern nicht zu schaden. Niedrige Zinsen treiben aber nicht nur die Konjunktur, sondern befeuern damit auch die Inflationsgefahr. Die Konjunktur hat sich bereits deutlich aus der Rezession erholt. Die Wirkung auf die Inflationsrate dürfte noch folgen. Zurückgegangen sind aber nicht nur die kurzfristigen, sondern auch die langfristigen Zinsen, die für das Wirtschaftsleben oft noch größere Bedeutung haben. Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Haben wir in 2 bis 5 Jahren eine beschleunigte Inflation? Leitzinsentwicklung Seit zwei Jahren extrem 7 lockere Geldpolitik 6 5 4 3 2 1 0 2001 2002 Schweiz 2003 2004 Japan 2005 USA 2006 2007 Euroland 2008 2009 2010 Großbritannien Quelle: Datastram Zentralbanken alimentieren die Schuldenmacher Notenbank kauft jetzt auch Staatsanleihen an … … und beschädigt die eigene Glaubwürdigkeit als Garant für die Geldwertstabilität Neben den gesenkten Leitzinsen haben die Notenbanken auch ihre Standards für den Ankauf von Anleihen immer mehr gelockert und so noch mehr Geld in den Umlauf gebracht (Quantitative Easing). Dies betreiben vor allem die Fed und die Bank of England. Dabei sind Sie gleichzeitig immer näher an die Politik gerückt. Dies ist zwar hilfreich, um gemeinsam entschlossen die Krise zu bekämpfen. Die Unabhängigkeit der Zentralbank wird aber schwächer. Diesen Abstand zur Politik, der für die Glaubwürdigkeit einer Notenbank wichtig ist, hat zuletzt auch die EZB beängstigend verringert. Seit dem 10. Mai 2010 kauft die Zentralbank Staatsanleihen der PIIGS-Staaten auf. Die Maastricht-Verträge schlossen dies aus. Wir befürchten den Beginn einer neuen Ära: Der Euro wird weich. Konkrete Ursache war die Misere der griechischen Staatsfinanzen wie auch die Gefahren für Portugal und Spanien. Die EUKommission, die Euro-Staaten und der IWF haben einen gigantischen 750 Mrd. Euro-Rettungsschirm für alle gefährdeten Euroländer zusammengestellt, um Schlimmeres zu verhindern. Bezüglich der Staatsanleihe-Käufe betonte die Zentralbank allerdings, dass die Geldmenge durch Verkäufe von Wertpapieren an anderer Stelle konstant gehalten werde. Das soll die Inflationsangst eindämmen. Investoren zweifeln jedoch stark daran, dass die EZB Staatsschulden kaufen kann, ohne die Geldmenge aufzublähen. In einem Interview hatte Bundesbankchef Axel Weber mit Blick auf die Staatsanleihenkäufe vor "erheblichen stabilitätspolitischen Risiken" gewarnt. Die Unabhängigkeit der EZB ist nach unserer Einschätzung schwer beschädigt. Die Fiskalpolitik hat die Notenbank vereinnahmt. Die EZB ist jetzt, wie bereits zuvor die US-Notenbank und die Bank of England, näher an die Politik 19 apoFokus apoResearch Anlageinformation Haben wir in 2 bis 5 Jahren eine beschleunigte Inflation? gerückt. Damit bestehen Zweifel, ob das Ziel der Geldwertstabilität noch an oberster Stelle steht. Wir halten diesen Weg für einen Fehler, auch wenn es eine Notentscheidung um Mitternacht war. Um den Fehler zumindest teilweise wieder zu heilen, muss die EZB schnell klarstellen, dass die Maßnahmen zeitlich und im Umfang eng begrenzt sind. Die EZB sollte die Rolle des Käufers von Staatsanleihen bald an die EU abgeben, da dies nicht die Aufgabe der EZB ist. Wird die Eurozone eine „Inflations-Union“? Die Alternative zu steigenden Verbraucherpreisen sind Die Historie hat gezeigt, dass Staatsschuldenkrisen zu Inflation führen. Die Anleihekäufe tragen dazu bei, die Geldmenge zu erhöhen. Daher sehen wir die Gefahr, dass die Eurozone sich zu einer „Inflations-Union“ entwickelt. Bei den Vermögenspreisen (Immobilien, Aktien, Rohstoffe, Unternehmensanleihen) gab es in den letzten Jahren schon öfter inflationäre Phasen. Europäische Zentralbank (EZB) steigende Vermögenspreise kauft Staatsanleihen gegen Zentralbankgeld Banken geben das Zentralbankgeld weiter Kreditvergabe an Bürger und Unternehmen Investitionen in Immobilien, Aktien, Rohstoffe steigende Geldmenge Güternachfrage Verbraucherpreise Wird die Geldpolitik rechtzeitig gegensteuern? 20 Vermögenspreise Quelle: WiWo Nr. 10, 05/2010 Das größte Inflationspotenzial steckt in den seit 2008 bestehenden rekordtiefen Zinsen. Dies gilt für die USA und für Europa. Geringe Zinsen helfen der Wirtschaft, was in der Finanzkrise 2008 bitter nötig war. Wenn die Zinsen jedoch im bereits laufenden Aufschwung nicht früh genug wieder erhöht werden, kann sich die Inflation beschleunigen. Die großen Notenbanken haben in der Krise sogar durch den Ankauf von Anleihen aller Art (vgl. neue Staatsanleihenkäufe der EZB) aktiv weiteres Zentralbankgeld geschaffen und in das Finanzsystem gepumpt. Bisher ist dies noch nicht komplett bei den Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Haben wir in 2 bis 5 Jahren eine beschleunigte Inflation? Verbrauchern und Unternehmen angekommen, da die relevante, real im Umlauf befindliche nachfragewirksame Geldmenge M3 zuletzt stagnierte. Weltkonjunktur treibt die Preise Staatsverschuldung erhöht Inflationsneigung Importierte Inflation ist bald zweistellig Wenn sich die konjunkturelle Lage aber weiter verbessert, steigen die Chancen der Unternehmen, höhere Preise durchzusetzen, was zu Inflation führt. Mit den jüngsten Tabubrüchen gehen wir davon aus, dass die EZB noch mindestens ein Jahr lang bei den rekordtiefen Zinsen bleiben wird. Auch gibt sie den Banken weiter unbegrenzt Liquidität. Gleichzeitig läuft die Konjunktur in Teilen der Weltwirtschaft bereits wieder recht gut. Dies gilt z. B. für die Exportwirtschaft, die gerade in Deutschland stark ist. Besonders gilt dies aber für die Schwellenländer. Insbesondere in Asien ist die Konjunktur auch in der Finanzkrise kaum eingebrochen. Eine weitere Ursache von Inflation dürften die überschuldeten öffentlichen Haushalte selbst sein. Mit der Staatsverschuldung steigt generell die Inflationsneigung der Regierungen. Steigen die Verbraucherpreise, vermehren sich auch die Staatseinnahmen. Je höher die Inflation, desto leichter fällt es der Regierung, sich ihrer Verbindlichkeiten ohne unpopuläre Sparmaßnahmen zu entledigen. Denn Einsparungen und Steuererhöhungen wären die Alternative. Da die Mehrheit der Wähler Einschnitte bei der nächsten Wahl bestraft, ist eine Inflation der Weg des geringsten Widerstandes. Leider führt Inflation jedoch zu noch größerem Unheil als schmerzhafte Einsparungen. Dies gilt gerade für Sparer, Geringverdiener und Rentner, die ein festes nominales Einkommen beziehen. Nach vielen Jahren der Globalisierung spielt die wirtschaftliche Entwicklung in den Schwellenländern für Deutschland eine wichtige Rolle. Dabei sind aber nicht nur unsere großen Exporte, sondern auch unsere umfangreichen Importe von Bedeutung. 2008 erreichten die Einfuhren einen Wert von 32 % des BIP (die Ausfuhren lagen bei 39 %). Gerade Konsum- und Vorprodukte werden von uns oft eingeführt und steigen bald zweistellig im Preis (siehe folgende Grafik). Die Inflationsgefahr liegt in den hohen Inflationsraten der Schwellenländer. 21 apoFokus apoResearch Anlageinformation Haben wir in 2 bis 5 Jahren eine beschleunigte Inflation? Deutsche Importpreise 15% steigen um 8,5 % p. a. 10% 5% 0% -5% -10% -15% 2004 2005 Allgemein 2006 2007 2008 2009 2010 Vorprodukte Quelle: Datastream In China steigen die Löhne Ein typisches aktuelles Beispiel ist die Produktion von Honda in China. Das Unternehmen hat 25 % Lohnerhöhung zugesagt, die Beschäftigten fordern aber 53 % und gehen in einen Streik. Der Arbeitskampf bei Honda ist ein Beispiel für eine wachsende Zahl von Arbeitskonflikten in China über höhere Löhne. Wert des Euro sinkt Ein weiterer Grund zur Sorge ist der gefallene Euro-Kurs. Nach Berechnungen der Sociéte Generale dürften allein die Wechselkursveränderungen der ersten fünf Monate 2010 die Inflation um 0,3 % bis 0,6 % erhöhen. Rohstoffpreise gefährden den Rohstoffe sind häufig Ursache von Inflation. Vor allem die Preise für Energierohstoffe (Erdöl, Erdgas) bremsten in der Vergangenheit die Konjunktur und erhöhten die Kosten (Heizen, Autofahren, Flugreisen…). Geldwert Seit dem Tiefstand Anfang 2009 haben sich die Notierungen für Rohöl nahezu verdoppelt. Allein 7 % der deutschen Einfuhren entfallen auf Erdöl. Kupfer und Nickel sind in den letzten 12 Monaten um ein Drittel teurer geworden. Erzeugerpreise schon heute im Anstieg Fazit: die Voraussetzungen für Inflation sind gegeben 22 Die Produzentenpreise steigen bereits jetzt stärker als die Konsumentenpreise. In den USA wird für 2010 eine Steigerung von über 4 % erwartet. Diese Preisanstiege dürften die Unternehmen bald an die Konsumenten weitergeben wollen. Für 2011 erwarten die Experten der WestLB auch für Deutschland einen Anstieg auf 4 %. Festzuhalten ist: Die Grundlage für Inflation ist mit der erhöhten Geldmenge gelegt. Die Glaubwürdigkeit der Notenbanken ist beschädigt. Die konkreten Auslöser dürften in der importierten Inflation und steigenden Rohstoffpreisen liegen. An den Rohstoff- und Finanzmärkten ist eine Verteuerung schon da. Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Haben wir in 2 bis 5 Jahren eine beschleunigte Inflation? Argumente gegen die Inflation Aktuell nur 1,2 % Inflation in Deutschland Kreditnachfrage ist noch gering Eine Reihe von Volkswirten stellen Argumente in den Vordergrund, die gegen eine baldige Inflation in Euroland sprechen. Auch wir erwarten für dieses und nächstes Jahr in Deutschland jeweils nur rund 1 % Inflation. Der letzte Wert für Mai 2010 lag bei 1,2 %. Es gibt Stimmen, die eine kurze Phase der Deflation befürchten. Zwar ist die Zentralbankgeldmenge stark gewachsen, die nachfragewirksame Geldmenge M3 stagniert aber. Ein Grund ist die noch geringe Kreditnachfrage und die verschärften Kreditbedingungen der Banken. Die Banken müssen zukünftig mehr Eigenkapital vorhalten bzw. dürfen für das bestehende Eigenkapital weniger Kredite herausgeben. Geldmengenwachstum in der Eurozone Nachfragewirksame Geldmenge M3 stagniert 14 12 10 8 6 4 2 0 -2 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Quelle: Datastream Geringe Kapazitätsauslastung und hohe Arbeitslosigkeit begrenzen Inflation derzeit Sparprogramme der Euroländer nähren Deflationsangst Aktuell stehen einer Inflationsgefahr die hohen Arbeitslosenquoten in Europa und Amerika entgegen. In einer solchen Situation können die Unternehmen nur schwer höhere Preise und die Gewerkschaften nicht ohne Weiteres kräftige Lohnzuwächse durchsetzen. Auch das Produktionsniveau in Europa und den USA liegt noch weit unter dem Niveau vor der Krise, und die Kapazitäten sind nicht ausgelastet. Gegen die Inflation spricht auch die Krise um die „PIIGS-Staaten“. Die Sparprogramme von Irland bis Griechenland nähren die Deflationsgefahr. Der Inflation fehlt noch der Auslöser. Dies ändert sich, sollte sich der Aufschwung fortsetzen. Kurz- und mittelfristig steht daher das Szenario einer neuen Deflationsangst im Raum. Die hohen Kurse für Bundesanleihen spiegeln diese Angst wider. Sollte das Deflationsszenario tatsächlich greifbar werden, dürften die Zentral-banken und Regierungen erneut, wie nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers, massiv durch eine weitere Expansion der Geld23 apoFokus apoResearch Anlageinformation Anlagen mit Schutz vor Inflation menge dagegenhalten und somit das langfristige Inflationspotenzial noch erhöhen. Anlagen mit Schutz vor Inflation Anlageklassen bei Inflation Um der Geldentwertung Einhalt zu gebieten und sein Vermögen zu erhalten, gibt es verschiedene Ansatzmöglichkeiten. Einige von diesen schutzwirkenden Assetklassen wollen wir intensiver betrachten. Dies sind im Weiteren die inflationsindexierten Anleihen, Aktien, Immobilien sowie Rohstoffe - und hier im speziellen Gold. Anlageklasse Inflationsindexierte Anleihen („Linker“) Die inflationsindexierten Anleihen (auch Linker genannt) sind mit ihren Kuponzahlungen und der Tilgung an einen Preisindex gekoppelt (engl.: linked), je nach Land auch in verschiedenen Währungen. Von der Inflationserwartung profitieren Warenkorb als Referenz Aus der Sicht des Anlegers eröffnen inflationsindexierte Produkte die Möglichkeit, sich gegen Inflation abzusichern, aber auch das eigene Depot zu diversifizieren oder, bei einem vorgezogenen frühen Investment, auf einen zukünftigen Anstieg der Inflationserwartung zu spekulieren. Die Mehrzahl der Emittenten (USA, Großbritannien, Kanada und Schweden) haben ihre inflationsindexierten Anleihen an den Verbraucherpreisindex für den gesamten inländischen Warenkorb gekoppelt. In der Eurozone haben die meisten Staaten als Referenz den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) ex Tabak der Europäischen Union gewählt. Manche französischen Linker sind jedoch nur an die französische Inflationsrate gekoppelt. Inflationsrate vs. Inflationsrate ex Tabak 5,0 % 4,0 % 3,0 % 2,0 % 1,0 % 0,0 % -1,0 % Mai 98 Mai 04 Inflationsrate Mai 10 Inflationsrate (exkl. Tabak) Quelle: Datastream 24 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Anlagen mit Schutz vor Inflation Bei einem Vergleich der HVPIs miteinander fällt auf, dass der HVPI ex Tabak einen geringfügig flacheren Verlauf aufweist als der mit Tabak. Da beide Kurven nur einen minimalen Unterschied aufweisen, ergeben sich kaum Auswirkungen auf die Auszahlungsprofile. Vergleich Linker zu festverzinslichen Anleihen Im Vergleich zu normalen Anleihen zeigen die Linker ein verändertes Auszahlungsverhalten, sowohl bei den Kupons als auch bei der Tilgung. Die folgende Grafik zeigt das Auszahlungsprofil einer inflationsgesicherten Anleihe. Die Kupons und der Rückzahlungskurs werden an die Inflation angepasst. Cash Flows haben eine feste Rückzahlung Laufzeitende Kaufkraft Auszahlung Rückzahlung wird an Inflation angepasst 100 % 6% Jährliche Kupons werden an Inflation angepasst 4% 2% 0% Jahr 0% 1 2 3 4 Inflationsanpassung 5 6 Kupon 7 8 9 10 10 Rückzahlung Quelle: apoBank Die nächste Grafik zeigt das Auszahlungsprofil einer konventionellen 10jährigen Anleihe. Die Kupons und der Rückzahlungskurs bleiben – unabhängig von der Inflation – über die gesamte Laufzeit fixiert. Kaufkraft der nominalen Cash Rückzahlung Laufzeitende Flows schwindet bei Inflation Rückzahlung 100 % Auszahlung 6% 100 % Jährliche Kupons konstant 4% 2% 0% Jahr 0% 1 Kupon 2 3 4 5 6 7 8 9 10 10 Rückzahlung Quelle: apoBank 25 apoFokus apoResearch Anlageinformation Anlagen mit Schutz vor Inflation Beispiel Kuponentwicklung einer inflationsindexierten Anleihe mit einem Realzins von 1,5 % bei einer Inflationsrate von 2,5 % bzw. 4 % Bei jährlicher Inflation Auflegungsjahr 1. Kupon 2. Kupon 3. Kupon Ð 10. Kupon 20. Kupon 30. Kupon plus dem Rückzahlungsbetrag am Laufzeitende von 2,5 % 1,50 % 1,54 % 1,58 % 1,62 % von 4 % 1,50 % 1,56 % 1,62 % 1,69 % 1,92 % 2,46 % 3,15 % 2,22 % 3,29 % 4,87 % 209 % 324 % In diesem Rechenbeispiel zeigt sich die dynamische Entwicklung durch die Einrechnung der Inflationsrate sowohl bei den Kupons als auch bei der Rückzahlung der Anleihe. Im Vergleich dazu entwickelt sich eine konventionelle Staatsanleihe nach den Preisen im Auflegungsjahr, d. h. jede Kuponzahlung und die Tilgungsrate hat bei Inflation nicht mehr die Kaufkraft vom Emissionstag. Deflationsschutz inklusive Die meisten Linker haben noch eine Besonderheit: Sie sind auch deflationsgeschützt. Dies resultiert aus der garantierten Rückzahlung des eingesetzten Kapitals am Laufzeitende, sprich 100 % des Nominalkapitals. Allerdings existieren auch Linker, die diesen Schutz nicht beinhalten (beispielsweise japanische Linker). Break-Even-Inflationsrate (BEI) Break-Even ist die Gewinnschwelle BEI entsteht im Vergleich der klassischen Anleihe mit einem Linker liegt die zukünftige Inflation über BEI, lohnt der Linker 26 Die Break-Even-Inflationsrate gibt an, ob sich ein Tausch aus einer normalen festverzinslichen Anleihe in eine inflationsgeschützte Anleihe lohnen würde. Hierbei wird ein Renditevergleich bei gleicher Laufzeit zwischen normaler und inflationsindexierter Anleihe durchgeführt. Erwartet ein Anleger bis zum Laufzeitende für eine inflationsgeschützten Anleihe eine durchschnittliche Inflationsrate in Höhe der Break-Even-Inflationsrate, so kann er auch in der normalen festverzinslichen Anleihe investiert bleiben. Wenn allerdings die jährliche Inflationsrate beim Kauf der inflationsgeschützten Anleihe über der BEI steht, ist eine Investition in den „Linker“ vorteilhafter. Der umgekehrte Fall wäre gegeben, wenn die Inflation unter der BEI liegt. Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Anlagen mit Schutz vor Inflation Hier lohnt sich der Einstieg in eine normale festverzinsliche Anleihe. Der Unterschied zwischen der Nominal- und der Realrendite bei gleicher Laufzeit einer Anleihe ergibt die Break-Even-Inflationsrate. Diese entspricht in etwa dem Durchschnitt der erwarteten realen Inflationsrate im Jahr bis zur Endfälligkeit. Realzins = Nominalzins – Inflationserwartungen, d. h. der Teil der Erträge, der nach Abzug der Inflation verbleibt. BEI entspricht der Inflationserwartung Im Großen und Ganzen beschreibt die Break-Even-Inflationsrate eine Näherung für die Markterwartung der zukünftigen durchschnittlichen Inflation. Damit erweist sich bei einer steigenden Inflationserwartung eine Investition in inflationsgeschützte Anleihen als vorteilhaft, da die Kaufkraft des investierten Kapitals weitgehend erhalten bleibt. Anlageklasse Aktien Sachwertanlage Aktien Aktien gelten im weitesten Sinne als Sachwertanlagen, da die Aktionäre eine „Beteiligung“ am Unternehmen halten. Moderate Inflationsraten (Zielmarke der EZB: um die 2 %) werden vom Aktienmarkt „ignoriert“. Verkaufspreise können bei Bei steigenden Inflationsraten und uneingeschränkter Nachfrage der Verbraucher können die Unternehmen in aller Regel die gestiegenen Rohstoffpreise und Löhne unproblematisch auf ihre Produktpreise umlegen. Dies führt dazu, dass bei moderater Inflation den Unternehmen sogar höhere Bewertungen zugestanden werden als in Niedriginflationsphasen (Robert Shiller). Inflation erhöht werden Inflationsrate vs. DAX-Index 10,0 % 8.400 8,0 % 7.400 6,0 % 6.400 4,0 % 5.400 2,0 % 4.400 0,0 % 3.400 -2,0 % Mai 00 Mai 05 Inflationsrate 2.400 Mai 10 DAX-Index (rechte Skala) Quelle: Datastream 27 apoFokus apoResearch Anlageinformation Anlagen mit Schutz vor Inflation Moderate Inflation hat kaum Einfluss auf Aktien Vorteilhafte Branchen bei moderater Inflation Dividendentitel Die vorstehende Grafik zeigt, dass die Inflationsraten zwischen 0 und 4 % in den letzten 12 Jahren kaum Auswirkungen auf den DAX-Verlauf zeigen. Er entwickelte sich relativ unabhängig. Für die tiefen Einbrüche Anfang des Jahrhunderts war das Platzen der Dot-Com Blase verantwortlich. Im Jahr 2008 kamen die Pleite von Lehman-Brothers und die darauf folgende Finanz- und Wirtschaftskrise dazu. Nicht jede Branche profitiert in einem Umfeld von steigenden Inflationsraten. Beispielsweise Nahrungsmittelhersteller, die Gesundheitsindustrie oder auch Rohstoffförderer können aber durch ihre Geschäftsmodelle in inflationären Zeiten Preiserhöhungen ohne Probleme durchsetzen. Das resultiert aus den nicht-substituierbaren Produkten der Konzerne. Neben den Produkten spielt auch die Gewinnausschüttung der Firmen eine Rolle. Die üppigen Dividenden aus den vorgenannten Branchen gewähren einen zusätzlichen Ertrag. Die Partizipation über Aktien sollte auf Sektoren liegen, die essenzielle Produkte für das tägliche Leben und die Arbeit produzieren. Der Dienstleistungssektor hingegen sollte weitestgehend gemieden werden, da die Investitionsbereitschaft der Unternehmen in Inflationszeiten nicht sehr ausgeprägt ist. Keine Aktien bei galoppierenden Inflationsraten Sollten die Inflationsraten eher „galoppierender“ Natur sein, dürften Preiserhöhungen zwar durchgeführt werden. Ob der Konsument diese allerdings noch für angemessen hält und die Produkte kauft, ist eher fraglich. Damit dürfte bei hohen Inflationsraten der Aktienmarkt keinen wirksamen Schutz gegenüber realen Wertverlusten bieten können. Um moderat steigende Inflation durch Aktien kompensieren zu können, dürfte das Timing, d. h. der zeitliche Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkt, eine große Rolle spielen. Die Inflationserwartungen über die Zeitschiene könnten hier einen Anhaltspunkt geben. Anlageklasse Immobilien Sachwertanlage Immobilien Die Immobilie gilt als klassischer Sachwert und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Neben der selbstgenutzten Immobilie, von der ein Schuldner in Inflationszeiten doppelt profitiert, besteht auch die Möglichkeit der Beteiligung an offenen oder geschlossenen Immobilienfonds. Betongold + Mietertrag In den meisten Fällen investieren diese Fonds in Gewerbeimmobilien, die neben dem „Betongold“ als Sachwert auch eine Verzinsung durch die regelmäßigen Mieteinnahmen erzielen. Damit dienen in Inflationszeiten einerseits 28 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Anlagen mit Schutz vor Inflation die Substanz „Haus“ als stabiles Basisinvestment und andererseits die Mieteinnahmen, die bei den Gewerbeimmobilien meist indexiert sind, als Rendite. Indexierung von Mietverträgen Die Indexierung eines Mietvertrags, ob durch eine feste jährliche Mieterhöhung oder inflationsindexiert, verhindert einen Substanzverlust des investierten Kapitals. Ergänzend muss erwähnt werden, dass aber auch andere Abhängigkeiten den Gewerbeimmobilienmarkt beeinflussen. Je nach Verwendungszweck, ob als Kaufhaus, Büro oder Versandlager, spielen die Marktkräfte Angebot und Nachfrage eine mitentscheidende Rolle. In einer Rezession oder einem schwachen Konjunkturaufschwung sinkt oder stagniert die Nachfrage tendenziell. Potenziellen Mietern werden Nachlässe auf den Mietzins gewährt, die sich nachteilig auf die Renditen auswirken. Weiterhin entstehen Kosten für den Erhaltungszustand des Objekts und mögliche Leerstände. Jeder Investor sollte sich vorab über die Chancen und Risiken eines Immobilieninvestments informieren. Die vorgenannte Darstellung ist nur ein kurzer Abriss über diese Assetklasse. Anlageklasse Rohstoffe, im speziellen Gold Rohstoffe im Konjunkturzyklus Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis Rohstoffe haben einen realen Wert Beispiel Rohöl Rohstoffe reagieren sehr sensitiv in einem Konjunkturzyklus. In wirtschaftlichen Aufschwungphasen ist die Nachfrage, beispielsweise nach Metallen wie Kupfer oder Energie wie Erdöl, sehr hoch und die Rohstoffförderungen sind meistens begrenzt. Dadurch explodieren in gewissen Phasen die Preise, und eine Verdopplung oder mehr ist keine Seltenheit. Generell wird der Preis von Rohstoffen durch Angebot und Nachfrage bestimmt und kaum durch inflationäre Tendenzen beeinflusst. Die boomenden Schwellenländer, deren Wirtschaftsleistung jährlich im hohen einstelligen bis zweistelligen prozentualen Bereich wächst, heizen durch die hohe Nachfrage die Rohstoffpreise an. Die Rohstoffkäufe der Chinesen bei Metallen, beispielsweise Kupfer, sorgten für mehr als eine Verdopplung der Preise. Die Erdölpreise haben zu ihrem Hoch in 2008 bei 150 US-Dollar drastisch nachgegeben. Im nachfolgenden Chart ist der Inflationsrate vs. Erdölpreis aufgezeigt. 29 apoFokus apoResearch Anlageinformation Anlagen mit Schutz vor Inflation Inflationsrate vs. Erdölpreis 180 10,0 % 150 8,0 % 120 6,0 % 90 4,0 % 60 2,0 % 30 0,0 % 0 Jun 00 -2,0 % Jun 10 Jun 05 Inflationsrate (rechte Skala) Ölpreis (in USD) Quelle: Datastream Der Rohölpreis hat eine starke Schwankungsbreite. Die Preisbildung erfolgt jedoch über Angebot und Nachfrage. Jeder Verbraucher hat dies in der Rezession in 2009 an der Tankstelle mitverfolgen können. Trotz niedriger Wirtschaftsleistung und deflationären Tendenzen haben sich die Benzin- und Dieselpreise kaum ermäßigt. Ölpreis wird durch die globale Inflation getrieben Letztlich verteuert sich der Ölpreis nicht durch länderspezifische Inflationsraten, sondern im Gegenteil, er verursacht steigende Inflation bei anziehender weltweiter Nachfrage. Die höheren Rohstoffpreise müssen von den Staaten und Verbrauchern verkraftet werden und treiben durch den Inflationsimport die heimische Inflation an. Um diesen Unterschied deutlicher aufzuzeigen, veröffentlicht die EU sowohl die Inflationsrate als auch die Kerninflationsrate, wobei die Kerninflationsrate die volatilen Energie-, Nahrungsmittel-, Alkoholund Tabakpreise nicht enthält. Der Linienverlauf der Kerninflationsrate ist schwankungsärmer und zeigt aktuell eher abfallende Tendenzen als die Gesamtinflationsrate. 5,0 % 4,0 % 3,0 % 2,0 % 1,0 % 0,0 % -1,0 % Jun 00 Jun 05 Inflationsrate Jun 10 Kerninflation Quelle: Datastream 30 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Anlagen mit Schutz vor Inflation Gold Krisenmetall Gold Gerade in Krisenzeiten, wie in den letzten Monaten, ist die Nachfrage nach Gold, sei es in physischer Form oder in Anlageprodukten wie Fonds oder Zertifikaten, exorbitant gestiegen. In den turbulenten Zeiten seit Lehman Brothers nähren die Hiobsbotschaften, aber auch die „Goldgurus“ die Anlage in Gold als „sicheren Hafen“. Edelmetalle sind nicht Generell gilt immer wieder das gleiche Argument: Gold ist ein knappes Gut und kann nicht, wie beispielsweise Papiergeld, beliebig vermehrt werden. vermehrbar Die Nachfrage ist entscheidend Grundsätzlich stimmt diese Aussage, allerdings sind Angebot und Nachfrage letztlich der Treiber für den Goldpreis. Die weltweite Nachfrage der Industrie und der Geschmeidehersteller hat in den letzten Jahren (vor Lehman Brothers und Staatsverschuldung) allenfalls für moderat steigende Goldpreise gesorgt. Weiterhin standen die Notenbanken in der Vergangenheit auf der Verkäuferseite und hielten damit den Goldpreis ebenfalls in engen Preisspannen. Notenbanken auf der Käuferseite Die Goldnachfrage ist in den letzten beiden Jahren dramatisch angestiegen, und getreu nach dem Motto „The trend is your friend“ haben sich weitere Anleger angeschlossen. Da auch einige Notenbanken (China und Indien) auf der Käuferseite aufgetaucht sind und die vormaligen Verkäufer kein Material mehr abgeben, existiert am Markt eine Verknappung – und das treibt die Preise zusätzlich. Vergleich der Inflationsrate mit dem Goldpreis in USD (12 Jahre) 8% 80% 6% 60% 4% 40% 2% 20% 0% 0% -2% Mai 98 Mai 02 Inflationsrate (% zu Vj.) Mai 06 -20% Mai 10 Goldpreis (% zu Vj., rechte Skala) Quelle: Datastram Es stellt sich die Frage, ob Gold auch einen Inflationsschutz darstellt. Vorab: Es lässt sich nicht sicher beweisen. Grund hierfür ist zum einen die kurze 31 apoFokus apoResearch Anlageinformation Fazit Historie des frei erwerbbaren Goldes, da der Goldpreis bis Anfang der siebziger Jahre an den US-Dollar gebunden war (Währungssystem von BrettonWoods). Bis dahin war der amerikanische US-Dollar mit Gold unterlegt, und in dieser Zeit durfte kein US-Bürger physisches Gold besitzen. Zum anderen ist im Chart klar erkennbar, dass trotz sinkender Inflationsrate seit 2009 der Goldpreis weiter angestiegen ist. Der Goldpreis ist hoch volatil, wie am obigen Chart abzulesen ist. Auch der Einstiegszeitpunkt (Timing) spielt eine Rolle. Wer beispielsweise 1982 zu 384 USD gekauft hatte, der hätte in 2005, nach über 20 Jahren, noch einen realen Wertverlust von 36 % erwirtschaftet. Letztlich erwirtschaftet Gold auch keine Zinsen und verursacht Lagerungskosten. Gold sollte aus unserer Sicht eine Versicherung gegen die Unwägbarkeiten einer globalen wirtschaftlichen Entwicklung oder einen Vertrauensverlust in Papiergeld sein. Daneben kann es auch als Wechselwährung für stabile Währungen genutzt werden. Fazit Die Geldwertstabilität gerät immer mehr in Gefahr. Kurzfristig ist offen, ob die Deflation oder bereits die Inflation das größere Risiko ist. Wie schädlich sich eine Deflation auswirken kann, zeigt das Beispiel Japan. Um dieses Szenario abzuwenden, werden insbesondere die Amerikaner keine Ruhe geben, bis die Preise wieder steigen. Aufgrund der Bedeutung der USA und ihrer Leitwährung wird dies die globale Inflation begünstigen. Die EZB ist mit den Ankäufen von Staatsanleihen der PIIGS-Staaten bereits dem Beispiel der US-Notenbank gefolgt. Dabei ist die Gefahr groß, dass die Notenbanken bei der Bekämpfung der Deflationsgefahr über das Ziel hinausschießen. Im laufenden Jahr erwarten wir für Deutschland einen leichten Anstieg der Inflation auf rund 1 % nach 0,4 % in 2009. In den kommenden Jahren dürfte die Inflation weiter steigen. Dafür spricht vor allem die importierte Inflation. Zum einen steigen die Preise in China und anderen Schwellenländern. Zum anderen hat sich der Euro-Wechselkurs in den letzten Monaten deutlich abgeschwächt. Weiterhin wirken sich mögliche Erhöhungen von indirekten Steuern (Mehrwertsteuer, Tabak, Energie etc). preistreibend aus. Die wirklich große Gefahr liegt aber in der enormen Liquidität durch die tiefen Zinsen und die unkonventionellen Anleihekäufe der großen Zentralbanken. 32 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust Wenn die weltweite Konjunktur in den kommenden Jahren weiter Fahrt aufnimmt, kann dieses Geld nachfragewirksam werden. Die Unternehmen könnten die Preise erhöhen. Die Rohstoffe dürften wieder boomen und die Erzeugerpreise treiben. Die Notenbanken müssten die Zinsen straff anziehen. Die Politik hat davor aber Angst, weil dies den Aufschwung gefährdet und den Arbeitsmarkt stark belasten würde. Reagieren die Notenbanken zu vorsichtig, kann sich die Inflation immer weiter beschleunigen. Zum Glück können Anleger ihr Depot vor dem Hintergrund der Inflationsgefahren passend positionieren. Investoren sollten sich mit Investments in Sachwerte darauf vorbereiten und mit den Anlageklassen inflationsindexierte Anleihen, Immobilien, Aktien, aber auch Rohstoffe bzw. Gold, die möglichen Kaufkraftverluste minimieren. Anleger sollten ihr Depot entsprechend überprüfen. Streuung ist dabei oberstes Gebot. Studie abgeschlossen 01. Juli 2010 Verfasser: Dr. Uwe Färber, Peter Wirth 33 apoFokus apoResearch Anlageinformation 34 Wie groß ist die Inflationsgefahr? Geldanlagen mit Schutz vor Kaufkraftverlust 35 Deutsche Apotheker- und Ärztebank Hauptverwaltung apoResearch Richard-Oskar-Mattern-Straße 6 40547 Düsseldorf Telefon: (0211) 5998-0 Internet: http://www.apobank.de V.i.S.d.P.: Uwe Zeidler Layout und Produktion: AMPK Publikationsmanagement Druck: Service-Druck Kleinherne GmbH & Co. KG Bussardweg 5 41468 Neuss 36