Häufigkeit und Merkmale in zahnärztlichen Praxen begonnener und

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Aus der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
-Plastische Operationendes Knappschafts-Krankenhauses Bochum-Langendreer
-Universitätsklinikder Ruhr-Universität Bochum
(Direktor: Prof. Dr. Dr. E. Machtens)
Häufigkeit und Merkmale in
zahnärztlichen Praxen begonnener und
kieferchirurgisch weiterbehandelter Eingriffe
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnmedizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Eckhard Busche
aus Hildesheim
1998
Dekan:
Prof. Dr. med U. Eysel
Referent:
Priv.-Doz. Dr. Dr. H. Eufinger
Koreferent: Prof. Dr. Dr. E. Machtens
Tag der mündlichen Prüfung: 4. November 1999
Inhalt
1.
2.
2.1.
2.1.1.
2.1.2.
2.2.
2.3.
2.3.1.
2.3.2.
2.3.3.
Einleitung ....................................... 1
Material und Methoden ............................ 3
Planung .......................................... 3
Patientengut ..................................... 3
Anoperierte Patienten ............................ 3
Erfassung ........................................ 4
Auswertung ....................................... 9
Auswertung bezogen auf die Gesamtzahl ............ 9
Nachblutungen ................................... 11
Anoperierte Patienten im engeren Sinn ........... 14
2.3.4.
3.
Kasuistiken ..................................... 15
3.1.
3.1.1.
3.1.2.
3.1.3.
3.1.4.
3.2.
3.2.1.
3.2.2.
3.2.3.
3.2.4.
3.3.
3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
3.3.4.
3.4.
4.
4.1.
4.2.
4.3.
5.
6.
Ergebnisse ......................................
Auswertung bezogen auf die Gesamtzahl ...........
Häufigkeit und Altersverteilung .................
Einteilung und Häufigkeit der Komplikationen ....
Dokumentation und Umstände der Überweisung ......
Weiterbehandlung und Abschluß ...................
Nachblutungen ...................................
Geschlechts- und Altersverteilung ...............
Einteilung und Häufigkeit der Komplikationen ....
Dokumentation und Umstände der Überweisung ......
Weiterbehandlung und Abschluß ...................
Anoperierte Patienten im engeren Sinn ...........
Häufigkeit und Altersverteilung .................
Einteilung und Häufigkeit der Komplikationen ....
Dokumentation und Umstände der Überweisung ......
Weiterbehandlung und Abschluß ...................
Kasuistiken .....................................
Diskussion ......................................
Gesamtheit der anoperierten Patienten ...........
Nachblutungen ...................................
Anoperierte Patienten im engeren Sinn ...........
Zusammenfassung .................................
Literaturverzeichnis ............................
16
16
16
17
17
18
20
20
20
25
26
30
30
30
37
38
42
48
48
51
55
58
59
1
1. Einleitung
Die Durchführung chirurgischer Eingriffe in der zahnärztlichen
Praxis
stellt
besondere
Anforderungen
an
den
Operateur,
das
Praxisteam und die räumliche und instrumentelle Ausstattung der
Praxis (WAGNER 1989). Auch die Auswahl des in der Zahnarztpraxis
überhaupt ambulant chirurgisch behandelbaren Klientels erfordert
große
Sorgfalt.
Dies
Risikopatienten,
betrifft
einerseits
andererseits
die
die
Erkennung
von
verantwortungsvolle
Entscheidung über Therapie oder Überweisung und schließlich im
Falle
der
Therapie
erforderlichen
die
organisatorische
Vorsichtsmaßnahmen
(BREIER
Umsetzung
u.
AHRBERG
der
1991,
FISCHER-BRANDIES 1994). Dennoch kann es selbst bei sorgfältiger
präoperativer Vorbereitung und korrekter Indikationsstellung zu
Situationen kommen, in denen absehbar ist, daß der Eingriff mit
den Mitteln der Praxis nicht zu Ende geführt werden kann.
In
Fällen,
bei
denen
keine
ausgeprägte
Notfallsituation
vorliegt, die entsprechende Sofortmaßnahmen erfordert, entsteht
die Situation des anoperierten Patienten.
Dieser Patient verläßt in der Regel ohne fremde Hilfe den Ort
der Primärbehandlung. Die weitere Betreuung erfolgt häufig in
der
kieferchirurgischen
Klinik,
entweder
ambulant
oder
stationär.
Ein ganz ähnlicher Verlauf kann sich beim Auftreten einer frühen
Nachblutung in der Folge eines vorausgegangenen zahnärztlichchirurgischen Eingriffes ergeben: Das Auftreten der Nachblutung
außerhalb
der
Sprechzeit
des
Primärbehandlers
zwingt
den
Patienten, einen Notdienst oder eine (in der Regel durchgehend
dienstbereite) kieferchirurgische Fachklinik aufzusuchen.
In der Literatur gibt es zwar zahlreiche Hinweise zur Aufklärung
des Patienten über Verhaltensregeln nach beendeten chirurgischen
Eingriffen und zur postoperativen Nachsorge (MÜLLER 1990, WAGNER
1989), Anweisungen zur sicheren Handhabung und Bewältigung der
abgebrochenen
chirurgischen
Behandlung
im
oben
beschriebenen
Sinne finden sich jedoch nicht.
Es
ist
einerseits
von
Interesse,
wie
häufig
eine
kieferchirurgische Klinik die Behandlung dieser Fälle übernehmen
muß,
welche
Komplikationen
zur
Zuleitung
führen
Anteil sie am gesamten Patientenaufkommen haben.
und
welchen
2
Andererseits ist im einzelnen Fall der Umfang der Dokumentation,
mit welcher der Patient den Zweitbehandler erreicht, für die
weitere Behandlung von Bedeutung. Dies gilt nicht nur für die
erfolgreiche
werden
Beendigung
insbesondere
des
auch
begonnenen
forensische
Eingriffs,
Aspekte
sondern
davon
es
berührt
(PENTZ 1985, REICHENBACH 1985, REICH 1992, FRANZKI 1991). Dieser
Themenbereich unterliegt seit einiger Zeit einem grundlegenden
Wandel und wird in Zukunft sicher noch an Bedeutung gewinnen.
Die
vorliegende
umfangreichen
Arbeit
sollte
Datenmaterials
mittels
Antworten
Auswertung
auf
folgende
eines
Fragen
liefern:
Wie oft tritt der beschriebene Fall auf?
Welches sind die wichtigsten Komplikationen, die zur Zuleitung
in die Klinik in der genannten Form führen?
Welche Besonderheiten ergeben sich bezüglich der Dokumentation?
Sind
Erst-
aus
und
den
Ergebnissen
Zweitbehandler
Empfehlungen
abzuleiten,
für
die
das
das
Verhalten
Risiko
Patienten und weitere nachteilige Folgen vermindern?
für
von
den
3
2. Material und Methoden
2.1. Planung
2.1.1. Patientengut
Durchgesehen
wurden
Behandlungsjahrgänge
47687
1983
bis
Ambulanzkarteikarten
1992.
Diese
Zahl
der
repräsentiert
alle in diesem Zeitraum in der Klinik für Mund-, Kiefer- und
Gesichtschirurgie,
Ruhr-Universität
Knappschaftskrankenhaus
Bochum
Bochum-Langendreer,
im
behandelten
Patienten. Eine Ausnahme bildeten zwei Sondergruppen, die sich
in
einem
regelmäßigen
Behandlungsunterlagen
Recall
gesondert
befinden
abgelegt
und
werden:
deren
Dies
waren
erstens Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und zweitens
Patienten, die im Rahmen einer Tumornachsorge betreut werden.
Außerdem werden privatversicherte Patienten in einer getrennten
Kartei geführt.
2.1.2. Anoperierte Patienten
Als "anoperiert" wurde ein Patient dann eingestuft, wenn ein
Eingriff,
war,
dessen
entgegen
konnte.
Durchführung
in
einer
dieser
Planung
nicht
galt
sowohl
für
Dies
Zahnarztraxis
zu
Ende
geführt
geplant
werden
zahnärztlich-chirurgische
Eingriffe, als auch für primär zahnärztliche Behandlungen, die
in ihrem Verlauf ein chirurgisches Handeln erforderlich machten.
Erweitert
wurde
Nachblutungen
diese
nach
Definition
Eingriffen
in
auf
der
den
Grenzbereich
zahnärztlichen
der
Praxis,
jedoch mit Ausnahme der in der Regel infektiös bedingten, späten
Nachblutungen.
Weitere
Komplikationen
deutlichem
zeitlichen
entzündlicher
Abstand
nach
Genese,
die
zahnärztlichen
zumeist
in
Eingriffen
auftreten, wurden nicht erfaßt.
Entsprechend
wurden
grundsätzlich
nur
solche
Fälle
berücksichtigt, bei denen zwischen Ersteingriff und Eintreffen
in der kieferchirurgischen Klinik höchstens 72 Std. vergangen
waren.
4
2.2. Erfassung
Nach
primärer
Durchsicht
Erfassungsbogen
(Abb.
einiger
1)
Karteikarten
erstellt,
der
wurde
folgende
ein
Variablen
berücksichtigte:
Komplex 1: Erkennungsdaten des Patienten mit den Initialen, der
Angabe des Geschlechts und dem Geburtsdatum.
Komplex 2: Angaben zum Zeitpunkt der Eingriffe. Dazu gehörten
das Datum des Sekundäreingriffs in der Klinik, die Uhrzeit
des
Sekundäreingriffs
sowie
der
zeitliche
Abstand
zum
vorausgegangenen Primäreingriff.
Komplex
3:
Angaben
umfaßten
die
eventuellen
zu
den
Frage
Umständen
der
persönlichen
Praxisteams,
das
den
der
Überweisung.
telefonischen
Begleitung
Anmeldung
durch
Ersteingriff
Diese
und
der
Mitglieder
des
durchgeführt
hatte.
Zusätzlich wurde aufgenommen, ob der anoperierte Patient auf
Empfehlung des Erstbehandlers in die Klinik kam und ob der
Patient
darauf
hingewiesen
worden
war,
unverzüglich
die
kieferchirurgische Klinik aufzusuchen.
Komplex 4: Angaben zur Dokumentation. Dies waren schriftliche
(vom Patienten mitgebrachte) Angaben zum Hergang des Eingriffs
sowie
zur
Menge
an
verwendetem
Lokalanästhetikum.
Beide Angaben sind für den Zweitbehandler zur Rekonstruktion
des Verlaufs einerseits und andererseits zur Berechnung der
Lokalanästhetika-Grenzdosis von hohem Interesse. Zusätzlich
wurde
die
Beibringung
von
prä-
oder
postoperativen
Röntgenbildern durch den Patienten notiert. Für den Fall
unvollständig entfernter Zähne oder Zahnteile mit Wurzelrest
in
situ
ist
die
Begutachtung
aller
bereits
entfernten
Fragmente für den Zweitbehandler eine Hilfe. Die Mitgabe
solcher Zahnteile wurde daher ebenfalls in diesem Komplex
nachgefragt.
Komplex 5: Der Grund des Besuches bzw. die Komplikation, deren
Eintreten
führte.
zum
Hier
Abbruch
wurden
des
Eingriffs
Komplikationen
und
zur
Überweisung
aufgeführt,
die
nach
Erfahrung des Klinikpersonals und aus der Durchsicht einiger
Karteikarten als häufig erschienen. Sie waren deckungsgleich
mit
den
in
der
Literatur
angegebenen
Komplikationen
bei
zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen (MERCIER u. PRECIOUS
1992,
TETSCH
u.
SCHRAMM-SCHERER
1989).
Diese
waren:
5
Eröffnung der Kieferhöhle (Mund-Antrum-Verbindung - MAV),
Nachblutung,
Fraktur
Zahnfraktur,
des
Tuber
Kieferfraktur
maxillae),
Lokalanästhesieversager
(einschließlich
Kollaps,
sowie
die
sogenannte
Begleitvariable
"Risikopatient". Für weitere, nicht im vorformulierten Teil
enthaltene
Komplikationen
wurde
Raum
zur
Nennung
der
Komplikation gelassen.
Komplex 6: Bedingungen der weiteren Behandlung. Hierzu gehörten
die Notwendigkeit der Anfertigung zusätzlicher Röntgenbilder
sowie
die
erforderliche
Hauszahnarzt,
durch
die
Weiterbehandlung
Klinik
oder
durch
die
den
stationäre
Weiterbehandlung in der Klinik.
Komplex 7: Besonderheiten für Belange der Kasuistik wurden auf
der Rückseite des Bogens in kurzen Stichworten festgehalten.
Daten
der
Komplexe
3-4
und
6
wurden
als
dichotom
zu
beantwortende Fragen erhoben.
In Komplex 5 gab es sieben anzukreuzende Alternativen sowie die
Möglichkeit,
einen
auszuformulieren.
hier
nicht
Außerdem
aufgeführten
wurde
jeweils
Überweisungsgrund
der
betroffene
Zahn
bzw. die betroffene Kieferregion notiert.
In jedem Komplex wurden Einzelfragen formuliert. Es mußte davon
ausgegangen
werden,
daß
nicht
jede
der
nachgefragten
Informationen in jeder Karteikarte explizit enthalten war, wohl
aber
diese
Information
aus
dem
Zusammenhang
hervorging.
Zur
Standardisierung wurde für jede der dichotomen Einzelfragen eine
Regel aufgestellt, nach der in diesem Fall bei der Erfassung
vorgegangen wurde.
6
Erfassung frisch (in Zahnarztpraxen) anoperierter Patienten:
Datum:___.___.___ Uhrzeit:________
Name (Init.):___.___.
Geb.Datum: ___.___.___
Behandler:_____________
Geschlecht: m / w
Zeit seit Primäreingriff in Std.:______
Ja
1) Tel. Anmeldung:
2) Persönliche Begleitung:
Wenn ja:
-HZA
-Helferin
-sonstige
3) Erfolgte Aufklärung:
4) Ausdrückliche Empfehlung, zu uns zu kommen:
5) Ausdrückliche Empfehlung, sofort zu kommen:
6) Schriftliche Angaben über:
- Hergang
- Menge LA
7) Mitgabe von:
- Rö-Bild präoperativ
- Rö-Bild postoperativ
- Zahnteilen
8) Grund des
Besuches:
- MAV
-Zahnfraktur
-Kollaps
-Risikopatient
-Nachblutung
-Kieferfraktur
-LA-Versager
-sonstige: ___________________________
9) Anfertigung weiterer Rö-Bilder erforderlich:
10) Weiterbeh. erforderlich:
Wenn ja:
-HZA
11) Besonderheiten: (bitte Rückseite benutzen->)
Abb. 1: Erfassungsbogen zur Datenerhebung
-Klinik
-stationär
Nein
7
Im Detail lauten die Einzelfragen und die zugehörigen Regeln:
Komplex 3 (Angaben zu den Umständen der Überweisung):
1) Telefonische Anmeldung?
Regel: Diese Frage wird mit "Ja" beantwortet, wenn eine
telefonische
Anmeldung
ausdrücklich
in
der
Karteikarte
vermerkt ist, in allen anderen Fällen mit "Nein".
2) Persönliche Begleitung?
Regel:
Diese
Frage
ausdrücklicher
wird
Vermerk
mit
"Ja"
beantwortet,
bezüglich
der
wenn
Begleitung
ein
durch
medizinisches Personal in der Karte vorhanden ist. In diesem
Fall
wird
differenziert
Hauszahnarzt,
durch
nach
die
Begleitung
durch
Zahnartzthelferin
oder
den
durch
sonstige vom Erstbehandler beauftragte Begleitung.
3) Erfolgte Aufklärung?
Regel: Diese Frage wird mit "Ja" beantwortet, wenn dies
entweder
- ausdrücklich angegeben,
- durch den Text einer beigefügten Überweisung offensichtlich oder
- aus dem in der Karteikarte protokollierten Anamnesegespräch zu erkennen ist.
4) Ausdrückliche Empfehlung, zu uns zu kommen?
Regel: Diese Frage wird mit "Ja" beantwortet bei
- ausdrücklichem diesbezüglichen Vermerk,
- beigefügter Überweisung mit Vermerk,
- telefonischer Anmeldung durch den Erstbehandler oder von
ihm beauftragter Person,
- Begleitung durch den Erstbehandler oder von ihm
beauftragter Person,
5) Ausdrückliche Empfehlung, sofort zu kommen?
Regel:
Diese
Frage
wird
Überweisungsdatum
mit
oder
aus
wenn
dies
mit
dem
ausdrücklich hervorgeht.
den
"Ja"
beantwortet,
Erscheinungsdatum
Angaben
in
der
wenn
das
übereinstimmt
Karteikarte
8
Komplex 4 (Angaben zur Dokumentation):
6) Schriftliche Angaben über: Hergang? / Schriftliche Angaben
über: Menge des verabreichten Lokalanästhetikums?
Regel: Diese Fragen werden mit "Ja" beantwortet, wenn ein
beiliegender
oder
wenn
Brief
ein
oder
Kurzbrief
solche
Überweisungsformular
Angaben
beiliegt,
liefert
das
diese
Mitgabe
von:
Angaben enthält.
7) Mitgabe
von:
Röntgenbild
präoperativ?
/
Röntgenbild postoperativ? / Mitgabe von: Zahnteilen?
Regel:
Diese
Fragen
werden
mit
"Ja"
beantwortet,
wenn
entweder Vermerke zum Vorliegen der nachgefragten Unterlagen
vorhanden
sind
oder
diese
selbst
in
der
Krankenakte
vorliegen.
Komplex 6 (Bedingungen der weiteren Behandlung):
9) Anfertigung weiterer Röntgenbilder erforderlich?
Regel: Diese Frage wird mit "Ja" beantwortet, wenn entweder
Vermerke
zum
Vorliegen
der
nachgefragten
Unterlagen
oder
diese selbst vorhanden sind.
10) Weiterbehandlung erforderlich?
Die Frage wurde bzgl. des Überweisungsgrundes beantwortet,
d.h. Behandlungen, die zusätzlich erforderlich waren, sind
nicht berücksichtigt.
Regel: Diese Frage wird mit "Ja" beantwortet, wenn dies aus
Angaben in den Unterlagen hervorgeht. Fehlen hier Angaben,
so
wird
davon
notwendig war.
ausgegangen,
daß
keine
Weiterbehandlung
9
2.3. Auswertung
Die
Nachblutungen
stellen
einen
Grenzbereich
des
oben
definierten Begriffes des anoperierten Patienten dar, und zwar
aus zwei Gründen:
1.
Die
Nachblutung
tritt
zwar
nicht
regelhaft
nach
einer
zahnärztlich-chirurgischen Maßnahme auf, und ihre Stillung
gehört
somit
auch
nicht
zwingend
zur
Beendigung
des
Eingriffs, wohl aber muß die Blutung oder Nachblutung in
jedem
Behandlungsfall
als
mögliche
Komplikation
bedacht
werden (BARSEKOW 1990).
2.
Je
kürzer
das
Zeitintervall
zwischen
Zahnentfernung
und
Nachblutung ist, desto eher kann die Stillung dieser Blutung
als Bestandteil des Eingriffs angesehen werden. Wenn aber
die Stillung der Blutung Bestandteil des Eingriffs ist, so
muß
der
betreffende
Patienten
gezählt
"anoperierter
Patient
zur
werden,
Patient"
ist
Gruppe
denn
die
der
gemäß
anoperierten
der
Beendigung
Definition
des
Eingriffs
entgegen der Planung nicht abgeschlossen worden.
Der
die
vorbeschriebene
gesonderte
Sonderstatus
Betrachtung
der
dieser
Nachblutung
Gruppe.
rechtfertigt
Die
Auswertung
gliedert sich somit in drei Teile:
1.
Auswertung
der
Daten
bezogen
auf
die
Gesamtzahl
der
Patienten,
2.
Auswertung
bezogen
ausschließlich
auf
ausschließlich
auf
die
Gruppe
der
Nachblutungen und
3.
Auswertung
bezogen
die
anoperierten
Patienten im engeren Sinne.
2.3.1. Auswertung bezogen auf die Gesamtzahl
Häufigkeit und Altersverteilung:
Nach
Zählung
prozentuale
aller
durchgesehenen
Gesamtanteil
der
Karteikarten
Patienten
mit
wurde
dem
der
Merkmal
"anoperiert" ermittelt.
Die
Altersstruktur
Patienten
wurde
und
pro
Gesamtzahl erfaßt.
Geschlechtsverteilung
Behandlungsjahrgang
und
der
anoperierten
bezogen
auf
die
10
Einteilung
nach
den
Komplikationen
und
deren
quantitative
Verteilung:
Die
im
Komplex
Komplikationen,
5
erhaltenen
welche
die
Informationen
Beendigung
über
des
die
Eingriffs
verhinderten, dienten zur Einteilung der Komplikationen und der
Häufigkeit
ihres
Auftretens
im
untersuchten
Krankengut.
Alle
nicht im vorformulierten Teil enthaltenen Komplikationen wurden
zunächst derart zusammengefaßt, daß verschiedene Formulierungen
für sachlich identische Komplikationen in jeweils einer Gruppe
erfaßbar
und
somit
standardisierbar
wurden
(Beispiel:
"Kiefergelenkluxation während Extraktion von Zahn 38" entspricht
"Kiefersperre bei Extraktion").
Eine systematische Gliederung der erhaltenen Gruppen schloß sich
an.
Hier
interessierte
einerseits
die
rein
summarische
Auswertung der Ergebnisse in den Einzelfragen, jeweils bezogen
auf
die
Gesamtheit
beschriebene
der
Fragenkomplex
ausgewerteten
wurde
auf
Fälle.
diese
Jeder
Weise
zuvor
ausgewertet
(s.u.).
Andererseits wurden die Daten nach medizinischen Gesichtspunkten
sinnvoll
strukturiert.
Beispielsweise
konnten
die
Gruppen
"Zahnfraktur mit Wurzelrest" und "Extraktionsversuch mit Zahn in
Alveole"
unter
"gescheiterte
Zahnentfernung"
zusammengefaßt
werden.
Einteilung nach den Umständen der Überweisung:
Der Anteil an vorherigen telefonischen Anmeldungen, persönlicher
Begleitung des Patienten durch Behandler, Zahnarzthelferin oder
sonstiges
wurde
medizinisches
ermittelt,
ausdrücklich
der
Personal
gleiches
Klinik
bezogen
geschah
mit
zugeleiteten
auf
die
dem
und
Gesamtzahl
Anteil
der
der
dringend
zugeleiteten Patienten.
Ein
wichtiger
Faktor
für
die
Sicherung
einer
reibungslosen
Weiterversorgung ist fraglos eine vollständige und sorgfältige
Aufklärung
des
Patienten
durch
den
Erstbehandler.
Dies
gilt
sowohl für Informationen, die den geplanten Eingriff betreffen,
als auch besonders für solche Hinweise, die durch die veränderte
Situation bei Abbruch des Eingriffs gegeben werden müssen. Ob
und in wieweit eine solche Aufklärung durch den Primärbehandler
11
erfolgt war, konnte retrospektiv nicht in allen Fällen eindeutig
beurteilt werden.
Einteilung nach der Dokumentation:
Die
Häufigkeit
ermittelt.
der
Als
ausführliche
Mitgabe
schriftlicher
schriftliche
Arztbriefe
Informationen
Informationen
als
auch
galten
vom
wurde
sowohl
Erstbehandler
unterschriebene Hinweise auf Rezeptformularen oder auf formlosen
Blättern.
Ebenso
Beantwortung
wurden,
dieser
Überweisungsformularen
gemäß
Frage,
als
der
zugehörigen
ausführliche
schriftliche
Regel
Hinweise
Information
zur
auf
über
den
Zahl
der
Primäreingriff gewertet.
Bezüglich
der
Röntgendiagnostik
wurde
zunächst
die
mitgebrachten Röntgenbilder in Relation zur Gesamtzahl bestimmt.
Dies geschah getrennt nach prä- und postoperativen Aufnahmen.
Ein Vergleich zwischen Umfang der beigebrachten Unterlagen und
Notwendigkeit
der
Anfertigung
weiterer
Röntgenbilder
in
der
Klinik durch den Sekundärbehandler schloß sich an.
Einteilung nach Bedarf an Diagnostik und Weiterbehandlung:
Die Notwendigkeit der Anfertigung weiterer Röntgenbilder bzw.
die
Erfordernis
der
Weiterbehandlung
nach
Abschluß
der
Sekundärbehandlung wurde ebenfalls prozentual zur Gesamtheit der
Karten
berechnet.
Weiterbehandlung
Die
erfolgte
Auswertung
differenziert
der
nach
notwendigen
Weiterbehandlung
durch den Hauszahnarzt, durch die Klinik ambulant oder durch die
Klinik stationär.
2.3.2. Nachblutungen
Bei
der
Auswertung
wurde
zunächst
nach
zwei
Kriterien
unterschieden, nämlich einerseits nach der Art des Eingriffs,
welcher der Nachblutung vorausgegangen war und andererseits nach
einer eventuell vorhandenen Blutungsneigung des Patienten.
Alters-und Geschlechtsverteilung
12
Die schon für den Gesamtdatenbestand durchgeführte Erfassung der
Alters-
und
Geschlechtsverteilung
wurde
für
die
Gruppe
der
Nachblutungen spezifiziert.
Einteilung nach vorausgegangenem Eingriff
Die Gesamtzahl der Nachblutungen ließ sich zunächst einteilen in
Zustände
nach
Zustände
der
nach
Entfernung
anderen
Zahnentfernung
eines
oder
mehrerer
zahnärztlichen
wiederum
konnte
Zähne
Behandlungen.
entweder
ohne
und
Die
weitere
Komplikation oder mit zusätzlich erschwerenden Begleitumständen
erfolgt sein (hier ergab sich eine Überschneidung mit der Gruppe
der
anoperierten
Patienten).
Die
zusätzliche
Komplikation
bestand entweder in einer Schädigung des Tuber maxillae, einer
eröffneten Mund-Antrum-Verbindung (MAV) oder einem verbliebenen
Wurzelrest, der sich entweder noch in der Alveole befand oder
aber z.B. nach antral luxiert war.
Unter
"sonstige
Eingriffe,
konnten
parodontaltherapeutische
Wurzelspitzenresektionen,
mukogingivalchirurgische
Maßnahmen
Eingriffe"
oder
auch
Stumpfpräparationen
bzw.
besonders
traumatisierende
Zahnsteinentfernungen
zusammengefaßt
werden.
Einteilung
nach
vorhandenem
Blutungsübel
mit
näherer
Differenzierung der verschiedenen Blutungsübel
Grundsätzlich
Diathesen
lassen
nach
therapeutische
sich
die
sogenannten
verschiedenen
Ansätze,
welche
Kriterien
das
hämorrhagischen
einteilen.
Verständnis
der
Für
Ursachen
einer erhöhten Blutungsneigung voraussetzen, ist sicherlich eine
kausale
Betrachtung
von
Vorteil.
Im
Falle
der
anoperierten
Patienten ist dagegen eher von Interesse, ob die Blutungsneigung
vor der Primärtherapie in der zahnärztlichen Praxis erkennbar
ist
oder
möglich
mit
welchem
gewesen
wäre.
diagnostischen
Daher
bot
Aufwand
sich
eine
diese
Erkennung
Einteilung
nach
funktionellen Kriterien an, wie sie auch von ACKERMANN (1989)
benutzt wurde. Entsprechend wurde unterschieden nach hereditären
manifesten
Blutungsneigungen,
erworbenen
Blutungsneigungen und transienten Blutungsneigungen.
manifesten
13
Verteilung der Blutungen nach Zahnextraktionen auf die einzelnen
Zähne bzw. Zahngruppen
Bei
der
Entfernung
benachbarten
eines
Zähnen
einzelnen
wurde
die
Zahnes
Blutung
in
oder
von
zwei
der
dem
Zahn
entsprechenden Rubrik notiert. Waren mehrere Zähne beteiligt,
konnte den Aufzeichnungen in den meisten Fällen nicht eindeutig
entnommen werden, ob die Blutung lediglich aus einer Alveole
aufgetreten war oder ob mehrere oder alle Extraktionswunden an
der
Blutung
diesen
beteiligt
Fällen
die
gewesen
waren.
Nachblutung
in
Entsprechend
der
Rubrik
wurde
in
"verursachende
Alveole unbestimmt" oder "multiple Extraktionen" (bei mehr als
drei Zähnen) erfaßt.
Auswertung
nach
Umständen
der
Überweisung
und
Umfang
der
beigebrachten Dokumentation.
Insbesondere
Patienten
mit
einem
hohen
Behandlungsrisiko
bedürfen der sorgfältigen Führung (BREIER u. AHRBERG 1991). Dies
gilt
umso
mehr
bei
den
hier
beschriebenen
abgebrochenen
Eingriffen für den Weg und die Zeitspanne vom Verlassen der
Praxis
des
Fachklinik,
Primärbehandlers
weil
der
bis
Patient
zum
in
Eintreffen
dieser
in
Zeit
der
völlig
unbeaufsichtigt ist. Es war daher zu vermuten, daß die Quote der
ausdrücklich zugeleiteten, telefonisch angemeldeten oder sogar
in Begleitung medizinischen Personals erschienenen Patienten in
der Gruppe der Risikopatienten höher war als bezogen auf die
Gesamtzahl der Nachblutungen. Besonders interessant waren hier
jene Riskopatienten, die eine erhöhte Blutungsneigung aufwiesen.
Demzufolge
wurde
die
prozentuale
Verteilung
der
Überweisungsmodalitäten für beide beschriebenen Gruppen erfaßt
und verglichen.
Was für die Überweisung wünschenswert ist, gilt gleichermaßen
auch für die mitgebrachte Dokumentation: Auch diese sollte bei
Risikopatienten
mit
hämorrhagischer
Diathese
besonders
ausführlich sein. Diesbezüglich wurde sowohl die Mitgabe von
seiten des Primärbehandlers angefertigter Röntgendiagnostik als
auch
die
Mitgabe
eventuell
vorhandener,
bereits
entfernter
Zahnteile erfaßt und für beide genannten Gruppen verglichen.
Die
Notwendigkeit
dargestellt.
weiterer
Röntgendiagnostik
wurde
zusätzlich
14
Besondere Betrachtung der Risikopatienten.
Die
Merkmale
vorhandene
lassen
der
Risikopatienten
Blutungsübel
sich
die
bzw.
gliedern
andere
Blutungsneigungen
in
sich
zuerst
Risikofaktoren.
in
Weiter
Gerinnungsstörungen
und
übrige Blutungsübel unterteilen.
Es können weiterhin angeborene Störungen der Blutgerinnung von
erworbenen unterschieden werden. Bei beiden Untergruppen stellt
sich die Frage, ob durch sorgfältige Anamnese und Befunderhebung
die Blutungssituation nach Zahnextraktion vermieden werden kann.
Besonders bei schweren Blutungszuständen mit vitaler Bedrohung
des Patienten ist die schnelle Zuleitung des Patienten an die
Klinik von großer Bedeutung.
Stationär behandelte Patienten
Alle stationär in die Klinik aufgenommenen Patienten wurden als
Kasuistiken
Parameter
einzeln
und
des
durchgesehen
jeweiligen
und
Verlaufs
anhand
hämatologischer
erfaßt.
Eine
weitere
Differenzierung konnte bzgl. Weiterbehandlungen in lokaler oder
allgemeiner Schmerzausschaltung vorgenommen werden.
2.3.3. Anoperierte Patienten im engeren Sinn
Geschlechts- und Altersverteilung
Analog
zu
den
Nachblutungen
wurde
auch
in
der
Gruppe
der
anoperierten Patienten zunächst eine Erfassung der Alters- und
Geschlechtsverteilung vorgenommen.
Einteilung nach Verlauf des Eingriffs
Die
Auswertung
der
anoperierten
Patienten
im
engeren
Sinn
orientierte sich an den möglichen Verläufen eines Eingriffs:
Zunächst
wurde
Zahnentfernung
unterschieden
versucht
wurde
zahnärztlich-chirurgische
durchgeführt
worden
war.
nach
Fällen,
bei
denen
eine
und
Fällen,
bei
denen
eine
Maßnahme
Letzterer
ohne
Gruppe
Zahnbeteiligung
waren
solche
Behandlungen zuzuordnen, in denen entweder primär chirurgisch an
Weichteilen operiert wurde oder im Verlauf eines zahnärztlichen
Eingriffs ein chirurgisches Handeln erforderlich wurde, etwa bei
15
Überstopfung von Wurzelfüllmaterial während einer Wurzelfüllung
und konsekutiver chirurgischer Entfernung des Fremdmaterials.
Die im Zusammenhang mit einer Zahnentfernung stehenden Fälle
wurden
zunächst
eingeteilt
in
eine
Gruppe
mit
kompletter
Entfernung des Zahnes, einer teilweisen Entfernung des Zahnes
mit Verbleib eines Wurzelrestes oder aber eines nur gelockerten
bzw. ohne jeden Erfolg anextrahierten Zahnes.
Jede
dieser
Gruppen
wurde
weiter
unterteilt,
ggf.
bis
zur
Betrachtung des Einzelfalls.
Schädigung anatomischer Strukturen
Alle Fälle mit Schädigung anatomischer Strukturen wurden einzeln
dokumentiert. Wie bei den Nachblutungen wurde die Häufigkeit der
Beteiligung einzelner Zähne erfaßt. Alle Patienten, bei denen
eine
stationäre
Behandlung
erforderlich
war,
wurden
getrennt
ausgewertet.
Auf diese Weise bildete sich eine klare Struktur der Gruppe der
anoperierten Patienten heraus.
2.3.4. Kasuistiken
Zur
Verdeutlichung
gesondert
der
betrachtet.
Problematik
Von
wurden
Interesse
ausgewählte
waren
dabei
Fälle
solche
Beispiele, in denen besondere Folgen für den Primärbehandler,
den Sekundärbehandler oder aber für den Patienten entstanden.
Dies
konnten
Besonderheiten
sollten
Folgen
in
forensische
medizinischer
Ablauf
Folgen
und
wie
Art
sein,
Dokumentation.
aber
Nicht
Gerichtsverfahren
auch
zuletzt
Beachtung
finden. Sicher stehen die genannten Aspekte in enger kausaler
Verbindung miteinander.
16
3. Ergebnisse
3.1. Auswertung bezogen auf die Gesamtzahl
3.1.1. Häufigkeit und Altersverteilung
Aus der Gesamtzahl von
47687 durchgesehenen Karteikarten waren
gemäß den methodischen Regeln der Studie 1452 in die Gruppe
"anoperierte
Patienten"
einzuordnen.
Dies
entspricht
einer
Häufigkeit von 3,0%. Bei einer täglichen Dienstbereitschaft der
kieferchirurgischen Ambulanz über zehn Jahre hinweg war somit
durchschnittlich
an
jedem
zweiten
bis
dritten
Tag
mit
einem
Patienten dieser Gruppe zu rechnen.
In
der
Altersverteilung
trat
eine
deutliche
Häufung
in
der
Altersgruppe zwischen 20 und 29 Jahren auf. Durchschnittlich
fast ein Drittel (32,1%) aller anoperierten Patienten entstammte
dieser Altersgruppe. Nur jeweils etwa 10% aller anoperierten
Patienten dieser Studie waren unter 20 oder über 60 Jahre alt.
In den Altersgruppen zwischen 30 und 59 Jahren zeigte sich ein
kontinuierlicher Abfall mit zunehmendem Alter (Abb. 2).
Zahl
männl. (n=847)
500
weibl. (n=605)
ges. (n=1452)
466
400
294
280
300
215
186
200
16 14
124
65
60 59
200
150
126
119
100
168
76
76
32
30
44
17
35
0
<10
10-19
20-29
30-39
40-49
50-59
60-69
>69
Lebensalter /Jahre
Abb. 2: Alters- und Geschlechtsverteilung aller Patienten mit dem Merkmal "anoperiert“ (n=1452)
52
17
3.1.2. Einteilung und Häufigkeit der Komplikationen
Die
häufigste
Komplikation,
wegen
der
die
Klinik
aufgesucht
wurde, war die Nachblutung nach Zahnextraktion mit 711 Fällen
oder
49,0%.
Dieser
folgte
der
Verbleib
von
Wurzelresten
im
Zusmmenhang mit einer Zahnfraktur bei 380 Eingriffen (26,2%).
Eine
genauere
Spezifikation
erfolgt
bei
der
Betrachtung
der
anoperierten Patienten im engeren Sinn in Abschnitt 3.3.
Als
dritthäufigste
Komplikation
wurde
die
den
Eingriff
begleitende Schädigung anatomischer Nachbarstrukturen ermittelt.
Diese trat in 303 Fällen oder 20,7% aller Fälle auf. In dieser
Gruppe war die Eröffnung einer MAV die häufigste Komplikation
mit
252
Fällen
(17,4%).
Die
Schädigung
von
Nachbarzähnen,
Weichteilen und der Kiefergelenke waren seltene Komplikationen
mit einer Häufigkeit von weniger als einem Prozent aller Fälle.
Gleiches
galt
für
die
Kiefer-
und
Tuberfrakturen
sowie
für
neuralgiforme Beschwerden, die mutmaßlich durch den operativen
Eingriff ausgelöst worden waren.
In sechs Fällen oder 0,4% verblieb ein Fremdkörper in situ. Hier
handelte
es
sich
um
frakturierte
chirurgische
Instrumente,
Wurzelkanalaufbereitungsinstrumente und Füllungsmaterialien.
Häufiger war der Überweisungsgrund "Lokalanästhesieversager". Er
wurde in 111 Fällen oder 7,6% verzeichnet. In nur zwei dieser
Fälle
konnte
auch
Anästhesiewirkung
in
der
erzielt
werden.
Klinik
keine
Hier
erfolgte
ausreichende
jeweils
die
weitere Therapie in allgemeiner Schmerzausschaltung.
Ein Kollabieren des Patienten am Ort der Erstbehandlung wurde 31
mal beobachtet.
3.1.3. Dokumentation und Umstände der Überweisung
In
der
überwiegenden
besondere
Begleitung
Zahl
in
der
die
Fälle
Klinik,
kam
51
der
mal
Patient
wurde
er
ohne
durch
medizinisches Personal begleitet, einmal kam der Patient über
die Notaufnahme im Rettungstransportwagen.
Über ausgewählte besondere Fälle wird in Abschnitt 4. berichtet.
Von
allen
hier
betrachteten
Patienten
waren
113
als
Risikopatienten einzustufen (Tab. 1).
Ein Anteil von 61,4% der Patienten wurde ausdrücklich in die
kieferchirurgische
Klinik
überwiesen.
Insgesamt
hatten
Patienten (33,5%) den Hinweis erhalten, sofort zu kommen.
490
18
Eine
fernmündliche
Ankündigung
des
Patienten
konnte
in
130
Fällen (8,9%) registriert werden.
Tab. 1: Staffelung der erfaßten Komplikationen bezogen auf die Gesamtzahl der anoperierten Patienten
(n=1452), Mehrfachnennungen möglich
Komplikation
Zahl
Anteil
Nachblutung
711
(49,0%)
Zahnfraktur
380
(26,2%)
Mund-Antrum-Verbindung
252
(17,4%)
Lokalanästhesie-Versager
111
(7,6%)
Kollaps in der Praxis d. Primärbehandlers
31
(2,1%)
Tuber- oder Unterkieferfraktur
14
(1,0%)
113
(7,8%)
davon: Risikopatient
Von
den
insgesamt
51
Fällen,
in
denen
eine
Begleitung
des
Patienten durch medizinisches Fachpersonal erfolgte, erschien 21
mal der Erstbehandler selbst in dieser Funktion.
Die übermittelte Dokumentation des Ersteingriffes erfolgte in
20,8% der Fälle durch eine schriftliche Fixierung des Herganges,
in
20,2%
der
Fälle
wurden
ein
oder
mehrere
Röntgenbilder
mitgegeben, wovon wiederum 28,4% die postoperative Situation des
Ersteingriffs zeigten. In 41 Fällen oder 2,8% des Patientengutes
war die Menge des verabreichten Lokalanästhetikums schriftlich
fixiert.
Hinweise auf die Mitgabe von Zahnteilen konnten in 6,7% der
Fälle, in denen postoperativ Wurzelreste in situ verblieben,
gefunden werden.
3.1.4. Weiterbehandlung und Abschluß
In gut der Hälfte der Fälle, nämlich in 51,8%, mußte in der
Klinik weitere Röntgendiagnostik betrieben werden.
Die
Annahme,
Röntgendiagnostik
daß
bei
die
zusätzlich
Patienten,
die
durchzuführende
bereits
Röntgenbilder
mitbringen, seltener erforderlich ist als bei solchen Patienten,
die
keinerlei
diesbezügliche
Informationen
mitbringen,
konnte
nicht bestätigt werden: Von 31 Patienten, die mindestens ein
prä(55%),
und
von
postoperatives
265
Röntgenbild
Patienten,
die
mitbrachten,
entweder
ein
prä-
mußten
oder
17
ein
19
postoperatives
Röntgenbild
beibrachten,
mußten
139
(53%),
zusätzlich geröntgt werden. Bei 1156 Patienten, die ohne Röntgenbilder
erschienen,
mußte
nur
in
618
Fällen
(53%)
eine
Aufnahme angefertigt werden.
In
952
Fällen
erübrigte
chirurgischen
sich
Eingriffs
nach
Beendigung
diesbezüglich
des
begonnenen
eine
spezielle
Weiterbehandlung, oder diese wurde vom Hauszahnarzt übernommen.
Dies
waren
65,6%
aller
anoperierten
Patienten,
mit
einer
Aufteilung von 611 Nachblutungen zu 341 anoperierten Patienten
im engeren Sinn.
War
eine
Weiterbehandlung
Komplikation
in
der
der
Klinik
zur
Zuleitung
erforderlich,
so
führenden
wurde
diese
klinikambulant in 415 Fällen (28,6%) gewährleistet, die sich in
81
Patienten
aufteilten.
mit
Nachblutungen
Darüberhinaus
und
mußten
334
85
anoperierte
Patienten
Fälle
(5,8%)
klinikstätionär weiterbetreut werden, davon 66 anoperierte und
19 mit Nachblutungen (Tab. 2).
Tab. 2: Notwendigkeit und Bedingungen der Weiterbehandlung bezogen auf die Gesamtzahl der
anoperierten Patienten (n=1452)
gesamt
(n=711)
anoperierte Pat. im
engeren Sinn
(n=741)
(n=1452)
611 (85,9%)
341 (46,0%)
952 (65,6%)
Weiterbehandlung klinikambulant
81 (11,4%)
334 (45,1%)
415 (28,6%)
Weiterbehandlung klinikstationär
19
Nachblutungen
Weiterbehandlung nicht erforderlich oder
durch Hauszahnarzt
(2,7%)
66
(8,9%)
85
(5,8%)
20
3.2. Nachblutungen
Von 1452 als anoperiert eingestuften Patienten waren 711 (48,6%)
in die Untergruppe der (frühen) Nachblutungen einzuordnen.
3.2.1. Geschlechts- und Altersverteilung
In den Altersgruppen von 0-59 Jahren überwog der Anteil der
männlichen
Patienten
(410
männliche
gegenüber
234
weiblichen
Patienten). Oberhalb eines Lebensalters von 60 Jahren war der
Anteil der weiblichen Patienten höher (43 weibliche gegenüber 24
männlichen Patienten).
Die größte Anzahl von Patienten mit Nachblutungen war zwischen
20 und 29 Jahre alt: Allein 235 Patienten entstammten dieser
Altersgruppe (33,1% der Nachblutungen). Mit höherem Lebensalter
sank der Anteil kontinuierlich ab (Abb. 3).
Zahl
männl. (n=434)
weibl. (n=277)
gesamt (n=711)
235
250
200
157
150
120
114
94
100
78
63
50
52
31 32
13
71
70
68
43
18
40
27
24
13
5
11 16
27
0
<10
10-19
20-29
30-39
40-49
Lebensalter /Jahre
50-59
60-69
>69
Abb. 3: Alters- und Geschlechtsverteilung aller Patienten mit dem Merkmal "Nachblutung" (n=711)
3.2.2. Einteilung und Häufigkeit der Komplikationen
Der überwiegende Teil dieser Patienten war von Nachblutungen
nach durchgeführten Zahnextrationen betroffen, nämlich 666 Fälle
(93,7% der Nachblutungen). Diese wiederum waren in aller Regel
Nachblutungen
nach
komplikationsfreien
Fälle oder 90,9%)(Abb. 4).
Zahnentfernungen
(646
21
Die Komplikationen, die in 20 Fällen (2,8%) auftraten, bestanden
in einer Fraktur des Tuber maxillae (zwei Fälle oder 0,3% der
Nachblutungen), einer Mund-Antrum-Verbindung (sieben Fälle oder
1,0%) oder einem verbliebenen Wurzelrest (elf Fälle oder 1,5%).
Unter den letztgenannten Fällen wurde zweimal der Wurzelrest in
die Kieferhöhle luxiert (0,3%)(Abb. 5).
Nachblutungen (n=711)
davon mit Blutungsneigung (n=50 von 711)
nach Zahnentfernung ohne
zusätzliche Komplikation
646
nach Zahnentfernung mit
zusätzlicher Komplikation
20
nach anderen
zahnärztlichen Eingriffen
45
davon mit
Blutungsneigung
50
0
Zahl
100
200
300
400
500
600
700
Abb. 4: Nachblutungen, Art des Eingriffes durch den Primärbehandler, der die Nachblutung zur Folge hatte
(n=711)
Nachblutungen nach Zahnextraktion mit zusätzlicher Komplikation (n=20)
davon mit Blutungsneigung (n=0 von 20)
Fraktur des Tuber maxillae
2
7
Mund-Antrum-Verbindung
9
Wurzelrest in situ
Wurzelrest in Kieferhöhle
2
davon mit
Blutungsneigung
Zahl
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Abb. 5: Verteilung der zusätzlichen Komplikationen bei Nachblutungen nach Zahnextraktionen (n=20)
In einer weit geringeren Anzahl von Fällen, nämlich 45 (6,3% der
Nachblutungen), war nicht eine vorausgegangene Zahnextraktion,
22
sondern
ein
anderer
chirurgischer
Eingriff
konnten
in
14
zahnärztlicher
Auslöser
Fällen
(2,0%)
Parodontalbehandlungen
gefunden
werden.
oder
für
die
zahnärztlich-
Nachblutung.
Nachblutungen
(geschlossene
oder
Mukogingivalchirurgische
nach
offene
Hier
typischen
Kürettage)
Maßnahmen,
wie
z.B.
eine Vestibulumplastik oder ein freies Schleimhauttransplantat,
führten
neunmal
(1,3%)
zu
einer
postoperativen
Blutung.
In
seltenen Fällen war auch die Zahnpräparation zu prothetischen
Zwecken
(drei
Fälle
oder
0,4%),
sowie
eine
besonders
traumatisierende Entfernung fester Zahnbeläge (zwei Fälle oder
0,3%) als Ursache einer Nachblutung festzustellen.
In
zehn
Fällen
führten
nicht
näher
bezeichnete
Ursachen
zum
Eintreten der Nachblutung (Abb. 6).
Nachblutung nach anderen zahnärztlichen Eingriffen (n=45)
davon mit Blutungsneigung (n=2 von 45)
Parodontaltherapie
(Kürettage)
14
Wurzelspitzenresektion
8
mukogingivalchirurgische
Eingriffe
8
3
Stumpfpräparation
Entfernung harter
Zahnbeläge
2
10
sonstige
Zahl
2
davon mit Blutungsneigung
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
Abb. 6: Nachblutungen, Verteilung bei Zustand nach zahnärztlichen Eingriffen ohne Zahnextraktion (n=45)
Bei jeder Nachblutung stellt sich die Frage, ob sie mit einer
generellen Blutungsneigung des Patienten einhergeht oder sogar
durch
letztere
Untersuchungsgut
bedingt
wurde
in
ist.
50
von
Im
hier
711
Fällen
vorliegenden
(7,0%)
eine
23
vermehrte
wurden
Blutungsneigung
hauptsächlich
in
festgestellt.
der
Gruppe
Diese
der
Blutungsübel
Nachblutungen
nach
Zahnextraktionen gefunden (48 von insgesamt 666 Fällen). Dabei
handelte es sich ausnahmslos um Zahnentfernungen ohne weitere
Komplikationen, die Nachblutungen mit zusätzlichen chirurgischen
Komplikationen (20 Patienten) waren in keinem Fall von einem
Blutungsübel
Eingriffen
begleitet.
mit
Unter
Nachblutung
den
(45
übrigen
Fälle)
zahnärztlichen
fanden
sich
nur
zwei
Patienten mit einer Blutungsneigung.
Hinsichtlich
der
Zahnextraktionen
folgendes
Verteilung
auf
Bild:
Im
die
der
einzelnen
Nachblutungen
Kieferregionen
allgemeinen
war
nach
ergab
sich
daß
die
auffällig,
Nachblutungen im Oberkiefer- und Unterkiefer-Molarenbereich mit
der
größten
Häufigkeit
auftraten.
So
entfielen
auf
666
Nachblutungen nach Zahnextraktionen allein 419 (62,9%) auf die
genannten
Kieferregionen.
Nachblutungen
in
Frontzahnbereich
76
Im
Fällen
wurden
Prämolarenbereich
(11,4%)
in
auf.
lediglich
traten
Nachblutungen
35
Fällen
im
(5,2%)
verzeichnet. Bei insgesamt 57 Patienten (8,6% der Fälle) trat
die
Nachblutung
Zähne)
auf.
nach
In
79
multiplen
Fällen
Zahnextraktionen
(11,9%)
konnte
(mehr
die
als
3
betroffene
Kieferregion den vorhandenen Unterlagen nicht entnommen werden.
Besonders häufig waren Extraktionen der Sechsjahrmolaren Ursache
einer Nachblutung. Die Regio 16 war insgesamt 50 mal betroffen,
Regio 26 58 mal, Regio 36 in 36 Fällen und von Regio 46 ging 42
mal
die
Nachblutung
aus.
Einen
weiteren
Schwerpunkt
in
der
Häufigkeit stellten die Weisheitszähne im Unterkiefer dar, sie
waren 55 mal (Regio 38) bzw. 44 mal (Regio 48) von Nachblutungen
betroffen (Abb. 7, 8).
Der
Zeitpunkt
des
Eintreffens
in
der
kieferchirurgischen
Ambulanz lag in aller Regel zwischen sechs und 24 Stunden nach
dem Primäreingriff (zusammen 465 von 711 Fällen bzw. 65,4%).
Weniger als sechs Stunden postoperativ wurden 98 Patienten in
der
Fachklinik
(6,9%)
24
vorstellig
bis
72
(13,8%),
Stunden
während
zwischen
in
nur
49
Fällen
Primäreingriff
und
Weiterbehandlung in der Klinik lagen. Patienten mit bekanntem
Behandlungsrisiko
Aufsuchen
zugeleitet
der
entschlossen
Klinik
(Tab.3).
bzw.
wurden
sich
nicht
Definitionsgemäß
nicht
schneller
schneller
wurden
der
zum
Klinik
Zeitabstände
24
zwischen Primäreingriff und Eintreffen in der Fachambulanz von
mehr als 72 Stunden als späte, mutmaßlich infektionsbedingte
Nachblutungen nicht erfaßt.
Zahl
58
50
32
29
20
20
16
12
6
18
17
16
15
14
13
9
4
12
12
10
24
25
6
11
0
0
21
22
23
26
27
28
Bezeichnung im Zahnschema
.
Abb. 7: Nachblutung nach Zahnextraktion im Oberkiefer, Verteilung auf einzelne Zähne (n=666)
Zahl
55
44
42
36
20
13
12
4
48
47
46
45
44
7
3
43
0
0
2
3
2
3
42
41
31
32
33
34
35
36
37
38
Bezeichnung im Zahnschema
Abb. 8: Nachblutung nach Zahnextraktion im Unterkiefer, Verteilung auf einzelne Zähne (n=666)
Tab. 3: Zeitpunkt des Eintreffens in der Fachklinik nach dem Primäreingriff bei Patienten mit
Nachblutungen (n=711)
Zeit nach Primäreingriff
Nachblutungen (n=711)
davon Risikopatienten (n=63)
72h
8
(1,1%)
3
(4,8%)
>2-6 h
90
(12,7%)
6
(9,5%)
>6-12 h
138
(19,4%)
8
(12,7%)
>12-24 h
327
(46,0%)
27
(42,9%)
>24-72 h
49
(6,9%)
13
(20,6%)
ohne Angabe
99
(13,9%)
6
(9,5%)
25
3.2.3. Dokumentation und Umstände der Überweisung
Patienten
mit
Nachblutungen
wurden
in
der
Regel
nicht
vom
Primärbehandler überwiesen. So waren in der Dokomentation nur in
117
Fällen
(16,5%
aller
Nachblutungen)
Hinweise
auf
eine
Zuleitung in die kieferchirurgische Klinik zu finden, davon war
in 74 Fällen (10,4%) erkennbar, daß vom Primärbehandler eine
sofortige Zuleitung veranlaßt worden war. In nur vier Fällen
(0,6%)
schwerer
Personal
Blutungen
begleitet,
davon
war
der
zweimal
Patient
(0,3%)
von
vom
medizinischem
Primärbehandler
selbst. In insgesamt 30 Fällen (4,2%) wurde der Patient von der
Praxis, in welcher der Primäreingriff durchgeführt worden war,
telefonisch angekündigt (Abb. 9).
Nachblutungen gesamt
Risikopatienten mit Blutungsneigung
83,5%
ohne Zuleitung
62,0%
16,5%
ausdrückliche Zuleitung
40,0%
10,4%
ausdrückliche sofortige
Zuleitung
18,0%
4,2%
davon telefonische
Ankündigung
Begleitung durch medizin.
Personal
8,0%
0,6%
8,0%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Abb. 9: Verteilung der Patienten mit Nachblutungen im Hinblick auf die Frage der Zuleitung durch den
Primärbehandler (n=711)
In aller Regel traf der Patient ohne jede Dokumentation in der
Klinik ein. Lediglich in 26 Fällen (3,6%) waren schriftliche
Angaben zum Hergang des Ersteingriffs vorhanden. Angaben zur
bereits injizierten Menge an Lokalanästhetika lagen bei nur zwei
Patienten (0,3%) vor. Auch Röntgenaufnahmen und Zahnfragmente
waren nur ausnahmsweise mitgegeben worden, nämlich in insgesamt
sieben Fällen (1,0%). Entsprechend häufig mußte in der Klinik
weitere
Diagnostik
betrieben
werden.
Röntgenaufnahmen
zur
26
Erhebung des Lokalbefundes waren in 120 Fällen neu in der Klinik
anzufertigen (Abb. 10).
Nachblutungen
Risikopatienten mit Blutungsneigung
0,7%
Mitgabe von
Röntgenaufnahmen
2,0%
1,0%
Mitgabe von Zahnteilen
0,0%
16,9%
Anfertigung weiterer
Röntgendiagnostik
34,0%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Abb. 10: Häufigkeit der Mitgabe von Röntgenaufnahmen oder Zahnfragmenten durch den Primärbehandler
sowie Notwendigkeit der Durchführung weiterer Röntgendiagnostik in der Klinik (n=711)
3.2.4. Weiterbehandlung und Abschluß
In
der
überwiegenden
Nachsorge
werden
der
(547
Mehrzahl
postoperativen
Fälle).
Dies
der
Fälle
Blutungen
geschah
konnte
die
ambulant
zum
weitere
durchgeführt
größten
Teil
durch
Rücküberweisung zum Primärbehandler (466 Patienten), zum Teil in
der Klinik selbst (81 mal).
Selten war eine stationäre Weiterbehandlung erforderlich. In 19
Fällen
(2,7%)
geschah
in
wurde
fünf
Allgemeinzustandes
besondere
der
Fällen
zur
Patient
stationär
aufgrund
weiteren
Blutungsneigung
eines
aufgenommen.
deutlich
Beobachtung,
diagnostizierbar
Dies
reduzierten
ohne
gewesen
daß
eine
wäre.
In
weiteren fünf Fällen war eine stationäre Aufnahme aufgrund einer
dem
Patienten
Blutungsneigung
bekannten,
erforderlich.
nicht
In
ambulant
vier
behandelbaren
Fällen
war
ein
Blutungsübel anzunehmen, bedurfte aber weiterer diagnostischer
Klärung. Eine hämatologische Diagnostik war bei zwei weiteren
Patienten nicht möglich, weil sich der Patient in einem Fall
gegen
ärztlichen
Rat
aus
der
Klinik
entfernte
oder
aber
im
anderen Fall vor der Diagnostik die Verlegung in eine andere
Klinik erfolgte. In drei Fällen war der genaue Verlauf aus der
Dokumentation nicht nachzuvollziehen (Tab. 4).
27
Betrachtet man den Umfang der weiteren Behandlung isoliert für
die
Patienten,
bei
denen
eine
Blutungsneigung
vorlag
oder
angenommen werden mußte, so fällt eine starke Verschiebung in
Richtung einer aufwendigeren Sekundärbehandlung auf: Während nur
sechs
Patienten
Behandlung
Hälfte
mit
entlassen
aller
wegen
einer
werden
einer
Blutungsneigung
konnten,
war
Nachblutung
ohne
weitere
immmerhin
stationär
über
die
aufgenommenen
Patienten blutungsgefährdet. Die Notwendigkeit der stationären
Weiterversorgung
war
in
dieser
Gruppe
also
achtmal
häufiger
gegeben als bei den einfachen Nachblutungen (Tab. 4).
Von allen Fällen in der Gruppe der Nachblutungen war einmal eine
stationäre Weiterbehandlung in allgemeiner Schmerzausschaltung
erforderlich. Bei dem 22-jährigen Patienten lag eine Trisomie 21
mit Polyglobulie und totalem atrioventrikulären Kanal vor. Die
Indikation zur Narkose mußte hier jedoch nicht aufgrund einer
speziellen
gestellt
Blutungsneigung
werden,
sondern
Schmerzausschaltung
dentoalveolären
im
die
ergab
Sanierung
Sinne
Gerinnungsstörung
Behandlung
sich
bei
einer
aus
fehlender
in
der
allgemeiner
erforderlichen
Kooperationsfähigkeit
des Patienten.
Tab. 4: Notwendigkeit und Bedingungen der Weiterbehandlung bezogen auf die Zahl der Patienten mit
Nachblutungen (n=711)
Nachblutungen
davon mit Blutungsneigung
(n=711)
(n=50)
Weiterbehandlung nicht erforderlich
145 (20,4%)
6 (12,0%)
Weiterbehandlung durch Hauszahnarzt
466 (65,5%)
19 (38,0%)
Weiterbehandlung klinikambulant
81 (11,4%)
14 (28,0%)
Weiterbehandlung klinikstationär
19
11 (22,0%)
In
der
Gruppe
der
stationär
(2,7%)
behandelten
Patienten
mit
einer
Blutungsneigung war der Anteil derjenigen Patienten, die auf
Veranlassung
gegenüber
des
der
Primärbehandlers
Gesamtzahl
der
die
Klinik
Nachblutungen
aufsuchten,
deutlich
erhöht:
Während insgesamt bei nur 16,5% der Patienten eine ausdrückliche
Zuleitung vorlag, wurde bei den 50 verzeichneten Patienten mit
Blutungsneigung
in
20
Fällen
(40,0%)
Klinik vom Erstbehandler veranlaßt.
die
Überweisung
in
die
28
Alle
Patienten
mit
Blutungsübeln
beliebiger
Art
wurden
zur
Gruppe der Risikopatienten gerechnet. Insgesamt konnte bei 63
von
711
Fällen
mit
Behandlungsrisiko
betrachteten
ausgegangen
50
Nachblutungen
festgestellt
Fällen,
werden
in
mußte,
(8,9%)
werden.
denen
wurden
von
13
ein
besonderes
Neben
den
vorstehend
einer
Blutungsneigung
Fälle
mit
andersartigen
Behandlungsrisiken erfaßt. Dazu gehörten in je einem Fall eine
Schwangerschaft,
multipler
einmal
Medikation,
ein
reduzierter
ein
Allgemeinzustand
Anfallsleiden,
einmal
mit
Asthma
bronchiale und der vorbeschriebene Fall einer Trisomie 21. Eine
Niereninsuffizienz lag bei drei Patienten vor. In fünf Fällen
war das Behandlungsrisiko nicht näher bezeichnet (Abb. 11).
38
Gerinnungsstörung
12
andere Blutungsneigung
Zahl
13
anderes Risiko
0
5
10
15
20
25
30
35
40
A
bb. 11: Nachblutungen: Patienten, bei denen ein besonderes Behandlungsrisiko vorlag (n=63)
Die ausgewerteten Blutungsübel waren 38 mal Gerinnungsstörungen,
davon in 22 Fällen eine Marcumarisierung, in acht Fällen eine
Leberinsuffizienz,
in
einem
Fall
lag
eine
Leukämie
vor.
Bei
sieben Patienten war die Art der Gerinnungsstörung nicht näher
bezeichnet.
Als Randgruppe im Bereich der Blutungsübel können die Patienten
mit einer nicht eingestellten Hypertonie aufgefaßt werden, denn
hier
liegt
gleichzeitig
wurde
bei
eine
die
zwölf
erhöhte
Blutungsbereitschaft
Blutgerinnung
Patienten
gestört
als
wäre.
vor,
Eine
wahrscheinliche
Nachblutung dokumentiert (Abb. 11, 12).
ohne
daß
Hypertonie
Ursache
der
29
22
Marcumarisierung
8
Leberinsuffizienz
Leukämie
1
Zahl
7
unbestimmt
0
5
10
15
20
25
Abb. 12: Nachblutungen, Fälle mit dokumentierten Gerinnungsstörungen unterschiedlicher Genese (n=38)
30
3.3. Anoperierte Patienten im engeren Sinn
Die
anoperierten
Patienten
stellten
mit
741
von
1452
Fällen
einen Anteil von 51,0% aller erfaßten Vorgänge.
3.3.1. Häufigkeit und Altersverteilung
In
der
Alters-
und
Geschlechtsverteilung
ergab
sich
ein
ähnliches Bild, wie es sich schon bei den Nachblutungen zeigte:
Die
größte
Gruppe
der
betroffenen
Patienten
war
auch
hier
zwischen 20 und 29 Jahren alt (232 Fälle bzw. 31,3%). Noch
deutlicher als bei den Nachblutungen war hier der Rückgang mit
zunehmendem Lebensalter: Es fand sich ein nahezu proportionaler
Abfall.
Der
durchgehend
Anteil
durch
der
alle
männlichen
Patienten
Altersgruppen
mit
zeigte
Ausnahme
sich,
der
bis
Neunjährigen und der über 70-jährigen, gegenüber den weiblichen
Patienten
leicht
erhöht.
Insgesamt
verteilten
sich
die
anoperierten Patienten zu 44,3% auf das weibliche und zu 55,7%
auf das männliche Geschlecht (328 gegenüber 413 Fälle) (Abb.
13).
männl. (n=413)
weibl. (n=328)
Zahl
250
ges. (n=741)
232
200
172
150
124
108
100
120
99
73
88
79
56
50
41
29 27
3
54
36
34
19 17
9 12
6
19 25
0
<10
10-19
20-29
30-39
40-49
Lebensalter /Jahre
50-59
60-69
>69
Abb. 13: In der Alters- und Geschlechtsverteilung der anoperierten Patienten zeigten sich die mittleren
Altersgruppen überrepräsentiert (n=741)
3.3.2. Einteilung und Häufigkeit der Komplikationen
Bezüglich des möglichen Verlaufs eines abgebrochenen Eingriffs
ergaben sich grundsätzlich vier Möglichkeiten: Der Zahn konnte
31
entweder komplett entfernt worden sein, es konnte eine teilweise
Entfernung mit einem entfernten Fragment und einem verbliebenen
Wurzelrest
vorliegen
verblieben.
Die
oder
vierte
der
Zahn
Möglichkeit
war
komplett
stellte
ein
in
situ
abgebrochener
zahnärztlich-chirurgischer Eingriff ohne geplante Zahnentfernung
dar bzw. eine zahnärztliche Behandlung, in deren Verlauf eine
chirurgische Intervention erst erforderlich wurde.
Die deutlich überwiegende Zahl der Fälle war der zweiten Gruppe
zuzuordnen, nämlich 380 Patienten oder 51,3% aller anoperierten
Patienten.
Die
Zahnentfernung
anderen
waren
beiden
etwa
Gruppen
gleich
stark:
mit
geplanter
Eine
komplette
Entfernung des Zahnes ging der Zuleitung in die Fachklinik in
152
Fällen
voraus
(20,5%),
ein
komplett
noch
in
situ
befindlicher Zahn konnte in 183 Fällen (24,7%) erfaßt werden.
Nur eine geringe Anzahl rein zahnärztlicher Behandlungen mußte
in der Klinik chirurgisch nachbehandelt werden: 26 Patienten
entsprechend 3,7% aller anoperierten Patienten (Abb. 14).
Zahn komplett entfernt oder
luxiert
152
380
Zahnfraktur mit Wurzelrest
183
Zahn in situ
ohne Zahnbeteiligung oder
nach nicht-chir. Eingriffen
26
0
Zahl
50
100
150
200
250
300
350
400
Abb. 14: Einteilung der möglichen Operationsverläufe bei anoperierten Patienten im Fall der versuchten
Zahnentfernung (n=741)
Von den 152 Fällen, in denen der Zahn komplett entfernt oder
komplett
in
andere
anatomische
Regionen
des
Kopfes
luxiert
wurde, war 127 mal eine MAV Grund für die Zuleitung. In acht
Fällen war diese von einer zusätzlichen Komplikation begleitet,
davon siebenmal von einer Fraktur des Tuber maxillae und einmal
von einer Luxation des kompletten Zahnes in die Kieferhöhle. In
den 25 übrigen Fällen vollständiger Zahnextraktion trat keine
MAV auf. Hier wurde in drei Fällen eine mit der Zahnentfernung
32
im
Zusammenhang
stehende
Unterkieferfraktur
diagnostiziert,
zweimal kam es zu einer Nervläsion bzw. Sensibilitätsstörungen,
in zwei Fällen wurden Zähne versehentlich extrahiert. Weitere,
die Zuleitung auslösende Komplikationen waren ein Hämatom in
sechs Fällen sowie präoperativ nicht erkannte Zysten bei drei
Patienten.
Insgesamt
Zahnentfernungen
stellte
die
in
ansonsten
der
Gruppe
der
komplikationslose
kompletten
MAV
mit
119
Fällen oder 78,3% den häufigsten Überweisungsgrund dar (Abb.
15). Bemerkenswert ist, daß aspirierte oder verschluckte Zähne
respektive
Zahnteile
oder
Instrumente
im
gesamten
Kollektiv
nicht gefunden wurden.
Zahn entfernt ohne
Besonderheit
119
7
Fraktur des Tuber maxillae
mit MAV
1
Zahn in Kieferhöhle luxiert
3
Fraktur des Unterkiefers
Nervläsion
2
versehentliche
Zahnextraktion
2
ohne MAV
6
Hämatom
3
Zyste
9
Sonderfälle
0
20
40
60
80
100
120
Abb. 15: Komplikationen bei kompletter Zahnentfernung oder -luxation bei anoperierten Patienten (n=152)
In der zweiten großen Untergruppe der anoperierten Patienten
(inkomplette Zahnentfernung mit verbliebenem Wurzelrest) gab es
grundsätzlich
Wurzelrest
zwei
noch
in
Möglichkeiten:
situ,
oder
Entweder
aber
er
befand
war
in
sich
der
benachbarte
Regionen, hier ausnahmslos die Kieferhöhle, luxiert. Ein in situ
befindlicher Wurzelrest schloß dabei eine Eröffnung des Antrums
nicht aus.
33
Von allen Patienten, die oben genannter Gruppe zuzuordnen waren,
gelangte in dem hier untersuchten Krankengut der größte Anteil,
nämlich
328
Patienten
Operationsgebiet
oder
86,3%,
befindlichen
mit
Wurzelrest
einem
in
die
noch
im
Fachklinik.
Davon war in 35 Fällen, also 10,7%, eine MAV diagnostizierbar.
In
52
Fällen
mit
luxiertem
Wurzelrest
war
dieser
in
die
Kieferhöhle gelangt.
Zusätzliche Komplikationen traten ausschließlich in Fällen ohne
Eröffnung
der
Kieferhöhle
auf:
Bei
acht
Patienten
war
eine
Schädigung von anatomischen Nachbarstrukturen erfolgt, zweimal
war ein Fremdkörper im Operationsfeld verblieben, und je einmal
war
es
im
Verlauf
des
Primäreingriffs
zu
einer
Kiefergelenkluxation und einem Hämatom gekommen. Auch in dieser
Gruppe
verlief
die
Komplikationen,
einfache
in
Mehrzahl
281
Entfernung
von
des
der
380
Fälle
Fällen
Wurzelrestes
ohne
(73,9%)
zur
zusätzliche
reichte
die
Komplettierung
des
Eingriffs aus (Abb. 16).
Wurzelrest in situ ohne
MAV
293
Wurzelrest in situ mit
MAV
35
Wurzelrest in
Kieferhöhle (mit MAV)
Zahl
52
0
50
100
150
200
250
300
Abb. 16: Verteilung der anoperierten Patienten bei Verbleib eines Zahnfragments nach dem Primäreingriff
(n=380)
Als
besonders
problemlos
stellt
sich
die
Untergruppe
mit
vollständig in situ verbliebenem Zahn dar: Von den insgesamt 183
derartigen Fällen war 173 mal die einfache Entfernung des Zahnes
zur Beendigung des Eingriffs ausreichend (94,5%). Bei lediglich
zehn
Patienten
traten
außergewöhnliche
Begleitumstände
auf;
diese bestanden zweimal in der Schädigung von Nachbarstrukturen,
einer Unterkieferfratur und einmal einer Kiefergelenkluxation.
In
einem
Fall
war
vom
Primärbehandler
nach
Setzen
der
Lokalanästhesie überhaupt nicht mit der Zahnentfernung begonnen
worden.
In
begonnene
zwei
weiteren
Extraktionen,
Fällen
sondern
handelte
es
es
eine
Wurzelspitzenresektion vor (Abb. 17).
lag
sich
nicht
um
eingeleitete
34
vor Beginn des Eingriffs
abgebrochen
1
Schädigung von
Nachbarstrukturen
2
1
Fraktur des Unterkiefers
3
Hämatom
1
Kiefergelenkluxation
Zahl
2
Wurzelspitzenresektion
0
1
2
3
Abb. 17: Staffelung der besonderen Begleitumstände (n=10) bei anoperierten Patienten im engeren Sinn
mit komplett in situ verbliebenem Zahn (n=183)
In der vierten Untergruppe der anoperierten Patienten, bei der
zunächst als nicht-chirurgische Eingriffe geplante Behandlungen
chirurgische
Patienten
Konsequenzen
zu
einem
vorbeschriebenen
hatten,
größeren
waren
Teil
Untergruppen:
die
ernster
Von
Folgen
als
in
für
den
insgesamt
26
den
drei
hier
registrierten Patienten war es in 15 Fällen zu einer Schädigung
von Nachbarstrukturen (2), zu einer Unterkieferfraktur (1), zum
Verbleib von Fremdkörpern (4), zur Kiefergelenkluxation (6) oder
zur
Nervschädigung
(2)
gekommen.
In
zwei
Fällen
wurde
die
Behandlung vor Beginn des Eingriffs abgebrochen (Abb. 18).
Bei
der
Betrachtung
der
beteiligten
Zahngruppen
bzw.
der
entsprechenden Regiones zeigte sich im Oberkiefer eine erhöhte
Häufigkeit im Bereich der Sechsjahrmolaren mit insgesamt 143
Zähnen (40,1%), gefolgt von den Zwölfjahrmolaren mit insgesamt
72 Zähnen (20,2%) und den Weisheitszähnen mit zusammen 66 Zähnen
(17,9%). Die übrigen Zahngruppen waren deutlich seltener Ursache
eines
Abfall
nicht
beendeten
vom
Prämolaren-
insgesamt
60
mal
Eingriffes
in
den
entsprechend
mit
einem
kontinuierlichen
Frontzahnbereich
16,8%,
(Prämolaren
Eckzähne
achtmal
entsprechend 2,2% und Inzisivi sechsmal entsprechend 1,7%)(Abb.
19).
35
vor Beginn des Eingriffs
abgebrochen
2
Schädigung von
Nachbarstrukturen
2
Fraktur des Unterkiefers
1
residualer Fremdkörper
4
Kiefergelenkluxation
6
2
Nervschädigung
Sonderfälle
6
fehlende Angaben
Zahl
3
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Abb. 18: Verteilung der anoperierten Patienten ohne Zahnextraktion beim Primäreingriff oder ohne primär
zahnärztlich-chirurgische Behandlungsplanung (n=26)
Zahl
77
66
47
42
22
25
23
16
12
9
18
17
16
15
14
7
13
2
1
1
2
12
11
21
22
5
23
24
25
26
27
28
Bezeichnung im Zahnschema
Abb. 19: Verteilung aller anoperierten Patienten auf die verschiedenen Zahngruppen bei Entfernung von
Einzelzähnen im Oberkiefer (n=357)
Im
Unterkiefer
dagegen
stellten
Weisheitszähne
mit
125
von
insgesamt 266 Dentes in fast der Hälfte der Fälle (47,0%) den
Anlaß der Zuleitung dar. Erste und zweite Molaren sowie zweite
Prämolaren waren etwa gleich häufig vertreten, sie stellten mit
116 Zähnen einen Anteil von zusammen 43,6%. Wie im Oberkiefer
war auch im Unterkiefer der Anteil der anterioren Zahngruppen
36
gering: Erste Prämolaren, Canini und Inzisivi wurden in nur 25
Fällen registriert (9,4%)(Abb. 20). Erwartungsgemäß waren weder
im
Ober-
noch
im
Unterkiefer
bemerkenswerte
Abweichungen
zwischen rechter und linker Seite auffällig. (Abb. 19, 20).
Zahl
70
55
24
21
20
18
19
14
9
7
5
3
48
47
46
45
44
43
0
1
0
0
42
41
31
32
33
34
35
36
37
38
Bezeichnung im Zahnschema
Abb. 20: Verteilung aller anoperierten Patienten auf die verschiedenen Zahngruppen bei Entfernung von
Einzelzähnen im Unterkiefer (n=266)
Wertete
man
im
Oberkiefer
die
Verteilung
auf
die
einzelnen
Zahngruppen getrennt nach Operationsverlauf aus, so ergab sich
ein
weitgehend
symmetrisches
Bild;
die
Aufteilung
in
die
einzelnen Gruppen entsprach annähernd ihrer Gesamthäufigkeit je
Zahn. Lediglich in der Gruppe der kompletten Zahnentfernungen
mit Verbindung zum Antrum ergab sich für die drei Molaren jeder
Seite ein relativ zur Gesamtzahl erhöhter Anteil: Während die
gesamte Gruppe mit 152 Fällen 21,3% der abgebrochenen Eingriffe
mit Zahnbeteiligung ausmachte, betrug der Anteil der Molaren
hier 30,2% (95 von 314 Zähnen)(Abb. 21).
Im Unterkiefer spiegelte die Verteilung der Einzelzähne auf die
einzelnen Gruppen ebenfalls die Gesamtverteilung wider (Abb. 21,
22). Allerdings waren Fälle mit noch in situ befindlichen Zähnen
im
Durchschnitt
Wurzelrest
etwas
gegenüber
häufiger
den
Patienten
(während
der
mit
Anteil
verbliebenem
der
erfaßten
37
Patienten von diesen beiden Gruppen 32,1% betrug, wurden 39,1%
der beteiligten Einzelzähne verzeichnet).
Zahn in situ
Zahnfraktur mit Wurzelrest
Zahn entfernt mit MAV
Zahl
54
44
29
27
23
23
19
18
16
15
12
13
12
9
9
6
3
6
3
2
18
17
16
2
1 2
0
15
14
4
1 110 010 0
13
2
0 0
2
0
23
9
7
5
7
6
3
0
0
12
11
21
22
23
Bezeichnung im Zahnschema
24
25
26
27
28
Abb. 21: Häufigkeitsverteilung aller anoperierten Patienten getrennt nach Operationsverlauf bei Entfernung
von Einzelzähnen im Oberkiefer (n=357)
Zahn in situ
Zahnfraktur mit Wurzelrest gesamt
Zahl
48
30
25
22
16
15
10
9 9
6
4
7
6
1
48
47
46
45
44
1 2
43
0 0
0 1
0 0
0 0
42
41
31
32
3 2
33
9
11
8
9 10
2
34
35
36
37
38
Bezeichnung im Zahnschema
Abb. 22: Häufigkeitsverteilung aller anoperieten Patienten nach Operationsverlauf bei Entfernung von
Zähnen im Unterkiefer (n=147)
3.3.3. Dokumentation und Umstände der Überweisung
Nahezu völlig gleichmäßig verteilte sich die erfolgte oder nicht
erfolgte Zuleitung der Patienten in die Klinik. Über alle vier
38
Gruppen verteilt lag der Anteil der ausdrücklich überwiesenen
Patienten
konstant
um
12%,
lediglich
in
der
Gruppe
ohne
Zahnbeteiligung lag er mit 15,4% geringfügig höher.
Nur in wenigen Fällen wurden dem Patienten Zahnteile mitgegeben;
in allen Gruppen war dies bei weniger als vier Prozent der
Patienten der Fall. Für die Berechnung des Gesamtanteils wurde
die Gruppe "Zahn in situ" herausgenommen, da hier die Mitgabe
von Zahnteilen per definitionem ausgeschlossen ist.
Eine Mitgabe von Röntgenaufnahmen erfolgte im Mittel in 25,4%
der Fälle. Dabei lag die Quote bei kompletter Zahnentfernung
oder
-luxation
mit
13,7%
deutlich
unter
dem
Durchschnitt,
während in den übrigen drei Gruppen der Anteil von Patienten mit
zur Verfügung stehender Röntgendokumentation bei etwa 30% lag.
Bemerkenswert
niedrig
war
die
Angabe
bezüglich
der
bereits
verabreichten Menge an Lokalanästhetika unter der Prämisse, daß
der
Primärbehandler
in
der
Regel
von
einer
weiteren
Behandlungsnotwendigkeit ausgehen mußte. Nur in durchschnittlich
4,9%
aller
anoperierten
Patienten
im
engeren
Sinne
waren
überhaupt Angaben zu diesem Komplex zu finden. Geringfügig öfter
gegenüber dem Durchschnitt waren nur in der Gruppe mit noch in
situ
befindlichem
Zahn
Angaben
zur
Lokalanästhesie-Menge
verzeichnet (12,5%)(Tab.5).
Tab. 5: Dokumentation des Primäreingriffes und Umstände der Überweisung in den verschiedenen
Untergruppen der anoperierten Patienten im engeren Sinn (n=741)
Dokumentation durch
Primärbehhandler
Zuleitung telefonisch oder persönlich
Zahnteile mitgegeben*
ohne ZahnZahn
Zahn in situ Zahnfraktur
beteiligung
komplett
mit
entfernt
Wurzelrest
(n=26)
oder luxiert
(n=380)
(n=183)
(n=152)
19 (10,4%) 48 (12,6%) 23 (15,1%) 4 (15,4%)
-
14 (3,7%)
6 (3,9%)
Röntgenbild (fremd) mitgebracht
51 (27,9%) 105 (27,6%)
25 (16,4%)
Angaben über die Menge des
verabreichten Lokalanästhetikums
19 (10,4%)
11 (2,9%)
5 (3,3%)
1
(3,8%)
gesamt
(n=741)
94 (12,7%)
21 (3,6%)
7 (26,9%) 188 (25,4%)
1
(3,8%)
36 (4,9%)
* ohne Berücksichtigung der Gruppe "Zahn in situ"; somit gilt hier n=589
3.3.4. Weiterbehandlung und Abschluß
39
In den Patientengruppen ohne komplette Zahnentfernung war nach
Beendigung des begonnenen Eingriffs in der Fachklinik in rund
der
Hälfte
aller
erforderlich.
Fälle
Eine
keine
Ausnahme
weitere
bildete
chirurgische
das
Therapie
Teilkollektiv
mit
komplett entferntem Zahn; hier mußte in nahezu sechs von zehn
Fällen
ambulant
(59,2%),
bei
nicht
ganz
einem
Viertel
der
erfaßten Patienten stationär in der Fachklinik weiterbehandelt
werden, während für die Gesamtheit der Anoperierten nur bei 334
Patienten oder 45,1% eine ambulante und bei 66 Patienten oder
8,9% eine stationäre Folgetherapie durchzuführen war (Tab. 6).
Tab. 6: Notwendigkeit und Bedingungen der Weiterbehandlung in den verschiedenen Untergruppen der
anoperierten Patienten im engeren Sinn (n=741)
Weiterbehandlung nicht erforderlich
gesamt
ohne ZahnZahn
Zahn in situ Zahnfraktur
beteiligung
komplett
mit
entfernt
Wurzelrest
(n=741)
(n=26)
oder luxiert
(n=380)
(n=183)
(n=152)
98 (53,6%) 203 (53,4%) 28 (18,4%) 12 (46,2%) 341 (46,0%)
Weiterbehandlung klinikambulant
71 (38,8%) 164 (43,2%)
90 (59,2%)
9 (34,6%) 334 (45,1%)
Weiterbehandlung klinikstationär
14 (7,7%)
34 (22,4%)
5 (19,2%)
13 (3,4%)
66 (8,9%)
Insgesamt 26 Patienten mit besonderem Behandlungsrisiko waren
auffällig. Diese verteilten sich völlig unspezifisch auf die
vier Gruppen. Unterschieden werden kann hier nach der Art des
Behandlungsrisikos:
In
einem
Fall
lag
eine
hämorrhagische
Diathese vor, in acht Fällen mußte von einem kardialen Risiko
ausgegangen werden, siebenmal lag ein Fall von Hypo-/Hypertonie
vor, dreimal bestand eine Schwangerschaft, je einmal waren eine
Allergie,
Risiko
ein
insulinpflichtiger
genannt,
und
in
vier
Diabetes
und
Fällen
lagen
ein
pulmonales
nicht
näher
spezifizierte Risiken vor (Abb. 23).
Insgesamt kann festgestellt werden, daß die überwiegende Mehrzahl aller in der Zahnarztpraxis abgebrochenen Eingriffe auf
eine versuchte oder unvollständig durchgeführte Zahnentfernung
zurückgeführt werden konnte. Dabei war hinsichtlich des behandelten Klientels keine Negativauswahl zu beobachten: Mehrheitlich handelte es sich um Patienten ohne besonderes Behandlungs-
40
risiko, bei denen der Eingriff ohne weitere Komplikationen in
der Fachklinik ambulant beendet werden konnte und die anschlie-
Hämorrhagische
Diathese
1
8
Kardiales Risiko
7
Hyper-/Hypotonie
3
Schwangerschaft
Allergie
1
Diabetes mellitus
1
Pulmonales Risiko
1
Zahl
4
Sonstiges Risiko
0
2
4
6
8
10
Abb. 23: anoperierte Patienten mit besonderem Behandlungsrisiko (n=26)
ßend
unverzüglich
zurückgeleitet
insbesondere
zur
weiteren
wurden.
bei
Bei
jenen
Betreuung
einer
ohne
kleinen
zum
Primärbehandler
Gruppe
vorausgegangene
von
oder
Fällen,
versuchte
Zahnentfernung, ist die Komplikationsrate sehr viel höher, ohne
daß
dies
häufiger
Dokumentation
mit
seitens
einer
des
deutlich
umfangreicheren
Primärbehandlers
einhergeht.
Sicherlich ist hier die Fallzahl mit 26 Patienten zu gering, um
statistisch gesicherte Ergebnisse erreichen zu können (Tab.5).
Durchgehend war die Dokumentation eher spärlich; in keiner der
vier spezifizierten Gruppen wurden mehr als 15% der Patienten
telefonisch angemeldet, in den beiden Gruppen mit vollständiger
oder unvollständiger Zahnentfernung wurden in jeweils weniger
als 5% Zahnteile mitgegeben. Wesentlich häufiger brachte der
Patient
Röntgenbilder
bei;
Patientengruppe
mit
während
verbliebenem
bei
noch
der
in
Anteil
situ
erreichte
hier
verbliebenem
Zahn
Wurzelrest
bzw.
in
der
27,9%,
kompletter
Zahnentfernung in 27,6% bzw. 16,4% der Fälle Röntgenaufnahmen
vorlagen. Bei Eingriffen ohne Zahnbeteiligung waren in sieben
41
von 26 Fällen röntgenologische Unterlagen des Primärbehandlers
verfügbar.
Angaben
über
Menge
oder
Art
des
primär
verabreichten
Lokalanästhetikums waren in Fällen noch in situ befindlicher
Zähne mit 10,4% etwa dreimal so häufig wie in den übrigen drei
Gruppen (zwischen 2,9% und 3,8%)(Tab. 5).
42
3.4. Kasuistiken
Die
in
diesem
Abschnitt
ausgewählten
Fälle
entstammen
ausnahmslos der Gruppe der anoperierten Patienten im engeren
Sinn.
Sie
verdeutlichen
anamnestischen,
das
Spektrum
therapeutischen
der
und
beobachteten
dokumentatorischen
Besonderheiten.
Im ersten Fall handelte es sich um einen 33-jährigen Mann, der
sich
am
Morgen
des
ersten
postoperativen
Tages
nach
der
Extraktion bzw. dem Versuch der operativen Entfernung der Zähne
17 und 18 in der kieferchirurgischen Ambulanz vorstellte. Er
erschien ohne telefonische Anmeldung in Begleitung seiner Mutter
und
klagte
Bereich
über
des
heftige
Schmerzen
Operationsgebietes.
im
Eine
rechten
Oberkiefer
Zuleitung
durch
im
den
Primärbehandler war nicht erfolgt, es lag keine Dokumentation
bezüglich des Operationsverlaufes oder der Menge bzw. Art des
verwendeten
Lokalanästhetikums
reduzierter
Restzahnbestand
rechten
vor.
mit
frischem
Oberkiefer-Molarenbereich
zerstörtem
Zahn
18.
Eine
Klinisch
bei
angefertigte
zeigte
sich
Operationssitus
anextrahiertem,
ein
im
koronal
Panoramaschichtaufnahme
ergab einen parodontal geschädigten, zerstörten Zahn 18 sowie
eine metalldichte Verschattung im Bereich der distalen Wurzel
des zweiten Molaren im Sinne eines frakturierten rotierenden
Instruments.
Nebenbefundlich
war
ein
retinierter
Zahn
48
auffällig (Abb. 24). Aufgrund des reduzierten Allgemeinzustandes
wurde
der
Patient
stationär
aufgenommen.
In
allgemeiner
Schmerzausschaltung erfolgte die Osteotomie des Zahnes 18 sowie
die
Entfernung
des
Instrumentenfragments.
Nach
komplikationslosem Verlauf konnte der Patient fünf Tage später
entlassen werden.
43
Abb. 24: Deutlich zu erkennender Fremdkörper in Regio 27 sowie zerstörter und parodontal geschädigter
Zahn 28 bei einem 33-jährigen anoperierten Patienten
Im
zweiten
Stunden
Fall
nach
ausdrücklich
stellte
dem
sich
die
Primäreingriff
überwiesen
15-jährige
vor.
worden
Sie
mit
Patientin
war
der
vom
zwei
Behandler
Empfehlung,
die
Fachklinik unverzüglich aufzusuchen und legte einen mitgegebenen
Kurzbrief vor, der den Operationsverlauf skizzierte. Bei dem
Versuch, einen verlagerten Zahnkeim 28 zu entfernen, war der
Zahn um 180 Grad gedreht und nach kranial luxiert worden. Der
klinische
Befund
einhergehend
zeigte
mit
eine
einer
Schneidekantendistanz).
ausgeprägte
Wangenschwellung,
Mundöffnungsbehinderung
Intraoral
lag
eine
frische
(20
mm
Wunde
im
Bereich 26 bis 28 ohne klinischen Hinweis auf eine MAV vor. Die
Röntgendiagnostik
zwei
Ebenen
Posterior-anterior-Aufnahmen)
zeigte
paramaxillären,
in
retrotubären
(Fernröntgen-Seiteinen
Weichteile
hoch
verlagerten
in
Germ
und
die
28
(Abb. 25, 26). Nach dem vergeblichen Versuch, den Zahn unter
lokaler Schmerzausschaltung mittels Spreizung der frischen Wunde
zu
entfernen,
Folgetag
wurde
konnte
die
unter
Patientin
allgemeiner
stätionär
aufgenommen;
Schmerzausschaltung
am
der
Zahnkeim 28 komplikationslos ohne Eröffnung des Antrums entfernt
werden. Die Entlassung erfolgte drei Tage post operationem mit
reizlosen
Wundverhältnissen.
Die
ambulante
Betreuung erfolgte beim Primärbehandler.
postoperative
44
Abb. 25: Fernröntgen-Seitaufnahme der 15-jährigen Patientin mit hoch luxiertem Zahnkeim 28 nach
Versuch der operativen Entfernung (vgl. Abb. 26)
Abb. 26: Schädelaufnahme in sagittaler (okzipito-naso-mentaler) Projektion des hoch in die Weichteile
luxierten Zahnkeims 28 bei einer 15-jährigen Patientin (vgl. Abb. 25)
45
Im
dritten
Fall
erschien
ein
27-jähriger
Mann
am
Tag
des
Primäreingriffs nach telefonischer Anmeldung und Schilderung des
Hergangs durch den Primärbehandler in der Fachklinik: Bei dem
Versuch der Entfernung des Zahnes 27 war eine Tuberfraktur mit
Mobilität der Zähne 27-28 und MAV eingetreten. Der klinische
Befund zeigte eine livide verfärbte vestibuläre und palatinale
Schleimhaut im Operationsgebiet bei noch in situ befindlichem
Zahn
27,
die
entsprechenden
Zähne
27
und
knöchernen
28
waren
Abschnitte
des
einschließlich
der
Alveolarfortsatzes
mobil bei positivem Nasenblasversuch (Abb. 27). Eine zunächst
versuchte Schienung des gesamten Fragments mittels Drahtligatur
zeigte
keinen
Erfolg,
Schmerzausschaltung
so
entfernt
daß
der
wurde.
Zahn
27
in
Gleichzeitig
allgemeiner
erfolgte
bei
perioperativer Antibiose ein dichter Verschluß der MAV durch
plastische
Deckung.
stationäre
Behandlung
Tag
konnte
der
Am
fünften
postoperativen
abgeschlossen,
Patient
nach
am
elften
Tag
wurde
die
postoperativen
Nahtentfernung
in
Weiterbetreuung durch den Hauszahnarzt entlassen werden.
Abb. 27: Ausschnitt des Orthopantomogramms eines 27-jährigen Patienten mit durch Drahtligatur
versorgter Fraktur des Tuber maxillae und noch vorhandenen Zähnen 27, 28.
die
46
Im vierten Fall stellte sich ein 60-jähriger Patient am Tag der
Extraktion des Zahnes 38 nach telefonischer Ankündigung durch
den
Erstbehandler
unter
Vorlage
eines
schriftlichen
Kurzberichtes über den Behandlungsverlauf in der Ambulanz vor.
Der
Überweisungsgrund
diagnostizierte
war
eine
vom
Unterkieferfraktur
Primärbehandler
infolge
der
komplett
erfolgten Extraktion. Der Befund zeigte neben einem reduzierten
Allgemeinzustand
extraoral
einen
erheblichen
Druckschmerz
in
Regio 38, eine schmerzhafte Mundöffnungseinschränkung sowie eine
pathologische
Unterkieferbeweglichkeit.
Intraoral
war
eine
ausgedehnte, frische Osteotomiehöhle Regio 38 sichtbar mit einer
in
situ
befindlichen
Röntgendiagnostik
ließ
einen
Tamponade.
(Orthopantomogramm,
ausgedehnten
Die
angefertigte
Clementschitsch-Aufnahme)
Knochendefekt
in
Regio
38
mit
eindeutiger Darstellung einer Konturunterbrechung anterior des
Kieferwinkels erkennen (Abb. 28).
Abb. 28: 60-jähriger Patient mit dislozierter Fraktur des Unterkiefers in Regio 38; deutlich zu erkennen ist
die ausgedehnte Knochenwunde sowie der Frakturspalt im Bereich des Kieferwinkels
Nebenbefundlich
festsitzend
imponierten
prothetisch
ein
versorgter
zahnloser
Oberkiefer,
Unterkiefer
mit
ein
apikaler
Aufhellung am Zahn 46 sowie ein tief retinierter Zahn 48. Nach
stationärer
Aufnahme
erfolgte
am
gleichen
Tag
unter
perioperativer Antibiose in allgemeiner Schmerzausschaltung die
Frakturversorgung
mittels
Drahtnaht
und
intermaxillärer
47
Fixation.
Die
insuffiziente
vierten
Tag
allgemeiner
postoperative
Aufhängung
nach
der
Röntgendiagnostik
zeigte
Obekieferprothese,
Erstvorstellung
Schmerzausschaltung,
eine
Revision,
erforderlich
so
eine
daß
am
wiederum
in
war.
Elf
Tage
postoperativ konnte der Patient aus der stationären Behandlung
entlassen werden, weitere 14 Tage später erfolgte die Aufhebung
der
intermaxillären
Patient
rechtliche
Fixation.
Schritte
In
diesem
gegen
den
Fall
unternahm
der
Primärbehandler:
Der
Vorwurf lautete auf unterlassene Aufklärung. Der Ausgang des
Verfahrens ist nicht dokumentiert.
Im fünften Fall erschien der 28-jährige Patient in Begleitung
seines Hauszahnarztes sowie einer Zahnarzthelferin unmittelbar
nach dem geplanten, aber nicht durchgeführten Primäreingriff in
der Fachklinik. Der Behandler hatte, zwei Wochen nach frischer
Übernahme seiner Praxis, eine vom ehemaligen Praxisinhaber zu
Spülzwecken mit Natriumhypochloridlösung gefüllte Carpule, die
den Aufdruck des in der Praxis verwendeten Lokalanästhetikums
trug, irrtumlich als Lokalanästhetikum injiziert. Geplant war
eine
Extraktion
Behandler
legte
angegeben
betroffenen
im
linken
den
wurden
Obekiefer-Seitenzahnbereich.
Sachverhalt
sofort
unerträgliche
Region.
Nach
offen.
Vom
Schmerzzustände
mehrmaliger
Der
Patienten
in
der
klinikambulanter
Nachkontrolle war er beschwerdefrei. Der Patient sah in diesem
Fall von einer gerichtlichen Klärung des Sachverhaltes ab, es
blieb bei der Anfertigung eines Befundberichts.
48
4. Diskussion
4.1. Gesamtheit der anoperierten Patienten
Die Häufigkeit anoperierter Patienten in der kieferchirurgischen
Ambulanz
ist
mit
3,0%
aller
Behandelten
so
groß,
daß
diese
Situation zu den alltäglich vorkommenden Ereignissen zu zählen
ist.
Der Grund für das Aufsuchen der Fachklinik ist in aller Regel
eine
auftretende
durchgeführten
vermutende
Komplikation
oder
im
versuchten
relative
Häufung
Zusammenhang
mit
Zahnentfernung.
mit
steigendem
einer
Eine
zu
Lebensalter,
entsprechend einem Anstieg der Allgemeinerkrankungen und somit
einem Anstieg des Behandlungsrisikos (BREIER u. AHRBERG 1991,
KIRCH 1986), findet sich nicht.
Die
Art
der
aufgetretenen
Komplikationen
deckt
das
gesamte
Spektrum der in der entsprechenden Literatur angegebenen intraund
postoperativen
SCHRAMM-SCHERER
Nachblutungen
Zwischenfälle
1989):
mit
49%
Die
der
Mund-Antrum-Vebindungen
und
ab
(MÜLLER
größte
Fälle,
1990,
Gruppe
gefolgt
sogenannten
TETSCH
stellen
von
u.
die
Zahnfrakturen,
Lokalanästhesieversa-
gern, die, wenn auch schwer exakt nachzuhalten, etwa in der im
Schrifttum angegebenen Inzidenz erfaßt wurden; hier waren es
7,6%, von FLEINER u. TERHEYDEN (1991) werden 5-10% angegeben.
Als Grund für eine erfolglose Lokalanästhesie wird nicht die
mögliche
Unwirksamkeit
des
Lokalanästhetikums,
sondern
das
Vorliegen lokaler anatomischer oder aber medizinischer Ursachen
angegeben (MACHTENS 1985, SCHÖN 1989, WONG u. JACOBSEN 1992).
Der in 31 Fällen registrierte Überweisungsgrund "Kollaps" muß
als vasovagale Synkope im Zusammenhang mit der Lokalanästhesie
gewertet
aufgrund
werden
(HIDDING
intravasaler
u.
KHOURY
Injektion
1992),
oder
möglicherweise
falsch
gewählter
Lokalanästhesie-Menge und -Zusammensetzung (KNOLL-KOHLER 1991,
MACHTENS 1991, SCHRAMM-SCHERER et al. 1988)).
Ein Anteil von 61,4% an ausdrücklich überwiesenen Patienten,
davon
33,5%
aufzusuchen,
mit
der
ist
Empfehlung,
durchaus
unverzüglich
positiv
zu
die
Fachklinik
sehen
unter
Berücksichtigung der Tatsache, daß über 48% der Patienten an
Nachblutungen
litten,
von
deren
Eintreten
der
Erstbehandler
nicht primär ausgehen konnte. Allerdings wäre in Fällen, bei
49
denen
der
Primärbehandler
möglicherweise
die
Versorgung
der
Nachblutung nicht selbst übernehmen konnte, die Mitgabe eines
entsprechenden Merkblatts sinnvoll gewesen, aus dem der Patient
das
Procedere
bei
etwaig
auftretenden
postoperativen
Komplikationen eindeutig hätte entnehmen können. Die persönliche
Begleitung des Patienten durch den Verursacher der Komplikation
kann durchaus sinnvoll sein, insbesondere in Fällen arterieller
Blutung
oder
in
speziellen
Situationen
wie
der
des
fünften
Falles in Abschnitt 4: Dort war durch die persönliche Führung
des Patienten durch Behandler und Helferin und die rückhaltlose
Offenlegung der Umstände des Zwischenfalles (submuköse Injektion
von
Natriumhypochloridlösung)
Aufsicht
über
den
Allgemeinbefinden
einerseits
Patienten
gewährleistet,
Vertrauensverhältnis
die
mit
ununterbrochene
bereits
andererseits
Arzt-Patient
erhalten
reduziertem
aber
wohl
geblieben,
so
das
daß
letztlich eine juristische Auseinandersetzung abgewendet werden
konnte.
Bezüglich der vom Erstbehandler übermittelten Dokumentation sind
in jeder Hinsicht Defizite festzustellen: Weder der Anteil von
nur in 20,2% der Patienten mitgegebenen Röntgenaufnahmen, noch
die
Dokumentation
Lokalanästhesiemenge
des
Hergangs
(2,8%)
kann
und
der
befriedigen.
eingesetzten
Unter
Umständen
ist als Ursache zu sehen, daß der Primärbehandler aufgrund der
Geringfügigkeit des Eingriffs überhaupt nicht mit Komplikationen
gerechnet
hat,
insbesondere
in
Fällen
kompletter
Zahnentfernungen ohne intraoperative Komplikationen, bei denen
postoperativ Nachblutungen auftraten.
Daß es sich in der großen Mehrzahl um unkritische Routinefälle
handelte, zeigt einerseits der große Anteil von Patienten, die
direkt
nach
Komplettierung
des
Eingriffs
in
die
hauszahnärztliche Betreuung zurückgeleitet werden konnten. Auch
im Fall der klinikambulanten Nachsorge handelte es sich in der
Regel
um
typische
Wundkontrollen,
posttherapeutische
Nahtentfernungen
auch
die
(7,8%)
eine
Bestätigung
für
stationärer
Aufnahme
und
erster
Linie
mit
Therapie
(5,8%),
die
in
geringe
Spülungen.
bildet
Verläufe
relativ
oder
Anzahl
diese
Maßnahmen
von
These.
Andererseits
Risikopatienten
Auf
die
umfangreicher
aus
wie
der
wenigen
weiterer
Gruppe
der
50
anoperierten Patienten im engereren Sinn stammten, wird dort
näher eingegangen.
51
4.2. Nachblutungen
Von den insgesamt 711 erfaßten Nachblutungen (49,0% aller Fälle)
waren 33,1% aus der Altersgruppe zwischen 20 und 29 Jahren. Dies
entspricht dem Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtzahl der
Fälle. Auch in den übrigen Altersgruppen ist die Verteilung auf
die
entsprechenden
Jahrgänge
fast
deckungsgleich
zur
Altersverteilung des Gesamtkollektivs. Lediglich die 30- bis 39jährigen sind etwas unterrepräsentiert (16,9% in der Gruppe der
Nachblutungen
Bereich
gegenüber
der
Gesamtheit
Ansicht
20,2%
Nachblutung
der
kein
im
liegt,
anoperierten
relativer
Gesamtkollektiv).
wie
schon
Patienten,
Schwerpunkt
bezogen
entgegen
auf
Auch
den
auf
im
die
einschlägiger
älteren
bzw.
hochbetagten Patienten. Möglicherweise sind hier ausgleichende
Effekte
für
die
beispielsweise
jüngeren
gleichmäßige
eine
erhöhte
Altersgruppen
Verteilung
verantwortlich,
postoperative
gegenüber
Aktivität
einer
größeren
wie
in
den
Zahl
von
Patienten mit Blutungsneigung in den hohen Altersgruppen. Gerade
das postoperative Verhalten des Patienten mit der Einhaltung
oder
Nichteinhaltung
von
Vehaltensrichtlinien
entzieht
sich
leider weitgehend der validen Erfassung.
Zahnextraktionen
ohne
begleitende
intra-
oder
postoperative
Komplikationen waren in der großen Mehrzahl der Fälle Ursache
einer
Nachblutung
(93,7%
der
Nachblutungen,
45,9%
im
Gesamtkollektiv). In nur 20 Fällen lag dabei eine zusätzliche
Komplikation vor. Dies scheint zunächst nicht plausibel, bedingt
doch eine zusätzliche Komplikation in der Regel eine größere
Ausdehnung des Wundgebietes. Eine mögliche Erklärung für diesen
Widerspruch
operativen
ist
die
größere
Wundversorgung
bei
operative
Auftreten
Sorgfalt
einer
bei
der
Komplikation,
während bei unauffälligem Verlauf des Eingriffs auf präventive
Maßnahmen
der
ausgesprochen
Blutstillung
geringe
Inzidenz
extraktionskorrelierten
geringen
Anteil
von
häufiger
von
Eingriffen
Risikopatienten
verzichtet
Nachblutungen
(n=45)
mit
(n=2)
hat
wird.
Die
nach
nicht
einem
sehr
ihre
Ursache
möglicherweise in der exakteren Patientenführung innerhalb eines
therapeutischen Gesamtkonzeptes bei diesen Eingriffen. So werden
Parodontaltherapien,
mukogingivalchirurgische
Eingriffe
und
Stumpfpräparationen (27 von 45 Fällen in dieser Gruppe) in der
Regel
im
Rahmen
eines
umfassenden
Behandlungsplans
bei
dem
52
Behandler über längere Zeit bekannten Patienten durchgeführt,
während
Zahnentfernungen
häufiger
als
alleinige
Therapie
mit
entsprechend weniger intensivem Kontakt zwischen Behandler und
Patient stattfinden.
Die Verteilung der Nachblutungen auf die einzelnen Zahngruppen
zeigt
eine
besondere
Häufung
im
Ober-
und
Unterkiefer-
Molarenberich (77,6% aller dokumentierten Zähne), was angesichts
der
größeren
Wundfläche,
komplizierteren
Anatomie
des
schwierigeren
der
Zähne
mit
Zugangs
entsprechend
und
der
größerem
operativen Aufwand nicht überrascht (CHIAPASCO et al. 1993, MAY
u. CONTRERAS 1989). Die in diesem Zusammenhang zu erwartende
Häufung von Nachblutungen bei den dritten Molaren findet sich
jedoch allenfalls im Unterkiefer, wo allerdings der erste Molar
mit
nahezu
gleicher
Frequenz
vertreten
ist.
Im
Oberkiefer
hingegen führt die Entfernung des ersten Molaren mit Abstand am
häufigsten
zur
Nachblutung.
Die
mögliche
Erklärung
über
die
große Wundfläche des ersten oberen Molaren als kräftigstem Zahn
im Oberkiefer ist nicht haltbar angesichts der Tatsache, daß
erste und zweite Molaren im Ober- und Unterkiefer mit 440-450
mm2 nahezu identische Wurzeloberflächen aufweisen (SCHUMACHER
1983).
Hinzu
beobachteten
Abbau
kommt
Umstand,
Altersgruppe
unterliegen,
dritte
der
Molaren
was
nicht
daß
häufig
die
erste
bereits
Wundfläche
selten
retiniert
Molaren
einem
der
parodontalen
verkleinert,
bzw.
in
sogar
wogegen
impaktiert
sind, was die Wundfläche zusätzlich vergrößert (TETSCH u. WAGNER
1982).
Die zeitliche Staffelung des Eintreffens des Patienten in der
Klinik entspricht mit einer Häufung in dem Intervall zwischen
sechs und 24 Stunden post operationem (65,4%) den Angaben in der
Literatur
zur
frühen,
gefäßverengenden
in
Wirkung
der
des
Regel
durch
Nachlassen
der
Lokalanästhesie-Zusatzes
und
reaktiver Hyperämie im Operationsgebiet verursachten Nachblutung
(KIRCH
1986,
MACHTENS
1985,
MÜLLER
1990).
Von
den
wenigen
Fällen, in denen unmittelbar im Anschluß an den Eingriff die
Klinik
aufgesucht
wurde
(n=8),
war
zweimal
der
Patient
vom
Primärbehandler begleitet, in weiteren 30 Fällen der früh in der
Klinik vorstelligen Patienten ging eine telefonische Ankündigung
dem
Erscheinen
voraus.
In
aller
Regel
jedoch
fand
keine
Kommunikation zwischen Erstbehandler und Fachklinik statt, mit
53
Ausnahme der 117 Fälle, in denen Hinweise auf eine schriftliche
Dokumentation vorlagen. Diese Verteilung läßt den Schluß zu, daß
die
direkte
mögliche
postoperative
Blutstillung
Blutung
den
bzw.
eine
bezüglich
primär
der
nicht
geforderten
Patientenführung weniger kritischen Fall darstellt, da hier die
Betreuung
des
unterbrochen
Patienten
wird.
Eine
durch
medizinisches
unsichere
Situation
Personal
liegt,
nicht
und
hier
handelt es sich um die Mehrzahl der Fälle, immer dann vor, wenn
eine vom Primärbehandler nicht erwartete Blutung erst Stunden
postoperativ
auftritt
Hinweise
der
mit
und
der
Komplikation
Patient
ohne
konfrontiert
entsprechende
wird,
meist
nach
Dienstende der Praxis des Primärbehandlers ohne die Möglichkeit
telefonischer Rücksprache. Daß in diesen Fällen in der Regel
keine nachteiligen Folgen für den Patienten entstehen, zeigt die
große
Zahl
der
nach
lokaler
Blutstillung
nicht
mehr
behandlungspflichtigen oder rückgeleiteten Patienten in dieser
Studie mit 611 von 711 Fällen. Andererseits wohnt diesem Fall
ein
beträchtliches
erhöhten
oder
Anteil
sogar
Risiko
der
inne,
was
Risikopatienten
klinikstationär
belegt
unter
wird
den
durch
den
klinikambulant
weiterbehandelten
Patienten.
Besonders drastisch zeigt sich die Problematik in einem Fall, in
dem
ein
40-jähriger
Patient
nach
völlig
komplikationsloser
Zahnextraktion zuhause kollabierte und mit dem Rettungswagen mit
schwerer
Nachblutung
notfallmäßig
eingeliefert
wurde.
Eine
stationäre Betreuung des Patienten mit entsprechender Diagnostik
zeigte allerdings keine manifeste Blutgerinnungsstörung.
Gerade
die
Tatsache,
möglicherweise
zu
Anamneseerhebung,
daß
einer
Aufklärung
diese
Fälle
gewissen
und
selten
sind,
führt
Vernachlässigung
Instruktion
der
insbesondere
bei
Patienten, die nur einmalig in der Praxis behandelt werden.
Zusätzlich
ist
Patientengut
nicht
unter
den
auszuschließen,
ambulant
daß
im
ausgewerteten
komplikationslos
versorgten
Patienten solche mit einer nicht bekannten oder nachgefragten,
aber
vorhandenen
Diagnose
einer
Blutungsneigung
Gerinnungsstörung
waren.
Die
notwendige
zur
sicheren
Labordiagnostik
(BREIER u. SCHULTE 1991) wird jedoch im Klinikambulanzbetrieb
bei
unauffälligem
durchgeführt.
postoperativen
Verlauf
in
der
Regel
nicht
54
Zur Vermeidung von Zwischenfällen soll die immer wieder erhobene
Forderung
der
sensiblen
blutungsgefährdeten
Patientenführung
Patienten
hier
nicht
insbesondere
verschwiegen
bei
werden:
Nach RAMSTRØM et al. (1989) kann dadurch sowohl die Inzidenz von
Nachblutungen verringert als auch die Liegedauer bei stationärer
Therapie
verkürzt
werden.
Dies
und
die
Verwendung
von
Fibrinkleber hat nach RAKOCZ et al. (1993) bei Patienten mit
Koagulopathien unterschiedlicher Genese in mindestens 88% der
Fälle
eine
empfiehlt
solchen
Nachblutung
daher
trotz
Systems
primär
der
in
hohen
Praxen
verhindert.
Kosten
mit
die
MÜLLER
(1990)
Vorhaltung
eines
zahnärztlich-chirurgischem
Schwerpunkt.
Zusammenfassend
gefordert
sollte
werden,
zur
daß
Vermeidung
gerade
bei
von
Zwischenfällen
Routineeingriffen
eine
sorgfältige Anamneseerhebung stattfindet. Bei anamnestisch sich
offenbarenden
Risiken,
insbesondere
Blutungsübels,
ist
Behandlung
die
hinsichtlich
in
eines
Einrichtungen
mit
entsprechender Ausstattung zu empfehlen. Im Falle primär nicht
möglicher Blutstillung sollte der Patient mit allen vorhandenen
Informationen
in
die
Fachklinik
überwiesen
werden
(BARSEKOW
1990). In allen Routinefällen sollten dem Patienten z.B. mittels
eines
entsprechenden
gestellt
werden,
verhalten
falls
die
hat
und
wie
Merkblatts
er
wohin
ansonsten
sich
er
im
sich
Informationen
Falle
einer
zur
Nachblutung
gegebenenfalls
selbstverständliche
Primärbehandler nicht gewährleistet ist.
Verfügung
wenden
Nachsorge
zu
kann,
durch
den
55
4.3. Anoperierte Patienten im engeren Sinn
Von 1452 erfaßten Patienten waren 741 anoperierte Patienten im
engeren
Sinn,
das
heißt
ohne
den
Grenzfall
der
Nachblutung.
Bezüglich der Altersverteilung ist, wie bei den Nachblutungen,
eine
Häufung
in
der
Altersgruppe
von
20
bis
29
Jahren
festzustellen, auch hier findet sich keine relative Häufung der
höheren Lebensalter. Ebenfalls zeigt sich eine leichte Dominanz
der männlichen Patienten mit 55,7% der Fälle.
Die
häufigste
Teilgruppen
Komplikation
der
über
anoperierten
alle
vier
Patienten
unterschiedenen
war
der
verbliebene
Wurzelrest als Folge der Zahnentfernung mit 380 Fällen (51,3%).
Unabhängig von der Frage, ob dabei eine MAV eingetreten war oder
sogar ein Zahnfragment in die Kieferhöhle luxiert worden war,
verhielten
sich
Überweisung
in
die
die
Primärbehandler
Klinik
völlig
mit
der
richtig,
rechtzeitigen
indem
sie
den
Empfehlungen CAPLINs (1989) folgten, den Patienten rechtzeitig
vor
Eintritt
weiterer
Komplikationen
einer
Behandlungseinrichtung mit umfassenderem Hintergrund zuzuleiten.
Dies gilt sicher auch für die MAV ohne verbliebenen Wurzelrest
(hier in 127 Fällen dokumentiert), denn es ist zwar nach AWANG
(1988)
durchaus
ein
Spontanverschluß
in
wenigen
Fällen
zu
erwarten, dies stellt jedoch keinesfalls die Regel dar. Fußend
auf mikrobiologischen Grundlagenuntersuchungen, nach denen eine
Infektion der Kieferhöhle eine Stunde post operationem sicher
eingetreten
ist
und
sechs
Stunden
post
operationem
zu
einer
inflammatorischen Antwort führt (SCHULZ et al. 1989, WAHL et al.
1988),
ist
es
außerhalb
jeder
Diskussion,
daß
Mund-Antrum-
Verbindungen möglichst unverzüglich nach ihrer Entstehung primär
verschlossen werden sollten (ARNDT 1989, AWANG 1988), um die
Wahrscheinlichkeit
einer
purulenten
Sinusitis
zu
minimieren
(SCHMELZEISEN et al. 1988). Werden bei der Eröffnung einer MAV
Zahnfragmente, meistens Wurzelreste (hier in 52 Fällen), oder
ganze Zähne (ein Fall) in die Kieferhöhle luxiert, so ist es
unstreitig, daß der Fremdkörper möglichst schnell entfernt und
die Perforation dicht verschlossen werden muß (BIRKE u. KEIL
1988).
Unter
forensischen
Aspekten
ist
gerade
bezüglich
der
Antrumperforationen besondere Umsicht geboten; so betont SELLE
(1988) ausdrücklich die Pflicht des Zahnarztes zur Erkennung
einer MAV und zur unverzüglichen Überweisung in entsprechende
56
Einrichtungen,
wenn
er
selbst
nicht
über
die
nötigen
instrumentellen und personellen Voraussetzungen zur Schließung
der Perforation in der eigenen Praxis verfügt. Andere Autoren,
auch
juristischer
Provenienz,
machen
ebenfalls
auf
diesen
Sachverhalt aufmerksam (FRANZKI 1991, REICH 1992).
Die
Tatsache,
daß
entsprechenden
im
vorliegenden
juristischen
Krankengut
Konsequenzen
kein
begleiteter
von
Fall
dokumentiert ist, spricht für deren Seltenheit.
Der einzige hier vorliegende Fall mit gerichtlichem Ausgang ist
der
vorstehend
infolge
einer
geschilderte
operativen
Kasus
einer
Zahnentfernung,
Unterkieferfraktur
wie
er
auch
in
der
einschlägigen Literatur genannt wird (CHIAPASCO et al. 1993,
MERCIER
u.
PRECIOUS
1992),
und
wie
er
immmer
wieder
in
Kasuistiken geschildert wird (HARTEL et. al. 1988, LITWAN u.
GOTZFRIED 1987). Der hier aktenkundig gewordene Patient hat den
Zahnarzt aufgrund unterlassener Aufklärung angezeigt.
Weitere seltene Zwischenfälle wie Nervschädigungen, Schädigung
anatomischer
Nachbarstrukturen,
Hämatome,
verbliebene
Fremdkörper sowie Kiefergelenkluxationen sind etwa mit der in
der
Literatur
angegebenen
Häufigkeit
vertreten
(REICH
u.
SCHULTZE-MOSGAU 1992, SHIRATSUCHI et al. 1987, SONNENBURG u.
LOWE 1989). Ob ein Hämatom durch den Eingriff selbst oder durch
die vorhergehende Lokalanästhesie verursacht wurde (KRÜGER u.
NEHSE 1991), kann aus dem Datenmaterial nicht entnommen werden.
Eine Besonderheit, hier ohne gerichtliche Folgen, stellt sicher
der
Fall
mit
versehentlicher
Injektion
von
Natriumhypochloridlösung dar; in der jüngeren Literatur war nur
ein ähnlich gelagerter Fall dokumentiert, dort allerdings im
Zusammenhang mit einer Wurzelkanalspülung (NAEVERT u. SWINDLE
1980).
Besonders im Fall des anoperierten Patienten, der ja noch in der
Praxis des Primärbehandlers als solcher auffällt und aufgrund
oben beschriebener medizinischer und forensischer Risiken als
kritisch zu gelten hat, ist eine ausdrückliche Überweisung in
die
Fachklinik,
Mitgabe
aller
eine
lückenlose
relevanten
Dokumentation
Unterlagen
nebst
einschließlich
bereits
entfernter
Zahnteile im Grunde selbstverständlich. Dieses gilt vor allem
auch vor dem Hintergrund, daß eine sorgfältige postoperative
57
Betreuung bereits seit den Anfängen der zahnärztlichen Chirurgie
gefordert wird (KOECKER 1828).
Daß dennoch nur jeder vierte Patient ein Röntgenbild mitbrachte,
jeder achte telefonisch oder persönlich zugewiesen wurde und
jeder 20. Angaben über vorausgegangene Lokalanästhesie in die
Fachklinik mitbrachte, ist sicherlich nicht Ausdruck mangelnder
Kenntnisse
der
überweisenden
Behandler,
wie
die
gute
Dokumentation in vielen Fällen zeigt.
Es muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß in einer großen
Zahl
von
Routinefällen
aufgrund
der
auftretenden
die
Einfachheit
schweren
postchirurgische
der
Situation
Zwischenfälle
und
einfach
zu
Komplikation
der
selten
wenig
bedacht
wird.
Zusammenfassend kann also als Empfehlung ausgegeben werden, daß
im Falle eines, wie oben gezeigt, durchaus in den Bereich des
Normalen
gehörenden
Therapie
der
Patienten
Fachklinik
aufzeigt,
mit
Abbruchs
Erstbehandler
nach
vollständiger
überweisen
ist
einer
dort
umfassender
Dokumentation
sollte.
in
zahnärztlich-chirurgischen
Wie
aller
die
Regel
Aufklärung
frühzeitig
vorliegende
eine
in
den
die
Studie
komplikationslose
Beendigung der chirurgischen Maßnahme möglich. Der Patient kann
danach
unmittelbar
zurückgeleitet
in
werden,
die
Betreuung
ohne
daß
durch
das
den
Hauszahnarzt
Vertrauensverhältnis
zwischen Arzt und Patient Schaden nimmt. In Fällen, bei denen
zwar nicht von einer postoperativen Komplikation auszugehen ist,
diese aber im Bereich des Möglichen liegt, sollte der Patient in
Form eines Merkblattes zu jedem Zeitpunkt postoperativ darüber
orientiert
sein,
wohin
er
sich
im
Falle
einer
Komplikation
wenden kann, sofern die Versorgung durch den Primärbehandler
nicht gegeben ist.
58
5. Zusammenfassung
Aus einem Fundus von 47687 Krankenunterlagen des Zeitraumes von
1983
bis
1992
Patienten
mit
erfaßt.
Die
einer
primär
kieferchirurgischen
nicht
beendeter
Auswertung
Altersverteilung,
Fachambulanz
zahnärztlicher
hinsichtlich
aufgetretener
wurden
Therapie
Häufigkeit
Komplikationen,
und
der
Dokumentation und der Weiterbehandlung sollte Probleme aufzeigen
und
Vorschläge
zur
sichereren
Betreuung
dieser
Patienten
erarbeiten.
Mit einer Häufigkeit von 3,0% oder 1452 Patienten gehört der
untersuchte Kasus zu den Routinefällen mit einer Verteilung auf
alle Altersgruppen bei deutlicher Häufung in dem Intervall von
20
bis
29
Jahren
Geschlechtsverteilung
Nachblutungen
(32,1%)
und
(männlich
(49,0%),
annähernd
58,3%,
Zahnfrakturen
gleichmäßiger
weiblich
(26,2%),
41,7%).
Mund-Antrum-
Verbindungen (17,4%) und erfolglose Lokalanästhesie (7,6%) im
Zusammenhang mit zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen sind die
häufigsten Komplikationen. Seltene Komplikationen waren mit je
weniger als 1% Unterkieferfrakturen (5) und Abrisse des Tuber
maxillae (9), Nervläsionen (4) und Schädigung von anatomischen
Nachbarstrukturen (12), Hämatome (4) und Zahnverwechslungen (2).
Von insgesamt 113 Risikopatienten (7,8%) waren 50 solche mit
einer Nachblutung bei nachgewiesener manifester Blutungsneigung.
Rund
jeder
zweite
Fall
war
vom
Primärbehandler
zugeleitet
worden. In 20,2% der Fälle brachte der Patient Röntgenaufnahmen,
ebenso häufig (20,8%) Angaben über den Operationsverlauf, in
2,8% Daten über die Menge des verabreichten Lokalanästhetikums
bei. In 65,6% der Fälle war keine Weiterbehandlung oder eine
solche durch den Hauszahnarzt erforderlich, in 28,6% mußte eine
klinikambulante, in 5,8% eine klinikstationäre Weiterbehandlung
erfolgen. In einem Fall folgte dem Vorgang eine gerichtliche
Auseinandersetzung.
Empfehlungen zur Vermeidung von Zwischenfällen sind gründliche
Anamneseerhebung, lückenlose Dokumentation nebst Mitgabe aller
Unterlagen
bei
Möglichkeit
der
Weiterbetreuung
alio
loco,
Sicherstellung der Nachsorge durch sorgfältige Aufklärung des
Patienten einschließlich Mitgabe schriftlicher Anweisungen für
den Fall einer unerwarteten postoperativen Komplikation sowie
rechtzeitige Überweisung des Patienten.
59
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plastischen
64
Danksagung
Ermöglicht wurde diese Arbeit durch Prof. Dr. Dr. E. Machtens,
der nicht nur den Zugang zu den erforderlichen Daten gestattete,
sondern auch durch großzügige Hospitationsmöglichkeit in seinem
Hause, der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des
Knappschaftskrankenhauses
Universität
Bochum,
Bochum-Langendreer
half,
den
klinischen
der
Bezug
Ruhr-
herzustellen.
Darüberhinaus gewährte Prof. Machtens jegliche Unterstützung und
ist nicht zuletzt ärztliches Vorbild. Ihm gilt mein herzlicher
Dank.
Begleitet und in allen Fragen betreut wurde diese Arbeit durch
Privatdozent Dr. Dr. H. Eufinger, der nicht nur unermüdlich und
geduldig
als
Ansprechpartner
verfügbar
war,
sondern
es
auch
verstand, über Zweifel hinwegzuhelfen und bedeutende Impulse zu
geben. Ihm gilt mein besonderer Dank.
Mein
Dank
gilt
ferner
allen
Knappschaftskrankenhauses
Unterstützung
bei
der
Mitarbeitern
des
Bochum-Langendreer,
Datenerhebung
die
Archivs
durch
Durchsicht
umfangreichen Materials wesentlich erleichtert wurde.
des
deren
eines
so
65
Lebenslauf
Name:
Eckhard Tobias Busche
Geburtsdatum:
16. Juli 1966
Geburtsort:
Hildesheim
Eltern:
Karl Busche, Techn. Angestellter
Elke Busche, Hausfrau
16. Juli 1966
Geburt
Hildesheim
im
Bernwardskrankenhaus
1973-1977
Grundschule Algermissen
1977-1986
Gymnasium Josephinum Hildesheim
16. Juni 1986
Abitur ebd.
1. Oktober 1986
-31. Dezember 1987
Grundwehrdienst in Eckernförde,
Flensburg und Wilhelmshaven
11. April 1988
-19. Dezember 1993
Studium der Zahnheilkunde an der
Fakultät
für
Zahn-,
Mundund
Kieferheilkunde
der
Universität
Witten/Herdecke
23. März 1989
naturwissenschaftliche Vorprüfung ebd.
18. September 1990
zahnärztliche Vorprüfung ebd.
19. Dezember 1993
zahnärztliche Prüfung ebd.
5. Januar 1994
Approbation als Zahnarzt
seit 1. Januar 1994
Tätigkeit
als
wissenschaftlicher
Assistent an der Fakultät für Zahn-,
Mundund
Kieferheilkunde
der
Universität Witten/Herdecke
Zugehörige Unterlagen
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