Entwicklung eines zukunftsorientierten, dualen

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Titel der Arbeit:
Entwicklung eines zukunftsorientierten, dualen
Qualifizierungsprogramms für Unternehmernachfolger/-innen
in mittelständischen Kfz-Betrieben
DISSERTATION
zur Erlangung des akademischen Grades
eines Doktors
der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Dr. rer. pol.)
des Fachbereiches Wirtschaftswissenschaften
der Universität Hamburg
vorgelegt von
Dipl.-Kfm. (Univ.) Michael Piepenstock
aus Lüdenscheid
Hamburg, im Januar 1998
Der Promotionsausschuß setzte sich wie folgt zusammen:
Herrn Univ.-Prof. Dr. G. Altrogge
(Vorsitzender)
Herrn Univ.-Prof. Dr. W. Küpper
(Erstgutachter)
Herrn Univ.-Prof. Dr. G. Czeranowsky
(Zweitgutachter)
Das wissenschaftliche Gespräch fand am Mittwoch, 08.07.1998 statt.
-I-
VORWORT
Ein Großteil der mittelständischen, westdeutschen Kfz-Betriebe ist erst in den Nachkriegsjahren
gegründet worden. Speziell in diesen Unternehmen steht in den 90er Jahren die Unternehmernachfolge
an. In der Vergangenheit sind Generationswechsel häufig mißlungen, da es entweder keinen gewillten
Nachfolger gab oder der potentielle Nachfolger nicht entsprechend qualifiziert war, um diese zunehmend
komplexe und schwierige Führungsaufgabe erfolgreich übernehmen zu können.
Insbesondere in mittelständischen Familienunternehmen ist die erfolgreiche Weiterführung des Betriebes
oftmals ein wichtiger Bestandteil der Altersversorgung für die Seniorfamilie. Die Nachfolgeregelung
gehört damit zu den anspruchsvollsten unternehmerischen Aufgaben und Entscheidungen. Sie bedarf
einer langfristigen, systematischen Vorbereitung und Durchführung.
Tendenziell ist festzustellen, daß sowohl im allgemeinen als auch speziell im Kfz-Gewerbe die Eltern und
Kinder immer mehr erkennen, daß eine fundierte Schul-, Aus- und Fortbildung die beste Grundlage für
die zukünftige (berufliche) Entwicklung ist. Nahezu alle namhaften Kfz-Hersteller/-Importeure sowie
externe Schulungseinrichtungen bieten zwar umfangreiche Unternehmernachfolger-Seminare an, um den
Junioren/-innen fabrikatsspezifische und kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Kenntnisse und
Führungstechniken zu vermitteln. Die darauf aufbauende, systematische Umsetzung des modellhaft
übermittelten theoretischen Wissens auf konkrete Fach- und Führungsaufgaben in der Berufspraxis - in
Anlehnung an die duale Berufsausbildung - erfolgt jedoch kaum. Bisher gibt es für die Nachfolger/-innen
keine Möglichkeiten der gezielten, praktischen Anwendung des Gelernten, um Berufserfahrung und
Handlungssicherheit in fremden Kfz-Betrieben zu sammeln.
Die Zielsetzung dieses Promotionsvorhabens ist es, neben der Darlegung verschiedener branchenspezifischer Aus- und Fortbildungswege, die wichtigsten Seminarthemen und -inhalte aufzuzeigen sowie
- basierend auf einer schriftlichen Befragung - ein systematisches, duales Qualifizierungsprogramm mit
verschiedenen Seminarbausteinen und vor allem darauf aufbauenden Betriebspraktika zu entwickeln, um
die Unternehmernachfolger/-innen in mittelständischen Kfz-Betrieben gezielt auf ihre zukünftigen
Aufgaben und Arbeitsanforderungen vorzubereiten. Abschließend wird ein Ablaufschema für eine
systematische, langfristig geplante Unternehmensübergabe unter Vermeidung des oft auftretenden
Generationskonflikts sowie ein Vorschlag für einen branchenorientierten, dualen Studiengang für
Nachfolger/-innen im Kfz-Gewerbe vorgestellt.
Die Anregung zur Auseinandersetzung mit dieser Themenstellung erhielt ich durch meine 16-monatige
Praktikantentätigkeit in den einzelnen Abteilungen mehrerer markengebundener Kfz-Betriebe und in der
Marketingabteilung der Douglas Holding, die ich im Anschluß an ein Studium der
Betriebswirtschaftslehre absolvierte.
- II -
Bei der Verwirklichung meines Promotionsvorhabens erhielt ich vielfältige Unterstützung. An erster
Stelle danke ich meinem akademischen Lehrer und Doktorvater, Herrn Univ.-Prof. Dr. Willi Küpper,
daß er mir die Möglichkeit eingeräumt hat zu promovieren sowie für die zahlreichen Anregungen, für
seine stets konstruktive Kritik und für die Freiräume, die er mir bei der Auswahl und Bearbeitung des
Themas gewährte.
Herrn Univ.-Prof. Dr. Günter Czeranowsky danke ich dafür, daß er sich trotz des Umfangs der
vorliegenden Arbeit bereit erklärt hat, den Mühen der Übernahme des Zweitreferats zu unterziehen.
Wertvolle Anregungen zur Bewältigung der computergestützten Datenauswertung erhielt ich von Herrn
Sven Saltenberger, der bei mir aufgrund seiner Überzeugungskraft manche Vorstellungen eines
Betriebswirtes über statistische Methoden revidierte. Frau Regina Bergk gab mir interessante
Ratschläge bei der optischen Gestaltung der Schaubilder und Übersichten.
Bedanken möchte ich mich auch beim ehemaligen Präsidenten des Zentralverbandes Deutsches
Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Herrn Bernhard Enning, für das Empfehlungsschreiben zu meiner
schriftlichen Befragung, sowie bei Herrn Dipl.-Ing. Ingo Meyer - Geschäftsführer und Bildungsfachmann
des ZDK - für seine praxisnahen Anregungen bei der inhaltlichen Gestaltung des Fragebogens.
Des weiteren möchte ich mich bei allen Personen bzw. Institutionen bedanken, die mir durch ihre
freundliche Unterstützung in Form von Unterlagen und/oder Verbesserungsvorschlägen, Ratschlägen
etc. bei der Erstellung meiner Arbeit geholfen haben. Ferner danke ich ganz besonders allen im Rahmen
meiner empirischen Erhebung angeschriebenen Personen, die sich die Mühe gemacht haben, meinen
Fragebogen zu beantworten.
Das Gelingen einer wissenschaftlichen Arbeit hängt allerdings nicht allein vom fachlichen Beistand ab,
sondern auch von der menschlichen Unterstützung in der Privatsphäre. Deshalb gilt mein herzlicher
Dank meinem privaten Freundeskreis, meiner Freundin Petra, meiner Familie und ganz besonders
meinem Vater. Er hat mir durch seine weitere berufliche Tätigkeit in der Unternehmensführung unseres
Kfz-Betriebes - über die Vollendung seines 65. Lebensjahres hinaus - die Möglichkeit geschaffen, die
vorliegende Arbeit fertigzustellen.
- III -
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
VORWORT
ABBILDUNGS-, TABELLEN- UND ANLAGENVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
0. Einführung
I
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XVII
1
0.1. Ausgangssituation und Problemstellung
1
0.2. Zielsetzung und Gegenstand der Untersuchung
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0.3. Aufbau und methodisches Vorgehen in der Arbeit
9
1. Abgrenzung und wirtschaftliche Bedeutung mittelständischer Unternehmen und
speziell des Kfz-Gewerbes
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1.1. Unternehmen
1.2. Mittelstand
1.2.1. Qualitative Abgrenzungskriterien
1.2.2. Quantitative Abgrenzungskriterien
1.2.3. Wirtschaftliche Bedeutung von Klein- und Mittelbetrieben
1.2.3.1. Die Bedeutung aus gesellschaftspolitischer Perspektive
1.2.3.2. Volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung
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1.3. Die Bedeutung der Automobilindustrie und vor allem des Kfz-Gewerbes für die
deutsche Wirtschaft
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1.4. Darstellung der beiden wichtigsten Vertriebswege im Automobilhandel
1.4.1. Niederlassungen
1.4.2. Vertragshändler
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1.5. Bedeutung und Auswirkungen des sogenannten selektiven Vertriebssystems für
die fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe
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2. Erläuterung der bekanntesten branchenspezifischen Aus - und Fortbildungswege
für Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe
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2.1. Die allgemeine Schulausbildung als Grundlage weiterer Entwicklungsmöglichkeiten für die Unternehmernachfolger
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2.2. Branchenspezifische gewerblich-technische und kaufmännische Möglichkeiten
der Berufsausbildung
2.2.1. Veränderte Inhalte und Schwerpunkte der neuen Ausbildungsverordnungen
2.2.2. Handwerklich-technische Berufsausbildungsmöglichkeiten
2.2.3. Kaufmännische Berufsausbildungsalternativen
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2.3. Die Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft für Abiturienten als Alternative
zum Studium
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2.4. Branchenorientierte Wirtschaftsstudiengänge
2.4.1. Betriebswirtschaftliches Fachhochschulstudium
2.4.1.1. Spezieller Studiengang für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule
Nürtingen
2.4.1.2. Weitere Möglichkeiten des Fachhochschulstudiums mit branchenspezifischem Wahlpflichtfach
2.4.2. Betriebs- und volkswirtschaftliches Hochschulstudium
2.4.2.1. Das Fernstudium als Alternative zum herkömmlichen Präsenzstudium
2.4.2.2. Spezieller Studiengang für Automobilwirtschaft an der Universität Bamberg
2.5. Gewerblich-technische und kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Fortbildungsmaßnahmen im Kfz-Gewerbe
2.5.1. Die berufliche Fortbildung zur ständigen Aktualisierung der benötigten Kenntnisse,
Fertigkeiten und Verhaltensweisen
2.5.2. Handwerklich-technische Fortbildungsmöglichkeiten
2.5.2.1. Das Berufsbild des Kfz-Servicetechnikers
2.5.2.2. Aufbau und Inhalt der Meisterprüfung für das Kfz-Mechaniker- und
Kfz-Elektriker-Handwerk
2.5.3. Kaufmännisch-betriebswirtschaftlich ausgerichtete Weiterbildung
2.5.3.1. Die Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe
2.5.3.2. Staatliche und kommerzielle Schulungsanbieter
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2.5.4. Kombinierte, kaufmännisch und technisch orientierte Fortbildungsmaßnahmen
2.5.4.1. Fortbildung zum Betriebswirt des Handwerks
2.5.4.2. Fortbildung zur technisch-kaufmännischen Fachkraft im Handwerk
2.5.4.3. Fortbildung zum staatlich geprüften technischen Fachwirt
2.6. Internationale (Aufbau-)Studiengänge und grenzüberschreitende Studienmöglichkeiten
2.6.1. Die steigende Bedeutung des Auslandsaufenthaltes im Rahmen des Studiums
2.6.2. Automobilspezifisches Auslandsstudium an der Northwood University (USA)
2.6.2.1. Praxisorientierte Ausrichtung des Lehrplans
2.6.2.2. Studienmöglichkeiten an der Northwood University für deutsche Fachschulund (Fach-)Hochschulabsolventen
2.6.2.3. Allgemeine Regularien für dieses Studium
2.7. Spezielle Schulungsangebote der Kfz-Hersteller/-Importeure sowie fabrikatsübergreifend von der Autohaus Akademie für Unternehmernachfolger
2.7.1. Fabrikatsgebundene Händlernachwuchsprogramme der einzelnen Hersteller/
Importeure bzw. der von ihnen beauftragten externen Institute
2.7.2. Überfabrikatliche Schulungen und Vermittlung von Praktika durch die Autohaus
Akademie
2.7.3. Darstellung der von den Kfz-Herstellern/-Importeuren und der Autohaus
Akademie angebotenen Unternehmernachfolger-Programme
2.7.4. Beurteilung der angebotenen Schulungsmaßnahmen für den Händlernachwuchs
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2.8. Abschließende kritische Anmerkungen zu allen angeführten typischen Qualifizierungsmaßnahmen für Unternehmernachfolger
68
3. Darlegung wichtiger Qualifikationen, Seminarthemen und -inhalte für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Unternehmen auf der Grundlage eines Human
Resource Management-Ansatzes als Ordnungsschema
72
3.1. Erläuterungen zum strategischen Human Resource Management (HRM) und
Darlegung der geläufigsten Konzepte sowie Begründung der Wahl des
Michigan-Ansatzes
3.1.1. Geschichtliche Entwicklung
3.1.2. Erläuterung und Abgrenzung des Begriffs “strategisches HRM“
72
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Seite
3.1.3. Gründe für die Einführung des strategischen HRM
3.1.4. Kritische Betrachtung des strategischen HRM
3.1.5. Darstellung der beiden bekanntesten konzeptionellen Ansätze des strategischen
HRM
3.1.5.1. Darlegung des Harvard-Ansatzes
3.1.5.1.1. Komponenten und Auswirkungen von HRM-Politiken
3.1.5.1.2. Resümee
3.1.5.2. Erläuterung des Michigan-Ansatzes
3.1.5.2.1. Strategisches Management
3.1.5.2.2. Die vier Teilfunktionen des strategischen HRM
3.1.5.2.3. Die Human Resource-Politiken
3.1.5.2.4. Resümee
3.1.6. Gegenüberstellung der beiden HRM-Ansätze und Begründung der Wahl des
Michigan-Konzeptes als konzeptionelle Grundlage für die weiteren Ausführungen
3.2. Szenario über die bedeutsamsten Entwicklungsperspektiven in der Unternehmens umwelt sowie deren Auswirkungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf
das Kfz-Gewerbe
3.2.1. Wirtschaftliche Einflußfaktoren
3.2.1.1. Allgemeine ökonomische Entwicklungsperspektiven
3.2.1.2. Entwicklung der Vermögensstruktur
3.2.1.3. Zunehmende Dynamik des technologischen Fortschritts
3.2.1.4. Veränderte Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter aufgrund des
technischen Fortschritts und der steigenden Kundenbedürfnisse
3.2.1.5. Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch intensivere Zusammenarbeit
zwischen den Kfz-Herstellern/-Importeuren und ihren Vertragshändlern
3.2.2. Politische Einflußfaktoren
3.2.2.1. Auswirkungen des zunehmenden Ökologiebewußtseins der Bevölkerung
3.2.2.2. Konsequenzen des EG-Binnenmarktes und speziell der Europäischen
Währungsunion
3.2.3. Kulturelle Einflußfaktoren
3.2.3.1. Demographische Veränderungen
3.2.3.2. Wertewandel
3.2.3.3. Verändertes Konsum- und Freizeitverhalten der Bevölkerung
3.3. Die strategische Unternehmensführung in mittelständischen Kfz-Betrieben
3.3.1. Die Formulierung einer Unternehmensvision zur Konkretisierung des Zukunftsbildes
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3.3.2. Die Unternehmenspolitik als Gesamtheit des unternehmerischen Leitbildes
3.3.3. Die Corporate Identity zur Profilierung gegenüber den Wettbewerbern
3.3.4. Die Unternehmenskultur als interne Handlungs- und Verhaltensleitlinie
3.3.5. Inhalt und Umfang der einzelnen Planungsbereiche
3.3.5.1. Die generelle Zielsetzung im Autohaus
3.3.5.2. Die strategische Unternehmensplanung unter besonderer Berücksichtigung
der strategischen Personalplanung
3.3.5.3. Verschiedene Formen der Wettbewerbsstrategie
3.3.5.4. Die Budgetierung als Schwerpunkt der operativen Planung
3.3.6. Das Controlling als systematische Verknüpfung von Planung, Kontrolle und
Information
3.3.6.1. Inhalt und Umfang des strategischen und operativen Controlling
3.3.6.1.1. Das strategische Controlling
3.3.6.1.2. Das operative Controlling
3.3.6.2. Das Target Costing und die Prozeßkostenrechnung zur Unterstützung
strategischer und operativer Entscheidungen
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130
3.4. Die Organisationsstruktur in mittelständischen Kfz-Betrieben
3.4.1. Die Unternehmens- und Arbeitsorganisation
3.4.1.1. Gründe für die Notwendigkeit der Aufgabenverteilung
3.4.1.2. Stellen- und Abteilungsbildung in Unternehmen
3.4.1.2.1. Horizontale Differenzierung
3.4.1.2.1.1. Die funktionale Organisationsgestaltung als bedeutendste Form der
horizontalen Stellen- und Abteilungsbildung in Autohäusern
3.4.1.2.1.2. Teilautonome Profit Center als moderne Form der Abteilungsbildung
3.4.1.2.2. Vertikale Differenzierung
3.4.1.2.2.1. Die Bedeutung von Leitungs- und ausführenden Stellen in
der hierarchischen Organisationsstruktur
3.4.1.2.2.2. Das Einliniensystem als häufigste Form der vertikalen
Unternehmensorganisation in Kfz-Betrieben
3.4.1.3. Funktionsübergreifende, gruppenorientierte Organisationsformen zur Verbesserung der kollegialen Zusammenarbeit und der Leistungseffizienz
3.4.1.3.1. Das Team-Konzept als teilautonome Werkstattorganisation
3.4.1.3.2. Die gruppenorientierte Organisation der Verkaufsabteilung
3.4.1.4. Neue markt- und prozeßorientierte Organisationsformen zur Verbesserung der Arbeitsqualität und der Kundenzufriedenheit
3.4.1.4.1. Das Betreuungsteam zur intensiven Nutzung von Synergieeffekten
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Seite
3.4.1.4.2.
3.4.1.4.3.
Total Quality Management und weitere (Teil-)Ansätze zur Qualitätsverbesserung
Kritische Betrachtung dieser neuen Konzepte
3.5. Das strategische Personalmanagement in mittelständischen Autohäusern
3.5.1. Die zunehmende Bedeutung des strategischen Personalmanagements aufgrund
sich verändernder Rahmenbedingungen
3.5.2. Darstellung der einzelnen Teilbereiche des strategischen Personalmanagements
3.5.2.1. Strategische Personalbeschaffung und -auswahl
3.5.2.1.1. Unternehmensinterne und auf dem externen Arbeitsmarkt durchgeführte
strategische Personalbeschaffung
3.5.2.1.1.1. Unternehmensinterne Personalbeschaffung zur Leistungsmotivation
der Mitarbeiter
3.5.2.1.1.2. Vorgehensweise für eine effektive Personalakquisition auf dem
externen Arbeitsmarkt
3.5.2.1.2. Strategische Personalauswahl
3.5.2.1.2.1. Aufgaben und Inhalte der Personalauswahl
3.5.2.1.2.2. Systematische Verfahren zur Personalauswahl
3.5.2.2. Strategische Leistungsbeurteilung
3.5.2.2.1. Bedeutung und Funktionen von Mitarbeiterbeurteilungen
3.5.2.2.2. Aufbau und Inhalt von Leistungs- und Potentialbeurteilungen
3.5.2.2.3. Das Mitarbeiterfördergespräch im Anschluß an die Leistungsbeurteilung
3.5.2.3. Strategische Personalentwicklung
3.5.2.3.1. Bedeutung und Ziele der Personalentwicklung
3.5.2.3.2. Maßnahmen und Instrumente zur Personalentwicklung
3.5.2.3.2.1. Berufliche Ausbildung
3.5.2.3.2.2. Berufliche Fortbildung
3.5.2.3.2.3. Karriere- und Laufbahnplanung
3.5.2.4. Strategische Anreiz- und Belohnungssysteme
3.5.2.4.1. Bedeutung und Inhalte der materiellen und immateriellen Anreize
3.5.2.4.2. Strategische Entgeltsysteme zur Leistungsmotivation von Führungsund Fachkräften
3.5.2.4.2.1. Strategisch orientierte, variable Vergütungssysteme für Führungskräfte
3.5.2.4.2.2. Leistungsabhängige Entgeltkonzepte für Fachkräfte aufgrund neuer
prozeßorientierter Organisationsformen
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Seite
3.5.2.4.2.3.
Kritische Betrachtung strategisch orientierter, finanzieller Anreize
3.6. Zusammenfassung
4. Entwicklung eines zukunftsorientierten Curriculum-Vorschlags für ein duales,
ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm für die Unternehmernachfolger
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4.1. Methodisches Vorgehen bei der empirischen Erhebung
4.1.1. Untersuchungsziel und Zielgruppe der Studie
4.1.2. Wahl der Erhebungsmethode
4.1.3. Entwicklung und Aufbau des gesamten Fragebogens
4.1.4. Vorgehensweise beim Pretest
4.1.5. Stichprobenumfang und Aussagekraft der Untersuchung
4.1.6. Grundsätzliche Erläuterungen zur Auswertung des Fragebogens
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4.2. Auswertung der schriftlichen Befragung
4.2.1. Generelle Aussagen zu den Befragungsteilnehmern
4.2.2. Entwicklung des Anforderungsprofils für Unternehmernachfolger
4.2.2.1. Vorgehensweise zur Ermittlung der zukünftig besonders leistungswirksamen Arbeitsinhalte
4.2.2.2. Das Erfolgs-/Mißerfolgsprofil aufgrund der Befragung
4.2.2.3. Das Anforderungsprofil der zukünftigen Unternehmernachfolger
4.2.3. Beurteilung der Auswirkungen der angeführten Umwelt- und Unternehmensentwicklungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe
4.2.4. Die präferierten Qualifikationswege und relevanten Kenntnismerkmale
4.2.4.1. Allgemeine Schul- und Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und
Studium
4.2.4.2. Fachwissen und -können
4.2.4.3. Spezielle, branchenbezogene Fortbildungsmaßnahmen im In- und Ausland
4.2.4.4. Erwerb praktischer (Berufs-)Erfahrungen in den einzelnen Unternehmensbereichen eines Kfz-Betriebes und in anderen Wirtschaftsbereichen
4.2.4.5. Vergleich der Antworten zum Qualifikationsweg mit den korrespondierenden Beurteilungen der besonders kritischen Arbeitsinhalte
4.2.4.6. Branchenspezifische Vorschläge über mögliche Aus- und Fortbildungswege für zukünftige Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe
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-X-
Seite
4.2.5. Befragungsergebnisse hinsichtlich der Bedeutung der angeführten Seminarthemen und -inhalte
4.2.5.1. Beurteilung der Notwendigkeit der angeführten Themen und Inhalte
4.2.5.2. Vergleich der Bewertungen der Seminarthemen und -inhalte mit den Beurteilungen über die korrespondierenden besonders kritischen Arbeitsinhalte
4.3. Entwicklung eines Lehrplan-Vorschlags für ein zukunftsorientiertes, duales
und ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm
4.3.1. Gründe für die Einführung systematischer Schulungsprogramme für Führungsnachwuchskräfte
4.3.2. Planung der durchzuführenden Qualifizierungsmaßnahmen
4.3.3. Aufbau und Inhalt des Qualifizierungsprogramms
4.3.3.1. Festlegung der erforderlichen Lehr- und Lernziele
4.3.3.2. Bestimmung der Lerninhalte bzw. Thematik und des groben Programmaufbaus
4.3.3.3. Erläuterung der bekanntesten Lehrmethoden und -medien zur Deckung
des Entwicklungsbedarfs
4.3.3.3.1. Darstellung der wichtigsten Lehrmethoden
4.3.3.3.1.1. Die wichtigsten individuellen Qualifizierungsmaßnahmen am
Arbeitsplatz
4.3.3.3.1.2. Die bedeutendsten Schulungsmaßnahmen außerhalb des
Arbeitsplatzes
4.3.3.3.1.3. Allgemeingültige Kriterien zur Auswahl geeigneter Lehrmethoden
4.3.3.3.2. Darstellung der gebräuchlichsten Lehrmedien
4.3.4. Möglichkeiten zur Übertragung des Gelernten in die Praxis
4.3.5. Organisatorische Leitung sowie allgemeine Ablaufbedingungen des standardisierten Qualifizierungsprogramms
4.3.5.1. Organisation und Leitung des Programms
4.3.5.2. Systematischer Wechsel zwischen Bildungsveranstaltungen und praktischen
Arbeitseinsätzen
4.3.5.3. Art und Umfang der Mitarbeit in den Praktikumsbetrieben
4.3.5.4. Generelle Lehr- und Zeitplangestaltung des standardisierten Programms
4.3.5.5. Bestimmung des Lernortes und Umfeldes bei Seminaren
4.3.5.6. Qualitative Anforderungen an den Programmleiter, Trainer und Ausbilder
in den Praktikumsbetrieben
4.3.5.6.1. Der Programmleiter als kontinuierlicher, zentraler Ansprechpartner
und Betreuer der Teilnehmer
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Seite
4.3.5.6.2.
Die Anforderungen an die Trainer für einen erfolgreichen Schulungsverlauf
4.3.5.6.3. Die Bedeutung des Verhaltens der Ausbilder in den Praktikumsbetrieben für einen positiven Lerntransfer
4.3.5.7. Weitere Aspekte, die bei der Planung eines Qualifizierungsprogramms
zu berücksichtigen sind
4.3.5.8. Quantitative und qualitative Anforderungen an die Teilnehmer
4.3.5.9. Individuelle Anpassung des standardisierten Programms an das Qualifikationsniveau der einzelnen Teilnehmer
4.3.5.10. Detailplanung, Durchführung und Kontrolle des Qualifizierungsprogramms
4.3.5.10.1. Ablaufplan des gesamten Programms
4.3.5.10.2. Kontrolle des Lernerfolgs
4.4. Zusammenfassung
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293
294
296
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304
308
312
5. Gesamtresümee und kritische Würdigung der erzielten Ergebnisse sowie Empfehlungen für eine systematische Nachfolgeregelung und für einen branchenorientierten,
dualen Studiengang
317
5.1. Zusammenfassung der Arbeit und kritische Betrachtung der Ergebnisse
5.2. Empfehlungen für eine idealtypische, systematische Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge
5.2.1. Ablaufschema einer langfristig geplanten, systematischen Nachfolgeregelung
5.2.1.1. Grundvoraussetzungen für eine geregelte Nachfolge
5.2.1.2. Ablaufplan für die Einarbeitung und die Übergabe an den Unternehmernachfolger
5.2.1.3. Vorgehensweise bei der Ablösung des Senior-Unternehmers durch den
Nachfolger
5.2.1.4. Richtiger Zeitpunkt für die Eigentumsübertragung
5.2.1.5. Verminderung möglicher Generationskonflikte durch frühzeitige Planung
sinngebender Freizeitaktivitäten seitens des Seniorchefs
5.2.2. Resümee
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- XII -
Seite
5.3. Vorschlag eines mittelstandsorientierten, branchenspezifischen Studiengangs für
Nachwuchskräfte unter Berücksichtigung der Problembereiche der heutigen
Berufs- und (Fach-)Hochschulausbildung
5.3.1. Allgemeine Defizite der heutigen Berufs- und (Fach-)Hochschulausbildung
für zukünftige mittelständische Unternehmensführer
5.3.2. Fehlende systematisch abgestimmte, duale Schulungsangebote an (Fach-)
Hochschulen und anderen Bildungsinstituten für die Nachfolger
5.3.3. Vorschlag für einen dualen Studiengang zur Vorbereitung der Nachwuchskräfte
auf die Führungsaufgaben in kleinen und mittleren Kfz-Betrieben
335
335
337
339
ANHANG
XX
ALPHABETISCHES LITERATUR- UND RECHTSQUELLENVERZEICHNIS
XC
TABELLARISCHER LEBENSLAUF
CXXII
- XIII -
ABBILDUNGS-, TABELLEN- UND ANLAGENVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb.-Nr.
Abb. 1:
Abb. 2:
Abb. 3:
Abb. 4:
Abb. 5:
Abb. 6:
Abb. 7:
Abb. 8:
Abb. 9:
Abb. 10:
Abb. 11:
Abb. 12:
Abb. 13:
Abb. 14:
Abb. 15:
Abb. 16:
Abb. 17:
Abb. 18:
Abb. 19:
Seite
Differenzierung der branchenunabhängigen Größenbereiche des Instituts für
Mittelstandsforschung
Lehrveranstaltungen des Wahlpflichtfaches "Automobilwirtschaft" an der
Fachhochschule Nürtingen/Geislingen
Lehrveranstaltungen des Wahlpflichtfaches "Automobilwirtschaft" an der
Universität Bamberg
Darstellung der Ausbildungsanforderungen an den Kfz-Mechaniker und den KfzServicetechniker
Übersicht über die verschiedenen Studienabschlüsse an der Northwood University
sowie die dafür benötigte Vorbildung und jeweilige Studiendauer
Übersicht zu den einzelnen HRM-Komponenten und -Ergebnissen
Human Resource System
Strategisches Management und Umwelteinflüsse
Der Human Resource-Kreislauf
Die vier Teilfunktionen des HRM und ihre Aufgaben auf der strategischen,
taktischen und operativen Entscheidungsebene (Human Resource Activities)
Vorzüge einer unternehmensspezifischen Corporate Identity
Gegenüberstellung des strategischen und operativen Controlling anhand
charakteristischer Merkmale
Darstellung der funktionalen bzw. verrichtungsorientierten Organisationsstruktur
Das Einliniensystem
Aufgabenbereiche und Organisationsaufbau in der Cluster-Organisation
Beispiel für ein strategisch orientiertes Entgeltsystem für Führungskräfte mit
fixen und variablen Vergütungsbestandteilen
Korrespondierende Lernziele und Lehrmethoden
Trainingsbaustein zum Thema Kritikgespräch
Ablaufplan und Themenstellungen des gesamten Programms
15
40
44
48
58
80
82
85
86
87
125
145
155
159
167
215
279
280
305
- XIV -
TABELLENVERZEICHNIS
Tab.-Nr.
Tab. 1:
Tab. 2:
Tab. 3:
Tab. 4:
Tab. 5:
Tab. 6:
Tab. 7:
Tab. 8:
Tab. 9:
Tab. 10:
Tab. 11:
Tab. 12:
Tab. 13:
Tab. 14:
Tab. 15:
Tab. 16:
Tab. 17:
Tab. 18:
Tab. 19:
Seite
Positionen der Befragungsteilnehmer in den Unternehmen
Höchster Aus- und Fortbildungsabschluß der Befragungsteilnehmer (nur eine
Kategorie ankreuzen)
Abgeschlossene Berufsausbildungen der Befragten (Mehrfachnennungen möglich)
Unternehmensgrößenklassen der Kfz-Betriebe von den Befragungsteilnehmern
Wichtigkeit der Kenntnisse über Entwicklungsperspektiven in der Automobilwirtschaft und speziell im Kfz-Gewerbe
Präferierte allgemeine Schulausbildung
Bevorzugte Berufsausbildung
Bedeutung des Fachhochschul- und Hochschulstudiums
Beurteilung der Wichtigkeit eines Auslandsstudiums
Gewerblich-technische und kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten
Wichtigkeit der Teilnahme an Unternehmernachfolger-Seminaren
Notwendigkeit eines Auslandspraktikums (etwa 2-3 Monate)
Notwendigkeit der praktischen Erfahrungsgewinnung in den einzelnen
Abteilungen des Kfz-Betriebes
Händlerbetriebe zur praktischen Erfahrungsgewinnung
Befragungsergebnisse bzgl. der Bedeutung der angeführten Seminarthemen
und -inhalte
Kenntnisse über branchenspezifische Marketingmaßnahmen
Gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur Vermeidung
von Generationskonflikten bei der Unternehmensübergabe
Art und Weise der präferierten Unternehmensübergabe
Weitere wichtige Seminarthemen und -inhalte
236
236
236
237
245
246
247
248
249
250
251
251
252
252
256
257
257
258
258
- XV -
ANLAGENVERZEICHNIS
Anlage Nr.
Anlage 1:
Übersicht zu den Ausbildungsverordnungen für Kfz-Mechaniker/-innen und KfzElektriker/-innen
Anlage 2:
Übersicht zu den vier Ausbildungsverordnungen für kaufmännische Lehrlinge im
Kfz-Gewerbe
Anlage 3:
Studienplan und (Wahl-)Pflichtfächer im Grund- und Hauptstudium an der
Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen
Anlage 4:
Studienplan für das Fach "Automobilwirtschaft" an der Universität Bamberg
Anlage 5:
Entwurf einer bundeseinheitlichen Rahmenlehrplanübersicht für Vorbereitungslehrgänge zur Meisterprüfung im Kfz-Mechaniker- und Kfz-Elektriker-Handwerk
vom ZDK
Anlage 6:
Stoffplan der beiden Bildungswege (Kfz-Betriebswirt, -Betriebsassistent) an der
Betriebswirtschaftlichen Fachschule Calw (BFC)
Anlage 7:
Themen der Lehrveranstaltungen an der Northwood University im Herbst- und
Wintersemester 1991/92 mit Angabe der Semesterwochenstunden (=Credit
Hours - cr.)
Anlage 8:
Schaubild über typische kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Aus- und
Fortbildungswege für Unternehmernachfolger/-innen im Kfz-Gewerbe
Anlage 9:
Gesamtübersicht über typische gewerblich-technische und kaufmännischbetriebswirtschaftliche Bildungswege für Unternehmernachfolger/-innen und teilweise
auch für Führungs-(nachwuchs-)kräfte, Mitarbeiter und Azubis im Kfz-Gewerbe
Anlage 10:
Spezielle Unternehmernachfolger-Programme der einzelnen Kfz-Hersteller/
-Importeure und fabrikatsübergreifend der Autohaus Akademie
Anlage 11:
Darstellung einiger, in der Praxis häufig absolvierter Bildungswege von
Unternehmernachfolgern(-innen) im Kfz-Gewerbe
Anlage 12:
Ausschnitt eines möglichen Formblattes für eine differenzierte Mitarbeiterbeurteilung
Anlage 13:
Regelkreis der Personalentwicklung
Anlage 14:
Fragebogen einschließlich Begleit- und Geleitschreiben
Anlage 15:
Erinnerungs-/Nachfaßschreiben zur empirischen Untersuchung
Anlage 16:
Erfolgs- und Mißerfolgsprofil zukünftiger Unternehmernachfolger im Kfzauf der Grundlage kritischer Ereignisse
Anlage 17:
Graphische Darstellung der kritischen Erfolgs- und Problemfaktoren zukünftiger
Unternehmernachfolger
Gewerbe
- XVI -
Anlage 18:
Anforderungsprofil für zukünftige Unternehmernachfolger in mittelständischen KfzBetrieben
Anlage 19:
Rangfolge der zuvor ermittelten Problemfaktoren in den fünf Hauptbereichen
Anlage 20:
Curriculum-Vorschlag für ein zukunftsorientiertes, duales und ressortüber-greifendes
Qualifizierungsprogramm für Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger in
mittelständischen Kfz-Betrieben
Anlage 21:
Fragebogen zur groben Ermittlung des individuellen Qualifikationsniveaus, der
Vorkenntnisse und Berufserfahrungen der potentiellen Programmteilnehmer
Anlage 22:
Genereller Aufbau und Zeitplan für das 15- bis 16-monatige Qualifizierungsprogramm
Anlage 23:
Allgemeines Informationsblatt für die Teilnehmer an dem Qualifizierungsprogramm
Anlage 24:
Beurteilungsbogen für Seminare
Anlage 25:
Muster eines Beobachtungsbogens für ein Rollenspiel zum Thema "Kritik als
Führungsmittel" (Ausschnitt)
Anlage 26:
Beurteilungsbogen für Praktikanten
Anlage 27:
Beurteilungsbericht der Praktikanten über den Praktikumsbetrieb und den
Anlage 28:
Schema zur systematischen Überprüfung der Nachfolgeregelung im Kfz-Betrieb
Ausbilder
- XVII -
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abkürzung
Bedeutung
Abb.
ABS
Abs.
AC
ADAC
Aufl.
AG
AH
amerik.
Anmerk. d. Verf.
Art.
AW
Azubi
BA
BAföG
BBA
BBiG
bearb.
BFC
Betriebs-
Abbildung
Antiblockiersystem
Absatz
Assessment Center
Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V.
Auflage
Aktiengesellschaft
Autohaus (Fachzeitschrift)
amerikanische(n)
Anmerkung des Verfassers
Artikel
Arbeitswert(e)
Auzubildender (Lehrling)
Berufsakademie
Bundes-Ausbildungsförderungs-Gesetz
Bachelor of Business Administration
Berufsbildungsgesetz
bearbeitet
Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw (Bundesfachschule für
Bd.
BetrVG
BMW
BWL
bzgl.
bzw.
ca.
CD
C.E.C.R.A.
CI
CIP
cr.
DAT
DEKRA
d.h.
DIN
Dipl.-Ing.
Dipl.-Kfm.
Diss.
DM
Dr. rer. pol.
durchgeseh.
Ed.
EDV
EF
EG
wirtschaft im Kfz-Gewerbe)
Band
Betriebsverfassungsgesetz
Bayrische Motorenwerke AG
Betriebswirtschaftslehre
bezüglich
beziehungsweise
circa
Compact Disc
Verband des europäischen Kfz-Gewerbes
Corporate Identity
Continuous Improvement
credit hours
Deutsche Automobil Treuhand e.V.
Deutscher Kraftfahrzeug-Überwachungsverein e.V.
das heißt
Deutsche Industrienorm
Diplom-Ingenieur
Diplom-Kaufmann
Dissertation
Deutsche Mark
doctor rerum politicarum
durchgesehen
Editor
Elektronische Datenverarbeitung
Erfolgsfaktor(en)
Europäische Gemeinschaft
- XVIII -
EN
erg.
erw.
et al.
Abkürzung
Europanorm(en)
ergänzt
erweitert
und weitere Co-Autoren
Bedeutung
etc.
EU
e.V.
EWG
et cetera
Europäische Union
eingetragener Verein
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (heutzutage als Europäische
Gemeinschaft (EG) bezeichnet)
Europäische Währungsunion
Europäische Zentralbank
folgende
Frankfurter Allgemeine Zeitung (Tageszeitung)
fort folgende
Fachhochschule
Forschung und Entwicklung
Gesamthochschule
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gesellschaft mit beschränkter Haftung verbunden mit einer
Kommanditgesellschaft
gegebenenfalls
Gewinn- und Verlustrechnung
Gruppenfreistellungsverordnung
Heft
Handelsgesetzbuch
Human Resource Management
Herausgeber
in der Regel
Industrie - und Handelskammer
inklusiv(e)
International Organization for Standardisation
Industrie und Organisation (Management Zeitschrift)
Junior Autohaus Manager (Programm)
Jahrgang
Jahrhundert
kurzfristige Erfolgsrechnung
Kraftfahrzeug
Kommanditgesellschaft
Kommanditgesellschaft auf Aktien
Kilometer
Kombinationskraftwagen
korrigiert
Kontinuierlicher Verbesserungsprozeß
Master of Business Administration
Management Buy-Out
Million(en)
Massachusetts Institute of Technology (Japan)
Milliarde(n)
Mehrwertsteuer
EWU
EZB
f
FAZ
ff
FH
F. u. E.
GH
GmbH
GmbH & Co.KG
ggf.
G.u.V.
GVO
H.
HGB
HRM
Hrsg.
i.d.R.
IHK
inkl.
ISO
IO
JAM
Jg.
Jh.
KER
Kfz
KG
KGaA
km
Kombi
korrig.
KVP
MBA
MBO
Mio.
MIT
Mrd.
Mwst.
- XIX -
n
N
Nr.
OHG
o.J.
o.S.
o.V.
Abkürzung
Stichprobenumfang
Grundgesamtheit
Nummer
Offene Handelsgesellschaft
ohne Jahr
ohne Seite
ohne Verfasser
Bedeutung
PC
PF
Pkw
rel.
ROI
S.
SESAM
sog.
SS
St.
Std.
SWS
Tab.
TBA
TÜV
TQM
u.a.
u.a.m.
u.ä.
Univ.-Prof.
unveränd.
US-amerikanisch
USA
usw.
überarb.
u.U.
u.v.a.m.
v.
VDA
VDIK
verantwortl.
verb.
vgl.
vs.
VW
VWA
VWL
WHU
WS
z.B.
ZFB
ZFBF
Personalcomputer
Problemfaktor(en)
Personenkraftwagen
relative
Return on Investment (=Rücklauf des eingesetzten Kapitals)
Seite
Students Exchange Service for Automotive Management - International
sogenannte
Sommersemester
Sankt
Stunde(n)
Semesterwochenstunden
Tabelle
Technischer Betriebsassistent
Technischer Überwachungsverein e.V.
Total Quality Management
unter anderem
und anderes mehr
und ähnliches
Universitäts-Professor
unveränderte
bezeichnet die nordamerikanischen Staaten
United States of America (=Vereinigte Staaten von Amerika)
undsoweiter
überarbeitete
unter Umständen
und vieles anderes mehr
von
Verband der Automobilindustrie e.V.
Verband der Importeure von Kraftfahrzeugen e.V.
verantwortlich
verbesserte
vergleiche
versus
Volkswagen AG
Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie
Volkswirtschaftslehre
Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (in Koblenz)
Wintersemester
zum Beispiel
Zeitschrift für Betriebswirtschaft
Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
- XX -
ZFO
ZDK
zit.
z.T.
z.Z.
zzgl.
Zeitschrift für Führung + Organisation
Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe
zitiert
zum Teil
zur Zeit
zuzüglich
- 1 -
0. Einführung
0.1. Ausgangssituation und Problemstellung
Die Arbeits- und damit einhergehend die Qualifikationsanforderungen haben sich in den letzten 40-50
Jahren in den westdeutschen Wirtschafts- und Unternehmensbereichen sowie -ebenen aufgrund des
vielschichtigen Fortschritts stark verändert. Standen nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst manuelle
Fertigkeiten im Vordergrund, so wandelte sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten das
Anforderungsprofil hin zu intellektuellen Befähigungen, z.B. Automatisierungs-, EDV-, System-,
Fremdsprachen-Kenntnissen, Controlling, planerischen Fähigkeiten etc. (vgl. Baron/Fin, 1990, S. 142;
Barthold, 1986, S. 2f; Franke, 1985, S. 7).
Die immer schneller fortschreitenden technologischen Entwicklungen und die veränderten Marktbedingungen, wie z.B.
- der fortlaufende Strukturwandel in der Wirtschaft,
- der größere Wirtschaftsraum durch das vereinte Deutschland,
- die Vollendung und Erweiterung des EU-Marktes,
- das wirtschaftliche Zusammenrücken aller europäischen Staaten in Ost und West,
- der zunehmende internationale Wettbewerb
(vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 40f),
haben zu einer zunehmenden Komplexität und Instabilität des Unternehmensumfeldes geführt, in denen
Produkte und berufliche Kenntnisse alsbald veralten (vgl. Hoss, 1991, S. 20).
Die Anfang der 90er Jahre einsetzenden Veränderungsprozesse haben nicht nur in großen Unternehmen
der seriellen Massenfertigung (z.B. Automobil-, Elektroindustrie), sondern in fast allen Branchen und
Unternehmensgrößenklassen zu umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen geführt. Der steigende
Konkurrenzdruck macht es erforderlich, auf die Wünsche der Kunden noch stärker als in der
Vergangenheit einzugehen. Das führt u.a. zu erhöhten Anforderungen an die Arbeitsqualität und
Serviceleistungen, die mit herkömmlichen Organisations- und Führungsstrukturen nicht mehr realisierbar
sind (vgl. Soltwedel, 1995, S. 13).
Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit müssen zukünftig in den Unternehmen die hierarchischen
Strukturen abgeflacht, innovative Formen der Arbeitsorganisation über die gesamte Wertschöpfungskette etabliert und Methoden wie Betreuungsteams, Qualitätszirkel etc. ins Unternehmenskonzept
aufgenommen werden. Nur durch kontinuierliche Lern- und Entscheidungsprozesse können sich die
Unternehmen kurzfristig und flexibel den geänderten Marktkonstellationen anpassen. Dabei gewinnt der
horizontale Informationsaustausch und die horizontale Koordination zwischen den Mitarbeitern in den
oftmals abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppen zunehmende Bedeutung (vgl. Frese/Werder, 1994, S.
14ff).
- 2 -
Durch die stärkere Delegation von Verantwortung und Entscheidungskompetenz kommt der
Einsatzbereitschaft und Motivation der Mitarbeiter (human resources) auf allen Unternehmensebenen
eine immer größere Bedeutung für den Gesamterfolg des Unternehmens zu. Dabei erhält die Integration
der Arbeitnehmer in den Planungs- und Gestaltungsprozeß steigende Bedeutung, um die Flexibilität des
Unternehmens zu erhöhen, die Entscheidungsfindung zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die an den
einzelnen Mitarbeiter gestellten Leistungsanforderungen werden dabei erheblich komplexer;
Interdependenzen innerhalb von Teams und zwischen den Gruppenmitgliedern gewinnen an Bedeutung
(vgl. Soltwedel, 1995, S. 13).
Um den wirtschaftlichen, organisatorischen und personalpolitischen Veränderungen gewachsen zu sein,
benötigen insbesondere die Führungskräfte1 entsprechende Qualifikationen2, die sie in die Lage
versetzen, die zukünftigen Chancen und Risiken ihres Unternehmens zu erkennen und vorteilhaft zu
nutzen (vgl. Schuchart, 1989, S. 247). Gerade in mittelständischen Unternehmen wie dem KfzGewerbe ist die Führungsbefähigung der Unternehmensleitung und der Führungskräfte entscheidend für
den langfristigen Unternehmenserfolg (vgl. Gutersohn, 1985, S. 15).
Dabei haben sich die Anforderungen an die Manager in den vergangenen zwei Jahrzehnten gewandelt.
Neben der fachlichen Kompetenz gewinnen vor allem soziale, persönliche und konzeptionelle
Fähigkeiten zunehmende Bedeutung für eine erfolgreiche mitarbeiter- und ertragsorientierte
Unternehmensführung (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 21f; Wohlgemuth, 1990, S. 94).
Diese allgemeinen, fachübergreifenden und langfristig einsetzbaren Qualifikationen3 können zwar in
Form von Simulationsverfahren (z.B. Plan-, Rollenspiel, Fallstudie) systematisch vorbereitet werden,
trotzdem können sie nur wirklich geübt, automatisiert und verstanden werden durch die praktische
Anwendung in beruflichen Tätigkeiten (Lernen in Realsituationen, ganzheitliche Lernsituationen etc.)
unter Einbeziehung konkret handelnder Mitarbeiter, ihrer Intentionen, Sicht- und Verhaltensweisen etc.
(vgl. Brater/Bauer, 1990, S. 66f; Stein/Weitz, 1992, S. 4).
1
Führungskräfte sind diejenigen Personen im Unternehmen, die mit unterschiedlichen Macht-, Weisungsbefugnissen und Kompetenzen gegenüber anderen Personen zur Durchsetzung bestimmter Teilziele des Unternehmens
ausgestattet sind (vgl. Grochla et al., 1983, S. 11; Koreimann, 1986, S. 12). Dabei handelt es sich überwiegend um
qualifizierte Mitarbeiter mit erheblicher Sachverantwortung (vgl. Grochla et al., 1983, S. 11).
2
Der Begriff “Qualifikation“ wird in der Literatur oft synonym mit Eignung oder Befähigung verwendet und wird
durch das individuelle Leistungspotential sowie -angebot bestimmt (vgl. Hentze, 1991(a), S. 204).
3
In der fachspezifischen Literatur werden fachübergreifende bzw. extrafunktionale (Basis - bzw. Generalisten-)
Qualifikationen, wie ganzheitliches und vernetztes Denken und Handeln, Team-, Kooperations-, Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität, Persönlichkeit, Ausstrahlung, Verantwortungsbereitschaft, Arbeitsdisziplin, Fremd sprachenkenntnisse, Bereitschaft und Fähigkeit zum lebenslangen Lernen etc., oft mit dem Begriff
“Schlüsselqualifikationen“ gleichgesetzt (vgl. Albers, 1988, S. 88; Berthel, 1987, S. 114; Schmiel, 1988, S. 60ff;
Zander, 1994, S. 215). Auf ihre Bedeutung für die Mitarbeiterführung wird im dritten Kapitel noch näher eingegangen.
- 3 -
In einigen Wirtschaftsbereichen, wie beispielsweise dem Bankwesen (Deutsche Bank, Commerzbank,
Hypo-Bank etc.), dem High-Tech(nology)-Sektor (Siemens, IBM, Hewlett Packard usw.) sowie bei
den Automobilherstellern (Volkswagen/Audi, Ford, Mercedes-Benz etc.) hat man die Bedeutung der
vielschichtigen Qualifizierung4 der Führungsnachwuchskräfte bereits erkannt und auf die späteren
Arbeitsinhalte ausgerichtete theoretische (training off the job) und vor allem praktische (training on the
job) Schulungen konzipiert (vgl. Göbel et al., 1988, S. 103; Lantz, 1990, S. 167). In diesen (Groß)Unternehmen gibt es spezielle Trainee-Programme5, die die Absolventen - je nach Unternehmen
zwischen 12 und 18 Monaten Laufzeit - in verschiedenen Bereichen jeweils 1-3 Monate einsetzen, um
ihnen einen Überblick über das gesamte Unternehmen, dessen Geschäftsbereiche und vor allem die
Schnittstellen zu vermitteln (vgl. Göbel et al., 1988, S. 103).
Obwohl die mittelständischen Betriebe in Deutschland mit etwa 3,2 Mio. Unternehmen und ca. 23 Mio.
Mitarbeitern gegenüber den rund 10.500 Großbetrieben eindeutig überwiegen (vgl. Hamer, 1990(b), S.
14; Schmidt, 1993, S. 51ff), gibt es bei ihnen nur vereinzelt Qualifizierungskonzepte, die auf die
späteren Arbeitsanforderungen der Nachwuchskräfte abgestimmt sind. Das gilt auch für das KfzGewerbe mit nahezu 50.000 in die Handwerksrolle eingetragenen freien und vertragsgebundenen KfzMeisterbetrieben, in denen ca. 530.000 Mitarbeiter einschließlich Auszubildenden und Inhabern
beschäftigt sind (Zahlenangaben laut Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe6 - Stand Mitte
1997). Diese gehören zu den wirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch gesehen wichtigsten
mittelständischen Unternehmensformen (vgl. Diez, 1994(a), S. 22).
4
Unter dem Begriff “Qualifizierung“ wird das individuelle oder auch das anderweitige (z.B. durch unternehmensinterne, -externe Schulungen bzw. Seminare) unterstützte Bemühen verstanden, (vorhandene) Kenntnisse,
Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen durch Aus-, Fortbildung und Umschulung zu erweitern und/oder zu
vertiefen, um bestimmte, bisherige oder neue Tätigkeiten (Arbeit, Leistung) erfolgreich durchführen zu können (vgl.
Berthel et al., 1990, S. 78; Berthel, 1995, S. 37; Koeder/Priester, 1991, S. 118). Erst das Zusammenspiel der
Komponenten bewirkt das Leistungsverhalten (vgl. Berthel et al., 1990, S. 78); es kennzeichnet die Befähigung der
jeweiligen Person für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit (vgl. Mentzel, 1994, S. 169).
5
Trainee-Programme dienen der systematischen Einführung in die Arbeit mehrerer Funktionsbereiche (Verkauf,
Marketing, Rechnungswesen usw.), um einerseits den Absolventen Einblick in das Unternehmen zu vermitteln und
um andererseits Entscheidungshilfen zu geben, für welche spätere Tätigkeit sich die einzelnen Trainees eignen (vgl.
im einzelnen Ferring/Thom, 1981, S. 6ff; Conradi, 1983, S. 53; Staufenbiel, 1994, S. 73).
6
Der "Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe" (ZDK) ist die Interessenvertretung aller Kfz-Unternehmen
in Deutschland und innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EG). Er versteht sich als Dienstleister seiner
Mitglieder, beispielsweise bei Betriebs-, Rechts-, Finanzierungsberatungen, zur Unterstützung bei Aus- und
Fortbildungsmaßnahmen sowie als Vermittler zwischen Automobilindustrie und -händlern (vgl. Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1990, o.S.).
- 4 -
Die Automobilwirtschaft7 und speziell das Kfz-Gewerbe befinden sich in einem tiefgreifenden
strukturellen Wandel. Angesichts
- der weltweiten Überkapazitäten in der Fahrzeugproduktion,
- der Internationalisierung des Automobilhandels (z.B. EU-Importe),
- der verkehrs- und umweltpolitischen Maßnahmen, die auf eine Begrenzung und Verteuerung des
Individualverkehrs abzielen,
- der Aufweichung vorhandener Vertriebsstrukturen,
- der zunehmenden Sättigungstendenzen auf dem Automobilmarkt,
- des veränderten Kundenverhaltens (Erlebniskonsum vs. Preissensitivität),
- der überbesetzten bzw. ungünstig aufgeteilten Händlernetze mit zu geringen Betriebsgrößen,
wird der Verdrängungswettbewerb und Kostendruck in den 90er Jahren für die deutschen KfzHersteller und insbesondere für die Kfz-Betriebe weiter zunehmen (vgl. Goeudevert, 1990,
S. 12ff; Müller/Reuss, 1995, S. 11ff).
Um in dem umkämpften Markt weiterhin bestehen zu können, müssen neben der kontinuierlichen Ausund Weiterbildung der Mitarbeiter in den verschiedenen Unternehmensbereichen eines Autohauses
(Neu- und Gebrauchtwagenhandel, Kundendienst/Werkstatt, Teilelager, Finanzbuchhaltung etc.) vor
allem die zukünftigen Unternehmer8- bzw. Geschäftsführer9/-innen eine umfassende Qualifizierung
erhalten. Deren Aus- und Fortbildung beruht bisher meist auf Bildungsmaßnahmen in den traditionellen
Bereichen eines Autohauses, entweder im kaufmännischen (z.B. Büro-, Groß- und
Außenhandelskaufmann) oder im handwerklichen (z.B. Kfz-Mechaniker, -Meister) Sektor. Diese
Schulungen beschränken sich vorrangig auf das operative Tagesgeschäft und versuchen den
7
Die Automobilwirtschaft umfaßt den kompletten Wertschöpfungskreislauf, d.h. alle Unternehmen, die mit der
Herstellung, Vermarktung, Instandsetzung und Entsorgung von Automobilen und Fahrzeugteilen zur Erbringung
einer kundengerechten Marktleistung (Produkt und Serviceleistung) befaßt sind. Dazu zählen u.a. Automobilzulieferer, -produzenten, Kfz-Betriebe und Entsorgungsunternehmen (vgl. Diez, 1994(a), S. 13ff).
8
Wenn der bzw. die Eigentümer zugleich auch Geschäftsführer des Unternehmens sind, bezeichnet man solche
Betriebe als Eigentümer-Unternehmen (vgl. Blatt et al., 1988, S. 25; Wöhe, 1986, S. 90). Der Inhaber übt bei Betrieben
dieser Art zwei Funktionen aus. Einerseits leitet er das Unternehmen und andererseits trägt er auch das
Kapitalrisiko, d.h. er ist allein für die Aufstellung des Wirtschaftsplans verantwortlich und trifft alle Entscheidungen
eigenständig (sog. Direktorialprinzip). Ferner trägt der Inhaber die volle Verantwortung für die (wirtschaftliche)
Entwicklung des Unternehmens, von dem sowohl sein eigenes als auch das Einkommen der Mitarbeiter abhängt.
Der Gewinn steht ihm allein zu, entsprechend muß auch der Verlust von ihm allein getragen werden (vgl. Hamer,
1990(b), S. 14ff).
9
Geschäftsführer bzw. (Fremd -)Manager sind - generell betrachtet - die Führungskräfte im Unternehmen, die in
arbeitsteiliger Weise an der Zielerreichung beteiligt sind, mit unterschiedlichen Kompetenzen (Machtbefugnissen)
ausgestattet sind sowie fachliche und disziplinarische Weisungsbefugnis gegenüber einer oder mehreren Personen
haben (vgl. Hamer, 1990(b), S. 36; Koreimann, 1986, S. 11f). Sie besitzen jedoch meist keinen rechtlichen oder
vermögensmäßigen Anteil am Unternehmen (vgl. Escherle/Kaplaner, 1990, S. 403). Die Geschäftsführer besitzen
zwar weitgehende Verfügungsrechte, die aber i.d.R. von den Eigentumsrechten getrennt sind. Hieraus ergeben sich
auch Unterschiede bzgl. der Haftung, der Identifikation mit dem Unternehmen, der Verantwortlichkeit und des
Zielhorizontes von Entscheidungen (vgl. Schmidt, 1993, S. 51).
- 5 -
Nachfolgern in einzelnen Abteilungen des Unternehmens fundierte Kenntnisse zu vermitteln,
vernachlässigen jedoch die sich fortlaufend ändernden Organisations- und Führungsstrukturen.
Trotz der erheblichen Bedeutung für die deutsche Wirtschaft gibt es bisher kaum wissenschaftlich
fundierte Veröffentlichungen über strategische Management- und Führungsaufgaben in kleineren und
mittleren (Kfz-)Betrieben, die verständlich und praktikabel sind sowie die Unternehmensführung bei
ihren langfristigen Planungen unterstützen (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 205). Meist liegen Publikationen
lediglich in Aufsatzform vor und befassen sich mit Teilbereichen der vielfältigen Unternehmensführung.
Die zukünftigen unternehmerischen Aufgaben erfordern nicht mehr den selbst produktiven
("schraubenden") Kfz-Meister in der Werkstatt, sondern einen mit verschiedenen Managementqualifikationen (vgl. Brachat, 1992(b), S. 18) - ähnlich denen eines Managers in Großbetrieben ausgestatteten strategischen Unternehmensführer. In Zukunft kommt es vielmehr darauf an, daß die
Nachfolger in langfristigen Dimensionen denken und handeln, mögliche Entwicklungstendenzen
voraussehen und ihre Planungen darauf ausrichten können. Das ist nicht zu realisieren mit einem
reaktiven Verhalten, sondern nur bei vorausschauender Planung, d.h. bei einem aktiven strategischen
Management.
Vor allen Dingen muß der langfristigen, integrativen Planung und Abstimmung der personellen
Ressourcen (Management of human resources) mit den unternehmerischen Rahmenbedingungen,
Veränderungen und Zielen zentrale Bedeutung zukommen (vgl. Johansson, 1990, S. 43). Im
Dienstleistungsgewerbe wie dem Kfz-Gewerbe werden die qualifizierten, motivierten Mitarbeiter, bei
zunehmender Händlerdichte und (sicherheits-) technischer, preislicher sowie optischer Angleichung der
einzelnen Fahrzeuge, immer stärker zum entscheidenden strategischen Erfolgsfaktor.
Aufgrund der immer komplexeren Anforderungen an den zukünftigen “Autohaus-Manager“ reicht es in
den 90er Jahren nicht mehr aus, wenn die Nachfolger ihre führungs- und branchenspezifischen,
praktischen Erfahrungen ausschließlich im elterlichen bzw. Stammbetrieb erwerben (vgl. Finsterwalder,
1990, S. 28). Insbesondere unter dem Aspekt, daß nach verschiedenen Untersuchungen (z.B.
Autohaus Studienabteilung (1997), Aral AG in Verbindung mit dem Autohaus Verlag (1993)) bis zum
Jahr 2002 bei etwa 25 % der fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe in Deutschland die
Unternehmensnachfolge ansteht (vgl. Autohaus Studienabteilung, 1997, S. 5; Aral AG/Autohaus Verlag
GmbH, 1993, S. 7), ergibt sich ein erheblicher Qualifizierungsbedarf10.
Bisher wurden zwar für die Nachfolger mittelständischer Kfz-Betriebe von den einzelnen KfzHerstellern bzw. -Importeuren sowie händlerübergreifend von der "Autohaus Akademie" bran10
Der Begriff “Qualifizierungsbedarf“ besagt, über welche Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen die potentiellen Stelleninhaber verfügen müssen, um die an sie gestellten Arbeitsanforderungen erfüllen zu
können. Dabei erfolgen jedoch keine Angaben darüber, wie der Lernprozeß zu konzipieren ist (vgl. Hentze, 1991(a),
S. 343). Die Ausgestaltung dieses Prozesses wird erst in der Qualifizierungsplanung durchgeführt.
- 6 -
chenbezogene Unternehmernachfolger11-Programme angeboten (siehe auch Anlage 10), die die
Absolventen auf ihre zukünftigen Arbeitsanforderungen vorbereiten sollen. Jedoch sind diese jeweils 3bis 5-tägigen Seminare pro Themenbereich, in denen den Nachwuchskräften kfz-händlerspezifisches
Wissen vermittelt werden soll, überwiegend theoretische Veranstaltungen, wie nachfolgende Auflistung
der Themenschwerpunkte zeigt:
- erfolgreiche Unternehmensführung und -organisation durch betriebswirtschaftliche Analyse und
Planung,
- spezielle Führungsseminare (Rhetorik, Zeitmanagement, Personalmanagement, aktive Mitarbeiterführung und -motivation etc.),
- spezielle Fachlehrgänge (z.B. Bedeutung der Geschäftsfelder Verkauf, Kundendienst und Teilehandel;
gezielte Autohaus-Werbung für die einzelnen Bereiche; Recht und Steuern; EDV-Einsatzmöglichkeiten
im Händlerbetrieb; betriebswirtschaftliche Kennzahlen zur effizienten Unternehmenssteuerung, zum Teil
auch unter Anwendung computergestützter Planspiele),
- Bedeutung des Qualitätsmanagements als Grundlage für erfolgreiche Kundenbetreuung und
-bindung sowie den zukünftigen Unternehmenserfolg,
- konfliktfreie Gestaltung der Unternehmensübergabe,
- Darstellung der Beziehungen zwischen Kfz-Hersteller/-Importeur und -Händler.
Diese Schulungen sind als Ergänzungsprogramme für bereits im Kfz-Gewerbe arbeitende
Führungskräfte sicher empfehlenswert, jedoch erscheint es darüber hinaus dringend erforderlich, daß
die Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger(-innen)12 auch bei Partnerhändlern in den verschiedenen
Unternehmensbereichen praktisch eingesetzt werden. Für diese Verzahnung zwischen den
theoretischen Lerninhalten und der praktischen Anwendung bedarf es einer systematischen
Qualifizierungsplanung13 nach dem aus der beruflichen Erstausbildung bekannten sog. “dualen System“.
Bisher werden die Unternehmensnachfolger oftmals ohne ausreichend praktische Erfahrungen in
Mitarbeiterführung, -motivation, Unternehmensleitung, spezifischem Marketing, Kundendienst,
Rechnungswesen usw. mit einer so komplexen Führungsaufgabe konfrontiert.
11
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden unter dem Begriff “Unternehmernachfolger/-in“ alle familienangehörigen (z.B. Kinder, Schwiegersohn, -tochter, Verwandte) und -fremden (z.B. unternehmensinterne und
-externe Nachwuchskräfte, Führungskräfte und Mitarbeiter) Nachfolger subsumiert, die auf die zukünftige
Übernahme der gesamten Unternehmensführung im Kfz-Betrieb als Eigentümer-Unternehmer (meist Erbe) oder
Geschäftsführer vorbereitet werden. Die Übertragung erfolgt mit allen persönlichen, sachlichen Führungs-,
Entscheidungs- und Dispositionsbefugnissen sowie der gesamten Verantwortungsübernahme (in Anlehnung an
Blatt et al., 1988, S. 160).
12
Sämtliche Ausführungen dieser Arbeit gelten selbstverständlich auch für die weiblichen Unternehmer- bzw.
Geschäftsführernachfolger im Kfz-Gewerbe, auch wenn sie nicht jedesmal explizit benannt werden.
13
Unter dem Begriff "Qualifizierungsplanung" wird im Rahmen dieser Arbeit die frühzeitige, zielgerichtete,
systematische und umfassende Vorbereitung der Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger durch entsprechende
theoretische und praktische Aus- und Fortbildungsmaßnahmen auf die gegenwärtigen und vor allem zukünftigen
Aufgaben und Arbeitsanforderungen subsumiert.
- 7 -
0.2. Zielsetzung und Gegenstand der Untersuchung
Obwohl - wie bereits erwähnt - in diesem Jahrzehnt bei vielen deutschen markengebundenen KfzBetrieben die Unternehmensnachfolge zu regeln ist, bietet bisher kein Kfz-Hersteller/-Importeur und
auch keine externe kommerzielle Institution ein zukunftsorientiertes, systematisches Qualifizierungsprogramm für diese Zielgruppe an, das sowohl auf die späteren Arbeits- und Führungsanforderungen ausgerichtete theoretische und vor allem praktische Schulungsmaßnahmen - speziell in
fremden Kfz-Betrieben - beinhaltet.
Berücksichtigt man des weiteren, daß nach wissenschaftlichen Untersuchungen (z.B. Shell Junior
Autohaus Manager (JAM) Profil Studie, 1997) etwa jede zweite Unternehmensnachfolge scheitert, da
die Nachwuchskraft nicht die benötigten gestiegenen Qualifikationen und den Willen aufweist, das
Unternehmen weiter zu führen oder da sie andere persönliche Ziele verfolgt, wird der Stellenwert dieser
Thematik noch deutlicher (vgl. Meunzel, 1997, S. 20).
Aufgrund dieser Mängel ist das Anliegen der vorliegenden Arbeit, basierend auf einem “Human
Resource Management“-Ansatz als konzeptionelle Grundlage, darzustellen, welche vielfältigen
Qualifikationen, insbesondere hinsichtlich der strategischen Unternehmens- sowie Mitarbeiterführung
und -motivation, für zukünftige Unternehmensführer im Kfz-Gewerbe erforderlich sind. Dazu wurde ein
Fragebogen entwickelt, der an erfahrene Inhaber-/Geschäftsführer(-innen) mittelständischer
westdeutscher Kfz-Betriebe versandt wurde, um zu untersuchen, welche Schulungsmaßnahmen für
Nachfolger/-innen bisher durchgeführt bzw. in Anspruch genommen worden sind und welche
theoretischen und praktischen Bildungsschwerpunkte und Lerninhalte den Befragten für die zukünftigen
Fach- und Führungsaufgaben erforderlich erscheinen. Basierend auf diesen Ergebnissen wird ein
Lehrplan-Vorschlag für ein zukunftsorientiertes, systematisches und duales Qualifizierungsprogramm
erstellt, das auf die vorhandenen Qualifikationen, persönlichen Stärken/Schwächen, Erfahrungen,
Interessen, Neigungen, das jeweilige Leistungspotential, den zukünftigen Arbeitsbereich der einzelnen
Teilnehmer und die Größe des Kfz-Betriebes individuell abgestimmt werden muß. Anstelle der bisher
vorrangig durchgeführten funktionalen Schulungen für diese Nachwuchskräfte wird eine umfassende
strategische Management- und Führungsausbildung konzipiert, die insbesondere die langfristige Planung
umfaßt. Dabei werden neben den möglichen Umfeldentwicklungen auch die notwendigen flexiblen,
kunden- und prozeßorientierten Organisationsstrukturen14 sowie vor allem die Qualifikation und
Motivation der vorhandenen Mitarbeiter berücksichtigt, denn sie sind bei den fortlaufenden
Umstrukturierungsprozessen der entscheidende Wettbewerbsfaktor.
Das Programm besteht aus verschiedenen theoretischen (z.B. Seminaren, Vorträgen) und darauf
aufbauenden praktischen (z.B. Betriebspraktika) Qualifizierungsmaßnahmen und soll die Unternehmer-
14
Dabei wird in den nachfolgenden Ausführungen vorrangig auf die “Organisationsgestaltung“, also die Schaffung
und Veränderung von formellen systematischen Regelungen und Strukturen, eingegangen.
- 8 -
/Geschäftsführernachfolger gezielt und umfassend auf ihre Fach- und Führungsaufgaben in den 90er
Jahren vorbereiten.
Einschränkend muß herausgestellt werden, daß sich die empirische Erhebung ausschließlich auf
Westdeutschland bezieht. Diese geographische Begrenzung der schriftlichen Befragung war notwendig,
da zum Zeitpunkt der Untersuchung die Anschriften, Unternehmensgrößen, Mitarbeiterzahlen etc. der
vertragsgebundenen, ostdeutschen Kfz-Betriebe noch nicht detailliert vorlagen.
Ein weiterer Grund für die Einschränkung der Untersuchung bestand darin, daß sich zur damaligen Zeit
das Vertriebsnetz in den fünf neuen Bundesländern - nach der Öffnung der Grenzen am 09. November
1989 - noch im Aufbau befand. In Ostdeutschland ist im Augenblick vorrangig fundamentale fachliche,
betriebswirtschaftliche und führungsbezogene Bildungsarbeit sowie umfassende Beratung über
Standortfragen, Investitions- und Baumaßnahmen, Werkstattausstattung etc. für die
Unternehmensführer notwendig.
Jedoch können speziell die Qualifikationsanforderungen, Seminarthemen und -inhalte, die im dritten
Kapitel dieser Arbeit vorgestellt werden, auch von Interesse für viele ostdeutsche Kfz-Unternehmer/bzw. -Geschäftsführer/-innen sein.
Die Schwerpunkte der Arbeit sind auf folgende Aspekte gerichtet:
- Darlegung der bedeutsamsten branchenspezifischen Qualifikationswege für die Kfz-Händlernachfolger;
- Auswirkungen der fortlaufenden Umfeldentwicklungen auf die Automobilwirtschaft und speziell das
Kfz-Gewerbe;
- Bedeutung der integrativen strategischen Unternehmens- und Personalplanung;
- Beschreibung aktueller Arbeits- und Organisationsformen in Autohäusern;
- Erläuterung der bedeutsamsten Subsysteme des strategischen Personalmanagements;
- Darlegung der Inhalte und des Ablaufs der Seminare sowie Betriebspraktika in unterschiedlichen KfzBetrieben zur praktischen Umsetzung des Gelernten;
- Bedeutung des systematischen Wechsels zwischen Seminaren und praktischen Arbeitseinsätzen,
speziell in fremden Autohäusern;
- Vorgehensweise für eine systematische Vorbereitung und Durchführung der Unternehmensnachfolge;
- Vorstellung eines mittelstandsspezifischen, branchenorientierten Studiengangs für den KfzHändlernachwuchs.
Schon an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß die folgenden Ausführungen keinen Anspruch auf
Vollständigkeit erheben. Vielmehr erfolgt im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine Darlegung der
wichtigsten Qualifizierungswege und -maßnahmen, Seminarthemen und -inhalte sowie des aus der
Auswertung des Fragebogens entwickelten dualen, zukunftsorientierten Lehrplans (sog. Curriculum).
Dabei wird u.a. auf branchenspezifische Produkt- bzw. Fachkenntnisse (z.B. bzgl. Kfz-Handel,
Aufgaben im Kundendienst-/Werkstattbereich) sowie gesetzliche und steuerliche Regelungen (z.B.
Arbeits-, Wettbewerbsrecht) nicht eingegangen, da dies den Umfang der vorliegenden Arbeit
- 9 -
übersteigen würde. Eine grobe Auflistung branchenspezifischer Fachkenntnisse - differenziert nach den
Funktionsbereichen im Kfz-Gewerbe - erfolgt im Rahmen des Qualifizierungsprogramms.
0.3. Aufbau und methodisches Vorgehen in der Arbeit
Die Arbeit ist in sechs Kapitel untergliedert. In der Einführung werden die Gründe für die steigende
Bedeutung der Qualifizierungsplanung für Unternehmernachfolger, speziell in Kfz-Betrieben, sowie der
grobe Aufbau der Arbeit und die methodische Vorgehensweise bei der Bearbeitung dargelegt. Damit
werden das zentrale Anliegen der Arbeit, der Gegenstand der Untersuchung und die Abgrenzung zu
benachbarten Fragestellungen erörtert. In dem sich daran anschließenden ersten Kapitel werden die
wichtigsten Begriffe der Themenstellung erläutert und abgegrenzt, ein kurzer Überblick über
mittelständische Unternehmen sowie über die Automobilindustrie und speziell das Kfz-Gewerbe
gegeben. Dabei wird auf die verschiedenen Vetriebswege im Automobilhandel sowie auf die Bedeutung
und Auswirkungen des sogenannten selektiven Vertriebssystems näher eingegangen.
Im zweiten Kapitel erfolgt die Darstellung und Beurteilung typischer branchenbezogener (inter-)
nationaler Qualifikationswege, um aufzuzeigen, welche vielfältigen kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen
und gewerblich-technischen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für Unternehmernachfolger im KfzGewerbe zur Vorbereitung auf ihre zukünftigen Arbeitsanforderungen bestehen (=Bestands- und
Bedarfsanalyse). Dabei werden vorrangig die von den Kfz-Herstellern/
-Importeuren und der externen Institution (Autohaus Akademie) angebotenen theoretischen und ggf.
praktischen Schulungen detaillierter erörtert und einer kritischen Betrachtung unterzogen.
Im dritten Kapitel wird auf die zunehmende Bedeutung des (strategischen) Human Resource
Management als neues Etikett und/oder Paradigma der Personalwirtschaft in der Wissenschaft und
Unternehmenspraxis eingegangen sowie die beiden bedeutendsten konzeptionellen Ansätze (Harvardund Michigan-Ansatz) erläutert. Auf der Grundlage des Michigan-Ansatzes von Tichy et al. als
Gliederungsschema für die weiteren Ausführungen wird aufgezeigt, welche umfassenden Qualifikationen
zukünftige Unternehmer/Geschäftsführer benötigen, um einen Kfz-Betrieb führen und vor allem die darin
tätigen Mitarbeiter motivieren zu können. Die zentralen Elemente dieses konzeptionellen Ansatzes, und
zwar Umfeldfaktoren, Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und Human Resource
Management, müssen für die vorliegende Themenstellung, entsprechend den charakteristischen
Besonderheiten mittelständischer Betriebe und vor allem der Autohäuser (z.B. Wirtschaftsbereich,
Unternehmensgröße, Wettbewerbssituation), in einigen Bereichen angepaßt und weiter ausgeführt
werden. In den vorliegenden Veröffentlichungen sind speziell die inhaltlichen Ausführungen zu den
Bereichen Unternehmensstrategie und Organisationsstruktur recht gering. Neben der strategischen
Betrachtungsweise, die den Schwerpunkt dieses Ansatzes bildet, werden auch mittel- und kurzfristige
- 10 -
(=operative) Maßnahmen in den einzelnen Bereichen berücksichtigt sowie vereinzelt Anregungen und
Beispiele von erfahrenen Praktikern angeführt.
Eines der großen Probleme für die Führung von Unternehmen besteht darin, daß es aufgrund der
Heterogenität der Branchen und Betriebe, der ständig wechselnden Rahmenbedingungen, der
unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche der Unternehmer/Geschäftsführer etc. bis heute keine hinreichende
Antwort auf die Frage nach einem bestimmten Führungswissen und nach spezifischen
Führungstechniken gibt, die notwendig sind, um in verschiedenen Situationen Führungsaufgaben
jederzeit optimal erfüllen zu können (vgl. Korndörfer, 1989, S. 25).
Da der (Miß-)Erfolg von Klein- und Mittelbetrieben im besonderen Maße durch die zentrale
Entscheidungsbildung, die Persönlichkeit und Initiative des Führenden geprägt wird (vgl. Hamer,
1990(b), S. 86; Kreikebaum 1993, S. 200), ist es sehr schwierig, allgemeingültige Qualifikationsanforderungen darzustellen, die für alle Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger im Kfz-Gewerbe
zutreffen. Bei der Betrachtung müssen ebenfalls sozial- und verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse
berücksichtigt werden.
Des weiteren wird es durch betriebs- und personenbedingte Besonderheiten (z.B. Unternehmensgröße,
zukünftige Arbeitsinhalte, individuelles Qualifikationsniveau und Führungsstil) sowie einer zunehmenden
Komplexität und Instabilität des Unternehmensumfeldes noch schwieriger, entsprechende
Anforderungen für die Zukunft festzulegen.
Aufgrund dieser Aspekte werden in diesem Kapitel die zukünftigen Qualifikationsanforderungen bzw.
Seminarthemen und -inhalte auf der Grundlage verschiedener Quellen exemplarisch aufgezeigt und
erläutert, um den Unternehmernachfolgern in Kfz-Betrieben die wichtigsten, allgemein als notwendig
angesehenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen zu vermitteln.
Da es bisher - angesichts der Neuartigkeit dieser Themenstellung - über die zukünftigen Arbeitsanforderungen an Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben noch keine allgemeingültige
Darstellung gibt, erfolgt im vierten Kapitel die Überprüfung der Bedeutung verschiedener
Aufgabenbereiche mit Hilfe einer empirischen Untersuchung (=explorative Studie). Im ersten Teil dieses
Kapitels wird anhand einer schriftlichen Befragung eruiert, welche Arbeitsanforderungen, Schul-, Ausund Fortbildung bzw. Qualifikationsschwerpunkte - von den zuvor größtenteils erörterten Themen erfahrene Unternehmensführer/-innen mittelständischer westdeutscher Kfz-Betriebe für die Nachfolger/innen für notwendig erachten. Im zweiten Teil dieses Kapitels erfolgt die Auswertung der Studie. Auf
der Grundlage der hierbei erzielten Ergebnisse, unter Berücksichtigung der diesbezüglichen
Management- und Führungsliteratur, wird ein Lehrplan für ein duales, ressortübergreifendes
Qualifizierungsprogramm für die Unternehmernachfolger mittelständischer Kfz-Betriebe entwickelt. Ziel
des Programms ist es, dem Nachwuchs eine günstige Ausgangsposition zu schaffen, um in dem
zunehmenden Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können.
- 11 -
Das zukunftsgerichtete Qualifizierungsprogramm ist - in Anlehnung an ähnlich geartete TraineeProgramme bei Automobilherstellern, Banken, Elektronikkonzernen etc. - in sechs Programmbausteine
mit theoretischen Lerninhalten und vor allem praktischen Schulungsmaßnahmen bzw. Anwendungen
unterteilt, die systematisch aufeinander abgestimmt sind.
Die Schwerpunkte dieses sechsstufigen Programms liegen in den Abschnitten II. bis V., in denen sowohl
fachbezogene als auch fachübergreifende Qualifikationen vermittelt werden. Die äußerst wichtige vierte
Stufe des Qualifizierungsprogramms ist entsprechend dem zugrunde gelegten modifizierten MichiganAnsatzes strukturiert. In diesem Programmabschnitt werden primär in Seminaren allgemeine und
branchenspezifische Management- und Führungskenntnisse über zukünftige Umwelt- und
Unternehmensentwicklungen, strategische Unternehmensführung, Organisationsstruktur und
strategisches Personalmanagement vermittelt. Die praktische Umsetzung des vermittelten Lehrstoffes
erfolgt während der Betriebspraktika in der zweiten und speziell in der vierten Stufe in gehobener
Assistenten- bzw. Führungsfunktion.
Anstatt auf der Grundlage einer schriftlichen Befragung wäre es auch möglich gewesen, anhand der
diesbezüglichen Fachliteratur einen Curriculum-Vorschlag für ein Qualifizierungsprogramm für
Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe zu entwickeln. Jedoch erschien dem Verfasser dieser Arbeit
das ausschließliche Heranziehen von Sekundärquellen als zu wenig zielorientiert. Es gestattet weder die
Erstellung eines vollständigen, möglichst zahlreiche Aspekte berücksichtigenden Bezugsrahmens, noch
können durch die alleinige Berücksichtigung theoretischer Abhandlungen praxisnahe Entscheidungshilfen
und Gestaltungsempfehlungen gegeben werden. Deshalb hielt es der Verfasser für dringend erforderlich,
Informationen von erfahrenen Eigentümer-Unternehmern bzw. Geschäftsführern markengebundener
Kfz-Betriebe zu eruieren, die die Spezifika und Anforderungen dieser Branche genau kennen, um darauf
aufbauend einen Lehrplan-Vorschlag zu erstellen. Nur so scheint gewährleistet, daß die
Unternehmernachfolger umfassend und systematisch auf ihre vielfältigen zukünftigen Aufgaben
vorbereitet werden.
Dieses im Rahmen der Arbeit entwickelte standardisierte Programm muß an die Voraussetzungen,
Gegebenheiten, Zielsetzungen etc. des einzelnen Nachfolgers und des zukünftig tätigen Autohauses
individuell angepaßt und kann nicht vorbehaltlos adaptiert werden.
Im letzten Abschnitt der Arbeit, dem fünften Kapitel (=Schluß), erfolgt zunächst die Zusammenfassung
der wichtigsten Aspekte der Arbeit und eine kritische Würdigung der erzielten Ergebnisse. Ferner wird
ein Ablaufschema zur systematischen Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge
dargestellt, um größere Generationskonflikte bei der Unternehmensübergabe zu vermeiden. Den
Abschluß der Arbeit bildet ein Vorschlag für ein branchenbezogenes, duales (Fach-)Hochschulstudium
zur Vorbereitung des Nachwuchses auf die Unternehmernachfolge in einem mittelständischen (Kfz)Betrieb, um darzulegen, wie ein zukunftsorientierter, systematischer Bildungsweg mit wissenschaftlichen
als auch berufspraktischen Komponenten speziell für diese Unternehmensgröße konzipiert sein müßte.
- 12 -
1. Abgrenzung und wirtschaftliche Bedeutung mittelständischer Unternehmen und speziell des
Kfz-Gewerbes
1.1. Unternehmen
In der deutschsprachigen Literatur werden die Begriffe “Unternehmen“ und “Betrieb“ und ihre
Beziehung zueinander nicht einheitlich verwendet (vgl. Korndörfer, 1990, S. 32). Teilweise werden mit
beiden Bezeichnungen auch unterschiedliche Inhalte assoziiert. Einige Abgrenzungen stellen Über- und
Unterordnungsverhältnisse heraus, wobei in den meisten Begriffsabgrenzungen das Unternehmen als
rechtlich-organisatorische, selbständige Institution der umfassendere, der Betrieb hingegen der engere
Begriff ist. Der Letztgenannte umfaßt meist nur den technischen Produktionsbereich bzw. die
Leistungserstellung (vgl. Dichtl/Issing, 1987, S. 776; Hentze/Brose, 1985(a), S. 13; Korndörfer, 1990,
S. 32; Kuhn, 1990, S. 1).
Andere Abgrenzungen unterscheiden Unternehmen versus Betriebe nach der Art der Bedarfsdeckung,
wobei die Erstgenannten primär den Güterbedarf fremder Betriebe decken, während Betriebe in erster
Linie der allgemeinen Bedarfsdeckung dienen (vgl. Bea et al., 1988, S. 15f).
Eine einheitliche Definition hat sich jedoch bisher in der Literatur nicht durchsetzen können, wie auch
eine Vielzahl sprachlicher Konventionen insbesondere bei Wortzusammensetzungen belegen (z.B.
Unternehmenspolitik, -kultur, -struktur, Betriebsgröße, Klein- und Mittelbetrieb).
Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die beiden Bezeichnungen häufig synonym eingesetzt (vgl.
Dichtl/Issing, 1987, S. 776); dieser Betrachtungsweise schließt sich auch der Verfasser im Rahmen der
vorliegenden Arbeit an15.
Die wichtigsten Merkmale des marktwirtschaftlichen Unternehmensbegriffs sind:
- Fremdbedarfsdeckung durch materielle (z.B. Herstellung von Produkten) und immaterielle (z.B.
Dienstleistungen) Güter;
- selbständige Entscheidung durch den Eigentümer-Unternehmer bzw. des angestellten FremdManagers im Rahmen der geltenden Gesetze;
- wirtschaftliche Unabhängigkeit;
- Gewinnerzielung bzw. -maximierung
(vgl. Bea et al., 1988, S. 16ff; Gutenberg, 1958, S. 190ff).
15
Im Sprachgebrauch und in einzelnen Gesetzen (z.B. Steuerrecht) werden für den Betrieb bzw. das Unternehmen
verschiedene Bezeichnungen verwendet. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, einige synonym
eingesetzte Begriffe: Unternehmung, Institution, Organisation, Firma, Fabrik, Werk, Geschäft, Gewerbebetrieb,
gewerbliches Unternehmen.
- 13 -
In der modernen Betriebswirtschaftslehre wird das Unternehmen nicht mehr als ein rein ökonomisches,
sondern als ein komplexes, sozio-ökonomisches Gebilde betrachtet (vgl. Krulis-Randa, 1989, S. 210)
mit zielgerichteten Verhaltensweisen, deren Handlungen auf Effektivität und Effizienz ausgerichtet sind
(vgl. Scholz/Hofbauer, 1990, S. 6).
Dabei sind Unternehmen keine isolierten Gebilde (vgl. Staehle, 1989(a), S. 10), sondern im allgemeinen
offene soziale Systeme, deren Hauptfunktionen darin bestehen, wirtschaftliche Leistungen für Dritte
(z.B. private und gewerbliche Kunden) zu erbringen (vgl. Ulrich, 1990, S. 826).
1.2. Mittelstand
Der Begriff “Mittelstand“ bzw. “mittelständisch“ geht auf die Zeiten einer ständischen Gesellschaftsordnung zurück und läßt sich daher nur schwer auf die soziale und wirtschaftliche Situation einer
modernen Industriegesellschaft übertragen. Auf eine genaue Definition, die alle Aspekte berücksichtigt,
hat man sich bisher in der fachspezifischen Literatur nicht einigen können. Übereinstimmung besteht nur
insoweit, daß der wirtschaftliche Mittelstand sowohl einige quantitative als auch qualitative
Komponenten umfaßt (vgl. Hamer, 1990(b), S. 19ff).
1.2.1. Qualitative Abgrenzungskriterien
Faßt man aus der betriebswirtschaftlichen Literatur häufig angeführte, typische Merkmale mittelständischer Betriebe zusammen, so kann man folgende qualitative Charakteristika feststellen:
- Bei den meisten Klein- und Mittelbetrieben handelt es sich um Familienunternehmen (vgl. Hamer,
1990(a), S. 47; Neumann, 1991, S. 553; Ophoff, 1995, S. B2).
- Das Unternehmen und dessen (Miß-)Erfolg wird entscheidend geprägt durch die persönliche Autorität,
Ausstrahlung, Einsatzbereitschaft, Führungs- und Motivationsfähigkeit des Unternehmers, der i.d.R.
sowohl Eigenkapitalgeber als auch oberste Führungskraft ist.
- Aufgrund ihrer überschaubareren Strukturen können sie meist wesentlich schneller und flexibler auf
(veränderte) individuelle Markt- und Kundenbedürfnisse reagieren als Großunternehmen.
- Als Leitungssystem findet man überwiegend das Einliniensystem vor, mit wenigen Führungskräften und
i.d.R. höchstens drei hierarchischen Ebenen.
- Es bestehen enge persönliche Kontakte unter den Mitarbeitern sowie zwischen ihnen und dem
Unternehmer.
- Mitarbeiter fühlen sich meist dem Unternehmen eng verbunden und identifizieren sich mit dem Betrieb.
- Führungskräfte und sonstige Mitarbeiter haben weitergefaßte Aufgabenbereiche und damit mehr
Selbständigkeit, Freizügigkeit und Verantwortung
(vgl. Hamer, 1990(b), S. 29ff; Knebel, 1987, S. 375ff; Knebel, 1988, S. 5f).
- 14 -
- Tendenziell engagieren sich Unternehmensführer in kleineren und mittleren Betrieben sehr stark im
Tagesgeschäft und verwenden nur einen geringen Teil ihrer Arbeitszeit für dispositive Tätigkeiten wie
Planungs-, Führungs-, Kontrollaufgaben etc. (vgl. Fröhlich/Pichler, 1988, S. 121; Rösch, 1992, S. 3).
Zu einer genaueren Bestimmung der mittelständischen Unternehmen - dies gilt vor allem für empirische
Untersuchungen - müssen in erster Linie quantitative Kriterien hinzugezogen werden, da sich die oben
angeführten qualitativen Eigenschaften schlecht operationalisieren lassen (vgl. Gantzel, 1962, S. 286f).
1.2.2. Quantitative Abgrenzungskriterien
In früheren Untersuchungen über die Größenklassen von Unternehmen wurden verschiedene
Wirtschaftsbereiche (z.B. Industrie, Handwerk, Groß-, Einzelhandel, Dienstleistungen) nach
unterschiedlichen quantitativen Abgrenzungskriterien (z.B. Beschäftigtenzahl, Umsatz, Bilanzsumme)
differenziert (vgl. Hamer, 1990(b), S. 32; Thürbach, 1975, S. 7). Hingegen wird in neueren
diesbezüglichen Veröffentlichungen oftmals keine Branchenunterscheidung mehr vorgenommen (vgl.
Ackermann/Blumenstock, 1993, S. 7; Köhler, 1988, S. 20; Thommen, 1990, S. 41; siehe auch die
Unternehmensgrößenklassen für Kapitalgesellschaften - § 267 HGB).
In der neueren Literatur und in der Statistik werden als quantitative Unterscheidungskriterien meist die
Größen "Umsatz" und "Beschäftigtenzahl" herangezogen, die aber nur ungefähre Größenklassen
darstellen können, weil branchenspezifische und regionale Unterschiede ebenso wie die Dynamik der
wirtschaftlichen Entwicklung unberücksichtigt bleiben. Ferner werden häufig nur Teilaspekte
berücksichtigt. So sind beispielsweise die Beschäftigtenzahlen durch verschiedene Kapitalintensitäten
zwischen und innerhalb von Branchen oder der Jahresumsatz aufgrund verschiedenartiger Produkte,
Dienstleistungen, Produktivitäten und Wertschöpfungsstrukturen der Unternehmen (z.B. Lebensmittelvs. Kfz-Einzelhandel) nur bedingt aussagefähig (vgl. Lachnit, 1989, S. 17). Obwohl dadurch im
Einzelfall Abweichungen möglich sind, lassen sich tendenziell deutliche Übereinstimmungen zwischen den
quantitativen Abgrenzungsmerkmalen feststellen.
In der folgenden Übersicht wird dargestellt, welche Größenklassen - unabhängig von der jeweiligen
Branche - nach den zwei Kriterien "Beschäftigtenzahl" und "Umsatz" unterschieden werden.
- 15 -
Abb. 1:
Differenzierung der branchenunabhängigen Größenbereiche des Instituts für Mittelstandsforschung
Unternehmensgrößenklassen
Kleinbetrieb
Mittelbetrieb
Großbetrieb
Anzahl der
Beschäftigten
bis 49
50 bis 499
500 und mehr
Umsatz (pro Jahr)
bis 1 Mio. DM
1 bis 100 Mio. DM
mehr als 100 Mio. DM
Quelle: Der Bundesminister für Wirtschaft, 1985, S. 19
Unter "mittelständischen Betrieben" sind nach Auffassung des "Instituts für Mittelstandsforschung"
(Köln) jene Unternehmen zu subsumieren, die den quantitativen Größenbereichen "kleine und mittlere
Betriebe" angehören und die durch die eingangs aufgeführten qualitativen Merkmale gekennzeichnet sind
(vgl. Köhler, 1988, S. 20; Hamer, 1990(b), S. 24).
Um den Gegenstandsbereich dieser Arbeit abzugrenzen, erfolgt die Einteilung für Kfz-Betriebe, in
Anlehnung an die Unternehmensgrößenklassen des Instituts für Mittelstandsforschung, nur nach dem
Kriterium Beschäftigtenzahl, da erfahrungsgemäß einige Unternehmer/Geschäftsführer keine Auskunft
über ihren Jahresumsatz geben möchten. Es ist jedoch davon auszugehen, daß sehr große Autohäuser
mit mehr als 200 Mitarbeitern aufgrund der hochwertigen und -preisigen Produkte und Leistungen über
100 Mio. DM pro Jahr an Umsatzerlösen erzielen.
1.2.3. Wirtschaftliche Bedeutung von Klein- und Mittelbetrieben
1.2.3.1.
Die Bedeutung aus gesellschaftspolitischer Perspektive
Die Gesellschaftsordnung eines Staates wird sehr stark durch die bestehende Wirtschaftsordnung
beeinflußt. In Deutschland gilt die soziale Marktwirtschaft als Grundlage der Wirtschaftsordnung.
Voraussetzung zur Realisierung und Erhaltung einer Marktwirtschaft ist die Dezentralisation der
unternehmerischen Entscheidungen (vgl. Staehle, 1989(a), S. 20). Dies wird in Deutschland durch die
Vielzahl von Klein- und Mittelbetrieben gewährleistet, die als Stützen der existierenden Wirtschafts- und
Gesellschaftsordnung eine tragende Bedeutung haben (vgl. Hamer, 1990(b), S. 15; Neumann, 1991, S.
553; Späth, 1991, S. 141). Sie geben wichtige Impulse zur Innovation, zum wirtschaftlichen Wachstum
und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze (vgl. Holzer, 1989, S. 1).
1.2.3.2.
Volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung
Mehr als 95 Prozent der etwa 3,2 Mio. Unternehmen in Deutschland sind Betriebe mit weniger als 500
Arbeitnehmern und einem Jahresumsatz bis zu 100 Mio. DM. In ihnen sind fast zwei Drittel (ca. 23
Mio.) der erwerbsfähigen Bevölkerung - sie beträgt in Deutschland knapp 35,0 Mio. Menschen (in
1996) - beschäftigt, und über 80 Prozent aller Auszubildenden werden dort auf die vielfältigen Berufe in
- 16 -
Handel, Handwerk, Industrie und Dienstleistung vorbereitet (vgl. Hamer, 1990(b), S. 66; Ophoff,
1995, S. B2; Schmidt, 1993, S. 51ff; Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997). Nahezu die
Hälfte des zu versteuernden Umsatzes sowie fast 45 Prozent aller Bruttoinvestitionen der Wirtschaft
werden in dieser Unternehmensgröße erzielt bzw. getätigt (vgl. Neumann, 1991, S. 553; Ophoff, 1995,
S. B2; Schmidt, 1993, S. 51).
Aufgrund der oben angeführten Daten kann man sagen, daß Klein- und Mittelbetriebe in der
Bundesrepublik ein ganz wesentlicher Faktor im gesamtwirtschaftlichen System sind (vgl. Hamer,
1990(b), S. 15). Deshalb muß die Leistungsfähigkeit dieser Unternehmensgrößen erhalten und ständig
verbessert werden (vgl. Knebel, 1987, S. 373; Knebel, 1988, S. 5).
1.3. Die Bedeutung der Automobilindustrie und vor allem des Kfz-Gewerbes für die deutsche
Wirtschaft
Das Automobil, dessen 100-jähriges Jubiläum im Jahre 1988 gefeiert wurde, hat zu tiefgreifenden
Veränderungen im Leben der Menschen, in Staat, Gesellschaft und der Volkswirtschaft geführt; es
bestimmt ganz wesentlich unseren Alltag und das wirtschaftliche Geschehen (vgl. Lang, 1989, S. 46).
Galt in den 60er Jahren der private Pkw noch als Luxusgut, als Privileg der höheren sozialen Schichten,
so hat sich dieser zusehends in den 70er und 80er Jahren zu einem Massenverkehrsmittel für
individuelle, grenzenlose Mobilität entwickelt. Heutzutage besitzt durchschnittlich jeder zweite
Bundesbürger (ca. 82,0 Mio. - Ende 1996) ein Fahrzeug; die Bevölkerung würde vollständig auf den
Vordersitzen der zugelassenen Pkw und Kombi Platz finden (Ende 1996 verzeichnete das
Kraftfahrzeug-Bundesamt über 41 Mio. in Deutschland) und die Sättigungsgrenze ist, wie verschiedene
einschlägige Prognosen (z.B. Shell Studie von 1997) belegen, noch nicht erreicht. Für das Jahr 2000
werden nahezu 44 Mio., für das Jahr 2010 ca. 47 Mio. und für das Jahr 2020 etwa 50 Mio.
Pkw/Kombi vorausgesagt.
Die Automobilindustrie ist der wichtigste Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Jeder siebte Arbeitsplatz
hängt direkt oder indirekt durch Produktion, Handel, Instandsetzung, Ex- und Import, Entsorgung etc.
vom Kraftfahrzeug ab (vgl. Rauner/Zeymer, 1991, S. 21). An der Erwirtschaftung des
Bruttoinlandsproduktes16 ist das Automobil durch Produktion, Vertrieb und Nutzung zu ca. 20 %
beteiligt und somit als wichtigster volkswirtschaftlicher Faktor zu betrachten. Jede vierte Steuermark, die
dem Staat zufließt, wird in irgendeinem Zusammenhang mit dem Fahrzeug erwirtschaftet (z.B. Zuliefer-,
Stahlindustrie, Kunststofferzeugung, Maschinenbau). Die Automobilindustrie ist zudem mit einer
Ausfuhrleistung von rund 115 Mrd. DM die wichtigste deutsche Exportbranche; nichts wird im Ausland
16
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die Summe aller volkswirtschaftlichen Leistungen (z.B. produzierte Waren,
Dienstleistungen), die innerhalb eines Jahres im Inland erbracht werden (vgl. Recktenwald, 1987, S. 91f). Es ist ein
aussagefähiger Erfolgsindikator für die wirtschaftliche Entwicklung eines Staates.
- 17 -
so sehr mit der deutschen Industrie identifiziert wie “Autos made in Germany“. Ferner ist sie der größte
Investor im Lande. Allein 1996 beliefen sich die Investitionen in Produkte und Anlagen auf etwa 14
Mrd. DM (vgl. Diez, 1994(a), S. 21f). Über die verkehrsspezifischen Steuern (Kraftfahrzeug-,
Mineralölsteuer etc.) entrichten die Autofahrer mit ca. 80 Mrd. DM pro Jahr über die Hälfte des
gesamten Steueraufkommens (Zahlenangaben laut Verband der Automobilindustrie e.V., 1997).
Parallel zur Zunahme der Kfz-Produktion und des -bestandes entwickelte sich das für Verkauf,
Wartung und Reparatur der von der Industrie gefertigten Fahrzeuge zuständige Kfz-Gewerbe (vgl.
Lang, 1989, S. 46). Es setzt sich grundsätzlich aus folgenden Abteilungen (teilweise im Kfz-Gewerbe
synonym verwendet mit Leistungsbereichen, Kostenstellen, Profit Center) zusammen:
- Neuwagenbereich,
- Gebrauchtwagenbereich,
- Kundendienst-/Werkstattbereich,
- (Ersatz-)Teile- und Zubehörbereich,
- Buchhaltungs- und Verwaltungsbereich (teilweise nicht als eigenständige Kostenstelle geführt),
- Sonstiges (z.B. Kantine, Lackiererei, Tankstelle)
(vgl. Brachat, 1988, S. 163f; Brachat, 1992(a), S. 131f).
Das Kfz-Gewerbe als Absatzmittler zwischen den Automobilherstellern/-importeuren sowie den
privaten und gewerblichen Kunden betreut einerseits das Produkt "Auto", einschließlich Verkauf,
Wartung und Reparatur, sowie andererseits den immer anspruchsvolleren Kunden (vgl. Rauner/
Zeymer, 1991, S. 13).
Trotz der Heterogenität und teilweise differenten wirtschaftlichen Zielsetzungen der drei
Erkenntnisobjekte - Hersteller/Importeur, Kfz-Gewerbe, private bzw. gewerbliche Kunden - sind sie
aufs engste miteinander verknüpft, denn ihre wirtschaftlichen (Miß-)Erfolge bedingen sich gegenseitig
(vgl. Universität Bamberg, 1994(b), o.S.).
Von den insgesamt ca. 50.000 in die Handwerksrolle eingetragenen deutschen Kfz-Betrieben17,
einschließlich selbständiger Kfz-Elektriker, freier Werkstätten, Karosserie- und Fahrzeugtechnik etc.,
führten Ende 1996 weniger als die Hälfte, nämlich etwa 24.800 (Ende 1993: 25.440) den
fabrikatsgebundenen (synonym: marken-, vertragsgebundenen) Pkw-Status (vgl. Brachat, 1992(a), S.
38f; Diez,, 1994(d), S. 106), davon allein ca. 19.500 in Westdeutschland. Sie beschäftigten insgesamt
knapp 530.000 Mitarbeiter (ca. 20.000 Erwerbstätige weniger als 1993), einschließlich Inhaber und
mehr als 100.000 Lehrlinge, wovon etwa 30 % in kaufmännischen und ca. 70 % in gewerblichtechnischen Berufszweigen ausgebildet werden. Der Jahresumsatz des Kfz-Gewerbes belief sich auf
über 250 Mrd. DM. Damit gehört es zu den wirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch gesehen wichtigsten
mittelständischen deutschen Unternehmensformen (vgl. Diez, 1994(a), S. 22; Zahlenangaben laut ZDK
- Stand: Ende 1996).
17
Die Bezeichnungen Kfz-Betrieb, -Unternehmen, -Gewerbe, -Handel und Autohaus werden im Rahmen dieser Arbeit
gleichbedeutend eingesetzt.
- 18 -
Die Kfz-Betriebe sind bisher zu etwa 90 Prozent typische mittelständische Familienunternehmen18 mit
einem oder mehreren Beteiligten sowie (in-)direkter Gewinnbeteiligung, in denen betriebliches, familiäres
und persönliches Schicksal eng miteinander verbunden sind (vgl. Brachat, 1992(c), S. 3; Friedel-Beitz,
1991(d), S. 3). Sie treten entweder als Einzelunternehmungen oder bei mehreren Beteiligten als
Personengesellschaften (z.B. Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts, OHG, KG), Kapitalgesellschaften
(z.B. AG, GmbH) sowie als Mischformen19 (z.B. GmbH & Co. KG, KGaA) der beiden letztgenannten
privatrechtlichen Rechtsformen20 auf (vgl. Autohaus Studienabteilung, 1997, S. 5). Durch den
Strukturwandel in dieser Branche scheint sich seit Mitte der 90er Jahre der Einstieg kapitalstarker
Unternehmen und Konzerne (z.B. Versicherungen, Autovermietungen) zu verstärken (vgl. Simon, 1997,
S. 2), so daß zukünftig ein Konzentrationsprozeß auf größere Händlergruppen (sog. Kettenbetriebe) zu
erwarten ist.
Gerade mittelständische Familienbetriebe sind stark geprägt durch die persönliche Ausstrahlung,
Autorität und Tatkraft der/des Eigentümer-Unternehmer/s und zeichnen sich durch große Kundennähe,
hohe Dienstleistungsbereitschaft sowie große Flexibilität aus (vgl. Zander, 1994,
S. 230).
Das Kfz-Gewerbe ist ein typisches Dienstleistungsgewerbe, in dem Leistungen bereitgestellt und
angeboten werden. Der (Miß-)Erfolg steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem angebotenen
(Kunden-)Service (vgl. Brachat, 1988, S. 69).
Da sich die Automobile immer mehr hinsichtlich Qualität, technischer Ausstattung, passiver Sicherheit,
Leistung, Optik, Design etc. angleichen und für den Kunden die Unterschiede kaum noch
wahrzunehmen sind, wird sich der zukünftige Wettbewerb verstärkt auf nicht preisgebundene Faktoren
verlagern, und zwar vom eigentlichen ("nackten") Produkt auf die Kombination von Sach- und
Dienstleistungen. Vor allem die Aktivitäten und Serviceleistungen der Händler (z.B. Kfz-Leasing, Finanzierung, Telefonreport, Hol- und Zustellservice, Leihwagen, 24 Stunden Notdienst, Zurücknahme
von Schrottfahrzeugen, Event-Veranstaltungen) sind Profilierungsmerkmale, um sich von Mitbewerbern
positiv abzuheben (vgl. Alfs, 1992, S. 13).
18
Familienunternehmen sind meist Klein- und Mittelbetriebe, die überwiegend im Besitz von einer oder einigen
wenigen Personen, also Familienangehörigen sind (vgl. Ahrens, 1989, S. 256; Hahn, 1990(c), S. 755; Menzl, 1988, S.
3). Dabei führt und prägt der Inhaber in den meisten Fällen selbst aktiv das Unternehmensgeschehen. Ferner sind
sie vorrangig persönlich in den (täglichen) Arbeitsprozeß involviert (vgl. Hahn, 1990(c), S. 755; Menzl, 1988, S. 3).
19
Diese Mischformen aus Personen- und Kapitalgesellschaften weisen zwei Gruppen von Eigentümern auf. Zum
einen handelt es sich um Eigentümer, die nur Kapitalgeber (=Kommanditisten) sind, und zum anderen um solche,
die Kapitalgeber und Geschäftsführer (=Komplementär) sind (vgl. Blatt et al., 1988, S. 161; Wöhe, 1986, S. 90f).
20
Unter "Rechtsform" versteht man alle gesetzlichen Regelungen, die einen Betrieb über seine Eigenschaft als
Wirtschaftseinheit hinaus zu einer rechtlich faßbaren Einheit machen (vgl. Schierenbeck, 1989, S. 28).
- 19 -
Der Kfz-Handel hat eine Vielzahl von persönlichen Kontakten mit den Kunden, speziell im Verkauf und
Kundendienst, um sie positiv auf das vertriebene Fabrikat und vor allem den Kfz-Betrieb einzustellen
(vgl. Alfs, 1992, S. 14).
Die Qualität der Autohäuser und bei diesen speziell die Qualifikation und Motivation der Beschäftigten,
die intensive Verkaufsberatung und Kundenbetreuung in Pre- und After-sales services sowie die
Befriedigung der immer individuelleren Kundenbedürfnisse und -wünsche werden zukünftig zu den
entscheidenden Erfolgsfaktoren der unternehmensspezifischen Profilierung gehören. Dabei muß das
Nutzenstiften und die Problemlösung für den Kunden zukünftig noch stärker im Zentrum aller
gemeinsamen Bemühungen des Kfz-Herstellers/-Importeurs, des -Betriebes und vor allem der
betreffenden Mitarbeiter stehen. Das Autohaus muß sich zum Dienstleister in allen Fragen rund um die
individuelle Mobilität entwickeln.
1.4. Darstellung der beiden wichtigsten Vertriebswege im Automobilhandel
Bei den fabrikatsgebundenen Kfz-Betrieben in Deutschland unterscheidet man bisher hauptsächlich zwei
Vertriebskanäle für Automobile; zum einen den Absatz über werkseigene (Verkaufs-)
Niederlassungen (z.B. bei BMW, Mercedes-Benz, Renault) und ihren angeschlossenen Handelsvertretern sowie zum anderen ausschließlich über selbständige Vertragshändler (z.B. bei VW, Opel,
Mazda, Nissan).
Im Gegensatz zum amerikanischen Automobilmarkt, wo es u.a. eine große Anzahl von Mehrfabrikatshändlern (sog. Mega-Dealer) gibt (vgl. Creutzig, 1991, S. 20), streben die in Deutschland
vertretenen Kfz-Hersteller/-Importeure i.d.R. bei den ihnen angeschlossenen Vertragshändlern
Markenexklusivität an. Allein in Deutschland sind über 80 Prozent der etwa 24.800 markengebundenen
Kfz-Händler an ein einziges in- oder ausländisches Fabrikat (z.B. BMW, Chrysler, Fiat, Ford, Honda,
Peugeot, Toyota) exklusiv gebunden, und die Tendenz ist steigend (vgl. Diez, 1994(d), S. 109ff).
Bei den Vertragshändlern und Werksniederlassungen wird unterschieden zwischen Haupthändlern
(synonym: Direkt-, A-Händlern) und Unterhändlern (synonym: B-Händlern, Vertragswerkstätten),
einschließlich Zweigbetrieben bzw. Filialen, angeschlossenen Servicebetrieben, Agenturen etc. (vgl.
Diez, 1994(d), S. 109). Die Einteilung in eine der beiden Kategorien erfolgt nach verschiedenen, von
Hersteller-/Importeurseite vorgegebenen Kriterien wie Unternehmensgröße, Jahresumsatz, NeuwagenVerkaufszahlen, Größe des Marktverantwortungsgebiets, Anzahl der ortsansässigen Markenhändler
etc. Die Haupthändler übernehmen i.d.R. gewisse logistische und administrative Funktionen (z.B.
Neuwagen-Bestellung, -Lagerhaltung) für die Unterhändler, dafür erhalten die Letztgenannten auch nicht
- 20 -
die volle Neuwagenmarge21. Im Zuge der nachfolgend näher erläuterten modifizierten KfzGruppenfreistellungsverordnung (siehe Kapitel 1.5.) und der damit einhergehenden Anpassung bzw.
Neugestaltung der Händlerverträge ist ein Großteil der Kfz-Hersteller/-Importeure bemüht, diese
zweistufige vertikale Händlerstruktur abzuschaffen.
Zu diesen beiden Vertriebssystemen gehören sowohl Kfz-Hersteller/-Importeure mit einem bundesweit
sehr dichten Händlernetz (z.B. VW/Audi - etwa 3.000, Opel und Ford - jeweils über 2.000 KfzHändler bzw. -Werkstätten, Mercedes-Benz mit fast 1.000 Vertragspartnern (Niederlassungen,
Großvertreter, Agenten, Vertragswerkstätten)) als auch weniger stark präsente Hersteller/Importeure
(z.B. Chrysler, Rover, Saab mit jeweils ca. 250 angeschlossenen Autohäusern) in Deutschland (vgl.
Diez, 1994(d), S. 111; Zahlenangaben laut ZDK, 1997).
1.4.1. Niederlassungen
Ursprünglich war die Daimler Benz AG - seit ihrer Umstrukturierung am 01. Juli 1990 zur MercedesBenz AG umbenannt - die einzige Händlerorganisation, die ihre Fahrzeuge in Deutschland primär über
diese Vertriebsschiene absetzte. Seit geraumer Zeit kommen insbesondere in Großstädten auch
Niederlassungen anderer Kfz-Produzenten hinzu, wie z.B. BMW, Peugeot, Renault und Saab.
(Verkaufs-)Niederlassungen (synonym: werkseigene Vertretungen bzw. Filialen) sind ein vom KfzHersteller selbst errichtetes und eigenverantwortlich betriebenes Händlernetz (vgl. Diez, 1994(e), S.
157).
Der Grad der wirtschaftlichen Selbständigkeit dieser werkseigenen Vertretungen, also die Entscheidungsfreiheit oder Weisungsgebundenheit ihrer Leiter ist ebenso wie die Rechtsform recht
unterschiedlich geregelt (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 387). Beispielsweise handelt es sich bei den
werkseigenen Niederlassungen der Mercedes-Benz AG um herstellereigene Vertriebsorgane, die
wirtschaftlich und rechtlich unselbständig sind, während für die Großvertreter, Vertragspartner und werkstätten genau das Gegenteil zutrifft. Die beiden Letztgenannten sind freie Handelsvertreter
(=Agenten)22, die Neufahrzeuge im Namen und auf Rechnung des Herstellers/
Importeurs vertreiben. Der Vertragsabschluß erfolgt bei diesen Betriebstypen zwischen dem Werk und
den Kunden.
21
Die Marge ist die Differenz zwischen der unverbindlichen Preisemp fehlung (UPE) für den Endverbraucher und dem
Neufahrzeugpreis ab Werk, d.h. die Gewinnspanne des Kfz-Händlers. Mit der durchschnittlich 16- bis 17prozentigen Händlermarge - je nach Fabrikat - müssen sämtliche Vertriebs-, Gebäude-, Personal- und Werbekosten
gedeckt werden.
22
Bei dieser indirekten Vertriebsform über Agenten ist der Automobilhersteller/-importeur befugt, seinen
Handelsvertretern ein striktes Konkurrenzverbot aufzuerlegen (vgl. Ebel, 1992, S. 56ff).
- 21 -
Die Hersteller/Importeure erhoffen sich durch diesen gebundenen Vertriebsweg einen direkteren Einfluß
auf das jeweilige Autohaus und somit einen ansprechenderen, kundenfreundlicheren und schnelleren
Service.
1.4.2. Vertragshändler
Bei der Distribution von Neuwagen dominiert in Deutschland eindeutig bei den Kfz-Herstellern/
-Importeuren (z.B. VW/Audi, Opel, Nissan, Fiat, Chrysler) der indirekte vertikale Vertrieb in Form
vertraglicher Vertriebssysteme (vgl. Meinig/Heß, 1992, S. 370; Simon, 1992(b), S. 17). Bei
(markengebundenen) Vertragshändlern handelt es sich um wirtschaftlich und rechtlich selbständige
Absatzmittler, d.h. Kfz-Betriebe (vgl. Diez, 1994(e), S. 157; Nieschlag et al., 1991, S. 5), die aufgrund
eines Vertrages damit betraut sind, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Waren zu vertreiben
und verpflichtet sind, sich für deren Absatz nach der Vorgabe des Herstellers einzusetzen (vgl. Reuss,
1995, S. 45).
Die vertraglich verbundenen Unternehmungen nehmen auf der Hersteller- und Handelsseite spezifische
absatzwirtschaftliche Aufgaben wahr. Die vertikal kooperierenden Unternehmen sind durch ihre
Funktionsteilung einerseits bestrebt, durch ein kollegiales Verhalten einen angemessenen Gewinn für
beide Marktpartner zu erzielen. Andererseits resultieren aus den wechselseitigen Interdependenzen auch
Interessenkonflikte, da beide Seiten eigene Zielvorstellungen verfolgen (vgl. Meinig/Heß, 1992, S. 370).
1.5. Bedeutung und Auswirkungen des sogenannten selektiven Vertriebssystems für die
fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe
Der Automobilabsatz in der Europäischen Union (EU) wird über einen ausgewählten, also selektiven
Kreis von Automobilhändlern durchgeführt (vgl. Diez, 1994(d), S. 105).
Fast alle Verträge zwischen Kfz-Herstellern/-Importeuren und ihren -Händlern basieren auf der KfzGruppenfreistellungsverordnung (GVO) für Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen für
Kraftfahrzeuge23 - kurz selektives Vertriebssystem genannt (vgl. Simon, 1992(b), S. 18). Diese 1985
erstmalig in Kraft getretene Verordnung umfaßt den EU-weit rechtlichen Rahmen und regelt u.a. die
Zusammenarbeit zwischen Hersteller/Importeur und ihren vertragsgebundenen Händlern (z.B.
hinsichtlich Laufzeit, Kündigungsfrist, Leistungsanforderungen) und besagt, daß die einzelnen KfzHersteller/-Importeure ihre Kunden, d.h. Kfz-Händlerbetriebe, nach ihren individuellen Anforderungen
23
In der Kfz-GVO ist festgehalten, welche wettbewerbsbeschränkenden bzw. -behindernden Klauseln in den EUeinheitlichen Automobilhändlerverträgen enthalten sein dürfen (vgl. Brachat, 1991(a), S. 36; Diez, 1994(d),
S. 113) und somit den freien Wettbewerb nach Artikel 85 Abs. 1 und 2 des EWG-Vertrages aufheben. Diese EUweite Rechtsgrundlage für Automobilhändlerverträge zeigt Minimumstandards auf, die selbstverständlich von den
Vertragsparteien überschritten werden können (vgl. Creutzig, 1995, S. 23).
- 22 -
selektieren, also auswählen dürfen (vgl. Brachat, 1991(a), S. 36; Creutzig, 1995, S. 19; Ebel, 1992, S.
54ff; Simon, 1992(b), S. 17).
Aufgrund der hohen qualitativen Ansprüche an das immer komplexer werdende Produkt Automobil
bzgl. Verkehrssicherheit, Wartung, Instandsetzung, kompetenter Beratung oder Gewährleistungsabwicklung gehört die Automobilwirtschaft zu den wenigen Branchen, in denen das selektive
Vertriebssystem noch existiert (vgl. Brachat, 1991(a), S. 36; Creutzig, 1995, S. 19).
Somit sind die Automobilhersteller/-importeure teilweise von den allgemeinen Wettbewerbsvorschriften
der EG - Freistellung vom Kartellverbot des Artikels 85 Abs. 1 EWG-Vertrag - befreit (vgl. Diez,
1994(d), S. 113; Creutzig, 1995, S. 19; Ebel, 1992, S. 54ff; Simon, 1992(b), S. 17).
Die unabhängigen markengebundenen Vertragshändler verpflichten sich aufgrund des Händlervertrages,
grundsätzlich nur die Erzeugnisse (z.B. Neuwagen, Original-Ersatzteile) ihres vertragsgebundenen KfzHerstellers/-Importeurs zu führen, Werkstätten für Kundendienstleistungen und Reparaturen sowie
Ersatzteil- und Zubehörlager zu unterhalten und Garantiearbeiten gemäß den Werksvorgaben
durchzuführen (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 387; Thommen, 1990, S. 171). Die angeschlossenen
Vertragshändler dürfen nach Art. 3 Nr. 10 der GVO Neuwagen, Eigenkonstruktionsteile (capative
parts) und (Original-)Ersatzteile grundsätzlich nicht an nicht autorisierte Wiederverkäufer (sog. graue
oder freie Händler) absetzen. Eine Ausnahmeregelung dieser sog. Wiederverkäuferklausel besteht für
Ersatzteile; sie dürfen auch an freie Reparaturwerkstätten zur Instandsetzung und Wartung von
Kraftfahrzeugen verkauft werden (vgl. Creutzig, 1995, S. 21; Ebel, 1992, S. 56).
Des weiteren verpflichtet sich der gebundene Absatzmittler zur Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards
(z.B. Serviceniveau) und eines einheitlichen Erscheinungsbildes im Rahmen der “Corporate Identity“ des
Herstellers/Importeurs (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 387; Thommen, 1990, S. 171).
Dafür werden den einzelnen fabrikatsgebundenen Händlern vom Hersteller/Importeur lokale Verkaufsbezirke bzw. -regionen24 (sog. Marktverantwortungsgebiete) übertragen, in denen sie das
exklusive Alleinvertriebsrecht für das/die jeweilige(n) Fabrikat(e) (z.B. BMW, Ford, VW/Audi) und die
Ersatzteile erhalten (vgl. Meinig/Heß, 1992, S. 376; Nieschlag et al., 1991, S. 387f).
Da die einzelnen Vertragshändler jedoch normalerweise keinen Gebietsschutz haben - gewisse
Ausnahmen bestehen bei Mercedes-Benz und Porsche - können die Kunden frei entscheiden, wo sie ihr
Neufahrzeug, ihre Ersatzteile etc. erwerben (vgl. Horn/Alfs, 1992, S. 196).
Im Gegenzug sind die Kfz-Hersteller/-Importeure vertraglich verpflichtet, die Neufahrzeuge und
Ersatzteile ausschließlich über ihre angeschlossenen Vertragshändler zu vertreiben und dürfen nicht
24
Die Kfz-Hersteller/-Importeure erwarten von ihren autorisierten Kfz-Händlerbetrieben, daß diese mindestens den
bundesweiten Marktanteil im jeweils zugewiesenen Gebiet erreichen, oftmals ohne Berücksichtigung individueller
Marktbesonderheiten wie z.B. Mitbewerberdichte, Großkundenpotential und Werksverkauf (vgl. Horn/
Alfs, 1992, S. 195ff).
- 23 -
direkt an andere Interessenten, z.B. Großhandelsketten, Supermärkte, freie Kfz-Händler etc. liefern
(vgl. Creutzig, 1995, S. 27; Simon, 1992(b), S. 17). Gegen diesen Passus wird teilweise durch
Direktverkäufe, d.h. Neuwagenverkäufe am fabrikatsgebundenen Handel vorbei (jährlich ca. 15 % des
gesamten Pkw-/Kombi-Neuwagenvolumens), an bestimmte Abnehmergruppen wie Autovermiet- und
Leasinggesellschaften, Wiederverkäufer sowie Werksmitarbeiter verstoßen und dadurch ein zusätzlicher
Vertriebsweg aufgebaut (vgl. Simon, 1992(b), S. 17).
Die im Jahre 1994 von einigen Mitgliedern der zuständigen EU-Kommission in Betracht gezogene
Aufhebung der GVO hätte den Markt für alle geöffnet, die sich als Automobilhändler hätten betätigen
wollen. Da freie, markenungebundene Händler generell keine Garantie-, Kulanz- und vor allem
Serviceverpflichtungen (24 Stunden Notdienst, Hol- und Bringservice, Mobilitätsgarantie usw.)
gegenüber dem Hersteller/Importeur und den Kunden zu erfüllen haben, hätten sie die Möglichkeit
gehabt, auf der Grundlage wesentlich geringerer Margen als die Vertragshändler zu agieren. Eine Folge
hiervon wäre aller Voraussicht nach ein sukzessiver Trend der Betriebsaufgabe bei fabrikatsgebundenen
Autohäusern oder eine erhebliche Reduzierung der Investitionen in Anlagen, Ausrüstungen (z.B.
markenspezifische Diagnosegeräte und Spezialwerkzeuge, hochwertige Ersatzteile) sowie in die Ausund Fortbildung qualifizierter Mitarbeiter gewesen.
Die ungebundenen Händler präferieren verständlicherweise nur die Modelle der verschiedenen
Fabrikate, die leicht verkäuflich sind (sog. "Verkaufsschlager" bzw. "Selbstläufer"). Schwer verkäufliche
Fahrzeuge sowie uninteressante Nischenmodelle und Spezialfahrzeuge werden von ihnen kaum
vertrieben.
Inzwischen hat die Europäische Kommission nach langwierigen Verhandlungen die Neufassung der am
30.06.1995 abgelaufenen Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung verabschiedet und damit der
Verlängerung des selektiven Vertriebs in der Automobilbranche25 zugestimmt. Damit wurde einem
besonderen Anliegen des Kfz-Gewerbes sowie der meisten Kfz-Hersteller/-Importeure entsprochen.
Die wichtigsten Änderungen dieser modifizierten Verordnung gegenüber der bisherigen Fassung sind:
- Erleichterung der Aufnahme von Konkurrenzmarken für Vertragshändler (Art. 3 Nr. 3);
- Zulassung überregionaler Werbung für markengebundene Autohäuser (Art. 3 Nr. 8);
- Vereinbarungen über die Jahresziele dürfen nicht mehr einseitig von den Herstellern/Importeuren
festgesetzt werden (Art. 4 Abs. 1 Nr. 3);
- Aufforderung an die vertragsgebundenen Kfz-Händler, Neufahrzeuge der gleichen Marke preisgünstiger aus anderen EU-Staaten einzuführen (sog. Parallelimporte), um so die Vorzüge des EGBinnenmarktes effizient zu nutzen (Art. 6 Abs. 1 Nr. 7);
25
Auf die Bedeutung des selektiven Vertriebssystems wird im Zusammenhang mit den Auswirkungen des EGBinnenmarktes auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe noch näher im Kapitel 3.2.2.2.
eingegangen.
- 24 -
- Zulassung des Teilevertriebs für Vertragshändler von (hersteller-)unabhängigen Ersatzteilen, wenn sie
qualitätsgleich mit denen vom Kfz-Hersteller/-Importeur sind (Art. 6 Abs. 1 Nr. 9);
- Freigabe der technischen Kfz-Daten für nicht zu dem Fabrikat gehörende (freie) Werkstätten (Art. 6
Abs. 1 Nr. 12);
- Legalisierung der Direktlieferungen von Neuwagen und Ersatzteilen an staatliche Institutionen (z.B.
Feuerwehr, Krankenhäuser, Polizei) durch die Hersteller/Importeure
(vgl. Mitteilung der Europäischen Kommission, 1995, S. 7ff).
Die modifizierte GVO Nr. 1475/95 ist am 01.07.1995 in Kraft getreten und ist gültig bis zum
31.09.2002. Mit dieser neuen Verordnung soll zum einen die bisher dominierende Position der KfzHersteller/-Importeure zugunsten eines größeren Gleichgewichts in der Hersteller-Händler-Beziehung
eingeschränkt und damit die Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit der Kfz-Händler26 gestärkt (vgl.
Creutzig, 1995, S. 27; o.V., 1995(c), S. 17) sowie zum anderen die Märkte stärker zugunsten der
Verbraucher geöffnet werden.
Nach der Vorstellung der EU-Kommission soll zukünftig jeder Hersteller die Vorteile der Freistellung
vom allgemeinen Kartellverbot automatisch verlieren, wenn er gegen den einen oder anderen Passus der
neuen GVO verstößt. Sie will streng darüber wachen, daß die Bedingungen dieser modifizierten
Freistellungsverordnung eingehalten werden (vgl. Creutzig, 1995, S. 24; o.V., 1995(c), S. 17).
Während der ZDK und auch die nationalen Verbände des Kfz-Gewerbes in den anderen EU-Staaten
sowie der größte deutsche Verbraucherverband für Autofahrer, der ADAC, ebenso die meisten
Hersteller/Importeure (z.B. Honda, Opel, Renault, VW/Audi) die Verlängerung der GVO positiv
beurteilen, äußern sich der Europäische Verbraucherverband (Beuc) und die Vereinigung freier
Autohändler kritisch. Nach deren Ansicht würden sich die markengebundenen Kfz-Händler weiterhin in
eine zu große Abhängigkeit ihres Werkes begeben. Des weiteren könnten die Neuwagenpreise in
Europa durch die Aufhebung des selektiven Vetriebssystems und damit der
wettbewerbsbeschränkenden Exklusivrechte um durchschnittlich 10 % reduziert werden.
Genauso sind auch andere Absatz- und Vertriebsstrukturen denkbar, wie z.B. der Einstieg branchenfremder und finanzstarker Unternehmen in das Automobilgewerbe (Kaufhäuser, Verbrauchermärkte usw.), das Agenten-Vertriebssystem (siehe Mercedes-Benz oder BMW in Ostdeutschland), das Franchise-System oder Mehrmarkenhändler (vgl. Diez, 1994(d), S. 113f; Finsterwalder/
Brachat, 1989, S. 30ff).
26
Die neue GVO stellt nach Art. 10 Nr. 9 deutlich heraus, daß der rechtliche Rahmen nicht nur für Haupt-, sondern
auch für Unterhändler zutrifft (vgl. Mitteilung der Europäischen Kommission, 1995, S. 23).
- 25 -
Auf der Grundlage der neuen GVO mußten die einzelnen Kfz-Hersteller/-Importeure bis Ende
September 1996 neue EU-einheitliche Rahmen-Händlerverträge27 abschließen. In diesem Zusammenhang haben einige Organisationen eine z.T. erhebliche Reduzierung ihres Händlernetzes vollzogen.
Durch erhöhte, kostenintensive bauliche, organisatorische und personelle Auflagen, die überwiegend
von kleineren, finanzschwächeren Kfz-Betrieben nicht mehr erfüllt werden können, trennen sie sich.
Darüber hinaus ist von den meisten namhaften Herstellern/Importeuren zur Reduzierung der
Vermarktungskosten geplant, eine an unterschiedlichen quantitativen und vor allem qualitativen
Leistungsstandards (z.B. Ergebnis der Marktausschöpfung und der Kundenzufriedenheits-Analyse,
Zustand und Ausstattung der betrieblichen Anlagen, Leistungsspektrum und Qualität im Servicebereich,
Nachfolgeregelung) gestaffelte Neuwagenmarge einzuführen, also eine niedrigere Grundmarge zuzüglich
(Leistungs-)Boni und Zusatzhandelsspanne für die Erfüllung vorgegebener Kriterien. Durch die
Reduzierung der Grundrabatte muß sich der Händler nunmehr die maximal mögliche Gesamtprovision
durch (zusätzliche) Leistungen “verdienen“. Das erfordert i.d.R. Investitionen in das Sach- und
Humankapital (vgl. Diez, 1997(a), S. 15ff).
Weniger professionell geführte Autohäuser werden zukünftig eine z.T. erheblich geringere Marge
erhalten als bisher, wodurch sie langfristig nicht mehr existenzfähig sind.
Die Hersteller/Importeure erhoffen sich durch die Ausdünnung ihres Vertriebsnetzes eine Verringerung
des ruinösen Preiswettbewerbs zwischen den Kfz-Händlern des gleichen Fabrikats (sog. Intra-BrandWettbewerb), eine verbesserte markenspezifische Präsentation vor Kunden und eine Renditeerhöhung
bei den angeschlossenen Vertragspartnern.
Aus Sicht der Kfz-Händler zeigen hingegen sämtliche der bisher bekannt gewordenen, veränderten
Vertriebssysteme und vor allem Margenregelungen keine hinreichenden Ansätze, die sicherstellen, daß
zukünftig der Preis-Verdrängungswettbewerb abgebaut werden kann. Neue attraktive
Handelsstrukturen müssen zukünftig geschaffen werden, um dem Niedergang der deutschen
Automobilhändler gegenzusteuern.
Viele Vertragshändler wünschen sich mittlerweile - wie bei Mercedes-Benz seit Jahrzehnten auf dem
deutschen Markt erfolgreich praktiziert - ein Agentursystem, damit sie im Namen und auf Rechnung des
Herstellers/Importeurs Neufahrzeuge vermarkten können. Das für dieses Vetriebssystem zuständige
sog. Handelsvertreter-Gesetz kollidiert nicht mit der neuen GVO und wird auch über das Jahr 2002
hinaus Gültigkeit haben. Nach Ansicht der autorisierten Kfz-Händler könnte dadurch der ruinöse
Verdrängungswettbewerb speziell zwischen den Markenkollegen unterbunden und endlich wieder
ansprechendere Renditen erzielt werden.
27
Im Händlervertrag sind die vertragsrechtlichen Regelungen (Alleinvertriebsrecht für das Fabrikat im Marktverantwortungsgebiet, Anforderungskatalog bzgl. genereller Serviceleistungen und Teilebevorratung etc.) zwischen
dem Kfz-Hersteller/-Importeur und den angeschlossenen -Händlern festgehalten.
- 26 -
Nachdem in der Einleitung und in diesem Kapitel ein Überblick über das zu behandelnde Thema, die
zentrale Problematik der Arbeit als auch zum Aufbau, zum konzeptionellen Ansatz und zur
methodischen Vorgehensweise dargelegt sowie die Grundlagen der mittelständischen Unternehmen und
der Automobilwirtschaft erläutert wurden, erfolgt im kommenden Abschnitt die Beschreibung und
abschließende kritische Betrachtung der geläufigsten (inter-)nationalen Aus- und Fortbildungswege für
Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe zur Vorbereitung auf ihre zukünftigen Aufgaben.
- 27 -
2. Erläuterung der bekanntesten branchenspezifischen Aus - und Fortbildungswege für
Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe
Viele mittelständische westdeutsche Unternehmen und speziell Autohäuser, in denen in diesem Jahrzehnt
die Unternehmernachfolge ansteht, sind in der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs (=Nachkriegszeit)
in den 50er und 60er Jahren gegründet worden (vgl. Brachat, 1992(b), S. 18; Hamer/Nicolai, 1982, S.
15). Damals machten sich viele gelernte Kfz-Mechaniker bzw. -Meister selbständig, betrieben u.U.
anfänglich eine Tankstelle oder Reparaturwerkstatt evtl. mit (Gebraucht-)Fahrzeughandel bzw. vermittlung, bevor sie nach einigen Jahren einen markengebundenen Händlervertrag abschlossen. Diesen
nach Schumpeter (1958) ureigenen "Entrapreneur“ wird es zukünftig im Kfz-Gewerbe kaum noch
geben. Durch die fortlaufend komplexeren unternehmerischen Anforderungen genügt nicht mehr der
selbst in der Werkstatt produktive Kfz-Handwerksmeister, vielmehr wird ein mit umfangreichen
Managementqualitäten, ähnlich einem Manager in Großunternehmen, ausgestatteter strategischer
Unternehmensführer mit fundierten betriebswirtschaftlichen Kenntnissen (z.B. über strategische Planung,
Mitarbeiterführung,
-motivation, Rechnungswesen, Marketing, etc.) benötigt. Dabei erlangt zunehmend die langfristige
Personalplanung zentrale Bedeutung (vgl. Brachat, 1992(b), S. 18). In mittelständischen
Dienstleistungsbetrieben wie dem Kfz-Gewerbe werden die qualifizierten Mitarbeiter immer stärker zum
kritischen Erfolgsfaktor bei zunehmender Händlerdichte sowie technischer und optischer Angleichung
der Automobile.
Aufgrund der vielfältigen Qualifikationen, die ein zukünftiger erfolgreicher Unternehmer bzw.
Geschäftsführer eines Kfz-Betriebes benötigt, wäre dieser auch in der Lage, größere Wirtschaftsunternehmen zu führen (vgl. Malter, 1984, S. 20).
Wie aktuell für viele Autohäuser die Nachfolgefrage ist, zeigen unabhängig voneinander durchgeführte
Untersuchungen der Autohaus Studienabteilung (1997) und der Aral AG in Zusammenarbeit mit dem
Autohaus Verlag (1993). In etwa 25 % der derzeit ca. 24.800 fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe ist bis
zum Jahr 2002 die Unternehmensnachfolge zu regeln (vgl. Aral AG/
Autohaus Verlag GmbH, 1993, S. 7; Autohaus Studienabteilung, 1997, S. 5).
Das moderne Berufs- bzw. Hochschulsystem bietet für den einzelnen Unternehmernachfolger im KfzGewerbe, je nach Kenntnissen, Fähigkeiten, Neigungen, Interessen etc., eine Vielzahl gewerblichtechnischer und kaufmännisch-betriebswirtschaftlicher Aus- und Fortbildungswege, um sich auf die
zukünftigen, komplexen Arbeits- und Führungsanforderungen vorzubereiten.
Die Beschreibung der verschiedenen Qualifizierungswege, die Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe
zur Vorbereitung auf ihre zukünftigen Aufgaben absolvieren können, ist Gegenstand dieses zweiten
Kapitels. Aufgrund der Fülle der in Deutschland angebotenen Bildungsinstitutionen und -alternativen
beschränkt sich die nachfolgende Schilderung auf die geläufigsten Möglichkeiten. Deshalb erheben diese
- 28 -
Ausführungen auch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Die Darstellungen sollen eher informativen
Charakter haben sowie Alternativen aufzeigen und Anregungen vermitteln.
Da viele der angeführten gewerblich-technischen und kaufmännischen Aus- und Fortbildungsgänge (z.B.
Kfz-Mechaniker, -Meister, Kaufmann für Bürokommunikation, Betriebswirt des Handwerks) auch von
Auszubildenden, Mitarbeitern, Führungskräften und (qualifizierten) Nachwuchskräften im Kfz-Gewerbe
wahrgenommen werden, treten gewisse Synergieeffekte durch den gleichen Bildungsweg wie den des
Unternehmernachfolgers auf. Im Rahmen des strategischen Personalmanagements, speziell bei der
Darlegung der Instrumente der strategischen Personalentwicklung (Aus-, Fortbildung, Karriere- und
Laufbahnplanung), wird auf weitere Bildungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmer sowie die Förderung
qualifizierter Nachwuchskräfte eingegangen.
2.1. Die allgemeine Schulausbildung als Grundlage weiterer Entwicklungsmöglichkeiten für
die Unternehmernachfolger
Lange bevor die Berufsentscheidung für den zukünftigen Kfz-Unternehmer ansteht, erhebt sich die
Frage, welche allgemeinbildende Schulform (Haupt-, Real-, Fachschule, Fachoberschule, Gymnasium
bzw. vergleichbare staatlich anerkannte Schuleinrichtungen) zu besuchen ist. Entsprechende Begabung
vorausgesetzt, empfiehlt es sich, einen möglichst qualifizierten Schulabschluß anzustreben. Einerseits hält
man sich damit Alternativen für spätere Berufsentscheidungen offen, andererseits vermitteln diese
Schulen eine Allgemeinbildung, die bereichert, Selbstsicherheit gibt sowie zum logischen und kritischen
Denken anleitet (in Anlehnung an Staufenbiel, 1994,
S. 24ff; Volkswagen AG - Vertrieb Inland/Personalentwicklung und Schulung, 1972, S. 4).
Grundsätzlich ist eine Tendenz zum höherwertigen Schulabschluß festzustellen. Dies belegen die
rückläufigen Schülerzahlen auf Real- und vor allem Hauptschulen zugunsten der (Fach-)Oberschulen.
Mittlerweile schließt im Bundesdurchschnitt jeder dritte Schulabgänger eines Altersjahrganges mit dem
Reifezeugnis ab, drei Viertel davon auf den allgemeinbildenden Schulen, die übrigen auf
Fachoberschulen oder über den zweiten Bildungsweg. Dadurch ergibt sich ein noch vor Jahren von den
zuständigen Bildungsgremien nicht für möglich erachteter Studentenandrang an deutschen (Fach)Hochschulen, insbesondere in den Wirtschafts-, Medizin- und Jurastudiengängen (vgl. Knust, 1991, S.
45; o.V., 1992(a), S. 41ff). Für das Jahr 2000 prognostiziert das Schul- und Bildungsministerium den
Anteil der Studienberechtigten mit etwa 40 Prozent der Schulabgänger (vgl. Reumann, 1993, S. 1).
Seit Herbst 1991 übersteigt in Deutschland fortlaufend die Anzahl der Fachhochschul- bzw.
Hochschulstudenten (über 1,8 Mio.) die der Auszubildenden in den Bereichen Industrie, Handel,
Handwerk und Dienstleistungen (ca. 1,6 Mio.); beide Studienformen sind durchschnittlich um jeweils
mindestens 150 Prozent überbelegt. Die Anzahl der Studenten wird sogar weiterhin zunehmen, da in
jedem Altersjahrgang der Anteil an studierwilligen (Fach-)Abiturienten - er liegt im Augenblick bei etwa
- 29 -
zwei Drittel - steigt (vgl. Reumann, 1992, S. 14). Angesichts der hohen Studienabbrecherquote von
etwa 25 % kann man durchaus fragen, ob dies für alle die richtige Entscheidung ist. Auch die berufliche
Bildung eröffnet engagierten Nachwuchskräften interessante Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten,
wie nachfolgend noch genauer aufgezeigt wird.
Aufgrund des zunehmenden Studentenandrangs und den damit verbundenen, an vielen Universitäten
kaum noch tragbaren Zuständen, wird in den zuständigen Gremien über eine Verschärfung der
Abiturrichtlinien, eine Verkürzung der Gymnasialzeit um ein Jahr sowie eine Anhebung der
Zulassungsbedingungen für (Fach-)Hochschulen (z.B. Numerus Clausus) intensiv nachgedacht. Ferner
wird die Einführung von Sanktionen für das Überschreiten der Regelstudienzeit (z.B. Gebühren,
Exmatrikulation) in Erwägung gezogen (vgl. Deutsche Presse Agentur, 1992, S. 1; o.V., 1992(a), S.
41ff). Weitere Lösungsvorschläge sind die Zweiteilung des Universitätsstudiums in ein verkürztes
berufsorientiertes Grundstudium für die breite Masse und ein Aufbaustudium für einige wissenschaftlich
Begabte sowie der Ausbau der Fachhochschulen (vgl. Reumann, 1993,
S. 1). Darüber hinaus ist die Bundesregierung bemüht, zukünftig die berufliche Bildung durch größere
Unterstützung und Aufstiegschancen attraktiver zu gestalten (z.B. finanzielle Förderung der
Meisterausbildung, Studienberechtigung für qualifizierte Absolventen einer Meisterprüfung), um damit
die Hochschulen ebenfalls zu entlasten. Nach ihrer Vorstellung sollten sich etwa zwei Drittel eines
Jahrgangs über eine berufliche Ausbildung qualifizieren (vgl. o.V., 1995(a), S. 17).
Speziell mittelständische Unternehmen berücksichtigen oftmals zu wenig die Veränderungen der
vergangenen zwei Jahrzehnte im Bildungssystem. Der Schülerstrom hat sich von der Haupt- auf die
Realschule und vor allem, in niemals für möglich gehaltenem Maße, auf die Gymnasien verlagert (vgl.
Eckardstein, 1988, S. 64). Allein in Westdeutschland hatte im Jahre 1996 durchschnittlich jeder fünfte
Lehrling die allgemeine Hochschulreife (Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997). Dadurch
erhöht sich in den kommenden Jahren das Bildungsniveau der meisten Mitarbeiter und stellt wesentlich
höhere Anforderungen an die zukünftigen Unternehmer/
Geschäftsführer und sonstigen Führungskräfte hinsichtlich Mitarbeiterführung, -information und
-kommunikation.
Bereits das allgemeinbildende Schulsystem soll den Schülern ein breites Grundlagenwissen (sog.
Generalistenwissen) verschaffen, aber auch jene fachübergreifenden Qualifikationen wie beispielsweise
die Fähigkeit zu logischem Denken, Initiative, Kontaktfreudigkeit, Mut zu neuen Aufgaben oder
Herausforderungen sowie die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen vermitteln. Diese Fähigkeiten und
Fertigkeiten benötigen die Schüler in steigendem Maße im späteren Berufsleben, um sich schnell,
flexibel und von sich aus interessiert auf die sich ständig verändernden Anforderungen bezüglich
Ausbildung und Beruf einstellen zu können (vgl. Franke, 1985, S. 12; Schmahl, 1987, S. 14).
- 30 -
2.2. Branchenspezifische gewerblich-technische und kaufmännische Möglichkeiten der
Berufsausbildung
Grundsätzlich wird die Ausbildung in zwei Bereiche aufgeteilt. Zum einen umfaßt sie die berufliche
Erstausbildung, auf die im folgenden Abschnitt eingegangen wird, und zum anderen die Ausbildung an
Fachhochschulen, Universitäten, Berufsakademien etc. (vgl. RKW, 1990, S. 272), die in den
darauffolgenden Abschnitten näher erläutert werden.
2.2.1. Veränderte Inhalte und Schwerpunkte der neuen Ausbildungsverordnungen
Die berufliche Bildungsarbeit in Deutschland beruht auf dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) von 1969,
das somit eine umfassende und bundeseinheitliche Grundlage schuf. Unter dem Oberbegriff
"Berufsbildung" subsumiert das Gesetz die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die
berufliche Umschulung28 in Unternehmen des öffentlichen Dienstes, in der Wirtschaft und bei
Angehörigen freier Berufe (vgl. Conradi, 1983, S. 32; Dichtl/Issing, 1987, S. 205).
Unter der Bezeichnung "Berufsausbildung" lassen sich alle Maßnahmen und Tätigkeiten zusammenfassen, die die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen
Fertigkeiten und Kenntnisse sowie entsprechende Berufserfahrungen in einem geordneten
Ausbildungsgang vermitteln (§ 1 Abs. 2 BBiG). Sie unterteilt sich in die berufliche Grund- und berufliche
Fachausbildung (vgl. Berthel, 1995, S. 259; Dichtl/Issing, 1987, S. 205; Freund et al., 1981, S. 118;
Hentze, 1991(a), S. 331). Im Rahmen der beruflichen Grundausbildung wird dem Auszubildenden ein
möglichst breites Grundlagenwissen vermittelt, während bei der beruflichen Fachausbildung die zur
Ausübung einer qualifizierten Berufstätigkeit erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse
und Fertigkeiten geschult werden (vgl. Hentze, 1991(a), S. 333f).
Dabei erfolgt die berufliche Qualifizierung in zwei Stufen, die sich gegenseitig ergänzen. Die praktische
Unterweisung erfolgt im Ausbildungsbetrieb (training on the job, learning by doing), die theoretische
Vertiefung in der Berufsschule (training off the job) als Teilzeit- oder Blockunterricht (vgl. Heider, 1990,
S. 47; Hentze, 1991(a), S. 334; Hoss, 1991, S. 18). Dieses umfassende, sog. duale System der
Berufsausbildung in Deutschland, also die kooperative Verbindung der beiden Lernorte, der staatlichen
Berufsschule und des ausbildenden Betriebs, galt jahrzehntelang im Vergleich zu anderen
Industrienationen (z.B. USA, Japan, Großbritannien, Frankreich) als besonders effektiv, um den Azubis
28
Die berufliche Umschulung führt entweder zu einem neuen Beruf oder zu einer anders qualifizierten beruflichen
Tätigkeit. Hierbei werden Personen, die - aus welchen Gründen auch immer - ihren Beruf nicht mehr ausüben
können (z.B. aus gesundheitlichen Gründen, Arbeitsplatz wurde wegrationalisiert) oder wollen (z.B. Arbeitnehmer
suchen eine anspruchsvollere, leichtere bzw. neue berufliche Tätigkeit), für einen anderen Beruf qualifiziert (vgl.
Freund et al., 1981, S. 119; Hentze, 1991(a), S. 338; Thom, 1987, S. 46f). Da die Umschulungen für die Betrachtungen
im Rahmen dieser Arbeit unbedeutend sind, soll hierauf nicht näher eingegangen werden.
- 31 -
eine qualifizierte Erstausbildung zu vermitteln (vgl. Posth, 1992, S. 176). Aufgrund der veränderten
Arbeitsanforderungen benötigen sie künftig neben der fachlichen Kompetenz auch weitere
Schlüsselqualifikationen (vgl. Heider, 1990, S. 48).
Jeder Jugendliche, der noch nicht volljährig ist und keine weiterführende Schule besucht, muß die
Berufsschule absolvieren, auch wenn er keine Lehrstelle hat (vgl. Hentze, 1991(a), S. 334).
Die berufliche Erstausbildung schließt bei einer gewerblich-technischen Lehre mit der Facharbeiter/Gesellenprüfung bzw. bei einer kaufmännischen Ausbildung mit der Kaufmannsgehilfenprüfung vor der
zuständigen Handwerksinnung bzw. Industrie- und Handelskammer ab (vgl. Litzenberg, 1987, S. 214).
Welche beruflichen Anforderungen der Auszubildende, die Fach- oder Führungskraft in 20 oder 30
Jahren erfüllen muß, ist aufgrund der fortschreitenden ökonomischen, technologischen und
gesellschaftlichen Veränderungen heute noch nicht genau abzusehen. Fest steht aber, daß es für die
zukünftige berufliche Laufbahn immer entscheidender wird, dem Azubi bereits im Rahmen der
beruflichen Erstausbildung Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, die es ihm ermöglichen, sich auf
die häufig verändernden, speziellen Aufgaben schnell und flexibel einzustellen sowie fortlaufend um- und
dazuzulernen. Dafür benötigen die Schüler eine breit angelegte Grundausbildung, auf die in den
kommenden Jahren und Jahrzehnten permanent aktuelles Spezialwissen aufgebaut werden kann (sog.
Primat des lebenslangen Lernens) (vgl. Hoss, 1991, S. 18; Meyer-Dohm, 1985, S. 29; Schmahl, 1987,
S. 15f).
Aufgrund der oben geschilderten veränderten Anforderungen an die berufliche Erstausbildung
entsprachen die meisten der Berufsausbildung zugrunde liegenden Ausbildungsverordnungen29 nicht
mehr den heutigen und zukünftigen Arbeitsanforderungen. Deshalb werden sie seit Mitte der 80er Jahre
für verschiedene handwerkliche und kaufmännische Ausbildungszweige (z.B. Metall- und Elektroberufe,
Einzelhandels-, Büro-, Reisekaufleute) vom "Bundesminister für Wirtschaft", in Zusammenarbeit mit den
zuständigen Bildungsgremien, aktualisiert (vgl. Heider, 1990, S. 49).
Jedoch können neue Ordnungsmittel in der Berufsausbildung für sich allein nicht den Anspruch erheben,
Basis für eine gute Aus- und Weiterbildung zu sein. Generelle Voraussetzung dafür sind geeignete
Ausbildungsbetriebe, motivierte Auszubildende und Ausbilder (vgl. Stoy/Binnenbrücker, 1989, S. 3).
29
In den Ausbildungs-(ver-)ordnungen sind die Ausbildungsziele und -inhalte für die Berufsausbildung in den
Betrieben festgehalten. Sie geben einen Mindeststandard vor und binden als Rechtsverordnung die an der
betrieblichen Berufsausbildung beteiligten Personen (vgl. Berthel, 1995, S. 259).
- 32 -
2.2.2. Handwerklich-technische Berufsausbildungsmöglichkeiten
Ende der 80er Jahre traten die neuen Regelungen zum Berufsbild und zur Meisterprüfung für das KfzMechaniker- und Kfz-Elektriker-Handwerk30 in Kraft. Eine Neustrukturierung der alten
Ausbildungsordnungen von 1973 war notwendig geworden, da die heutige und zukünftige Automobiltechnik, mit komplexer Elektronik und Systemtechnik sowie modernen Einstell-, Prüf- und
Diagnoseverfahren neue, anspruchsvollere Qualifikationen von den Auszubildenden verlangt (vgl.
Stoy/Binnenbrücker, 1989, S. 3; Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 6f).
Sowohl in die Ausbildung als auch in die Meistervorbereitung sind neue, zeitgemäße Lerninhalte
aufgenommen worden. Themen wie Umweltschutz, Arbeitsplanung, Karosserietechnik, Elektronik,
Pneumatik und Hydraulik gehören heutzutage gleichermaßen zum Aus- wie zum Weiterbildungsprogramm. Neben den Ausbildungsverordnungen sind parallel dazu neue bundeseinheitliche
Rahmenlehrpläne für den Berufsschulunterricht verabschiedet worden, so daß im Kfz-Handwerk die
Abstimmung zwischen den beiden Partnern im dualen Berufsbildungssystem verbessert wurde (vgl.
Stoy/Binnenbrücker, 1989, S. 3; Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989,
S. 7ff). Die Übersicht in Anlage 1, genauso wie die über die kaufmännischen Berufsbilder in Anlage 2,
gibt grob vereinfachte, komprimierte Informationen für den Unternehmernachfolger als auch für den
interessierten Berufsanfänger über die neuen handwerklich-technischen bzw. kaufmännischen
Ausbildungsverordnungen (z.B. Lehrzeitdauer, Ausbildungsstätten und -inhalte, Zwischen- und
Abschlußprüfungsmodalitäten, Prüfungsinhalte, Verkürzungsmöglichkeiten der Ausbildung).
Die in der Praxis weit fortgeschrittene Angleichung der Berufe Kfz-Mechaniker und -Elektriker wird
durch die neue Verordnung vollständig erfaßt. In der Praxis bedeutet dies, daß Kfz-Elektriker bis auf
die Kernreparatur von Antriebsaggregaten (z.B. Motor und Kraftübertragung) und die KarosserieInstandhaltung die gleichen Tätigkeiten ausüben können wie Kfz-Mechaniker31 (vgl.
Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 117).
Voraussichtlich bis zum Jahr 2000 werden, nach der Genehmigung der neuen Ausbildungsverordnung
durch die zuständigen Ministerien, diese beiden Ausbildungsberufe in dem gemeinsamen Berufsbild
“Kfz-Techniker“ zusammengefaßt, da zukünftig eine strikte Trennung von Mechanik und
Elektrik/Elektronik bei der Reparatur und Wartung der modernen Fahrzeuge kaum noch möglich ist.
30
Als dritten Ausbildungsberuf im Kfz-Handwerk ist der Vollständigkeit halber noch der Beruf des Karosserie- und
Fahrzeugbauers anzuführen. Diese Berufsausbildung wird im Rahmen dieser Arbeit völlig außer acht gelassen, da
sie für die Qualifizierung der Unternehmernachfolger nur in speziellen, meist fabrikatsungebundenen
Karosseriewerkstätten von Bedeutung ist.
31
Der Beruf des Kfz-Mechanikers ist seit Jahrzehnten der Berufszweig mit den meisten Auszubildenden und auch
der am weitesten verbreitete Monoberuf in Westdeutschland (vgl. Rauner, 1991, S. 179; Rauner/Zeymer, 1991, S.
8f).
- 33 -
Die Werkstattmitarbeiter müssen zunehmend beide Bereiche der Fahrzeug- und Reparaturtechnik
beherrschen. In ähnlicher Form werden auch die beiden Fortbildungszweige auf Meisterebene
zusammengefaßt (vgl. o.V., 1997(b), S. 10).
Inwieweit für den Unternehmernachfolger speziell eine handwerklich-technische Lehre parallel zum
(Fach-)Hochschulstudium möglich ist (z.B. in den Semesterferien), hängt einerseits von der
Genehmigung des zuständigen Berufsausbildungsausschusses (z.B. verantwortliche Handwerkskammer)
und andererseits von den eigenen Fähigkeiten, Neigungen sowie vor allem vom persönlichen
Engagement des Studenten ab.
2.2.3. Kaufmännische Berufsausbildungsalternativen
Ursprünglich war die kaufmännische Ausbildung im Kfz-Gewerbe in vier verschiedene Berufsbilder
zersplittet, und zwar in die Berufe "Einzelhandelskaufmann", "Bürokaufmann", "Bürogehilfe" und
"Kaufmann für Groß- und Außenhandel". Den letztgenannten Ausbildungsberuf dürfte es eigentlich im
Kfz-Gewerbe gar nicht geben, da Autohäuser in diesen beiden Geschäftszweigen nicht tätig sind.
Jedoch gilt dieses Berufsbild bei vielen Azubis als attraktiver, moderner und imageträchtiger. Deshalb
wird dieser kaufmännische Ausbildungsberuf in einigen Kfz-Betrieben noch angeboten (vgl. Meyer,
1988, S. 2).
a) Novellierung der Ausbildungsverordnung zum "Kaufmann/-frau im Einzelhandel"
Anfang 1987 trat die überfällig gewordene Neuordnung des Berufes "Einzelhandelskaufmann/
-frau" mit speziellem, branchenbezogenem Ausbildungsrahmenplan u.a. für den Fachbereich 8
"Kraftfahrzeug, Teile und Zubehör" in Kraft (vgl. Meyer, 1988, S. 2f; Rinn, 1988(a), S. 7).
Die wesentlichen Veränderungen des neuen Berufsbildes lauten:
- Schaffung eines eigenen Fachbereiches für das Kfz-Gewerbe;
- Schwerpunktsetzung auf die Warenverkaufskunde, -wirtschaft und Datenverarbeitung;
- praktische Erprobung moderner Kommunikationspsychologie im Berufsschulunterricht;
- Schulungen über die steigende Bedeutung von Kundenkontakt und -pflege;
- Vermittlung von Schlüsselqualifikationen (z.B. Selbständigkeit, Kreativität, Kommunikations-,
Kooperationsfähigkeit);
- Neukonzipierung des Berufsschulunterrichts entsprechend den zukünftigen Arbeitsanforderungen (z.B.
Unterricht in Projektform, Lernstatt)
(vgl. Meyer, 1988, S. 3).
Vom ZDK wurden für den Ausbildungsberuf Einzelhandelskaufmann im Fachbereich "Kfz, Teile und
Zubehör" spezielle Ausbildungspläne erstellt, die auf die Bedürfnisse der Praxis zugeschnitten sind; sie
vereinfachen die Strukturierung der Ausbildung (vgl. Meyer, 1988, S. 3).
- 34 -
Kritisch anzumerken ist, daß es trotz der etwa 24.800 markengebundenen Kfz-Betriebe in Deutschland
bisher keine eigenständige, völlig separate berufliche Erstausbildung im kaufmännischen Sektor gibt, die
speziell auf die Belange dieser Branche ausgerichtet ist. Der ZDK hofft, mit Unterstützung der
Gewerkschaften und der Mitglieder des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), bis zum
Beginn des Lehrjahres am 01.08.1998 die erstellte Ausbildungsordnung für den neuen Beruf
“Automobilkaufmann/-frau“ durch die zuständigen Ministerien genehmigt zu bekommen. Die
kaufmännischen Auszubildenden sollen in der dreijährigen Ausbildungszeit in eigenen
Berufsschulfachklassen unterrichtet werden. Das neue Berufsbild zeichnet sich insbesondere dadurch
aus, daß branchentypische kaufmännisch-verwaltende Tätigkeiten einschließlich der umfassenden
Zusatzdienstleistungen vermittelt werden sollen. Dazu gehören z.B. Kfz-Versicherung, -Finanzierung und
-Leasing, Gebrauchtwagenbewertung, Kundendienst und Gewährleistungsbearbeitung sowie EDVEinsatz bei der Materialversorgung, Auftragserfassung, Bestellung von Neufahrzeugen und Ersatzteilen
(vgl. Mohr, 1995, S. 47; o.V., 1997(d), S. 13).
Aufgrund dieses bisherigen Mankos besteht seit Anfang 1995 in einigen Bundesländern für die
Handelsbetriebe im Kfz-Gewerbe die Möglichkeit, ihre kaufmännischen Lehrlinge in diesem
Ausbildungsberuf durch eine ergänzende Bildungsmaßnahme bei der regionalen Industrie- und
Handelskammer (IHK) zum “Automobilkaufmann/-frau“ mit IHK-Zertifikat qualifizieren zu lassen (vgl.
Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 80; o.V., 1995(b),
S. 10). Im Rahmen dieser Kurse werden Themen vermittelt, die über die gesetzlichen Ausbildungsinhalte hinausgehen bzw. in der Berufsschule nicht angesprochen werden, wie beispielsweise
Verhalten und Auftreten gegenüber Kunden, Verkaufstraining und Auswertung des betriebswirtschaftlichen Zahlenmaterials. Diese Kurse umfassen etwa 100 Unterrichtsstunden und finden zweimal
wöchentlich nach der Arbeit sowie regelmäßig samstags statt. Die Kosten betragen knapp 1.000,- DM
(vgl. o.V., 1995(b), S. 10f).
Die abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung ist Voraussetzung für die Teilnahme am
Abschlußtest des Zertifikatskurses (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al.,
1994, S. 80; o.V., 1995(b), S. 11) 32.
b) Novellierung der Ausbildungsverordnungen für Bürokaufleute
Zum 01. August 1991 sind nach 50- bzw. 28-jähriger Zuständigkeit die neuen Ausbildungsverordnungen für die Büroberufe "Kaufmann/Kauffrau für Bürokommunikation" - ersetzt die
2-jährige Ausbildung als “Bürogehilfe/-in“ - und die novellierte Fassung des 3-jährigen Ausbildungsgangs zum/zur "Bürokaufmann/-frau" in Kraft getreten. Beim Erstgenannten haben sich die
Anforderungen im Vergleich zum alten Berufsbild durch die Aufnahme kaufmännisch-verwaltender
32
Genauere Auskünfte über diesen IHK-Zertifikatskurs “Automobilkaufmann/-frau“ erteilen die regionalen IHKs.
- 35 -
Funktionen sowie Sekretariats- und Assistenzaufgaben wesentlich verändert. Daraus ergibt sich auch
die nunmehr 3-jährige Ausbildungsdauer (vgl. o.V., 1991(c), S. 984).
Beim Ausbildungsberuf "Bürokaufmann/Bürokauffrau" wurden die Ausbildungsverordnung überarbeitet
und die Inhalte an die veränderten Arbeitsbedingungen und -techniken des modernen Büros angepaßt
(vgl. o.V., 1991(c), S. 984). Ursprünglich war geplant, den Ausbildungsberuf "Bürokaufmann/-frau"
umzubenennen in "Kaufmann/-frau für (Büro-)Organisation". Diese neue Bezeichnung konnte sich
jedoch in der Praxis nicht durchsetzen und somit wurde die alte Berufsbezeichnung beibehalten.
Eine Übersicht über Inhalte, Schwerpunkte, Ausbildungszeit etc. der vier Ausbildungsverordnungen für
kaufmännische Azubis im Kfz-Gewerbe gibt Anlage 2.
Die Attraktivität der Ausbildung außerhalb der (Fach-)Hochschulen gewinnt aufgrund ihrer Verwertbarkeit im späteren Berufsleben zunehmend an Bedeutung. Ungefähr 30 Prozent der betrieblich
ausgebildeten Studienberechtigten sehen in der beruflichen Ausbildung ihre erste Phase der umfassenden
Gesamtausbildung und nehmen später noch ein Studium auf (vgl. Bund-Länder-Kommission für
Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991, S. 377).
2.3. Die Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft für Abiturienten als Alternative zum Studium
Aufgrund des fortschreitenden Trends zu immer höherqualifizierten Schulabschlüssen und des damit
einhergehenden ständig zunehmenden Anteils der Studienberechtigten, die Alternativen zum (Fach)Hochschulstudium suchen, kommt den Ausbildungsaktivitäten der Wirtschaft eine besondere
Bedeutung zu. Neben der Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (z.B. Bank-, Industrie-,
Groß- und Außenhandelskaufmann/-frau) können sich die Abiturienten in einem der
Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft die Basis für eine qualifizierte Tätigkeit und einen entsprechenden beruflichen Aufstieg erarbeiten (vgl. Meyer-Riedt, 1988, S. 20).
Gründe für die Einrichtung der Sonderausbildungswege für Abiturienten liegen in den bereits
angeführten, veränderten Berufsanforderungen und in einem Mangel an praxisorientiert ausgebildeten
Fachhochschul-Betriebswirten (vgl. Kramer/Landsberg, 1981, S. 19).
Verglichen mit der traditionellen beruflichen Erstausbildung (sog. Lehre) sind die Sonderausbildungsgänge für Abiturienten, aufgrund des höheren Eignungsniveaus, durchweg anspruchsvoller (vgl.
Kramer/Landsberg, 1981, S. 20). Zwar sind seit Mitte der 80er Jahre auch die herkömmlichen
(klassischen) Berufsausbildungen, entsprechend den veränderten Arbeitsanforderungen, qualitativ
angehoben worden (siehe die Novellierung der Ausbildungsverordnung für Einzelhandelskaufleute, KfzMechaniker etc.), aber insgesamt enthalten die Sonderausbildungsgänge wesentlich mehr
(wirtschaftsbezogene) Lehrinhalte, die auf zukünftige Führungsaufgaben vorbereiten.
- 36 -
Als besondere Vorzüge dieser Sonderausbildungsgänge gelten der starke Praxisbezug des Lehrstoffs,
die größere Verzahnung von Theorie und Praxis und die verkürzte Ausbildungszeit. Kritisch an diesen
dualen Ausbildungsformen für Abiturienten wird oftmals die starke Ausrichtung nach dem Bedarf des
Arbeitgebers und die überwiegende Vermittlung von kurzfristigem Anwendungswissen angesehen.
Ferner gelangt man nur über einen privaten Arbeitsvertrag zu dieser Berufsausbildung (vgl.
Kramer/Landsberg, 1981, S. 39ff).
Die wichtigsten Sonderausbildungsgänge führen zu folgenden Abschlüssen:
a) Betriebswirt (VWA = Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie)
Hierzu bilden Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien in Verbindung mit ihnen angeschlossenen
Unternehmen des Einzugsgebietes aus.
Die dreijährige Ausbildung - Zulassungsvoraussetzung ist Abitur oder Fachhochschulreife - erfolgt im
ständigen Wechsel zwischen theoretischer (Besuch der Studieninstitution meist 2-3 Tage pro Woche)
und praktischer (3 Tage pro Woche im Betrieb) Ausbildung. Sie zeichnet sich durch eine Verbindung
von wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Theorie mit praxisbezogener Anwendung aus. Nach 1,5-2
Jahren kann durch Zwischenprüfung die Ausbildung als Industriekaufmann abgeschlossen sowie in der
verbleibenden Zeit der Betriebswirt (VWA) absolviert werden (vgl. Bund-Länder-Kommission für
Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991, S. 380;
Kramer/Landsberg, 1981, S. 22; Meyer-Riedt, 1988,
S. 20; Staufenbiel, 1994, S. 112; Thom/Meyer-Riedt, 1991, S. 41).
b) Diplom-Betriebswirt (BA = Berufsakademie)33
Dieses Ausbildungsprogramm weist erhebliche Übereinstimmungen mit dem des Betriebswirtes (VWA)
auf. Es ist ebenfalls in zwei Stufen unterteilt und dauert drei Jahre. Die Vermittlung von Theorie und
Praxis in der Berufsakademie erfolgt im zeitlichen Wechsel an der Studienakademie (9-12 Wochen je
Halbjahr) und im Betrieb (12-15 Wochen pro Halbjahr). Im zweijährigen ersten Abschnitt werden
kaufmännisches und wirtschaftswissenschaftliches Grundwissen vermittelt; er führt zum
berufsbefähigenden staatlichen Abschluß des Wirtschaftsassistenten (BA). Die folgende
Ausbildungsstufe erstreckt sich über ein weiteres Jahr und dient vornehmlich der Vertiefung
wissenschaftlicher Arbeitsweisen in den Grundlagenfächern (z.B. Marketing, Personalwesen,
Rechnungswesen) und der Verbesserung branchenspezifischer Kenntnisse (Bank, Industrie, Spedition
usw.). Der zweite Abschnitt endet mit der Prüfung zum Betriebswirt (BA) (vgl. Bund-LänderKommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991, S.
33
Der Sonderausbildungsgang für Abiturienten zum Diplom-Betriebswirt (BA) wurde anfänglich nur an Berufsakademien in Baden-Württemberg angeboten. Zur Entlastung der (Fach-)Hochschulen sollen nach Ansicht des
Bildungsministeriums und Hochschulverbands zukünftig diese Akademien auf alle Bundesländer ausgeweitet
werden (vgl. Reumann, 1992, S. 14).
- 37 -
380ff; Kramer/Landsberg, 1981, S. 22ff; Meyer-Riedt, 1988, S. 20f; Thom/Meyer-Riedt, 1991, S.
41).
Des weiteren bietet beispielsweise die "Akademie des Handwerks in Hamburg" Abiturienten einen 3,5jährigen dualen kaufmännisch-technischen Ausbildungsgang zum "Technischen Betriebsassistenten"
(TBA) an. Er umfaßt neben der Kfz-Mechaniker- bzw. -Elektriker-Gesellenprüfung auch eine spezielle
kaufmännische Schulung. Dadurch soll der Absolvent künftig in der Lage sein, Führungsaufgaben im
Kfz-Betrieb zu übernehmen (vgl. Lange, 1989, S. 173; Rinn, 1988(b),
S. 15).
Zusammenfassend ist zu sagen, daß der besondere Vorzug der verschiedenen Sonderausbildungsgänge
für Abiturienten in der Wirtschaft in der engen Verbindung von Praxisnähe und Wissenschaftsbezug
liegt. Die Auszubildenden lernen den Betrieb von der Basis aus kennen und erhalten zusätzlich eine
betriebswirtschaftliche Qualifizierung (vgl. Conradi, 1983, S. 53; Meyer-Riedt, 1988, S. 21;
Thom/Meyer-Riedt, 1991, S. 41). Dadurch tragen diese Ausbildungsgänge erheblich dazu bei, einen
vorhandenen Bedarf an gleicherweise praxisnah und doch wissenschaftsbezogen ausgebildeten Fachund Führungs-(nachwuchs-)kräften zu decken (vgl. Kramer/Landsberg, 1981, S. 21).
Aus diesen Gründen nutzen seit einigen Jahren nicht nur Großbetriebe, sondern zunehmend auch
mittelständische Unternehmen wie beispielsweise Kfz-Betriebe dieses Konglomerat aus inner- und
überbetrieblicher Ausbildung (vgl. Meyer-Riedt, 1988, S. 19ff) für Führungsnachwuchskräfte,
potentielle Geschäftsführer und Unternehmernachfolger.
2.4. Branchenorientierte Wirtschaftsstudiengänge
Die Grenzen zwischen Aus- und Fortbildung sind oftmals fließend; ein (Fach-)Hochschulstudium kann
beispielsweise sowohl der Aus- (=Erststudium) als auch der Fortbildung (=Aufbau-, Ergänzungs-,
Vertiefungsstudium) zugerechnet werden (vgl. Sommer, 1989, S. 10; Winkelhofer, 1989, S. 54f).
2.4.1. Betriebswirtschaftliches Fachhochschulstudium
Als Alternative zum mindestens 8-semestrigen Universitätsstudium, bei dem viele mittelständische
Unternehmen die Praxisferne beklagen, bieten über 80 staatliche Fach- (FH) und Gesamthochschulen
(GH) in Deutschland ein 6- bzw. 7-semestriges, praxisbezogenes Betriebswirtschaftsstudium an. Die
Praxisorientiertheit wird dadurch forciert, daß viele Dozenten über praktische Erfahrungen in der
Wirtschaft verfügen. Neben dem 3- bis 3,5-jährigen Studium müssen die Studenten je nach Bundesland
bzw. Studienordnung zusätzlich ein bis zwei Praxissemester absolvieren, falls sie nicht bereits vorab eine
kaufmännische Lehre abgeschlossen haben (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 17f; Staufenbiel, 1994, S.
108).
- 38 -
Die Zulassung zum Fachhochschulstudium setzt mindestens das Fachabitur, die Fachhochschulreife oder
einen adäquaten staatlich anerkannten Abschluß (z.B. Höhere Handelsschule im kaufmännischen
Bereich) voraus (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 108)34.
Das Fachhochschulstudium gliedert sich grundsätzlich in ein 4-semestriges Grund- und ein 2- bzw. 3semestriges Hauptstudium. Das Ausbildungsangebot im Grundstudium ist ziemlich einheitlich und umfaßt
in der Regel sechs bis acht Pflichtfächer: Betriebs-, Volkswirtschaftslehre, Mathematik, Statistik,
Wirtschaftsrecht, Steuerlehre, Rechnungswesen, Organisation und EDV. An vielen Fachhochschulen
wird das Grundstudium mit einer schriftlichen Zwischenprüfung abgeschlossen. Im Hauptstudium erfolgt
eine Vertiefung des BWL-Studiums durch die Wahl von Schwerpunkt- und Wahlpflichtfächern35. Die
Examensprüfung umfaßt neben der schriftlichen und mündlichen Prüfung eine meist 3-monatige
Abschluß- oder Diplomarbeit (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 108).
Nach bestandenem Examen erhält der Absolvent den Titel Diplom-Betriebswirt (FH) bzw. DiplomÖkonom (FH)36.
2.4.1.1.
Spezieller Studiengang für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Nürtingen
Seit September 1991 wird an der Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen als Wahlpflichtfach
im Hauptstudium die Lehrveranstaltung "Automobilwirtschaft"37 angeboten (vgl. Brachat/Diez, 1991, S.
4; Steiner, 1991(b), S. 28).
Die speziellen Merkmale der eigenständigen Konzeption für den Studiengang Betriebswirtschaft an
dieser Fachhochschule sind im Studienaufbau und in den -inhalten begründet. Besonderes Gewicht wird
auf die Vermittlung umfassender wissenschaftlicher als auch praxisgerechter Qualifikationen für
Nachwuchskräfte der überwiegend mittelständischen Unternehmen des Kfz-Gewerbes gelegt. Das
Betriebswirtschaftsstudium ist hier auf acht Semester ausgelegt mit zwei integrierten Praxissemestern (3.
und 6. Semester). Dabei soll im ersten Praktikum eine möglichst breit angelegte Ausbildung in
34
Aufgrund der Vielzahl von Regelungen über Erwerb und Anerkennung der Fachhochschulreife ist es empfehlenswert, sich frühzeitig an der jeweiligen FH zu informieren, da u.a. je nach Art der Fachhochschulreife unterschiedliche Regularien über vor Studienbeginn zu absolvierende Praktika bestehen (vgl. Staufenbiel, 1994,
S. 108).
35
Die Belegung von selbstgewählten Wahlpflichtfächern im Hauptstudium ermöglicht dem Studierenden eine
eigenständige Gestaltung seines Studienaufbaus entsprechend seinen individuellen Neigungen und Fähigkeiten.
36
Für ausführlichere Informationen über Zulassungs-, Anmeldemodalitäten und verschiedene Studienorte für das
(Fach-)Hochschulstudium siehe im einzelnen: "Staufenbiel, J. E./Koetz, A. G./Ferring, K.: Die Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten. Studiengänge und Berufsfelder für Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftsingenieure, Köln" (erscheint jährlich neu).
37
Anfang 1995 wurde dieser Studiengang im Hauptstudium an der FH Nürtingen/Außenstelle Geislingen von
“Kraftfahrzeugwirtschaft“ in “Automobilwirtschaft“ umbenannt, da unter der ursprünglichen Bezeichnung viele
Interessenten eine vorrangig gewerblich-technisch orientierte Ausrichtung subsumierten.
- 39 -
verschiedenen Unternehmensbereichen erfolgen. Das zweite Praxissemester zielt auf eine vertiefende
Ausbildung in einem speziellen betrieblichen Funktionsbereich ab, damit die Studenten die erworbenen
Kenntnisse praktisch einsetzen und ihre beruflichen Fähigkeiten und Neigungen genauer feststellen
können (vgl. Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, 1994, S. 3ff; Gemeinschaftsinitiative
der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 87f).
Das Grundstudium umfaßt das 1. und 2. Semester sowie das sich daran anschließende Praxissemester
und endet mit der Vordiplomprüfung. Das Hauptstudium I beinhaltet das 4. und 5. Semester sowie ein
weiteres Praxissemester. In diesen beiden Teilabschnitten wird zunächst ein breites Basiswissen in allen
betriebswirtschaftlichen Bereichen vermittelt. Dabei wird besonderer Wert auf die Fächer Elektronische
Datenverarbeitung (EDV), Technik und Fremdsprachenkenntnisse (z.B. Wirtschaftsenglisch, französisch) gelegt. Aufbauend auf diesen Grundlagen kann sich der Student im Hauptstudium II (7. und
8. Semester) neben dem obligatorischen Fachgebiet "Unternehmensführung" entweder für das
Wahlpflichtfach "Logistik" oder "Automobilwirtschaft“ entscheiden; eines dieser beiden Fächer ist Pflicht
(vgl. Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, 1994, S. 5f; Steiner, 1991(b), S. 28; siehe
auch Anlage 3).
Das Schwerpunktfach "Automobilwirtschaft" umfaßt in den beiden Semestern insgesamt 24
Semesterwochenstunden (SWS), wobei i.d.R. jeweils zum Wintersemester (Oktober des jeweiligen
Jahres) ein Einstieg möglich ist (vgl. Brachat/Diez, 1991, S. 4; Fachhochschule Nürtingen/
Außenstelle Geislingen, 1994., S. 5ff; Fachhochschule Nürtingen Fachbereiche Betriebswirtschaft, o.J.,
S. 43ff).
Dieses Wahlpflichtfach bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Industrie und Handel. Das
Management dieser Schnittstelle ist bzgl. der zukünftigen Markt- und Wettbewerbssituation von
zunehmender Bedeutung, denn es gilt, die Marktausschöpfung mit effizienten Vetriebsstrukturen und
Marketingkonzepten zu optimieren. Die Absolventen sind daher sowohl für den zukünftigen Einsatz in
den zentralen Vertriebsbereichen der Automobilhersteller/-importeure als auch für Führungsaufgaben in
Autohäusern qualifiziert (vgl. Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, 1994, S. 2f; siehe auch
Abb. 2).
- 40 -
Abb. 2:
Lehrveranstaltungen des Wahlpflichtfaches "Automobilwirtschaft" an der Fachhochschule
Nürtingen/Außenstelle Geislingen
Lehrveranstaltungen
- Marketing in der Automobilwirtschaft
- Controlling in der Automobilwirtschaft
- Management im Autohaus
- Automobiltechnik
- Recht in der Automobilwirtschaft
- Dienstleistungsmarketing in der Automobilwirtschaft
- Ausgewählte Themen aus der Automobilwirtschaft
- Seminar: Autombilwirtschaft
- Gesamt:
Semesterwochenstunden
2 SWS
2 SWS
6 SWS
4 SWS
2 SWS
2 SWS
2 SWS
4 SWS
24 SWS
Quellen: in Anlehnung an Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, 1994, S. 6
Als Zusatzkurs wird eine Einstiegsveranstaltung "Grundlagen der Verkehrs- und Automobilwirtschaft" (2
SWS) im 5. Semester des Hauptstudiums I angeboten (vgl. Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle
Geislingen, 1994, S. 6)38.
2.4.1.2.
Weitere Möglichkeiten des Fachhochschulstudiums mit branchenspezifischem
Wahlpflichtfach
Die im August 1992 neu errichtete Fachhochschule Gelsenkirchen (Nebenstellen Recklinghausen,
Bocholt) bietet seit 1996 u.a. den Studiengang Betriebswirtschaftslehre an. Dieser unterteilt sich in ein
4-semestriges Grundstudium sowie ein 4-semestriges Hauptstudium einschließlich einem Praxissemester.
Im Hauptstudium kann der Studierende neben dem Pflichtfach "Unternehmensführung" weitere
Vertiefungsfächer belegen (z.B. Logistik, Rechnungswesen, Steuern, Kultur- und Freizeitwirtschaft,
Handel) (vgl. o.V., 1992(c), S. 9). Das letztgenannte Fach "Handel" wird an (praxisnahen) Beispielen
der Kraftfahrzeugwirtschaft (Preis- und Rabattpolitik, Kundendienst und Service etc.) gelehrt.
Dieser Studiengang kann auch in berufsbegleitender Form absolviert werden, um u.a. interessierten
Mitarbeitern im Kfz-Gewerbe zu ermöglichen, Beruf und Studium miteinander zu verbinden und damit
eine Kombination aus praktischer und wirtschaftstheoretischer Qualifizierung zu erreichen.
Zulassungsvoraussetzungen sind mindestens die Fachhochschulreife oder die Meisterprüfung in einer
beliebigen Fachrichtung. Das berufsintegrierte Studium setzt sich zusammen aus vier Tagen im
38
Genauere Auskünfte zu diesem Studiengang erhält man durch die Informationsbroschüre und die zentrale
Studienberatung der FH Nürtingen/Außenstelle Geislingen unter folgender Adresse: Studienberatung, c/o.
Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, Bahnhofstr. 62, 73312 Geislingen.
- 41 -
Ausbildungsbetrieb und zwei Studientagen, ergänzt durch Wochenendseminare (vgl. o.V., 1995(d), S.
47).
Ferner ist an der FH Braunschweig/Wolfenbüttel zum Wintersemester 1997/98 ein neuer Studiengang
„Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Automobilwirtschaft“ eingerichtet worden. Dieses
Studium kann ebenfalls als Vollzeitstudium oder berufsbegleitend an drei Wochentagen absolviert
werden, jeweils mit einem engen Praxisverbund. Damit können nicht nur (Fach-)Abiturienten, sondern
auch qualifizierte Handwerksmeister neben ihrem Beruf an diesem Studium teilnehmen (vgl. o.V.,
1997(c), S. 19).
2.4.2. Betriebs - und volkswirtschaftliches Hochschulstudium
Generelle Voraussetzung für die Zulassung zu einem Hochschulstudium an einer deutschen Universität ist
der Nachweis der allgemeinen, einschlägigen oder fachgebundenen Hochschulreife. Das in der Regel 4semestrige Grundstudium wird mit der Vordiplomprüfung abgeschlossen. Sie beinhaltet an den meisten
Universitäten schriftliche Prüfungen in den vier Hauptfächern Volks-, Betriebswirtschaftslehre, Statistik
und Rechtswissenschaft. Ferner müssen in den sogenannten propädeutischen Fächern (z.B. Mathematik
für Wirtschaftswissenschaftler, betriebliche Buchführung und Rechnungswesen, Kosten- und
Leistungsrechnung, EDV) Leistungsnachweise (sog. Scheine) erworben werden. Form und Aufbau der
Zwischenprüfung sind dabei unterschiedlich geregelt. An einigen Universitäten werden sämtliche
Zwischenprüfungen als Block nach dem 4. Semester absolviert; zunehmend ist es jedoch auch möglich,
die Prüfungen gleitend während des gesamten Grundstudiums abzulegen. Primäres Ziel des
Grundstudiums ist die Vermittlung eines möglichst breiten wirtschaftswissenschaftlichen
Allgemeinwissens (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 98; Staufenbiel et al., 1991, S. 104; Universität Bamberg,
1994(a), S. 1ff).
Das laut Studienordnung 4-semestrige Hauptstudium der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre umfaßt im
allgemeinen folgende Bereiche:
- Sockelfächer (allgemeine Betriebswirtschaftslehre und allgemeine Volkswirtschaftslehre),
- ein Wahlpflichtfach aus dem Sektor der speziellen Betriebs- bzw. Volkswirtschaftslehre,
- ein bis zwei weitere Wahlpflichtfächer entsprechend der jeweiligen Studienordnung.
- Ein betriebs- oder volkswirtschaftliches (Auslands-)Studienpraktikum wurde in den letzten Jahren
wieder vermehrt in die Studienordnungen aufgenommen
(vgl. Staufenbiel, 1994, S. 98ff; Universität Bamberg, 1994(a), S. 4).
Im Hauptstudium soll der Student durch Seminare, Übungen, Referate und die Anfertigung von
Hausarbeiten (Zeitrahmen meist 4-6 Wochen) zu eigenständigen produktiv-wissenschaftlichen
Leistungen angeleitet werden. Die Bedeutung der Vorlesung tritt im Zuge des Hauptstudiums zunehmend
in den Hintergrund (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 100; Staufenbiel et al., 1991, S. 106).
- 42 -
Die Examens- oder Diplomprüfung setzt sich in der Regel aus drei Teilen zusammen, deren Reihenfolge
je nach Universität bzw. Prüfungsordnung differiert:
1) 3- bis 6-monatige wissenschaftliche Arbeit (Diplomarbeit).
2) 4- bis 6-stündige Klausuren in allen 5 Prüfungsfächern, die jedoch an einigen Hochschulen in zwei
Abschnitten geschrieben werden können.
3) Mündliche Prüfungen in den Prüfungsfächern sind an einigen Universitäten zwingend, an anderen nur
unter bestimmten Umständen (z.B. Ausgleich der schriftlichen Note, uneinheitliche Note) oder gar
nicht notwendig
(vgl. Staufenbiel, 1994, S. 102ff).
Zur Examenszulassung sind an den meisten Universitäten zusätzlich einige Leistungsnachweise in Form
von Klausuren, Referaten, Hausarbeiten etc. zu erbringen, die teilweise mit in die Examensnote eingehen
(vgl. Staufenbiel, 1994, S. 104).
Nach erfolgreichem Examensabschluß erhält der Absolvent den Titel Diplom-Kaufmann/-frau (Univ.), Ökonom/-in (Univ.), -Wirtschaftswissenschaftler/-in (Univ.), -Volkswirt/-in (Univ.).
2.4.2.1.
Das Fernstudium als Alternative zum herkömmlichen Präsenzstudium
Eine besondere Form des Fachhochschul- als auch des Universitätsstudiums ist das Fernstudium an der
Fernuniversität/Gesamthochschule Hagen. Es ist für viele, denen aus unterschiedlichen Gründen ein
herkömmliches Studium an einer (Fach-)Hochschule nicht möglich ist, eine Alternative, um Bildungsziele
des Hochschulstudiums zu erreichen. Im Gegensatz zum sog. "Präsenzstudium" wird den Studenten beim
Fernstudium ein Studienangebot gemacht, das primär über schriftliche, audiovisuelle und zunehmend
über computerunterstützte (Lern-)Medien (z.B. Studienbriefe, Kassetten, Videos, PC-Disketten,
Multimedia) geleitet, teilweise durch Präsenzveranstaltungen ergänzt und von regional stationierten
Mentoren betreut wird. Somit sind Fernstudenten weitgehend von zeitlichen und räumlichen
Bedingungen unabhängig. Alle (Fach-)
Hochschulstudiengänge (z.B. Wirtschafts-, Sozial-, Rechtswissenschaften) werden in Voll- und
Teilzeitform (=gleiches Programm zeitlich gestreckt) offeriert (vgl. Bund-Länder-Kommission für
Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991, S. 41f).
Speziell durch die Wahl der langsameren und somit langfristigeren Studienform besteht die Möglichkeit,
ein Studium parallel zur (halbtägigen oder teilweisen) beruflichen Tätigkeit bzw. zur Kindererziehung zu
absolvieren.
Der Studienaufbau und die Ausbildungsinhalte, die Fächer im Grund- und Hauptstudium sowie die
Zulassungs-, Prüfungsmodalitäten etc. entsprechen in etwa denen der Fachhochschulen bzw.
Universitäten, je nach Studienform.
- 43 -
2.4.2.2.
Spezieller Studiengang für Automobilwirtschaft an der Universität Bamberg
Anfang April 1989 wurde an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg die Stiftungsprofessur für
Automobilwirtschaft neu eingerichtet. Dieses Studienfach stellt eines von etwa 20 Wahlpflichtfächern für
die Studiengänge Betriebs- und Volkswirtschaftslehre im Hauptstudium dar (vgl. o.V., 1991(b), S. 112;
o.V., 1991(e), S. 30). Es setzt sich mit den spezifischen betriebswirtschaftlichen Problemen dieses
Wirtschaftszweiges auseinander; daher versteht sich dieses Fach als "spezielle Betriebswirtschaftslehre"
(vgl. o.V., 1991(b), S. 112; Universität Bamberg, 1994(b), o.S.).
Die Schwerpunkte dieses Studiengangs sind primär auf die zukünftige berufliche Praxis in der
Automobilwirtschaft ausgerichtet. Insbesondere sollen Kenntnisse über folgende Themen vermittelt
werden:
- Zielsysteme für die mit Entwicklung, Herstellung, Distribution und Wartung von Kfz befaßten
Unternehmen,
- wechselseitige wirtschaftliche Abhängigkeiten der drei Erkenntnisobjekte dieses Wirtschaftszweiges
(Automobilindustrie, Kfz-Gewerbe, Kunden),
- vielschichtige Transaktionsprozesse zwischen den drei Bereichen,
- besondere Methoden und Probleme innerhalb der betrieblichen Funktionsbereiche (z.B. Beschaffung,
Organisation, Personalwesen, Marketing),
- Kaufverhalten der privaten und gewerblichen Klientel und deren Akzeptanz für KundendienstInanspruchnahme
(vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 90; o.V., 1991(b), S.
112; Universität Bamberg, 1994(b), o.S.).
Der Mindestumfang für das viersemestrige Wahlpflichtfach beträgt insgesamt 12 Semesterwochenstunden (Vorlesungen, Übungen, Kolloquien), deren Rahmen von der Fakultät vorgegeben
wird. Das Konzept sieht vor, daß i.d.R. alle zwei Semester (jeweils zum Wintersemester
- Beginn Anfang November des jeweiligen Jahres) der Einstieg in dieses Schwerpunktfach möglich ist
(vgl. o.V., 1991(b), S. 112; siehe auch Abb. 3 und Anlage 4).
- 44 -
Abb. 3:
Lehrveranstaltungen des Wahlpflichtfaches "Automobilwirtschaft" an der Universität Bamberg
Lehrveranstaltungen
-
Semesterwochenstunden
Einführung in die Automobilwirtschaft
Kundendienst-Management in der Automobilwirtschaft
Distribution in der Automobilwirtschaft
Seminar zur Automobilwirtschaft
Organisation und Leitung eines Kraftfahrzeugbetriebes
Forschungs- und Entwicklungspolitik der Hersteller
und Zulieferer
- Gesamt:
2 SWS
2 SWS
2 SWS
2 SWS
2 SWS
2 SWS
12 SWS
Quellen: in Anlehnung an Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 91;
Universität Bamberg, 1994(b), o.S.
Ziel dieses Wahlpflichtfaches ist es, durch die Ausrichtung auf die betriebswirtschaftlichen Probleme der
Automobilwirtschaft die Absolventen auf einen späteren Einstieg in kaufmännische Berufsfelder bei
Automobilherstellern und Kfz-Handels- und Handwerksbetrieben vorzubereiten (vgl.
Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 90; o.V., 1991(e), S. 30)39.
2.5. Gewerblich-technische und
nahmen im Kfz-Gewerbe
kaufmännisch-betriebswirtschaftliche
Fortbildungsmaß-
2.5.1. Die berufliche Fortbildung zur ständigen Aktualisierung der benötigten Kenntnisse,
Fertigkeiten und Verhaltensweisen
Die zweite Stufe der Berufsbildung ist die berufliche Fortbildung40. Sie knüpft an die berufliche
Erstausbildung an (vgl. Berthel, 1995, S. 263; Hentze, 1991(a), S. 337). Unter Fortbildung werden
nach § 1 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) Maßnahmen und Tätigkeiten verstanden, die bereits für
einen Arbeitsplatz oder Beruf vorhandenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen eines
Mitarbeiters erhalten, erweitern und/oder vertiefen (vgl. Berthel, 1995, S. 263; Dichtl/Issing, 1987, S.
205; Hentze, 1991(a), S. 337). Mit Hilfe der Fortbildung soll sichergestellt werden, daß die
Beschäftigten den sich wandelnden Anforderungen am Arbeitsplatz (z.B. steigender Einsatz von EDV-
39
Nähere Informationen zu diesem Studiengang erhält man durch den Studienführer und die zentrale Studentenberatung der Universität Bamberg unter folgender Anschrift: Zentrale Studentenberatung, c/o. Otto-FriedrichUniversität Bamberg, Heumarkt 2, 86045 Bamberg.
40
In Anlehnung an die neuere fachspezifische Literatur, dem allgemeinen Sprachgebrauch sowie den veränderten
Qualifikationstendenzen werden im Rahmen dieser Arbeit die Begriffe Fort- und Weiterbildung ebenfalls synonym
verwendet (vgl. Hentze, 1991(a), S. 337; Staehle, 1990, S. 812; Weber, 1987, S. 317).
- 45 -
Anlagen und elektronischen Diagnose-, Prüf-, Testgeräten) jederzeit gerecht werden können (vgl.
Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 621; Freund et al., 1981, S. 119; siehe auch §1 Abs. 3 BBiG).
Der Bereich der betrieblichen Fort- bzw. Weiterbildung unterscheidet sich von der beruflichen
Erstausbildung besonders dadurch, daß dieser i.d.R. nicht an einheitliche Lehrpläne (=Curricularien),
vergleichbar den beruflichen Ausbildungsordnungen, gebunden ist. Dies führt einerseits zu hoher
Flexibilität, die die Anpassung an die nachgefragten Qualifikationen erlaubt (z.B. Spezialqualifikationen).
Andererseits hat es aber den Nachteil, daß es zu einer quantitativen Beeinträchtigung der auf dem
Gesamtarbeitsmarkt verfügbaren allgemeingültigen (Basis-)
Qualifikationen führt. Nur durch überbetriebliche Maßnahmen wie Tarifverträge und staatliche
Ordnungsmittel ließen sich sowohl die Vorzüge einer qualifizierten Berufsbildungsplanung, wie sie für die
duale Berufsausbildung gilt, als auch eine hohe Flexibilität bei hoher Qualifikation der Beschäftigten
erzielen (vgl. Rauner, 1991, S. 178).
Die Fortbildung läßt sich nach dem Berufsbildungsgesetz in zwei Ausprägungen unterscheiden:
a) Anpassungsfortbildung (=horizontale Mobilität)
Dazu zählen alle ergänzenden Schulungsmaßnahmen, die die Mitarbeiter in die Lage versetzen,
veränderte Anforderungen an ihrem bisherigen Arbeitsplatz zu erfüllen (vgl. Funk, 1989, S. 15;
Echterhagen, 1989, S. 28; Hentze, 1991(a), S. 337; Novak, 1986, S. 249f; Thom, 1987, S. 43).
b) Aufstiegsfortbildung (=vertikale Mobilität)
Ziel dieser Fortbildungsart ist es, das Leistungspotential der Mitarbeiter so zu entwickeln, daß sie zur
Übernahme neuer, komplexerer und verantwortungsvollerer Aufgaben im Unternehmen (=beruflicher
Aufstieg) in der Lage sind (vgl. Funk, 1989, S. 15; Echterhagen, 1989, S. 28; Hentze, 1991(a), S. 337;
Novak, 1986, S. 249f; Thom, 1987, S. 43)41.
Eine exakte Trennung und Zuordnung der Lerninhalte zwischen beiden Fortbildungsmöglichkeiten ist
oftmals in der Praxis nicht möglich, da zu viele wechselseitige Dependenzen bestehen (vgl. Hentze,
1991(a), S. 337).
Die Fortbildungsmaßnahmen können sowohl praktische als auch theoretische Veranstaltungen oder
beides sein. Ferner können sie betriebsintern oder -extern (z.B. durch öffentlich-rechtliche Institutionen
oder kommerzielle Managementinstitute) erfolgen sowie wiederum beides kombinieren (vgl. Litzenberg,
1987, S. 214).
Früher konnte auf einmal Erlerntes während des gesamten Berufslebens zurückgegriffen und davon in
der gesamten Zeit profitiert werden. Vergegenwärtigt man sich, daß die Geschwindigkeit, mit der
41
Funk (1989, S. 15) und Thom (1987, S. 43) bezeichnen die zwei Arten der Fortbildung als Anpassungs- bzw.
Aufstiegsweiterbildung, obwohl beide Autoren sinngemäß das gleiche meinen.
- 46 -
heutzutage neue Technologien implementiert werden, dauernd zunimmt, und daß die Halbwertzeit von
Produkten und beruflichem Wissen sich fortlaufend reduziert, so wird deutlich, wie unabdingbar die
Forderung nach lebenslangem Lernen ist. Ständige, nicht nur berufs- bzw. fachbezogene
Weiterbildungsaktivitäten stellen den Weg zu individueller, betrieblicher und volkswirtschaftlicher
Existenzsicherung dar (vgl. Hoss, 1991, S. 18f).
Aus diesem Grunde erfolgt seit Mitte der 80er Jahre in der beruflichen Bildung, speziell für Führungs(nachwuchs-)kräfte, neben der rein berufsfachlichen Wissensvermittlung in zunehmendem Maße die
Vermittlung sozialer Kompetenzen42 (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 621).
2.5.2. Handwerklich-technische Fortbildungsmöglichkeiten
2.5.2.1.
Das Berufsbild des Kfz-Servicetechnikers
Zur Attraktivitätssteigerung des Berufsbildes in der Kfz-Werkstatt ist die von der Branche selbst
entwickelte Qualifikationsstufe des/der "Kfz-Servicetechnikers/-in" eingerichtet worden (vgl. Meyer,
1992(a), S. 43). Diese seit Ende 1992 angebotene mittlere Karrierestufe ist zwischen dem Berufsfeld
des Kfz-Mechanikers und -Meisters installiert worden, um die große Spanne zwischen der Gesellenund Meisterprüfung hinsichtlich Zeitraum, Entgelt und Karriereaspekt zu überbrücken. Mit Hilfe des neu
geschaffenen bundeseinheitlichen Berufsbildes sollen qualifizierte Berufsbewerber akquiriert sowie
qualifizierten Azubis, Mechanikern und Elektrikern interessante (Aufstiegs-)Perspektiven geboten
werden (vgl. Bachter, 1993, S. 354f; Meyer, 1992(b), S. 62).
Im Gegensatz zur Kfz-Meisterprüfung, die eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit vorschreibt, kann
mit der Fortbildung zu diesem neuen Berufsfeld unmittelbar nach bestandener Gesellenprüfung im KfzMechaniker-, -Elektriker- bzw. Automobilmechaniker-Handwerk begonnen werden (vgl. Bachter,
1993, S. 355; Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 43; Meyer,
1992(b), S. 62).
Die Ausbildung und Prüfung beinhalten:
- Ausbildungszeit: ca. 280 Stunden (inklusive Abschlußprüfung);
- Fortbildungsinhalte:
a) 4 technische Lehrgänge: fahrzeugtechnische Grundlagen, Grundlagen Kfz-Elektrik/
-Elektronik, Gemischaufbereitung/Zündung, Komfort-/Sicherheitselektronik;
b) Service-Kommunikation (z.B. richtige Gesprächsführung mit dem Kunden bei der KfzDiagnose; Kommunikation im Betrieb; Service-Qualität);
42
Soziale Kompetenz (z.B. Kooperations-, Team-, Konflikt- und Konsensfähigkeit) ist die Entwicklung der Fähigkeit,
mit anderen Menschen kompetent und verantwortungsbewußt umzugehen sowie eine selbstverantwortliche und
sozial integrierte Persönlichkeit zu werden (vgl. Heider, 1990, S. 48).
- 47 -
- Ausbildungsorte und -zeit: Die Ausbildung kann entweder berufsbegleitend in den Kundendienstschulen der Pkw-, Nutzfahrzeug- und Motorradhersteller und -Importeure sowie der Zulieferer
(z.B. Firma Robert Bosch GmbH) über einen Zeitraum von maximal drei Jahren oder in ausgesuchten
Berufsbildungszentren des Handwerks als Tages-, Abend- sowie Wochenendlehrgänge in etwa einem
halben Jahr absolviert werden
(vgl. Bachter, 1993, S. 355; Meyer, 1992(a), S. 42; Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 44).
- Abschlußprüfung: Sog. integrierte Gesamtprüfung; dabei wird nur noch das schriftlich geprüft, was
auch im beruflichen Alltag schriftlich erledigt wird (z.B. Erstellen von Prüfprotokollen, Hinweise für die
Kunden). Nach bestandener Prüfung erhalten die Absolventen das bundesweit einheitliche Zertifikat
"Kraftfahrzeug-Servicetechniker/-in" (vgl. o.V., 1997(a), S. 14).
- Ausbildungskosten: etwa 2.000,- DM (vgl. Bachter, 1993, S. 355).
Die Aufgabenbereiche des Kfz-Servicetechnikers umfassen:
- Komplexe Diagnose- und Instandhaltungsarbeiten, primär an elektronisch, pneumatisch und
hydraulisch gesteuerten Systemen;
- Unterstützung des Kundendienstberaters im Bedarfsfall;
- Unterstützung des Werkstattleiters bei der Schulung der Azubis und bei der Kundenberatung;
- Unterstützung des Werkstattleiters bei der technischen Kommunikation mit dem Hersteller
(Reparaturhinweise, Gewährleistungsabwicklung usw.)
(vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 44; Meyer, 1992(a), S.
43).
Stellt man die einzelnen Ausbildungsanforderungen für Kfz-Mechaniker und -Servicetechniker einander
gegenüber, so zeigt sich, daß die erstgenannte Berufsgruppe vorrangig nach genauen
Arbeitsanweisungen arbeitet (z.B. Montieren, Prüfen und Messen anhand des Inspektionsberichts),
während die Servicetechniker verstärkt Tätigkeiten ausführen, die höhere Abstraktionsfähigkeiten (z.B.
Bewerten, Beraten, Erklären) verlangen (vgl. Meyer, 1992(a), S. 41; siehe auch Abb. 4).
- 48 -
Abb. 4:
Darstellung der Ausbildungsanforderungen an den Kfz-Mechaniker und den KfzServicetechniker
Grundsätzliche Anforderungen an den Kfz-Mechaniker:
- Montieren
- Prüfen
- Messen
- Zerlegen
- Biegen
- Richten
- Schweißen
- Planen, Analysieren
= laut neuer Ausbildungsordnung ab 1989
Zusätzlich hat der Kfz-Servicetechniker noch folgende Aufgaben:
- Bewerten
- Erklären
- Übertragen
- (Transferieren)
- Beraten
Quelle: Meyer, 1992(a), S. 42
Der ZDK ist bemüht, für dieses von der Branche selbst geschaffene Berufsbild des Kfz-Servicetechnikers eine staatliche Anerkennung des Abschlusses und damit eine weitere Aufwertung zu erhalten.
Die Prüfung würde dann auf einer Handwerksordnung basieren und der Status der sich fortbildenden
Mitarbeiter wäre auch tariflich abgesichert. Mit dem staatlich anerkannten Abschluß würden sich die
Fortbildungsinhalte nicht ändern. Ferner könnte die Prüfung wie bisher sowohl bei Handwerks- sowie
Industrie- und Handelskammern als auch in den Kundendienstschulen der Automobilhersteller/importeure und -zulieferer durchgeführt werden (vgl. o.V., 1997(a), S. 14).
2.5.2.2.
Aufbau und Inhalt der Meisterprüfung für das Kfz-Mechaniker- und Kfz-ElektrikerHandwerk
Nach 25 Jahren wurden Anfang März 1989 die alten Vorschriften für die Meisterprüfung43 durch die
neuen Verordnungen über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und
fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Kraftfahrzeugmechaniker-Handwerk und für das
Kfz-Elektriker-Handwerk abgelöst. Als wesentliche Änderungen der beiden neuen
Meisterverordnungen sind zu nennen:
- Sehr allgemeine und damit zukunftsgerichtete Beschreibung der Tätigkeitsbereiche sowie der
zugeordneten Fertigkeiten und Kenntnisse.
43
Handwerker, die in Deutschland ein eigenständiges Unternehmen führen und Lehrlinge ausbilden möchten,
müssen dafür die Meisterprüfung ablegen; sie wird auch als "Großer Befähigungsnachweis" bezeichnet (vgl.
Creutzig, 1993, S. 22).
- 49 -
- Stärkere Orientierung der Meisterprüfungen an der Arbeitspraxis im Kfz-Handwerk.
- Aufnahme des Faches "Kalkulation", um die besonderen administrativen und organisatorischen
Bedingungen von Kfz-Betrieben abzudecken.
- Neben der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre werden nun auch kfz-spezifische Kenntnisse und
Fertigkeiten der BWL verlangt.
- Die in der Praxis weit fortgeschrittene Angleichung der Berufe Kfz-Mechaniker und -Elektriker wird
durch die neue Verordnung berücksichtigt
(vgl. Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 115ff).
Die Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk ist bislang nicht bundeseinheitlich geregelt,
wie dies bei den Ausbildungsverordnungen durch die -rahmenpläne der Fall ist. Der ZDK hat daraufhin
- in Anlehnung an die neuen Meisterverordnungen - einen Rahmenlehrplan zur Vorbereitung auf die
Meisterprüfung entworfen, der allen beteiligten Stellen der Handwerksorganisation als
bundeseinheitlicher Rahmenlehrplan zugegangen ist (vgl. Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes
mbH, 1989, S. 115f; siehe auch Anlage 5).
Die Stundenverteilungspläne zur Kfz-Mechaniker- und -Elektriker-Meisterprüfung umfassen:
- Lehrgangsdauer: insgesamt ca. 1.600 Stunden, sowohl als berufsbegleitende Lehrgänge (z.B.
Wochenend-, Abendkurs) als auch als Vollzeitkurs;
- Schulungsinhalte sind:
Teil I:
Fachpraxis (z.B. Werkstattübungen hinsichtlich Motorkunde,
Karosserietechnik, Gemischaufbereitung);
Teil II:
Fachtheorie (z.B. Fachrechnen,- zeichnen, Kfz-Mechanik, -Elektrik,
Grundberechnung für die Angebotskalkulation);
Teil III:
Wirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse (z.B. Buchhaltung und
Bilanz, Kostenrechnung, Personalorganisation);
Teil IV:
Berufs- und arbeitspädagogische Kenntnisse (z.B. Planung und
Durchführung der Ausbildung, Jugendliche in der Ausbildung,
praktische Unterweisungsprobe);
- Lehrgangsgebühr: ca. 8.000,- DM;
- Prüfungsgebühr:
ca. 800,-DM;
- Zulassungsvoraussetzungen zur Meisterprüfung:
a) Bestandene Gesellenprüfung oder entsprechende Abschlußprüfung.
b) Bisher noch eine mindestens 3-jährige Berufstätigkeit, wobei berufsnaher Fachschulbesuch
angerechnet wird
(vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 49ff; Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 119)44.
Durch die Reform der Handwerksordnung Anfang 1994 können die einzelnen Prüfungsteile auch
getrennt abgelegt werden. Generell ist der Prüfungskandidat von der Ablegung der Teile III und IV
44
Genauere Auskünfte über Schulungen zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk erteilt die jeweils
zuständige Handwerkskammer.
- 50 -
befreit, wenn er die Meisterprüfung bereits in einem anderen Handwerk erfolgreich abgelegt hat.
Weiterhin kann der Prüfling auf Antrag von gleichartigen Prüfungsfächern freigestellt werden, wenn er
die Meisterprüfung bereits in einem anderen Beruf bestanden hat (vgl. Gemeinschaftsinitiative der
Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 50).
Zur Attraktivitätssteigerung der kombinierten Berufs- und Studienbildung ist in fast allen Bundesländern
zukünftig geplant, besonders qualifizierte und erfahrene Berufstätige mit Meisterbrief auch ohne (Fach)Abitur das Fach- bzw. Gesamthochschulstudium in ihrem Fachbereich zu ermöglichen. Zur Erreichung
der Zulassung muß bisher je nach Bundesland entweder ein Auswahlgespräch, eine Eingangsprüfung
oder ein zwei- bis viersemestriges Probestudium erfolgreich absolviert werden (vgl. Rinn, 1995, S. 2).
Um diesen Bildungsweg durchlässiger und attraktiver zu gestalten, plant das Bundesbildungsministerium,
bundesweit einheitliche Kriterien für den Hochschulzugang dieser Zielgruppe einzuführen (vgl. o.V.,
1995(a), S. 17). Dieses sog. Meister-Abitur wertet die Qualifizierungschancen des Meisterbriefes
weiter auf (vgl. Rinn, 1995, S. 2). Die neue Regelung schafft zukünftig vermehrt Hochschulabsolventen
mit fundierten branchenspezifischen Kenntnissen und Erfahrungen, die sowohl wissenschaftliche als auch
berufspraktische Qualifikationen vorweisen können.
In diesem Zusammenhang steht auch die zum 01.01.1996 in Kraft getretene finanzielle Förderung der
Meisterausbildung45 (sog. Meister-BAföG), gestaffelt nach dem bisherigen Monatseinkommen,
Familienstand etc. Diese finanzielle Unterstützung der beruflichen Fortbildung für Fachkräfte erfolgt in
Anlehnung an das Bundes-Ausbildungsförderungs-Gesetz (BAföG) für Schüler und Studenten, also
eine Kombination aus zinsgünstigem Bankdarlehen und staatlichem Zuschuß (vgl. o.V., 1996, S. 12).
Die Bundesregierung strebt durch diese Bildungsreformen die Gleichwertigkeit und -behandlung von
beruflicher und akademischer Bildung an (vgl. o.V., 1995(a), S. 17).
2.5.3. Kaufmännisch-betriebswirtschaftlich ausgerichtete Weiterbildung
2.5.3.1.
Die Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe
Die Tatsache, daß Kenntnisse, Fähigkeiten etc. entscheidende Voraussetzungen zur Unternehmenssicherung bedeuten, veranlaßte bereits 1963 führende Repräsentanten des Kfz-Handels (z.B.
Vorstandsmitglieder des ZDKs) eine ergänzende, branchenbezogene und auf betriebswirtschaftlicher
Basis tendierende Weiterbildungsmöglichkeit zu schaffen (vgl. Rinn, 1988(b), S. 15). Ursprünglich nur
in Calw (Baden-Württemberg), in der Nähe von Pforzheim, und seit September 1994 auch in Northeim
(Südniedersachsen), in der Nähe von Göttingen, wird in betriebswirtschaftlichen Fachklassen der KfzUnternehmernachwuchs auf die vielfältigen zukünftigen Arbeitsanforderungen im Autohaus vorbereitet
45
Gefördert werden berufliche Fortbildungsmaßnahmen, die in einem nach dem Berufsbildungsgesetz oder der
Handwerksordnung anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberuf auf anerkannte Fortbildungsprüfungen
oberhalb einer Gesellen-, Facharbeiter-, Gehilfenprüfung oder eines Berufsfachschulabschlusses vorbereiten. Die
Fortbildung muß mindestens 400 Unterrichtsstunden umfassen (vgl. o.V., 1996, S. 12).
- 51 -
(vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1995, o.S.). Für beide Einrichtungen gelten die
gleichen Bildungsangebote, Zulassungsvoraussetzungen, Prüfungsregularien, Schulungsinhalte etc., die
nachfolgend näher erläutert werden.
Die 10-monatige Ausbildung an der "Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe" (BFC)
soll zum Verständnis der gesamtwirtschaftlichen Vorgänge und Zusammenhänge führen. Ferner wird
angestrebt, daß die Teilnehmer auf der Grundlage wirtschaftswissenschaftlicher und
-praktischer Schulungen eigene Ideen entwickeln und Konzepte für eine zukunftssichere Strategie des
eigenen oder Stammbetriebs erarbeiten (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1995, o.S.).
Diese Bildungsmaßnahmen sollen die Absolventen künftig befähigen, als gehobene Fach-,
Führungskräfte oder Unternehmensleiter kaufmännische Tätigkeiten selbständig und eigenverantwortlich
wahrzunehmen (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1990, S. 1).
Aufnahmevoraussetzung für diese Bundesfachschule ist generell eine abgeschlossene gewerblichtechnische oder kaufmännische Berufsausbildung im Kfz-Gewerbe. In Ausnahmefällen reicht auch eine
erfolgreich absolvierte Ausbildung in anderen Branchen (z.B. Bank- und Steuerwesen) aus. Praktische
Berufserfahrung wird seit kurzem nicht mehr zwingend verlangt.
Diese Fachschule vermittelt in zwei Semestern (1. Semester von Anfang September bis Ende Januar, 2.
Semester von Anfang Februar bis Ende Juni) in 33-36 Unterrichtsstunden pro Woche eine breite
betriebswirtschaftlich-unternehmerische Qualifizierung für die Nachwuchskräfte im Kfz-Gewerbe. Den
unterschiedlichen Bildungswegen, Vorerfahrungen und Neigungen entsprechend bietet diese Schule
Weiterbildungsmöglichkeiten für Bewerber mit einer handwerklichen (z.B. Kfz-Mechaniker, Elektriker) - sie werden geschult als Kfz-Betriebsassistent - und einer gewerblichen-technischen
Vorbildung (z.B. Einzelhandelskaufmann, Kfz-Meister) - sie werden qualifiziert als Kfz-Betriebswirt
(vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1990, S. 2; Betriebswirtschaftliche Fachschule
Calw e.V., 1995, o.S.; Rinn, 1988(b), S. 15).
Der Unterricht richtet sich nach den von der Schule erarbeiteten Stoffplänen der beiden Bildungswege
Kfz-Betriebsassistent und -Betriebswirt (siehe auch Anlage 6).
Der Stoffplan gliedert sich in einen Pflichtbereich mit den Kernfächern wie Betriebswirtschaftslehre,
Rechnungswesen, Wirtschaftsrecht und den sonstigen maßgeblichen Fächern wie Arbeits- und
Steuerrecht, Organisation/EDV, Personalführung, Marketing etc. sowie einen Wahlbereich, der
Maschinenschreiben, Automobiltechnik usw. beinhaltet. Eine Besonderheit stellt das Fach "KfzUnternehmenspraxis" dar. Dabei werden einzelne konkrete Probleme aus dem Kfz-Betrieb von
erfahrenen Praktikern der Branche (z.B. Unternehmern, Verbandsmitarbeitern, Unternehmensberatern,
Fachautoren, -redakteuren) dargestellt sowie ggf. Betriebsbesichtigungen, Kolloquien, Planspiele etc.
durchgeführt (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1990, S. 1; Betriebswirtschaftliche
Fachschule Calw e.V., 1995, o.S; Rinn, 1988(b), S. 15).
- 52 -
Während der zwei Semester muß der Absolvent in den Pflicht- und Wahlfächern mehrere schriftliche
Klausuren, kleinere Haus- und Gruppenarbeiten erstellen und/oder Kurzreferate vortragen.
Neben einer schriftlichen Zwischenprüfung am Ende des 1. Semesters muß der Teilnehmer am Ende
des 2. Semesters im Rahmen der Abschlußprüfung eine schriftliche (umfaßt die Pflichtfächer und das
Fach Kfz-Unternehmenspraxis) sowie eine mündliche (umfaßt das Fach Kfz-Unternehmenspraxis und
einen fächerübergreifenden Teil - jeweils maximal 20 Minuten) Prüfung ablegen. Die erfolgreichen
Absolventen erhalten ein Abschlußzeugnis und ein Diplom mit der Berufsbezeichnung "KfzBetriebsassistent" bzw. "Kfz-Betriebswirt", je nach beruflicher Erstausbildung (vgl.
Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1990, S. 4ff; Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw
e.V., 1995, o.S).
Die Lehrgangsgebühr, einschließlich Aufnahme-, Prüfungsgebühren und Kosten für Lernmittel (Bücher,
Hefte etc.), beträgt für die zwei Semester insgesamt über 11.000,- DM. Die Lehrgangsteilnehmer
können entweder in Einzelzimmern im Wohnheim bzw. in angeschlossenen Appartementhäusern wohnen
oder bekommen Unterkünfte von privaten Vermietern vermittelt. Die monatlichen Unterkunftskosten
(inklusive Heizung, Strom, Reinigung, Kfz-Stellplatz) betragen, je nach Größe und Ausstattung,
zwischen 220,- und 500,- DM (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1995; o.S.; Preise
gelten für das Schuljahr 1997/98)46.
Seit dem Schuljahr 1995/96 haben die Absolventen der beiden Fachschulen die Möglichkeit, im
Anschluß an das Schuljahr an einem dreiwöchigen Intensivkurs des Ausbildereignungslehrgangs
teilzunehmen, einschließlich offizieller IHK-Prüfung.
Ferner ist in den nächsten Jahren geplant, neben der bisher einjährigen Fortbildungsmaßnahme zum KfzBetriebswirt bzw. -Assistent, eine darauf aufbauende, insgesamt zweijährige Veranstaltung anzubieten,
die mit dem staatlich anerkannten "Betriebswirt im Kfz-Gewerbe" abschließt.
2.5.3.2.
Staatliche und kommerzielle Schulungsanbieter
Für die Unternehmernachfolger, die eine handwerklich-technische Berufsausbildung (z.B. KfzMechaniker, -Elektriker) absolviert haben, empfiehlt es sich auf jeden Fall, zusätzlich kaufmännische
und führungsspezifische Grundkenntnisse zu erwerben. Eine kaum überschaubare Anzahl staatlicher und
privater Institutionen bieten Bildungsmaßnahmen u.a. für mittelständische Unternehmen und speziell für
Unternehmernachfolger an, wie beispielsweise:
46
Detailliertere Informationen und Unterlagen über die Fortbildungsmöglichkeiten an der Bundesfachschule für
Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) erhält man unter folgenden Anschriften: Betriebswirtschaftliche
Fachschule Calw e.V., Walkmühleweg 6, 75353 Calw oder Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., Am
Gesundbrunnen 3, 37154 Northeim.
- 53 -
- Öffentlich-rechtliche Institutionen: Kammern und Verbände (z.B. Bildungsträger der Industrie- und
Handelskammern, Handwerkskammern, Wirtschaftsjunioren/-kreise), (Fach-, Volks-)
Hochschulen und staatliche Akademien;
- gemeinnützig arbeitende berufsbezogene Weiterbildungseinrichtungen: Spitzen- und Fachverbände;
Bund, Länder, Gemeinden; Firmen- und Einzelmitglieder; Stiftungen;
- kommerzielle Managementinstitute: Unternehmensberatungen (z.B. Bad Harzburger Managementschule)
(vgl. Ackermann/Rothenberger, 1987, S. 26; Engler/Kinzinger, 1984, S. 4; Holzer, 1989, S. 1;
Strombach/Thom, 1983, S. 11).
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß es für das einzelne mittelständische Unternehmen einen kaum
überschaubaren Markt an kommerziellen und staatlichen Anbietern von Seminaren, Kurzlehrgängen,
Trainings, Workshops, spezifischen Unternehmernachfolger-Programmen etc. gibt, die in ihrer
Zielsetzung, Thematik und Qualität sehr unterschiedlich sind (vgl. Engler/Kinzinger, 1984, S. 4). Deshalb
ist eine eingehende Beratung durch (neutrale) Fachverbände, Innungen, Beiräte, Fabrikatsorganisationen
etc. über die Leistungsfähigkeit, Seminarinhalte und Zielgruppen dringend erforderlich.
Im folgenden Abschnitt wird nur auf die drei, von Unternehmernachfolgern teilweise absolvierten,
staatlich anerkannten Fortbildungsmaßnahmen zum "Betriebswirt des Handwerks", zur "Technischkaufmännischen Fachkraft im Handwerk" und den primär kfz-spezifisch ausgerichteten “Staatlich
geprüften technischen Fachwirt“ näher eingegangen47, die eine mögliche Alternative bzw. Ergänzung zur
Kfz-Meisterprüfung darstellen. Eine vollständige Darlegung der vielfältigen Qualifizierungsmöglichkeiten
speziell kommerzieller Institutionen würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit übersteigen.
2.5.4. Kombinierte, kaufmännisch und technisch orientierte Fortbildungsmaßnahmen
Speziell Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern offerieren eine Vielzahl branchenübergreifender Weiterbildungsveranstaltungen zu den Themen Mitarbeiterführung, Finanzbuchhaltung, Rechnungswesen, Arbeits- und Steuerrecht sowie komplette Nachwuchsprogramme.
Damit besteht auch für Gesellen bzw. Meister in handwerklich-technischen Berufen (z.B. KfzMechaniker, -Elektriker) die Möglichkeit, zusätzliche kaufmännische Qualifikationen zu erlangen, die
angesichts der steigenden Bedeutung kaufmännischer Kenntnisse und moderner Führungstechniken für
die zukünftigen Fach-, Führungskräfte und vor allem für die Unternehmernachfolger sehr wichtig sind.
47
Nähere Auskünfte über die drei kaufmännisch-technisch orientierten Fortbildungsmöglichkeiten erteilt die jeweils
zuständige Kammer.
- 54 -
2.5.4.1.
Fortbildung zum Betriebswirt des Handwerks
Die Fortbildung und Prüfung zum "Betriebswirt des Handwerks" umfaßt folgende Schwerpunkte:
- Lehrgangsdauer: etwa 480 Stunden - sowohl als berufsbegleitende Lehrgänge (Teilzeitform) und als
Kompaktlehrgänge (Vollzeitform) als auch als Kurzzeit-Lehrgänge (Wochenendform);
- Zielgruppe: Inhaber/-innen, Führungsnachwuchs, leitende Mitarbeiter/-innen;
- Schulungsinhalte: Betriebs-, Volkswirtschaft, Personalführung, Recht und Steuern;
- Zulassungsvoraussetzungen: Meisterqualifikation, Betriebsinhaberschaft oder Führungsfunktion im
Unternehmen;
- Seminargebühr:
ca. 3.950.- DM, zzgl. Prüfungsgebühr;
- Lehrgangsunterlagen:
ca. 400.- DM
(vgl. Akademie des Handwerks - Handwerkskammer Rhein-Main, 1997, S. 7ff).
Der Besuch des gesamten Lehrgangs, der aus in sich abgeschlossenen Seminaren besteht, die auch
einzeln besucht werden können, schließt mit der im Handwerk bundesweit anerkannten Prüfung zum
"Betriebswirt des Handwerks" ab (vgl. Akademie des Handwerks - Handwerkskammer Rhein-Main,
1997, S. 7).
2.5.4.2.
Fortbildung zur technisch-kaufmännischen Fachkraft im Handwerk
Die Schulung zur "Technisch-kaufmännischen Fachkraft im Handwerk" beinhaltet folgende Komponenten:
- Lehrgangsdauer: etwa 400 Stunden in berufsbegleitender Form an zwei Abenden pro Woche;
- Zielgruppe: Inhaber/-innen, Führungsnachwuchs, leitende Mitarbeiter/-innen;
- Schulungsinhalte: Personalwesen, Arbeits- und Vertragsrecht; Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre
und Büroorganisation; betriebliches Rechnungswesen; Daten- und Textverarbeitung;
- Zulassungsvoraussetzungen: bestandene Gesellenprüfung im Handwerk oder bestandene
Abschlußprüfung in einem gewerblichen Ausbildungsberuf sowie mindestens 1-jährige Berufspraxis in
einem Handwerksberuf;
- Seminargebühr:
ca. 2.950.- DM, zzgl. Prüfungsgebühr;
- Lehrgangsunterlagen:
ca. 400.- DM
(vgl. Akademie des Handwerks - Handwerkskammer Rhein-Main, 1997, S. 10f).
Nach bestandener schriftlicher und mündlicher Abschlußprüfung erhält der Absolvent den bundesweit
anerkannten Abschluß als "Technisch-kaufmännische Fachkraft im Handwerk" (vgl. Akademie des
Handwerks - Handwerkskammer Rhein-Main, 1997, S. 10).
- 55 -
2.5.4.3.
Fortbildung zum staatlich geprüften technischen Fachwirt
Eine weitere Möglichkeit, auch mit einer technischen Berufsausbildung in die Führungsebene eines KfzBetriebes zu gelangen, bietet eine dreisemestrige Zusatzausbildung mit einem betriebswirtschaftlichen
Schwerpunkt an der “Akademie für Kraftfahrzeug-Technik“ in Heilbronn. Aufnahmevoraussetzung für
diesen Bildungszweig ist die Meisterprüfung in einem einschlägigen Beruf des Kfz-Gewerbes. Diese
Fortbildung baut auf den bereits vermittelten Kenntnissen der Meisterschulen auf. Ziel dieser Akademie
ist es, die Kfz-Meister in allgemeinbildenden, volks- und betriebswirtschaftlichen sowie technischen
Gebieten auf gehobene Führungsaufgaben (z.B. Abteilungs-, Betriebsleiter) in dieser Branche
vorzubereiten (vgl. Kaiser, 1994, S. 21f).
Der Unterricht unterteilt sich in drei Hauptbereiche:
1) Betriebswirtschaftlicher Teil mit den Fächern:
- Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Rechnungswesen, Marketing, Arbeitsstudien, Investierung,
Finanzierung, Versicherung, Datenverarbeitung, Rechtslehre, Betriebsgründung, -organisation,
Managementlehre, Buchführung und Bilanzierung.
2) Allgemeinbildender Teil mit den Fächern:
- Deutsch, Englisch, Mathematik, Physik, Chemie und Rhetorik.
3) Fachlicher Teil mit den Fächern:
- Technologie einschließlich Laborarbeit, Kfz-Betriebstechnik und Technologie-Praktikum
(vgl. Kaiser, 1994, S. 21f).
Für die Teilnehmer besteht während der 1,5 Jahre Vollzeitfortbildung die Möglichkeit, eine zweite
Meisterprüfung, und zwar zum Kfz-Elektrikermeister, zu absolvieren. Ferner können sie durch sechs
zusätzliche Wochenstunden die staatlich anerkannte Fachhochschulreife erlangen, die sie u.a. zum
Fachhochschulstudium befähigt (vgl. Kaiser, 1994, S. 22)48.
2.6. Internationale (Aufbau-)Studiengänge und grenzüberschreitende Studienmöglichkeiten
2.6.1. Die steigende Bedeutung des Auslandsaufenthaltes im Rahmen des Studiums
Den Nutzen einer gezielten Ausbildung von Führungsnachwuchskräften mit internationaler Ausrichtung
haben insbesondere die Fachhochschulen, private Managementinstitute und private Hochschulen in
Deutschland (z.B. Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Koblenz,
Internationale Managementschule (IMS) in Lippstadt, European Business School (EBS) in OestrichWinkel) erkannt und bieten spezifische Studienprogramme mit internationaler Ausrichtung an. Diese
48
Weitere Informationen über diese Kfz-Akademie Heilbronn sind unter folgender Anschrift zu beziehen: KfzAkademie an der Wilhelm-Maybach-Schule, Gewerbliche Schulen I, Paulinenstr. 38, 74076 Heilbronn.
- 56 -
Studiengänge zeichnen sich insbesondere durch Praxisorientierung sowie die Hervorhebung von
Fremdsprachen- und völkerspezifischen Kenntnissen durch die Integration von meist 1-2
Auslandssemestern aus. Je nach Zulassungsvoraussetzung (z.B. Vordiplom erforderlich,
Eignungsklausur) dauern diese bi- bzw. trinationalen Studiengänge49 zwischen 4 und 8 Semestern (vgl.
Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit,
1991, S. 42f; Staufenbiel, 1994, S. 110). Die einzelnen Studienkonzeptionen unterscheiden sich generell
durch die Anzahl
- und Dauer der (Auslands-)Praktika,
- der Auslandssemester sowie
- der Partnerländer
(vgl. Staufenbiel, 1994, S. 110).
Die Notwendigkeit der Internationalisierung der Ausbildung speziell für Kfz-Händlernachwuchs ergibt
sich aus folgenden Gründen:
- fortschreitende Öffnung der europäischen Grenzen durch den EG-Binnenmarkt 1993 (siehe ReImporte von Neufahrzeugen);
- zunehmende Markttransparenz erfordert überregionale Markt-(er-)kenntnisse;
- Verständnis für verschiedene Kulturen und Lebensgewohnheiten bekommen
(vgl. Brachat, 1991(c), S. 210).
Speziell der amerikanische Automobilmarkt, in dem sich die amerikanischen und japanischen KfzHersteller und -Händler - die europäischen haben nur periphere Bedeutung - im härtesten Wettbewerb
um die Kundenbetreuung und -loyalität befinden, kann interessante Anregungen für den deutschen
Markt vermitteln. Obwohl sich nicht alle Erkenntnisse auf die deutsche Automobilbranche übertragen
lassen, kann die detaillierte Analyse der dort in einem gesättigten Markt getroffenen Verhaltensweisen
helfen, die zunehmende Bedeutung des Pre- und After-sales services für den langfristigen
Unternehmenserfolg zu verstehen (vgl. Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe, 1993, S. 1). Ähnliches
gilt für den französischen und britischen Automobilmarkt.
49
Detaillierte Erläuterungen zu diesen international bzw. europäisch ausgerichteten Studiengängen der Betriebswirtschaftslehre an privaten und staatlichen Universitäten und Fachhochschulen erfolgen in der Publikation:
"Staufenbiel, J. E. (Hrsg.): Europäische Studiengänge und MBA-Programme in Europa, Köln" (erscheint jährlich
neu).
- 57 -
2.6.2. Automobilspezifisches Auslandsstudium an der Northwood University (USA)
2.6.2.1.
Praxisorientierte Ausrichtung des Lehrplans
Der ZDK bietet seit Mitte 1992 in Zusammenarbeit mit der "Northwood University"50 an drei
Standorten in den USA, und zwar in Michigan, Texas und Florida, die Möglichkeit eines Studienaufenthaltes an (vgl. Brachat, 1991(b), S. 1; ZDK, 1993, S. 1).
Dieses College legt großen Wert auf einen besonders branchenspezifischen und praxisnahen Lehrplan.
Neben Studiengängen wie beispielsweise Rechnungswesen, Business Management, Mode Marketing
und Handel wird seit Mitte der 60er Jahre auch der Bereich "Automotive Marketing" angeboten (vgl.
Friedel-Beitz, 1991(a), S. 3; Friedel-Beitz, 1991(c), S. 160f). Dieser Studiengang umfaßt solche
automobilspezifischen Themenbereiche wie Neuwagen- und Gebrauchtwagen-, Teileverkauf, KfzLeasing und -Finanzierung, Serviceleistungen im Autohaus etc. (vgl. Friedel-Beitz, 1992, S. 3; ZDK,
1993, S. 1).
Die "Northwood-Philosophie" ist es, die Lehrpläne so praxisnah wie möglich an den späteren
Berufsanforderungen auszurichten und bereits während des Studiums durch "field projects" (z.B.
jährliche selbstgestaltete Automobilausstellung auf dem Universitätsgelände mit Kundengesprächen) und
"field trips" zu Händlerbetrieben (z.B. Betriebsbesichtigungen) zu ergänzen. In den Ausschüssen zur
Erstellung des "Automotive Marketing-Lehrplanes" sitzen u.a. amerikanische Automobilhändler und
Vertreter der "National Automobile Dealers Assoziation" (NADA). Die Dozenten rekrutieren sich
primär aus der Wirtschaft (vgl. Friedel-Beitz, 1991(a), S. 3; Friedel-Beitz, 1991(c), S. 161f). Ein
Beispiel für die praxisnahen Themen der Lehrveranstaltungen an der heutigen Northwood University
wird in Anlage 7 dargestellt.
Die Ausbildung kann durch praktische Arbeit in einem ortsansässigen Händlerbetrieb (Post-Completion
Practical Training Program) ergänzt werden (vgl. ZDK, 1993, S. 1).
Ein Schuljahr besteht aus neun Monaten, welches in drei Abschnitte (terms) unterteilt ist. Die Studenten
haben durchschnittlich 16 Vorlesungsstunden pro Woche; diese beziehen sich meist auf ein Lehrbuch.
Während der Trimester werden laufend Tests geschrieben und am Ende des jeweiligen Abschnittes
erfolgt eine Abschlußprüfung (final), deren Ergebnis 50 Prozent der Gesamtnote ausmacht. In den
Vorlesungen sind zwischen 30 und 45 Studenten im Hörsaal. Dabei besteht generell an amerikanischen
Universitäten Anwesenheitspflicht. Das Studium ist stark verschult, was wiederum den Vorzug hat, daß
man fortlaufend über seinen aktuellen Leistungsstand informiert ist (vgl. Pöheim/Behrens, 1994, S. 119).
Das Studium an der Northwood University schließt i.d.R. mit dem "Bachelor of Business Administration" (BBA) ab; Zulassungsvoraussetzung ist grundsätzlich mindestens die Fachhochschulreife.
50
U.a. durch die Einführung des zusätzlichen Studienabschlusses "Master of Business Administration" (MBA)
Anfang 1993 wurde das ursprüngliche "Northwood Institute" in "Northwood University" umbenannt.
- 58 -
Zudem besteht seit Januar 1993 die Möglichkeit, einen "Master of Business Administration" (MBA) zu
erlangen. Dieses sog. "Northwood Executive MBA-Programm" ist nicht auf den Fachbereich
"Automotive Marketing" beschränkt, sondern beinhaltet vertiefende bereichsübergreifende
Managementfähigkeiten. Voraussetzung für die Zulassung zu diesem 1,5-jährigen Studiengang
(einschließlich evtl. praktischer Arbeiten) ist mindestens das deutsche Fachhochschuldiplom oder der
amerikanische BBA Degree (vgl. ZDK, 1993, S. 2f; siehe auch Abb. 5).
Abb. 5:
Übersicht über die verschiedenen Studienabschlüsse an der Northwood University sowie die
dafür benötigte Vorbildung und jeweilige Studiendauer
A. BBA-Abschluß
Vorbildung
- Abitur und abgeschlossene kaufmännische Lehre
- Mittlere Reife, kaufmännische Lehre sowie Kfz-Betriebswirt
(Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw bzw. Northeim)
- Abitur, kaufmännische Lehre und Kfz-Betriebswirt
(Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw bzw. Northeim)
Dauer
2 Jahre
1 Jahr
9 Monate
B. MBA-Abschluß
Vorbildung
- Deutsches Fachhochschuldiplom
- Amerikanischer BBA Degree
Dauer
1,5 Jahre
1,5 Jahre
Quelle: in Anlehnung an Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S.
105; ZDK, 1993, S. 2
Des weiteren kann man auch ohne formellen Abschluß (z.B. bei kürzeren Aufenthaltszeiten)
Leistungsnachweise (sog. Scheine) über eine erfolgreiche Teilnahme an bestimmten Kursen erlangen,
die dann in Deutschland als Studien- oder Praxissemester bzw. Studienaufenthalt anerkannt werden
können (vgl. ZDK, 1993, S. 2).
2.6.2.2.
Studienmöglichkeiten an der Northwood University für deutsche Fachschul- und
(Fach-)Hochschulabsolventen
Die Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe sowie die Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen haben mittlerweile mit der Northwood University feste Kooperationen
vereinbart (vgl. Friedel-Beitz, 1992, S. 3; ZDK, 1993, S. 2). Damit ist die Möglichkeit der
gegenseitigen Anerkennung von Studienleistungen (Anerkennung von sog. "Credit Hours" für die
Erlangung des BBA in den USA, Einstieg in ein höheres Semester in Deutschland nach einem Semester
an der Northwood University etc.) gegeben (vgl. ZDK, 1993, S. 2). Die sich daraus für die
- 59 -
Absolventen dieser Bildungsinstitutionen ergebenden Studien- bzw. Aufenthaltsmöglichkeiten werden
nachfolgend näher dargestellt.
a) Für Absolventen der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe:
Die Absolventen der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe in Calw bzw. Northeim
(Kfz-Betriebswirt bzw. -Betriebsassistent; siehe auch Kapitel 2.5.3.1.) erhalten dort die Möglichkeit, in
einem etwa dreivierteljährigen Studium (üblicherweise von Anfang September bis Ende Mai des
Folgejahres) den akademischen Grad eines "Bachelor of Business Administration" (BBA) zu erlangen.
Dabei genügt ausnahmsweise als Zulassungsvoraussetzung ein Realschulabschluß. Dieser BBAAbschluß entspricht in etwa dem hiesigen Dipl.-Betriebswirt (FH) (vgl. Brachat, 1991(c), S. 210; ZDK,
1993, S. 2).
b) Für Absolventen der Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen:
Zwischen der Fachhochschule Nürtingen - sie bietet u.a. den Studiengang Automobilwirtschaft an (siehe
auch Kapitel 2.4.1.1.) - und der Northwood University wurden Kooperationen in den folgenden
Bereichen getroffen:
- Austausch von Studenten und Hochschullehrern,
- Austausch von Lehr- und Lernmaterialien,
- Hilfe bei der Vermittlung von Praktikantenplätzen,
- Durchführung praxisbezogener Forschungsprojekte
(vgl. Friedel-Beitz, 1991(b), S. 3).
Die Zusammenarbeit der beiden Bildungseinrichtungen bezieht sich somit nicht nur auf den Studiengang
"Automobilwirtschaft ", sondern auf das gesamte Lehrangebot der Fachhochschule. Interessant für die
Absolventen ist, daß ihnen der Auslandsaufenthalt voll angerechnet wird. Dabei kann der Student aus
vier möglichen Alternativen auswählen. Während des 3. oder 6. Semesters kann er ein sechsmonatiges
Sonderstudium (=2 terms) absolvieren, das von der Fachhochschule als Praktikum anerkannt wird,
oder er erwirbt innerhalb eines Jahres den BBA. Nach bestandenem Examen kann der Studierende ein
zwei Semester umfassendes Studium mit dem Abschluß BBA oder ein drei bis vier Semester dauerndes
Studium zum MBA anschließen (vgl. Friedel-Beitz, 1991(b), S. 3).
c) Für Absolventen der Universität Bamberg:
Die Kooperation zwischen der Northwood University und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
steht noch aus und soll die ZDK-Gesamtstrategie für sämtliche deutsche Ausbildungsebenen
vervollständigen (vgl. Brachat, 1991(d), S. 8).
d) Studienmöglichkeiten für (Fach-)Abiturienten:
Neben den Absolventen der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe und der
Fachhochschule Nürtingen können auch Interessenten mit (Fach-)Hochschulreife innerhalb von ca. 24
Monaten den BBA Degree erreichen (vgl. Friedel-Beitz, 1992, S. 3).
- 60 -
2.6.2.3.
Allgemeine Regularien für dieses Studium
a) Allgemeine Zulassungsvoraussetzungen
Voraussetzung zur Erlangung eines Studentenvisums für die USA ist generell die erfolgreiche Teilnahme
am "TOEFL-Test" (=Test of English as a Foreign Language) zum Nachweis ausreichender
Englischkenntnisse. Die Northwood University bietet zuvor entsprechende Sprachkurse zur
Vorbereitung auf diese Prüfung an (vgl. Friedel-Beitz, 1991(a), S. 3; Friedel-Beitz, 1991(c); S. 164;
Brachat, 1991(c), S. 214). Interessenten können den Test u.a. bei der zentralen Koordinierungsstelle
"SESAM" in Bonn absolvieren (vgl. ZDK, 1993, S. 4).
b) Informationsmöglichkeiten
Der ZDK hat eigens ein Projekt (SESAM - "Students Exchange Service for Automotive Management"
- International) initiiert, um die Ausbildung des Händlernachwuchses durch die Koordination eines
Studiums bzw. Aufenthaltes in den USA zu unterstützen. Diese Koordinierungsstelle mit kompetenten
Ansprechpartnern berät vor allem bei Fragen bzgl. der Studienmöglichkeiten an der Northwood
University und gibt Detailinformationen über Immatrikulationsformalitäten (=Einschreibformalitäten) an
der Universität, Visumbeschaffung, Krankheits- und Unfallversicherung, Arbeitserlaubnis usw. (vgl.
Friedel-Beitz, 1992, S. 3; ZDK, 1993, S. 3f) 51.
Ausführliche Informationen sind auch bei der Fachhochschule Nürtingen und der Bundesfachschule für
Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe in Calw erhältlich (vgl. ZDK, 1993, S. 1).
c) Studiengebühren, Aufenthalts- und sonstige Kosten
Für ein akademisches Jahr (ca. 9 Monate) sind für Studiengebühren, Literatur, Lehrgänge, Unterkunft,
Verpflegung u.a.m. etwa 30.000,- DM aufzuwenden, wobei ungefähr die Hälfte der Kosten für die
Studiengebühren anfallen. Studenten können wahlweise inner- oder außerhalb des Universitätsgeländes
wohnen und verpflegt werden (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al.,
1994, S. 105; ZDK, 1993, S. 3).
Zusammenfassende Übersichten über die meisten erläuterten, typischen Aus- und Fortbildungswege für
Unternehmernachfolger(-innen) im Kfz-Gewerbe sind in den Anlagen 8 und 9 dargestellt52.
51
Anschrift dieser Koordinierungsstelle für Auslandsstudienmöglichkeiten: Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe
(ZDK), - Projekt: SESAM -, Franz-Lohe-Str. 21, 53129 Bonn.
52
Umfangreiche Informationen über die meisten der oben angeführten Bildungsmaßnahmen, einschließlich der
Ausbildungsvoraussetzungen, -inhalte, -dauer, benötigten Nachweise und Prüfungen, Tätigkeitsfelder etc.,
beinhaltet u.a. folgende Broschüre: Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller, der Importeure
und Zulieferer von Kraftfahrzeugen sowie des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbes (Hrsg.):
Karriere mit Lehre. Perspektiven rund ums Automobil, Bonn 1994.
- 61 -
2.7. Spezielle Schulungsangebote der Kfz-Hersteller/-Importeure sowie fabrikatsübergreifend
von der Autohaus Akademie für Unternehmernachfolger
Um die Kfz-Unternehmer bzw. -Geschäftsführer bei der Unternehmensnachfolge zu unterstützen und
die nachfolgende Generation im Kfz-Gewerbe auf die zukünftigen Aufgaben der Unternehmensführung
gezielt vorzubereiten, bieten fast alle namhaften Kfz-Hersteller/-Importeure und fabrikatsübergreifend
die "Autohaus Akademie" entsprechende Nachwuchsförderprogramme an. Dabei werden bei den
wenigsten Kfz-Herstellern/-Importeuren differenzierte, separate Programme für Familienangehörige
(Kinder, Neffen/Nichten usw.) als sog. "Newcomer" sowie für Geschäftsführernachfolger,
hervorgegangen aus erfahrenen Führungskräften, angeboten. Die Ausbildungsinhalte sind größtenteils
identisch, wobei in differenzierten Schulungen für die praxiserfahrenen Führungskräfte oftmals verstärkt
auf kaufmännische Kenntnisse (z.B. Rechnungswesen, Kennzahlen) sowie zeitgemäße
Mitarbeiterführung und -motivation eingegangen wird.
Ziel der angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen ist es, den Unternehmernachfolgern gezielt und
umfassend das notwendige Grundlagenwissen (z.B. Fachkenntnisse, Führungsverhalten, Managementwissen, Kommunikationsfähigkeit) zur Sicherung des Fortbestandes des Kfz-Betriebes zu
vermitteln (vgl. o.V., 1991(a), S. 102).
Die meist über ein Jahr laufenden Trainingsprogramme richten sich generell an Nachfolger,
- die bereits eine berufspraktische und/oder wissenschaftliche Ausbildung absolviert haben,
- die in letzter Zeit bereits Leitungsfunktionen im Kfz-Betrieb übernommen haben und/oder
- die innerhalb der kommenden 2-3 Jahre für entsprechende Führungsaufgaben vorgesehen sind und
sich entsprechend auf die zukünftigen Arbeitsanforderungen vorbereiten möchten.
2.7.1. Fabrikatsgebundene Händlernachwuchsprogramme der einzelnen Hersteller/
Importeure bzw. der von ihnen beauftragten externen Institute
Aufgrund umfangreicher Recherchen bei den meisten auf dem deutschen Markt vertretenen
Automobilherstellern/-importeuren ist festzuhalten, daß auch sie erkannt haben, daß die gesammelten
Erfahrungen der Unternehmernachfolger im elterlichen bzw. Stammbetrieb allein nicht mehr ausreichen,
um die steigenden Anforderungen an den zukünftigen Jung-Unternehmer bzw.
-Geschäftsführer bewältigen zu können. Das ist vor allem der Grund dafür, warum immer mehr
Hersteller und Importeure wie z.B. BMW, Fiat, Mercedes-Benz, Nissan, Peugeot, Saab, Toyota,
Volkswagen/Audi oder Volvo für ihre Vertragshändler spezielle Nachwuchsförderprogramme anbieten.
Über solche Veranstaltungen wird auch bereits bei einigen Organisationen nachgedacht (z.B. Daihatsu,
Hyundai, Lada), die bisher solche Qualifizierungsmaßnahmen noch nicht anbieten (können). Nur durch
intensive und umfangreiche Schulungen - so die Erkenntnis - können die Nachwuchskräfte auf ihre
- 62 -
zukünftigen unternehmerischen Aufgaben in dem sich wandelnden wirtschaftlichen und sozialen Umfeld
vorbereitet werden.
Neben den von den einzelnen Kfz-Herstellern/-Importeuren angebotenen Qualifizierungsprogrammen
für den Händlernachwuchs ihrer jeweiligen Vertragshändler, -werkstätten bzw. Vertretungen bietet auch
noch die Autohaus Akademie branchenspezifische, fabrikatsübergreifende Schulungsprogramme für die
Nachfolger an.
2.7.2. Überfabrikatliche Schulungen und Vermittlung von Praktika durch die Autohaus
Akademie
Anfang der 70er Jahre gründete der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe die "Akademie
für Unternehmensführung im Kfz-Gewerbe" (vgl. o.V., 1989(a), S. 49). Seit 1990 firmiert diese
branchenbezogene Bildungseinrichtung des ZDKs und Autohaus Verlags unter dem Namen "Autohaus
Akademie" (vgl. Finsterwalder-Reinecke, 1991, S. 240). Das Aufgabenspektrum dieser
fabrikatsübergreifenden Institution erstreckt sich von der Schulung der (zukünftigen) Inhaber über die
der Führungskräfte und Mitarbeiter aller Unternehmensbereiche, wie beispielsweise Verkaufsleiter,
Finanzbuchhalter, Verkäufer, Kundendienstberater, Mitarbeiter der Kfz-Hersteller/-Importeure etc.
(vgl. o.V., 1989(a), S. 49; Autohaus Akademie, 1992, o.S.).
Ziel dieser Schulungseinrichtung bei den Unternehmernachfolger-Kollegs ist die Vermittlung des
Basiswissens mit den inhaltlichen Schwerpunkten strategische Unternehmensführung, kundenorientiertes
Verhalten, erfolgreiche Autohauswerbung, aktives Umweltmanagement, Steuerrecht und Finanzierung,
Personalmanagement (vgl. Finsterwalder-Reinecke, 1993, S. 218). Begleitend werden
Produkttrainingsseminare, Unternehmensberatung einschließlich Unternehmensplanspielen und
Studienreisen angeboten. Die Schulungen finden dezentral in ganz Deutschland statt (vgl. FinsterwalderReinecke, 1991, S. 241).
Nach Beendigung des gesamten Grundlehrgangs besteht die Möglichkeit, daß sich die jeweilige
Kolleggruppe in der gleichen Zusammensetzung regelmäßig zu "Kfz-Junior-Unternehmer-Konferenzen"
(meist einmal im Jahr) und zu Aufbauseminaren (jeweils aus aktuellem Anlaß) trifft. Über die
Zusatzveranstaltungen wird nach Ablauf des Schulungsprogramms in der jeweiligen Gruppe entschieden
(vgl. Autohaus Akademie, 1991, o.S.; Finsterwalder-Reinecke, 1992, S. 64).
Der besondere Vorteil dieser überfabrikatlichen Bildungsinstitution besteht in der markenübergreifenden
Betrachtungsweise. Dies ermöglicht den Absolventen einen umfassenderen Erfahrungsaustausch über
Probleme, Vorzüge, Vorgehensweisen und Strukturen anderer Fabrikatsorganisationen mit den
Kollegmitgliedern auch nach Beendigung des eigentlichen Programms. Nachteilig wirkt sich wiederum
aus, daß keine fabrikatsgerichtete, organisationstypische Detailschulung bzgl. werksspezifischer
- 63 -
Gegebenheiten wie EDV-Anlagen, Marketingmaßnahmen, Hersteller-/
Unternehmensidentität, -philosophie etc. erfolgen kann.
Darüber hinaus bietet diese Akademie in Zusammenarbeit mit der Fachzeitschrift “Autohaus“ seit 1990
die "Autohaus-Praktikantenbörse" an. Sie vermittelt Unternehmernachfolger während jeder Phase des
Qualifizierungsweges, d.h. nach abgeschlossener Berufsausbildung, während des Praxissemesters an der
Fachhochschule oder im Laufe der Semesterferien, an die jeweiligen Markenkollegen53 und
Fremdfabrikatshändler im In- und Ausland. Damit haben die Nachfolger die Möglichkeit,
Betriebsabläufe, Probleme, Führungsverhalten etc. auch in anderen als dem elterlichen bzw.
Stammbetrieb praktisch kennenzulernen. Diese Entwicklung ist auch seit Mitte der 80er Jahre in
anderen Wirtschaftsbereichen festzustellen, beispielsweise die Renaissance des "Wanderschaftsjahres"
im Handwerk (z.B. bei Zimmerleuten) (vgl. Brachat, 1991(b), S. 1; Enning, 1991, S. 57; FinsterwalderReinecke, 1991, S. 240).
Anlage 10 enthält eine zusammenfassende Synopse mit den speziellen Nachwuchsförderprogrammen differenziert nach mehreren Untersuchungskriterien -, die die einzelnen Kfz-Hersteller/
-Importeure bzw. von ihnen beauftragte externe Institutionen sowie fabrikatsübergreifend die Autohaus
Akademie den Kfz-Unternehmernachfolgern anbieten.
2.7.3. Darstellung der von den Kfz-Herstellern/-Importeuren und der Autohaus Akademie
angebotenen Unternehmernachfolger-Programme
Die Analyse der von den Herstellern/Importeuren sowie der Autohaus Akademie angebotenen
Händlernachwuchsförderprogramme orientiert sich an den Kriterien, die den Spaltenbezeichnungen in
Anlage 10 zugrunde liegen; eine Ausnahme bildet Punkt 8), der in der vorliegenden Arbeit als
zusätzliches wichtiges Kriterium behandelt werden soll.
1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings
Die umfangreiche Themenpalette der Nachwuchsförderprogramme bei den einzelnen Kfz-Herstellern/Importeuren und der Autohaus Akademie umfaßt die Darstellung der Beziehungen zwischen Werk und
Handel, Generationsseminare für Senior und Junior, Persönlichkeits- sowie spezielle Fachseminare über
betriebswirtschaftliche Unternehmensführung, Mitarbeiterführung und -motivation, Kundendienst, Recht
und Steuern, Marketing, Verkaufstraining etc. Ferner sollen Sonderveranstaltungen wie
Diskussionsforen mit Vertretern der Konzernleitung bzw. erfahrenen Praktikern, Werksbesichtigungen
53
Unter Markenkollegen werden diejenigen Kfz-Betriebe bzw. Partnerhändler zusammengefaßt, die das gleiche
Fabrikat (z.B. VW/Audi, Ford, Mercedes-Benz) vertreiben. Fremdfabrikatshändler sind demnach Betriebe, die
andere Fahrzeugmarken als der eigene bzw. Stammbetrieb vertreten.
- 64 -
oder auch Studien- und Auslandsreisen den Weitblick sowie das Zusammengehörigkeitsgefühl der
Junioren/-innen forcieren im Sinne der Schaffung von "inner relations" für die Fabrikatsorganisation.
Auch speziell auf den Händlernachwuchs zugeschnittene Broschüren bieten Informationsmöglichkeiten
für die Junioren. So gibt die Renault-Organisation viermal jährlich die Renault-Junioren-Info heraus.
Dort werden Seminarthemen wiederholt, es gibt Buchtips zur Ergänzung des erlernten Wissens,
Führungstechniken im Testverfahren, ebenso Berichte der Sprecher des Junioren-Teams und auch
aktuelle Hinweise zur Mitarbeiterführung, zum Fahrzeugverkauf bis hin zu Seminarterminen,
Anregungen, Vorschlägen, Treffen u.ä.
Besonderer Beliebtheit erfreuen sich auch die im Rahmen der meist 3- bis 5-tägigen Seminare
abgehaltenen abendlichen (informellen) "Kamingespräche" mit führenden Repräsentanten der Hersteller/Importeurseite. Diese Veranstaltungen, wie sie beispielsweise bei Opel, Saab, VW/Audi durchgeführt
werden, gehen oft über den Bereich des Kfz-Geschäftes hinaus und dienen unter anderem dazu, den
Blick für neue oder andere Entwicklungen zu sensibilisieren und daraus zu lernen (sog. "Blick über den
eigenen Tellerrand").
Die meisten größeren deutschen Hersteller (z.B. BMW, Mercedes-Benz, Opel, VW/Audi) betreiben
werkseigene Schulungszentren, in denen die, meist über ein bis eineinhalb Jahre verteilten,
Schulungsprogramme für den Händlernachwuchs zentral durchgeführt werden. Die anderen
Organisationen wie auch die Autohaus Akademie bieten den Interessenten entweder regionale
Schulungen in speziellen Seminarhotels und/oder - falls vorhanden - in werkseigenen Schulungszentren
des Kundendienstes an.
2) Auswahlkriterien für den Händlernachwuchs
Generelle Voraussetzung, um an einem Händlernachwuchsprogramm teilnehmen zu können, ist im
allgemeinen ein ungekündigter Händlervertrag und die geplante Übernahme des Betriebes. Darüber
hinaus sollten die Absolventen über eine abgeschlossene technische oder kaufmännische Ausbildung
(Lehre oder Studium) verfügen und schon im elterlichen bzw. Stammbetrieb oder anderen Autohäusern
praktisch gearbeitet haben. Einige Hersteller/Importeure (z.B. Renault, Ford, Toyota) verlangen
zusätzlich ein gewisses Mindestalter der Teilnehmer. Speziell bei BMW erfolgt die Aufnahme in das
Programm grundsätzlich in Abstimmung zwischen Teilnehmer, Eltern/Geschäftsführer, zuständigen
Außendienstmitarbeitern des Vertriebs Deutschland und den Trainingsabteilungen.
Bei einigen Schulungsanbietern werden mittlerweile auch Eingangstests (z.B. bei VW/Audi)
durchgeführt, um im vorhinein die generelle Befähigung und das Leistungspotential zu ermitteln.
3) Trainer für den Händlernachwuchs
Die größeren deutschen Automobilhersteller setzen in ihren werkseigenen Schulungszentren zur
Durchführung der Nachfolgeprogramme sowohl eigene Trainer und Verantwortliche der einzelnen
Fachabteilungen des Werks als auch externe Referenten (z.B. Unternehmensberater, (Fach-)
- 65 -
Hochschuldozenten) sowie erfahrene Praktiker (z.B. erfolgreiche Kfz-Unternehmer) ein. Die mit einem
kleineren Vertriebsnetz in Deutschland präsenten Importeure (z.B. Fiat, Renault, Nissan, Peugeot)
haben oft eine zentrale Koordinationsstelle für die Schulungsveranstaltungen des Händlernachwuchses
eingerichtet. Sie arbeiten überwiegend mit externen Bildungsinstitutionen zusammen, rekrutieren externe
Referenten und/oder erfahrene Praktiker mit umfassender theoretischer Fundierung.
Bei der Autohaus Akademie rekrutieren sich die Referenten aus eigenen und externen Trainern,
erfahrenen Praktikern aus der Automobilbranche sowie Dozenten und ordentlichen Professoren.
Zuständig für die Koordination der Veranstaltungen ist die Geschäftsleitung dieser Bildungsinstitution.
4) Kooperationen auf dem Ausbildungssektor
Einige Kfz-Hersteller/-Importeure betreiben Ausbildungskooperationen mit Universitäten (z.B. BMW
mit der Universität Hamburg und der Hochschule St. Gallen, Ford mit der Universität zu Köln) und
externen kommerziellen Bildungsinstitutionen (z.B. Mazda mit der Autohaus Akademie).
5) Teilnahmekosten für den Händlernachwuchs
In vielen Fällen trägt das Werk bzw. der Importeur (z.B. BMW, Ford, Peugeot) den Großteil der
Kosten für die Qualifizierungsmaßnahmen. Lediglich die Kosten für Arbeitsausfall, An- und Abreise
sowie Übernachtung und Verpflegung sind vom Händler bzw. Teilnehmer zu tragen. Andere
Hersteller/Importeure verlangen wiederum anteilige Kostenpauschalen (z.B. Fiat, Nissan, Suzuki,
VW/Audi).
Da es sich bei der Autohaus Akademie um eine kommerzielle Bildungseinrichtung handelt, müssen die
drei jeweils 5-tägigen Teillehrgänge vollständig selbst getragen werden. Inwieweit sich die KfzImporteure, die bisher noch keine Nachwuchsprogramme für ihre Vertragspartner anbieten, an den
Lehrgangsgebühren zuzüglich Übernachtungskosten beteiligen, ist nicht bekannt.
6) Abschluß-Qualifikation
Nach bestandener Abschlußprüfung (z.B. bei Renault, Toyota) bzw. für die bloße Teilnahme an dem
Nachwuchsprogramm erhalten die Absolventen bei fast allen Herstellern/Importeuren und auch bei der
Autohaus Akademie (hauseigene) Zertifikate, Diplome, Teilnahmebestätigungen oder ähnliche
Schulungsnachweise.
7) Anzahl der Seminarteilnehmer und der jährlichen Programme
Die Anzahl der jährlichen Teilnehmer an den Nachwuchsprogrammen bei den einzelnen Herstellern/Importeuren steht in Relation zur Dichte des jeweiligen Händlernetzes. Durchschnittlich umfassen
die einzelnen Kurse 12-17 Teilnehmer und werden speziell von kleineren Organisationen alle ein bis
zwei Jahre angeboten. Hersteller/Importeure mit einem großen Vertriebsnetz und eigenen
Schulungszentren sowie die Autohaus Akademie bieten jährlich, je nach Bedarf, ein oder mehrere
- 66 -
Nachwuchsförderprogramme an. Die Kurse beginnen meist im Spätsommer bzw. Herbst, bei der
Autohaus Akademie überwiegend im Mai.
8) Betreuung des Händlernachwuchses nach Abschluß des Programms
Die meisten Hersteller/Importeure, ebenso wie die Autohaus Akademie, haben die Wichtigkeit der
Zusammenarbeit und des Erfahrungsaustausches der zukünftigen Kfz-Unternehmer bzw.
-Geschäftsführer erkannt und initiieren seit einigen Jahren auch nach Abschluß des Nachwuchsprogramms aktiv Jahrgangsgruppen-Treffen. Bei Ford heißen diese Veranstaltungen z.B. "FordHaupthändler-Juniorenkreis", bei Renault "Renault-Junioren-Team" bzw. bei VW/Audi Unternehmer(Nachfolger-)"Konferenzgruppen". Die einzelnen Gruppen wählen meist für zwei Jahre ihren Sprecher,
der dann u.a. für die Koordination der Veranstaltungstermine und das Themenspektrum sowie die
Schulungs- und Freizeitaktivitäten (z.B. Gebrauchtwagen-Handel, Kfz-Finanzierung und -Leasing,
Rhetorik-Kurse, Selbst- und Zeitmanagement als auch Fahr- und Sicherheitstraining,
Werksbesichtigungen, Studienreisen ins In- und Ausland) zuständig ist. Ziel dieser 2- bis 5-tägigen
jährlichen Treffen ist es, neben der Aktualisierung des Fach- und Führungswissens ein kooperatives,
partnerschaftliches Miteinander der einzelnen Händler innerhalb der eigenen Marke zu erreichen und
somit den Erfahrungs- und Gedankenaustausch sowie die Hilfsbereitschaft untereinander über diese
Veranstaltungen hinaus zu forcieren, d.h. ein "Wir-Gefühl" innerhalb des Fabrikatsverbundes zu
erzeugen.
2.7.4. Beurteilung der angebotenen Schulungsmaßnahmen für den Händlernachwuchs
Obwohl es recht schwierig ist, eine Beurteilung der einzelnen Nachwuchsprogramme anhand der
werksseitig zur Verfügung gestellten Schulungsunterlagen, Broschüren sowie einiger Gespräche mit
Schulungsleitern, Referenten, Trainern und Absolventen solcher Veranstaltungen vorzunehmen, sollen
nachfolgend zumindestens einige kritische Aspekte angeführt werden. Einschränkend ist anzuführen, daß
sie nicht unbedingt für alle Programmanbieter zutreffen.
Des öfteren wird von den Trainern bzw. Absolventen beklagt, daß die Nachwuchsförderprogramme mit
bis zu 20 und mehr Teilnehmern (über-)belegt sind und somit kein Eingehen auf die individuellen Stärken
und Schwächen des Einzelnen möglich ist. Dadurch müssen zeitintensive, aktive Lehrmethoden (z.B.
Gruppenarbeit, Rollenspiele, computergestützte Planspiele) verkürzt und können nur unzureichend
nachbearbeitet werden, so daß das nötige Feedback für den einzelnen Teilnehmer zu gering ausfällt.
Ferner haben die Nachwuchskräfte oft recht heterogene Aus- und Fortbildungswege absolviert; einige
haben eine stark praxisorientierte, handwerkliche Qualifizierung, während andere wiederum eine
kaufmännische oder sogar universitäre Ausbildung vorweisen. Diese Zusammensetzung der Gruppen
bringt einerseits den Vorteil mit sich, daß bei möglichen Gruppenarbeiten und Diskussionen über
fachbezogene Themen (z.B. Verkauf, Teile- und Kundendienst, Finanzbuchhaltung) ein breites
- 67 -
praxisorientiertes und wissenschaftliches Spektrum zusammenkommt. Andererseits besteht die große
Gefahr, daß sich die einen oder anderen bei den für sie bekannten Themenbereichen unterfordert fühlen
und sich langweilen. Teilweise kommt es auch zu Streitigkeiten oder Eifersüchteleien zwischen den
berufserfahrenen Nachwuchskräften, den sog. "Praktikern", und den vorrangig wissenschaftsorientierten
Hochschulabsolventen, den sog. "Theoretikern".
Des weiteren sind in den gleichen Seminaren oftmals Unternehmernachfolger von recht kleinen (z.B.
weniger als 10 Mitarbeiter) und großen (z.B. 100 und mehr Beschäftigte) Kfz-Betrieben
zusammengefaßt. Während der Nachfolger eines Kleinbetriebes stark im operativen Tagesgeschäft
eingespannt ist, besteht die zukünftige Aufgabe des Nachfolgers in einem größeren Autohaus
überwiegend darin, dispositive strategische Tätigkeiten (z.B. Management-, Führungsaufgaben) zu
erledigen. Dadurch ergeben sich zwangsläufig für den Einzelnen ganz andere Schulungsschwerpunkte.
Bisher bieten nur einige Hersteller/Importeure (z.B. BMW, Mercedes-Benz, Opel, Saab, VW/Audi,
Volvo) den Unternehmernachfolgern auf ihren eigenen Wunsch hin die Möglichkeit, seminarbegleitend
Betriebspraktika bei Markenkollegen oder vereinzelt auch bei fabrikatsfremden Autohäusern zu
absolvieren, um das theoretisch Gelernte praktisch umzusetzen. Jedoch ist - zumindest anhand der
Unterlagen - bei keiner Organisation ein detailliert ausgearbeitetes Schulungsprogramm vorzufinden, das
eine abgestimmte theoretische und praktische Schulung der Nachfolger bei Partnerhändlern des gleichen
Fabrikats sowie Fremdfabrikatshändlern umfaßt, wie man es bei der dualen Berufsausbildung mit der
Ausbildungsverordnung und den Rahmenlehrplänen vorfindet.
Den Teilnehmern der Autohaus Akademie wird zwar angeboten, daß sie zwischen den drei
Seminarblöcken im Rahmen der "Autohaus Praktikantenbörse" bei anderen Kfz-Händlern volontieren
können; festumrissene Betriebspraktika, systematisch abgestimmt auf den vermittelten Lehrstoff, bietet
diese Schulungsinstitution jedoch bisher auch nicht an.
Nach Aussagen der einzelnen Gesprächspartner der Schulungsabteilungen ist insgesamt die Resonanz
des Händlernachwuchses auf die Förderprogramme der Hersteller/Importeure durchweg positiv. Bisher
gibt es keine vergleichbaren Einrichtungen, in denen man jederzeit seine Erfahrungen mit Gleichgesinnten
austauschen und in Seminaren schon frühzeitig enge Branchenpartnerschaften knüpfen kann.
Auch die meisten Absolventen beurteilen die Schulungsmaßnahmen recht positiv. Nach ihrer Ansicht
vermitteln die Nachfolgerseminare im Kfz-Gewerbe zwar generelle branchenspezifische und fachliche
Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen, wie Probleme in der Praxis angegangen und bewältigt
werden können; sie reichen aber nicht aus, die eigene praktische Erfahrung zu ersetzen, selbständig
Schwierigkeiten im Betriebsgeschehen festzustellen und zu beseitigen. Vielmehr sollte im Rahmen der
Veranstaltungen bereits vorhandenes Fach- und Managementwissen aufgefrischt, vertieft und erweitert
werden.
- 68 -
Es ist festzuhalten, daß vor allem die Unternehmernachfolger-Programme der großen deutschen
Automobilhersteller, allen voran Mercedes-Benz, BMW, VW/Audi und Opel, sehr komplex und
fundiert erscheinen. Sie beinhalten sowohl recht umfassende, abgerundete theoretische Programme als
auch ansatzweise praktische Schulungen bei verschiedenen Autohäusern. Zudem bieten sie teilweise
Auslandsaufenthalte bzw. -praktika an. Doch auch die erst in den letzten Jahren initiierten
Nachwuchsförderprogramme einiger Importeure (z.B. Volvo, Saab, Renault, Toyota) und das nach der
Umfirmierung überarbeitete Schulungsprogramm der Autohaus Akademie weisen eine detaillierte
Konzipierung auf.
In einer Zeit, in der die Anforderungen an die Unternehmensführung ständig zunehmen und damit die
Aus- und Fortbildung zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor geworden ist, sollten auch solche
Organisationen schnellstens Nachwuchsprogramme offerieren, die dieses bisher aus unterschiedlichen
Gründen noch nicht oder nur begrenzt anbieten (z.B. Citroën, Daihatsu, Honda, Yugo). Falls es ihnen
aufgrund ihres kleinen Händlernetzes unrentabel erscheint, ein eigenes Programm zu entwickeln und
durchzuführen, sollten sie über Kooperationen mit externen Anbietern nachdenken, wie es auch einige
andere kleinere Hersteller/Importeure bereits erfolgreich durchführen (z.B. Fiat, Mazda).
2.8. Abschließende kritische Anmerkungen zu allen angeführten typischen Qualifizierungsmaßnahmen für Unternehmernachfolger
Eine umfassende und valide Beurteilung aller bisher dargestellten gewerblich-technischen und
kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Qualifizierungswege sowie die Bestimmung eines allgemeingültigen, optimalen Aus- und Fortbildungsweges für die oder den einzelnen Unternehmernachfolger
ist aufgrund
- der Heterogenität und situativen Besonderheiten der einzelnen Autohäuser (z.B. Unternehmensgröße,
Rechtsform),
- der Komplexität der Arbeitsinhalte,
- der unterschiedlichen Neigungen und Fähigkeiten der Unternehmernachfolger/-innen,
- des differenten Bildungsniveaus der Nachwuchskräfte und
- der jeweiligen Familientradition und des -ehrgeizes bzw. Einflusses der Eltern
unmöglich (vgl. Malter, 1984, S. 20).
Generell ist jedoch zu sagen, daß in den novellierten Ausbildungsverordnungen sowie in den mannigfaltigen Fortbildungsmaßnahmen neben der Vermittlung fachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten
vermehrt auch auf das Aneignen fachübergreifender Qualifikationen (z.B. Kommunikations-,
Teamfähigkeit, bereichsübergreifendes Denken, Bereitschaft zum lebenslangen Lernen) hingewirkt wird,
die speziell für zukünftige Führungs-(nachwuchs-)kräfte große Bedeutung haben.
- 69 -
Bisher gibt es auch keine gesicherten Untersuchungen darüber, wie systematisch und effektiv die seit
langem absolvierten (z.B. Betriebswirtschaftliche Fachschule in Calw, UnternehmernachfolgerProgramme der Hersteller/Importeure) und die neueren (z.B. Fachhochschule Nürtingen, Universität
Bamberg) Bildungseinrichtungen bzw. -maßnahmen auf die Übernahme der Unternehmensnachfolge im
Kfz-Gewerbe vorbereiten. Da die beiden automobilspezifischen Studiengänge erst Ende der 80er bzw.
Anfang der 90er Jahre eingerichtet worden sind und die ersten Absolventen erst vor kurzem in den
elterlichen oder Stammbetrieb eingetreten sind, kann erst in einigen Jahren eine detaillierte, ex post
durchzuführende Beurteilung erfolgen.
Zudem wäre es vermessen, bei dem heutigen umfangreichen, modernen Berufs- und Hochschulsystem,
den einen oder anderen Bildungsgang als das Optimum zu deklarieren.
Tendenziell ist festzustellen, daß sowohl im allgemeinen als auch speziell im Kfz-Gewerbe die Eltern und
Kinder vermehrt erkennen, daß eine fundierte Aus- und Fortbildung die beste Grundlage für die
zukünftige (berufliche) Entwicklung ist.
Grundsätzlich benötigt der Unternehmernachfolger aufgrund der veränderten Umfeldbedingungen neben
praktischer Berufserfahrung eine wesentlich fundiertere betriebswirtschaftliche Qualifikation. Der
zukünftige Autohaus-Manager braucht umfassende Kenntnisse in der Kosten- und Leistungsrechnung,
muß Betriebsergebnisse analysieren können, strategisch, integrativ Denken und Handeln können,
systematische Maßnahmen zur Verkaufsförderung ergreifen und vor allem die Mitarbeiter motivieren
und führen können. Dabei ist es ratsam, daß die Ausbildung in den verschiedenen Abteilungen und
Leitungsstellen in erster Linie bei Markenkollegen als auch bei Fremdfabrikatshändlern absolviert wird.
Damit bekommt der Nachfolger ein weiteres Betrachtungsspektrum, kann sich so freier entfalten und
muß auch bei laienhaften Fehlern keinen Gesichtsverlust befürchten. Ferner werden dem zukünftigen
Unternehmer bzw. Geschäftsführer im eigenen bzw. Stammbetrieb gewisse fragwürdige ("delikate")
Internas, Vorgänge bzw. Abläufe, beispielsweise in der Finanzbuchhaltung, dem Verkauf oder der
Werkstatt vorenthalten. Dort wird speziell der Juniorchef von den Vorgesetzten bei begangenen Fehlern
nur im äußersten Notfall gemaßregelt, weil diese u.U. spätere Sanktionen befürchten, wenn der
Nachfolger die Unternehmensführung übernimmt.
Sowohl von Seiten des Lehrstuhlinhabers des Fachbereichs "Automobilwirtschaft" an der FH
Nürtingen/Außenstelle Geislingen, Prof. Dr. W. Diez, als auch vom ehemaligen Präsidenten des ZDKs,
B. Enning, wird neben einer fundierten theoretischen betriebswirtschaftlichen Ausbildung vor allem ein
hohes Maß an Praxisbezug für äußerst relevant erachtet. Nach abgeschlossener Berufs- bzw.
Hochschulausbildung soll dem Nachfolger im Rahmen eines sog. Wanderschafts- bzw.
Praktikantenjahres die Möglichkeit eingeräumt werden, im In- und Ausland praktische Erfahrungen zu
sammeln (vgl. Enning, 1991, S. 57; Steiner, 1991(b), S. 29).
Anstelle eines wirtschaftlich orientierten Studiums könnte auch die Möglichkeit eines technischen (Fach)
Hochschulstudiums (z.B. Fachrichtung Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Wirtschaftsingenieur) in
- 70 -
Betracht kommen (vgl. Volkswagen AG - Zentralbereich Kundendienst, 1991, S. 26). Die
Zulassungsbedingungen dafür entsprechen in etwa denen der betriebswirtschaftlichen (Fach-)
Hochschulstudiengänge.
Für das Verständnis der handwerklich-technischen Seite eines Händlerbetriebes scheint dieser
Studienzweig allerdings zu umfassend und zu wenig fachspezifisch zu sein. Ferner wird bei diesem
Studium die benötigte kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Qualifizierung vernachlässigt.
Aufgrund des fortlaufend veränderten sozio-ökonomischen Umfelds wäre es für Wirtschaftsstudenten
ratsam, neben den Vorlesungen mit fachbezogenem Inhalt im Hauptstudium (z.B. Unternehmensführung,
Finanzierung, Kostenrechnung, Marketing) auch solche zu belegen, die zum sog. "Querdenken"
aktivieren (z.B. Sozialpsychologie, Pädagogik, Philosophie) und die außerfachlichen Qualifikationen
(z.B. Kommunikations-, Teamfähigkeit, situatives Führungsverhalten) fördern. Da speziell in
mittelständischen Unternehmen durch die wesentlich flacheren Unternehmenshierarchien, verbunden mit
der engen Zusammenarbeit zwischen Unternehmensführung, Führungskräften und Mitarbeitern sowie
der besonderen Bedeutung der Humanressourcen für den langfristigen Unternehmenserfolg, die
Menschenführung und Leistungsmotivation ein entscheidender Erfolgsfaktor ist, erhalten zukünftig diese
sog. weichen Faktoren (soft facts) dort eine mindestens genauso große Bedeutung wie in
Großunternehmen.
Anstelle eines branchentypischen Bildungsweges absolvieren auch einige Unternehmernachfolger/
-innen nach der Mittleren Reife oder dem (Fach-)Abitur eine Lehre als Bankkaufmann/-frau oder
Steuergehilfe/-in. Nach mindestens einjähriger praktischer Tätigkeit in einem Autohaus besuchen sie
dann die Fachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) und evtl. daran anschließend ein
hersteller-(un-)gebundenes Unternehmernachfolger-Kolleg. Andere Nachfolger studieren nach dem
Abitur Rechtswissenschaften und besuchen darauffolgend zur branchenbezogenen Qualifikation
ebenfalls ein fabrikats-(un-)gebundenes Nachfolgerprogramm.
In Anlage 11 sind einige typische Bildungswege dargelegt, die von Hochschulprofessoren, erfahrenen
Kfz-Unternehmern bzw. -Verbandsmitgliedern präferiert und auch in der Praxis häufig absolviert
werden.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß mehr und mehr Autohaus-Inhaber erkannt haben, wie wichtig eine
umfassende, systematische Ausbildung für die potentiellen Nachfolger ist. Diese absolvieren daher seit
einigen Jahren tendenziell höherwertige Berufs- bzw. Hochschulausbildungen, entweder an der
Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe in Calw bzw. in Northeim, ein
betriebswirtschaftliches Studium an der Fachhochschule Nürtingen mit dem mehr praxisorientierten
Fach Automobilwirtschaft oder an der Universität Bamberg, wo der Lehrstuhl für Automobilwirtschaft
vertreten ist. Verstärkt nutzen auch einige Absolventen der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im
Kfz-Gewerbe bzw. der Fachhochschule Nürtingen die neugeschaffene Möglichkeit, in einem etwa 1 bis
- 71 -
1,5 Jahre umfassenden Aufbaustudium den BBA bzw. den MBA an der Northwood University (USA)
zu erlangen.
Inwieweit die bisher angebotenen Bildungsmaßnahmen ausreichen, um die Unternehmernachfolger auf
die zukünftigen Arbeits- und Führungsanforderungen in einer sich fortlaufend wandelnden Umwelt
vorzubereiten, erscheint fraglich. Zum erfolgreichen Führen, Steuern und Beeinflussen komplexer
Unternehmen sowie insbesondere von Mitarbeitern reichen rein theoretische Schulungsmaßnahmen
und/oder laborähnliche Lern- und Einübungssimulationen (z.B. Fallmethode, Rollen-, Planspiel)
keinesfalls aus. Sie können die praktische Erfahrungsgewinnung durch “learning by doing“ bzw. “training
on the job“ nicht ersetzen. Denn was Unternehmensführung beinhaltet, welche Verantwortung sie
umfaßt und was sie menschlich bedeutet, kann nur derjenige beurteilen, der sie selbst praktiziert hat (vgl.
Rieckmann, 1988, S. 55).
- 72 -
3. Darlegung wichtiger Qualifikationen, Seminarthemen und -inhalte für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Unternehmen auf der Grundlage eines Human
Resource Management-Ansatzes als Ordnungsschema
3.1. Erläuterungen zum strategischen Human Resource Management (HRM) und Darlegung
der geläufigsten Konzepte sowie Begründung der Wahl des Michigan-Ansatzes
3.1.1. Geschichtliche Entwicklung
Während ursprünglich in der Theorie der wissenschaftlichen Unternehmensführung, die Ende des 19.,
Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde, der Mitarbeiter als ein arbeitsscheuer, verantwortungsloser und kostenverursachender "Produktionsfaktor" betrachtet wurde, der zu kommandieren,
kontrollieren und korrigieren ist, wandelte sich diese Auffassung zu Beginn der 20er Jahre dieses
Jahrhunderts im Zuge des Human Relation-Modells. Dieses Konzept ging davon aus, daß Arbeitnehmer
das Bedürfnis haben, als bedeutend und nützlich zu gelten und deshalb Zuneigung und Anerkennung
seitens der Vorgesetzten erfahren möchten. Dies sei für ihre Motivation wichtiger als monetäre Anreize
(vgl. Kienbaum, 1992, S. 4).
Bereits Ende der 50er Jahre wurden erstmals von Yoder (1959) Human Resource-Schwerpunkte
moderner Prägung skizziert. Erste größere Beachtung erlangte das Human Resource Management
(HRM) allerdings erst durch die Veröffentlichung von Miles (1965) im “Harvard Business Review“ mit
dem Titel: “Human Relations or Human Resources?“ Daraufhin wurde der Ansatz von dem Autor
weiter popularisiert, ausgebaut und differenziert. Der Bezeichnungswechsel deutete auf eine gewandelte
Betrachtungsweise hin; Mitarbeiter sollten nicht länger als ein kostenverursachender Produktionsfaktor
betrachtet werden, sondern als ein strategischer, autonomer Erfolgsfaktor (vgl. Conrad/Pieper, 1990(a),
S. 117; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 255), der gefördert und gefordert werden muß.
Seit Anfang der 80er Jahre erlangen der Begriff, die Betrachtungsweise und verschiedene konzeptionelle
Ansätze bzw. Modelle des (strategischen) HRM (z.B. Harvard-Ansatz von Beer et al., 1985;
Michigan-Ansatz von Tichy et al., 1981/1982/1984; INSEAD-Ansatz von Evans 1986/1987;
Züricher-Ansatz von Rühli/Wehrli, 1986 und Krulis-Randa, 1988; entscheidungsorientierter StuttgarterAnsatz von Ackermann, 1987)54 zunächst in den USA und daran anschließend in den meisten
westeuropäischen Staaten und speziell in Deutschland steigende Bedeutung in der wissenschaftlichen
Forschung und der Unternehmenspraxis (vgl. Conrad, 1991, S. 413; Pieper, 1990(a), S. 3; Staehle,
1989(b), S. 388).
54
Zusammenfassende Darstellungen der oben angeführten, bekanntesten (strategischen) HRM-Ansätze sind
beispielsweise in folgenden Publikationen vorzufinden: Ackermann, 1987(a), S. 41ff; Conrad, 1991, S. 421ff; Drumm,
1992, S. 478ff; Krulis -Randa, 1987, S. 6f; Staehle, 1989(b), S. 391ff; Staehle, 1990, S. 727ff.
- 73 -
Diese über die eigentliche Personalarbeit bzw. -verwaltung hinausgehenden Modelle (vgl. Conrad,
1991, S. 413; Pieper, 1990(a), S. 3) unterscheiden sich teilweise erheblich hinsichtlich der Zielsetzung
und Fragestellung, der Wahl des Bezugsrahmens, der theoretischen Fundierung und anderen Kriterien
(vgl. Ackermann, 1987(a), S. 40).
3.1.2. Erläuterung und Abgrenzung des Begriffs “strategisches HRM“
Wie für ein junges Forschungsgebiet nicht anders zu erwarten, wurde bisher weder in Deutschland noch
international eine zweckmäßige, möglichst präzise, prägnante und wissenschaftlich sowie praktisch
anerkannte Begriffserläuterung des (strategischen) Personalmanagements bzw. (strategischen) HRM
formuliert (vgl. Ackermann, 1991, S. 18; Krulis-Randa, 1995, S. 21).
Unter dem Begriff "Human Resources" bzw. Humanpotential wird "die Gesamtheit der gegenwärtig oder
zukünftig nutzbaren menschlichen Arbeitskraft der Unternehmung verstanden. Hierzu zählen sowohl
Wissen (kognitive Ebene), als auch Können (technische Fähigkeiten), Verhaltenskompetenz (soziale
Fähigkeiten wie Kommunikation, Führung, Teamarbeit) und Wollen (Motivation, Einstellung) der
Mitarbeiter" (Pieper, 1990(b), S. 273).
Das in dem einzelnen Mitarbeiter verborgene Leistungsvermögen bedarf es durch entsprechende
Maßnahmen zu fördern (vgl. Wohlgemuth, 1987, S. 87; Wohlgemuth, 1990, S. 85).
Obwohl die Begriffe “Human Resource“ als auch “(strategisches) Human Resource Management“55
bzw. “Development“ in der Fachliteratur nicht einheitlich definiert sind, scheint damit die herausragende
Bedeutung des Faktors Mensch für den langfristigen Unternehmenserfolg sowohl in der Wissenschaft
als auch in der Berufspraxis sichtbar geworden zu sein und das Bedürfnis nach anwendbaren
Erkenntnissen stark zugenommen zu haben (vgl. Wohlgemuth, 1987, S. 86).
Staehle beschreibt mit der neuen Terminologie des Human Resource Management "eine Neuorientierung hin zu einer integrativen, proaktiven und strategischen Sichtweise des Faktors Arbeit in der
Unternehmung" (Staehle, 1989(b), S. 388; Staehle, 1990, S. 719)56.
Der ursprünglich aus dem militärischen Bereich stammende Begriff "Strategie" - Mittelwahl zur
Erreichung vorgegebener Ziele - hat in den vergangenen Jahren eine erhebliche Bedeutungsausweitung
erfahren (vgl. Staehle, 1989(a), S. 114; Staehle, 1990, S. 563). Strategien bezeichnen heutzutage ein
55
Die Übersetzung der Bezeichnung “HRM“ bedeutet “Management der personellen Ressourcen“ (vgl. Johansson,
1990, S. 43) oder allgemeiner formuliert “zielgerichtete Führung des vorhandenen Humanpotentials“ (vgl. Flippo,
1984, S. 1; Remer, 1978, S. 16).
56
Ackermann beschreibt in seiner Begriffsbestimmung sinngemäß das gleiche, bezeichnet dies aber als strategisches
Personalmanagement (vgl. Ackermann, 1991, S. 22).
- 74 -
unternehmerisches Handeln, das durch Merkmale wie "systematisch, ganzheitlich, integrativ,
umweltbezogen, langfristig und antizipativ gekennzeichnet ist" (Weber, 1990, S. 10).
Am ehesten entspricht der Begriff HRM der in der deutschen personalwirtschaftlichen Literatur seit
1978 bekannten Bezeichnung “Personalmanagement“ (vgl. Flippo, 1984, S. 5; Remer, 1978, S. 16).
Verbindendes Element der verschiedenen Publikationen zum (strategischen) HRM ist der Versuch,
bisher primär voneinander getrennt behandelte Forschungsresultate der verhaltenswissenschaftlichen
Orientierung mit strategischen und mikroökonomischen Konzepten zu verknüpfen (vgl. Conrad/Pieper,
1990(b), S. 255).
Gerade in Deutschland haben sich viele Veröffentlichungen mit dem Neuigkeitswert sowie der
Leistungsfähigkeit von (strategischen) HRM-Konzeptionen im Vergleich zu vorhandenen Arbeiten in der
Personalwirtschaftslehre beschäftigt (z.B. Ackermann, 1987(a), S. 40ff; Conrad, 1991, S. 412ff;
Drumm, 1992, S. 472ff; Marr; 1987; S. 13ff; Staffelbach, 1987, S. 179ff).
Der derzeitige Diskussionsstand ist durch folgende Merkmale geprägt:
- Bisher gibt es trotz umfangreicher internationaler Literatur keine genaue Begriffsbestimmung und abgrenzung beispielsweise gegenüber den Bezeichnungen “Personalmanagement“ und
“Personalwirtschaftslehre“. Es fehlt auch noch ein überall anerkannter HRM-Ansatz einschließlich
seiner strategischen Ausprägungen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 40; Ackermann, 1989(a), S. 2;
Ackermann, 1991, S. 17; Conrad, 1991, S. 419; Pieper, 1990(a), S. 3; Storey, 1991, S. 3).
- Bei genauerer Betrachtung der unterschiedlichen (strategischen) HRM-Ansätze findet man sowohl
traditionelle Konzepte bzw. Sachverhalte mit neuen Bezeichnungen als auch wirkliche
Neuentwicklungen (vgl. Conrad, 1991, S. 419; Pieper, 1990(a), S. 3).
- Ausgefeilte theoretische Ableitungen oder stützende empirische Belege fehlen noch weitgehend (vgl.
Conrad, 1991, S. 440). Vielmehr zeichnen unterschiedliche Problemstellungen, Konzeptionen,
Forschungsmethoden, theoretische Ansatzpunkte und Gestaltungsempfehlungen ein uneinheitliches Bild
(vgl. Eckardstein/Elsik, 1990, S. 485).
Das spezifisch Neue und die besonderen Vorzüge des (strategischen) HRM sind:
- Die Personalfunktion soll strategisch ausgerichtet und mit der Unternehmensstrategie (integrativ)
abgestimmt werden (=integrative Betrachtung der umwelt- und marktorientierten strategischen
Unternehmensplanung sowie der ressourcenorientierten Personalplanung), statt reagierend und
verwaltend zu arbeiten.
- Mitarbeiter sollen nicht länger als kostenverursachender Faktor betrachtet werden, sondern als
Humanressource, deren Leistungsbereitschaft und -vermögen durch entsprechende Aus- und vor allem
Fortbildungsmaßnahmen zu fördern ist.
- Personalaufgaben sollen aufgrund ihrer großen Bedeutung für den Unternehmenserfolg als
erfolgswirksame Managementaufgabe (sog. "Chefsache") angesehen und nicht an (untergeordnete)
Stabsabteilungen delegiert werden
- 75 -
(vgl. Conrad/Pieper, 1990(a), S. 118; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 256; Esser/Donk, 1991,
S. 257ff; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990, S. 727; Wächter, 1992,S. 319).
Den weiteren Ausführungen liegt folgende Definition des Begriffs “(strategisches) Human Resource
Management“ bzw. “(strategisches) Personalmanagement“ zugrunde: Unter den angeführten
Bezeichnungen wird das strategische Denken und Handeln im Sinne des Unternehmens unter
Berücksichtigung der Interessen, Wünsche, Kenntnisse etc. des (vorhandenen) Humanpotentials
subsumiert. Das strategische Denken ist durch die proaktive, langfristige, umweltorientierte und
ganzheitlich-konzeptionelle Betrachtungsweise gekennzeichnet. Dieser Ansatz bedeutet eine Abkehr
von der ehemals isolierten Betrachtung der einzelnen Funktionsbereiche und speziell der Personalarbeit.
3.1.3. Gründe für die Einführung des strategischen HRM
Sowohl in der wissenschaftlichen Forschung als auch in der Betriebspraxis wird das strategische HRM
bzw. strategische Personalmanagement zunehmend behandelt. Neben der wachsenden Zahl
entsprechender Kongresse und Seminare ist auch eine steigende Zuwachsrate wissenschaftlicher und
praktischer Publikationen zu diesem Thema, vorrangig in Form von Zeitschriftenartikeln und in neueren
Lehrbüchern zur Personalwirtschaftslehre bzw. zum -management, zu konstatieren (vgl.
Eckardstein/Elsik, 1990, S. 485).
So erhielt die deutsche Fachzeitschrift “Personal“ mit der ersten Ausgabe 1995 (47. Jg.) den neuen
Untertitel “Zeitschrift für Human Ressource Management“, da nach Ansicht des Herausgebers den mit
diesem Ansatz verbundenen Ideen, Philosophien und Programmen bei der zukünftigen Gestaltung der
Personalwirtschaft und -politik eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Gaugler/Weber, 1995, S. 4).
Die Ansichten bzgl. der Gründe für die Einführung des strategischen HRM bzw. Personalmanagements
sind sehr vielschichtig. Einerseits wird sie als Reaktion auf die Fehlleistungen des traditionellen
Personalwesens in der Praxis und auf das Fehlen von HRM in der Literatur über Unternehmensstrategie
gesehen. Andererseits werden die veränderten Umfeldfaktoren, wie beispielsweise technologische und
demographische Veränderungen, die Suche von Wettbewerbsvorteilen durch HRM sowie der
Wertewandel bei den Arbeitskräften und die gestiegenen Arbeitsanforderungen angeführt (vgl.
Esser/Donk, 1991, S. 257). Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die gewachsenen Anforderungen der
Kunden an die Produkt- und Servicequalität (vgl. Conrad/
Pieper, 1990(b), S. 255).
Aufgrund der gestiegenen Wertschätzung der Mitarbeiter beschränkt sich die Personalarbeit nicht mehr
auf die reine Anwendung von Personaltechniken wie Personalplanung, -einsatz, -entwicklung und entlassung durch hochspezialisierte Mitarbeiter in der Personalabteilung, sondern sie ist eine nicht
delegierbare Aufgabe der Unternehmensleitung. Da der Erfolg eines Unternehmens in besonderem
Maße von der richtigen Auswahl, Entwicklung, Entlohnung sowie vom richtigen Einsatz und der
- 76 -
Qualifikation des Personals abhängt, ist eine frühzeitige integrative Abstimmung mit der
Unternehmensstrategie notwendig (vgl. Staehle, 1989(b), S. 388, Staehle, 1990, S. 718f).
Dabei stellt die Personalentwicklung (Personnel Development) einen der wichtigsten Bereiche des HRM
dar. Aufgrund der mit zunehmender Dynamik erfolgenden Veränderungen der Umfeldfaktoren kommt
es zu andersartigen Arbeitsanforderungen. Da die erforderlichen Arbeitskräfte mit benötigten
Qualifikationen kaum noch vom externen Arbeitsmarkt ad hoc rekrutiert werden können, wird die
anforderungsindividuelle Schulung zu einer dringenden Notwendigkeit. Ferner ist seitens der
Unternehmensleitungen ein Einstellungswandel gegenüber den Arbeitskräften festzustellen. Vor allem
aufgrund der fortlaufenden Knappheit an hochqualifizierten Fach- und Führungskräften und der
zentralen Bedeutung des Stammpersonals für den Unternehmenserfolg wird heutzutage das Personal bis auf eine beliebig disponierbare Randbelegschaft, die in aller Regel keine Zielgruppe betrieblicher
Qualifikation ist - als Pool von Ressourcen angesehen, die es gezielt aufzubauen, pfleglich zu erhalten
und anforderungsgerecht fortzubilden gilt (vgl. Staehle, 1989(b), S. 389, Staehle, 1990, S. 720).
3.1.4. Kritische Betrachtung des strategischen HRM
Wie alle Neuerungen stößt auch das (strategische) HRM bzw. Personalmanagement auf gewisse
Vorbehalte. Während einige Wissenschaftler die Relevanz und praktische Bedeutung bezweifeln (z.B.
Marr, 1986, S. 105: "alter Wein in neuen Schläuchen!"; Marr, 1987, S. 22: "des Kaisers neue Kleider";
Wunderer, 1984, S. 506ff; "... akademisches Schlagwort ohne praxisrelevante Bedeutung"), heben die
meisten Veröffentlichungen dessen herausragende Bedeutung hervor, um die zukünftig immer
vielfältigeren, komplexeren und problematischeren Personalaufgaben erfüllen zu können. Bisher ungelöst
ist die bestmögliche Ausgestaltung, Instrumentierung und Anwendung des Konzepts unter
Berücksichtigung der jeweiligen unternehmensspezifischen Umfeldfaktoren. Zur Lösung dieses Problems
bedarf es der intensiven Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis (vgl. Ackermann, 1991, S.
31).
Kritisch angemerkt wird weiterhin zu den Human Resource-Ansätzen, daß - ähnlich wie bei den Human
Relations-Ansätzen - auch hierbei nur ein einseitiger organisatorischer Zusammenhang betrachtet wird.
Effiziente Unternehmensführung wird gleichgesetzt mit effizienter Mitarbeiterführung. Man geht davon
aus, daß die beste Leistung für das Unternehmen aus der Perspektive der Arbeitgeber- bzw.
Managementinteressen auch dem einzelnen Mitarbeiter ein Höchstmaß an Zufriedenheit gibt (vgl. Kuhn,
1990, S. 125). Die Interessenkonflikte zwischen den verschiedenen Unternehmensteilnehmern
(Anteilseignern, Mitarbeitern etc.) bleiben i.d.R. aus der konzeptionellen Sichtweise ausgeblendet. Man
geht vielmehr von einem einträchtigen Nebeneinander verschiedener Interessengruppen aus (vgl.
Oechsler, 1994(b), S. 50; Wächter, 1992,S. 327ff).
- 77 -
Die Arbeitnehmerinteressen werden meist nur peripher berücksichtigt. Diese Betrachtungsweise ist
verständlich, wenn man den Kontext der industriellen Beziehungen in den USA betrachtet, wo das
Management versucht, durch HRM-Aktivitäten die Gewerkschaftseinflüsse in den Unternehmen
weitgehend auszuschalten. Dies ist allerdings nicht problemadäquat auf den europäischen und speziell
deutschen Bedingungsrahmen zu übertragen, da dort traditionell ein starker Einfluß der Gewerkschaften
und des Betriebsrates sowie eine erhebliche Berücksichtigung der Erwerbstätigen vorherrscht (vgl.
Oechsler, 1994(b), S. 50; Pieper, 1990(a), S. 8).
Ferner wird kritisch angeführt, daß die Strategieentwicklung vorrangig aus der Sicht des Unternehmens
bzw. des Managements geschieht. Dementsprechend erfolgt dann der zielgerichtete, systematische
Einsatz von HRM-Instrumenten in ihre Richtung, die nicht unbedingt mit der der Arbeitnehmer
übereinstimmt (vgl. Conrad, 1991, S. 431; Oechsler, 1994(b), S. 50).
Des weiteren werden bei diesen Ansätzen die zukünftigen Umfeld- und Marktfaktoren sowie deren
Konsequenzen für die Wirtschaft, die Unternehmen etc. zu wenig berücksichtigt (vgl. Conrad, 1991, S.
431; Oechsler, 1994(b), S. 50).
Die oben angeführten Schwächen der HRM-Ansätze verdeutlichen, daß diese - will man sie auf
europäische Verhältnisse transformieren - nur unter Berücksichtigung der industriellen Beziehungen
(industrial relations) konzeptioniert werden können (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 51).
Im Gegensatz zu den amerikanischen HRM-Ansätzen, die zwar aufgrund der Ausrichtung auf die
strategische Betrachtung und die systematische Abstimmung der Instrumente problemadäquat sind,
müssen die Ansätze im europäischen Kontext die traditionellen, ausgeprägten strukturellen
Partizipationsmuster der Arbeitnehmer berücksichtigen (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 51).
Neben dem Entwurf des “strategic choice“-Ansatzes im Rahmen der new “industrial relations“ (siehe
Kochan et al., 1986), der versucht, traditionelle Theorieansätze zu den industriellen Beziehungen mit
Ansätzen des strategischen Managements zu verbinden, hat Oechsler (1993) einen weiter gefaßten
konzeptionellen Ansatz entwickelt, der es erlaubt, HRM-Aktivitäten unter Berücksichtigung der
industriellen Beziehungen darzulegen. Ebenso wie der “strategic choice“-Ansatz basiert dieser Ansatz
auf dem “input-conversion-output“-Modell der industriellen Beziehungen. Das Besondere an diesem
Ansatz ist, daß der Kontext in mehrere Regelungsebenen (z.B. International, National, Tarifvertrag,
Unternehmen, Arbeitsplatz, -vertrag) unterteilt ist und damit auch einen europäischen Vergleich der
Systeme der industriellen Beziehungen (z.B. harmonie-, verhandlungs- und konfliktorientierte Systeme)
zulassen. Dadurch wird ermöglicht, nationale (europäische) Systeme der industriellen Beziehungen
anhand spezifischer Umweltsituationen (z.B. ökonomische, technische, politische Verhältnisse) zu
vergleichen (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 53).
Ohne näher auf die Einzelheiten einzugehen, zeigt dieser Ansatz, daß Entscheidungsparameter,
strategische Optionen und Instrumenteneinsatz des HRM nur dann sinnvoll konzipiert werden können,
- 78 -
wenn dies im Kontext der industriellen Beziehungen abläuft (vgl. Oechsler, 1994(b),
S. 56)57.
Insgesamt ist festzuhalten, daß durch die zunehmende Angleichung der Produkte und die fortlaufenden
Veränderungen der sozio-ökonomischen Umfeldbedingungen sowohl in der Wissenschaft als auch in
der Wirtschaft Einigkeit über die steigende Bedeutung der Mitarbeiter für den langfristigen
Unternehmenserfolg besteht (vgl. Conrad, 1991, S. 412f). Leistungsmotivation und nicht Kontrolle ist
das entscheidende Instrument des HRM (vgl. Walsh, 1987, S. 146).
Bisher ist (strategisches) HRM kein ausgereiftes Endprodukt, sondern eine sich im Wandel befindliche
Bezeichnung, die im Zeitablauf größere und kleinere Veränderungen erfährt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist
es unmöglich, präzise und allgemein verbindlich die späteren Ausprägungen zu prognostizieren (vgl.
Ackermann, 1989(a), S. 3; Conrad/Pieper, 1990(a), S. 117; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 255; Pieper,
1990(a), S. 3; Storey, 1991, S. 6).
Die obigen Ausführungen verdeutlichen, daß “im deutschen Kontext diese Ressourcenorientierung
vielleicht eine Akzentuierung, aber keine völlige Neubesinnung der Personalpolitik bedeutet“ (Wächter,
1992, S. 331). Aufgrund spezifischer institutioneller Bedingungen (z.B. duale Berufsausbildung,
Gewerkschaftseinfluß, Mitbestimmungs- und Betriebsverfassungsgesetz) ist in den meisten deutschen
Unternehmen bereits seit jeher eine eher ressourcenorientierte Personalpolitik betrieben worden (vgl.
Staehle, 1988, S. 576; Wächter, 1992, S. 330f).
Das Charakteristische am strategischen HRM sehen die meisten Autoren in der Integration des
Personalmanagements in das strategische Management, d.h. in der Abkehr von der separaten
Personalfunktion sowie in der Herausstellung der besonderen Bedeutung der personellen Ressourcen
für den langfristigen Unternehmenserfolg (vgl. Conrad/Pieper, 1990(a), S. 132f; Esser/Donk, 1991, S.
257; Oechsler, 1994(b), S. 50). Das Humanpotential als wichtiger Erfolgsfaktor muß - in Abstimmung
mit den übrigen Unternehmensressourcen - vorausschauend und systematisch geführt, motiviert und
entwickelt werden, so daß es direkt zum Erreichen der Unternehmensziele beiträgt. Den Schwerpunkt
bildet dabei die Überwindung qualifikatorischer Engpässe (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 37ff; Pieper,
1990(a), S. 2).
Die Aktivierung des geistigen Potentials im Unternehmen ist vordringlichste Aufgabe des TopManagements und darf nicht einzelnen Abteilungen oder Mitarbeitern überlassen werden (vgl.
Laukamm, 1989(a), S. 112; Laukamm, 1989(b), S. 280).
57
Detaillierte Ausführungen zu diesem konzeptionellen Ansatz findet man u.a. in: Oechsler, 1994(b), S. 54ff.
- 79 -
3.1.5. Darstellung der beiden bekanntesten konzeptionellen Ansätze des strategischen HRM
Im Zusammenhang mit den immer komplexeren Anforderungen an die moderne Personalwirtschaft im
Unternehmen sind in den vergangenen Jahren eine Reihe wissenschaftlicher und praxisorientierter
konzeptioneller Ansätze zum (strategischen) HRM entwickelt worden, die über die eigentliche
Personalarbeit bzw. -verwaltung hinausgehen (vgl. Conrad, 1991, S. 413; Pieper, 1990(a), S. 3). Da es
sich hierbei noch um eine in der Entwicklung befindliche Forschungsrichtung handelt, ist es nicht
überraschend, daß bislang unterschiedliche Konzeptionen für die Verbindung von Unternehmens- und
Personalstrategie nebeneinander bestehen (vgl. Staehle, 1990, S. 731).
Generell ist zu den verschiedenen Human Ressource-Modellen zu sagen, daß sie von einem positiven
Menschenbild ausgehen, bei dem der Einzelne als ein verborgenes Humanpotential betrachtet wird, der
geführt, motiviert und entwickelt werden muß. Durch mehr Partizipation am Planungs- und
Entscheidungsprozeß, größere Delegation von Aufgaben sowie die dafür notwendigen Kompetenzen
und die benötigte Verantwortung kann eine größere Arbeits- und Leistungszufriedenheit erzielt und die
gesamten menschlichen Ressourcen wesentlich besser genutzt werden. Daher besteht die zentrale
Aufgabe der Unternehmensführung, solche Arbeitsbedingungen zu schaffen, bei denen die Mitarbeiter
ihre Kompetenzen voll entfalten können und motiviert sind, ihr individuelles Leistungspotential
("Zufriedenheit durch Leistung") vollkommen zu aktivieren (vgl. Kienbaum, 1992, S. 5; Kuhn, 1990, S.
125).
Die beiden besonders bekannt gewordenen strategischen HRM-Ansätze der "Harvard School of
Business Administration" (Beer und Kollegen, 1985) und der "University of Michigan" (Tichy und
Kollegen, 1981/1982/1984) werden nachfolgend dargelegt und deren generelle Unterschiede
aufgezeigt. Ferner wird erläutert, warum der Michigan-Ansatz als konzeptioneller Ansatz bei der
vorliegenden Arbeit herangezogen wird.
3.1.5.1.
Darlegung des Harvard-Ansatzes
Im Jahre 1981 wurde aufgrund gewandelter Rahmenbedingungen (z.B. zunehmender Wettbewerbsdruck, gesellschaftlicher Wertewandel, steigende Bedeutung der Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg) ein neuer MBA-Pflichtkurs "Human Resource Management" an der "Harvard Business
School" (USA) eingerichtet sowie ein neues Lehrbuch von Beer/Spector/Lawrence/Mills (1985) erstellt
(vgl. Beer et al., 1985, S. ixff). Der, gemäß der Tradition der Universität sehr praxisnahe Kurs und das
vorlesungsbegleitende Buch gehen von einer "general management"-Perspektive aus; das Human
Resource Management wird integrativ mit Unternehmensstrategien und verschiedenen
Umfeldbedingungen betrachtet (vgl. Beer et al., 1985, S. xi; Conrad, 1991,
S. 421; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 290; Staehle, 1989(b), S. 392; Staehle, 1990, S. 728).
- 80 -
Die Personalentscheidungen sollen nicht mehr isoliert in speziellen, autonom arbeitenden
Personalabteilungen getroffen werden, sondern zusätzlich in den Aufgabenbereich des "general manager"
übergehen und mit der Wettbewerbsstrategie und anderen Politiken direkt abgestimmt werden (vgl.
Beer et al., 1985, S. 2).
3.1.5.1.1.
Abb. 6:
Komponenten und Auswirkungen von HRM-Politiken
Übersicht zu den einzelnen HRM-Komponenten und -Ergebnissen
Stakeholder
Interests
Shareholders
Management
Employee groups
Government
Communi t y
Unions
HRM Policy
HR Outcomes
Long-term
Choices
Commitment
Consequences
Employee
Competence
Individual
Situational
Factors
influence
Human resource
Work force
flow
Reward
characteristics
Congruence
Cost
effectiveness
systems
Work systems
well-being
Organizational
effectiveness
Societal
well-being
Business
strategy
and
conditions
Management
philosophy
Labor market
Unions
Quelle: Beer et al., 1985, S. 17
Die obige Abbildung verdeutlicht, daß die konkrete HRM-Politik und -Ergebnisse des Unternehmens
durch die Interessen der internen (z.B. Mitarbeiter, Management) und externen (z.B. Staat, Kommunen)
Interessengruppen (Stakeholder Interests) sowie durch situative Einflußfaktoren (z.B.
Unternehmensstrategie, Arbeitsmarktbedingungen, gesellschaftliche Werte) geleitet werden (vgl. Beer et
al., 1985, S. 16; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 290; Oechsler, 1994(b), S. 38; Staehle, 1989(b), S. 392;
Staehle, 1990, S. 729).
Umgekehrt werden auch die situativen Einflußfaktoren von kreativen Politiken beeinflußt; dieses gilt
langfristig für alle, kurz- und mittelfristig für einige Komponenten. Ebenso beeinflussen die situativen
Faktoren die internen und externen Interessengruppen (vgl. Beer et al., 1985, S. 24; Oechsler, 1994(b),
S. 38).
Ihre Interessen prägen wiederum die Wahl der nachfolgend erläuterten, zentralen Politikfelder des
Human Resource Management (HRM Policy Choices). Da HRM-Politiken (Arbeitnehmereinfluß und
Mitbestimmungsmöglichkeiten, Human Resource-Bewegungen, Anreiz- und Belohnungssysteme,
Arbeitsorganisationen) direkt das unmittelbare Unternehmensergebnis (HR Outcomes) beeinflussen und
darüber hinaus langfristige Auswirkungen (Long-term Consequences) haben, sind sie eine wichtige
- 81 -
Aufgabe des General Managers (vgl. Beer et al., 1985, S. 16f; Staehle, 1989(b), S. 392; Staehle,
1990, S. 729). Bei der Erstellung der HRM-Politiken hat der General Manager die wichtige Aufgabe,
die vielfältigen Interessenlagen sinnvoll miteinander zu kombinieren (vgl. Beer et al., 1985, S. 22).
Beer et al. schlagen vor, diese vielfältigen Personal- und Arbeitsbeziehungen unter folgende vier HRMPolitikfelder zu subsumieren (vgl. Beer et al., 1985, S. 7; siehe auch Abb. 7):
- Employee influence (Einfluß- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer)
Dieser Politikbereich befaßt sich mit der freiwilligen Delegation von Verantwortung und Autorität auf
bestimmte Unternehmensmitglieder. Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und
Problemstellungen müssen beispielsweise den Arbeitnehmern zukünftig begrenzte Mitbestimmungs- und
Einflußmöglichkeiten eingeräumt sowie unterschiedliche Ziele (z.B. Unternehmensziele,
Arbeitsplatzbedingungen, -sicherheit, Karriereplanung) berücksichtigt werden (vgl. Beer et al., 1985, S.
8).
Die Einfluß- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer sind richtungsweisend für die
Formulierung aller HRM-Politiken (vgl. Beer et al., 1985, S. 10f).
- Human resource flow (Human Resource-Bewegungen; Personalbeschaffung, -einsatz,-freistellung)
Diese Teilpolitik betrifft den Verantwortungsbereich aller Führungskräfte und bezieht sich darauf, den
Fluß von Menschen aller hierarchischen Ebenen zu betreuen. Dabei hat insbesondere der General
Manager, in Abstimmung mit der Personalabteilung, durch verschiedene traditionelle und moderne
Personalmaßnahmen (z.B. Beschaffung, Beurteilung, Entwicklung, Beförderung, Karriereplanung) dafür
zu sorgen, daß im Unternehmen fortlaufend genügend Arbeitnehmer mit der benötigten Qualifikation
vorhanden sind, um die langfristigen strategischen Erfordernisse realisieren zu können (vgl. Beer et al.,
1985, S. 9).
- Reward systems (Anreiz- und Belohnungssysteme)
Materielle und sonstige Anreize sollen den Beschäftigten eine nachvollziehbare Auskunft darüber geben,
welche Zielsetzung das Unternehmen anstrebt sowie welches Verhalten es von den Arbeitnehmern
fordert. Dabei ist von den Managern festzulegen, welche Art und Ausgestaltung der Anreizinstrumente
(z.B. materielle oder immaterielle Anreize, Einzel- oder Gruppenprämien, Gewinnbeteiligungen) zur
gerechten Leistungsmotivation eingesetzt werden sollen (vgl. Beer et al., 1985, S. 9).
Diesbezügliche Entscheidungen haben gravierende Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen dem
Unternehmen und der Belegschaft. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Mitarbeiter- und/oder
Unternehmensziele im Managementprozeß berücksichtigt werden (vgl. Beer et al., 1985, S. 10).
- Work systems (Arbeitsstrukturierung/-organisation)
Auf allen Unternehmensebenen müssen sich Manager damit befassen, Menschen, Informationen,
Tätigkeiten und die Technologie in eine (bestimmte) Ordnung zu bringen. Beispielsweise sind durch die
Einführung neuer Technologien oder Produktionsabläufe Veränderungen in der Arbeitsorganisation
- 82 -
möglich. Dies kann Auswirkungen auf die Entscheidungsqualität, den Koordinationsumfang, die
Leistungsbereitschaft, den Schulungsumfang der Mitarbeiter und letztlich auf die Qualität des
Arbeitslebens haben (vgl. Beer et al., 1985, S. 10).
Diese Aufgaben können nicht auf spezialisierte (Personal-)Bereiche/-Abteilungen vollständig übertragen
werden. Die vier zusammengefaßten Politiken sind keinesfalls ausreichend, um die Effektivität des HRM
zu ermitteln. In besonderen Fällen kann es ohne weiteres möglich sein, daß andere oder weitere
Kriterien herangezogen werden müssen (vgl. Beer et al., 1985, S. 17).
Abb. 7:
Human Resource System
Work System
Employee
Influence
Humann
Resouce
Rewards
Flow
Quelle: Beer et al., 1985, S. 12
Nur sinnvoll miteinander verknüpfte und abgestimmte HRM-Politikfelder können zu angestrebten
Human Resource-Ergebnissen führen. Die unmittelbaren Ergebnisse sind:
- Commitment (Verpflichtung und Engagement)
Durch das Übertragen von Teilaufgaben und der entsprechenden Verantwortung erhöht sich die
Loyalität, die Leistungsbereitschaft für das Unternehmen sowie das Selbstwertgefühl der Arbeitnehmer
(vgl. Beer et al., 1985, S. 20).
- Competence (Kompetenz)
Durch das Erhalten bzw. Fördern derzeit bzw. zukünftig benötigter Kenntnisse und Fertigkeiten kann
zum einen die Leistungsfähigkeit des Unternehmens sowie zum anderen die Steigerung des
Selbstwertgefühls und des wirtschaftlichen Wohlergehens beim Arbeitnehmer erreicht werden (vgl. Beer
et al., 1985, S. 20).
- Congruence (Übereinstimmung)
Die fehlende Übereinstimmung zwischen dem Management und den Arbeitnehmern, den unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen, dem Unternehmen und den Kommunen, den Arbeitnehmern und
ihren Familien sowie zwischen den einzelnen Mitarbeitern kann kostenintensiv sein durch
- Vergeudung von Zeit, Geld, Energie,
- 83 -
- geringes Vertrauen und fehlendes gemeinsames Engagement sowie
- Streß und andere daraus resultierende psychologischen Probleme
(vgl. Beer et al., 1985, S. 20).
- Cost effektiveness (Wirtschaftlichkeit der Leistung)
Die Wirtschaftlichkeit einer vorgegebenen Politik kann für das Unternehmen, die einzelne Person sowie
die ganze Gesellschaft nach bestimmten Kriterien (z.B. Gehälter, unentschuldigtes Fernbleiben vom
Arbeitsplatz, Streiks) betrachtet werden (vgl. Beer et al., 1985, S. 20).
Die Effektivität der vier HRM-Politiken läßt sich zwar auch nicht exakt mit Hilfe der unmittelbaren
Ereignisse messen, dennoch sind sie sehr wichtig, da sie helfen, die Leistungs- und Anpassungsfähigkeit
des Unternehmens, die Service- und Preisleistungen sowie die (kurz- und langfristigen)
Unternehmensergebnisse zu verbessern (vgl. Beer et al., 1985, S. 19).
Nur durch fortlaufendes Bemühen, die vier Politikfelder zu verbessern, ergeben sich die angestrebten
vorteilhaften, langfristigen (mittelbaren) Auswirkungen wie
- individuelle Zufriedenheit (Individual well-being),
- unternehmensbezogene Effizienz (Organizational effectiveness) und
- gesellschaftlicher Wohlstand (Societal well being)
(vgl. Beer et al., 1985, S. 17).
3.1.5.1.2. Resümee
Der Harvard-Ansatz besteht aus einer umfangreichen Auflistung von Komponenten und Auswirkungen
von HRM-Politiken, die im Sinne einer "general management"-Betrachtung zum Qualifizierungsprogramm aller Manager gehören sollten.
Die Hauptaufgabe des HRM besteht darin, die vier zentralen Politikfelder sinnvoll aufeinander
abzustimmen (vgl. Beer et al., 1985, S. 10; Gaugler/Weber, 1995, S. 7).
Die grundsätzliche Annahme lautet bei diesem Ansatz, daß effektive HRM-Politiken und
-Entscheidungen zu einer zunehmenden Anpassungfähigkeit des Unternehmens führen. Sie zeichnen sich
durch wechselseitigen Einfluß zwischen dem Management und den Arbeitnehmern aus und sind durch
großes Vertrauen, Kompetenz, Wirtschaftlichkeit und Übereinstimmung geprägt (vgl. Beer et al., 1985,
S. 36f).
Letztendlich ergeben die vier zentralen HRM-Politiken unmittelbare Ergebnisse (Verpflichtung/
Engagement, Kompetenz, Übereinstimmung und Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung), die helfen,
die drei angestrebten langfristigen Auswirkungen (Wohlergehen der Arbeitnehmer, des Unternehmens
und der Gesellschaft) zu bestimmen. Am Erfüllungsgrad der angestrebten Wirkungen sollten die General
Manager die Effektivität der HRM-Politiken bewerten. Die Schlußfolgerung daraus lautet, daß der
General Manager nach Politiken suchen sollte, die das Wohlbefinden aller drei beteiligten Gruppen
- 84 -
verbessern und nicht, wie früher des öfteren geschehen, lediglich die Vorzüge für das Unternehmen
beachten (vgl. Beer et al., 1985, S. 39).
3.1.5.2.
Erläuterung des Michigan-Ansatzes
Zu Beginn der 80er Jahre wurde von Tichy/Devanna/Fombrun (1981, 1982, 1984) an der "University
of Michigan" (USA) auf der Grundlage einer empirischen Bedarfsanalyse (Beteiligung der
Personalfunktion an der Strategieentwicklung und -umsetzung) das Konzept eines strategischen HRM
entwickelt (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 41; Conrad, 1991, S. 421; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle,
1990, S. 727). Dabei lautete die zentrale Frage, wie das strategische Human Resource Management zu
gestalten sei, um zur effizienten Implementierung der Unternehmungsstrategie beizutragen (vgl.
Ackermann, 1987(a), S. 42; Conrad, 1991, S. 421).
Die zunehmenden Turbulenzen im externen Unternehmensumfeld (z.B. ökonomische, politisch-rechtliche
und kulturelle Entwicklungsperspektiven und Problemstellungen) erfordern vom Management
zusehendst eine integrative, strategische Betrachtung der Arbeitnehmer, um eine effiziente Gestaltung
und Umsetzung der Unternehmensstrategie zu unterstützen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 50; Tichy et
al., 1982, S. 47).
3.1.5.2.1. Strategisches Management
Im Michigan-Ansatz hat das strategische Management eine zentrale Bedeutung; deshalb wird
nachfolgend zuerst die generelle Sichtweise dieses Managementsystems und daraufhin die des
Michigan-Ansatzes näher dargestellt.
Die drei generellen, effizienzbestimmenden Hauptelemente des strategischen Managements lauten:
a) Mission and Strategy (Unternehmensauftrag und -strategie)
Das Unternehmen muß eine Art Existenzberechtigung (basic mission), einen Sinn bzw. Auftrag innerhalb
der Gesellschaft haben. Dieses Unternehmensbild wird von den Mitarbeitern nach außen vermittelt (vgl.
Tichy et al., 1982, S. 47; Devanna et al., 1984, S. 34).
b) Organization Structure (Organisationsstruktur)
Im Rahmen der gegebenen Organisationsstruktur verfolgen Arbeitnehmer die ihnen übertragenen
Aufgaben (vgl. Tichy et al., 1982, S. 47; Devanna et al., 1984, S. 34).
c) Human Resource Management
Die Arbeitnehmer verrichten die jeweils arbeitsteilig festgelegten Tätigkeiten. Die erbrachte Leistung
muß überprüft und entsprechende Anreize bzw. Belohnungen müssen zur individuellen
Leistungssteigerung eingerichtet werden (vgl. Tichy et al., 1982, S. 47; Devanna et al., 1984,
S. 34).
- 85 -
Abb. 8:
Strategisches Management und Umwelteinflüsse
Politi
cal
Economic
Forces
Cultur
Mi s s i o n
al
&
Firm
Human
Organizati
on
Resouce
Management
Quellen: Devanna et al., 1984, S. 35; Tichy et al., 1982, S. 48
Die obige Abbildung verdeutlicht das fundamentale Problem des strategischen Managements. Es gilt die
drei integrativ verknüpften Erfolgskomponenten (Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und
Human Resource Management) im Unternehmen (firm), umgeben von den drei Umweltbereichen
(Wirtschaft, Politik und Kultur), möglichst effizient aufeinander abzustimmen (vgl. Devanna et al., 1984,
S. 35; Tichy et al., 1982, S. 48), also einen sog. "best fit" zu erreichen.
Dabei hat die Unternehmensstrategie zeitliche und inhaltliche Priorität; Organisationsstruktur und Human
Resource Management richten sich danach aus (vgl. Conrad, 1991, S. 421; Conrad/
Pieper, 1990(b), S. 290; Gaugler/Weber, 1995, S. 6; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990,
S. 727)58.
Beim Michigan-Ansatz werden die drei effizienzbestimmenden Erfolgskomponenten folgendermaßen
betrachtet:
- Strategy (Strategie)
Die Strategie ist definiert als ein Vorgang, durch den der Unternehmensauftrag dargelegt und die
-ziele gesetzt werden sowie durch das Vorgehen, mit dem das Unternehmen seine Ressourcen zur
Zielerreichung einsetzt (vgl. Devanna et al., 1984, S. 36; Tichy et al., 1982, S. 47f).
58
Im Michigan-Ansatz wird die Chandler'sche Hypothese (1962) - die Strategie bestimmt die Struktur (structure
follows strategy) - durch die Forderung insoweit ergänzt und erweitert, daß auch die Organisationsstruktur und
das Human Resource Management aufeinander abgestimmt werden sollten, um die Umsetzung positiv zu
beeinflussen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 47; Devanna et al., 1984, S. 36; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990, S.
727; Tichy et al., 1982, S. 48).
- 86 -
- Structure of the organization (Organisationsstruktur)
Sie umfaßt den grundsätzlichen Unternehmensaufbau, die Arbeitsteilung, beschreibt die Art der
auszuführenden Tätigkeiten und faßt diese zu Gruppen, Funktionen und Geschäftsbereichen zusammen.
Ferner erläutert die Organisationsstruktur den Grad der zentralen Überwachung der einzelnen
Funktionsbereiche seitens der Unternehmensführung (vgl. Devanna et al., 1984, S. 36; Tichy et al.,
1982, S. 48).
- Human Resource Management
Der Michigan-Ansatz geht von einem eng gefaßten Funktionsbereich des HRM aus. Es werden vier
Teilfunktionen (Personalauswahl, Leistungsbeurteilung, Anreiz- und Belohnungssysteme,
Personalentwicklung) unterschieden und nach strategischen (strategic), taktischen (managerial) und
operativen (operational) Aufgaben unterteilt. Im Sinne des Michigan-Ansatzes wird der Schwerpunkt
auf das, bisher in vielen Unternehmen unterentwickelte, strategische HRM gelegt (vgl. Ackermann,
1987(a), S. 43). Bedeutsam für die Formulierung und Durchführung ist die systematische Abstimmung
der angeführten Teilbereiche in einem Human Resource-Kreislauf (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 39; Tichy,
1982, S. 50; siehe auch Abb. 9).
Abb. 9:
Der Human Resource-Kreislauf
Rewards
Selectio
Performance
Appraisal
Development
Quellen: Devanna et al., 1984, S. 41; Tichy et al., 1982, S. 50
Betrachtet man die Pfeile im "Human Resource Cycle", so ist zu erkennen, daß die Leistung
(Performance), damit ist sowohl die gesamte Unternehmens- als auch die individuelle Leistung gemeint,
eine Funktion aller vier Human Resource-Komponenten, also die abhängige Variable des Human
Resource-Kreislaufs ist (vgl. Devanna et al., 1984, S. 41; Tichy et al., 1982, S. 50).
Ferner beeinflussen die Unternehmensstrategie und Organisationsstruktur die Leistung dadurch, wie die
Tätigkeiten gestaltet sind, wie das Unternehmen formal strukturiert ist und wie gut Dienstleistungen oder
Produkte geplant sind, um den Umweltbedrohungen und -gelegenheiten entgegenzutreten (vgl. Devanna
et al., 1984, S. 41f; Tichy et al., 1982, S. 50f).
- 87 -
Welche Leistung im konkreten Fall erbracht werden soll sowie die Inhalte der einzelnen Teilfunktionen
hängen von der jeweiligen Unternehmensstrategie und anderen Kontextfaktoren ab. Bei diesem Ansatz
steht Leistung stellvertretend für das übergeordnete Ziel, die Implementierung der gewählten
Unternehmensstrategie bestmöglich zu unterstützen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 47).
3.1.5.2.2. Die vier Teilfunktionen des strategischen HRM
Die vier Teilfunktionen des HRM werden aus der Unternehmensstrategie abgeleitet und nach
strategischen, taktischen und operativen Entscheidungsebenen unterschieden. Dabei legt dieses Konzept
den Schwerpunkt auf das strategische Human Resource Management (vgl. Staehle, 1989(b), S. 391;
Staehle, 1990, S. 728; siehe auch Abb. 10).
Abb. 10: Die vier Teilfunktionen des HRM und ihre Aufgaben auf der strategischen, taktischen und
operativen Entscheidungsebene (Human Resource Activities)
Management
Selection
Appraisal
Level
Strategie
Rewards (Compensation
Development
and Fringe Benefits)
Developing characteristics of people needed
to run business in
long term
Designing internal and
external systems to refiect future businesses
In long term, what
should be valued
Developing means to appraise future dimensions
Early identification of
In world as it might be
Planning developmental
in long term, how will
experiences for people
force be rewarded?
running business of
Linking rewards to the
long-term business
strategy
potential
the future
Designing systems with
flexibility to adjust to
change
Developing career paths
Managerial
Validation of selection
criteria
Development of recruit ment marketing plan
New markets
Designing systems to
link current and future
potential
Assessment centers for
Five-year compensation
plans for individuals
Cafeteria-style fringe
packages
development
Organizing management
development program
Organization development activities
Fostering self-development
Operational
Staffing plans
Recruitment plans
Annual appraisal system(s)
Day-to-day control systems
Quelle: Devanna et al., 1984, S. 44
Wage and salary administration
Benefit plans
Delivering job skill
training
On-the-job training
- 88 -
Die vier Funktionen bedeuten im Einzelnen:
- Strategic Selection (strategische Personalauswahl)
Die strategische Personalauswahl umfaßt die Gestaltung eines Auswahlsystems, das den durch die
geplante Strategie entstehenden qualitativen und quantitativen Personalbedarf durch interne sowie
externe Personalbeschaffung und -auswahl zu decken hilft. Insbesondere die Auswahl und der Einsatz
(zukünftiger) Führungskräfte soll auf die geplante Strategie abgestimmt werden (vgl. Devanna et al.,
1984, S. 46f; Eckardstein/Elsik, 1990, S. 485; Tichy et al., 1982, S. 51); es besteht die Forderung
nach integrierter Investitions- und Personalplanung.
- Strategic Appraisal (strategische Leistungsbeurteilung)
Die präzise strategische Leistungsbeurteilung nimmt eine Schlüsselposition im Human ResourceKreislauf ein, da die Erfüllung und Qualität der anderen drei Teilfunktionen (Auswahl,
Anreize/Belohnungen, Entwicklung) im gewissen Maße von ihr abhängen (vgl. Devanna et al., 1984, S.
46; Tichy et al., 1982, S. 57). Sie zielt darauf, frühzeitig Humanpotential mit zukünftig erforderlichen
Anforderungen zu ermitteln (vgl. Eckardstein/Elsik, 1990, S. 486).
- Strategic Rewards (strategische Anreiz- und Belohnungssysteme)
Auf der Grundlage einer exakten Leistungsbeurteilung sollen für die Mitarbeiter materielle (z.B. Entgelt,
Sozialleistungen) und immaterielle (z.B. Anerkennung, Aufstiegschancen, Bildungsmaßnahmen)
Anreize/Belohnungen geschaffen werden. Dabei bestehen Probleme bei der Festlegung geeigneter
Meßgrößen für die zu belohnende Leistung sowie der Auswahl verhaltenswirksamer Anreize für die
einzelnen Mitarbeiter(gruppen) (vgl. Devanna et al., 1984, S. 48f).
Speziell für Führungskräfte sollen entsprechende Anreize/Belohnungen geschaffen werden, damit sie
neben kurzfristigen auch verstärkt langfristige strategische Unternehmensziele verfolgen (vgl. Devanna et
al., 1984, S. 49; Eckardstein/Elsik, 1990, S. 486; Tichy et al., 1982, S. 54).
- Strategic Development (strategische Personalentwicklung)
Eine der wichtigsten Aufgaben der Unternehmensführung ist es, durch entsprechende Bildungsmaßnahmen dafür zu sorgen, daß die Mitarbeiter über die benötigten Kenntnisse und Fertigkeiten
verfügen. Neben der beruflichen Ausbildung und verschiedenen zukunftsorientierten unternehmensinternen und -externen Fortbildungsmaßnahmen (z.B. training on the job, Lehrgänge, job rotation)
beinhaltet die Personalentwicklung auch noch Maßnahmen zur Arbeitsplatzgestaltung und -verbesserung
sowie die individuelle, strategisch ausgerichtete Karriere- und Nachfolgeplanung, das Mentoring etc.
(vgl. Devanna et al., 1984, S. 49; Tichy et al., 1982, S. 55).
Die sich wechselseitig beeinflussenden Teilfunktionen sollen so miteinander verknüpft werden, daß eine
möglichst hohe Effizienz des Systems entsteht, um das strategisch vorgegebene Ziel, die Leistung, zu
erreichen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 46f; Devanna et al., 1984, S. 41f; Tichy et al., 1982, S. 50).
- 89 -
Die Personalauswahl erfolgt nach dem Prinzip der Bestenauslese, da diese als wichtigste Voraussetzung
für hohe Leistung betrachtet wird. Die Leistungsbeurteilung liefert die benötigten Informationen für die
leistungsorientierte Anreiz- und Belohnungsgestaltung sowie für die Personalentwicklung. Durch
Leistungsentlohnung werden die motivationalen, durch Personalentwicklung die kognitiven
Voraussetzungen für hohe Leistung erzeugt (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 47; Devanna et al., 1984, S.
41; Tichy et al., 1982, S. 50).
3.1.5.2.3. Die Human Resource-Politiken
Aufgrund der oben angeführten vier Teilfunktionen des HRM müssen mehrere, grundsätzliche
Unternehmens- bzw. Bereichspolitiken (policies) entsprechend der vorliegenden Gegebenheiten
formuliert und berücksichtigt werden. Sie sind unternehmensindividuell und begrenzen die Gestaltung
des HRM (vgl. Conrad, 1991, S. 421; Tichy et al., 1982, S. 48). Die drei bedeutendsten Politiken sind:
a) Managementphilosophie
Die Managementphilosophie eines Unternehmens ist eine grundlegende Politik, die die gesamte
Gestaltung eines Human Resource-Systems beeinflußt. Sie dient einerseits zur Festlegung des
grundlegenden psychologischen Kontrakts mit den Mitarbeitern hinsichtlich unternehmensinterner
grundlegender Werte, Einstellungen etc. Andererseits umfaßt sie das Ausmaß der Hierarchiestufen im
Unternehmen, also den Grad der (De-)Zentralisierung der Kernfunktion des HRM (vgl. Tichy et al.,
1982, S. 48ff).
b) Rekrutierungs- und Förderungspolitik
Die Rekrutierungs- und Förderungspolitik eines Unternehmens spiegelt sich in der Prioritätensetzung von
Personalentwicklung und -auswahl oder eines bestimmten Mischungsverhältnisses dieser beiden
Teilfunktionen des HRM wider (vgl. Tichy et al., 1982, S. 50).
c) Anreiz- und Entgeltpolitik
Die Anreiz- und Entgeltpolitik kann entweder auf Gruppen- oder auf Individualleistungen angewendet
werden. Liegt der Schwerpunkt auf der Gruppenarbeit, so muß die Personalauswahl die soziale
Vereinbarkeit berücksichtigen. Die gruppenorientierte Leistungsbeurteilung muß dabei spezifische
Anreize für die Arbeitsgruppen liefern (vgl. Tichy et al., 1982, S. 50).
3.1.5.2.4. Resümee
Das Ziel des Michigan-Ansatzes ist die optimale Abstimmung zwischen Unternehmensstrategie,
Organisationsstruktur und HRM. Der Schwerpunkt liegt auf der Gestaltung des strategischen HRM, bei
dem im Rahmen des "Human Resource Cycles" zwischen vier Teilfunktionen (Personalauswahl,
Leistungsbeurteilung, Anreize/Belohnungen, Personalentwicklung) unterschieden wird. Sie gilt es
vorrangig effizient aufeinander abzustimmen, damit sie zur Implementierung der Unternehmensstrategie
beitragen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 42; Krulis-Randa, 1987, S. 7; Staehle, 1989(b), S. 391;
- 90 -
Staehle, 1990, S. 727). Dabei erhält insbesondere die langfristige Betrachtungsperspektive des
Managements und die Fähigkeit, Menschen zu führen, eine steigende Bedeutung. Diese beiden
Anforderungen können nur durch erhebliche Veränderungen der Human Resource-Aktivitäten im
Unternehmen realisiert werden und erfordern eine Veränderung des Denkens und des Verhaltens seitens
der Menschen (vgl. Tichy et al., 1982, S. 60).
Da sich der Michigan-Ansatz insbesondere auf die Human Resource-Aktivitäten konzentriert, besteht
die Gefahr, daß die Festlegung langfristiger strategischer Zielsetzungen zu wenig umwelt- und
marktorientiert ist (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 50).
Abschließend vier bedeutende Punkte des HRM:
- Die Human Resource-Aktivitäten beziehen sich in erster Linie auf individuelle Leistungen und somit
ebenfalls auf Produktivität und Unternehmensleistung.
- Die Innovationsfähigkeit von Unternehmen hängt von einer innovationsfördernden Organisationsstruktur ab und auch von der Art und Weise, wie innovative Mitarbeiter geführt werden.
- Die Qualität der im Unternehmen getroffenen strategischen Entscheidungen ist verbunden mit der
Qualität der Human Resource-Daten, die in den Entscheidungsprozeß einfließen.
- Die erfolgreiche Durchsetzung strategischer Ziele hängt insbesondere davon ab, wie gut das
Unternehmen seinen "Human Resource Cycle" umsetzt, also die richtigen Mitarbeiter auswählt, das
richtige (Leistungs-)Verhalten mißt, den Fortschritt bzgl. der strategischen Ziele belohnt und die
benötigten Fertigkeiten weiterentwickelt, um den strategischen Erfolg zu sichern.
(vgl. Devanna et al., 1984, S. 51).
3.1.6. Gegenüberstellung der beiden HRM-Ansätze und Begründung der Wahl des MichiganKonzeptes als konzeptionelle Grundlage für die weiteren Ausführungen
Ein Vergleich sowie eine realistische Beurteilung der beiden Ansätze wird dadurch erschwert, daß dafür
die notwendigen eindeutigen Definitionskriterien für den Begriff “Human Resource Management“ fehlen
und die im Rahmen dieser Ansätze involvierten Personen- und Interessengruppen (z.B. Führungskräfte,
Personalabteilung, Mitarbeiter(-vertretungen), staatliche Organe) unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe
und Schwerpunkte zugrunde legen. Ferner existieren Abhandlungen über den Michigan-Ansatz bisher
nur in Form von Zeitschriftenaufsätzen, während es über den Harvard-Ansatz bereits umfassendere
Literatur - u.a. Lehrbücher - gibt. Manche Aspekte, die derzeit noch als wesentliche
Unterscheidungskriterien erscheinen, werden sich im Laufe der Weiterentwicklung nivellieren und evtl. in
einen integrativen Ansatz des (strategischen) HRM einmünden.
Während der Harvard-Ansatz im Prinzip eine umfangreiche Auflistung von Determinanten und Folgen
von HRM-Politiken ist, die vom Top-Management selbst aktiv beeinflußt werden müssen, steht beim
Michigan-Ansatz die strategische Betrachtungsweise insbesondere des HRM im Vordergrund. Dabei
- 91 -
werden zwar die drei Hauptbereiche und der Human Resource Cycle angeführt, jedoch erfolgt keine
systematische Anwendungsbeschreibung.
Als kritisch wird beim Michigan-Konzept angesehen, daß der Unternehmensstrategie zeitlich und
inhaltlich Vorrang eingeräumt und die Organisationsstruktur und das HRM daraus abgeleitet werden.
Durch die Unterordnung des HRM verkümmert die Mitarbeiterführung und wird zu einer abgeleiteten
Aufgabe (vgl. Gaugler/Weber, 1995, S. 6). Dieser Ansatz bleibt auf dem klassischen Implementationsund Anpassungsdenken des Personalmanagements beschränkt und unterschätzt bzw. übersieht den
Einfluß früherer personalpolitischer Maßnahmen auf die zukünftige Strategieformulierung (vgl.
Conrad/Pieper, 1990(b), S. 290; Staehle, 1989(b), S. 392; Staehle, 1990,
S. 728). Zudem wird die Formulierung der Unternehmensstrategie kaum berücksichtigt (vgl.
Ackermann, 1987(a), S. 42; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990, S. 727).
Im Harvard-Konzept stellt die Unternehmensstrategie nur einen von mehreren situativen Faktoren dar.
Personalpolitische Maßnahmen werden als Folge und Ursache von strategischen Entscheidungen
betrachtet (vgl. Staehle, 1990, S. 730). Dieses Konzept sieht in den Arbeitnehmern die wichtigsten
Organisationsteilnehmer und betont deren entscheidende Stellung im betrieblichen Leistungsprozeß. Ihre
Partizipation bildet die Grundlage für alle Aktivitäten des HRM. Daher gilt die aufgabenbezogene
Qualifizierung und Entwicklung der Mitarbeiter als eine entscheidende Aufgabe des betrieblichen HRM
(vgl. Gaugler/Weber, 1995, S. 7).
Da die zentralen Politikfelder nur durch das Top-Management formuliert werden können und nicht
durch den Personalmanager, verliert die HRM-Strategie ihre funktionale Bedeutung (vgl. Conrad, 1991,
S. 421).
Zusammenfassend ist festzuhalten, daß zwischen den beiden bedeutendsten amerikanischen HRMAnsätzen eine Reihe von Unterschieden bestehen, die sich einerseits auf die personalpolitischen
Handlungsfelder und andererseits auf die prinzipielle Zuordnung der Personalpolitik zum strategischen
Management beziehen (vgl. Gaugler/Weber, 1995, S. 7).
Stellt man den Harvard- und den Michigan-Ansatz gegenüber, so fällt auf, daß die erstgenannte
Konzeption wesentlich komplexer, umfassender und vorrangig auf Großunternehmen mit verzweigten
Organisationsstrukturen, eigenständigen Personalressorts und vielfältigen Interessengruppen ausgerichtet
ist. Bei den meisten Autohäusern handelt es sich um kleine und mittlere, eigentümerzentrierte
Familienunternehmen, die keine eigenständige Personalabteilung besitzen.
Genauso wie die - oft als klassischer Managementansatz bezeichnete - von Koontz/O'Donnell
entwickelte Konzeption mit den fünf Funktionen Planung, Organisation, Führung, Personaleinsatz(wesen) und Kontrolle, erscheint der klar strukturierte Michigan-Ansatz von Tichy et al. als
Gliederungsschema für die nachfolgenden Ausführungen des dritten Kapitels und für die sich daran
anschließende empirische Untersuchung im vierten Kapitel besser geeignet. Er ist wesentlich
- 92 -
übersichtlicher und eher auf die praxisorientierte Unternehmensführung in mittelständischen KfzBetrieben übertragbar.
Da vor allem die strategische Betrachtungsweise des Human Resource Management in den
Vordergrund gestellt wird - nur in wenigen mittelständischen (Kfz-)Betrieben wird überhaupt strategisch
geplant, insbesondere im Personalbereich -, ergibt sich aus dem Michigan-Ansatz diese erweiterte
Sichtweise. Dabei kann die langfristig orientierte Förderung und Motivation qualifizierter Mitarbeiter
stärker zum Tragen kommen. Sie erhält bei dem zunehmenden Nachwuchs- und Fachkräftemangel in
mittelständischen Betrieben steigende Bedeutung.
Gerade in Dienstleistungsbranchen wie dem Kfz-Gewerbe, die als lokale Absatzmittler und
Serviceprovider ihre Produkte und Leistungen unmittelbar dem dort ansässigen Kundenkreis anbieten,
wird bei zunehmender Angleichung der Produkte, ihrer Präsentation etc. das motivierte und
leistungsorientierte Personal in dem jeweiligen Unternehmen zum entscheidenden Wettbewerbs- und
Erfolgsfaktor. Nur sie können durch freundliche, kompetente und individuelle Beratung bzw. Betreuung
das Vertrauen der Kunden gewinnen und sie an das Autohaus binden. Deshalb wird zukünftig die
Entwicklung qualifizierter Führungskräfte und Mitarbeiter einer der wichtigsten Aufgaben zur Sicherung
des langfristigen Unternehmenserfolges.
Wie bereits in Kapitel 0.3. erwähnt, muß dieser konzeptionelle Michigan-Ansatz für die vorliegende
Themenstellung, entsprechend den Besonderheiten mittelständischer Betriebe (z.B. Wirtschaftsbereich,
Unternehmensgröße, Wettbewerbssituation) und vor allem der Autohäuser in einigen Bereichen
modifiziert werden. Die zentralen Elemente des Michigan-Ansatzes, und zwar Umfeldfaktoren,
Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und Human Resource Management werden dabei
nacheinander behandelt.
Die Umfeldfaktoren werden auf die Entwicklungsperspektiven der Automobilwirtschaft und speziell
die des Kfz-Gewerbes ausgerichtet. Entsprechend dem Michigan-Ansatz werden die prognostizierten
Veränderungen in der externen und internen Unternehmensumwelt nach folgenden Einflußfaktoren
unterschieden:
wirtschaftlich: ökonomische, technologische und qualifikatorische Wandlungen, Vermögensstruktur, Verhältnis Kfz-Hersteller/-Importeur und -Händler;
politisch:
ökologische Perspektiven, Auswirkungen des EG-Binnenmarktes und speziell der
Europäischen Währungsunion;
kulturell:
demographische Veränderungen, Wertewandel, verändertes Konsum- und Freizeitverhalten.
Denn zur effektiven, integrierten Unternehmensführung benötigen zukünftige Unternehmer/
Geschäftsführer detaillierte Kenntnisse über mögliche Umfeldveränderungen, um zielorientiert, planvoll
und konsequent denken und handeln zu können und ihr Unternehmen frühzeitig auf diese sich in immer
kürzeren Zeitabständen fortschreitenden Entwicklungen auszurichten.
- 93 -
Die im Michigan-Ansatz kaum näher erläuterte Unternehmensstrategie wird ausgeweitet zur strategischen Unternehmensführung und beinhaltet u.a. Unternehmensvision, -politik, -kultur, -ziele,
strategische und operative Planung59, Controlling etc.
Die Organisationsstruktur, deren inhaltliche Ausgestaltung die Autoren in den vorliegenden
Publikationen wenig präzisieren, umfaßt nachfolgend die Schaffung und Veränderung formeller
systematischer Regelungen und Leitungssysteme im Unternehmen, also die “Organisationsgestaltung“,
sowie neue Formen der Unternehmens- und Arbeitsorganisation bzw. -strukturierung (z.B. Total Quality
Management, Profit Center, Team-Konzept, Betreuungsteams).
Beim Human Resource Management bzw. Personalmanagement werden gemäß dieses Ansatzes die
vier Teilbereiche
- strategische Personalbeschaffung/-auswahl,
- strategische Leistungserfassung und -beurteilung,
- strategische Personalentwicklung (Aus- und Fortbildung, Karriere- und Laufbahnplanung) und
- strategische Anreiz-/Belohnungssysteme (z.B. Arbeitsentgelt, Führungsstil und -mittel)
sowie deren inhaltliche Ausgestaltung schwerpunktmäßig erläutert. Darüber hinaus werden z.T. auch die
operativen Maßnahmen in den einzelnen Bereichen dargelegt, da speziell in vielen mittelständischen
Unternehmen die vielfältigen Möglichkeiten dieser Instrumente zur Leistungsmotivation und
Mitarbeiterzufriedenheit kaum systematisch und zielgerichtet eingesetzt werden.
Entsprechend der Zielsetzung des Michigan-Ansatzes wird die in vielen Kfz-Betrieben stark
vernachlässigte strategische Betrachtungsweise besonders herausgestellt. Gerade in der systematischen,
vorausschauenden und ganzheitlichen Unternehmensplanung bestehen bei vielen mittelständischen (Kfz-)
Unternehmen erhebliche Defizite. Problematisch ist dabei, daß es bisher kaum fachspezifische Literatur
zum integrativen, strategischen Personalmanagement speziell in Klein- und Mittelbetrieben gibt.
Dabei erheben die nachfolgenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die
umfassende Darlegung aller Qualifizierungsmaßnahmen, Seminarthemen und -inhalte den Umfang der
vorliegenden Arbeit übersteigen würde. Insbesondere auf branchenspezifische Produkt- bzw.
Fachkenntnisse (z.B. bzgl. Kfz-Handel, Aufgaben im Kundendienst-/Werkstattbereich), spezielle
Arbeitstechniken zukünftiger Unternehmensführer (z.B. Rhetorik, Zeit- und Selbstmanagement) sowie
gesetzliche und steuerliche Regelungen wird in diesem Kapitel nicht näher eingegangen (z.B. Arbeits-,
Wettbewerbsrecht).
59
In vielen neueren betriebswirtschaftlichen Publikationen wird keine detaillierte Unterscheidung zwischen mittelund kurzfristiger Planung vorgenommen, sondern aufgrund des fließenden Übergangs der beiden
Planungsbereiche einheitlich von operativer Planung gesprochen (vgl. Korndörfer, 1989, S. 110). Speziell in
mittelständischen Unternehmen empfiehlt es sich, die operative Planung mit der taktischen/dispositiven
(=kurzfristigen) Planung (z.B. Planungsrechnung) zusammenzufassen (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990,
S. 128; Horváth/Weber, 1990, S. 300). Diesem Ratschlag wird auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit entsprochen
und - in Abweichung zum Michigan-Ansatz - lediglich zwischen strategischen und operativen Maßnahmen
unterschieden.
- 94 -
Die nachfolgenden Ausführungen folgen einer Betrachtung von außen nach innen, d.h. die möglichen
Probleme werden von ihrer Entstehung in der Umwelt von Unternehmen bis hin zu ihrer Bewältigung in
den einzelnen arbeitsteilig organisierten Funktionsbereichen innerhalb der Unternehmung aufgezeigt (vgl.
Staehle, 1989(a), S. 113).
Der strategischen Unternehmensführung kommt dabei die Aufgabe des Brückenschlages zwischen der
externen Umwelt und den (internen) unternehmerischen Aktivitäten zu. Generelle Ziele und strategische
Pläne werden dann in den einzelnen Funktionsbereichen in konkrete Handlungsprogramme (bzgl. Inhalt,
Ausmaß, zeitlichem Bezug, Ressourcenerfordernis) umgesetzt (vgl. Staehle, 1989(a), S. 113).
3.2. Szenario über die bedeutsamsten Entwicklungsperspektiven in der Unternehmens umwelt
sowie deren Auswirkungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe
Bei der strategischen Analyse der Umwelt- und Unternehmenssituation geht es um eine möglichst
umfassende Beurteilung des Unternehmens sowie der gegenwärtigen und zukünftigen Möglichkeiten im
Markt unter besonderer Berücksichtigung der zu erwartenden Umweltentwicklungen (vgl. Kreikebaum,
1993, S. 35).
Umwelt und Unternehmen beeinflussen ihr jeweiliges Umfeld und prägen sich gegenseitig (vgl.
Thommen, 1990, S. 95). Diese Beziehungen sind nicht statisch, sondern unterliegen ständigen
Diskontinuitäten aufgrund nicht vorhersehbarer, unerwünschter Verhaltensweisen ganzer Systeme (vgl.
Ulrich, 1990, S. 829). Oft bestehen Interdependenzen zwischen den einzelnen Umweltbedingungen
(z.B. gesetzliche Auflagen haben Auswirkungen auf den technologischen Bereich und auch umgekehrt).
Welche speziellen Umweltbedingungen im Einzelfall als relevant einzustufen und genauer zu analysieren
sind, hängt von einer Vielzahl von Einflußfaktoren (z.B. Branche, Unternehmensgröße) ab (vgl.
Kreikebaum, 1993, S. 35).
Im nachfolgenden Grobszenario60 sind die wichtigsten, prognostizierten Umfeldentwicklungen und veränderungen für die Automobilwirtschaft und speziell für das Kfz-Gewerbe dargestellt, die direkte
oder indirekte Auswirkungen auf die strategische Unternehmensführung, die Organisationsstruktur und
das strategische Personalmanagement sowie auf die zukünftige Geschäftsführung haben. Welche
speziellen Bedingungen im Einzelfall zutreffen, ist von einer Vielzahl von Einflußfaktoren (z.B.
Unternehmensgröße, geographische Lage) abhängig. Diese sich fortlaufend wandelnden Zukunftsbilder
60
Szenarien sind Entwürfe und Vorstellungen über mögliche Entwicklungen, die sich heute bereits in ihren Ansätzen
andeuten. Alternative Entwicklungstendenzen werden aufgezeigt und historische Vernetzungen herausgestellt, so
daß man eine bewußtere Vorstellung von möglichen Entwicklungsperspektiven hat (vgl. Staehle, 1990, S. 597;
Welge, 1992, S. 139).
- 95 -
schaffen veränderte Rahmenbedingungen und Problemstellungen, auf die die Unternehmen frühzeitig,
flexibel und aktiv ausgerichtet werden müssen61.
3.2.1. Wirtschaftliche Einflußfaktoren
3.2.1.1.
Allgemeine ökonomische Entwicklungsperspektiven
Die wirtschaftliche Situation in Deutschland ist seit Mitte 1992 in einer kritischen Phase. Der seit
1985/86 anhaltende wirtschaftliche Aufschwung ist nach Beendigung der Sonderkonjunktur 1990/91,
bedingt durch die Öffnung der innerdeutschen Grenzen, (vorerst) beendet und die Wachstumsdynamik
ist stagnierend bis rückläufig. Der starke Anstieg der Produktionskosten - zurückzuführen auf die
fortlaufende Erhöhung der Lohn- und Lohnnebenkosten62, weitere Arbeitszeitverkürzungen, zunehmend
höhere Steuern und Sozialabgaben, anhaltend hohes Zinsniveau, zunehmende Belastungen durch
Umweltschutzauflagen, Kosten der deutschen Einheit etc. - bleibt wirtschaftlich nicht ohne Folgen. Die
Investitionsbereitschaft der Unternehmen sowie der private Verbrauch ist, wie die Wirtschaftsprognosen
der verschiedenen Forschungsinstitute belegen, rückläufig und deutliche Konjunkturimpulse fehlen. Die
Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist u.a. aufgrund der verschlechterten Ertragsperspektive
skeptisch und führt zu steigenden Produktionsverlagerungen in sog. Billiglohnländer (vgl. Eekhoff, 1995,
S. 179f).
Zwischen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Automobilwirtschaft in Deutschland bestehen
starke Interdependenzen. Dies zeigt sich u.a. in dem engen Zusammenhang zwischen den
Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und den Zulassungen fabrikneuer Fahrzeuge in
Deutschland. Die gegenseitige Beeinflussung spiegelt sich deutlich im weitgehend synchronen Verlauf
von Gesamt- und Automobilkonjunktur wider. Die konjunkturellen Einbrüche der Gesamtwirtschaft in
den Rezessionsjahren 1966/67, 1972/73, 1980/81 und 1992/93 haben sich auch unmittelbar auf den
Konjunkturverlauf im Automobilmarkt ausgewirkt (vgl. Diez, 1994(a), S. 18ff).
61
In der diesbezüglichen Fachliteratur wird zwischen generellen (z.B. ökonomische, technologische, soziodemographische Umwelt) und speziellen (z.B. Mitarbeiter, Kunden, Verhältnis Hersteller zu ihren Absatzmittlern)
Umwelteinflüssen auf das Unternehmen unterschieden. Während die letztgenannte Wettbewerbsumwelt die für
jeden Wirtschaftszweig differenten, unmittelbaren externen Einflußkräfte und Interaktionssysteme wiedergibt,
befaßt sich die globale Umweltbetrachtung mit allgemeinen, mehr indirekt auf die Branche wirkenden
Komponenten. Dabei sind die Grenzen zwischen beiden fließend (vgl. Nieschlag et al., 1991,
S. 613f; Staehle, 1990, S. 582; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 152f). In anderen Publikationen wird die generelle
Umwelt (vgl. Staehle, 1990, S. 582) oftmals als externe (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 35), mittelbare (vgl. Staehle,
1989(a), S. 115f) Unternehmensumwelt oder Makro-Umwelt (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 614) bezeichnet, während
die spezielle Umwelt (vgl. Staehle, 1990, S. 582) auch als interne (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 199), unmittelbare (vgl.
Staehle, 1989(a), S. 115f) oder Mikro-Umwelt (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 613) tituliert wird.
62
Lohnneben- bzw. Personalzusatzkosten bezeichnen den Geldbetrag, den ein Unternehmen für seine Arbeitnehmer
zusätzlich zum Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit aufwenden muß. Sie umfassen u.a.: Arbeitgeberanteil an
Sozialversicherungsbeiträgen (Renten-, Kranken-, Arbeitslosen-, Pflegeversicherung, Beiträge für
Berufsgenossenschaft etc.), Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, Urlaubsgeld, bezahlte Feiertage, vermögenswirksame Leistungen (vgl. Berthel, 1995, S. 383f).
- 96 -
Während im Konjunkturabschwung und in einer Rezession zunehmend auf den Gebrauchtwagenmarkt
zurückgegriffen wird, wird beim Konjunkturaufschwung wieder auf den Neuwagenmarkt
übergewechselt. Der Gebrauchtwagenmarkt weist damit eine insgesamt viel stetigere, teilweise sogar
antizyklische Entwicklung zum Neuwagenmarkt auf, weil die sinkende Nachfrage der eigentlichen
Gebrauchtwagenkäufer durch übergewechselte traditionelle Neuwagenkäufer zumindest kompensiert
wird. Dies ist ein wichtiger Aspekt, der für ein verstärktes Engagement des fabrikatsgebundenen
Automobilhandels auf dem Gebrauchtwagenmarkt spricht, da so die Konjunkturanfälligkeit gemildert
werden kann (vgl. Diez, 1994(c), S. 54).
Ähnliche Tendenzen sind auch im Wartungs- und Werkstattbereich zu verzeichnen. In Abschwung- und
rezessiven Phasen werden Fahrzeuginstandsetzungen entweder gar nicht ausgeführt oder verlagert auf
Bekanntenhilfe, Eigenarbeit, vermeintlich preisgünstigere, freie Werkstätten etc. Eine durch längere
Haltedauer erhöhte Reparaturanfälligkeit kommt den fabrikatsgebundenen Werkstätten nicht zu Gute.
In den kommenden zwei Jahrzehnten werden sich nach der Shell Studie (1997) die bundesweiten
jährlichen Neuwagenzulassungen zwischen 3,2 und 3,6 Mio. (= etwaiger jährlicher Ersatzbedarf)
Einheiten bewegen. Davon werden zwischen 580.000 und 650.000 Neuwagen in den neuen
Bundesländern vermarktet. Im Zusammenhang mit einem Konjunkturaufschwung, Modellneuvorstellungen und sonstigen verkaufsfördernden Impulsen (z.B. Inzahlungnahmeprämien, SonderFinanzierungsangeboten, -Leasingaktionen) sind vereinzelt auch wieder Zulassungsjahre mit knapp 4
Mio. Einheiten zu erwarten. Diese Absatzzahlen werden von mehreren Automobilverbänden (VDA,
VDIK, ZDK) und Marktforschungsinstituten (z.B. Marketing Systems) für das Ende der 90er Jahre
prognostiziert.
Die Zahl der Gebrauchtwagen-Besitzumschreibungen liegt heute um den Faktor 2,0 bis 2,5 höher als
die Zahl der Neuwagenzulassungen. Während 1970 pro Jahr etwa 3,6 Mio. Gebrauchtfahrzeuge
verkauft wurden, waren es 1980 bereits 5 Mio. und 1996 sogar über 7,5 Mio. Für das Jahr 2000
werden mehr als 8 Mio. und für das Jahr 2005 sogar nahezu 9 Mio. Besitzumschreibungen
prognostiziert (vgl. Diez, 1997(b), S. 38).
Die oben angeführten Verflechtungen verdeutlichen, daß die Automobilwirtschaft in vielfacher Hinsicht
eine Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft darstellt. Bei der Zukunft des Automobils handelt es
sich nicht allein um die Zukunft der angeschlossenen Branchen (z.B. Automobilzulieferer, Kfz-Betriebe),
sondern um das künftige Einkommens- und Beschäftigungsniveau der gesamten deutschen Wirtschaft.
Während erfahrene Kfz-Unternehmer schon mehrere Auf- und Abschwungphasen in den
Konjunkturzyklen erlebt haben, besteht für den Unternehmernachfolger, insbesondere wenn er in einer
Phase länger anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwungs die Unternehmensführung übernimmt, die
Gefahr, daß er bei der Investitions-, Marktanteils-, Umsatz-, Personalplanung etc. mögliche rezessive
Phasen nur unzureichend berücksichtigt. Wenn in einer Aufschwungphase Investitionen in Immobilien,
Anlagen, Maschinen und Mitarbeiter erfolgen, die in rezessiven Zeiten nicht finanziert werden können,
führt dies zu Liquiditätsengpässen und schlimmstenfalls zum Konkurs des Unternehmens.
- 97 -
3.2.1.2.
Entwicklung der Vermögensstruktur
Trotz des weiterhin sinkenden Realeinkommens der Arbeitnehmer weisen vor allem die westdeutschen
Haushalte eine bisher nicht dagewesene Kaufkraftstärke auf. Das monatlich verfügbare (ausgabefähige)
Nettoeinkommen der "Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalte mit mittlerem Einkommen"63 belief sich
im Jahre 1995 auf knapp über 5.350,- DM. Das Geldvermögen der privaten Haushalte (z.B.
Bankguthaben, Bausparverträge, Wertpapiere) war im gleichen Betrachtungszeitraum mit etwa
135.000,- DM zu veranschlagen und das wirtschaftliche Wachstum wird sich laut Prognosen der
führenden Marktforschungsinstitute fortsetzen. Bis zum Jahr 2000 wird das verfügbare NettoEinkommen der Arbeitnehmerhaushalte real, also preisbereinigt, auf mehr als 6.100,- DM im Monat
ansteigen; das Geldvermögen wird dann im Durchschnitt pro Privathaushalt bei rund 150.000,- DM
liegen (vgl. Berg, 1993, S. 9f; Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997).
Noch rascher stiegen in den vergangenen zehn Jahren die ungemessenen Einkommen, wie die relative
Einkommenserhöhung durch die Nutzung eigener Immobilien sowie das zunehmende Einkommen aus
Geldvermögen (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 18).
Die Zinserträge und Dividenden der privaten Haushalte aus Geldvermögen betrugen 1995 in
Westdeutschland durchschnittlich 6.650,- DM. Von jeweils 100,- DM verfügbarem Einkommen spart
der Deutsche durchschnittlich 12,70 DM (Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997).
Ein Vier-Personen-Haushalt mit durchschnittlichem Einkommen gab in 1996 pro Monat in Westdeutschland über 800,- DM (1991: 510,- DM) und in Ostdeutschland ca. 650,- DM (1991: 320,DM) für das Vergnügen nach der Arbeit aus (z.B. für Urlaub, Auto, Freizeit- und Vereinsaktivitäten,
Sport, Hobbys) und dieser Wert wird weiterhin zunehmen. Zwei Jahre zuvor waren es noch etwa 40,DM weniger (Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997).
Um diesen frei verfügbaren Teil des (Haushalts-)Einkommens64 konkurrieren eine große Anzahl von
Anbietern unterschiedlicher Wirtschaftsbereiche bzw. Sortimente wie Boutiquen, Tourismusbranche,
Juweliere, Antiquitätenhändler, Delikatessengeschäfte, Autohäuser usw. Die Kfz-Betriebe müssen durch
attraktive Angebote - Werterhaltung des Automobils bzw. Wertsteigerung durch höherwertige
Ausstattung (Autotelefon, Airbags, CD-Player, Speziallackierungen etc.) - Nachfragemotive bei den
verschiedenen Zielgruppen entwickeln (vgl. Berg, 1990(b), S. 92f).
63
Das monatliche Nettoeinkommen der 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalte setzt sich aus dem Brutto-Einkommen
aller Haushaltsmitglieder, abzüglich Steuern und Sozialabgaben und zuzüglich Transferleistungen und staatlicher
Zuschüsse (z.B. Vermögenserträge, Kindergeld, Wohngeld, BAföG) zusammen.
64
Mit dem frei verfügbaren (disponiblen) Einkommen ist der Teil des Einkommens gemeint, "der den Haushalten
verbleibt, wenn alle kontinuierlich anfallenden "festen" Ausgaben (Miete, Telefon, Krankenversicherung, Haushaltsgeld usw.) geleistet worden sind" (Berg, 1990(b), S. 92).
- 98 -
3.2.1.3.
Zunehmende Dynamik des technologischen Fortschritts
Der zunehmende technologische Fortschritt (z.B. steigender Einsatz der Mikroelektronik, vernetzte
Informations-, Kommunikations- und EDV-Technologie) hat in allen Wirtschaftsbereichen zu
tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitsabläufe und -anforderungen geführt. Um zukünftig einen
zeitgemäßen und bezahlbaren Service des “Elektronik-Automobils“ sicherzustellen, bedarf es einer
umfassenden EDV-technisch vernetzten Datenkommunikation zwischen den einzelnen
Unternehmensbereichen im Autohaus. Die technische Komplexität des Automobils ist so weit
vorangeschritten, daß eine genaue Fehlerdiagnose ohne computergestützte, elektronische Meß- und
Testgeräte bei den meisten High-Tech-Fahrzeugen kaum noch möglich ist.
Betrug der reine Elektronikanteil eines Pkws Ende der 60er Jahre durchschnittlich weniger als ein
Prozent der Herstellungskosten, entfielen bereits 1990 etwa 15 % sowie 1995 ca. 25 % der
Wertschöpfung darauf und die Tendenz ist weiter steigend. Insbesondere hochpreisige Fahrzeuge
verfügen inzwischen über eine umfangreiche Bordelektronik mit einer Vielzahl an Elektromotoren,
Sensoren und (Mikro-)Computerchips (z.B. elektronische Bauteile, Fehlerspeicher, Steuergeräte) zur
Steuerung
- der Einspritzung, Zündung, Aufladung,
- des Getriebes, der Bremse und Lenkung sowie
- der vernetzten Systeme (Antiblockiersystem, elektronische Differentialsperre, Antischlupfregelung,
Airbags, Bordcomputer, Vierradantrieb, -lenkung, Sitzbelegungserkennung usw.)
mit der Zielsetzung, das Fahren sicherer, komfortabler, umweltverträglicher und ökonomischer zu
gestalten (vgl. Verband Deutscher Elektrotechniker, 1995, S. 11; Meyer, 1992(a), S. 41).
Bereits im Jahre 2000 werden etwa 35-40 Prozent des Neufahrzeugpreises auf Elektronikbauteile
entfallen. Diese sog. dritte Generation der Kfz-Elektronik wird durch weitere elektronisch vernetzte
Bauelemente im Fahrzeug (z.B. Abstands- und Fahrdynamikregler, Kollisionsvermeidungs-, SatellitenNavigationssystem, Road Pricing, Fehlerspeicher mit Wartungs- und Reparaturhinweisen für den
Monteur) geprägt sein, die das menschliche Urteilsvermögen ergänzen und unterstützen (vgl. Verband
Deutscher Elektrotechniker, 1995, S. 13).
Die kommenden elektronischen Werkstattaggregate (z.B. Bremsenprüfstand, Emissionstester,
Fahrwerksvermessung) umfassen keine großen Einzelgeräte (sog. Stand-alone-Lösungen) mehr,
sondern es handelt sich dabei um computergestützte, untereinander vernetzte, dezentrale "intelligente"
Diagnose- und Prüfgeräte. Sie sind sowohl mit dem Fahrzeug selbst kommunikationsfähig wie auch mit
dem Monteur und über die EDV-gestützte Großrechenanlage können sie außerdem noch mit dem
Zentralcomputer des Herstellers/Importeurs verbunden werden. Die "mechanischen" Reparaturen
beschränken sich vorrangig auf Wartung, Verschleißteileaustausch und Blech- bzw. Karosseriearbeiten
und gehen immer mehr zurück. Demgegenüber nimmt der Anteil an Meß- und Diagnosearbeiten der
Motorfunktion, Bordelektrik, Bremssysteme, des Fahrwerks etc. sowie das Tauschen elektronischer
Komponenten erheblich zu (vgl. Bosch GmbH, 1995, S. 14; Sparrer, 1993, S. T3).
- 99 -
Durch den steigenden Umfang an Service-Informationen und -Literatur für die Fachkräfte werden
zunehmend die heute üblichen Handbücher, Kataloge, Broschüren, Leitfäden und/oder Micro-Fiches
ersetzt durch elektronische Teilekataloge (Elektronic Parts Catalog) im Ersatzteillager und elektronische
Reparaturleitfäden im Werkstatt- und Kundendienstbereich (vgl. Meyer, 1992(a), S. 41; Sparrer,
1993, S. T3). In der Werkstatt wie auch im Lager können zukünftig direkt Informationen über
Einbauanweisungen und Teilelisten abgerufen sowie Bestellungen aufgegeben werden.
Softwareänderungen und Reparaturanleitungen sowie Änderungen an Fahrzeugkomponenten werden
zukünftig umgehend und direkt (on line) vom Automobilhersteller/-importeur in das Werkstattinfonetz
eingegeben. Ferner werden die technischen Werksberater bei komplexen Reparaturproblemen direkt
per on line-Verbindung helfen können (vgl. Bosch GmbH, 1995, S. 9).
Auch in der Verwaltung besteht die Möglichkeit des direkten Zugriffs auf alle Vorgänge. Das vereinfacht
nicht nur die automatische Rechnungserstellung, sondern auch betriebswirtschaftliche Berechnungen wie
Auslastung der technischen Einrichtungen, Arbeitszeiten, -produktivität etc. Die Vernetzung einzelner
Werkstattbereiche mit der Verwaltung und vor allem den Herstellern/
Importeuren schafft eine zunehmende Gesamtintegration (vgl. Sparrer, 1993, S. T3).
Für die Kfz-Betriebe bedeutet dieser zunehmende Einsatz hochkomplexer Diagnosegeräte erhebliche
Investitionen. Bei teuren Spezialgeräten erscheint eine gemeinsame Anschaffung mit Partnerhändlern
überlegenswert, um diese Geräte besser auszulasten und die Anschaffungskosten aufzuteilen. Eine
Alternative wäre auch die Konzentration auf bestimmte Arbeiten bei größeren Autohäusern (z.B.
Karosserie-, Klimaanlagen-, ABS-Instandsetzung und Fahrzeugvermessung), wie es schon jetzt z.T.
von Fabrikatshändlern erfolgreich praktiziert wird.
Zum effektiven Einsatz der modernen, computergesteuerten Werkstattaggregate benötigen die
Mitarbeiter im Kundendienst-, Werkstatt-, Teile- und Zubehörbereich regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen. Dabei können die Qualifikationen nicht mehr durch ad hoc-Schulungen vermittelt werden,
da die technische Komplexität der Automobile und damit auch der Meß- und Testgeräte weiter
zunimmt. Eine detaillierte und frühzeitige Abstimmung zwischen Investitions- und
Personalentwicklungsplanung ist daher unerläßlich. Auf die daraus resultierenden zukünftigen
Qualifikationsanforderungen für die Beschäftigten wird im folgenden Abschnitt noch ausführlicher
eingegangen.
3.2.1.4.
Veränderte Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter aufgrund des
technischen Fortschritts und der steigenden Kundenbedürfnisse
Neue Technologien, Funktionen, Systeme und der steigende Einsatz von vernetzten EDV-Anlagen
haben zu erheblich veränderten Berufsinhalten der Kfz-Mechaniker und -Elektriker, des Kundendienstpersonals, der Verkäufer und in der Verwaltung geführt (vgl. Meyer, 1992(a), S. 41).
- 100 -
Oftmals wird jedoch die Qualifikation der Mitarbeiter nicht im entsprechendem Maße gewürdigt. Die
technische Weiterbildung allein genügt nicht. Entscheidende Bedeutung erhält der kommunikative
Umgang mit den Kunden, denn die Dienstleistungsgesellschaft der 90er Jahre im Kfz-Gewerbe ist
geprägt durch die Werte Beraten, Betreuen und Verkaufen. Deshalb wird der künftige Wettbewerb
primär durch die Qualität der Belegschaft entschieden.
Nicht nur die im direkten täglichen Kundenkontakt befindlichen Abteilungen bzw. Mitarbeiter (z.B.
Verkäufer, Kundendienstpersonal), sondern alle Bereiche (Werkstatt und Teilelager, Rechnungswesen
etc.) sollten ihre Arbeit unter der Prämisse verrichten, daß das Erkennen und die Befriedigung der
individuellen Kundenbedürfnisse eines der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Erfolgsfaktor für
die Unternehmenszukunft bedeutet. Die Auswirkungen der Tätigkeiten auf den Kunden sollten stets
berücksichtigt werden (vgl. Görg, 1989, S. 175).
Kundenzufriedenheit und damit der Aufbau einer langfristig angelegten Kundenpartnerschaft/
-beziehung ist zum entscheidenden Erfolgsfaktor der Branche geworden. Voraussetzung dafür sind
persönliche Kommunikation auf qualitativ hohem Niveau (vgl. Dudenhöffer, 1996, S. 35).
Die Fach- und Führungskräfte im direkten Kundenkontakt benötigen neben detaillierten fachlichen
Kenntnissen insbesondere persönliche und soziale Kompetenz, um auf die einzelnen Belange, Probleme,
Wünsche etc. der Kollegen, Mitarbeiter und Kunden entsprechend eingehen zu können. Zur
Verbesserung dieser Fähigkeiten brauchen sie individuell abgestimmte Fortbildungsmaßnahmen mit
Themen wie Kommunikationsverhalten, Mitarbeiterführung, abteilungsübergreifendem Denken und
Handeln, Kundenumgang, gezieltem Verkaufstraining etc., um die immer individuelleren Kunden- und
Personalbedürfnisse erkennen und befriedigen zu können (vgl. Loo/ Radl, 1992(b), S. 72). Den meisten
Mitarbeitern im direkten Kundenkontakt fehlen häufig die dazu nötigen fachlichen, persönlichen und
Entscheidungs-Kompetenzen zur unmittelbaren, eigenverantwortlichen und individuellen Dienstleistung in
komplexen Kundensituationen (vgl. Fuchs, 1989, S. 142f).
Entsprechend den veränderten Qualifikationsanforderungen muß für die einzelnen Mitarbeiter in den
verschiedenen Unternehmensbereichen jährlich ein persönlicher Weiterbildungsplan erstellt werden.
Bedingt durch die demographische Entwicklung, die gestiegenen intellektuellen Arbeitsanforderungen
und des schlechten Berufsimages (körperlich belastende, “schmutzige“ Arbeit) wird es zunehmend
schwieriger, für das Kfz-Gewerbe qualifizierte und motivierte Auszubildende bzw. Mitarbeiter für die
Werkstatt zu finden und zu halten (vgl. Dohrmann, 1990, S. 51; Siewert, 1989, o.S.). Deshalb können
trotz vorhandener Arbeitslosenquote die benötigten, qualifizierten Fachkräfte nicht problemlos vom
externen Arbeitsmarkt durch Neueinstellungen beschafft werden (vgl. Ackermann, 1989(b), S. 137;
Ackermann/Rothenberger, 1987, S. 13).
Ein möglicher Lösungsansatz für das Finden und langfristige Binden qualifizierter Fachkräfte liegt in der
Entwicklung einer motivierenden Unternehmenskultur und der Formulierung von motivierenden
Unternehmenszielen, die nicht nur quantitativ umsatz- bzw. gewinnorientiert sind, sondern die auch
- 101 -
qualitativ ergebnis- und erlebnisorientiert sind. Anhand solcher Identifikationsaspekte im Unternehmen
kann ein echtes "Wir-Gefühl" aufgebaut werden. Nur zufriedene und aufgeschlossene Mitarbeiter
können dem Kunden und der Öffentlichkeit glaubhaft vermitteln, wie kunden-, problemorientiert,
zuverlässig, freundlich etc. der Betrieb ist. Damit schließt sich der Kreis vom internen zum externen
Marketing (vgl. Loo/Radl, 1992(b), S. 75).
Aufgrund der oben geschilderten Bedeutung des vorhandenen Personals ist deren Qualifikation und
Leistungsmotivation eine der wichtigsten zukünftigen unternehmerischen Aufgaben zur Sicherung des
Unternehmenserfolges.
3.2.1.5.
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch intensivere Zusammenarbeit
zwischen den Kfz-Herstellern/-Importeuren und ihren Vertragshändlern
Da jahrelang bei einigen Kfz-Herstellern/-Importeuren zur Erreichung eines flächendeckenden
Händlernetzes Verträge nach dem sog. “Gießkannenprinzip“ vergeben wurden, kommt es in vielen
Ballungszentren zu ruinösen Preiswettbewerben zwischen den einzelnen, speziell markengleichen
Autohäusern. In letzter Zeit beginnen einige Fabrikate wie BMW/Rover, VW/Audi, Ford, Opel, und
Fiat zur Senkung der erheblichen Vertriebskosten - sie betragen etwa 30 % des Neufahrzeugpreises das Händlernetz zu reduzieren, also "Lean Distribution" zu betreiben. "Schlankere bzw. abgemagerte"
Vertriebsnetze - im Zuge von "Lean Management" auf der Herstellerseite - forcieren primär die Bildung
größerer Händlerbetriebe (vgl. Simon, 1992(a), S. 44ff).
In Ostdeutschland wurden nach Öffnung der innerdeutschen Grenze Anfang der 90er Jahre die gleichen
Fehler von den meisten Kfz-Herstellern/-Importeuren wiederholt und zu viele Händler- bzw.
Unterhändlerverträge vergeben, obwohl dort die einmalige Chance bestand, ein völlig neues
Vertriebsnetz nach strategischen Kriterien aufzubauen (vgl. Simon, 1992(a), S. 48).
Einige Automobilproduzenten forcieren die Verkleinerung und qualitative Aufwertung ihres
Vertriebsnetzes, indem sie im Zusammenhang mit der neuen GVO und der damit verbundenen
Anpassung der Händlerverträge wesentlich höhere Leistungsstandards an die personelle, technische und
bauliche Ausstattung der angeschlossenen Kfz-Betriebe setzen. Die damit für viele Autohäuser
einhergehenden Investitions- und Umbauaufforderungen können speziell von - meist kleineren Finanzschwächeren nicht mehr erfüllt werden, die dann ausscheiden müssen.
Nach Schätzungen des ZDKs werden bis zum Auslauf der GVO im Jahr 2002 etwa 6.000
fabrikatsgebundene Kfz-Betriebe aufgrund von Nachfolge- oder Liquiditätsproblemen aus dem Markt
ausscheiden. Allerdings wird sich an der Zahl der für den Kunden sichtbaren Servicepunkte nur wenig
ändern. Die Auslese wird vorrangig auf der Eigentümerseite vollzogen, d.h. weniger Unternehmer
werden mehrere Autohäuser besitzen (vgl. Creutzig, 1995, S. 37).
- 102 -
Bei dem weiterhin zu erwartenden Überangebot an Neu- und Gebrauchtwagen sowie aktiver
Verkaufsförderung seitens der Kfz-Hersteller/-Importeure (z.B. Inzahlungnahme-/Verschrottungsprämie, Sondermodelle, günstige Leasingangebote) wird es auch in den kommenden Jahren zu
erheblichen Preiszugeständnissen kommen. Auf Dauer wird es voraussichtlich den kleineren,
kapitalschwächeren Unternehmen kaum alleine (z.B. ohne Kooperationspartner) gelingen, den
zunehmend EU-weit geführten Wettbewerb zu überstehen (vgl. Simon, 1992(a), S. 48).
Es ist fraglich, ob die heutige Vertriebsform, vorrangig über Vertragshändler, langfristig bestehen bleibt
oder ob zukünftig andere Absatzwege wie beispielsweise Vertriebsgesellschaften, Agentursysteme oder
sogar Franchising-Ketten eingerichtet werden.
Die Kfz-Hersteller/-Importeure müssen erkennen, daß die Kfz-Vertragshändler rechtlich und wirtschaftlich selbständige, unabhängige Unternehmen sind und für beide Seiten eine effektive
Zusammenarbeit und Nutzung von Synergieeffekten nur bei optimaler Kombination von Leistung und
Gegenleistung gelingen kann (vgl. Creutzig, 1991, S. 24ff).
Es darf nicht weiterhin möglich sein, daß die Hersteller/Importeure den Kfz-Betrieben zusätzliche
Dienstleistungs- und Serviceangebote zur erhöhten Kundenzufriedenheit aufoktroyieren (z.B. 24
Stunden-Notdienst, Mobilitätsgarantie, kostenlose Ersatzwagen bei Garantiearbeiten, Bring- und
Holservice bei Fahrzeugreparaturen), ohne sich an den erheblichen Kosten zu beteiligen.
Die von der Forschungsstelle für Automobilwirtschaft der Universität Bamberg seit 1995 jährlich
durchgeführte fabrikatsübergreifende Untersuchung der Zufriedenheit im deutschen Automobilhandel kurz: Händlerzufriedenheitsstudie65 (Dealer Satisfaction Index) - belegt, daß das Verhältnis zwischen
vielen Kfz-Händlern und ihrem Hersteller/Importeur gespannt ist. Die Studie zeigt auf, daß Händler, die
von ihrem Hersteller besonders unterstützt werden i.d.R. mit überdurchschnittlicher Motivation am
Markt agieren und sich vorbehaltlos und besonders kundenorientiert für die Produkte des
Herstellers/Importeurs einsetzten. Es ist unbestritten, daß durch eine höhere Händlerzufriedenheit die
Kunden positiv beeinflußt werden können (vgl. Meunzel, 1995, S. 16).
Nur bei vertrauensvoller, loyaler Zusammenarbeit sind die angeschlossenen Vertragshändler auch bereit,
ihrem Kfz-Hersteller/-Importeur in rezessiven Zeiten zu helfen. Dies könnte beispielsweise durch
zusätzliche Abnahme von Neufahrzeugen über das vertraglich festgelegte Bevorratungskontingent an
Ausstellungs- und Vorführwagen hinaus bei zu geringer Produktionsauslastung, Lagerüberhang etc.
geschehen.
65
Händlerzufriedenheit repräsentiert die Einstellung des Händlers zu seinem Hersteller/Importeur bzgl. verschiedener
Aspekte der Hersteller-Händler-Beziehung.
- 103 -
Meinig/Heß sehen in den bisherigen Vertriebsverträgen einen Machtüberhang der Hersteller, da die
meisten Händlerverträge nur die Pflichten des Vertragshändlers und die Rechte der Kfz-Hersteller/Importeure beinhalten (vgl. Meinig/Heß, 1992, S. 375).
Abschließend kann man festhalten, daß die angeschlossenen Händlerbetriebe frühzeitige und
umfassende Informationen über die Strategien ihres Herstellers/Importeurs benötigen, wie
beispielsweise über künftige Corporate Identity-Programme, EDV-Politik, Gebrauchtwagenstrategien,
Teile-, Zubehör- und Kundendienstperspektiven (vgl. Diez, 1994(d), S. 136; Brachat, 1992(a), S. 41),
Vertriebsnetzgestaltung, Margenregelung, Leistungsanforderungen etc., um ihre langfristige
Unternehmens-, Investitions-, Personalplanung usw. darauf abstimmen zu können. Grundvoraussetzung
für diese Effizienzsteigerungen sind Offenheit, Loyalität und die Fähigkeit zu Kritik und Selbstkritik
zwischen den beiden vertikalen Vertragsparteien.
3.2.2. Politische Einflußfaktoren
3.2.2.1.
Auswirkungen des zunehmenden Ökologiebewußtseins der Bevölkerung
Die soziale Verträglichkeit von Produkten bekommt in unserer heutigen Gesellschaft steigende
Bedeutung. Unternehmen sehen sich zunehmend gefordert, ihre Produkte und deren Auswirkungen auf
die Umwelt zu legitimieren sowie den veränderten Ansprüchen ihrer Mitarbeiter an die Arbeitswelt zu
entsprechen (vgl. Krenzer, 1990, S. 15).
Noch zu Beginn der 80er Jahre bestand in vielen Gesellschaftsteilen die Ansicht, daß die "grüne Welle"
nur eine kurzfristige Zeiterscheinung sein würde und früher oder später von anderen Modethemen
abgelöst würde. Meinungsumfragen haben ergeben, daß Umweltprobleme seit Jahren in allen
Bevölkerungsschichten eine hohe Priorität einnehmen, unabhängig von der Entwicklung der
Arbeitslosigkeit und anderen sozio-ökonomischen Problemen (vgl. Held, 1991, S. 541).
Bedingt durch den gesellschaftlichen Wertewandel und die damit einhergehenden verstärkten
Diskussionen über Umwelt und Sicherheit lauten seit Anfang der 90er Jahre die vier wichtigsten
Anforderungen an den Straßenverkehr und vor allem an das Automobil der Zukunft:
a) Optimierter Verkehrsablauf durch "intelligente" Fahrzeugtechniken, Verkehrsleitsysteme, Stauwarnanlagen und Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs (mit Bussen, Bahnen etc.);
b) Alternative Antriebssysteme zur Reduzierung der Fahrzeugemissionen (z.B. Abgase, Lärm, Staub)
und zur Schonung von Rohstoffen und Ressourcen;
c) Vollkommene Wiederverwertbarkeit (Recycelbarkeit) von Altfahrzeugen;
d) Verbesserte Sicherheit für Fahrzeuginsassen und Fußgänger.
Trotz zunehmender Autofeindlichkeit in der Bevölkerung (“Umweltverschmutzer Nr. 1“, “Dreckschleuder“), steigender Verkehrsdichte, fortlaufend höheren direkten Kfz-Steuern, knapperen und
immer teurer werdenden Parkraums, zunehmender Fahrraumbegrenzung bis zu Fahrverboten für
- 104 -
Innenstädte und Wohngebiete etc. wird es nach dem derzeitigen Stand der Forschung und Entwicklung
auch in absehbarer Zeit keine adäquate Alternative zum konventionell angetriebenen Automobil mit
Verbrennungsmotor geben. Nur das eigene Automobil erlaubt die gewünschte unbegrenzte Mobilität für
unsere freizeitorientierte Gesellschaft. Praktisch steht die Automobilindustrie im Spannungsfeld zwischen
Ökonomie und Ökologie. Zukünftig muß ein tragbarer Kompromiß zwischen Mobilität, Sicherheit und
Umweltbelastung gefunden werden (vgl. Seifert, 1992, S. 88). Jedoch ist evident, daß die Entscheidung
der Kunden, einen bestimmten Autotyp zu erwerben, zunehmend in Relation zur Umweltverträglichkeit
(z.B. Höhe des Treibstoffverbrauches, recycelbare Materialien) getroffen wird. Das Kaufverhalten wird
staatlich forciert durch die Mitte 1997 eingeführte emissionsabhängige Kfz-Steuer, die den Einsatz
abgas- und verbrauchsarmer, moderner Kfz mit geregeltem Katalysator nach Euro-Norm gezielt
begünstigt.
Denkbar ist auch, daß in Zukunft - speziell im Nahverkehrsbereich - anstelle des Automobils auf
attraktivere und staatlich noch stärker subventionierte öffentliche Verkehrsmittel gewechselt werden
kann oder neue Konzepte wie Car Sharing66, Mobilitätsleasing67 etc. zur Entlastung des
Straßenverkehrs und damit der Umwelt stärker zum Tragen kommen.
Ob der Fahrzeugabsatz und damit einhergehend das After-sales-Geschäft im Kundendienst-/
Werkstattbereich bundesweit in den kommenden Jahren zurückgeht, stagniert oder sogar ansteigt, hängt
neben der ökonomischen Entwicklung in Deutschland insbesondere von den zukünftigen staatlichen
Eingriffen durch Verkehrs- und Umweltgesetze (z.B. Verkehrswegeplan der Bundesregierung bis zum
Jahr 2010, Höhe der Mineralöl- und Kfz-Steuer) ab (vgl. o.V., 1992(b), S. 1).
Die Herausforderung, sich auch als Autohaus dem gestiegenen Umweltbewußtsein der Kunden zu
stellen und Lösungen anzubieten, wird in Zukunft das Image68 der Branche und des einzelnen KfzBetriebes entscheidend beeinflussen. Dazu gehört vorrangig der Umgang mit der Vielzahl von Abfällen,
Abwässern, Gefahrstoffen etc., die vor allem in der Werkstatt auftreten.
66
Beim Car Sharing, also der gemeinschaftlichen Nutzung eines Fahrzeug-Pools durch mehrere Personen, teilen sich
mehrere Mitglieder einer entsprechenden Organisation eine Anzahl von Fahrzeugen, die je nach Bedarf genutzt
werden können. Die Kosten für die Anschaffung sowie bestimmte (fixe) Betriebskosten (z.B. Kfz-Steuer, Versicherung, Garagenmiete) können dadurch für den Einzelnen erheblich reduziert werden. Nach ersten
Erfahrungen ist das Autoteilen insbesondere für Autofahrer interessant, die ihr Automobil nicht regelmäßig
benötigen und jährlich maximal 7.000 km zurücklegen (vgl. Diez, 1994(g), S. 269f; Woyke, 1991, S. T3). Mittlerweile
planen auch die meisten namhaften Autovermietgesellschaften (z.B. Europcar, Hertz, Sixt) sowie der ADAC, das
Car Sharing in ihr Angebotsprogramm aufzunehmen.
67
Beim Mobilitätsleasing kann der Autofahrer mit Hilfe einer Chip-Karte (unterschiedliche Kategorien wie Standard,
Silber, Gold sind denkbar) entweder eine komfortable Reiselimousine, einen Stadtwagen mit Elektroantrieb mieten
oder die U-Bahnkarte bezahlen. Somit würden die Mobilitätskosten verursachungsgerecht verteilt, und man kann
das jeweils verwendungsoptimale Verkehrsmittel benutzen. Ferner gäbe es praktisch kein Parkplatzproblem, da die
Fahrzeuge speziell in Großstädten zentral wieder abgegeben werden könnten (vgl. Feth, 1991, S. T3).
68
Ein Image gibt die subjektiven Ansichten und Vorstellungen in den Köpfen von Personen über Produkte,
Gegenstände oder Leistungen wieder. Es wird gebildet aus einzelnen Einstellungen gegenüber bestimmten
Produkten, Meinungsgegenständen usw. (vgl. Kroeber-Riel, 1984, S. 190).
- 105 -
Aufgrund der Komplexität der verschiedenen Rechtsvorschriften zur umweltgerechten Sammlung und
Entsorgung von Abfällen und Reststoffen, die im Kfz-Gewerbe Anwendung finden, benötigen die KfzBetriebe die Beratung und Unterstützung der Innungen, Verbände, der Technischen
Überwachungsvereine (TÜV) oder anderer diesbezüglich tätiger Institutionen (z.B. Aral/Lueg
Umweltschutz GmbH). Allein auf sich gestellt sind die Kfz-Unternehmer mit dieser Vielzahl an
Verordnungen meist überfordert (vgl. o.V., 1991(d), S. 1612); zudem werden die Vorschriften ständig
novelliert und geändert.
Die systematische Überprüfung aller Einkaufspositionen im Kfz-Betrieb und ihr Ersatz durch
umweltfreundlichere Verfahren und Produkte ist eine der essentiellen Forderungen für die kommenden
Jahre. In vorbeugenden Schadstoffmessungen und sicheren Entsorgungen sowie in der Verpflichtung,
Umweltschutz als Herausforderung aufzufassen, und in allen Unternehmensbereichen ökologische
Aspekte zu berücksichtigen, besteht zukünftig ein besonderer Profilierungsbereich. Der Schutz des
natürlichen Lebensraums, der Schutz von Boden, Wasser und Luft ist inzwischen allen Menschen ein
besonderes Anliegen. Ein entscheidender Aspekt ist dabei die Sensibilisierung und Schulung der
Mitarbeiter für betriebliche Umweltprobleme. Von der Führungsebene bis zum Praktikanten ist ein
durchgängiges Verständnis für die Bedeutung des konsequenten Umweltschutzes für Unternehmen und
Gesellschaft erforderlich (vgl. Gege, 1991, S. B8).
Dem Kfz-Unternehmer und seinen Mitarbeitern obliegt es, den Kunden aufzuzeigen, was in dem Betrieb
in den einzelnen Abteilungen - nicht nur im Werkstattbereich - für den Umweltschutz geleistet und wie
umweltorientiert gearbeitet wird. Zur Darstellung gegenüber den Kunden, Lieferanten, Behörden etc.
empfehlen sich das Qualitätssicherungssystem nach DIN ISO 9000 ff und die Öko-Auditierung zu
absolvieren; nähere Erläuterungen zu diesen Zertifizierungen siehe Kapitel 3.4.1.4.2.
Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der betriebliche Umweltschutz in den kommenden Jahren
aufgrund des gestiegenen Ökologiebewußtseins der Bevölkerung ein besonderer Profilierungsaspekt der
Kfz-Betriebe sein wird. Umweltorientierung wird demnach als eine weitere wichtige
Managementfunktion mit wachsender Bedeutung für den Unternehmenserfolg angesehen (vgl.
Bennigsen-Foerder, 1988, S. 41; Held, 1991, S. 540f; Kreikebaum, 1993, S. 40).
3.2.2.2.
Konsequenzen des EG-Binnenmarktes und speziell der Europäischen Währungsunion
Von den über 280 Gesetzesvorhaben des sog. Weißbuches69 haben die Mitgliedsländer bis Anfang
1995 etwa 90 % der gemeinsam beschlossenen “europäischen Gesetze“ in nationales Recht umgesetzt.
Während im Bereich Kraftfahrzeuge und Verkehr die entsprechenden Regelungen EU-weit in Kraft
69
Durch die Richtlinien im Weißbuch identifiziert die EG-Kommission die Bereiche, die für die Erstellung eines
gemeinsamen Europäischen Binnenmarktes von ausschlaggebender Bedeutung sind (vgl. Kayser, 1992, S. 244).
- 106 -
gesetzt worden sind (vgl. Mitteilung der Europäischen Kommission, 1995, S. 12), bestehen immer noch
einige Hemmnisse bei der Harmonisierung des EG-Binnenmarktes, wie die gemeinsame Währungs- und
Wirtschaftsunion (voraussichtlich ab Januar 1999), einheitliche Besteuerung (z.B. Mehrwert-,
Einkommens-, Verbrauchssteuer), äquivalente Arbeitgeber-/Arbeitnehmer-Beziehungen, die
unterschiedlichen Regelungen bei der Mitbestimmung der Mitarbeiter bzw. des Betriebsrates,
abweichende Umweltvorschriften, Abbau bestehender Marktzugangsbeschränkungen u.a.m. (vgl.
Drumm/Böcker, 1990, S. 1; Stabenow, 1992, S. 15).
Eine Sonderregelung der Besteuerung gilt für Kraftfahrzeuge, Teile und Zubehör. Danach unterliegt beim
grenzüberschreitenden Handel mit Neuwagen, sowohl für gewerbliche Abnehmer als auch für
Privatpersonen, die Umsatzsteuer dem Bestimmungsland-Prinzip. Sie gilt auch für Gebrauchtwagen70,
wenn der Käufer ein Unternehmer ist. Beim privaten Gebrauchtwagen- sowie Teile- und Zubehörkauf
kommt hingegen das Ursprungsland-Prinzip - entsprechend dem dort gültigen nationalen
Umsatzsteuersatz - zum Tragen (vgl. Fuchs, 1992, S. 10; Simon, 1993, S. 13).
Die bestehenden Preisdifferenzen nutzen Grauimporteure71 und fabrikatsungebundene EU-Autovermittler72 (legalerweise) aus zu Re-Importen (vgl. Creutzig, 1993, S. 19). Allein im Jahre 1993
wurden ca. 200.000 sowie 1995 etwa 300.000 Neuwageneinheiten in Deutschland wieder eingeführt
und für 1997 werden ähnliche Stückzahlen prognostiziert (Zahlenangaben laut ZDK, 1997).
Wiederum sind alle autorisierten Kfz-Betriebe (Vertragshändler, Niederlassungen etc.) nach Art. 5 Abs.
1 Nr. 1 der neuen GVO verpflichtet, auch bei grauimportierten Neufahrzeugen aus einem EUMitgliedsland jegliche Garantie-, Kundendienstleistungen und Rückrufaktionen durchzuführen (vgl.
Mitteilung der Europäischen Kommission, 1995, S. 15).
Die Mitte 1995 in Kraft getretene modifizierte GVO empfiehlt den einzelnen fabrikatsgebundenen KfzHändlern nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 7 durch Neuwagen-Quereinkäufe (sog. Eigenimporte) bei
Markenkollegen im EU-Ausland (z.B. Dänemark, Italien, Spanien), ebenfalls die unterschiedlichen
Werksabgabepreise der Automobilhersteller zu nutzen. Auch der Händlervertrag berechtigt sie dazu, bei
Partnerbetrieben innerhalb der EG einzukaufen, wo es für sie am preisgünstigsten ist.
70
Die EU-Kommission hat als Bewertungsgrundlage für Gebrauchtwagen folgende Kriterien festgelegt: Das Kfz muß
wenigstens sechs Monate zugelassen (gewesen) sein oder einen Mindestkilometerstand von 6.000 km aufweisen.
Andernfalls gilt das Fahrzeug als Neuwagen und wird dann entsprechend dem Bestimmungslandprinzip besteuert.
71
Bei (illegalen) Grauimporteuren handelt es sich um markenungebundene Händler, die gewerbsmäßig im eigenen
Namen und auf eigene Rechnung fabrikneue Kraftfahrzeuge von fabrikatsgebundenen Händlern im EU-Ausland
erwerben und sie an Endverbraucher in einem anderen Land weiterverkaufen (vgl. ZDK, 1994, S. 87).
72
Die freien EU-Autovermittler bzw. -makler wurden durch die EG-Kommission aufgrund der "Klarstellungen über die
Tätigkeit von Kraftfahrzeugvermittlern" legitimiert. Diese markenungebundenen Händler kaufen im Einzelfall oder
gewerbsmäßig im Namen und auf Rechnung eines Endverbrauchers fabrikneue Fahrzeuge im EG-Ausland von
einem fabrikatsgebundenen Händler (vgl. ZDK, 1994, S. 87).
- 107 -
Dieses für viele herstellertreue Autohäuser ruinöse Re-Importgeschäft könnte weitgehend von den
Fahrzeugherstellern/-importeuren eingedämmt werden, wenn die Ursache für die Parallelimporte,
nämlich die unterschiedlichen Händlereinstandspreise vor Umsatzsteuer in den einzelnen EU-Staaten
speziell für Neuwagen sowie die Fahrzeugüberproduktion eingedämmt würde. Kein Kfz-Händler
würde Neufahrzeuge mit einer geringeren Marge ins Ausland exportieren, wenn er nur mit so vielen
Fahrzeugen beliefert würde, wie er in seinem Marktverantwortungsgebiet absetzen kann. Der EUKommission ist diese Überbelieferung der Märkte recht, denn sie bietet dem Verbraucher preisgünstige
Neufahrzeuge, ohne daß die Sicherheitsinteressen der Kunden angesichts des vorhandenen dichten
Servicenetzes gefährdet werden.
Gerade für Unternehmer-/Geschäftsführer(-nachfolger) ist es wichtig, sich frühzeitig mit dieser
veränderten Wettbewerbskonstellation im EU-Markt auseinanderzusetzen, denn wenn sich die
politischen (z.B. Eindämmung der Währungsturbulenzen innerhalb der EU, Übergang zum
Bestimmungslandprinzip auch bei der Umsatzsteuer für Neuwagen) und hersteller-/importeurseitigen Rahmenbedingungen nicht kurzfristig ändern - damit ist im Augenblick nicht zu rechnen - bedarf
es u.a. einer Internationalisierung des Einkaufs. Dies kann entweder, bei entsprechender
Unternehmensgröße und Kapitalausstattung, allein erfolgen oder als Mitglied in einem international
tätigen Einkaufsverbund. Dabei muß sich der Zukauf nicht nur auf Neu- und Gebrauchtwagen
beschränken, sondern kann ausgeweitet werden auf Ersatzteile, Reifen, Zubehör etc., die oftmals in
anderen EU-Ländern oder als sog. Zweitmarke bei Automobilzulieferern wesentlich preisgünstiger
bezogen werden können. Diesbezügliche interessante Ansätze gibt es bereits seit einigen Jahren in
einigen Händlerorganisationen (z.B. Techno Einkaufsverbund für Automobilzubehör, VolkswagenAudi-Partner-Service GmbH (VAPS) für EDV-Ausrüstung, Büroeinrichtungen, Mineralöl und
Autovermietung).
Grundlage für die Europäische Währungsunion (EWU) ist der Maastrichter Vertrag, der im November
1991 von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) geschlossen wurde und der
eine stufenweise Einführung einer einheitlichen europäischen Währung, dem “Euro“ (ursprünglich
“ECU“), zwischen 1996 und 2002 vorsieht (vgl. Bilitza, 1996, S. 9f).
Danach beginnt am 01. Januar 1999 die Europäische Währungsunion, wenn mindestens zwei Länder
die Eintrittsvoraussetzungen, die sog. “Konvergenzkriterien“73 erfüllen. Sie gelten als Meßlatten für eine
solide Wirtschaftspolitik, die den Finanzmärkten die Stabilität des künftigen Euro signalisieren und die
den reibungslosen Beginn der Währungsunion sicherstellen sollen. Zur Beurteilung werden im Bezugsjahr
1997 drei monetäre (Inflationsrate, langfristiger Zinssatz, Wechselkursstabilität) und zwei fiskalische
(staatliche Neuverschuldung, Schuldenstand) Kriterien herangezogen. Außerdem hat der Europäische
73
Mit dem Begriff “Konvergenz“ wird sich (an)nähern, zusammenlaufen, denselben Zielen zustreben oder übereinstimmen bezeichnet (vgl. Bilitza, 1996, S. 41 oder allgemeiner ausgedrückt, das Annähern der volkswirtschaftlichen Ergebnisse (vgl. Weixner/Wimmer, 1997, S. 37).
- 108 -
Rat bei seiner Entscheidung einige Ermessensspielräume, insbesondere bei den kritischen fiskalischen
Kriterien (vgl. Bilitza, 1996, S. 41ff; Diez/Körber-Weik, 1996, S. 25).
Die Kriterien dürfen nicht nur die Zulassungsbedingung zur gemeinsamen Währung sein, sondern es muß
danach fortlaufend überprüft werden, ob die Mitglieder sie weiterhin einhalten. Von der
Bundesregierung wurde vorgeschlagen einen sog. “Stabilitätspakt“ einzurichten, in dem detailliert
festgehalten wird, welche Restriktionen Länder zu erwarten haben (z.B. Strafabgaben), die die Kriterien
nicht mehr erfüllen (vgl. Bilitza, 1996, S. 41; Hochrebe, 1996, S. 10; Weixner/Wimmer, 1997, S. 50).
Den endgültigen Beschluß über den Beginn der EWU fällt der Europäische Rat im Frühjahr 1998 (vgl.
Bilitza, 1996, S. 53; Weixner/Wimmer, 1997, S. 50). Bisher ist keinesfalls gesichert, ob bis 1999
tatsächlich genügend Teilnehmerländer die insgesamt fünf Zulassungskriterien für das Bezugsjahr 1997
erfüllen, um eine Währungsunion sinnvoll zu gestalten und ob sich bis dahin die EU-Bürger mit dem
neuen Eurogeld einverstanden erklären (vgl. Weixner/Wimmer, 1997, S. 10).
Das Vertrauen in die Währungsunion darf nicht untergraben werden, wenn sie funktionieren soll.
Deshalb wird die Währungsunion mit einem relativ kleinen Kreis stabiler Länder starten. Aus wirtschaftlichen und politischen Gründen müssen ihm - neben dem Hauptkandidaten Luxemburg - sowohl
einige große Länder (z.B. Deutschland, Frankreich) als auch kleinere und mittlere Staaten (z.B.
Niederlande, Belgien, Österreich, Finnland) angehören. Nach dem Start ist es dringend erforderlich,
daß die Europäische Zentralbank (EZB) eine stabilitätsorientierte Geldpolitik betreibt (vgl. Diez/KörberWeik, 1996, S. 25f). Es wird bezweifelt, daß das europäische Zahlungsmittel so stabil sein wird wie
bisher die D-Mark (vgl. Bilitza, 1996, S. 9; Weixner/Wimmer, 1997, S. 74).
Mit der einheitlichen Währung entfallen die Umtauschkosten und die Wechselkursrisiken, die den freien
Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen im EU-Binnnemarkt derzeit noch erheblich
einschränken. Dadurch kommt es zu Kostenreduktionen, Effizienzsteigerungen durch eine vertiefte
internationale Arbeitsteilung, verschärftem Wettbewerb mit Preissenkungen sowie Steigerungen von
Qualität und Innovation. Ferner wird eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der
EU, besonders gegenüber Japan und den USA, prognostiziert. Außerdem entstehen leistungsfähigere
Finanzmärkte mit niedrigeren Zinsen, die Investitionen und Wachstum fördern. Zudem steigt das
europäische Gewicht in internationalen Verhandlungen, je mehr Länder sich für die Währungsunion
qualifizieren (vgl. Bilitza, 1996, S. 25ff; Diez/Körber-Weik, 1996, S. 26; Weixner/Wimmer, 1997, S.
64ff).
Durch die Festlegung des Umrechnungskurses der D-Mark zum Euro wird ab 1999 in gemeinsamer
Währung gerechnet; ab diesem Zeitpunkt gelten feste Wechselkurse. Von da ab müssen
übergangsweise doppelte Preisauszeichnungen erfolgen (vgl. Bilitza, 1996, S. 55; Weixner/
Wimmer, 1997, S. 7).
- 109 -
Mit der marktgesteuerten Umstellung des Buchgeldes vom 01.01.1999 bis 01.01.2002 geht gleichzeitig
die Verantwortung für die gemeinsame Geldpolitik von den nationalen Notenbanken auf die
unabhängige Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main über. Alle geldpolitischen Transaktionen
werden dann in Euro gerechnet (vgl. Weixner/Wimmer, 1997, S. 50).
Im Zeitraum von 6 Monaten, d.h. vom 01.01. bis 30.06.2002 erfolgt die endgültige Einführung der
neuen Währung (vgl. Bilitza, 1996, S. 57). Das bedeutet:
- Banknoten und Münzen werden ausgetauscht,
- der Euro wird zum alleinigen Zahlungsmittel,
- die Umstellung der Banken und des Finanzsystems ist abgeschlossen. Alle Zahlungsmittel
(Überweisungen, Schecks, Kreditkarten) werden zusammen mit den inländischen Zahlungsverkehrssystemen auf den Euro eingestellt,
- der private Nichtbankensektor verwendet bei allen Transaktionen nur noch den Euro
(vgl. Bilitza, 1996, S. 57ff).
Mit dem Abschluß der Währungsumstellung bis spätestens 01. Juli 2002 erfolgt die endgültige
Umstellung der öffentlichen und privaten Haushalte sowie der Unternehmen auf den Euro (vgl.
Weixner/Wimmer, 1997, S. 51) und die vielfältigen nationalen Währungen innerhalb der EU werden
abgelöst. Ab dem 01.07.2002 hat dann die D-Mark keine (Zahlungs-)Funktion mehr.
Nach einer Untersuchung der EU-Kommission haben sich bis Mitte 1997 maximal 10 % der
mittelständischen Unternehmen in den Mitgliedsländern der Europäischen Union auf die Einführung der
Währungsunion am 01. Januar 1999 vorbereitet (vgl. o.V., 1997(e), S. 17).
Für mittelständische Unternehmen, die primär im Inland tätig sind, empfiehlt sich die vollständige
Umstellung erst ab 2002, wenn die einheitliche europäische Währung eingeführt wird. Dadurch können
die Kosten für Übergangslösungen eingespart werden (z.B. gleichzeitige Verwendung der nationalen
und europäischen Währung) (vgl. Bilitza, 1996, S. 68).
Aus diesem o.a. volkswirtschaftlichen Szenario lassen sich folgende Konsequenzen für die Automobilwirtschaft ableiten:
Für die an der Währungsunion beteiligten Ländern, den sog. “Ins“, wird es zu einer Preisharmonisierung
kommen. Preisdifferenzen zwischen den Mitgliedsländern wären allenfalls noch in Höhe der
Transportkosten möglich. Somit könnte es in der EU bzgl. des Werksabgabepreises den vom
Vertragshandel lange geforderten einheitlichen “Euro-Preis“ für Automobile mittelfristig tatsächlich
geben, wodurch das Grau-Importgeschäft unwirtschaftlich und stark eingedämmt würde.
Dafür spricht auch die Tendenz zur Vereinheitlichung der Steuersätze, die sich mit der Währungsunion
noch verstärken wird. Zwar ist es möglich, daß es in einem einheitlichen Währungsgebiet
unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gibt, wie das Beispiel der Vereinigten Staaten zeigt. Mit einer
einheitlichen Währung steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit an, daß der Konsumtourismus bei sehr stark
abweichenden Bruttopreisen erheblich zunimmt. Daher gibt es dann nur zwei Alternativen: Entweder
- 110 -
Übergang zum Ursprungslandprinzip, was Länder mit einem hohen Mwst.-satz im internationalen
Wettbewerb behindert oder eben Angleichung der Mwst.-sätze (vgl. Diez/Körber-Weik, 1996, S. 26).
Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Harmonisierung der Fahrzeugpreise auf dem niedrigsten Niveau der
beteiligten Länder stattfinden wird. Dafür spricht die Intensität des Wettbewerbs, die auch in einer
europäischen Währungsunion bestehen wird. Kein Hersteller wird aufgrund der Marktanteilsverluste
willens und in der Lage sein, die Preise in den Niedrigpreismärkten anzuheben. Umgekehrt werden aus
dem gleichen Grund aber alle Hersteller Preissenkungen in den Hochpreisländern durchführen müssen
(vgl. Diez/Körber-Weik, 1996, S. 26f).
Für die deutschen Automobilhändler bedeutet dies als Hochpreismarkt eine z.T. erhebliche Reduzierung
der Einstandspreise. Im gleichen Maße sinken allerdings auch die Gebrauchtwagenpreise. Deshalb sollte
jeder deutsche Kfz-Händler vor der Realisierung der Währungsunion Rückstellungen für vorhandene
Neu- (Ausstellungs-, Lagerwagen) und Gebrauchtwagenbestände bilden (vgl. Diez/Körber-Weik,
1996, S. 27).
Zusammenfassend ist festzuhalten, daß sich die Situation auf dem deutschen Automobilmarkt mit der
Realisierung der EWU verbessert und der Grau-Importmarkt stark rückläufig sein dürfte. Problematisch
ist allerdings während der Umstellungsphase, das sie mit Preissenkungen in Deutschland verbunden sein
wird, die Wertberichtigungen auf beiden Seiten erforderlich machen.
Nur durch eine rechtzeitige Anpassung der vorhandenen Software und eine gründliche Qualifizierung der
Mitarbeiter werden sich auftretende Probleme bei der Währungsumstellung reduzieren lassen (vgl.
Bilitza, 1996, S. 67).
3.2.3. Kulturelle Einflußfaktoren
3.2.3.1.
Demographische Veränderungen
Während der Anteil der jungen Menschen in Westdeutschland aufgrund der geburtenschwachen
Jahrgänge seit Mitte der 60er Jahre (sog. Pillenknick) stark rückläufig ist, erhöht sich aufgrund der
wesentlich besseren Ernährung, Gesundheits-, Kranken-, Altersversorgung etc. die Lebenserwartung
der älteren Bevölkerung (derzeitige durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen fast 80 Jahre und für
Männer über 73 Jahre) fortlaufend. Ferner ist durch die zunehmende Zahl der Einwanderer aus
verschiedenen Ländern (seit Anfang 1990 etwa 3,4 Mio. Menschen) ein nicht erwarteter Anstieg der
Privathaushalte zu verzeichnen (vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 32ff; Zahlenangaben laut Statistischem
Bundesamt, 1997). Inwieweit sich diese Entwicklungen fortsetzen, hängt u.a. von den staatlichen
Eingriffen und Reglementierungen (Gesetze über Einwanderungsbedingungen, Ausländerfragen usw.) ab.
Diese veränderten Konstellationen führen längerfristig zu einer zwar weitgehend konstanten, aber älteren
und multikulturellen Bevölkerung (vgl. Weber, 1990, S. 14). Im Jahre 1995 betrug der Anteil der
Bevölkerung über 50 Jahre etwa 45 % der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung (ca. 82,0 Mio.) und
- 111 -
dieser Anteil steigt in den kommenden Jahren weiter an (Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt,
1997).
Der hohe Anteil der Bevölkerung über 50 Jahre stellt aufgrund ihrer Kaufkraft eine besonders zu
beachtende Zielgruppe dar. Sie wird wegen ihrer hohen Einkünfte aus Renten und Versicherungen
sowie ihres erheblichen Sparvermögens von allen Wirtschaftszweigen (z.B. Tourismus-, Automobilbranche) zunehmend umworben (Stichwort: Senioren-Marketing). Um bei diesen sog. Senioren/innen erfolgreich zu sein, genügt es nicht, wenn die Kfz-Hersteller/-Importeure besonders komfortable,
leise, sichere und leicht bedienbare Fahrzeuge produzieren, vielmehr müssen die einzelnen Kfz-Betriebe
ihre Verkaufs- und Kundendienstberater so auswählen, daß sie auch älteren Menschen Verständnis
entgegenbringen und sich auf deren Wünsche und Bedürfnisse einstellen können. Das geschieht am
besten dadurch, daß im direkten Kundenkontakt auch ältere Mitarbeiter eingesetzt werden, denn es fällt
zwischen etwa Gleichaltrigen sicher leichter, Kontakte zu knüpfen, als zwischen Menschen mit großem
Altersunterschied. Für langfristige Personalplanungen sollte deshalb auf die unterschiedliche
Altersstruktur der Mitarbeiter in den kundennahen Bereichen besonders geachtet werden.
Ähnliches gilt für Ausländer als Zielgruppe. Bei einem starken ausländischen Kundenstamm ist es
durchaus hilfreich, wenn mindestens ein Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt gleicher Nationalität ist,
deren Sprache spricht und Kultur kennt.
Demgegenüber hat der sinkende Anteil der Erwerbsfähigen zwischen 15 und 25 Jahren an der
Gesamtbevölkerung (1987 ca. 10 Mio. = 13 %, 1992 etwa 8,5 Mio. = 10 % und für das Jahr 2000
nahezu 7 Mio. prognostiziert = ca. 9 % - Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997) zu einer
zunehmenden Verknappung qualifizierter Auszubildender auch im Kfz-Gewerbe geführt.
Um die Nachwuchssorgen zu reduzieren, werden beispielsweise seit Ende der 80er Jahre zunehmend
Betriebspraktika und -besichtigungen für Schüler angeboten sowie weibliche Azubis in der Werkstatt,
im Teilelager und Verkauf eingestellt.
Im Augenblick befindet sich die Bundesrepublik in einer gespaltenen Arbeitsmarktsituation. Trotz der
bundesweit in 1996/97 je nach Jahreszeit zwischen 4,0 und 4,5 Mio. Arbeitslosen - neben den ca. 3
Mio. im erwerbsfähigen Alter, die staatlich geförderte, befristete Umschulungs-, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen absolvieren, sich im Vorruhestand befinden oder bereits von der Sozialfürsorge
getragen werden (vgl. Kaps, 1997, S. 13) - besteht ein ständiger Arbeitskräftemangel bei Fach- und
anderen umfassend ausgebildeten Arbeitskräften. Den meisten Erwerbslosen fehlen die am Arbeitsmarkt
nachgefragten Qualifikationen, deren Anforderungen aufgrund des Einsatzes neuer Technologien in
vielen Berufsfeldern noch zunehmen werden (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 263). Deshalb wird es
trotz der relativ hohen Arbeitslosigkeit zukünftig noch schwieriger, qualifizierte Kräfte vom externen
Arbeitsmarkt zu rekrutieren (vgl. Ackermann, 1989(b), S. 137).
Aufgrund dieser demographischen und Arbeitsmarkt-Entwicklungstendenzen wird zukünftig die
erwerbstätige Bevölkerung, die 1997 im Jahresdurchschnitt in Deutschland nahezu 35 Mio. Menschen
- 112 -
betrug, einschließlich ca. 3,0 Mio. ausländischer Arbeitnehmer (Zahlenangaben laut Statistischem
Bundesamt, 1997), im Durchschnitt älter. Sie wird qualifizierter sein und der Frauen-, als auch der
Ausländeranteil an den Erwerbstätigen wird weiter ansteigen (vgl. Weber, 1990, S. 14). Diese
prognostizierte Alters- und Erwerbsstruktur in Deutschland kann sich allerdings durch einen weiter
anhaltenden Zustrom junger, erwerbsfähiger Ausländer verschieben.
Durch diese erwarteten Veränderungen sind die Unternehmen gezwungen, im Rahmen der Personalentwicklung den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften durch betriebliche Bildungsmaßnahmen
auszugleichen. Dies erfordert spezielle Angebote seitens der Arbeitgeber, z.B. durch Qualifizierung der
Älteren, Frauen und Ausländer, familiengerechte Arbeitszeiten, Einbeziehung der Mitarbeiter in die
berufliche Weiterbildung und berufliche Entwicklung etc. (vgl. Engelen-Kefer, 1990, S. 48).
3.2.3.2.
Wertewandel
Seit Mitte der 60er Jahre haben sich im Zusammenhang mit den ökonomischen, demographischen und
technologischen Wandlungen sowie der dadurch bedingten veränderten Lebenssituation erhebliche
Verschiebungen in den Denkstrukturen und im Wertgefüge der Menschen in allen hochentwickelten
westlichen Industrienationen ergeben (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 265).
Die traditionellen (bürgerlichen) Werte und Tugenden (z.B. Disziplin, Fleiß, Pflichterfüllung,
Pünktlichkeit, Ordnungs-, Leistungs-, Anpassungsbereitschaft) haben bei vielen Arbeitnehmern an
Bedeutung verloren. Insbesondere höherqualifizierte, besserverdienende Erwerbstätige präferieren sog.
postmaterialistische Werte wie Arbeitsfreude ("Spaß-Arbeit"), gutes Betriebsklima74, anregende und
abwechslungsreiche Tätigkeit, Mitsprache und -bestimmung, Teamarbeit, lebenswürdige Umwelt,
Freizeitorientierung, Selbstverwirklichung, Identifikationsmöglichkeiten mit den Produkten und
Leistungen, Sinnhaftigkeit der übertragenen Aufgaben etc. (vgl. Berthel, 1995, S. 110; Töpfer, 1989, S.
43; Wagner, 1991, S. 27; Zander, 1992, S. 389f).
Die Unternehmen müssen sich verstärkt bemühen, auf die (individuellen) Bedürfnisse und Wünsche der
Arbeitnehmer aktiv einzugehen (z.B. flexible Arbeitszeiten, umfassende Informationen, flachere
Hierarchiestrukturen, Freiräume für eigene Entscheidungsbereiche, partizipatives Führungsverhalten)
und sie weitgehend mit den sachlichen Unternehmenszielen abstimmen. Nur so kann die Wirtschaft
flexible Beschäftigte erhalten, die in der Lage und bereit sind, traditionelle Werte und Tugenden mit
Neuem zu verknüpfen und die lernbereit und motiviert sind, sich den fortlaufenden Änderungen zu
stellen (vgl. Opaschowski, 1991, S. 50; Zander, 1992, S. 390).
74
Das Betriebsklima bezeichnet die Einstellungen und Bewertungen der Belegschaft gegenüber dem Unternehmen.
Es wird stark geprägt durch den Führungsstil, das Informationswesen, die Arbeitsmotivation, -zufriedenheit, das
Verhältnis der Kollegen untereinander, die Karriere-, Fortbildungsmöglichkeiten etc. (vgl. Rosenstiel, 1990(a), S.
18). Es gehört zu dem unschätzbaren Kapital eines Unternehmens und erlebt im Zuge der wachsenden Bedeutung
der Unternehmenskultur eine Renaissance.
- 113 -
Insbesondere qualifizierte, engagierte Arbeitnehmer möchten nicht als "Untergebene" im Sinne von
Befehlsempfängern, sondern im eigentlichen Sinne des Wortes als "Mit-Arbeiter" behandelt werden.
Dafür benötigen sie aber zunächst einmal umfassende Informationen, um mitdenken und mitentscheiden
zu können (vgl. Töpfer, 1989, S. 42). Andernfalls können sie sich nicht mit den übertragenen Aufgaben
identifizieren und somit keine optimale Leistung erbringen (vgl. Wagner, 1991, S. 30). Entscheidungen
müssen heutzutage für die Untergebenen sachlich begründet und nachvollziehbar sein (vgl. Krenzer,
1990, S. 15f). Denn nur zufriedene, motivierte und engagierte Mitarbeiter sind in der Lage, die immer
anspruchsvolleren Kunden zufriedenzustellen.
Vor allem junge Menschen neigen dazu, in ihrem Arbeitsbereich selbständiger und eigenverantwortlicher
tätig zu sein, ohne jeden Einzelschritt ihres Handelns gegenüber Vorgesetzten begründen und absichern
zu müssen (vgl. Berthel, 1995, S. 111; Zander, 1992, S. 392).
Die Einstellung der Mitarbeiter zur Arbeitswelt wird stark geprägt durch die fortlaufend veränderten
Arbeitsplatzanforderungen. Während früher vorrangig handwerkliche Kenntnisse und Fertigkeiten
notwendig waren, um überwiegend Routineaufgaben zu erfüllen, benötigen die heutigen Führungskräfte,
Mitarbeiter und Azubis - durch den zunehmenden Einsatz moderner Technologien und
Organisationsformen - höhere, fachübergreifende Qualifikationen wie Flexibilität, Kreativität,
Verantwortungsbereitschaft, Teamfähigkeit etc. Ungelernte Personen haben es zunehmend schwerer,
einen Arbeitsplatz zu bekommen (vgl. Zander, 1992, S. 391; Zander/Glaubrecht, 1987, S. 5).
Durch die zunehmend komplexeren Tätigkeiten kann der Vorgesetzte viele Vorgänge in seinem Bereich
gar nicht mehr im Detail kennen und beurteilen. Er muß sich auf seine Spezialisten verlassen und die
Teilaufgaben sowie die dafür notwendigen Kompetenzen und die Verantwortung delegieren. Somit
schafft der Vorgesetzte gewisse Freiräume zur persönlichen Entfaltung und Selbstverwirklichung der
Mitarbeiter. Dies stellt jedoch größere Anforderungen an die Personalführung des Vorgesetzten (vgl.
Soltwedel, 1995, S. 13; Zander, 1992, S. 392).
Für Führungskräfte hat dies zur Folge, daß die reine formale Autorität zugunsten von Sachkunde und
Persönlichkeit in den Hintergrund tritt; ohne diese Kompetenzen wird der Vorgesetzte auf Dauer nicht in
der Lage sein, die ihm unterstellten Beschäftigten zu motivieren (vgl. Berthel, 1995, S. 110f; Krenzer,
1990, S. 15f; Zander, 1992, S. 392).
Dadurch ergeben sich gewandelte Anforderungen an die Führungsverantwortlichen. Sie müssen den
Mitarbeitern im Rahmen der heutigen postmaterialistischen Wertestruktur Arbeitsinhalte anbieten, die
ihnen zum einen Spaß und Freude bereiten und in denen sie eine Sinngebung sehen und die zum anderen
im direkten Wettbewerb und in Konkurrenz zu Freizeitangeboten stehen (vgl. Opaschowski, 1991, S.
56).
Die gleichen Anforderungen, die an die Freizeit gestellt werden (z.B. Abwechslung, Herausforderung,
Erfolgserlebnisse), sollen heutzutage auch in der Arbeitswelt vorzufinden sein. Andernfalls sinkt die
Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten (vgl. Rosenstiel, 1990(b), S. 137).
- 114 -
Veränderte Wertvorstellungen stellen auch umfangreiche neue Anforderungen an das Personalmanagement, das ebenfalls in den einzelnen Teilbereichen an die Wandlungen angepaßt werden muß.
Standardisierte Motivations-, Entlohnungs-, Führungs- und Personalentwicklungskonzepte sind damit
nicht mehr einsetzbar. Personalführung muß damit stärker mitarbeiterorientiert ausgerichtet werden (vgl.
Conrad/Pieper, 1990(b), S. 265). Unternehmen, die in der Lage sind, qualifizierten Fachkräften diese
Wünsche weitgehend zu erfüllen, haben erhebliche Wettbewerbsvorteile bei der Mitarbeiterakquisition
(vgl. Rosenstiel, 1991(d), S. 224).
Für das Kfz-Gewerbe bedeutet dieser gesellschaftliche Wertewandel, sich verstärkt zum Dienstleistungsanbieter zu entwickeln. Da sich die Technik und Verarbeitungsqualität der Automobile (z.B.
technische Standards, Sicherheitsausstattung, Optik) immer weiter annähern und der einzelne
Konsument kaum noch Unterschiede ausmachen kann, verliert das ursprüngliche Produkt an Bedeutung
(vgl. Loo, 1991, S. 97). Die Kunden verlangen nicht mehr ausschließlich das eigentliche ("nackte")
Produkt, sondern zunehmend die Kombination von Sach- und Dienstleistungen, die ihnen eine
individuelle, komplette Problemlösung bietet. Das Unternehmen, das dem Verbraucher den größten
Nutzen liefert, wird im härter werdenden Konkurrenzkampf erfolgreich sein. Diese Wettbewerbsvorteile
lassen sich allerdings nur erzielen, wenn man die Kundenbedürfnisse frühzeitig erkennt und darauf
konsequent reagiert (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 10ff; Lukas, 1991, S. 52). Entscheidender
Erfolgsfaktor in Dienstleistungsunternehmen wie Kfz-Betrieben sind die Mitarbeiter. Ihre Ausstrahlung
auf die immer anspruchsvolleren Kunden und ihre Dienstleistungsbereitschaft sind ausschlaggebend für
die Kundenzufriedenheit und -bindung.
Der Wertewandel spiegelt sich auch im Nachfrageverhalten der Fahrzeugkunden wieder. Anstelle der
klassischen Automobilwerte wie Vorzeigen von Statussymbolen, Protzigkeit, Großzügigkeit etc. treten
vermehrt kompakte Fahrzeuge mit optischer Unauffälligkeit und luxuriöser Ausstattung (z.B. Cabriolets,
Mittelklassewagen mit 6 Zylinder-Motor) sowie spezielle Fahrzeuge (z.B. Micro-/Compact Cars für
den Stadtverkehr, Großraumlimousinen, Geländewagen) für Beruf und Freizeit. Der Trend geht zum
"automobilen Understatement" (vgl. Peters, 1991, S. T4).
Der Privatkunde sieht sein Fahrzeug immer stärker als Untermauerung seiner Persönlichkeit, seiner
Lebensart bzw. -philosophie ("lifestyle") und damit als “Individualisierungshilfe“.
Wesentlich bedeutender als die Bindung bzw. der physische Besitz an einem statusträchtigen
Fahrzeugfabrikat ist künftig die Erfüllung konkreter Nutzenerwartungen (vgl. Heß, 1996, S. 55).
3.2.3.3.
Verändertes Konsum- und Freizeitverhalten der Bevölkerung
Das Konsumentenverhalten hat sich seit den 60er Jahren aufgrund tiefgreifender wirtschaftlicher und
gesellschaftlicher Strukturverschiebungen entscheidend gewandelt (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 12;
Kruse, 1990, S. 63).
- 115 -
Die im Durchschnitt sehr wohlhabenden Konsumenten der 90er Jahre sind zunehmend anspruchsvoll
und verwöhnt. Sie sehen sich von einer kaum überschaubaren Vielzahl attraktiver Angebote umworben.
Ihre Wünsche zielen primär auf etwas Anderes, auf etwas Neues und weniger auf schlichte
Gegenstände. Ihre Präferenzen richten sich vornehmlich auf gesteigerte Qualität, höhere Wertigkeit,
mehr Komfort und auf die Annehmlichkeiten eines attraktiven Dienstleistungsangebots (vgl. Berg,
1990(a), S. 21).
Begehrt werden (individuelle) Erlebnis- und Genußwerte, wie Atmosphäre, Zerstreuung, Ambiente etc.
Der Kunde versucht in zunehmendem Maße, sich auch durch die Art seines Konsums als Persönlichkeit
darzustellen und zu verwirklichen (vgl. Berg, 1990(a), S. 21). Hier zeigen sich wichtige Trends des
Zeitgeistes und Verbraucherverhaltens, auf die sich die Autohäuser zukünftig intensiv einstellen müssen
(vgl. Kruse, 1990, S. 63).
Die sog. Zusatznutzen (z.B. gediegene Ausstellungsräume, optisch ansprechende Präsentation,
kompetente, freundliche und vertrauensvolle Beratung sowie Pröblemlösung) gewinnen bei zunehmender
Austauschbarkeit der einzelnen Fabrikate und meist großer Händlernetzdichte als Kaufmotiv und
Bestimmungsgrund für die Wahl des Kfz-Betriebes bei steigendem Einkommen und wachsender Freizeit
vermehrt an Entscheidungsgewicht (vgl. Berg, 1990(c), S. 54). Das Autohaus muß sich zum
Dienstleister in allen Fragen rund um die individuelle Mobilität entwickeln.
Die Kundenloyalität, also die Einkaufsstättentreue wird zunehmend geringer, wenn das Unternehmen als
"Me-too-Anbieter" angesehen wird bzw. immer größer, wenn es durch individuelle Nutzenstiftung bzw.
Bedürfnisbefriedigung rund um das Basisprodukt eine "Unique Selling Proposition" (USP) einnehmen
kann (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 29).
Die Anforderungen der Kunden an ein Fahrzeug und den Service sind nicht statisch, sondern unterliegen
einem ständigen Veränderungsprozeß, je nach aktuellen Bedürfnissen und Wertvorstellungen (vgl.
Benölken/Greipel, 1990, S. 21f). Beispielsweise unterliegen Serviceleistungen wie Ersatzwagen, Holund Bringservice, angebotene Zeitung oder Kaffee einem Abnutzungs- und Gewöhnungsprozeß und
verlieren dadurch auf Dauer ihre (Profilierungs-)Wirksamkeit. Sie werden mit der Zeit zum erwarteten
Bestandteil der Gesamtleistung und forcieren dadurch neue Konsumentenansprüche.
Die Verbraucher und ihre Präferenzen werden aufgrund ihres Individualisierungsstrebens zukünftig noch
unberechenbarer und es wird immer schwieriger, eindeutige Verbraucherverhalten und Kundensegmente
festzulegen. Jede Zielgruppe (z.B. junge Käufer, Frauen, Senioren) benötigt eine individuelle Ansprache
(vgl. Heß, 1996, S. 54ff). Das erfordert eine weitere Individualisierung und Differenzierung des
Angebots durch spezielle (betriebseigene) Sondermodelle, Tuning, Ausstattungspakete, Zubehör,
Finanzierungs- und Leasingangebote etc.
Durch die sich immer weiterentwickelnden Kommunikationstechnologien bzw. Neuen Medien, wird
zukünftig speziell die jüngere, höher qualifizierte Generation, vermehrt Online-Dienste (z.B. Internet,
- 116 -
Electronic Shopping) nutzen, um sich umfassend über neue Fahrzeuge zu informieren, Preisvergleiche
durchzuführen und Probefahrten abzustimmen (vgl. Harbour, 1996, S. 30).
Statistisch erfaßbare Größen wie individuelle Kaufkraft oder Zugehörigkeit zu einer sozialen
Bevölkerungsschicht geben heutzutage immer weniger zuverlässige Informationen über die präferierten
Produkte und Leistungen dieser Personen. Der Konsument ist vielschichtiger, die Motive seiner
Produkt- und Dienstleistungswahl sind häufig unterschiedlich, komplexer und oftmals kaum
nachvollziehbar (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 14). Einerseits kauft ein und derselbe Kunde Güter
des täglichen Bedarfs (z.B. Lebensmittel, Gebrauchsgüter) überwiegend in großen, niedrigpreisigen,
serviceextensiven und anonymen SB- und Verbrauchermärkten auf der Grundlage rationaler
Nutzenargumente - Stichwort: Kostensensibilität (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 73; Rubbel, 1991, S.
40). Andererseits erwirbt dieser Kunde hochwertige, erlebnisorientierte, erklärungsbedürftige (Luxus)Güter und Dienstleistungen (z.B. Antiquitäten, Designermöbel, Porzellan, Catering-Service) zunehmend
nach den Kriterien Beratungsqualität und Service, wobei der Preis nur sekundäre Bedeutung hat75 Stichwort: Erlebnis-/Luxuskonsum (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 73).
Generell ist der heutige Konsument - auch aufgrund der Neuen Medien - wesentlich informierter und
preissensibler als früher; er wünscht hohe Qualität zu günstigen Preisen. Die sog. “Schnäppchenjagd“
erfaßt alle sozialen Schichten und immer mehr Branchen (z.B. Elektronik, Mode, Sportartikel,
Automobile). Ein Indiz dafür ist auch die steigende Beliebtheit der Bevölkerung für Fabrikverkauf (sog.
factory outlets).
Nach einer Untersuchung der "Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz"
hängt die Kundenzufriedenheit76 mit einem Autohaus nur noch zu 40 Prozent von der Qualität und dem
Preis des gekauften Pkws, dafür aber zu 60 Prozent von der Servicequalität77 ab. Insbesondere
qualitativ hochwertige Serviceleistungen sind in zunehmendem Maße entscheidend für die subjektiv
empfundene Kundenzufriedenheit und schaffen somit einen wichtigen Wettbewerbsvorteil für den
jeweiligen Kfz-Betrieb (vgl. Bauer/Müller, 1992, S. 76).
75
Meffert bezeichnet diese stark differenzierten Verbraucheransprüche als “hybrides Konsumentenverhalten“ (vgl.
Meffert, 1989, S. 10).
76
Kundenzufriedenheit (consumer/customer satisfaction) ist ein nicht eindeutig quantifizierbarer Faktor, der aus
einem Bündel von Einzelfaktoren besteht, die der einzelne Kunde individuell empfindet wie Qualität, Freundlichkeit, Preis -/Leistungsverhältnis etc. (vgl.Bauer/Müller, 1992, S. 78f). Ob ein Kunde zufrieden ist, richtet sich
vorrangig nach seinem subjektiven Empfinden, inwieweit seine jeweiligen Erwartungen erfüllt wurden.
Kundenzufriedenheit steht im direkten Zusammenhang mit Kundenloyalität (vgl. Müller, 1991, S. 42).
77
Servicequalität setzt sich aus Nutzen- und Kostendimensionen zusammen. Bleiben die subjektiv wahrgenommenen
Serviceleistungen hinter den Kundenerwartungen zurück, entsteht Unzufriedenheit. Eine erwartungsentsprechende Leistung bewirkt Zufriedenheit; demgegenüber bewirkt ein deutliches Übertreffen der
Kundenerwartungen erhöhte Kundenzufriedenheit (vgl. Müller, 1991, S. 42).
- 117 -
Erstklassige Wartungen und Reparaturen werden vom Kunden mittlerweile vorausgesetzt. Erst die
Service- und Prozeßqualität sind entscheidende Kriterien für die Kundenzufriedenheit und -bindung.
Fabrikatshändler benötigen innerhalb ihrer Organisation klar strukturierte, stringente Konzepte, die von
allen Markenkollegen bzgl. persönlicher Kontaktqualität, Standardgesprächsführung und -begrüßung,
Einrichtungs- und Gestaltungsbereich etc. auf gleichbleibend hohem Qualitätsniveau und zu gleichen
Preisen bei allen Vertragspartnern (sog. markenspezifisches Produkt-Dienstleistungsbündel) umgesetzt
werden (vgl. Dudenhöffer, 1996, S. 34ff).
Nicht die Differenzierung der Partnerhändler ist entscheidend, sondern die Differenzierung der Händler
unterschiedlicher Fabrikate (vgl. Dudenhöffer, 1996, S. 38).
Unabhängig von den mittlerweile von fast allen Kfz-Herstellern/-Importeuren für die ihnen angeschlossenen Vertragshändler durchgeführten Kundenzufriedenheitsstudien sollte jeder Kfz-Betrieb ein
aktives Kundenbeschwerden-Management einrichten. Obwohl diese Beschwerden kein repräsentatives
Bild der Kunden-(un-)zufriedenheit vermitteln, sind sie doch als mögliche Frühindikatoren für eine
Verschlechterung der Kundenzufriedenheit von Bedeutung. Nach dem Kauf eines Neu- oder
Gebrauchtwagens oder nach einem Werkstattbesuch sollte der Kunde angerufen und auf mögliche
Mängel oder Unzufriedenheiten angesprochen werden (Stichwort: Telefonreport) (vgl. Diez, 1994(d),
S. 147). Wichtig für die Unternehmensführung ist, daß aus den Ergebnissen dieser Kundenbefragungen
eine umsetzungsorientierte Ursachenforschung zur verbesserten Kundenzufriedenheit durchgeführt wird,
um das Dienstleistungsbewußtsein und die Kundenorientierung der Mitarbeiter zu verbessern.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muß ein Unternehmen in der Lage sein, neue Kunden hinzuzugewinnen und vor allem Stammkunden zu binden. Die Unternehmen können die steigenden Ansprüche
nur erfüllen, wenn sie kontinuierliche Prozeßverbesserung betreiben und alle nicht wertsteigernden
Tätigkeiten der Wertschöpfungskette beseitigen (vgl. Hinterhuber, 1993, S. 14).
Zusammenfassend kann man festhalten, daß alle unternehmerischen Aktivitäten dazu dienen müssen,
dem Kunden Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die ihn bei seiner individuellen Problemlösung
unterstützen und ihm größeren Nutzen bieten als Konkurrenzangebote (vgl. Spickschen, 1991, S. 241).
Eine zentrale Rolle bei der Befriedigung der steigenden Kundenbedürfnisse spielen die Mitarbeiter. Ihr
persönliches Verhalten und ihr Auftreten gegenüber den Kunden hat neben fundierten fachlichen
Kenntnissen entscheidende Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Auf die Bedeutung der qualifizierten
und motivierten Fachkräfte im Autohaus als strategischer Erfolgsfaktor wurde bereits im Kapitel
3.2.1.4. näher eingegangen.
Die nachfolgend angeführten Seminarthemen und -inhalte - differenziert nach den zentralen Elementen
des zugrunde liegenden Michigan-Ansatzes - sollen exemplarisch aufzeigen, welche vielfältigen
Qualifikationen Unternehmernachfolger/-innen in Kfz-Betrieben laut betriebswirtschaftlicher Literatur für
eine zukunftsorientierte Unternehmensführung benötigen. Besonders berücksichtigt werden dabei die
- 118 -
Mitarbeiter als zukünftig immer wichtiger werdendem Wettbewerbsfaktor, den es zu fördern und zu
fordern gilt.
Dabei wird die strategische Management- und Führungsliteratur nicht in Frage gestellt und kritisch
analysiert, sondern als allgemeingültiges, prozessuales Managementwissen betrachtet. Andernfalls
bestünde die erhebliche Gefahr, daß sich die Nachwuchskräfte in mittelständischen Kfz-Betrieben
weiterhin nicht mit strategischen Problemstellungen befassen (wollen), da sie davon ausgehen, daß sie
sich aufgrund der Unwägbarkeit und Unsicherheit einiger theoretischer Ansätze und Methoden der
Managementlehre gar nicht damit auseinandersetzen brauchen.
3.3. Die strategische Unternehmensführung in mittelständischen Kfz-Betrieben
Die Antizipation relevanter unternehmensinterner und -externer Entwicklungen sowie die rechtzeitige
Ausrichtung des Verhaltens auf diese Veränderungen zeichnet insbesondere erfolgreiche Unternehmen
aus. Während in Klein- und zum Teil auch in Mittelbetrieben oftmals im gedanklichen Alleingang der
Unternehmensführung - evtl. auf Intuition78 bzw. "Erfahrung" basierend - über zukünftiges Verhalten
entschieden wird, müssen angesichts der immer komplexeren Verhältnisse derartige Entscheidungen
systematisch vorbereitet werden (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 107).
Da Planung79, also die systematische, gedankliche Vorwegnahme und Durchführung zukünftigen Tuns,
Handelns etc. (vgl. Welge, 1992, S. 35) allein nicht ausreicht, sondern die geplanten Strategien in
konkrete Aktionen umgesetzt werden müssen und die Zielerreichung auch auf strategischer Ebene
laufend zu kontrollieren ist, wurde das Konzept der strategischen Planung in der neueren
betriebswirtschaftlichen Literatur ausgeweitet zum strategischen Management (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S.
116).
Strategische Unternehmensführung, auch als strategisches Management bezeichnet, strebt die integrative
Planung, Steuerung, Kontrolle, Koordination und zukünftige Gestaltung der Unternehmensentwicklung
an. Dabei werden die Änderungen der Umwelt nicht nur reaktiv verarbeitet, sondern eine proaktive,
bewußt problemvorgreifende Denkhaltung angestrebt, um schneller und besser als die Mitbewerber auf
Umfeldveränderungen antworten zu können und damit Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Es beschäftigt
sich neben den externen Umweltbeziehungen auch mit der Organisationsgestaltung und den personellen
78
Intuitives Führen bedeutet, sich verstärkt mit vagen und "weichen" Informationen zu befassen (z.B. mit den
Gedankengängen, Bedürfnissen, Wünschen etc. der Kunden und der Belegschaft), anstelle ausschließlich seine
Entscheidungen von realen "harten" Daten und Fakten (z.B. von Managementsystemen oder -techniken)
abhängig zu machen (vgl. Görg, 1989, S. 96).
79
Die Planung im Unternehmen hängt sowohl von der Entwicklung der Umwelt, als auch von der Situation des
Unternehmens ab (vgl. Hahn, 1994, S. 56). Diese Umfeldveränderungen sind bei der strategischen Unternehmensplanung fortlaufend zu berücksichtigen (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 33).
- 119 -
Interaktionen im Unternehmen. Strategisches Management beinhaltet somit im Kern diejenigen Prozesse
und Aktivitäten, mit denen Zwecke, Missionen und Grundsätze, Ziele, Strategien, Politiken und
Handlungsprogramme des Unternehmens formuliert, evaluiert, gesteuert und kontrolliert werden. Es
versucht, systematisch von abstrakten zu konkreten Handlungsvorstellungen zu gelangen (vgl.
Hentze/Brose, 1985(b), S.223; Hinterhuber, 1994(b), S. 36). Ferner unterstützt es nicht nur die
Steuerung, sondern vor allem die Umsetzung der Pläne (vgl. Hentze/Brose, 1985(b), S. 223;
Laukamm/Steinthal, 1986, S. 29).
Dabei ist es keine neue Variante der Unternehmensplanung, sondern ein Konzept, das die externe
Orientierung der strategischen Planung und die interne Kompetenz des Unternehmens als äquivalente
und interdependente Bereiche integriert (vgl. Staehle, 1989(a), S. 49; Staehle, 1990, S.571).
Die größte Problematik im Rahmen des strategischen Managements ist es, die turbulenten
Umfeldveränderungen auf den Märkten, in der Gesellschaft und auf Seiten der Wettbewerber
vorherzusehen (vgl. Krulis-Randa, 1989, S. 212) und das Unternehmen frühzeitig darauf auszurichten.
Je größer und komplexer Unternehmen werden und je dynamischer ihre Umweltbeziehungen sind, um
so weniger lassen sich jedoch Entscheidungen über Ziele und Maßnahmen ad hoc improvisieren und um
so größer wird die Notwendigkeit der Entwicklung und Einführung eines integrierten Systems der
Planung und Kontrolle (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 108).
Obwohl im folgenden einzelne Teilbereiche eines prozeßorientierten Ansatzes des strategischen
Managements nacheinander und getrennt behandelt werden, um die spezifischen Aufgaben und
typischen Eigenarten besser herausarbeiten zu können, muß schon jetzt darauf hingewiesen werden, daß
in der Praxis die Entscheidungen in den einzelnen Bereichen niemals isoliert voneinander getroffen
werden können, da es sich um voneinander abhängige Entscheidungen handelt.
Die Aufgaben und Inhalte dieses Systems der strategischen (Unternehmens-)Führung sind:
- Formulierung der Unternehmensvision (Leit-, Zukunftsbilder),
- Festlegung der Unternehmenspolitik,
- Bedeutung der unverwechselbaren Corporate Identity,
- Entwicklung der Unternehmenskultur,
- Bestimmung der generellen Unternehmensziele,
- Festlegung der strategischen Planung (z.B. Abteilungs-, Potential-, Informations-, Programm-,
Organisationsplanung, Anpassung der konzeptionellen Gesamtsicht etc.),
- Bedeutung der operativen Planung (z.B. kurzfristige Aktionen, Programme, direkte Umsetzung,
Projekt-, Budgetplanung usw.) sowie
- Erstellung des strategischen und operativen Controlling (z.B. Prozeßkostenrechnung)
(in Anlehnung an Hinterhuber, 1994(b), S. 36; Hahn, 1994, S. 107).
- 120 -
3.3.1. Die Formulierung einer Unternehmensvision zur Konkretisierung des Zukunftsbildes
Mit dem Begriff “Vision“ werden meist bahnbrechende Innovationen wie bei Ford, Grundig, Nixdorf
und faszinierende Inhalte (z.B. Fließbandfertigung, Mondlandung, Hifi-, Softwaresysteme) assoziiert.
Jedoch beruhen 90 Prozent der Erfolge in Unternehmen auf kleinen, weniger spektakulären
Verbesserungen. In vielen Unternehmen wird vorrangig aus dem Alltagsgeschäft heraus reaktiv gesteuert
und es fehlt eine Vision (vgl. Simon/Tacke, 1990, S. 12f).
Dabei bezeichnet das Wort “Vision“ die geistige Vorwegnahme einer konkreten Vorstellung von einer
denkbaren Situation bzw. Entwicklung, die in der Zukunft eintreten oder herbeigeführt werden könnte
(vgl. Bleicher, 1991, S. 75). Man könnte sie auch als Bewußtwerden eines Wunschtraumes bezeichnen.
Visionen haben somit szenarischen Charakter (vgl. Bleicher, 1989, S. 221). Gerade in dem heutigen
Verdrängungswettbewerb ist eine unternehmerische Vision, die eine Richtung angibt und Sinn vermittelt,
besonders wichtig (vgl. Hinterhuber, 1995, S. 88).
Bei der Konzipierung von Visionen sollte zuerst die zukünftige Idealsituation, die man sich vorstellen
kann, dargestellt werden, für die der konkrete Weg noch unbekannt sein kann. Die Möglichkeit der
Realisation wird dabei hintenangestellt (vgl. Schmid, 1990, S. 17). - “Eine gute Vision stellt eine delikate
Balance zwischen Realität und Utopie dar. Sie umfaßt gerade noch das Machbare“ (Simon/Tacke,
1990, S. 13).
Nicht nur (inter-)national operierende Groß-, sondern auch mittelständische Unternehmen benötigen
eine unternehmerische Vision. Arbeitnehmer in allen Bereichen möchten wissen,
- welche generelle Zielsetzung das Unternehmen verfolgt,
- den tieferen Sinn und die Ziele von Veränderungsprozessen verstehen,
- deren Vor- und Nachteile nachvollziehen können sowie
- über die persönlichen Auswirkungen informiert werden
(vgl. Hinterhuber/Popp, 1994, S. 124), damit sie sich damit identifizieren und sie mittragen und
unterstützen können.
Gerade im Dienstleistungs- wie dem Kfz-Gewerbe benötigt man zukünftig unternehmerische Visionen,
um die sich fortlaufend wandelnden Marktkonstellationen, Interessen der Konsumenten, Unternehmenssowie Mitarbeiterziele vorauszuahnen und erfolgreich miteinander zu verbinden.
Eine Unternehmensvision muß folgende Bedingungen erfüllen, damit sie langfristig Bestand haben kann:
- Sie darf nicht zu langfristig orientiert sein (vgl. Simon/Tacke, 1990, S. 12).
- Sie muß realisierbar und darf keine Utopie sein.
- Sie muß die persönliche Überzeugung des Unternehmensführers widerspiegeln.
- Sie muß den bisherigen Zustand nachhaltig wandeln
(vgl. Henzler, 1990, S. 813; Simon/Tacke, 1990, S. 12f).
- Sie muß in einem Wettbewerbsbereich mit wirtschaftlichem Erfolgspotential angesiedelt sein.
- 121 -
- Sie muß angeben, in welchem Wettbewerbsfeld sich ein Betrieb in Zukunft bewegen und welche
Position er dort erlangen will
(vgl. Henzler, 1990, S. 813f).
Visionen zu finden ist meistens ein mühsamer Weg, der viel Ausdauer, Durchsetzungsvermögen,
Flexibilität, Kreativität, Innovationsfreude, genügend Zeit und Muße erfordert sowie den Glauben an
das Gelingen stellt (vgl. Magyar, 1990, S. 30). Daraus folgt, daß die Formulierung und Verkörperung
einer Vision eine nicht delegierbare Aufgabe des Top-Managements ist (vgl. Simon/Tacke, 1990, S.
13). Visionären gelingt es mit ihren “Zukunftsbildern“ immer wieder, die Interessen ihrer Kunden und
des Marktes mit ihren eigenen Interessen und denen des Unternehmens zu verbinden (vgl. Magyar,
1990, S. 29). Jedoch sollten spätestens bei der Festlegung ausgewählte Führungskräfte und
Beschäftigte einbezogen werden, da zwischen den verschiedenen Interessengruppen unterschiedliche
Vorstellungen bestehen (vgl. Diez, 1994(f), S.233).
Mögliche Inhalte einer (Unternehmens-)Vision können sein:
- Führerschaft bzgl. Qualität, Service, Kundendienst, Kosten usw. (Hierunter fällt das Streben nach der
Position des Besten, Ersten oder Schnellsten in einem bestimmten Bereich, Segment.)
- Über- bzw. Einholen marktbeherrschender Konkurrenten (Kaum etwas motiviert stärker als der
Wettbewerb mit einem größeren Wettbewerber.)
- Mitarbeiterorientierung (Bei dieser Vision steht das Wohlergehen und die Förderung des Personals im
Vordergrund. Dadurch erreichen diese Unternehmen bei ihren Mitarbeitern eine besonders hohe
Identifikation mit entsprechender Motivationswirkung.)
- Ethische Werte (Während in Wirtschaftsunternehmen ethische Werte bisher selten als Visionsinhalte
vorzufinden sind, basieren die Visionen von Non-Profit-Organisationen wie z.B. Amnesty
International, Kirchen, Rotes Kreuz meist auf diesen Werten.)
(vgl. Simon/Tacke, 1990, S. 14).
Nach der Entwicklung einer Vision muß diese erfolgswirksam mitgeteilt werden, damit sie in der Praxis
umgesetzt werden kann. Hierbei ist weniger wichtig, daß sie schriftlich vorliegt, als daß sie aktiv
kommuniziert und vorgelebt wird. Die Übereinstimmung von Wort und Tat bestimmt, ob sich die
Mitarbeiter mit ihr identifizieren und sie unterstützen (vgl. Henzler, 1990, S. 816; Simon/Tacke, 1990,
S. 13).
Aus einer Vision können langfristig strategische Ziele hervorgehen, wenn sie die Gegebenheiten des
Marktes, des Produktes und der Mitarbeiter einbezieht. Die festgelegten Unternehmensziele und
Zielpräferenzen münden dann in eine Strategie. Sie muß die Einflüsse des Marktes, die über Jahre
gewachsene Organisationsstruktur und die Mitarbeiter, als zunehmend wichtige Ressource und als
Erfolgsfaktor für die Zukunft berücksichtigen (vgl. Schmid, 1990, S. 17).
- 122 -
3.3.2. Die Unternehmenspolitik als Gesamtheit des unternehmerischen Leitbildes
Die Unternehmenspolitik ist die Gesamtheit von Unternehmensgrundsätzen, die in einem Leitbild80
schriftlich festgehalten oder mündlich weitergegeben werden. Sie regelt das Verhalten und Handeln
unternehmensintern und gibt u.a. an, welcher unternehmerischen Vision, welchen Werten, Normen,
(Denk-)Haltungen und Idealen sich das Unternehmen verpflichtet fühlt. Damit versucht die
Unternehmensleitung die Unternehmung als Ganzes ordnend zu gestalten (vgl. Hinterhuber, 1990(b), S.
71). Sie stellt den generellen Rahmen für Entscheidungstatbestände dar, die in nachgelagerten Phasen
geplant, realisiert und kontrolliert werden (vgl. Welge, 1992, S.45).
Sie ist nicht wertfrei, sondern enthält die subjektive Präferierung eines bestimmten Verhaltens, welches
sogar zu Lasten des ökonomischen Resultates gehen kann (vgl. Krulis-Randa, 1990, S.7). Zunehmend
spielen auch noch ethische, moralische und sittliche Werte des Unternehmens, also die Grundeinstellung
und das Verhalten zu internen und externen Interessengruppen (z.B. Umwelt, Öffentlichkeit, Staat,
Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Mitbewerbern), eine prägende Rolle (vgl. Volk, 1991, S. 50). Die
Auseinandersetzung mit diesen Gruppen gewinnt in jüngster Zeit an Bedeutung, da die Unternehmen
einer steigenden Anzahl von Grundproblemen in ihrem Umfeld ausgesetzt sind (vgl. Ulrich/Fluri, 1992,
S. 77ff).
Aufgabe der Unternehmenspolitik ist es, den Grundzweck (=Leistungsbereiche), die langfristigen Ziele
und Verhaltensgrundsätze des Unternehmens gegenüber den Interessengruppen festzulegen (vgl.
Ulrich/Fluri, 1992, S. 77; Welge, 1992, S. 47f).
Dabei gibt der Grundzweck die Produkt-Markt-Kombination des Unternehmens an (Business
Mission). Diese beantwortet die Frage nach dem Sinn bzw. Auftrag innerhalb der Gesellschaft, d.h.
deren Existenzberechtigung (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 94; Welge, 1992, S. 47). Die Präzisierung der
Mission erfolgt durch Angaben über:
- die Art der Güter und Dienstleistungen, welche das Unternehmen erbringen will,
- die besonderen Eigenschaften dieser Leistungen,
- die anzusprechenden Abnehmer und
- die räumliche Abgrenzung des Marktes
(vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 94).
Die obersten Unternehmensziele werden in einem Zielkatalog nach ihrer Bedeutung geordnet und
hinsichtlich des Anspruchsniveaus der Zielerfüllung definiert. Auf die konkreten Inhalte der strategischen
80
In der fachspezifischen Literatur werden für den Begriff “unternehmerisches Leitbild“, meist synonym, Bezeichnungen wie Unternehmenskonzeption, -philosophie, -grundsätze, -richtlinien oder -leitlinien (vgl. Lettau, 1982, S.
171; Staehle, 1990, S. 573; Volk, 1991, S. 50), Geschäftsauftrag, -tätigkeit (vgl. Berschin, 1985, S. 77) verwendet.
- 123 -
Zielsetzung wird nachfolgend noch detaillierter eingegangen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 97; Welge,
1992, S. 48).
Verhaltensgrundsätze stellen oberste Richtlinien hinsichtlich des Verhaltens gegenüber den Mitarbeitern (z.B. Führungsstil, Aus- und Fortbildung, Lohn- und Gehaltspolitik, Sozial- und andere
Leistungen) und den Marktpartnern (z.B. Qualitätsgrundsätze, Preispolitik, Prinzipien des
Kundendienstes und der Information) dar (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 99; Welge, 1992, S. 48).
Die Unternehmenspolitik darf kein starres System von Unternehmensgrundsätzen sein. Sie muß zu einer
Denkmethode werden, mit deren Hilfe man unternehmensexterne und -interne Entwicklungen erfassen,
sie ihrer Bedeutung für Motivation und Engagement der Mitarbeiter nach ordnen und entsprechend der
Strategie festlegen und überprüfen kann. Die irrationalen Elemente, die in der Unternehmenspolitik eine
bedeutende Rolle spielen, müssen rational betrachtet werden, wenn ihr Primat über die Strategien
allgemein verbindlich sein soll (vgl. Hinterhuber, 1990(b), S. 71).
Dabei entwickeln sich sog. Leitbilder in Abhängigkeit von der jeweiligen Zeit und deren Besonderheiten
(vgl. Gabele/Oechsler, 1983, S. 227).
Bei der Formulierung von Unternehmensgrundsätzen, insbesondere im Dienstleistungssektor wie dem
Kfz-Gewerbe, ist es zweckmäßig, die Kundenbedürfnisse in den Vordergrund zu stellen (z.B. Qualität,
Service, Zuverlässigkeit, Sicherheit). Steht der Nutzen für den Kunden im Mittelpunkt der
Betrachtungen, so verringert sich das Risiko, daß der Geschäftsauftrag nicht zielgerichtet formuliert wird
(vgl. Berschin, 1985, S. 77f).
Ziel ist es, für den einzelnen Kfz-Betrieb ein eigenes, individuelles Profil zu entwickeln, um sich positiv
von den Mitbewerbern abzusetzen und damit eine “Unique Selling Proposition“ (USP) zu erreichen.
Das Leitbild muß so formuliert werden, daß es für jeden Mitarbeiter im Betrieb verständlich ist, die
gesamte Belegschaft sich damit identifizieren kann und eine gemeinsame Wertebasis geschaffen wird
(vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 54). Mitarbeiter erkennen die Unternehmensgrundsätze, (ethischen) Werte
und Normen nur an, wenn sie durch die Vorgesetzten (z.B. Unternehmer/Geschäftsführer,
Führungskräfte) aktiv vorgelebt werden (vgl. Bleicher, 1989, S. 48; Krenzer, 1990, S. 29). Eine
Konzeption, die von den Beschäftigten nicht getragen wird, ist zum Scheitern verurteilt (vgl. Berschin,
1985, S. 79).
3.3.3. Die Corporate Identity zur Profilierung gegenüber den Wettbewerbern
In einem dichtbesetzten Markt besteht bei austauschbaren Produkten und Leistungen für Unternehmen
die Gefahr, anonym zu bleiben und als sog. (ersetzbarer) “me too“-Anbieter von den privaten und
gewerblichen Kunden angesehen zu werden. Obwohl Corporate Identity-Aktivitäten von vielen
Unternehmern und Führungskräften als unnütze Modeerscheinung bezeichnet werden, haben sie - richtig
- 124 -
eingesetzt - einen erheblichen Einfluß auf den strategischen Wettbewerbs- und Unternehmenserfolg (vgl.
Birkigt et al., 1993, S. 10).
Deshalb ist es auch für mittelständische Unternehmen wie ein Autohaus wichtig, sich neben einer hohen
Qualität der angebotenen Produkte und Serviceleistungen eine eigene, wohldurchdachte, marktgerechte
und vor allem unverwechselbare Corporate Identitiy (CI)81 aufzubauen (vgl. Brachat, 1991(a), S. 174;
Ohlsson, 1990, S. 40). Je deutlicher die Unterschiede, d.h. wahrnehmbare Vorzüge zu anderen
Unternehmen sind, um so mehr besitzt das Unternehmen eine eigene Persönlichkeit. In vielen
Großunternehmen (z.B. Volkswagen/Audi, Toyota; Sparkasse, Deutsche Bank; Microsoft) und
Franchise-Ketten (z.B. McDonald´s, OBI) wird die konsequente Umsetzung der CI bereits seit Jahren
erfolgreich betrieben. Im Kfz-Gewerbe wird der Erfolgswirksamkeit dieses Profilierungsinstruments
bisher wenig Bedeutung beigemessen.
Während die ersten CI-Programme noch stark von der marketingorientierten Imageforschung beeinflußt
waren (vgl. Staehle, 1990, S. 614), zielen neuere Konzepte zum einen auf die Schaffung eines
einheitlichen Images gegenüber der Öffentlichkeit und zum anderen auf den Aufbau von
Identifikationsmöglichkeiten für die Mitarbeiter mit dem Unternehmen und seinen Zielen. Die modernere
CI-Politik82 versucht, durch eine unverwechselbare Unternehmenspersönlichkeit eine klare und
eindeutige Profilierung der Gesamtheit des Unternehmens nach innen und außen zu erreichen, die
schnelle und ständige (Wieder-)Erkennbarkeit des Leistungsangebotes zu gewährleisten sowie das WirGefühl, den Firmenstolz und sämtliche Synergieeffekte zu forcieren (vgl. Ohlsson, 1990, S. 40; Staehle,
1990, S. 614f). Dabei handelt es sich beim CI nicht um Einzelaktivitäten (z.B. Werbung, Public
Relations, Mitarbeiterinformation), sondern um die Gesamtkommunikation und -präsentation eines
Betriebes (vgl. Birkigt et al., 1993, S. 18; Ohlsson, 1990, S. 40).
Um bei CI-Bemühungen ein hohes Maß an Klarheit, Eindeutigkeit und Konsistenz der Unternehmensidentität zu erlangen, darf zwischen den strategischen Komponenten eines Unternehmens nicht nur
eine Stimmigkeit vorgetäuscht, sondern sie muß überzeugend dargestellt werden (vgl. Staehle, 1990, S.
615). Verschmutzte Arbeitskleidung der Monteure, schmutzige, unordentliche Werkstatthallen und
ungepflegtes Kundenkontaktpersonal passen nicht zu einem Kfz-Betrieb, der Sauberkeit und Ordnung
ausstrahlen will.
Nur die Unternehmenspersönlichkeit, die intern gelebt wird, kann nach außen reflektiert werden (vgl.
Koch, 1989, S. 26). Corporate Identity bedeutet, so verstanden, daß Inhalte, Aussagen und Verhalten
übereinstimmen sollten (vgl. Achterholt, 1991, S. 46). Dabei ist CI nichts Statisches, sondern ist
81
Ins Deutsche übersetzt bedeutet der US-amerikanische Begriff "Corporate Identity" (CI) Unternehmensidentität
oder sinngemäß unverwechselbare Unternehmenspersönlichkeit (vgl. Ohlsson, 1990, S. 40) bzw. noch freier
ausgelegt, das unverkennbare, unverwechselbare, eindeutige Erscheinungsbild des Unternehmens.
82
"Corporate Identity-Politik ist die strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise eines Unternehmens nach innen und außen" (Volk, 1991, S. 52).
- 125 -
fortschreitend, dynamisch und verändert sich bzw. muß gezielt geändert werden, ohne daß sie als
Gesamtheit auseinanderfällt (vgl. Birkigt et al., 1993, S. 18).
Das strategische CI-Konzept umfaßt das unternehmensspezifische “Mix“ der CI-Instrumente und
unterstützt die Durchführung der Unternehmenspolitik (vgl. Volk, 1991, S. 52; siehe Abb. 11).
Abb. 11: Vorzüge einer unternehmensspezifischen Corporate Identity
CORPORATE IDENTITY
Attraktivität
Effizienz
Unverwechselbarkeit
Ausnutzung vorhandenen Potentials
Bindung ans
Unternehmen
Marktpräsenz
Stimulation des
Arbeitsklimas
Leistungsfähigkeit
Image-Bonus
Quelle: Loo/Radl, 1992(a), S. 38
Die Instrumente der CI-Politik umfassen folgende Komponenten:
a) Corporate Design (Unternehmenserscheinungsbild)
Das visuelle Erscheinungsbild soll das Unternehmen nach innen und außen als Einheit erscheinen lassen,
vor allem durch formale Gestaltungskonstanten, wie z.B. Firmenzeichen (synonym: Firmensymbol, signet, -logo, Attika etc.), Schriftzüge und Farbauswahl (vgl. Achterholt, 1991, . 47; Diez, 1994(e), S.
164f).
Bei der Gestaltung der Gebäude, Ausstellungshalle, Werkstatt etc. haben markengebundene Autohäuser
genaue Regularien bzw. Vorgaben seitens der Hersteller/Importeure zu beachten (z.B. bzgl.
Markenzeichen, -symbole, Hausfarbe, -schrift, Gebäudedesign, Attika, Formulare). Das Ziel ist es, ein
einheitliches, unverwechselbares Erscheinungsbild ihrer Repräsentanten und damit eine hohe
Wiedererkennungsrate des jeweiligen Fabrikats sowie letztlich ein Höchstmaß an Markenloyalität zu
erreichen (vgl. Brachat, 1991(a), S. 175; Diez, 1994(e), S. 164).
b) Corporate Attitude (Unternehmensverhalten)
Eine wichtiger CI-Baustein ist die konsequente “Corporate Attitude/Behavior“, d.h. das eindeutige
Unternehmensgesamtverhalten gegenüber den Interessengruppen. Es bezeichnet die Einstellungen und
das Verhalten jedes einzelnen Unternehmensangehörigen sowohl im innerbetrieblichen Umgang (z.B.
Arbeitsklima, Mitarbeitermotivation, -fluktuation, Führungsstil) als auch die daraus resultierende
Außenwirkung der Beschäftigten auf vorhandene bzw. potentielle Kunden, Mitbewerber, Lieferanten
etc. (z.B. freundlich, hilfsbereit oder unsympathisch). Somit findet ein direkter Übergang von der
- 126 -
internen zur externen Unternehmenskommunikation statt (vgl. Escherle/Kaplaner, 1990, S. 87; Volk,
1991, S. 52).
c) Corporate Communication (Unternehmenskommunikation)
Die Unternehmenskommunikation ist die Summe aller Botschaften eines Unternehmens an die
Öffentlichkeit (vgl. Escherle/Kaplaner, 1990, S. 88) und umfaßt u.a. die Werbewirkung der Mitarbeiter
und Führungskräfte sowie die der Geschäftsleitung in ihrem sozialen Umfeld. Ihre Äußerungen und
Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit schaffen die Grundlage für ein positives oder negatives Image
(=Fremdbild). Des weiteren gehören noch zur externen Unternehmenskommunikation alle
Möglichkeiten des Unternehmens, mit der Öffentlichkeit in Verbindung zu treten (Public Relations,
Personalakquisition, Sport- oder Kultur-Sponsering etc.). Vorrangiges Ziel dieser Kommunikation ist
es, neben einem Bekanntheitsgrad auch Verständnisbereitschaft für unternehmensspezifische
Vorgehensweisen zu erreichen sowie die Glaubwürdigkeit und auch den Goodwill des Betriebes zu
forcieren (vgl. Achterholt, 1991, S. 49ff).
Stimmt das von der Unternehmensführung angestrebte Gesamtbild des Unternehmens aufgrund von
Umfeldeinflüssen nicht mit dem tatsächlichen Image überein, kann ggf. mit Unterstützung der drei
Bausteine entsprechend dem langfristig betrachteten, strategiegerechten Zielimage gegengesteuert und
korrigiert werden (vgl. Volk, 1991, S. 52).
Da zukünftig Vertriebswege denkbar sind, in denen es aufgrund der Modifizierung bzw. des Wegfalls
des selektiven Vertriebssystems möglich sein könnte, Neuwagen verschiedener Fabrikate als sog.
Mega-Dealer zu vermarkten oder die Werke ihre Fahrzeuge über eigene Niederlassungen vertreiben,
kommt es für den einzelnen Kfz-Betrieb schon jetzt darauf an, sich ein eigenständiges,
unverwechselbares Erscheinungsbild zu schaffen, das seine Identität unabhängig von der CI des
Herstellers/Importeurs hervorhebt. Zwar ist es für fabrikatsgebundene Autohäuser schwierig, eine
unternehmensindividuelle, umfassende und ausgefeilte CI zu entwickeln, da ihnen insbesondere
hinsichtlich des Corporate Designs vieles vom Hersteller/Importeur vorgeschrieben wird. Jedoch
belegen einige Beispiele in der Praxis, daß durch entsprechende Schriftzüge, Firmenlogos,
Werbemaßnahmen, Verhaltensweisen etc. die Möglichkeit besteht, eine unternehmensspezifische
Identity zu betonen, um sich aus der anonymen Masse der Mitbewerber positiv hervorzuheben und
einen strategischen Wettbewerbsvorteil zu erreichen.
Gerade die Grundhaltung des Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitern, dem Markt und der
gesamten Öffentlichkeit ist ein entscheidendes Kriterium zur unternehmensindividuellen, umfassenden
und ausgefeilten Unternehmensprofilierung, die von den Mitbewerbern nicht einfach kopiert werden
kann wie ein Schriftzug oder ähnliches.
- 127 -
3.3.4. Die Unternehmenskultur als interne Handlungs- und Verhaltensleitlinie
In der Fachliteratur wird unter dem Begriff "Unternehmenskultur" (corporate culture) die Gesamtheit der
in einem Unternehmen real vorliegenden (ethischen) Werte und Zielsetzungen, Normen, Traditionen,
Denk- und Verhaltensweisen, Art des Zusammenlebens zwischen Unternehmensführung,
Führungskräften und Mitarbeitern subsumiert, die den Beschäftigten auf allen hierarchischen Stufen Sinn
und Richtlinien für ihr Verhalten vermitteln (vgl. Hentze/Brose, 1990, S. 239; Hinterhuber, 1990(b), S.
77; Ulrich/Fluri, 1992, S. 129).
Die Unternehmenskultur ist etwas kontinuierlich Gewachsenes, die zwar über einen langen Zeitraum
aufgebaut wird, aber in kurzer Zeit zerstört werden kann. Sie wird ganz wesentlich durch die Vision und
durch das Vorbild der Unternehmensleitung und der Führungskräfte geprägt (vgl. Hinterhuber, 1990(b),
S. 77). Sie formt die individuelle Unternehmenspersönlichkeit und vermittelt sie nach außen, so daß sich
das Unternehmen von seinen Mitbewerbern absetzen kann (vgl. Beyer, 1990, S. 368).
Die Notwendigkeit für eine eigenständige Unternehmenskultur ergibt sich aus der zunehmenden
Austauschbarkeit der Produkte und der Gefahr der einzelnen Betriebe, in einem dichtbesetzten Markt
anonym zu bleiben. Damit wird die Unternehmenskultur zu einem kritischen Erfolgsfaktor.
Inhalte der Unternehmenskultur beziehen sich auf folgende Faktoren: Mitarbeiter, Kunden,
Hersteller/Importeur und sonstige Lieferanten, Eigentümer/Gesellschafter, Banken, Tätigkeitsfeld des
Unternehmens, Wachstums- und Expansionspolitik, Finanz-, Absatzpolitik, Beziehungen zur
Öffentlichkeit, zu Verbänden und staatlichen Institutionen (vgl. Diez, 1994(e), S. 224).
Die Resultate, die sich mit einer bestimmten Unternehmenskultur erzielen lassen, sind um so günstiger, je
besser es der Unternehmensleitung gelingt, die Strategien im Einklang mit der Unternehmenskultur zu
formulieren oder die Kultur den Strategien anzupassen. Im günstigsten Fall, wenn sich Strategie und
Unternehmenskultur gegenseitig stützen und ergänzen, entsteht ein führender Wettbewerber (vgl.
Hinterhuber, 1990(b), S. 77). Viele gut konzipierte Strategien und Aktionspläne scheitern in der Praxis,
weil sie nicht mit der in dem Unternehmen vorherrschenden Unternehmenskultur übereinstimmen (vgl.
Hinterhuber, 1990(b), S. 77; Welge, 1992, S. 394).
Die Unternehmenskultur muß sich an die fortlaufenden Umfeldveränderungen anpassen und durch
Werte wie Schnelligkeit, Einfachheit, Flexibilität, prozeßorientierte, nicht-hierarchische Strukturen
gekennzeichnet sein. Der Änderungsprozeß muß von der Geschäftsführung und den Führungskräften
aktiv vorgelebt und auf alle Verantwortungsbereiche übertragen werden. Diese veränderte
Betrachtungsweise erfordert von allen Arbeitnehmern ein erhebliches Umdenken (vgl.
Hinterhuber/Popp, 1994, S. 129).
- 128 -
Die Entstehung einer individuellen, positiven Unternehmenskultur ist das Resultat eines komplizierten
Vorgangs, der nicht hergestellt bzw. angeordnet, sondern der nur in bewußten und gezielten
Lernprozessen aller Mitarbeiter entwickelt werden kann (vgl. Münch/Müller, 1988, S. 29).
Aufgabe einer strategisch ausgerichteten Führung muß es daher sein, die Unternehmenskultur als ein
eigenständiges Phänomen anzusehen, sie behutsam auszubauen und zukunftsorientiert zu entwickeln (vgl.
Krystek/Zur,1990, S. 17).
Bei der Formulierung der Unternehmenskultur müssen gerade in Kfz-Betrieben die Mitarbeiter als
entscheidender Erfolgsfaktor besonders herausgestellt werden. Denn nur zufriedene Mitarbeiter können
zufriedene Kunden schaffen und sie freundlich, kompetent und fachgerecht bedienen. Entsprechend
müssen die Mitarbeiter fortlaufend geschult werden, damit sie sich immer auf dem aktuellen
Wissensstand befinden. Sie sollen Sinn- und Selbstverwirklichung in ihren Aufgaben finden. Dabei
fördert ein großer Entscheidungsspielraum die Kreativität und schöpferische Kraft der Mitarbeiter(innen).
Unternehmer, die ihre betriebsindividuelle Unternehmenskultur beeinflussen möchten, dürfen die
leitenden Werte, Normen und Ideen nicht nur ansprechen, sondern sie müssen von ihnen vielmehr durch
Symbole, Gegenstände, Informationsverhalten und durch eigenes Handeln aktiv vermittelt werden. In
mittelständischen Unternehmen ist es durch den meist direkten persönlichen Kontakt mit einer Mehrzahl
der Beschäftigten wesentlich einfacher möglich, eine widerspruchsfreie Unternehmenskultur zu
entwickeln als in Großbetrieben (vgl. Kahle, 1989, S. 91).
Kulturen können allerdings auch der Gefahr unterliegen, sich durch immer wieder stattfindende
Selbstbestätigung und Rückgriff auf bewährte Problemlösungen so zu verfestigen, daß Notwendigkeiten
einer Anpassung an veränderte Umweltbedingungen nicht oder nicht mehr rechtzeitig wahrgenommen
werden (vgl. Krystek/Zur, 1990, S. 17). Das kann bei allem Wohlbefinden der Mitarbeiter zur
Existenzgefährdung des Unternehmens führen. Deshalb darf das angestrebte Harmoniebedürfnis, das
auch in einer Unternehmenskultur steckt, nicht dazu führen, Ziele und Handlungen des Unternehmens
nicht mehr fortlaufend zu überprüfen und in Frage zu stellen.
Eine in sich geschlossene, widerspruchsfreie Unternehmenskultur ist eine individuelle und nicht kurzfristig
imitierbare, übertragbare und/oder käufliche Eigenschaft des Unternehmens. Sie verleiht ihm einen
gewissen Wettbewerbsvorsprung (vgl. Krystek/Zur, 1990, S. 17; Rückle, 1992,
S. 136; Simon/Tacke, 1990, S. 10) und ist damit ein wichtiges und wirksames Profilierungsinstrument
für das einzelne Unternehmen (vgl. Rückle, 1992, S. 136).
- 129 -
3.3.5. Inhalt und Umfang der einzelnen Planungsbereiche
Je größer und unüberschaubarer die Unternehmen und die zu bearbeitenden Märkte für den Einzelnen
werden, je heterogener der Personalstamm wird, desto größere Bedeutung bekommt eine detaillierte,
vorausschauende, zukunfts- und zielorientierte Planung (vgl. Kirsch, 1983, S. 155). Heutzutage wird die
Planung allgemein als die wichtigste Aufgabe im Management- bzw. Führungszyklus - bestehend aus
Planung, Steuerung und Kontrolle - eingestuft (vgl. Hahn, 1990(b), S. 401).
Aufgabe der Planung ist es, die generellen unternehmenspolitischen Zielsetzungen unter Beachtung
externer und interner Gegebenheiten und Entwicklungstendenzen zu konkretisieren, Teilziele für die
Subsysteme sowie die zur Zielerreichung notwendigen und geeigneten Maßnahmen und Mittel
festzulegen. Notwendige Ergänzung dieser eigentlichen Planungsaufgabe bildet die fortwährende
Kontrolle der Zielerreichung, aufgrund derer evtl. erforderliche Ziel- und Plankorrekturen rechtzeitig
veranlaßt werden können (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 108).
Die Planung bedeutet in diesem Sinne kein starres Festsetzen von und Festhalten an Zielen und
Aktionen, sondern sie ist ein ständiger Prozeß von Anpassungs- und Korrekturmaßnahmen. Dies ist
aber nur dann durchführbar, wenn regelmäßige Soll-/Ist-Vergleiche die entsprechenden Daten liefern.
Die Planung ist somit auf allen Ebenen durch Kontrollen (Prämissen-, Konsistenz-, Ergebniskontrollen)
zu erweitern. Voraussetzung dafür ist ein funktionierendes, entscheidungsorientiertes Rechnungswesen
(vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 126f; Horváth/Weber, 1990, S. 297f).
Jedoch soll nicht darunter verstanden werden, daß im Unternehmen grundsätzlich alles geplant werden
muß. Dies wäre ein außerordentlich aufwendiger und komplizierter Prozeß und der Aufwand würde in
keinem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen stehen. Notwendig ist eine Schwerpunktplanung, die einen
Zusammenhang zwischen den einzelnen Elementen des Planungssystems schaffen muß (vgl. Malik,
1981(b), S. 56f).
Planung ist deshalb hochrangige Führungsarbeit, weil dadurch das Unternehmensschicksal für mehrere
Jahre im voraus festgelegt wird. Da dem Unternehmensführer einerseits das detaillierte Know-how in
allen Unternehmensbereichen fehlt und er andererseits durch diesen Arbeitsumfang meist überlastet
wäre, erfordert Planung die zusätzliche Einschaltung von Führungskräften und erfahrenen Mitarbeitern.
Durch die multipersonale Planung können neben Ziel- und Bewertungskonflikten auch sonstige
divergente Auffassungen entstehen. Dies erfordert eine besondere Sorgfalt bei der Abstimmung der
einzelnen Teilpläne (vgl. Kuhn, 1990, S. 77f).
Gerade in mittelständischen Betrieben sind aufgrund der Unternehmensgröße und der damit verbundenen Überschaubarkeit sowie dem direkteren, persönlicheren und hierarchieübergreifenderen
Kontakt die Voraussetzungen günstiger, die von den Plänen betroffenen Mitarbeiter bei der
Entscheidungsfindung partizipieren zu lassen. Dafür muß der Unternehmer bereit sein, die oftmals
autoritäre und patriarchalische Grundhaltung aufzugeben. Das klassische formale Organisationsprinzip
- 130 -
muß mehr und mehr durch informelle Kontakte im Rahmen von Qualitätszirkeln, Lernstatt, TeamKonzepten etc. durchbrochen werden (vgl. Knebel, 1987, S. 383; Knebel, 1988, S. 9).
Je nach zeitlicher Reichweite der Zukunftsbetrachtung sind unterschiedliche Arten, Horizonte und
Akzentuierungen der Planung zu berücksichtigen83:
- Generelle Zielplanung bzw. langfristige Rahmenplanung (Werte-, Sach-, Sozialzielplanung; etwa 5-12
Jahre, teilweise darüber hinausreichend);
- Strategische Planung (Geschäftsfeldplanung, Organisations-, Führungskräfteplanung; ca. 3-5 Jahre);
- Operative Planung (Programm-, Funktionsbereichsplanung sowie gesamtunternehmens-bezogene
Ergebnis- und Finanzplanung; ungefähr bis zu 3 Jahren) (vgl. Hahn, 1994, S. 107);
- Strategisches und operatives Controlling (z.B. Target Costing, Prozeßkostenrechnung).
Bei dieser zeitlichen Abgrenzung ist zu berücksichtigen, daß sie nicht für alle Wirtschaftszweige
verallgemeinert werden kann. Der Planungszeitraum der einzelnen Planungsphasen wird bestimmt von
der Produktlebensdauer und/oder von der Lebensdauer der wesentlichen kapazitätsbestimmenden
Investitionen (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 148).
Generell werden die Pläne um so detaillierter, je geringer die zeitlichen Abstände zur angestrebten
Verwirklichung sind, also um so kurzfristiger die Planungsbereiche sind. Damit nicht unterschiedliche
Planungssysteme nebeneinander herlaufen, muß die kurz- und mittelfristige Planung immer in die
langfristige Planung systematisch integriert werden (vgl. Korndörfer, 1989, S. 109ff).
3.3.5.1.
Die generelle Zielsetzung im Autohaus
Ausgangspunkt einer jeden Planung und des später noch zu behandelnden Controlling ist die generelle
Zielsetzung des Unternehmens (vgl. Berschin, 1985, S. 74; Korndörfer, 1990, S. 376). Ziele sind die
vom Unternehmen selbst formulierten Vorstellungen über erwünschte organisatorische Zustände bzw.
Verhaltensweisen wie Stabilität, Wachstum, Effizienz etc. (vgl. Staehle, 1990, S. 406). Ohne genaue
Zielvorgaben wird jede Planung zur bloßen Fortschreibung aus der Vergangenheit und somit zur
Statistik (vgl. Korndörfer, 1989, S. 104).
Bei der Formulierung der langfristigen Ziele und bei den daraus abgeleiteten strategischen
Entscheidungen ist das Unternehmen mit vielfältigen Anforderungen unterschiedlicher Interessengruppen
(z.B. Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden, Mitbewerber, Betriebsrat) konfrontiert. Die oft gegensätzlichen
Interessen sind zu identifizieren, zu gewichten und in den langfristigen Zielkatalog aufzunehmen (vgl.
Welge, 1992, S. 51).
83
Über Inhalt und Umfang der einzelnen Planungsarten gibt es in der einschlägigen betriebswirtschaftlichen Literatur keine einheitliche Auffassung (vgl. Korndörfer, 1989, S. 108).
- 131 -
Dabei ist zu berücksichtigen, daß Unternehmensziele nicht nur eine Orientierungs-, sondern vor allem
eine Motivationsfunktion für die Mitarbeiter haben sollen. Sie sollen nicht nur die geplante Zielsetzung
des Unternehmens beinhalten, um evtl. Abweichungen frühzeitig feststellen und gegensteuern zu können,
sondern vor allem die Arbeitnehmer motivieren, diesen Weg mitzugehen und zu unterstützen. Dafür ist
es notwendig, daß die festgelegten Ziele für die Mitarbeiter verständlich und nachvollziehbar sind (vgl.
Diez, 1994(f), S. 232).
Das Ziel der grundlegenden Rahmenplanung ist die langfristige Sicherung der Existenz und des
Wachstums des Unternehmens, der Arbeitsplätze und eine angemessene Verzinsung des investierten
Kapitals (vgl. Korndörfer, 1989, S. 35). Durch das unternehmerische Leitbild und die langfristige
Unternehmenspolitik wird dabei ein globaler Rahmen geschaffen, mittels dessen die Kontinuität und
Konsistenz der Unternehmensentwicklung über Leit- und Oberziele gewährleistet ist. Die Leit- und
Oberziele für das gesamte Unternehmen werden für etwa 5-12 Jahre festgelegt (vgl.
Coenenberg/Baum, 1987, S. 27).
Daraus lassen sich für ein Autohaus vielfältige Teilziele ableiten, wie beispielsweise84:
- optimale wie maximale Gewinnerzielung,
- ausreichende Liquidität,
- hohe Mitarbeiterzufriedenheit,
- Sicherung der Arbeitsplätze,
- höchste Kundenzufriedenheit,
- freundliche Atmosphäre,
- interessante Produkte,
- moderne Ausstattung und Geräte,
- gute Marktanteile,
- Problemlöser rund um das Automobil.
(in Anlehnung an Korndörfer, 1990, S. 157).
Die aufgestellten Zielsetzungen dürfen keine Leerformeln oder unverbindliche Unternehmensleitsätze
sein, sondern sie müssen als Anspruch an das Unternehmen aktiv umgesetzt werden. Wenn ein
Unternehmen beispielsweise das Ziel hat, “Ansprechpartner in allen Fragen rund um das Automobil“ zu
sein, dann muß es auch die wachsenden Kundenbedürfnisse bzgl. des Automobils erkennen und
befriedigen. Dies könnte im einzelnen bedeuten, daß dieser Betrieb neben dem Verkauf und
Kundendienst von Fahrzeugen auch noch Versicherungen, Service-Leasing, Mobilfunk, Mietwagen,
Hol- und Bringservice etc. anbietet. Das Ziel muß also in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden (vgl.
Diez, 1994(f), S. 232).
Durch das Untergliedern der generellen Zielsetzung in operationale Teilziele entsteht im Unternehmen ein
Zielsystem. Da die Teilziele auf den unterschiedlichen Unternehmensebenen als Zwischen- und
Unterziele auftreten, bezeichnet man das Ergebnis als Zielhierarchie. Die Teilziele sollten nicht autoritär
von der Führungsspitze vorgegeben werden, sondern in einer Art Zielbildungsprozeß kooperativ mit den
84
Die allgemeingültige Darstellung eines generell gültigen, logisch geschlossenen Zielsystems ist aufgrund der
vielschichtigen Kombinationsalternativen kaum lösbar (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 97).
- 132 -
zuständigen Führungskräften und Mitarbeitern erarbeitet werden. Aufoktroyierte Ziele motivieren bzw.
verpflichten moralisch nicht unbedingt die Mitarbeiter zur Zielerreichung (vgl. Hahn, 1994, S. 20).
Entstehende Zielkonflikte sind durch die Unternehmensleitung, gemeinsam mit den Entscheidungsträgern,
durch Gewichtung der konkurrierenden Ziele zu lösen (vgl. Thommen, 1990,
S. 108).
Im Rahmen der generellen Zielsetzung werden in Abstimmung zwischen der Unternehmensführung
sowie den Führungskräften und Mitarbeitern quantitative und vor allem qualitative Ziele und
Vorstellungen über erwünschte zukünftige (Ideal-)Zustände oder Verhaltensweisen formuliert, die das
Unternehmen erreichen möchte (vgl. Hahn, 1990(a), S. 5; Hahn, 1990(b), S. 402).
Qualitative (soziale) Ziele (z.B. Arbeitsplatzsicherheit, hohe Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit,
gerechte Entlohnung, Teamarbeit, Weiterbildungsmöglichkeiten) sollen eine Antwort auf die Frage
geben, welche Kunden- und Mitarbeiterwünsche das Unternehmen mit welchen spezifischen Stärken
gegenüber den Mitbewerbern befriedigen will (vgl. Diez, 1994(f), S. 232).
Neben den sinnvermittelnden, qualitativen Zielen umfaßt die Zielplanung auch die Festlegung bestimmter
quantitativer Sach- und Leistungsziele (Gewinn-, Umsatz- und andere Wertziele). Sie geben eine
Antwort auf die Frage, welche meßbaren Ziele das Unternehmen zur langfristigen Existenzsicherung
anstrebt (vgl. Diez, 1994(f), S. 233; Hahn, 1994, S. 14). Bei diesen wert- und mengenmäßíg
bestimmbaren Zielen kann - im Gegensatz zu den qualitativen Zielen - der Zielerfüllungsgrad präzise und
für jeden transparent angegeben werden (vgl. Hahn, 1994, S. 93).
Mögliche quantitative Ziele in einem Kfz-Betrieb sind:
- Wir wollen bis zum Jahr 2000 ein Umsatzvolumen von 40 Mio. DM erzielen!
- Wir möchten in den kommenden 10 Jahren ein jährliches Umsatzwachstum von 5 % erreichen!
- Wir wollen langfristig eine Umsatzrendite vor Steuern von 4 % erzielen!
Als realistische Basiswerte zur Festlegung quantitativer Zielsetzungen dienen z.B. Vergangenheitswerte,
Vergleichszahlen gegenüber den Wettbewerbern (Marktanteile, Marketingerfahrung etc.),
Vergleichswerte der Branche und gesamtwirtschaftliche Daten (vgl. Berschin, 1985, S. 76).
Mögliche qualitative (soziale) Ziele in einem Autohaus sind:
- Wir wollen unseren Stammkunden individuelle Leistungen offerieren, die sie woanders nicht
bekommen!
- Wir möchten für unsere Kunden ein modernes, kompetentes und freundliches Dienstleistungsunternehmen rund um das Kraftfahrzeug sein!
- Wir wollen, daß sich unsere Mitarbeiter im Unternehmen wohl fühlen und sich mit den Unternehmenszielen identifizieren können!
- 133 -
Speziell die sozialen Ziele erhalten durch den gesellschaftlichen Wertewandel steigende Bedeutung (vgl.
Thommen, 1990, S. 103).
Die Formulierung von Zielen ist keine einmalige Unternehmensaufgabe, sondern ein fortlaufender
Prozeß. In dem Maße, in dem sich die externe und interne Unternehmenssituation wandelt, werden u.U.
auch Zielerneuerungen notwendig (vgl. Staehle, 1990, S. 410).
Jedem Mitarbeiter im Unternehmen muß bewußt gemacht werden, welche Aufgaben ihm im Rahmen
der unternehmerischen Gesamtkonzeption zukommen und welche Bedeutung die Erfüllung seines
Teilziels für das Gelingen der Gesamtzielsetzung hat. Die Identifikation der gesamten Belegschaft mit den
Zielen ist ein wichtiger Motivationsfaktor für die individuelle Arbeitsleistung (vgl. Diez, 1994(f), S. 232f;
Korndörfer, 1989, S. 43).
Abschließend ist anzuführen, daß nur wenige Betriebe über konkrete Zielsetzungen verfügen. Die
Formulierung von Unternehmenszielen und ihre laufende Weiterentwicklung ist eine Hauptaufgabe der
Unternehmensführung und der Führungskräfte. Für die einzelnen Funktionsbereiche sind daraufhin auf
der Ebene des Gesamtunternehmens im Rahmen der Maßnahmenplanung Strategien zu erstellen, die
miteinander harmonieren (vgl. Laukamm/Steinthal, 1986, S. 27).
3.3.5.2.
Die strategische Unternehmensplanung unter besonderer Berücksichtigung der
strategischen Personalplanung
Die Hauptaufgabe bei der sich an die generelle Zielsetzung anschließenden strategischen Planung
(=Geschäftsfeldplanung) liegt in der Schaffung, Analyse und Erhaltung von Erfolgsquellen und
Ertragspotentialen. Sie erfordert eine Abgrenzung von Produkten, Märkten, Potentialen, Handlungsprogrammen und soll Anpassungen an den strukturellen Wandel gewährleisten. Zentrales Anliegen
ist die Entwicklung längerfristiger Konzeptionen zur erfolgreichen Zukunftssicherung des Unternehmens
im Hinblick auf Planungsstrategien, die auf bis zu fünf Jahren ausgelegt sind (vgl. Hentze/Brose, 1985(a),
S. 160; Lachnit, 1989, S. 11)85.
Auf dieser Planungsebene werden die primär allgemein gehaltenen Inhalte der generellen Unternehmenszielsetzung in Verbindung mit der Vision und Unternehmenskultur konkretisiert und einzelne
Teil- und Zwischenziele daraus abgeleitet. Die sich daraus weiterhin ableitende Strategie umfaßt dann
die genauen Analysen, Wege, Pläne und Maßnahmen, wie diese Ziele realisiert werden sollen (vgl.
Simon/Tacke, 1990, S. 15).
Die zentrale Aufgabe einer jeden Strategie besteht in der Schaffung von langfristigen Wettbewerbsvorteilen gegenüber den Konkurrenten, mit denen im Idealfall eine monopolähnliche Stellung im
85
Die Unternehmensstrategie zeigt auf, welches Geschäft das Unternehmen betreibt bzw. betreiben soll (vgl. Staehle,
1989(a), S. 114).
- 134 -
Markt erreicht werden kann. Solche Wettbewerbsvorteile, mit denen eine Position der Einzigartigkeit
aufgebaut werden kann, beziehen sich z.B. auf das Preis-/Leistungsverhältnis, den Service, die
Dienstleistungsqualität, d.h. auf Faktoren, die den Kunden bewegen, diese Marktleistung einer anderen
vergleichbaren vorzuziehen (vgl. Hinterhuber, 1990(a), S. 159). Je besser es dem Unternehmen gelingt,
die Interessengruppen zufriedenzustellen, desto nachhaltiger kann es seine langfristigen
Gewinnaussichten verbessern und damit seinen Wert erhöhen (vgl. Hinterhuber, 1994(a), S. 105).
Die strategische Planung erstreckt sich zum einen auf das gesamte Unternehmen und zum anderen
basiert sie auch auf sämtlichen unternehmerischen Teil- bzw. Funktionsbereichen. Aufgrund der
Wichtigkeit der strategischen Entscheidungen muß die Unternehmensführung selbst umfangreich
involviert und direkt verantwortlich sein sowie von ihr die strategischen Entscheidungen verabschiedet
werden. Andernfalls bestehen nur geringe Chancen, daß im Rahmen der strategischen Planung
erfolgsträchtige Strategien entwickelt und danach mit der notwendigen Konsequenz umgesetzt werden
(vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 98f).
Das Ergebnis der strategischen Planung wird in dem sog. strategischen Plan als formalem Dokument
festgehalten (vgl. Berschin, 1985, S. 49). Er sollte auf der Grundlage einer Analyse der gegenwärtigen
Situation des Betriebes (z.B. unternehmensexterne Chancen-/Risiken-, unternehmensinterne Stärken/Schwächen-Analyse), die grundlegenden Zielsetzungen, (z.B. Umsatz, Marktanteil, Gewinn,
Deckungsbeitrag, Kapitalstruktur) in möglichst meßbarer und nachprüfbarer Form beinhalten und
zusätzlich Strategien zu ihrer Realisierung (z.B. bzgl. Leistungsprogramm, Projekten) angeben. Dieser
Plan sollte jährlich überarbeitet und aktualisiert werden, damit für alle Interessengruppen nachvollziehbar
ist, in welche Richtung sich das Unternehmen in den kommenden Jahren entwickeln möchte (vgl.
Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 127; Horváth/Weber, 1990, S. 299f).
Aufgrund der hohen inhaltlichen Anforderungen, Komplexität und mangelnden Verfügbarkeit von Daten
und Methoden sind die primär für Großunternehmen entwickelten strategischen Planungsverfahren (z.B.
Theorie der Erfahrungskurve, Analyse der Branchenstruktur, Anwendung des PIMS-Programms,
Portfolio-Analyse) für die meisten Klein- und Mittelbetriebe zu umfangreich und anspruchsvoll. Ein
Planungssystem für diese Unternehmensgrößen muß einfach handhabbar und praxisnah sein, um die
Unternehmensführung bei ihren langfristigen Entscheidungsaufgaben effektiv zu unterstützen. Doch auch
sie sind genauso wie Großunternehmen vermehrt dazu gezwungen, sich ein genaues Bild von ihren
gegenwärtigen und zukünftigen Produktmärkten und Mitbewerbern zu verschaffen (vgl. Kreikebaum,
1993, S. 205f).
Dabei wird es immer notwendig sein, zunächst die Schlüssel- bzw. Engpaßstrategie festzulegen. Speziell
bei den meisten mittelständischen Unternehmen, wie auch im Kfz-Gewerbe, ist der Absatz der
Schlüsselbereich, so daß zuerst dort verschiedene Strategien für die einzelnen Produkte und
Leistungsbereiche zu entwickeln und gegeneinander abzuwägen sind. Daraufhin werden die Strategien
- 135 -
für die übrigen Funktionsbereiche (Kundendienst, Teilelager) erstellt. Die Anzahl der Teilstrategien
hängt primär von den spezifischen Unternehmensvoraussetzungen (z.B. Unternehmensgröße,
Wettbewerbsposition, Zielsetzungen, Führungsstil) ab (vgl. Bussiek, 1985, S. 122).
Letztendlich geht es also um das Herausfinden von strategischen Erfolgsfaktoren86, also um das Finden
solcher Produkte und Leistungen, die zukünftig den Erfolg ermöglichen und sichern. Dies kann nur auf
der Grundlage entsprechender Sach- und Humanpotentiale geschehen. Da die operative Planung hierauf
aufbaut, kommt der sorgfältigen Bearbeitung von Analysen, Prognosen und Frühinformationen sowie
der Darstellung der Wirkungen von strategischen Alternativen in der mehrperiodigen Ergebnis- und
Finanzplanung größte Wichtigkeit zu (vgl. Hahn, 1990(b), S. 403).
Die strategische Betrachtungsweise darf jedoch nicht nur auf die Unternehmensplanung ausgerichtet
sein, sondern es muß vielmehr eine simultane und interaktive Entwicklung der Strategie, Organisation
und des Humanpotentials erfolgen. Hier treffen drei bisher getrennt behandelte Komponenten
aufeinander, und zwar die marktorientierte strategische Unternehmensplanung, die strukturorientierte
Organisationsentwicklung sowie die ressourcenorientierte Personalplanung (vgl. Staehle, 1989(a), S.
50).
Strategische Vorüberlegungen müssen direkt mit den Auswirkungen auf die vorhandenen personellen
Ressourcen untersucht werden. Jede Investition ist schon im frühen Planungsstadium in ihren
Auswirkungen auf die veränderten Arbeitsinhalte und -anforderungen hin zu analysieren, damit frühzeitig
entsprechende personalpolitische Maßnahmen ergriffen werden können (vgl. Staehle, 1989(a), S. 50).
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer langfristigen, integrativen Investitions- und Personalplanung.
Andernfalls können Strategien u.U. nicht realisiert werden, da die vorhandenen Führungskräfte und
Mitarbeiter nicht rechtzeitig in der Lage sind, sie umzusetzen (vgl. Riekhof, 1989(a), S. 51ff).
Da speziell die qualifizierten Mitarbeiter zunehmend als wichtigstes Unternehmenspotential angesehen
werden, müssen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Unternehmensstrategie auch die
Zielsetzungen der einzelnen Mitarbeiter berücksichtigt werden. Je präziser die Unternehmensstrategien
und die notwendigen Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter abgestimmt werden, desto genauer
ist zu erkennen, welche Beschäftigten willens und in der Lage sind, den zukünftigen Anforderungen zu
entsprechen (vgl. Walsh, 1987, S. 148).
Deshalb ist die langfristige Beschaffung und Entwicklung qualifizierter Mitarbeiter ein wesentlicher
Aspekt jeder Unternehmensstrategie; die Bereitstellung eines zielorientierten quantitativ und qualitativ
ausreichenden Mitarbeiterpotentials ist generelle Voraussetzung für die Umsetzung von Strategien (vgl.
Papmehl/Borsczc, 1989, S. 291).
86
Strategische Erfolgsfaktoren/-potentiale werden auch als strategische Geschäftsfelder, -einheiten bzw. strategische
Schlüssel-, Wettbewerbsfaktoren (Strategic Business Units) eines Unternehmens bezeichnet (vgl. Ulrich/
Fluri, 1992, S. 125).
- 136 -
Insgesamt wird bisher in den wenigsten mittelständischen Unternehmen und speziell Kfz-Betrieben
strategisch geplant. Strategische, also vorausschauende, systematisch erstellte, in formalisierter Form
durchgeführte Konzepte fehlen meist gänzlich bei diesen Unternehmensgrößen. Dabei lassen sich
Unternehmen um so zielorientierter und sicherer führen, je detaillierter die strategische Planung erfolgt.
Insbesondere in der (strategischen) Personalplanung liegt bei Klein- und Mittelbetrieben ein deutliches
Defizit (vgl. Hamer, 1990(a), S. 63).
Damit die Strategien umgesetzt werden können, müssen sie in einem Zeitplan mit konkreten
Maßnahmen belegt werden. Die Maßnahmen- und Umsetzungsplanung einschließlich Wirtschaftlichkeitsanalyse (z.B. Break-even-Analyse, Planungsrechnung) und Festlegung des Realisierungsprozesses bedarf eines systematischen Vorgehens (vgl. Diez, 1994(f), S. 237f).
3.3.5.3.
Verschiedene Formen der Wettbewerbsstrategie
Angesichts weitgehend konstanter Geschäftsfelder, Marktsegmente und Vertragsgebiete prägt
insbesondere die Form der Marktbeeinflussung (z.B. Preis vs. Leistung) und die Marktposition den
handelsseitigen Wettbewerbsstil. Die meisten Unternehmen verhalten sich als Mitläufer, die allerdings
durch den zunehmenden Preiskampf und aufgrund von Profilierungsdefiziten zunehmende Probleme
aufweisen.
Der leitende Gedanke einer Wettbewerbsstrategie besteht darin, mit Hilfe von langfristig orientierten,
vom Kunden (deutlich) wahrnehmbaren und für ihn wichtigen Wettbewerbsvorteilen in jedem
Marktsegment, in dem das Unternehmen tätig ist oder sein will, die wichtigsten Interessengruppen (z.B.
Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden) besser und schneller zufriedenzustellen, als dies die Mitbewerber
durchführen können, und damit eine Position der “Einzigartigkeit“ einzunehmen (vgl. Hinterhuber,
1994(a), S. 104). Die Bewertung der Zufriedenheit dieser Gruppen im Vergleich zu den Mitbewerbern
stellt eine zentrale Frage für die Beurteilung der eigenen Marktposition dar.
Eine effektive Wettbewerbsstrategie umfaßt offensive (zielgerichtetes Nutzen eigener Vorzüge, positive
Veränderungspotentiale zur Verbesserung der eigenen Position usw.) und defensive (Bewahren des
vorhandenen Status quo etc.) Maßnahmen, um eine verteidigungsfähige Position gegenüber den
Wettbewerbern zu erreichen (vgl. Becker, 1993, S. 331; Welge, 1992, S. 230).
Grundsätzlich gibt es zwei gegensätzliche Pole von Wettbewerbsvorteilen, und zwar niedrige Kosten
oder Differenzierung. Kombiniert man diese beiden Grundtypen mit der Breite des Betätigungsfeldes
des Unternehmens (Gesamt- vs. Teilmarkt), so ergeben sich nach Porter (1985, 1987) drei Typen von
Strategien: Kostenführerschaft, Differenzierung und Nischenanbieter (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 26).
Die Strategie der Kostenführerschaft beruht auf Verdrängung über den Preis, d.h. es wird im
Vergleich zu den Konkurrenten eine bessere Kostenposition angestrebt, z.B. durch einfachere Produkte
und Abdeckung eines größeren Marktes (vgl. Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 63).
- 137 -
Die Kostenminimierung muß sich auf alle Bereiche, also auf die Produktion, den Service, die
Distribution, Verkaufsförderung (z.B. Werbung), Verwaltung usw. erstrecken. Grundlage der
Kostenführerschaft ist eine detaillierte Kostenanalyse. Verfolgen diese extrem einseitige Position
mehrere Wettbewerber im gleichen Geschäft, so wird sich im allgemeinen eine immer unprofitabler
werdende Konkurrenzsituation ergeben (vgl. Welge, 1992, S. 231ff), die im Neuwagengeschäft der
Autohäuser evident ist.
Die Strategie der Differenzierung entwickelt Leistungsmerkmale bzw. Präferenzen über rationale
und/oder emotionale Anmutsleistungen oder Kundenpartnerschaft, um sich dadurch von den
Mitbewerbern unterscheiden zu können (vgl. Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 63).
Diese Möglichkeit der strategischen Ausrichtung zielt darauf ab, bzgl. eines wichtigen Kundennutzens
eine überlegene Leistung - im Sinne von Produkten oder Dienstleistungen - anzubieten, um eine
Sonderstellung im Markt zu erreichen. So kann z.B. eine Führungsposition des Unternehmens in bezug
auf Service, Garantieleistungen oder Qualität angestrebt werden. Es ist jedoch kaum möglich, auf allen
angeführten Gebieten gleichzeitig die führende Position zu erreichen (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993,
S. 191; Welge, 1992, S. 236ff).
Zielt ein Kfz-Betrieb beispielsweise auf Qualitätsführerschaft bei Fahrzeugwartungen und instandsetzungen, muß er die neuesten Prüf- und Testaggregate vorhalten, die besten Ersatzteile vorrätig
haben bzw. kurzfristig besorgen können und sie durch ständig geschulte, hochqualifizierte, engagierte
Mitarbeiter einbauen und die Arbeit überprüfen lassen etc.
Das Unternehmen kann somit im Markt eine Position erreichen, die dazu führt, daß der Kunde seine
Leistungen den Konkurrenzangeboten vorzieht. Allerdings dauert es geraume Zeit, bis sich ein
entsprechendes (Leistungs-, Qualitäts-)Image im Markt durchsetzt.
Dabei ist zu beachten, daß Differenzierungsvorteile nur temporäre Vorzüge sind, die eine ständige
Anpassung an veränderte Wettbewerbsbedingungen erfordern (vgl. Welge, 1992, S. 239).
In einer defensiven, aber aktiven Marktposition befinden sich (Klein-)Anbieter, die sich auf
Marktnischen mit Spezialitäten konzentrieren, die für größere Konkurrenten unattraktiv sind.
In diesem Fall beschränkt sich das Unternehmen auf ein oder mehrere klar umrissene Marktsegmente
statt auf den Gesamtmarkt. Es spezialisiert sich auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe(n) und strebt im
dortigen Wettbewerb entweder die Kostenführerschaft oder eine Differenzierung an (vgl. Welge, 1992,
S. 239). Im Kfz-Gewerbe kann das z.B. durch freie Spezialwerkstätten für ältere Fahrzeuge geschehen.
Unprofilierte Unternehmen versuchen in allen strategischen Dimensionen gut zu sein, doch da dies
unterschiedliche, oft sogar gegensätzliche organisatorische und personelle Voraussetzungen erfordert,
können sie letztlich auf keinem Gebiet besondere Erfolge verzeichnen (vgl. Kotler, 1992, S. 79). Einem
Unternehmen bzw. Geschäftsbereich, dem es nicht gelingt, seine Strategie in eine der drei Richtungen
konsequent zu entwickeln, befindet sich nach Porter in einer ungünstigen Situation, die als “stuck in the
middle“ bezeichnet wird (vgl. Welge, 1992, S. 240).
- 138 -
Dabei können ohne weiteres mehrere Konkurrenten innerhalb eines Marktes durchaus unterschiedliche
Strategien verfolgen, die jeweils auf den individuellen Zielvorstellungen, Chancen und Ressourcen des
einzelnen Unternehmens beruhen (vgl. Kotler, 1992, S. 78).
Bei der heutigen Marktkonstellation sollten sich jedoch die beiden gegensätzlichen Pole ergänzen.
Untersuchungen der empirischen Relevanz der Wettbewerbsstrategien von Porter haben ergeben, daß
sich die gleichzeitige Verfolgung von Differenzierungs- und Kostenführerschaft nicht ausschließen,
sondern beide als komplementäre Strategien anzusehen sind (vgl. Becker, 1993, S. 330; Welge, 1992,
S. 240ff).
Einerseits gibt es in der Praxis mehrere Beispiele dafür, daß Unternehmen verschiedene Marktsegmente
mit unterschiedlichen Strategien angehen. Während in einem Marktsegment eine Kostenführerschaft
angestrebt wird, wird in einem anderen Bereich eine Strategie der Leistungsführerschaft verfolgt. Diese
selektive strategische Vorgehensweise ist vor allem in der Automobilwirtschaft bei Mehrmarkenhändlern
festzustellen, die einzelne Segmente bei verschiedenen Fabrikaten mit jeweils eigenständigem Profil
bearbeiten (z.B. VW, Audi, Seat, Skoda; Opel, General Motors, Isuzu). Andererseits stellen die
Ergebnisse der Studie des “Massachusetts Institute of Technology“ (MIT) über “Die Zweite Revolution
in der Autoindustrie“ (1992) die Unterscheidung zwischen Kosten- und Leistungsführerschaft in Frage.
Während Porter davon ausgeht, daß zwischen hoher Produktivität und hoher Qualität ein Zielkonflikt
besteht, hat die in diesem Industriezweig vielbeachtete US-amerikanische MIT-Studie belegt, daß die
japanischen Automobilproduzenten in der Lage sind, überdurchschnittliche Fertigungsqualität mit
überdurchschnittlicher Produktivität zu verbinden. Dies erklärt, warum die Japaner als Kostenführer
einzustufen sind, gleichzeitig aber auch leistungsbezogen bzgl. Qualität und Technik eine Spitzenposition
einnehmen (in Anlehnung an Diez, 1994(b), S. 39f).
Folgt man diesen Überlegungen, dann gibt es heute auf dem Automobilmarkt nicht mehr die strategische
Option Leistungs- oder Kostenführerschaft. Notwendig ist vielmehr eine jeweils
marktsegmentspezifische Kombination beider Ansätze. Das neue strategische Paradigma dafür lautet
“Lean Management“. Dieses Konzept wurde aus einer Analyse und Verallgemeinerung japanischer
Produktions- und Managementmethoden entwickelt. Es steht in einem bewußten Gegensatz zu dem
früher vor allem in den USA dominierenden Konzept der Massenproduktion tayloristischer Prägung
(vgl. Diez, 1994(b), S. 40f; Kuhn, 1995, S. 383ff).
“Lean Management“ bedeutet die konsequente Ausrichtung sämtlicher Unternehmensfunktionen am
Wertschöpfungsprozeß. Das setzt voraus, daß alle Bereiche und Arbeitnehmer nach ihrem Beitrag zur
Wertschöpfung des Unternehmens bewertet werden. Das Ziel dieses Ansatzes ist u.a. die verstärkte
Teamausrichtung, Dezentralisierung von Aufgaben und Verantwortungsbereichen, intensivere
Kommunikation, fortlaufende Markt- und Wettbewerbsorientierung (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 217ff;
Wunderer/Kuhn, 1993, S. 178ff) sowie die Optimierung des Preis-Leistungs-Verhältnisses aus
Kundensicht.
- 139 -
Auf die Bedeutung des Lean Management und die damit einhergehende Reorganisation der
Unternehmen zur effizienten Gestaltung der Wertschöpfungskette wird noch ausführlicher in Kapitel
3.4.1.4. über neue markt- und prozeßorientierte Organisationsformen eingegangen.
Nur durch eine Differenzierung des Leistungsangebots und der Marktbearbeitung, unter Berücksichtigung des Kostenaspektes, erscheint es für den einzelnen Kfz-Betrieb möglich, in dem
zunehmenden Intra-Brand-Wettbewerb eine prosperierende Unternehmensentwicklung herbeizuführen
und sich positiv vom Branchendurchschnitt abzuheben.
Dabei sind zwei wichtige Ausgangsüberlegungen zu beachten:
- Welche Leistungen bieten den größten Nutzen bei gegebenen Kosten?
- Welche Leistungskette führt zur höchsten Wertschöpfung bzw. den höchsten Deckungsbeiträgen?
Für den einzelnen Kfz-Betrieb bedeutet das beispielsweise, daß erfolgreiche Differenzierung im Verkauf
(Finanz- und Versicherungsangebote, Car Sharing etc.) und Service (Kundenkarte, zeitwertgerechte
Reparaturangebote, Hol- und Bringservice usw.) profunde Kenntnisse über die Kundenbedürfnisse
voraussetzt. Darauf aufbauend müssen spezielle Leistungsangebote entwickelt werden, die den Kunden
Nutzenstiften bieten und sie aktiv an das Unternehmen binden.
Die Entwicklung eines eigenen, unverwechselbaren Leistungsprofils erfordert damit die Verknüpfung
von Kostenführerschaft und Differenzierung zu einer kostenoptimalen Differenzierung. Entscheidender
Erfolgsfaktor ist ein hohes Maß an Dienstleistungsbereitschaft seitens der Mitarbeiter. Dafür benötigt
das Unternehmen mitdenkende, kreative und im Team arbeitende Fach- und Führungskräfte, die sich
auf die vielfältigen Bedürfnisse der Kunden einstellen können und wollen.
Kritisch ist an dem Ansatz von Porter zu vermerken, daß er vorrangig absatzmarktorientiert ist und die
internen Strukturen und Prozesse des Unternehmens, sei es die Ressourcenausstattung oder das
Verhalten der Mitarbeiter, deutlich vernachlässigt werden. Ferner fehlen wesentliche Aspekte einer
gesellschaftsbewußten Unternehmensführung (vgl. Rühli, 1995, S. 93f).
3.3.5.4.
Die Budgetierung als Schwerpunkt der operativen Planung
An den Maßnahmenkomplex der strategischen Planung schließt sich i.d.R. die operative Planung
übergangslos an (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 160; Hentze/Brose, 1985(b), S. 131). Sie orientiert
sich an den vorgegebenen langfristigen Zielen und Strategien des Unternehmens, präzisiert sie und leitet
daraus für die kommenden 1-3 Jahre konkretere mittelfristige Pläne (z.B. Zielvorgaben, Programme,
Projekte, Maßnahmen, Mittel) sowie detaillierte (kurzfristige) Monats-, Halbjahres- und Jahrespläne
(sog. dispositive/taktische Planung) sowohl für die einzelnen betrieblichen Teilbereiche als auch für das
gesamte Unternehmen ab (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 239; Ulrich/Fluri, 1992, S. 132).
Im Gegensatz zur problemorientierten strategischen Planung ist die operative Planung zeitraumbezogen
und muß somit in regelmäßigen Abständen (meist jährlich) aktualisiert werden (vgl.
Steinmann/Schreyögg, 1993, S.239; Ulrich/Fluri, 1992, S.132).
- 140 -
Der Ablauf des operativen Planungsprozesses wird damit eingeleitet, daß die Unternehmensleitung
mittelfristige Ziele vorgibt, besondere Akzente für die nächste Planungsperiode setzt und Annahmen
über die relevanten Umweltbedingungen darlegt (z.B. Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen und
branchenspezifischen Konjunktur, politische Rahmenbedingungen). Aufgrund dieser Vorgaben erstellen
die einzelnen Funktionsbereiche zunächst provisorische Teilpläne, die Ziele, Maßnahmenpläne,
Personalbedarf und Bedarf an Anlageinvestitionen umfassen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 135f).
Durch die mittel- bis kurzfristige Planung wird im Groben bestimmt:
- Wer (Entscheidungsträger),
- was (qualitative und quantitative Zielvorgaben),
- wann (Zeitplan für die Erreichung der festgelegten Ziele) und
- womit (Mitteleinsatz, z.B. Personal- und Kapitalressourcen)
durchzuführen hat, um die Zielsetzungen der strategischen Unternehmensplanung zu erfüllen. Das im
strategischen Plan vorgegebene operative Programm wird hierbei weiter präzisiert (vgl. Berschin, 1985,
S. 184).
Im operativen Planungssystem sind grundsätzlich alle Teilpläne miteinander verknüpft. Da aufgrund der
Komplexität die Teilpläne nicht simultan geplant werden können, wird in den Vorüberlegungen
antizipiert, welcher Funktionsbereich für die Planungsperiode voraussichtlich zum Engpaßfaktor werden
könnte. Unterstellt man für seine angebotenen Güter einen Käufermarkt, so wird das - neben den
Beschäftigten - in erster Linie der Absatzsektor sein (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 250).
Der Absatzplan beinhaltet Informationen über die angestrebten Absatzmengen und die dazu erforderlichen Maßnahmen. Der daran anschließende Finanz- und Investitionsplan setzt sich mit den
geplanten Investitionen und der Liquiditätsentwicklung auseinander (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990,
S. 128; Horváth/Weber, 1990, S. 300). Vor allem müssen bei der Programmplanung auch die
Auswirkungen auf den Personalbedarf, das vorhandene Qualifikationsniveau sowie die organisatorischen Veränderungen berücksichtigt werden.
Die Planung der konkreten Maßnahmen, d.h. die Planung derjenigen Vorgänge, die zur Durchführung
von Strategien erforderlich sind, findet ihre konkrete Fortsetzung im Budget87. Dort wird detailliert nach
Kostenstellen differenziert aufgeführt, welche Abteilung welche Mittel für welche Aktionen einsetzen
wird, um z.B. bestimmte Umsatzerlöse und Ertragsziele zu realisieren (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 59).
Damit erfüllen Budgets eine Prognose-, Überwachungs-, Kontroll- sowie eine Motivations-,
Koordinations- und Integrationsfunktion (vgl. Welge, 1992, S. 442f).
87
Das Budget bezeichnet die zahlenmäßige Zusammenfassung (z.B. Kosten, Ertrag, Gewinn) aller kurzfristig
angestrebten Pläne eines Unternehmens innerhalb einer festgesetzten Zeitperiode. Damit läßt sich der geplante
Periodenerfolg (meist ein Jahr) eines Unternehmens im Vorhinein festlegen (vgl. Hentze/Brose, 1985(b), S. 31).
- 141 -
Die Budgetplanung erfolgt meist im sog. Gegenstromverfahren, d.h. in “top down“-Richtung wird von
der Unternehmensführung eine Vorbudgetierung erstellt, die im Anschluß im “bottom up“-Verfahren
von den Abteilungsleitern ergänzt bzw. präzisiert wird (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 361).
Diese mittelfristigen Pläne für die einzelnen Bereiche und für das gesamte Unternehmen sollten zur
Vergleichbarkeit und aus Praktikabilitätsgründen gleich aufgebaut und strukturiert sein (vgl. Ulrich/Fluri,
1992, S. 134f).
Die Erstellung eines Budgets für die einzelnen Funktionsbereiche und die Zusammenfassung in einem
Gesamtbudget bilden den notwendigen Abschluß jeder operativen Planungsarbeit. Darauf aufbauend
können budgetierte Erfolgsrechnung und budgetierte Bilanz für das Unternehmen entwickelt werden.
Damit ist eine provisorische Gesamtübersicht über die geplante Unternehmensentwicklung erstellt,
aufgrund derer die Teilpläne und operativen Teilbudgets aufeinander abgestimmt und letztendlich der
endgültige operative Gesamtplan festgelegt werden können (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 115ff). Resultat
der Budgetierung88 ist die wertmäßige Zusammenfassung der geplanten Unternehmensentwicklung in der
zukünftigen Geschäftsperiode (vgl. Steinmann/ Schreyögg, 1993, S. 333).
Die Unternehmensleitung wird durch die Budgetierung verpflichtet, die angestrebten Ziele und
Maßnahmen soweit zu präzisieren, daß sie in quantitativen Größen (z.B. Kosten, Ertrag, Gewinn)
dargestellt werden können. Deshalb geben Budgets einen wichtigen Anstoß für die Realisierung von
Plänen in konkreten Maßnahmen (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 333).
Viele Unternehmensführer, speziell in mittelständischen Betrieben, sind der Ansicht, daß die Erstellung
von Budgets und deren Kontrolle bei ihrer Unternehmensgröße nicht notwendig sei. Dabei verkennen
sie, daß Budgets nicht nur eine Ermächtigung zum Ausgeben darstellen, sondern sie dienen in erster
Linie als Steuerungsinstrument. Sie sind als meßbare Werte aufzufassen, die ein Unternehmen in einem
vorgegebenen Zeitrahmen mit bestimmten Mitteln erreichen möchte (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990,
S. 129; Horváth/Weber, 1990, S. 300).
Im Verlauf des Planjahres sind kontinuierlich (z.B. monatlich, vierteljährlich) Budgetkontrollen
durchzuführen, in Form von Soll-/Ist-Vergleichen sowie ggf. den daraus resultierenden Abweichungsanalysen. Dabei sind folgende Fragen zu berücksichtigen:
- Was sind die Gründe für die Abweichung?
- Wer trägt die Verantwortung?
- Welche Maßnahmen sind zur Behebung zu ergreifen?
(vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 132; Horváth/Weber, 1990, S. 305).
88
Die Budgetierung umfaßt alle Aufgaben, die zur Erstellung, Verabschiedung und Kontrolle von Budgets gehören
(vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 326).
- 142 -
Es bleibt allerdings festzuhalten, daß solche Budgetierungssysteme kein "Allheilmittel" für krisenhafte
Unternehmen darstellt. Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Einsatz solcher Systeme ist, das sie
von allen Hierarchiestufen mitgetragen und unterstützt werden (vgl. Horváth/
Seidenschwarz, 1990, S. 134; Horváth/Weber, 1990, S. 306f).
Oftmals wird die Leistungsfähigkeit der Budgetplanung überschätzt, da zwar die Einhaltung der
festgelegten Budgetsätze überwacht werden, selten jedoch deren sinnvolle Verwendung kontrolliert
wird (vgl. Kuhn, 1990, S. 91).
3.3.6. Das Controlling als systematische Verknüpfung von Planung, Kontrolle und Information
In einem modernen, entscheidungsorientierten Rechnungswesen89 sind Daten erforderlich, die Planung
und Kontrolle ermöglichen, die über die wichtigsten Plan-/Zielgrößen (z.B. Rentabilität,
Wirtschaftlichkeit, Liquidität) zur Unternehmenssteuerung informieren sowie Verantwortlichkeiten
herausstellen (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 122; Horváth/Weber, 1990, S. 293).
Um den Mangel der vergangenheitsorientierten Betrachtung der Finanzbuchhaltung abzubauen, gewann
Ende der 60er Jahre die aus dem US-amerikanischen stammende Funktion des Controlling auch in
Europa zunehmend an Bedeutung (vgl. Berschin, 1985, S. 193; Horváth/Weber, 1990, S. 290;
Wagner, 1987, S. 52).
Der Begriff "Controlling" und dessen Aufgaben führen bis in die Gegenwart zu unterschiedlichen
Interpretationen. Controlling bedeutet nicht ausschließlich Kontrolle, wie vielfach fälschlich angenommen
wird. Die Bezeichnung stammt von dem englischen Wort "to control" ab, und die korrekte Übersetzung
lautet “steuern, lenken, regeln“ (vgl. Hahn, 1994, S. 167; Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 120;
Horváth/Weber, 1990, S. 290). Anfänglich wurde das Controlling nur als Weiterentwicklung des
Rechnungswesen angesehen. Zunehmend erstreckt es sich über alle Funktionsbereiche (z.B. Personal-,
Vertriebs-Controlling) und Führungsebenen (vgl. Ebert, 1989,
S. 52).
Die grundlegenden Aufgaben des Controlling sind:
1) Planung (Vorgabe von Soll-Größen)
Mittels Planung werden die Unternehmensziele, die zu ihrer Erreichung notwendigen Maßnahmen und
der erforderliche Einsatz von Mitteln festgelegt und aufeinander abgestimmt. Nur durch Planung ist die
Möglichkeit gegeben, sich mit den Umweltveränderungen kontinuierlich auseinanderzusetzen und somit
89
Das moderne betriebliche Rechnungswesen gilt heutzutage als das bedeutendste entscheidungsorientierte
Führungs- und Steuerungsinstrument im Unternehmen. Es ist als zentrales Instrument zur Informationsgewinnung
und -verarbeitung ein wesentlicher Teil des "Management-Informations-Systems" (MIS) (vgl. Korndörfer, 1990, S.
354).
- 143 -
langfristig existenzfähig zu bleiben. Planung bedeutet daher kein starres Festsetzen von Zielen und
Aktionen, sondern sie ist ein fortlaufender Prozeß von Anpassungs- und Korrekturmaßnahmen.
2) Kontrolle (Durchführung von Soll-Ist-Vergleichen)
Um regelmäßig notwendige Anpassungs- und Korrekturmaßnahmen durchführen zu können, müssen
laufende Soll-Ist-Vergleiche die entsprechenden Informationen liefern. Dies setzt insbesondere ein
funktionierendes entscheidungsorientiertes Rechnungswesen voraus
(vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 126f; Horváth/Weber, 1990, S. 297f).
3) Informationssystem (Erfassung und Aufbereitung aller führungsrelevanten Informationen)
Zweckorientiertes Wissen muß vor dem Treffen von Entscheidungen vorliegen; deshalb benötigt man
eine entscheidungsbezogene Verdichtung der Informationen (vgl. Reichmann, 1995, S. 3).
“Das Controlling, als innerbetriebliches Planungs-, Informations- und Kontrollsystem, bildet die
Nahtstelle zwischen der extern orientierten strategischen Planung und der intern orientierten operativen
Planung und Kontrolle“ (Staehle, 1990, S. 623).
Das neue an diesem geläufigen Managementkonzept ist die integrative Verknüpfung, also die
führungsunterstützende Koordinationsfunktion, der drei klassischen Führungsaufgaben (Planung,
Kontrolle, Information) sowie deren inhaltliche Neubestimmung. Diese drei Funktionen vollzogen sich im
veralteten Führungskonzept hauptsächlich im Rahmen des internen Rechnungswesens durch
Fortschreibung der Planung, Kontrolle zum Auffinden des Verursachers und Hierarchiedenken (vgl.
Ebert, 1989, S. 54; Horváth, 1994, S. 144). Somit ist Kontrolle nur ein kleiner Bereich des Controlling
(vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 120; Horváth/Weber, 1990, S. 290).
Die grundlegende Aufgabenstellung des Controlling liegt im frühzeitigen Aufzeigen von Gefahren und
Chancen (Umweltänderungen) für die Erreichung der Unternehmensziele sowie in der Entwicklung und
Durchsetzung von Maßnahmen zur erfolgreichen Unternehmenssteuerung. Es kann als eine
funktionsübergreifende, ergebnisorientierte Führungskonzeption verstanden werden, deren
Instrumentarium dazu beitragen soll, die festgelegten Ziele (z.B. Ertrags- und Existenzsicherung) zu
erreichen (vgl. Horváth, 1994, S. 144f; Reichmann, 1995, S. 3f).
An den Controllingaufgaben sind nicht die einzelnen Instrumente und die Einzelaufgaben neu, sondern
deren integrative Verknüpfung und ihre organisatorische Zentralisation (vgl. Horváth, 1994, S. 73).
Erst seit einigen Jahren werden speziell in größeren Autohäusern das Zahlenmaterial des
Rechnungswesens systematisch analysiert, Pläne erstellt und die notwendigen Schlußfolgerungen
- teilweise in Workshops mit den Abteilungsleitern - gezogen sowie Ziele abgestimmt, um eine
effizientere Unternehmensführung zu erreichen (vgl. Diez, 1994(f), S. 243).
Einen allgemeingültigen Katalog des Controlling in mittelständischen Unternehmen kann man nicht
festlegen. Die Ausgestaltung des "betriebswirtschaftlichen Gewissens" ist u.a. abhängig vom situativen
Kontext, von der funktionellen Eingliederung, den Ansprüchen und den Bedürfnissen an das System
(vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 121; Horváth/Weber, 1990, S. 291). Damit die
- 144 -
Unternehmensführung komprimierte, entscheidungsorientierte Informationen zur Unterstützung des
Führungsprozesses erhält, um Abweichungen von den Zielvorgaben frühestmöglich zu erkennen und
diese Differenzen noch während des Planungszeitraums berücksichtigen zu können, bieten sich die
nachfolgend näher erläuterten, kurz- bis langfristigen Analyseinstrumentarien an.
3.3.6.1.
Inhalt und Umfang des strategischen und operativen Controlling
Im Zuge der steigenden strategischen Anforderungen, Sichtweisen und Analyseinstrumentarien ist
Anfang der 80er Jahre das operative Controlling durch die strategische Betrachtungsweise erweitert
worden. Ursache für diese Ausweitung war insbesondere die Erkenntnis, daß der Gewinn lediglich eine
operative Größe darstellt, die ihrerseits entscheidend durch die strategische Größe "Erfolgspotentiale"
(z.B. Qualifikation der Beschäftigten, Know-how im Betrieb, Unternehmenskultur) beeinflußt wird (vgl.
Ebert, 1989, S. 54; siehe auch Abb. 12).
3.3.6.1.1. Das strategische Controlling
Das strategische Controlling umfaßt etwa einen Zeitrahmen von drei bis fünf Jahren und beinhaltet die
Koordination von strategischer Planung und Kontrolle mit der strategischen Informationsversorgung
(vgl. Horváth, 1994, S. 239; Scherm, 1994, S. 656).
Das strategische Controlling hat die Aufgabe, die Unternehmensführung bei der langfristigen
Existenzsicherung sowie beim Auf- und Ausbau langfristiger Erfolgspotentiale zu unterstützen. Durch die
Bereitstellung von Informationen zur Strategieüberwachung leistet das strategische Controlling einen
wesentlichen Beitrag für ein ganzheitlich orientiertes Führungskonzept im Rahmen der strategischen
Unternehmensführung (vgl. Korndörfer, 1989, S. 187). Es ist stark (extern) umweltorientiert, während
das operative Controlling vorrangig (intern) auf das Unternehmen ausgerichtet ist, um die
Wirtschaftlichkeit der betrieblichen Prozesse sicherzustellen (vgl. Reichmann, 1995, S. 373).
Das strategische Controllingsystem orientiert sich also nicht an kurzfristigen monetären Zielen, sondern
an bestehenden und zukünftigen Erfolgspotentialen und soll dazu beitragen, Strategien zu entwerfen, zu
koordinieren und ihre Umsetzung zu unterstützen (vgl. Scherm, 1994, S. 651ff).
Problematisch ist, daß der längerfristige Planungshorizont und die Orientierung an strategischen
Erfolgspotentialen statt an Gewinngrößen insbesondere bei der Kontrolle strategischer Pläne
Schwierigkeiten bereitet. Zielvorgaben in Form von Erfolgspotentialen sind nur sehr eingeschränkt
operationalisierbar. Schwierig ist es auch, im Sinne einer feed-forward-Kontrolle den strategisch
wichtigen Plan-Plan-Vergleich durchzuführen, d.h. erwartete, auf Vorausschätzungen beruhende
Zielerreichungsgrade den Zielvorgaben, die im Rahmen der Planung gewonnen werden,
gegenüberzustellen. Eine Ergebniskontrolle in Form eines Soll-Ist-Vergleichs ist aufgrund der
Zukunftsorientierung der strategischen Planung zumindest nicht rechtzeitig durchführbar (vgl. Scherm,
1994, S. 656). Dadurch sind keine fundierten Rückschlüsse auf die unzureichende Implementierung
- 145 -
einer an sich guten Strategie oder der Nachweis essentieller strategischer Fehleinschätzungen (frühzeitig)
abzuleiten.
Abb. 12: Gegenüberstellung des strategischen und operativen Controlling anhand charakteristischer
Merkmale
Merkmale
Operatives Controlling
Strategisches Controlling
Orientierung
Unternehmen und unternehmensinterne Prozesse
operative Planung
monatliche Planung,
Jahresplanung bis zu 3 Jahren
Ausgaben/Einnahmen,
Aufwand/Ertrag,
Kosten/Leistungen
Liquidität, Gewinn,
Wirtschaftlichkeit/Rentabilität
Unternehmen und Umwelt
Planungsarten
Planungshorizont
Dimensionen
Zielgrößen
strategische Planung
Jahresplanung bis zu fünf Jahren
unternehmensinterne Stärken/Schwächen,
umweltbedingte Chancen/Risiken
Existenzsicherung, Erfolgspotentiale
Quelle: in Anlehnung an Horváth, 1994, S. 239
3.3.6.1.2. Das operative Controlling
Das operative Controlling umfaßt eine Zeitspanne von bis zu drei Jahren. Die entscheidungsrelevanten,
quantitativen Daten stammen primär aus dem betriebsinternen Finanz- und Rechnungswesen. Es
unterstützt die Unternehmensleitung bei der mittel- und kurzfristigen liquiditäts- und ergebnisorientierten
Steuerung des Betriebes (vgl. Reichmann, 1995, S. 373).
Dafür benötigt die Unternehmensleitung einen sicheren Einblick in komplexe betriebliche Sachverhalte
(z.B. Wirtschaftlichkeit, Rentabilität, Ertrags-, Finanzlage). Ein wichtiges Hilfsmittel, um rationell
wichtiges Datenmaterial für Führungsinformationen zu eruieren, sind betriebsinterne
Unternehmensanalysen auf der Grundlage von Kennzahlen, -ziffern und -systemen (vgl. Hummel, 1981,
S. 70; Reichmann, 1995, S. 18f).
Kennzahlen geben Auskunft über betriebswirtschaftlich relevante Daten bzw. Sachverhalte und
vermitteln so einen schnellen und zuverlässigen Einblick in das gesamtbetriebliche Geschehen oder in
Teilbereiche (vgl. Hummel, 1981, S. 70; Reichmann, 1995, S. 19). Sie haben somit eine große
Bedeutung für die Führung von Unternehmen (vgl. Korndörfer, 1990, S. 371). Durch regelmäßiges,
sachkundiges Aufbereiten, Kontrollieren und vor allem Analysieren entsprechender (Check-)Listen
erhält man ein effizientes Instrument der Unternehmensführung, um frühzeitig negativen Entwicklungen
(z.B. Rentabilitätseinbußen) entgegensteuern zu können.
Über Arten und Gliederungsmöglichkeiten betrieblicher Kennzahlen gibt es in der Praxis und in der
betriebswirtschaftlichen Literatur keine Übereinstimmung (vgl. Korndörfer, 1989, S. 88). Sie müssen
vielmehr im Kontext der jeweiligen Branche, Unternehmensgröße und deren individuellen
Anforderungen betrachtet werden.
- 146 -
Generell eignen sich folgende Controlling-Instrumente für mittelständische (Kfz-)Unternehmen, um einen
Überblick über die wirtschaftliche Lage, Entwicklung, Abweichungen von den Zielvorgaben etc. zu
bekommen sowie ggf. frühzeitig gegensteuern zu können:
- kurzfristige Erfolgsrechnung (z.B. Umsatz, Vertriebs-, Verwaltungskosten, Betriebsergebnis);
- Leistungskennzahlen (z.B. Produktivität, Leistungsgrad, Jahresleistung, Soll-/Ist-Vergleich);
- Kostenübersicht (z.B. Kostenartengruppen, variable und fixe Kosten, Kennzahlen);
- Planungsrechnung (z.B. Umsatz-, Kosten-, Gewinnplanung);
- Personalkennzahlen (z.B. Beschäftigungsstand, Lohn- und Gehaltskosten, Fluktuation);
- Betriebsvergleich (überbetrieblich und zwischenfabrikatlich);
- Berichterstattung (z.B. Checklisten).
Ein einfaches System der Deckungsbeitragsrechnung auf Plankostenbasis ist zur Realisierung eines
Controllingsystems auch in mittelständischen Unternehmen künftig unerläßlich. Für eine
entscheidungsorientierte Kosten- und Leistungsrechnung ist es notwendig, die Kosten und Leistungen
kontinuierlich (monatlich, viertel-, halb-, ganzjährlich) einander gegenüberzustellen. Die daraus
resultierende kurzfristige Erfolgsrechnung (=Kostenträgerzeitrechnung) liefert wichtige Informationen
bezüglich der Erfolgssituation einzelner Produkte, Abteilungen und des gesamten Betriebes (vgl.
Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 125; Horváth/Weber, 1990, S. 296).
Die verantwortlichen Abteilungsleiter müssen unbedingt in die Planung und monatliche Berichterstattung
einbezogen werden, da sie evtl. auftretende Abweichungen aus eigenem Wissensstand schnell erklären
können. Aufgrund ihres abteilungsspezifischen Fachwissens erkennen sie oftmals sofort realisierbare
Korrekturmöglichkeiten, um das Unternehmensziel für ihren Verantwortungsbereich umsetzen zu
können (vgl. Steiner, 1991(a), S. 23).
Es ist festzuhalten, daß die Verzahnung zwischen strategischem und operativem Controlling von großer
Bedeutung ist. Damit kann frühzeitig erkannt werden, ob operative Ergebnisabweichungen ausschließlich
auf der mangelhaften Umsetzung einer an sich guten Strategie oder auf temporäre situative Störfaktoren
zurückzuführen sind, oder ob sie Ausdruck essentieller strategischer Fehlentscheidungen sind, die nur
auf der entsprechenden Entscheidungsebene behoben werden können (vgl. Horváth, 1994, S. 241;
Reichmann, 1995, S. 373).
Die nachfolgend dargestellten Ansätze des Controlling befassen sich vorrangig mit der Erfassung der in
den indirekten Leistungsbereichen von Unternehmen anfallenden Gemeinkosten und deren weitgehendst
verursachungsgerechten Zurechnung auf Kostenträger, um sowohl unwirtschaftliche Prozesse sichtbar zu
machen als auch die leistungsfähigsten zu identifizieren.
- 147 -
3.3.6.2.
Das Target Costing und die Prozeßkostenrechnung zur Unterstützung strategischer
und operativer Entscheidungen
Während herkömmliche Kostenrechnungssysteme von den entstehenden Produktkosten90 ausgehen
(“Was wird uns ein Produkt kosten?“), erfolgt bei dem in den 70er Jahren in Japan entwik??kelten
Target Costing bzw. Zielkostenmanagement die Kostenkalkulation anhand einer strikten
Marktorientierung (“Was darf uns ein Produkt höchstens kosten?“) (vgl. Horváth, 1994, S. 478;
Reichmann, 1995, S. 410). Dabei handelt es sich nicht um ein Kostenrechnungsverfahren, sondern um
einen umfassenden Kostenplanungs-, -steuerungs- und Kontrollprozeß, integriert in den Gesamtprozeß
(vgl. Horváth, 1994, S. 477).
Gerade in stark wettbewerbsintensiven Märkten sind die einzigen Kosten, die für ein Unternehmen
relevant sind, die Kosten, die der Markt erlaubt. Zielsetzung des Target Costing ist es, ein Produkt oder
eine Leistung zu einem marktgerechten Qualitäts-Preis-Verhältnis zum richtigen Zeitpunkt am Markt
anzubieten. Das setzt voraus, die Faktoren Qualität, Zeit und Kosten als Paket besser zu beherrschen
als die Konkurrenz (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 50ff).
Kernelement dieser Betrachtungsweise ist die Ausrichtung der Aktivitäten an den vom Markt
gewünschten Produktmerkmalen und -eigenschaften, die sich wiederum in Produktfunktionen darstellen
lassen (vgl. Horváth, 1994, S. 479). Eine wesentliche Schwachstelle von Unternehmen ist oftmals die
Erfüllung nicht gewünschter (Zusatz-)Kundenanforderungen, verschwenderisches Design und die
Ausstattung von Produkten und/oder Leistungen mit vom Kunden gar nicht gewünschten Funktionen
(sog. over engineering), z.B. aufgrund einer zu starken High-Tech-Orientierung (vgl. Seidenschwarz,
1991, S. 53).
Ausgangspunkt ist die Zielkostenfindung in Abhängigkeit zur Unternehmenssituation und
-strategie. Je marktnäher diese erfolgen kann, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Mit diesen
Zielkosten setzt Target Costing eine Art Klammer um das Unternehmen und richtet durch seine aus dem
Markt abgeleitete Kostenplanung die gesamten Unternehmensaktivitäten auf die Marktanforderungen
aus - ganz im Sinne der Wertkette von Porter. Nur erfolgt hier eine strikte Kundenorientierung nicht nur
mit qualitativen Zielkriterien, sondern mit Hilfe konkret faßbarer, wertmäßiger Steuerungskriterien, mit
Zielkosten (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 59; Reichmann, 1995, S. 423).
Bei der Reinform der Zielkostenfestlegung (Market into Company) wird ausgehend von dem Preis
(ohne gesetzliche Mwst.), den die Kunden bereit sind, am Markt zu bezahlen, vermindert um die
gewünschte Gewinnspanne, errechnet, wie hoch die sog. “vom Markt erlaubten Kosten“ sein dürfen.
Technologische und personelle Überlegungen haben in dieser ersten Phase nur eine untergeordnete
Bedeutung (vgl. Horváth, 1994, S. 480; Seidenschwarz, 1991, S. 61).
90
Unter dem Begriff “Produkte“ werden in diesem Fall folgende Marktleistungen subsumiert: Hard- und Softwareprodukte, Stück- und Massengüter, Dienstleistungen und auch Kombinationen aus diesen Kategorien.
- 148 -
Die Produktstandardkosten bilden im Target Costing-Prozeß den Fixpunkt aller weiteren Bemühungen
zur Umsetzung des “Kundenwunsches“ (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 66).
Insbesondere für Unternehmen, die üblicherweise durch einen hohen Gemeinkostenanteil gekennzeichnet sind, ist es empfehlenswert, neben dem Target Costing auch die Prozeßkostenrechnung
einzuführen (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 50). Die Mitte der 80er Jahre in den Vereinigten Staaten
entwickelte Prozeßkostenrechnung ist eine Methodik, mit deren Hilfe vor allem die Kosten der
indirekten Bereiche des Unternehmens (=Gemeinkostenbereiche) besser geplant, gesteuert bzw. auf das
Produkt verrechnet werden können (vgl. Mayer, 1991, S. 75).
Sie betrachtet die grobstrukturierte Abfolge der durchgeführten Tätigkeiten (=Wertkette), mit denen ein
Unternehmen in einem Geschäftsbereich seine Güter und Dienstleistungen produziert und den Kunden
anbietet. Dabei werden nicht nur die Aktivitäten auf der Kostenseite berücksichtigt, sondern diese auch
auf den Bereich der Leistungen ausgedehnt (vgl. Gutschelhofer/
Riegler, 1994, S. 62f).
Mit der Erweiterung der funktionalen Sichtweise durch eine prozeßorientierte Betrachtung wird
angestrebt, die Prozesse besser zu beherrschen, den Fluß der Auftragserfüllung vor allem an den
Schnittstellen zu vereinfachen, zu beschleunigen und durch ein prozeßorientiertes Kostenmanagement
einen Beitrag zur größeren Kostentransparenz zu leisten (vgl. Kunesch, 1993, S.17), um damit
Einsparungspotentiale zu ermitteln. Damit führt die Prozeßkostenrechnung in konsequenter Weise die
Prinzipien der Prozeßorientierung auch im Rechnungswesen weiter.
Sie ist vorrangig auf eine detaillierte Erfassung und Verrechnung der (fixen) Gemeinkosten ausgerichtet,
die in den sog. indirekten Leistungsbereichen bzw. Kostenstellen anfallen, sowie deren (weitestgehend)
verursachungsgerechte Zurechnung auf Kostenträger (vgl. Glaser, 1992, S. 276; Horváth, 1994, S.
488; Mayer, 1991, S. 75). Nur ein verursachungsgerechtes Einbeziehen der relevanten Gemeinkosten(prozesse) zeigt auf, ob das Unternehmen an einer Variante verdient, ein Marktsegment Überschuß
bringt, Kleinaufträge sich lohnen oder Fremdbezug der Eigenfertigung vorzuziehen ist (vgl. Mayer, 1991,
S. 75).
Die Prozeßkostenrechnung erfüllt bereits bei der Überprüfung der Unternehmenskostensituation für das
zu realisierende Produkt eine wichtige Basisfunktion, und zwar die “richtigen“ Kosten darzustellen,
richtig im Sinne der verursachungsgerechten Zuordnung der für das Produkt zu erwartenden
Gemeinkosten (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 66). Damit unterstützt dieser neue Ansatz der
Kostenrechnung die Unternehmensführung bei der operativen und strategischen Kalkulation und
Entscheidungsfindung.
Voraussetzung für den Aufbau einer Prozeßkostenrechnung ist eine Analyse und Strukturierung aller in
den involvierten Unternehmensbereichen durchgeführten Tätigkeitsbereiche. Die im Rahmen der
Tätigkeits- bzw. Prozeßanalyse ermittelten vielfältigen Teilprozesse sind zweidimensional zuzuordnen,
- 149 -
zum einen der durchzuführenden Kostenstelle und zum anderen dem abteilungsübergreifenden
Hauptprozeß (vgl. Horváth, 1994, S. 489). Dabei handelt es sich um abteilungsübergreifende Vorgänge
(z.B. Arbeitsvorbereitung, Auftragsabwicklung, Händlerbetreuung, Qualitätssicherung, Vertrieb,
Rechnungswesen, Serviceleistungen), die das Gemeinkostenvolumen beeinflussen. Die
Bestimmungsgröße hierfür sind die Kosteneinflußgrößen (vgl. Mayer, 1991, S. 75).
Das eigentlich Neue, der zentrale Punkt der Prozeßkostenrechnung und zugleich der wesentliche
Unterschied zur flexiblen Plankostenrechnung ist das Zusammenfassen von Teilprozessen zu wenigen
abteilungsübergreifenden Hauptprozessen, die über ihre Kostentreiber (Cost Driver) das
Gemeinkostenvolumen bestimmen (vgl. Mayer, 1991, S. 79). Dies ermöglicht einen detaillierten Einblick
in kostenstellenübergreifende Zusammenhänge (vgl. Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 65) und liefert
damit Anhaltspunkte für kostensenkende Maßnahmen im Prozeßbereich.
Die Verknüpfung schafft erst die Möglichkeit, über die Planung weniger Hauptprozesse und deren
Anzahl an Kostentreibern den Kapazitätsbedarf und die Plankosten auf alle Kostenstellen
herunterzurechnen. Sie ermöglicht Simulationen, mit deren Hilfe aufgezeigt werden kann, welche
Gemeinkostensequenzen aus Alternativen der Vertriebsstruktur, des Vertriebs und Produktionsprogramms, der Beschaffungsstruktur etc. zu erwarten sind. Darüber hinaus läßt sich die Anzahl
durchgeführter Hauptprozesse und deren Kosten auch tatsächlich ermitteln, so daß auch Soll-IstAbweichungen durchgeführt werden können (vgl. Mayer, 1991, S. 80).
Für jede Kostenstelle der indirekten Bereiche wird also eine Art Bezugsgrößendenken eingeführt.
Teilprozesse in einer Kostenstelle sind damit nichts anderes als verschiedene Tätigkeitsbereiche, die
mengen- und wertmäßig erfaßt werden (vgl. Mayer, 1991, S. 80).
Zur Optimierung der Struktur der indirekten Leistungsstellen ist im Rahmen der Prozeßanalyse zu
klären, welche Aufgaben bzw. Prozesse für die Erreichung der Unternehmensziele zwingend erfüllt
werden müssen und welche bisher verrichteten Tätigkeiten unnötig sind (vgl. Glaser, 1992, S. 277;
Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 65).
Im Anschluß an die Identifizierung aller Prozesse innerhalb einer Kostenstelle sind diese daraufhin zu
überprüfen, ob sie sich in Abhängigkeit von dem in der Kostenstelle zu erbringenden Leistungsvolumen
jeweils mengenvariabel oder -fix verhalten. Dementsprechend erfolgt die Unterscheidung in
“leistungsmengeninduzierte“ und “leistungsmengenneutrale“ Prozesse (vgl. Horváth, 1994, S. 489;
Glaser, 1992, S. 278; Mayer, 1991, S. 87).
Bei den Erstgenannten handelt es sich um repetitive Aufgaben weitgehend gleichen Inhalts, die in den
(traditionellen) Kostenstellen ablaufen. Für diese Prozesse sind zur Quantifizierung des jeweiligen
Prozeßumfangs geeignete Maß- bzw. Prozeßgrößen festzulegen (vgl. Glaser, 1992, S. 278;
Ossadnik/Maus, 1995, S. 147f).
- 150 -
Für die leistungsmengenneutralen Prozesse benötigt man wiederum keine Maßgrößen, da sie kaum
analytisch planbar sind und i.d.R. auch nicht budgetiert werden (vgl. Horváth, 1994, S. 490; Mayer,
1991, S. 87). Dazu gehören Tätigkeiten wie Personalführung, interne Kommunikation usw., die als
leistungsmengenneutraler Teilprozeß “Abteilung leiten“ zusammengefaßt werden (vgl. Mayer, 1991, S.
87).
Insgesamt wird mit einer Gemeinkostenverrechnung mittels Prozeßkostenrechnung im Vergleich zu
traditionellen Kostenrechnungssystemen ein höheres Maß an Verursachungsgerechtigkeit erreicht, da
die indirekten Kosten nicht mehr als pauschale Zuschläge zu den Produktionseinzelkosten, sondern
entsprechend den sie auslösenden Leistungsprozessen zugerechnet werden. Dies kann zu erheblichen,
gegenüber klassischen Kalkulationen abweichenden Kostenwerten mit Folgen für strategische
Entscheidungen führen.
Die Prozeßkostenrechnung vermag aufgrund ihrer prozeßorientierten Betrachtungsweise unwirtschaftliche Aktivitäten im Wertschöpfungsprozeß aufzudecken und damit Anhaltspunkte für
kostensenkende Maßnahmen im Prozeßbereich geben (vgl. Ossadnik/Maus, 1995, S. 150). Sie weist
auf die (Nicht-)Ausnutzung vorhandener Kapazitäten hin und liefert Signale für die mittel- und
langfristige Planung. Ferner schafft sie durch die richtige Ermittlung des Ressourcenverbrauchs und
dessen Zuordnung auf die Produkte auch entscheidende Informationen für die langfristige und
strategische Marktpositionierung und damit auch für Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen.
Prozeßkostenrechnungen ergänzen und detaillieren also den Informationsoutput für
Investitionsrechnungen (Investitionsrechnungen sind ressourcenorientiert, Prozeßkostenrechnungen sind
prozeß- bzw. produktorientiert) (vgl. Horváth, 1994, S. 497f).
Dadurch wird sie zu einem wichtigen Auslöser für strategische Entscheidungen, auch wenn Strategien
sich nicht ausschließlich auf Kosten stützen können (vgl. Ossadnik/Maus, 1995, S. 150).
Das Zusammenspiel der Prozeßkostenrechnung und des Target Costing kann die Unternehmensführung
unterstützen, unwirtschaftliche Prozesse sichtbar zu machen sowie die leistungsfähigsten herauszufinden
(vgl. Hinterhuber/Matzler, 1995, S. 135), da sowohl die Unternehmens- als auch die Markt- und
Kundenanforderungen berücksichtigt werden.
Damit wird eine Gemeinkostentransparenz geschaffen, die es zum einen ermöglicht, in Abhängigkeit
unterschiedlicher Produktausgestaltungen Kalkulationen über zu erwartende Prozeßkosten zu liefern und
zum anderen auch gemeinkostenträchtige Rationalisierungspotentiale aufzuzeigen (vgl. Seidenschwarz,
1991, S. 68).
Sowohl in Industrie- als auch in Dienstleistungsunternehmen werden beide Ansätze mittlerweile
erfolgreich eingesetzt (vgl. Diez, 1996, S. 48) und haben z.T. erhebliche Rationalisierungs- und
Einsparungsmöglichkeiten aufgedeckt, verbunden mit veränderten Produktionsmethoden, Organisationsabläufen, Qualifikationsanforderungen, Personalabbau etc.
- 151 -
Seit Mitte der 90er Jahre hat das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) an der Fachhochschule
Nürtingen sukzessive Prozeßkostenrechnungen für die verschiedenen Leistungsbereiche von KfzBetrieben (Neu- und Gebrauchtwagenverkauf, Service, Teilebereich) entwickelt. Diese umfassende
prozeßorientierte Kalkulation soll die Kfz-Händler auf ihre vielfältigen kostenintensiven indirekten und
abteilungsübergreifenden Leistungen (z.B. zahlreiche Vorführwagen, kostenlose KundendienstErsatzfahrzeuge, Hol- und Bringservice) hinweisen sowie mögliche Kostensenkungspotentiale bzgl.
Personalkosten, Nachlaßverhalten, kostenlosen Zugaben etc. aufzeigen.
Die Einführung einer Prozeßkostenrechnung in einem Kfz-Betrieb stellt hohe Anforderungen an das
Finanz- und Rechnungswesen. Ferner bedarf es u.a. detaillierter Tätigkeitsanalysen, die in den wenigsten
Autohäusern vorliegen (vgl. Diez, 1996, S. 48).
3.4. Die Organisationsstruktur in mittelständischen Kfz-Betrieben
Während im ersten Teil der nachfolgenden Ausführungen auf die bisher überwiegend vorzufindenden
horizontalen und vertikalen Unternehmens- und Arbeitsorganisationen in kleineren und mittleren
Autohäusern eingegangen wird, beinhaltet der zweite Abschnitt die im Zusammenhang mit Lean
Management eingeführten neuen markt- und prozeßorientierten Organisationsformen, die sich direkt an
der Wertschöpfungskette ausrichten und eine verstärkte Fokussierung auf die Kunden- und
Mitarbeiterbedürfnisse aufweisen.
3.4.1. Die Unternehmens - und Arbeitsorganisation
3.4.1.1.
Gründe für die Notwendigkeit der Aufgabenverteilung
Die in den Unternehmenszielen (z.B. Gewinnerzielung, Rentabilität, umfassender Service) fixierte und in
Strategien konkretisierte Gesamtaufgabe (z.B. Produktion, Handel, Dienstleistung) eines Unternehmens
ist grundsätzlich so umfangreich, daß sie von einer Person nicht allein ausgeführt werden kann (vgl.
Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 382).
Aus diesem Grunde müssen in Unternehmen, in denen mit Hilfe von Menschen, Maschinen,
Werkstoffen etc. arbeitsteilig Leistungen erbracht werden, die zu erfüllenden Aufgaben
- einerseits sinnvoll in Teilaufgaben aufgeteilt und unterschiedlichen Aufgabenträgern (z.B. Führungskräften, Mitarbeitern) zugeordnet werden (Differenzierungsfunktion = Arbeitsteilung und
Spezialisierung) und
- andererseits die separat erledigten Aufgaben wieder zusammengeführt werden (Integrations-/
Koordinationsfunktion = Zusammenführung und Steuerung)
(vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 188; Liebel/Oechsler, 1994, S. 122; Steinmann/Schreyögg, 1993,
S. 382; Ulrich/Fluri, 1992, S. 171).
- 152 -
Die beiden Betrachtungsweisen Differenzierung und Koordination bedingen sich gegenseitig. Die
Aufrechterhaltung eines Gleichgewichtes zwischen den beiden komplementären Aufgabenbereichen
bezeichnet das organisatorische Grundproblem (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993,
S. 382; Ulrich/Fluri, 1992, S. 171). Je umfassender die Arbeitsteilung gewählt wird, desto komplexer
sind auch die Anforderungen an die Organisation (vgl. Kayser, 1990, S. 76).
Unter dem hier betrachteten instrumentellen Organisationsbegriff91 versteht man die Gesamtheit aller
formalen Regelungen (z.B. Aufgabenverteilung, Koordination, Kompetenzabgrenzungen,
Weisungsbefugnisse), die den Zweck haben, die geplanten Unternehmensziele durch optimale
Kombination der einzelnen Leistungsträger (Menschen, Maschinen, Werkstoffe, Werkzeuge etc.) zu
erreichen. Organisatorische Regelungen zielen vorrangig auf das Verhalten und die Aktivitäten der
Belegschaft, um deren Handlungsweisen zu bestimmen und damit vorhersehbar zu machen. Sie geben
Ordnung, strukturieren Situationen und geben Anweisungen, wie in bestimmten Situationen vorzugehen
ist (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 379ff).
Die Organisation als Führungsinstrument hat ganz allgemein die Aufgabe, die Unternehmensleitung bei
der Realisierung der von ihr geplanten Ziele und Maßnahmen zu unterstützen (vgl. Korndörfer, 1990, S.
386). Organisieren ist dabei kein rein statischer Vorgang im Sinne einer einmaligen, formalen
Strukturierung des Betriebes. Es ist vielmehr ein permanentes Problem, das Diagnosefähigkeiten,
gestalterische Phantasie und das Vermögen, organisatorische Veränderungen durchzuführen, verlangt,
um die Ziele, Personen und Sachmittel, die mit dem Unternehmen verbunden sind, miteinander zu
verknüpfen (vgl. Kayser, 1990, S. 75; Steinmann/
Schreyögg, 1993, S. 378).
Unter Verwendung der instrumentellen Sichtweise nennt man die durch (systematische) Regeln
aufgestellte Ordnung des Gesamtunternehmens sowie der einzelnen Funktionsbereiche “Organisationsstruktur“ bzw. “Organisationsgestaltung“ (vgl. Malik, 1981(a), S. 21; Steinmann/Schreyögg, 1993,
S. 379). Sie dient der Umsetzung der sachlich und zeitlich vorgelagerten Planung (vgl. Korndörfer,
1989, S. 157).
Die Organisationsgestaltung darf jedoch kein starres Korsett sein, sondern sie muß den wandelnden
Markt- und Kundenbedürfnissen flexibel angepaßt werden und die zunehmenden Interdependenzen
zwischen einzelnen Funktionsbereichen und Teams berücksichtigen. Durch die zunehmend von
Unternehmen geforderte Flexibilität und Schnelligkeit der Entscheidungsfindung, verbunden mit stärkerer
91
Der Begriff “Organisation“ wird grundsätzlich in drei verschiedenen Bedeutungen eingesetzt. Zum einen als
soziales Gebilde (das Unternehmen selbst), zum anderen als sozio-technisches System (verhaltenswissenschaftliche, soziologische Betrachtungsweise) sowie als Instrument (vgl. Staehle, 1990, S. 627; Thommen,
1990, S. 549). Die letztgenannte, instrumentelle Betrachtungsweise, die in der vorliegenden Arbeit zugrundegelegt
wird, befaßt sich mit den Mitteln zur Umsetzung von Strategien und zur Erreichung von Unternehmenszielen (vgl.
Staehle, 1990, S. 627).
- 153 -
Delegation von (Teil-)Verantwortung auf die zuständigen Mitarbeiter, sowie veränderten
innerbetrieblichen Informations- und Kommunikationsstrukturen besteht eine starke Tendenz,
Hierarchien abzuflachen und zu dezentralisieren (vgl. Soltwedel, 1995, S. 13).
3.4.1.2.
Stellen- und Abteilungsbildung in Unternehmen
Unter Stellen- bzw. Abteilungsbildung wird die Zuordnung von Teilaufgaben auf Aufgabenträger
verstanden. Sie kann entweder auf Dauer oder auch nur für begrenzte Zeit erfolgen (vgl. Staehle, 1990,
S. 654).
Eine Stelle ist die kleinste organisatorische Einheit, die sich aus mehreren Teilaufgaben (z.B. Schreiben,
Telefonieren, Daten eingeben) zusammensetzt (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 193; Wagner, 1991, S.
83). Sie wird grundsätzlich unabhängig vom jeweiligen Stelleninhaber konzipiert (vgl. Staehle, 1989(a),
S. 79; Staehle, 1990, S. 654). Die Zusammenfassung mehrerer Stellen, die gemeinsame oder direkt
zusammenhängende Aufgaben erfüllen, unter eine einheitliche, verantwortliche Leitungsstelle (sog.
Instanz), d.h. unter eine Stelle mit Anordnungsbefugnis in der Unternehmenshierarchie, wird als
Abteilung bezeichnet (vgl. Hentze/Brose, 1985(a),
S. 198; Staehle, 1989(a), S. 79f; Staehle, 1990, S. 654; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 383).
Die Bildung von Abteilungen beinhaltet die Entscheidungen über Aufgaben-, Informations- und
Machtzuteilungen. Sie bilden die Nahtstelle zwischen den grundlegenden Konzepten Differenzierung und
Koordination (vgl. Staehle, 1989(a), S. 83).
Die Art der Organisation der Unternehmensleitung hat direkt keinen Einfluß auf die eigentlichen
Unternehmensziele. Indirekt strahlt sie auf den Grad der Erreichbarkeit der Zielsetzung aus, da von der
Ausgestaltung der Unternehmensführung positive oder negative Auswirkungen auf die Arbeitnehmer
ausgehen können, die durch ihre Motivation und Arbeitsfreude die Unternehmensleistung wesentlich
beeinflussen können (vgl. Deckert et al., 1979, S. 10).
Deshalb muß eine möglichst verständliche, also von den Beteiligten akzeptierte und als gerecht
angesehene Gestaltung der Zusammenarbeit, der Kompetenzen und Weisungsbefugnisse zwischen der
Unternehmensführung und den einzelnen Funktionsbereichen (=vertikal), und innerhalb der Abteilungen
(=horizontal) gefunden werden. Andernfalls können Diskrepanzen zwischen den einzelnen Abteilungen
entstehen, die den Betriebsablauf nachhaltig stören. Auf die verschiedenen Gestaltungsvarianten, d.h.
wie der Ablauf zwischen der Unternehmensleitung, den nachgeordneten Abteilungen sowie den
Abteilungen und den dazugehörigen Stellen untereinander geregelt werden kann (vgl. Deckert et al.,
1979, S. 10f), wird nachfolgend genauer eingegangen.
3.4.1.2.1. Horizontale Differenzierung
Im Rahmen der organisatorischen Gestaltung sind die einzelnen Teilaufgaben zu Aufgabenkomplexen, in
Stellen bzw. Abteilungen, möglichst zweckmäßig zusammenzufassen und den einzelnen Aufgabenträgern
- 154 -
zuzuordnen. Bei der Aufgabenverteilung ist nach den beiden alternativen Strukturierungsprinzipien
Zentralisation bzw. Dezentralisation vorzugehen (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 205). Dabei bedeutet
Zentralisation, daß Teilaufgaben hinsichtlich eines bestimmten Kriteriums zu einer Stelle oder Abteilung
zusammengefaßt werden und diese die gleichgearteten Aufgaben erledigt. Bei der Dezentralisation der
Aufgabenverteilung werden hingegen gleichartige Aufgaben verschiedenen Stellen oder Abteilungen im
Unternehmen zur Erfüllung übertragen. In der Praxis werden beide Prinzipien nebeneinander eingesetzt
(vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 206; Staehle, 1989(a), S. 80; Staehle, 1990, S. 654).
In welchem Ausmaß die Unternehmensführung Verantwortung und Selbständigkeit an nachgeordnete
Instanzen überträgt, hängt von der jeweiligen Branche, Unternehmensgröße und vor allem den
personellen Gegebenheiten sowie anderen, internen Entscheidungskriterien ab. Ab einer bestimmten
Unternehmensgröße wird eine begrenzte Delegation der Aufgaben unumgänglich sein. Die durch
dezentrale Aufgabenverteilung möglichen Kompetenzstreitigkeiten können dadurch eingeschränkt
werden, daß die Unternehmensführung bestimmte Rahmenordnungen festsetzt, die von den
nachgeordneten Instanzen einzuhalten sind (vgl. Korndörfer, 1990, S. 392f).
Die Spezialisierung, d.h. die Aufteilung der betrieblichen Gesamtaufgabe in komplexe Teilaufgaben
unterschiedlicher Art, Schwierigkeit, Zeitdauer etc., auf die dafür qualifizierten Mitarbeiter ist in Kleinund Mittelbetrieben nur begrenzt, im funktionsbezogenen Maß (z.B. Verkauf, Kundendienst, Werkstatt)
vorzufinden (vgl. Kayser, 1990, S. 83f).
3.4.1.2.1.1. Die funktionale Organisationsgestaltung als bedeutendste Form der horizontalen
Stellen- und Abteilungsbildung in Autohäusern
Die horizontale Differenzierung der verschiedenen, nebeneinander arbeitenden Aufgabenträger erfolgt
auf der zweiten hierarchischen Ebene alternativ nach den folgenden drei Merkmalen:
- Funktion bzw. Verrichtung,
- Objekt,
- Region.
Da in mittelständischen Betrieben und vor allen Dingen in Autohäusern primär die verrichtungsorientierte
bzw. funktionale Organisationsstruktur vorliegt (siehe Abb. 13), wird auf die anderen beiden geläufigen
Formen der Stellenbildung nach Objekten bzw. Regionen92 nicht näher eingegangen. Sie eigenen sich
vorrangig für international tätige Großunternehmen, die gleichzeitig über eine Geschäftsbereichs- oder
Spartenorganisation verfügen (vgl. Staehle, 1990, S. 693ff).
92
Umfangreiche Ausführungen über objektorientierte und regionale Stellen- und Abteilungsbildung befinden sich
u.a. in: Staehle, 1989(a), S. 85f; Staehle, 1990, S. 694ff; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 385ff; Thommen, 1990, S.
570ff.
- 155 -
Abb. 13: Darstellung der funktionalen bzw. verrichtungsorientierten Organisationsstruktur
Unternehmensleitung
Fahrzeughandel
Neu- Gebrauchtwagen wagen
Kundendienst-/Werkstattbereich
Kundendienst- Reparaturannahme
werkstatt
Ersatzteile- und
Zubehörhandel
Teileverkauf
Teilelager
Finanzbuchhaltung
Rechnungswesen
Kosten- u.
Erlösrechn.
Quelle: in Anlehnung an Staehle, 1990, S. 693
Bei dieser verbreitetsten Form der organisatorischen Arbeitsteilung erfolgt die Spezialisierung nach
Verrichtungen oder betrieblichen Funktionen (z.B. Absatz, Rechnungswesen) ab der zweiten
Hierarchieebene. Gleichartige Verrichtungen - dies gilt sowohl für die Stellen- als auch für die
Abteilungsbildung - werden in Aufgabenkomplexe zur Verrichtungszentralisation zusammengefaßt (vgl.
Staehle, 1989(a), S. 84; Staehle, 1990, S. 693; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 384; Wagner, 1991,
S. 89). Auf der dritten Hierarchieebene werden die organisatorischen Einheiten typischerweise nach
Produkten (z.B. Neu-, Gebrauchtwagen, Ersatzteile und Zubehör) geordnet (vgl. Staehle, 1989(a), S.
84; Staehle, 1990, S. 693).
Die bei der Abteilungsbildung nach verschiedenen Verrichtungen entstehenden hierarchischen Strukturen
bieten sich gleichzeitig als Koordinationsinstrument an (vgl. Staehle, 1989(a), S. 83; Staehle, 1990, S.
630).
Das Verrichtungsmodell findet am häufigsten Anwendung in Klein- und Mittelbetrieben mit einem
homogenen Leistungsprogramm (vgl. Staehle, 1989(a), S. 84; Staehle, 1990, S. 693;
Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 385) und einer relativ stabilen Umwelt, "wo durch funktionale Spezialisierung hohe Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung und -verwertung angestrebt wird" (Staehle,
1990, S. 693).
Insbesondere aufgrund der vorhandenen Schnittstellen, also der Verknüpfungen, an denen besonders
eng zusammengearbeitet werden muß, ist es dringend erforderlich, die Aufgaben präzise aufzuteilen und
festzustellen, welche Stelle bzw. Abteilung welche Aufgaben zu erfüllen hat. Speziell die
Aufgabenabgrenzung muß möglichst detailliert sein. Sonst tritt das ein, was unbedingt vermieden werden
soll, nämlich Doppelarbeit, Unsicherheit über Zuständigkeiten und Absicherungstaktiken sowie
Verschiebung von Verantwortlichkeiten, weil keiner genau weiß, wer was zu erledigen hat (vgl. Wagner,
1991, S. 91).
- 156 -
Ferner besteht die Gefahr, daß die organisatorisch separierten Einheiten lediglich ihre speziellen (Teil-)
Aufgaben und -Ziele betrachten, ohne den engen sachlichen Zusammenhang zwischen allen Aufgaben
und dem Gesamtziel zu berücksichtigen (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 395).
Gerade in größeren Autohäusern kann die funktionale Organisation zu Schwierigkeiten bei der
Kundenbetreuung führen, da zwischen Verkauf und Kundendienst häufig eine Rivalität besteht. Nur mit
bereichsübergreifenden Konzepten (z.B. Team-Konzept, Betreuungsteam), auf die nachfolgend
eingegangen wird, ist es möglich, eine integrierte Kundenkommunikation zu erreichen.
Um diese Schwächen der funktionalen Organisation zu kompensieren, empfiehlt sich u.a. eine stärkere
horizontale Abstimmung bzw. bereichsübergreifende Koordination zwischen den einzelnen
Funktionsbereichen (z.B. Verkauf, Kundendienst/Werkstatt, Verwaltung). Dazu sind beispielsweise
regelmäßige Komitees und Koordinationssitzungen (z.B. einmal pro Woche) der Abteilungsleiter
und/oder Führungskräfte einzurichten (vgl. Staehle, 1990, S. 694), in denen eine größere
Sensibilisierung für die Probleme der einzelnen Funktionsbereiche bzw. deren Führungskräfte und ein
ressortübergreifendes, partizipatives Denken, Handeln und Zusammenarbeiten erreicht werden soll.
3.4.1.2.1.2. Teilautonome Profit Center als moderne Form der Abteilungsbildung
In vielen Großunternehmen und zusehends auch in mittelständischen Betrieben wie Autohäusern mit
verrichtungsorientierter Organisationsgestaltung werden seit einigen Jahren die einzelnen Abteilungen
(z.B. Verkauf, Kundendienst, Verwaltung) als eigenständige "Profit Center" betrachtet. Dabei handelt es
sich um kleinere, flexiblere Einheiten im Gesamtunternehmen, die quasi als teilautonome, dezentralisierte
Subunternehmen geführt werden (vgl. Mohn, 1985, S. 18; Staehle, 1989(a), S. 87;
Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 385ff; Ulrich/Fluri, 1992, S. 179).
Das Profit Center wird grundsätzlich von einem oder mehreren Führungskräften weitgehend
eigenverantwortlich geleitet. Das Hauptziel dieser quasi eigenständigen Subunternehmen ist die Erzielung
eines vorgegebenen Gewinnes, Deckungsbeitrages usw. (vgl. Staehle, 1989(a), S. 87; Staehle, 1990, S.
696). Darüber hinaus müssen vorgegebene Nebenbedingungen (z.B. Qualität der Produkte,
Serviceleistungen) eingehalten werden (vgl. Thommen, 1990, S. 581).
Um eine Rentabilitätskontrolle der einzelnen Profit Center zu erhalten, ist es notwendig, daß fremde
Leistungen von anderen Abteilungen bzw. Betrieben gekauft und eigene Erzeugnisse an andere verkauft
werden dürfen, und zwar zu den Preisen, die auf einer eigenständigen Kalkulation des Subunternehmens
basieren (vgl. Staehle, 1989(a), S. 87; Staehle, 1990, S. 696).
I.d.R. bieten die zentralen Dienststellen im Unternehmen als sog. Service Centers ihre Leistungen den
Profit Centers zu internen Verrechnungspreisen an (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 183).
Die Vorzüge dieser Profit Center-Organisationsform sind:
- 157 -
- Die Delegation von Entscheidungen und Verantwortung speziell im operativen Geschäft entlastet die
Unternehmensführung und gibt den Abteilungsleitern in etwa die Handlungsfreiräume weitgehend
selbständiger Manager (vgl. Mohn, 1985, S. 18) und erhöht so die Arbeitsmotivation.
- Die einzelnen Subunternehmen vereinen alle Vorzüge kleiner, überschaubarer Organisationseinheiten
hinsichtlich Anpassungsfähigkeit, Durchsetzungskraft und Überschaubarkeit.
Kritisch ist bei der Organisationsform der teilautonomen Profit Center zu betrachten, daß dadurch
teilweise gesamtunternehmerische und abteilungsübergreifende Interessen und Ziele hinter den
Bestrebungen der einzelnen Bereiche zurückbleiben. Jedoch ist es verständlich, daß sich beispielsweise
der Kundendienst-/Werkstattbereich in einem Autohaus bei Kulanzregelungen im Interesse seines
Gewinnes weniger großzügig verhält und dies wiederum mittel- bis langfristig negative Konsequenzen für
den Fahrzeugverkauf hat.
Aufgrund dieser Schwächen werden im Zuge der aktuellen Reorganisation der Unternehmensstrukturen
die Profit Center nicht mehr ausschließlich innerhalb der einzelnen Abteilungsgrenzen organisiert,
sondern zunehmend bereichsübergreifend anhand der prozeß- und kundenorientierten Strukturen, um
eine Schnittstellenharmonisierung entlang der Wertschöpfungskette zu erreichen (vgl. Frese/Werder,
1994, S. 13f). Auf diese neueren Organisationsformen wird noch detaillierter in Kapitel 3.4.1.4.
eingegangen.
Nur wenn es gelingt, das Gesamtinteresse des Unternehmens als oberste Priorität zu erhalten, können
sich die Vorzüge des Profit Centers positiv auswirken. Deshalb gewinnen bei dieser Organisationsform
der bereichsübergreifende Informationsaustausch und die Koordination der zuständigen Führungskräfte
zur gemeinsamen Verfolgung der Unternehmensziele erhebliche Bedeutung.
3.4.1.2.2. Vertikale Differenzierung
Neben der Gliederung eines Unternehmens in horizontale Bereiche - Abgrenzung der verschiedenen
nebeneinander arbeitenden Aufgabenträger - muß auch eine vertikale Differenzierung (=hierarchische
Rangordnung), also eine Abgrenzung gegenüber den vorgeordneten (Auftraggeber) und den
nachgeordneten (Beauftragten) Personen, Stellen bzw. Abteilungen durchgeführt werden (vgl.
Korndörfer, 1990, S. 387).
3.4.1.2.2.1. Die Bedeutung von Leitungs- und ausführenden Stellen in der hierarchischen
Organisationsstruktur
Arbeitsteilige Aufgabenerfüllung erfordert grundsätzlich eine unterschiedliche Ausstattung der Stellen mit
entsprechenden Kompetenzen, d.h. Rechten und Befugnissen, die zur sinnvollen Aufgabenerfüllung
notwendig sind (z.B. Informations-, Mitspracherechte, Entscheidungs-, Anordnungsbefugnisse) (vgl.
Hentze/Brose, 1985(a), S. 197; Staehle, 1989(a), S. 81f; Staehle, 1990, S. 657; Thommen, 1990, S.
554). Der Umfang und das Ausmaß der Kompetenzen richtet sich nach der Bedeutung der Aufgabe,
- 158 -
dem Funktionsbereich, der Sozialisation und Qualifikation der Mitarbeiter etc. (vgl. Staehle, 1989(a), S.
81f). Daraus ergeben sich im Rahmen der betrieblichen Organisationsgestaltung sog. Leitungs- und
ausführende Stellen.
Leitungsstellen zeichnen sich dadurch aus, daß sie anderen Stellen hierarchisch übergeordnet und mit
gewisser Kompetenz, Entscheidungsbefugnis und Verantwortung ausgestattet sind; sie können aber
ihrerseits auch wiederum einer oder mehreren Instanzen unterstellt sein (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S.
195f; Thommen, 1990, S. 553). Leitungsbefugnisse zu haben bedeutet, im Rahmen der übertragenen
Entscheidungsbefugnisse unterstellten Personen Anweisungen und Direktiven geben zu dürfen (vgl.
Kuhn, 1990, S. 168)93. Diese Positionen sind meist in der mittleren bis oberen Ebene der ManagementPyramide angeordnet (vgl. Staehle, 1989(a), S. 82; Staehle, 1990, S. 657).
Grundsätzlich reduzieren sich mit zunehmender Hierarchiestufe die rein ausführenden Tätigkeiten immer
mehr zugunsten dispositiver, strategischer Aufgaben bzw. Entscheidungen (vgl. Kuhn, 1990, S. 169).
Die Anzahl und Verteilung von Leitungsstellen hängt von einer Vielzahl, teilweise interdependenter
Faktoren ab, wie beispielsweise Unternehmensgröße, Branche, Produkte, Ausmaß der Diversifizierung
und Grad der Internationalität (vgl. Kuhn, 1990, S. 169f).
Ausführende Stellen sind hingegen einer oder mehreren Entscheidungs- bzw. Leitungsstellen unterstellt
und haben keine eigenen Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Stellen (vgl. Thommen, 1990, S.
553). Sie sind meist an der Basis der Hierarchiepyramide angeordnet.
Das Ergebnis der vertikalen Differenzierung ist eine Hierarchie von Stellen, die in ein System der Über-,
Unter- und Nebenordnung gebracht wird. Dadurch ist die Koordination arbeitsteiliger Stellen und die
Gewährleistung einer einheitlichen Willensdurchsetzung von oben nach unten gesichert (vgl. Staehle,
1989(a), S. 82; Staehle, 1990, S. 656f).
Gerade in mittelständischen Unternehmen mit ihren wesentlich flacheren Hierarchien liegt selten eine
zentralgesteuerte Organisationsstruktur vor, sondern ein überschaubares, flexibles System mit niedrigem
Formalisierungsgrad, in denen die Mitarbeiter größere Handlungs- und Entscheidungsspielräume mit
mehr Verantwortung und Kompetenzen haben. Zwischen den ausführenden Stellen und Leitungsebenen
bestehen meist formlose, persönliche Informationsbeziehungen, die u.a. dazu beitragen, daß
Entscheidungsbefugnisse, Weisungsrechte, Aufgaben und Kompetenzen bekannt sind, ohne das eine
schriftliche Fixierung dieser organisatorischen Merkmale besteht (vgl. Kayser, 1990, S. 87f). Diese
informellen Kommunikationswege spielen in der Praxis oft eine bedeutendere Rolle als die Befehlswege,
weil über sie Internas verbreitet und Vorgänge indiziert werden.
93
Abteilungsleiter bzw. Meister werden von der Unternehmensleitung mit Weisungsbefugnissen ausgestattet,
wodurch für sie die Möglichkeit besteht, die Durchführung der auf sie übertragenen Aufgaben an ihnen formal
unterstellte Mitarbeiter zu delegieren (vgl. Deckert et al., 1979, S. 13).
- 159 -
3.4.1.2.2.2. Das Einliniensystem als häufigste Form der vertikalen Unternehmensorganisation in Kfz-Betrieben
Zur Vermeidung von Abstimmungsproblemen, Kompetenzüberschneidungen und den daraus
resultierenden Streitigkeiten besteht in der Praxis die Schwierigkeit eine genaue Kompetenzabgrenzung
der einzelnen Instanzen, d.h. der mit Befehlsgewalt ausgestatteten Abteilungen, festzulegen (vgl.
Korndörfer, 1989, S. 167; Korndörfer, 1990, S. 387f; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 396). In der
Literatur haben sich drei idealtypische Formen von Leitungssystemen herauskristallisiert, und zwar das
Einlinien-, das Mehrliniensystem sowie das Stab-Linien-System. Gemeinsam ist den drei klassischen
Stellenverbindungen, daß sie alle streng hierarchisch aufgebaut sind (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 182).
Abb. 14: Das Einliniensystem
- - - Fayolsche Brücke
usw.
Quelle: Staehle, 1990, S. 660
Auf das Mehrlinien- und Stab-Linien-System soll hier nicht näher eingegangen werden, da beide in
kleineren und mittleren Kfz-Betrieben nur in seltenen Fällen angewandt werden94.
Das Einliniensystem ist das in den meisten mittelständischen Betrieben und auch im Kfz-Gewerbe
vorzufindende Leitungssystem zwischen Instanzen und ausführenden Stellen. Es geht auf den Franzosen
Fayol (1916) zurück (vgl. Kuhn, 1990, S. 171; Thommen, 1990, S. 574; siehe auch Abb. 14). Das
Charakteristische an diesem System ist, daß die einzelnen Abteilungen eines Unternehmens in einen
einheitlichen Instanzenweg eingebunden sind. Die Ziele, Anweisungen und Aufgaben werden
hierarchisch (stufenweise) an die jeweils untergeordnete Stelle weitergeleitet, bis ein Auftrag den
vorgesehenen Empfänger erreicht hat (z.B. Unternehmensführer - Abteilungsleiter - Meister Ausführender). Dabei kann die Anweisung auf ihrem Instanzenwege zum ausführenden Mitarbeiter
94
Literatur zu den unterschiedlichen Stellenverbindungen findet man u.a. in: Hentze/Brose, 1985(a), S. 213ff;
Korndörfer, 1990, S. 388ff; Kuhn, 1990, S. 172ff; Staehle, 1989(a), S. 89ff; Staehle, 1990, S. 661ff; Steinmann/
Schreyögg, 1993, S. 396ff; Thommen, 1990, S. 575ff; Ulrich/Fluri, 1992, S. 182ff.
- 160 -
fortlaufend konkretisiert werden, damit sie für denjenigen, der sie letztlich auszuführen hat,
verständlicher ist (vgl. Deckert et al., 1979, S. 11).
Die unteren Stellen melden hingegen die für Entscheidungen relevanten Informationen bzw. den Vollzug
nach oben (vgl. Staehle, 1990, S. 660). Somit entstehen einheitliche, hierarchisch gegliederte Befehls-,
Beschwerde- und Informationswege von der obersten bis zur untersten Instanz (vgl. Korndörfer, 1989,
S. 167; Staehle, 1989(a), S. 88f). Daraus resultiert das klassische Bild einer Pyramide mit einem kleinen
Entscheidungszentrum an der Spitze und einer breiten Basis untergeordneter Mitarbeiter (vgl. Staehle,
1990, S. 660).
Eine wichtige Prämisse der hierarchischen Koordination besteht darin, daß einer hohen Position in der
Hierarchie mit umfassender formeller Autorität auch ein höheres Maß an entscheidungsrelevantem
(Fach-)Wissen, Verantwortung und Führungsqualität zugetraut wird als einer Position auf einer
niedrigeren Ebene (vgl. Staehle, 1990, S. 661).
Entscheidungsrelevante Informationen und Kenntnisse sind zunehmend auch auf unteren Hierarchieebenen nötig und vorhanden. Häufig fehlt höheren Instanzen das für die Entscheidungsfindung
notwendige Fach-/Spezialwissen, was wiederum zu zeitaufwendigen Rückfragen bei den hierarchisch
niedrigeren Ebenen führt (vgl. Staehle, 1990, S. 661).
Gerade in kleineren und mittleren Betrieben ist selten ein strenger hierarchischer Aufbau vorzufinden.
Üblicherweise werden einzelne Instanzen übersprungen, sind nicht vorhanden, oder die Anweisungen
erfolgen in einer mehr partnerschaftlichen als hierarchischen Form. Trotzdem sollten die Vorgesetzten
auf die Einhaltung bestimmter organisatorischer Grundsätze drängen, um mögliche Störungen im
Betriebsablauf von Anfang an zu vermeiden (vgl. Deckert et al., 1979, S. 11ff).
Die stärkere Delegation von Verantwortung und Entscheidungskompetenz bis in die untersten
Hierarchieebenen sowie der Einsatz multifunktionaler Teams erfordern jedoch auch in Klein- und
Mittelbetrieben eine Umstrukturierung der Unternehmensorganisation, der innerbetrieblichen
Arbeitsteilung sowie der Informations- und Kommunikationsstrukturen, wie nachfolgende Ausführungen
zu neueren Organisationsformen belegen.
3.4.1.3.
Funktionsübergreifende, gruppenorientierte Organisationsformen zur Verbesserung
der kollegialen Zusammenarbeit und der Leistungseffizienz
Mit wachsenden Unternehmensgrößen, die eine gewisse Trägheit im Entscheidungsprozeß, mangelnde
Flexibilität und Reaktionsfähigkeit sowie Probleme in der Unternehmenssteuerung und -kontrolle zur
Folge haben, sind in der Praxis Kombinationen aus horizontaler und vertikaler Abteilungsbildung
entstanden. Sie können als Ansätze zur Überwindung einiger Schwächen hierarchischer Koordination
verstanden werden (vgl. Korndörfer, 1990, S. 388ff; Staehle, 1989(a), S. 88).
- 161 -
Ohne auf die Vielzahl der in der Praxis vorzufindenden modernen mehrstufigen Organisationsformen
(z.B. Sparten- bzw. divisionale Organisation, Matrixorganisation)95 einzugehen, werden nachfolgend die
in mittelständischen Kfz-Betrieben geläufigsten funktionsübergreifenden, gruppenorientierten
Arbeitsorganisationen erläutert.
Die dauerhaft installierten, teilautonomen Arbeitsgruppen streben als Alternative zu traditionellen Formen
der Arbeitsorganisation die Flexibilisierung von Arbeitsstrukturen und -prozessen an. Dadurch soll eine
größere Leistungsmotivation der Mitarbeiter und damit letztlich eine Erhöhung der Produktivität und
Wirtschaftlichkeit erreicht werden (vgl. Staehle, 1990, S. 679).
Flexiblere, bereichsübergreifende Organisationsstrukturen bedeuten jedoch nicht, wie von Praktikern
gelegentlich behauptet wird, die Abschaffung der gesamten hierarchischen Unternehmensstrukturen,
sondern vielmehr die Aufsplittung und Neugestaltung der veralteten, hierarchisch-bürokratischen
strukturellen Regelungen, um den heutigen integrativen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. Wagner,
1991, S. 102).
3.4.1.3.1. Das Team-Konzept als teilautonome Werkstattorganisation
Hervorgerufen durch die Diskussion über schlankere Unternehmensstrukturen und flachere Hierarchien
hat der Gedanke der Team-Arbeit eine Renaissance erfahren. Während in den 70er und 80er Jahren
diese Tätigkeitsform vorrangig unter dem Aspekt der “Humanisierung der Arbeit“ betrachtet wurde,
stehen heutzutage Effizienzaspekte im Mittelpunkt der Betrachtung. Das Ziel ist es, die individuelle
Leistungsbereitschaft und Verantwortung der Teammitglieder zu forcieren (vgl. Kuhn, 1995, S. 387f).
Der Grundgedanke des (Fertigungs-)Team-Konzepts96 ist, die gesamte Auftragsabwicklung von der
Auftragsentgegennahme, über die Reparatur und Wartung bis zur Fahrzeugrückgabe an den Kunden auf
einen qualifizierten Mitarbeiter zu übertragen. Bei der herkömmlichen Leitstanddisposition, ausgestattet
mit einem zentralen Werkstatt-Disponenten, ist dieser Vorgang auf drei bis vier Stellen verteilt. Ziel ist
es, durch eine höhere Arbeitsqualität, Termintreue und Zentralisierung des Kundenkontaktes auf einen
Mitarbeiter eine größere Kundenzufriedenheit zu erreichen. Das Team-Konzept kehrt in gewisser
Hinsicht zum Urtyp der Werkstattorganisation zurück und unterteilt den größeren Betrieb - einsetzbar
ab etwa 25 Werkstattdurchgängen pro Arbeitstag - in mehrere Kleinbetriebe mit Gruppendisposition.
Grundsätzlich setzt sich jedes Team aus einem Service-/Teammeister (=Fachvorgesetzter des Teams),
evtl. einem Gruppenführer und einer Anzahl von Kfz-Mechanikern bzw. -Elektrikern sowie
95
Literatur über speziell in Großunternehmen vorzufindende mehrstufige Organisationsmodelle findet man u.a. in:
Korndörfer, 1989, S. 161ff; Kuhn, 1990, S. 179ff; Staehle, 1990, S. 695ff; Steinmann/Schreyögg, 1993,
S. 408ff; Thommen, 1990, S. 582ff; Ulrich/Fluri, 1992, S. 183ff.
96
Das (Fertigungs-)Team-Konzept im Kfz-Gewerbe wird in der wissenschaftlichen Literatur überwiegend unter der
Bezeichnung “teilautonome Arbeitsgruppen“ behandelt.
- 162 -
Auszubildenden zusammen. Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, daß die ideale Teamgröße nicht
über fünf produktiven Kräften liegen sollte (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(c),
S. 59). Der Aufgabenbereich des Servicemeisters entspricht zum einen dem des Kundendienstberaters
traditioneller Prägung, d.h. er ist für die Auftragsentgegennahme, -bearbeitung und Fahrzeugrückgabe
an den Kunden verantwortlich. Zusätzlich hat er noch auf die Disposition und Auslastung,
Termineinhaltung, Arbeitsorganisation und -qualität zu achten, sowie Führungsverantwortung für sein
Team zu tragen, d.h. seine Aufgaben und Verantwortung sind beim Team-Konzept wesentlich größer
als vorher. Der Gruppenführer ist wiederum zuständig für die Auftragsverfolgung in der Werkstatt. Die
Verantwortlichkeit für die Arbeiten am Fahrzeug bleibt generell bei der Gruppe (vgl. Brachat, 1988, S.
244f; Dämmig, 1995, S. 66ff).
Mittlerweile wurde aufgrund von Qualitätsmängeln in den meisten Autohäusern mit Team-Konzept der
übergeordnete Werkstattmeister zur Überprüfung der durchgeführten Arbeiten wieder eingeführt. Dafür
wurde die Position des Gruppenführers in den einzelnen Teams aufgelöst und die Person wieder
vollständig produktiv eingesetzt.
Die Spezialisierung der Monteure, die in Großbetrieben teilweise recht weit fortgeschritten ist, wird im
Team-Konzept weitgehend aufgehoben. Jede Gruppe führt alle gängigen Wartungs- und
Reparaturarbeiten eigenverantwortlich durch. Die Arbeits- und Aufgabenverteilung sowie die Kontrolle
des Arbeitsergebnisses erfolgt ebenfalls selbständig im Rahmen der Gruppe. Lediglich Karosserie- und
Lackarbeiten, komplizierte Elektronik- und Aggregatearbeiten (z.B. Einspritz-, Klima-,
Abstandswarnanlagen, Navigationssysteme) bleiben meist Spezialisten überlassen (vgl. Brachat, 1988,
S. 245; Dämmig, 1995, S. 67).
Eine so organisierte Werkstatt baut sich permanent ihre Nachwuchskräfte auf. Die Monteure können
sukzessive bei der Arbeit in verantwortlichere Positionen hineinwachsen. Dies wirkt sich motivierend auf
die Mitarbeiter aus.
Während bei der traditionellen Werkstattorganisation in großen Betrieben deutliche Schnittstellenprobleme zwischen Kundendienstannahme, Werkstatt, Werkstattmeister und Leitstand bestehen,
kann durch diese Organisationsform ein Großbetrieb in mehrere Kleinbetriebe aufgeteilt werden, wobei
die Vorzüge des großen Unternehmens, und zwar die Spezialisten für komplizierte Arbeiten, nicht
aufgegeben werden.
3.4.1.3.2. Die gruppenorientierte Organisation der Verkaufsabteilung
Die Verkaufsabteilungen in den meisten Autohäusern mit mehreren (Neuwagen- und/oder
Gebrauchtwagen-)Verkaufsberatern sind streng hierarchisch organisiert. Je nach Unternehmensgröße,
Absatzzahlen und Anzahl der Mitarbeiter gibt es einen Verkaufsleiter für den gesamten Fahrzeugverkauf
oder je einen für den Neu- und Gebrauchtwagenhandel. Ihm bzw. ihnen sind dann mehrere
Verkaufsberater unterstellt, die entweder nur Neu- oder Gebrauchtwagen bzw. beides zusammen
- 163 -
verkaufen. Die einzelnen Verkäufer arbeiten weitgehend unabhängig voneinander, meist auf
Einzelprovisionsbasis (z.B. Umsatz-, Bruttoertragsprovision). Durch die Einführung von Gruppenarbeit
und damit verbundener Team-Provisionsregelung könnte eine intensivere Zusammenarbeit und größere
Hilfsbereitschaft untereinander erreicht und der Angst des gegenseitigen Kundenabwerbens
entgegengetreten werden. Damit könnte die Verkaufsberatung zum Wohl des Autohauses, der
Mitarbeiter und vor allem der Kunden verbessert werden.
In dem Zusammenhang wäre es erstrebenswert, neben den bisher rein quantitativen Kriterien zukünftig
auch qualitative Aspekte, wie beispielsweise Akquisitionstätigkeit, Neukundengewinnung,
Kundenzufriedenheit etc. bei der Staffelung der Verkäuferprovisionen zu berücksichtigen.
Hinzuweisen ist darauf, daß neben den unbestreitbaren Vorzügen dieser teilautonomen Arbeitsgruppen,
wie beispielsweise höhere Qualität, geringere Fluktuation und Krankenstand, größerer
Gruppenzusammenhalt und Zufriedenheit sich auch negative Effekte ergeben können, die überwiegend
aus dem Abbau hierarchischer Koordinations- und Kontrollmechanismen resultieren. Die
Selbstkontrolle und selbstgesetzten Gruppennormen (z.B. Qualitätsstandards in der Werkstatt,
Absatzzahlen im Verkauf) können anspruchsvoller als die ursprünglich vorgegebenen sein und somit zur
Diskriminierung von leistungsschwächeren und weniger beliebten Mitarbeitern führen (vgl. Staehle,
1990, S. 679). Teilautonome Arbeitsgruppen sind somit eine Form innovativer Flexibilisierung, die hohe
Anforderungen an das Verantwortungsbewußtsein und die Kommunikationsbereitschaft der
Gruppenmitglieder stellt (vgl. Beyer/Henningsen, 1989, S. 60ff). Ferner ist eine umfassende
Qualifikation und große Flexibilität der Mitarbeiter erforderlich, damit sie sich gegenseitig vertreten
können.
3.4.1.4.
Neue markt- und prozeßorientierte Organisationsformen zur Verbesserung der
Arbeitsqualität und der Kundenzufriedenheit
Anfang der 90er Jahre ist in der Managementliteratur vor allem durch die Veröffentlichung von
Hammer/Champy (1993) das “Business Reengineering“ bekannt geworden. Dieser Ansatz geht von
einer radikalen, funktions- und hierarchieübergreifenden Neugestaltung der Unternehmensorganisation
(=Verbesserungen um “Größenordnungen“) - vorrangig durch das Top-Management - aus, um eine
Kostenreduzierung und Qualitätssteigerung zu erreichen (vgl. Hammer/Champy, 1994, S. 32f). Es steht
also nicht die Frage nach der Verbesserung bestehender Prozesse im Mittelpunkt, wie bei der
prozeßorientierten Betrachtungsweise, sondern es wird untersucht, warum ein Prozeß überhaupt nötig
ist oder wie er idealerweise strukturiert sein müßte.
Nach anfänglicher Begeisterung für diese völlige Neugestaltung mehren sich mittlerweile auch Zweifel an
der Wirksamkeit dieses Konzeptes (vgl. Kamiske/Füermann, 1995, S. 144; Wunderer/
Kuhn, 1995, S. 4). Bei Klein- und Mittelbetrieben erscheint es äußerst fraglich, ob bei dieser
Unternehmensgröße für eine komplette Neustrukturierung die entsprechend qualifizierten Mitarbeiter
- 164 -
vorhanden sind und ob die Unternehmensleitung bereit und in der Lage ist, eine solche Reorganisation
durchzuführen. Hinzu kommt, daß dieses Konzept in erster Linie eine Veränderung, ausgelöst von der
obersten Hierarchieebene, anstrebt, und damit das Know-how und die Fähigkeiten der Beschäftigten
hinten anstellt.
Eine mitarbeiterorientierte Sichtweise entspricht mehr dem hier zugrunde gelegten Michigan-Ansatz.
Deshalb wird nachfolgend die markt- und prozeßorientierte Organisationsgestaltung in den Vordergrund
gestellt. Dieses vorrangig langfristig orientierte Konzept berücksichtigt die vorhandenen Strukturen,
Umfeldentwicklungen und Kundenanforderungen. Ferner sind bei diesem als partizipativ zu
bezeichnenden Konzept die Arbeitnehmer an der nachhaltigen Verbesserung der Abläufe frühzeitig
beteiligt; ihre Erfahrungen und ihr Wissen ist ein entscheidender Erfolgsgarant für die kontinuierliche
Verbesserung innerhalb vorgegebener Aufgabenbereiche (vgl. Kamiske/Füermann, 1995, S. 144f).
Dies soll jedoch nicht die vollständige Ablehnung des Business Reengineering bedeuten. Das
Grundprinzip des Überdenkens eingefahrener Prozesse soll vielmehr mit der markt- und prozeßorientierten Sichtweise verschmelzen (vgl. Kamiske/Füermann, 1995, S. 148).
Im Zusammenhang mit dem aus Japan stammenden “Lean Management“ ist es auch in Deutschland zu
vielfältigen Umstrukturierungen der Unternehmensorganisation gekommen. Die Grundprinzipien dieses
Konzeptes lauten: Bildung überschaubarer Bereiche, Abflachung von Hierarchien, Delegation von
Verantwortung von höheren auf niedrigere Ebenen, Teamorientierung, Überwindung von
Bereichsgrenzen, prozeß- bzw. produkt- und kundenorientierte Sichtweise (vgl. Frese/Werder, 1994,
S. 6ff). Auf die sich daraus ergebenden, veränderten Denkprinzipien, Methoden und Vorgehensweisen
zur effizienten Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette wird nachfolgend ausführlicher
eingegangen.
Veränderungen in den Marktbedingungen bzw. Kundenansprüchen wie größere Qualitätsanforderungen, günstigere Preise, “individuellere“, zumindest stärker differenzierte Produkte einerseits und
verbesserte Lieferfähigkeit und höhere Angebotsflexibilität andererseits fokussieren insgesamt die
produktionswirtschaftlichen Zielgrößen neu und erfordern eine verstärkte Integration der vor- und
nachgelagerten Bereiche zur Straffung der Prozeßketten über die Unternehmensgrenzen hinaus. In die
Analyse müssen u.a. die Lieferanten, Kunden, Absatzmittler usw. einbezogen werden (vgl. Becker,
1993, S. 648f).
Einen differenzierten Ansatz stellt die Analyse der Wertschöpfungsketten als Voraussetzung für eine
strategische Ressourcenanalyse dar. Sie zielt auf das Aufdecken von Rationalisierungsmöglichkeiten in
allen Funktionsbereichen und allen Ressourcen (z.B. Mitarbeiter, Anlagen, Maschinen, Werkstoffe,
Systeme). Damit soll die interne und externe Kosten- und Wertschöpfungsstruktur des Unternehmens
nach (potentiellen) Stärken und Schwächen untersucht werden (vgl. Staehle 1990, S. 606f).
- 165 -
Dabei dürfen die Aktivitäten nicht nur auf die Kostenseite beschränkt werden, sondern sie sind auch auf
den Bereich der Leistungen auszudehnen. Die Analyse umfaßt somit die grobstrukturierte Abfolge der
Schritte, mit denen ein Unternehmen in einem Geschäftsbereich seine Güter und Dienstleistungen
produziert und an den Kunden bringt (vgl. Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 62f).
Das Unternehmen muß dafür die Kosten und Leistungen jeder Wertbeitragsaktivität analysieren und
nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen. Es sollte als Orientierungspunkt auch Schätzungen über
vergleichbare Leistungen und Kosten seiner stärksten Mitbewerber anstellen (vgl. Kotler, 1992, S.
458). Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern mit gleicher Fertigungstiefe bestehen dann,
wenn Wertschöpfungsaktivitäten von dem eigenen Unternehmen besser und/oder preisgünstiger
durchgeführt werden können. Darüber hinaus ist jede Aktivität daraufhin zu überprüfen, ob sie nicht
(noch) kostengünstiger in einem anderen eigenen oder fremden Betrieb (sog. Make or buyEntscheidung) erbracht werden kann (vgl. Staehle, 1990, S. 607).
Die Wertkette bietet dem Unternehmen damit einen umfassenden Analyserahmen für die systematische
Suche nach Möglichkeiten, den Kunden ein überlegenes Wertangebot anzubieten (vgl. Kotler, 1992, S.
458).
Manche Unternehmen werden zahlreiche kleine Wettbewerbsvorteile entdecken, doch die meisten sind
leicht imitierbar und daher sehr kurzlebig. Deshalb müssen die Unternehmen kontinuierlich neue
potentielle Wettbewerbsvorteile herausfinden und sukzessive einsetzen, um fortlaufend einen Vorsprung
gegenüber den Mitbewerbern zu haben (vgl. Kotler, 1992, S. 459). Dementsprechend müssen die
bestehenden Prozesse kontinuierlich verbessert werden.
3.4.1.4.1. Das Betreuungsteam zur intensiven Nutzung von Synergieeffekten
Während in kleineren Autohäusern aufgrund der wenigen Hierarchiestufen und geringen Mitarbeiterzahl
mehrere Aufgabenbereiche von ein- und derselben Person abgedeckt werden, herrscht in mittelgroßen
Kfz-Betrieben oft (noch) starres Abteilungsdenken. Meist besteht vor allem zwischen Fahrzeugverkauf
und Kundendienst nur eine mangelhafte Zusammenarbeit und Abstimmung anstelle einer markt- und
kundenorientierten Prozeßbetrachtung.
Gerade die Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt entscheiden über und sind verantwortlich für die
Kundenzufriedenheit und letztlich für die Kundenbindung. Dabei ist die Intensität der Kundenbindung ein
entscheidender Erfolgsfaktor. Jedoch sind bei der klassischen, funktionalen Autohaus-Organisation die
Mitarbeiter, an denen der Kunde sein Vertrauen festmachen möchte, mit den geringsten
Entscheidungskompetenzen ausgestattet. Beispielsweise benötigen Kundendienstberater vorgegebene
Entscheidungsspielräume, um sich beim Kunden Kompetenz und Vertrauen zu verschaffen, damit sie
ohne Rückfrage bei der Geschäfts- und Kundendienstleitung, eigenständig Kulanzentscheidungen (z.B.
Übernahme der Reparaturkosten vom Werk bzw. Händler, kostenloser Leihwagen) treffen können (vgl.
Friedel-Beitz/Heu, 1994(a), S. 65f).
- 166 -
Abhilfe können z.B. bereichsübergreifende Beratungsteams (sog. Cluster) schaffen, die multifunktionell
und kundenorientiert zusammenarbeiten, damit dem Kunden kompetente Entscheidungsträger
gegenüberstehen. Der US-amerikanische Begriff “Cluster“ bezeichnet eine Organisationsstruktur, bei
der Arbeitsgruppen gebildet werden, die die Funktions- und Verrichtungsspezialisierung der
traditionellen Hierarchie reduzieren. Das Cluster wird zur Basiseinheit, denn es verringert die funktionale
Spezialisierung durch die Verbindung von Komponenten, die für die Realisierung der Zielsetzungen
relevant sind (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(a), S. 66).
Die Abteilungs- bzw. Gruppenbildung erfolgt entsprechend dem kundenbezogenen Geschäftsablauf,
d.h. streng prozeßorientiert. Auch die Aufgaben der Beschäftigten werden prozeßorientiert strukturiert
und erweitert. Bei dieser neuen Organisationsform dominieren die horizontalen Funktionen; die
Teamautonomie ist sehr weitreichend. Dabei haben die Teams eine starke Gruppenorientierung mit
umfassender Kompetenz und Verantwortung für die ihnen übertragenen Aufgaben (vgl. Beyer/Stöcker,
1994, S. 23), was wiederum eine große Motivationswirkung hat.
Sollen beispielsweise im Kfz-Betrieb Synergien aus Verkauf und Kundendienst genutzt werden, dann
müssen Verkaufs- und Serviceberater ein Beratungsteam für den Kunden bilden. Dabei werden die
“Spezialisten“ als “Generalisten“ zur Erreichung der Zielsetzung zusammengeführt. Dieses Team trägt
ohne Einschränkungen die Verantwortung für das operative Geschäft. Sämtliche Mitarbeiter arbeiten als
Dienstleistungsgemeinschaft nach Weisung des Teams. Dafür benötigen die klassischen Berufsfelder
eine Modifizierung. Auch die bestehenden Tarifverträge erfassen solche Beraterteams bisher nicht (vgl.
Friedel-Beitz/Heu, 1994(a), S. 66; siehe Abb. 15).
- 167 -
Abb. 15: Aufgabenbereiche und Organisationsaufbau in der Cluster-Organisation
KUNDE
“point of action“
Beratungsteam bestehend aus:
Cluster mit operativer Verantwortung arbeitet
weitestgehend autonom.
Verkaufs- und Kundendienstberater
Dienstleistungsgemeinschaft Autohaus
(dazu gehören: Fahrzeugdisposition, -annahme
und -reparatur, Finanzierung, Versicherung,
Garantieabwicklung, Verwaltung, Controlling)
Arbeitet nach Weisung des Beratungsteams.
Unternehmensführung
Plant Unternehmenszukunft , setzt Visionen
und delegiert Verantwortungen.
(=Prozeß-Moderator zur fortlaufenden Verbesserung
der Kooperation und Kommunikation im Unternehmen)
Quelle: in Anlehnung an Friedel-Beitz/Heu, 1994(a), S. 66
Jedes Teammitglied ist in der Lage, die Aufgaben in der Kundendienst- und Reparaturannahme sowie
im Neuwagenverkauf zu übernehmen. Dazu gehören auch administrative Tätigkeiten, die in direktem
Zusammenhang mit dem Kundenservice stehen. Dieses konsequente “job enrichement“ erfordert nicht
nur von der Geschäftsführung, sondern auch von den Verkaufs- und Kundendienstberatern ein
erhebliches Umdenken sowie ein hohes Maß an Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz. Da solche
Kundenbetreuer je nach Berufsausbildung und bisherigem Tätigkeitsbereich keine umfassenden
Fachkenntnisse sowohl in technischen als auch in kaufmännischen Bereichen (Fahrzeugverkauf, disposition, Finanzierung, Versicherung, Kundendienst, Fehlerdiagnose etc.) besitzen, benötigen sie
Spezialisten wie z.B. Finanzierungsfachleute, Kfz-Meister, Disponenten, auf die sie bei Bedarf
zurückgreifen können. Diese Funktionsbereiche sind dezentrale Einheiten und sie kümmern sich genauso
wie das Betreuungsteam eigenverantwortlich um ihre Aufgabengebiete. Dabei betrachtet jede Abteilung
jede andere als ihren Kunden, für den auch intern höchster Nutzen zu schaffen ist (vgl. Beyer/Stöcker,
1994, S. 23ff).
Mit den Betreuungsteams wird eine ganzheitliche Betreuung des Kunden durch einen Kundenbetreuer
bzw. ein Kundenteam von der ersten Anfrage über den Vertragsabschluß und die Endabrechnung bis
hin zur After-sales-Betreuung verfolgt. So wird vermieden, daß der Kunde wie bisher immer
wechselnde Gesprächspartner unterschiedlicher Funktion und Kompetenz hat. Er wird nicht mehr
- 168 -
innerhalb der Organisation “weitergereicht“, sondern durch die ihm persönlich bekannten
Ansprechpartner im Betreuungsteam umfassend bedient (vgl. Beyer/Stöcker, 1994, S. 23).
Ziel der Cluster-Organisation ist es, die “natürlichen“ Kundenkontakte zu erhöhen und damit Vertrauen
zwischen Kunden und Beratungsteam aufzubauen, um die Kundenbindung und damit das
Loyalitätsverhalten der Kunden zum Betrieb zu verbessern. Dabei ist die Tätigkeit des Clusters
konsequent an der Wertschöpfungskette auszurichten (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(b), S. 158).
Die anderen Funktionsbereiche besitzen eine ähnliche Organisationsstruktur wie das Betreuungsteam
und folgen dem gleichen Unternehmensleitbild.
Während in der klassischen, hierarchischen Autohaus-Organisation von den Arbeitnehmern vorrangig
Gehorsam und Konformität verlangt wird, benötigen sie aufgrund der veränderten Arbeitsinhalte in der
Cluster-Organisation Innovationsfähigkeit, Sensibilität für die sich fortlaufend wandelnden
Kundenbedürfnisse, Eigenverantwortung sowie Handlungs- und Entscheidungsspielraum.
Das Betreuungsteam muß lernen, miteinander zu arbeiten (Kooperation) und die Kundenreaktionen und
-verhaltensweisen an die Dienstleistungsgemeinschaft und Unternehmensleitung weiterzuleiten
(Kommunikation) (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(b), S. 159).
In Zusammenhang mit der Reorganisation des Kfz-Betriebes ändern sich auch die Anforderungen an
das Management. Durch die umfangreichen Verhaltensänderungen und gewandelten Kommunikationsstrukturen wird speziell von der Unternehmensführung eine sachorientierte Partnerschaft, eine
klare Zielorientierung und eine kooperative Kommunikation mit allen am Wertschöpfungsprozeß
Beteiligten gefordert. Die auf formaler Autorität basierende Führung im Unternehmen wird von den
Mitarbeitern nicht mehr akzeptiert. Um diesen veränderten Anforderungen gerecht zu werden, muß vom
Management ein adäquates Unternehmensleitbild entwickelt (vgl. Beyer/Stöcker, 1994, S. 27) und die
Mitarbeiter müssen entsprechend geschult werden.
Durch den Einsatz von Betreuungs- und den bereits weiter vorne behandelten Werkstatteams (siehe
Kapitel 3.4.1.3.1.), kombiniert mit entsprechenden Spezialisten, entsteht ein “leanes“ Autohaus, das
den veränderten Anforderungen und den gehobenen Mitarbeiter- und Kundenbedürfnissen gerecht
wird.
Aufgrund der geänderten Aufgabenstellungen müssen auch die Entlohnungsmodelle für Automobilverkäufer und Serviceberater insoweit angepaßt werden, daß sie die Nutzung von Synergien aus
dem Service für den Fahrzeugverkauf und umgekehrt berücksichtigen. Dabei müssen diese Modelle
neben quantitativen Aspekten (z.B. Stückzahlen, Bruttoerträge) vor allem auch qualitative Kriterien
(z.B. Neukundengewinnung, Kundenzufriedenheit) bewerten. Beispielsweise würde sich eine
gemeinsame Kundenbindungsprämie für Stammkunden eignen, die aufgrund der guten Betreuung durch
das Team die Leistungen des Autohauses regelmäßig in Anspruch nehmen.
- 169 -
3.4.1.4.2. Total Quality Management und weitere (Teil-)Ansätze zur Qualitätsverbesserung
Angeregt von japanischen Unternehmen, ein dauerhaftes, ganzheitliches und führungsorientiertes
Qualitätsbewußtsein einzuführen, erhält “Total Quality Management“ (TQM) auch in deutschen Kleinund Mittelbetrieben steigende Bedeutung.
TQM reicht über die traditionelle - rein technik- oder fertigungsorientierte (funktionale) Qualitätssicherung hinaus und spiegelt einen Ansatz wider, der sich in der Unternehmensphilosophie wie
auch in der Mitarbeiterführung niederschlägt. Mit diesem Ansatz werden permanentes produkt- und
prozeßorientiertes Qualitätsstreben in allen Phasen der Wertschöpfungskette sowie fortlaufende
Verbesserungsbemühungen - auf der Grundlage von “Continuous Improvement“ (CIP), “Kaizen“ bzw.
“Kontinuierlicher Verbesserungsprozeß“ (KVP) - zum bedeutsamsten Kriterium unternehmerischer
Effizienz erklärt (vgl. Limpens, 1995, S. 183; Töpfer/Mehdorn, 1994, S. 11f). Damit wird ein Prozeß
der Fehlervermeidung in Gang gesetzt. Zielrichtung und Gradmesser der Tätigkeiten aller Mitarbeiter
sind dabei der Kundennutzen und der Unternehmenserfolg.
Ein zukunftsorientiertes Qualitätsmanagement (QM)-System beinhaltet neben der Prozeßbeherrschung
auch Aspekte wie Umweltschutz, Arbeitssicherheit, Kostenmanagement und marktwirksame Kriterien
wie Preis-Leistungs-Verhältnis.
“Somit verbirgt sich hinter dem Stichwort TQM eine strategisch ausgerichtete, langfristige,
bewußtseinsmäßige Formierung des Unternehmens, fortwährend auf allen Aktionsfeldern “Qualität zu
leben“ und in diese Lebensart sämtliche Unternehmensmitglieder einzubeziehen“ (Limpens, 1995, S.
183).
Dabei wird im Sinne eines effizienten Qualitätsmanagements empfohlen, die Abteilungs- und auch
Unternehmensgrenzen zu überwinden und die Elemente einer konsequenten Qualitätsausrichtung auch
auf die vor- und nachgelagerten Unternehmensbereiche bzw. -partner (z.B. Absatzmittler, Zulieferer) zu
übertragen (vgl. Limpens, 1995, S. 183; Scherm, 1994, S. 647).
TQM ist nicht nur Methodenbündel, sondern auch eine Grundeinstellung zur Arbeit im Unternehmen. Es
verpflichtet alle Mitarbeiter zu qualitätsvollem Handeln und gibt ihnen auch die Möglichkeit dazu. Es
sieht sich nicht nur den Kunden gegenüber verpflichtet, sondern ebenfalls den Mitarbeitern und letztlich
der Allgemeinheit. Qualität, d.h. die Erfüllung der Erwartungen bzw. Anforderungen der Kunden an ein
Produkt oder an eine Dienstleistung (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 3; Töpfer/Mehdorn, 1994, S.
8f), ist ein entscheidendes Verkaufsargument und damit ein wichtiger unternehmerischer Erfolgsfaktor.
Mangelhafte Qualität führt zum Verlust der Kundenloyalität und damit zu Umsatz- und Gewinneinbußen.
Entsprechend muß den Beschäftigten in Seminaren aufgabenbezogenes, qualitätsorientiertes Denken und
Wissen vermittelt werden, damit sie ein Qualitätsbewußtsein entwickeln, das sie befähigt, engagiert
Qualitätsverantwortung zu übernehmen, aktiv an qualitätsfördernden Team-Konzepten mitzuarbeiten
und Eigenverantwortung für die übertragenen Aufgaben zu übernehmen (vgl. Limpens, 1995, S. 184).
- 170 -
Damit wird deutlich, daß TQM ein ganzheitliches System ist, das weit mehr umfaßt als die reine
Qualitätsverbesserung; als strategisches Konzept zielt es darauf ab, das Unternehmen konsequent auf
die wandelnden Marktanforderungen auszurichten (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 383).
Die Zertifizierung von QM-Systemen nach der internationalen Industrienorm DIN97 ISO98 9000 - 9004
(entspricht den Europanormen (EN) 29000 - 29004), die derzeit eine steigende Bedeutung in der
europäischen Wirtschaft erfährt, steht mit TQM nicht in Konkurrenz. Vielmehr ist die Zertifizierung eine
vertrauensfördernde Maßnahme. Ein QM-System in Produktion, Montage und Kundendienst nach dem
Anforderungsstandard DIN ISO 9002 - er hat sich für das Kfz-Gewerbe als der zutreffendste erwiesen
- legt für ein Unternehmen ein kontrolliertes Qualitätssicherungssystem fest. Zudem erzeugt das Streben
nach dem Zertifikat einen oft notwendigen Anpassungsdruck (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 12ff).
Der dazu benötigte Aufbau vernetzter Regelkreise im Betrieb schafft die Voraussetzungen für die
kontinuierliche Verbesserung der Produkte und Leistungen. Das Zertifikat bescheinigt, daß alle
Arbeitsabläufe im Unternehmen den Anforderungen der ISO-Norm entsprechen.
Neben der recht umfangreichen Qualitätsprüfung auf der Grundlage einer sog. Auditfragenliste inklusive
Prüfkriterien des ZDKs bieten beispielsweise auch die Volkswagen AG und die Mercedes-Benz AG
ihren angeschlossenen Vertragspartnern sog. Sammel-/Gruppen-Zertifizierungen an. Bei diesen
verkürzten Versionen wird ein vorhandenes QM-System auf einen weiteren Geltungsbereich übertragen
(vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 24).
Im Zuge der Auditierung werden alle wesentlichen Abläufe im Betrieb in den einzelnen Abteilungen
sowie die Bereiche Umweltschutz und Arbeitssicherheit durch speziell geschulte Auditoren überprüft
(vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 4). Die jeweiligen Zuständigkeiten der Funktionsträger werden klar
definiert, und durch die straffe Organisationsstruktur wird der betriebliche Ablauf kontinuierlich
verbessert. Dadurch werden mögliche Doppelarbeiten und Schwachstellen im Informationsfluß
aufgedeckt.
Nach einem erfolgreichen Händleraudit wird mit der Zertifizierung durch die unabhängige akkreditierte
Zertifizierungsstelle des TÜV oder der DEKRA eine auf 3 Jahre befristete Bestätigung vergeben.
Jährlich wird stichprobenartig der Qualitätsstandard in Überprüfungsaudits kontrolliert (vgl. Autohaus
Akademie, 1995, S. 4).
Gegenüber den Kunden soll mit dieser Auditierung dokumentiert werden, daß in dem Betrieb alles
dafür getan wird, um höchste Arbeitsqualität und damit verbundene Kundenzufriedenheit zu erreichen.
Kritische Kunden, Großabnehmer und Behörden machen schon heute darauf aufmerksam, daß sie nur
97
DIN=Deutsche Industrienorm
98
Die ISO-Serie 9000 ff wurde bereits 1987 von der “International Organization for Standardisation“ (ISO)
veröffentlicht (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 4).
- 171 -
noch Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen beziehen, die nach ISO 9000 ff zertifiziert sind;
ein Trend, der anhält und sich zusehends verstärkt (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 3;
Kassebohm/Malorny, 1994, S. 701; Volkswagen AG, 1994, S. o.S.).
Zertifikate entfalten u.U. eine erhebliche Marketingwirkung. Gegenüber einem nicht zertifizierten
Mitbewerber entsteht der subjektive Eindruck eines leistungsfähigeren Unternehmens. Insofern können
diese Auszeichnungen als vertrauensfördernde Maßnahmen angesehen werden (vgl.
Kassebohm/Malorny, 1994, S 708).
Es ist davon auszugehen, daß eine Vielzahl von Automobilherstellern/-importeuren (z.B. BMW,
VW/Audi, Ford, Opel) in die neuen Händlerverträge markenindividuelle Standards mit ISONormierungen aufnehmen werden.
Insgesamt ist nur durch die regelmäßige Überprüfung des QM-Systems, der Verfahren, Produkte und
Dienstleistungen die Effizienz gewährleistet. Durch fortlaufendes Hinterfragen lassen sich
Korrekturmaßnahmen und Mängelbeseitigung und damit Qualitätsverbesserungen erzielen.
Ursprünglich zielte der Ansatz des “Kaizen“ bzw. “Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses“ (KVP)
auf industrielle Fertigungsstrukturen. Da sich trotz anderer Führungs-, Mitarbeiter- und
Abteilungsstrukturen in den mittelständischen Händlerbetrieben auch alle Abläufe als Prozeßkette
darstellen lassen, ist dieser Ansatz ebenfalls auf diese Unternehmensgrößen übertragbar.
Dieser Begriff bezeichnet eine fortlaufende Verbesserung der Produkte, Dienstleistungen und Prozesse
in kleinen Schritten, damit sie den wandelnden Vorstellungen der internen und externen Kunden
entsprechen. Diese Qualitätsverbesserung und -sicherung im Wertschöpfungsprozeß wird durch die
eigenverantwortliche Lösung von Problemen und Behebung von Mängeln durch den einzelnen
Mitarbeiter oder die Gruppe, ggf. auch teamübergreifend, sowie deren zukünftige Vermeidung auf der
Grundlage einer systematischen Ursachenanalyse erreicht (vgl. Scherm, 1994, S. 647; Japan Human
Relations Association, 1994, S. 39ff).
Zielsetzung der KVP-Workshops ist es, wertschöpfende Aktivitäten sukzessive in allen Unternehmensbereichen zu fördern und Verschwendung, d.h. Vorgänge und Leistungen, die nur Kosten
verursachen und keine Wertschöpfung bringen, zu reduzieren: “Eine Strategie ohne Ende“, deshalb die
Bezeichnung “kontinuierlicher Verbesserungsprozeß“99 (vgl. Fuchs, 1994, S. 50; Japan Human
Relations Association, 1994, S. 52).
Bei diesen Veranstaltungen geht es also darum, den betroffenen Mitarbeitern vor Ort Zeit zu geben, ihre
Kreativität einzubringen, um ihre Tätigkeiten besser und damit effizienter - auch im Sinne der
Kundenbedürfnisse und Unternehmensziele - erfüllen zu können. Gerade die betroffenen Mitarbeiter
99
Während Qualitätszirkel sog. temporäre, d.h. nur für begrenzte Zeit eingerichtete Projektgruppen sind, handelt es
sich bei den KVP-Workshops um fortlaufende Veranstaltungen, die sukzessive die Defizite und Verschwendungen
in allen Unternehmensbereichen aufdecken und beseitigen sollen.
- 172 -
kennen am besten die Stärken und Schwächen des Prozesses und wissen am genauesten, welche
Arbeitsbereiche verbesserungsbedürftig sind (vgl. Fuchs, 1994, S. 50; Japan Human Relations
Association, 1994, S. 51).
Da die Beteiligten bereits bei der Ideenfindung aktiv beteiligt und von ihrem selbst entwickelten
Vorschlag überzeugt sind und ihnen die Veränderungsmaßnahmen nicht von außen aufoktroyiert
werden, werden diese auch wesentlich schneller von den Mitarbeitern angenommen und umgesetzt. Der
anfänglich durch die gemeinsame Ideensammlung und -strukturierung größere Zeitaufwand wird
anschließend bei der Realisierung meist mehr als ausgeglichen (vgl. Fuchs, 1994,
S. 51; Japan Human Relations Association, 1994, S. 48).
Beispielsweise bietet die Volkswagen AG ihrer Vertriebsorganisation seit Ende 1994 - in Anlehnung an
die KVP 2-Workshops, die die Arbeitsabläufe der Produktionsprozesse im Werk untersuchen betriebsinterne Workshops an, die mit KVP 8 bezeichnet werden. Mögliche Themen einer solchen
Veranstaltung sind:
- Ablauforganisation von der Neuwagen-Anlieferung durch den Spediteur bis zur Auslieferung an den
Kunden.
- Überprüfung der Teile- und Zubehörwege vom Lager bis zum Werkstattarbeitsplatz.
- Auftragsverfolgung im Kundendienst von der Terminvereinbarung bis zur Kfz-Rückgabe an den
Kunden.
In den meist 1- bis 2-tägigen Workshops werden mit Unterstützung von sog. externen (unabhängigen)
Moderatoren von den aus unterschiedlichen Funktionsbereichen stammenden Mitarbeitern
Verschwendungspunkte bzw. Schwachstellen in den betriebsinternen Arbeitsabläufen sowie mögliche
Verbesserungsmaßnahmen herausgearbeitet. Diese werden in einem ersten Schritt konkretisiert und in
die Verantwortlichkeit von Gruppenteilnehmern gelegt und mit festen Umsetzungsterminen versehen. Die
Ergebnisse werden daraufhin allen Mitarbeitern und der Geschäftsführung präsentiert. Nachgespräche
verfolgen die Termineinhaltung und den Grad der Umsetzung (vgl. Fuchs, 1994, S. 50ff).
3.4.1.4.3. Kritische Betrachtung dieser neuen Konzepte
Obige Ausführungen verdeutlichen, daß der TQM-Ansatz große Interdependenzen zum “Lean
Management“ aufweist. In beiden Konzepten dominieren die Elemente Kunden-, Prozeßorientierung
sowie bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Kostenminimierung. Deshalb ist es ratsam, bei der
Einführung von TQM ebenfalls die Komponenten und Grundsätze von Lean Management zu
berücksichtigen (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 383).
Erfolgt die Umsetzung der TQM-Idee ohne intensiven Informations- und Überzeugungsprozeß, so
führen die im Unternehmen durchzuführenden technischen, organisatorischen und personellen
Neuerungen u.U. zu schwerwiegenden gesamtbetrieblichen Irritationen, die sich für den einzelnen
durchaus zu einer Belastung entwickeln. Ein wirkungsvolles TQM kann nur unter Einbeziehung aller
- 173 -
Arbeitnehmer durchgeführt werden und sich damit langfristig zu einer neuen Herausforderung für die
gesamte Belegschaft entfalten (vgl. Limpens, 1995, S. 185).
Einerseits stützt sich das TQM ablauforganisatorisch auf Normenbilder, die von kollektiver Seite
geprägt werden. Andererseits werden aus personalpolitischer Sicht die Wertschöpfungsbeiträge der
betroffenen Mitarbeiter oder Gruppen über Qualitätsentlohnungs- oder Profit Center-Konzepte erfaßt,
die zwar das Leistungsbewußtsein fördern, gleichzeitig aber im Sinne individueller Normenpräzisierungen
zu einem Ressortegoismus führen, der den geforderten qualitätsorientierten Gemeinschaftsgeist
behindert. Es bleibt zweifelhaft, ob das angestrebte unternehmerische Gesamtergebnis aufgrund einer
derartigen Individualausrichtung der vorhandenen Entlohnungskonzepte stets positiv beeinflußt wird (vgl.
Limpens, 1995, S. 185).
Kritiker geben auch zu bedenken, daß das Zertifikat über Qualität nichts aussagt. Es werden vielmehr
unternehmensinterne Mindeststandards definiert und Kontrollprozesse idealtypisch beschrieben. Das
gesamte Qualitätsmanagement ist hierarchisch und bürokratisch mit einer Vielzahl von Vorschriften und
Normen (z.B. Anweisungen, Checklisten, Einzigartigkeiten) versehen und steht damit im Gegensatz zur
heute in Unternehmen geforderten Flexibilität, Eigenverantwortung, Kreativität und zum
unternehmerischen Denken der Mitarbeiter entlang der horizontalen Prozeßketten.
Im Rahmen der Zertifizierung nach DIN ISO 9000 ff werden vorrangig die internen Abläufe des
Unternehmens überprüft; dabei wird die kundenorientierte Prozeßqualität als wichtiger Wettbewerbsvorteil eines Kfz-Betriebes in den Normlisten außer acht gelassen. Deshalb fehlt für eine
vollständige Vertrauensbildung am Markt die Bestätigung, daß auch die vom Unternehmen erbrachten
Leistungen und Produkte den Kundenerwartungen entsprechen. Diesen “Gap“ gilt es zukünftig
kontinuierlich zu verkleinern, unter Berücksichtigung aller Wirtschaftlichkeits- und Wettbewerbsaspekte.
Die durch die Zertifizierung zum Ausdruck gekommene Qualitätsfähigkeit des Unternehmens bedeutet
lediglich eine Momentaufnahme. Produkt-, Prozeß- und Unternehmensqualität bedürfen hingegen
ständiger Verbesserungen. Das Anpassen des QM-Systems an die alle 5-7 Jahre überarbeitete
Normenreihe DIN ISO 9000 ff reicht bei der heutigen Umfelddynamik nicht aus (vgl.
Kassebohm/Malorny, 1994, S. 708).
Die Gefahr bei kontinuierlichen Verbesserungsaktivitäten besteht darin, daß sie zwar punktuell die
Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen fördern, jedoch insbesondere bei den operativ tätigen
Mitarbeitern langfristig zu einer Lethargie führen können, wenn diese es zwischenzeitlich durch
Überforderung aufgeben, vereinbarte Veränderungen ernst zu nehmen und kurzfristig umzusetzen. Diese
Schwierigkeit wird um so eher akut, je kürzer die Veränderungsintervalle und desto unsteter die daraus
resultierenden Normen und Strukturen sind (vgl. Limpens, 1995, S. 184).
- 174 -
Abschließend ist festzuhalten, daß auch für Kfz-Betriebe das Thema Qualitätsmanagement ein immer
entscheidenderer Erfolgsfaktor wird. Der Nutzen für die Unternehmen liegt in der ständigen
Verbesserung von Produkten, Prozessen, der Leistungen, Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterorientierung
sowie der Produktivitätssteigerung. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Umsetzung der in der
Normenreihe festgelegten Qualitätssicherungssysteme.
Viele zertifizierte Unternehmen nutzen ihr QM-System nach DIN ISO 9000 ff auch als Ausgangspunkt
für weiterführende TQM-Aktivitäten, beispielsweise hinsichtlich Abfallvermeidung (EU-Umwelt-Siegel)
oder Reduzierung des Energieverbrauchs (EU-Energie-Siegel) und damit letztlich zur Kosteneinsparung.
Der Umweltcheck in Verbindung mit dem Energiecheck und die Einrichtung eines
Qualitätsmanagementsystems laufen nach der gleichen Methodik ab und lassen sich ohne weiteres
miteinander verknüpfen.
Ohne abgestimmtes Gesamtkonzept und intensive Partizipation der Mitarbeiter bringen jedoch
(operative) Teilansätze wie Lean Management, Total Quality Management, kontinuierliche
Verbesserungsprozesse mit Teamarbeit oder auch Kundennähe zwar kurzfristige Verbesserungen,
garantieren aber keine dauerhaften positiven Synergieeffekte, die in einer Welt der Diskontinuitäten und
des Übergangs notwendig sind (vgl. Hinterhuber, 1994(b), S. 36f).
3.5. Das strategische Personalmanagement in mittelständischen Autohäusern
3.5.1. Die zunehmende Bedeutung des strategischen Personalmanagements aufgrund sich
verändernder Rahmenbedingungen
Wie bereits im Zusammenhang mit den Ausführungen zum konzeptionellen Human Resource
Management-Ansatz erläutert, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit unter dem Begriff
“strategisches Personalmanagement“ bzw. “strategisches Human Resource Management“ die
proaktive, langfristig orientierte, ganzheitlich-konzeptionelle (integrative) Sichtweise der Mitarbeiter im
Unternehmen subsumiert (vgl. Ackermann, 1991, S. 22; Krulis-Randa, 1995, S. 21; Staehle, 1989(b),
S. 388; Staehle, 1990, S. 719; siehe auch Kapitel 3.1.2.).
Das Human Resource Management hat nicht nur Servicefunktionen im Betrieb zu übernehmen, sondern
aufgrund sich fortlaufend wandelnder, höherer Anforderungen an die Personalarbeit prospektiv
(vorausschauend) zukünftige Unternehmensentwicklungen aktiv mitzugestalten, unter Berücksichtigung
sozio-ökonomischer Ziele (vgl. Ackermann, 1989(b) S. 142; Ackermann/
Blumenstock, 1993, S. 12; Hentze, 1991(a), S. 20). Entscheidungen über Unternehmensstrategie,
Organisationsstruktur und das HRM müssen simultan getroffen werden (vgl. Krulis-Randa, 1995, S.
23; Oechsler, 1994(a), S. 18).
- 175 -
Obwohl in vielen personalwirtschaftlichen Veröffentlichungen, Kongressen, Vorträgen etc. immer
wieder herausgestellt wird, daß das Humanpotential zunehmend das wichtigste Kapital des Unternehmens ist, werden Arbeitnehmer in der Praxis meist als Betriebs- oder Personalkosten und nicht als
erfolgsrelevante Investitionsgröße betrachtet (vgl. Sattelberger, 1989(a), S. 16).
Wie in den meisten Klein- und Mittelbetrieben gibt es auch im Kfz-Gewerbe keinen anderen
Unternehmensbereich, in dem so wenig planvoll und zielorientiert gearbeitet und in dem so vieles dem
Zufall überlassen wird wie im Personalbereich (vgl. Dubbert, 1990, S. 97). Die Personalarbeit wird
häufig kurzfristig (aktionistisch) in Form von Beschäftigungsplanung betrieben, dort, wo direkter Mangel
erkennbar ist. Systematische strategische Planung der Humanressourcen wird in den meisten
Unternehmen vernachlässigt (vgl. Sattelberger, 1989(a), S. 16). Eine integrative Personal- und
Unternehmensplanung ist jedoch unerläßlich, weil auch die beste Unternehmensstrategie erfolglos
bleiben muß, wenn sie mangels qualifizierter und motivierter Arbeitnehmer nicht realisiert werden kann.
Neben den im Kfz-Betrieb alles beherrschenden Funktionsbereichen Verkauf, Kundendienst/Werkstatt
und Finanzen wird das Personalmanagement weitgehend als Randproblem angesehen und
dementsprechend gehandhabt. Hohe Fehlzeiten und Fluktuation der Belegschaft, schlechtes
Betriebsklima, niedrige Produktivität etc. sind die Folgen der Mißachtung der Arbeitnehmer als
erfolgsrelevantes Unternehmenskapital. Nur zufriedene, loyale und hochqualifizierte Mitarbeiter sind
zukünftig in der Lage, die zunehmend anspruchsvolleren Kunden adäquat zu betreuen. Aus diesem
Grunde wird nachfolgend die strategische Personalentwicklung und die leistungsmotivierende
Mitarbeiterführung im Zentrum der Betrachtung stehen.
Nur in sehr großen Autohäusern mit etwa 150 und mehr Mitarbeitern gibt es oftmals eine eigene
Personalabteilung. In den meist wesentlich kleineren Kfz-Betrieben hat die Personalfunktion eher eine
untergeordnete, meist verwaltungstechnische Bedeutung. Sie wird entweder dezentral von den einzelnen
Abteilungsleitern, zentral vom Finanzleiter - falls diese Stellen im Unternehmen überhaupt vorhanden
sind - oder vom Unternehmer/Geschäftsführer persönlich (nebenbei) wahrgenommen.
Bekannte Instrumentarien der Personalarbeit (z.B. Stellenbeschreibung, Bedarfspläne, Fragebögen,
Beurteilungsverfahren) sind in diesen Betrieben nur vereinzelt vorzufinden (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S.
13).
Da durch die ständig steigenden Arbeitsanforderungen und die gewandelte Arbeitsmarktsituation
insbesondere qualifiziertes und motiviertes Personal kaum problemlos ad hoc extern zu rekrutieren ist,
kann diese Knappheit nur durch langfristig orientierte
- Beschaffung von Arbeitnehmern auf dem externen oder ggf. internen Arbeitsmarkt,
- Ausbildung,
- Fortbildung noch nicht genügend qualifizierter Beschäftigter sowie
(vgl. Drumm, 1992, S. 161)
- 176 -
- Karriere- und Laufbahnplanung für geeignete Nachwuchskräfte
überwunden werden.
Die Personalbeschaffung, -auswahl, Aus- und Weiterbildung beanspruchen Zeit. Die Betriebe sind
deshalb quasi gezwungen, sich frühzeitig mit der Ermittlung zukünftig erforderlicher Mitarbeiterqualifikationen (qualitativer Aspekt) und mit der Bestimmung der Menge (quantitativer Aspekt) der zur
Leistungserstellung benötigten Mitarbeiter zu befassen (vgl. Drumm, 1992, S. 162). Eine erfolgreiche
Personalpolitik wird auf Dauer nur das Unternehmen betreiben, das die Personalaufgaben aktiv angeht
und nicht nur (zwangsweise) reagiert (vgl. Zander, 1994, S. 235).
Aufgrund der oben geschilderten Bedeutung der Arbeitnehmer für den langfristigen Unternehmenserfolg
wird die strategische Personalplanung auch im Kfz-Gewerbe immer mehr zur Aufgabe der
Unternehmensführung. Investitionen in das Mitarbeiterpotential sind für eine erfolgreiche
Zukunftssicherung mindestens genauso bedeutend wie langfristig wirkende Investitionen in Gebäude und
technische Ausstattungen.
3.5.2. Darstellung der einzelnen Teilbereiche des strategischen Personalmanagements
Von der Vielzahl der funktionellen Subsysteme des Personalmanagements - sie haben Planungscharakter (vgl. Dubbert, 1990, S. 107) wie z.B. die Personalbedarfsanalyse, -beschaffung/
-auswahl, -entwicklung, -freistellung - soll nachfolgend ausschließlich auf vier Teilfunktionen entsprechend dem Michigan-Ansatz - eingegangen werden. Dabei handelt es sich um die
- strategische Personalbeschaffungs-/Personalauswahlplanung,
- strategische Leistungsbeurteilung,
- strategische Anreiz- und Belohnungssysteme sowie
- strategische Personalentwicklung.
Dabei werden nachfolgend sowohl die operativen als auch die strategischen Maßnahmen des
Personalmanagements, die Letztgenannten bilden den Schwerpunkt dieses Ansatzes, nicht getrennt
voneinander dargestellt, da die Übergänge meist fließend sind. Speziell in vielen mittelständischen
Unternehmen werden die umfangreichen Möglichkeiten zur Entwicklung und Leistungsmotivation der
Erwerbstätigen bisher kaum effektiv eingesetzt werden.
Die vier abgegrenzten Bereiche lassen sich in der Praxis nicht genau voneinander trennen, weil sie eng
miteinander vernetzt sind und sich gegenseitig beeinflussen (vgl. RKW, 1990, S. 18). Zur vereinfachten
Darstellung sollen sie im folgenden nacheinander erläutert werden.
- 177 -
3.5.2.1.
Strategische Personalbeschaffung und -auswahl
Zur Umsetzung der geplanten Unternehmens- und Wettbewerbsstrategien ist primär die Beschaffung
und Auswahl der dafür benötigten Arbeitnehmer erforderlich (vgl. Elsik, 1992, S. 132).
Die Aufgabe der Personalbeschaffung ist es, die in der Personalbedarfsplanung festgestellte personelle
Unterdeckung (z.B. Neu-, Ersatzbedarf) auszugleichen, damit zu einem bestimmten Zeitpunkt genügend
qualifizierte Mitarbeiter für bestimmte Aufgaben vorhanden sind. Dafür gibt es zwei
Beschaffungsalternativen. Zum einen die unternehmensinterne (=Rekrutierung von Mitarbeitern aus dem
eigenen Unternehmen durch Beförderung, Versetzung etc.) sowie zum anderen die unternehmensexterne
(=Neueinstellung von Personen, die bisher nicht im Unternehmen tätig waren, z.B. durch Vermittlung
über Arbeitsämter, Stellenanzeigen, Personalberater) Suche, Auswahl und Bereitstellung geeigneter
Personen (vgl. Berthel, 1995, S. 166ff; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 273; Drumm, 1992, S. 241;
Dubbert, 1990, S. 113).
Die Schwerpunkte der Personalbeschaffung sind die beiden Bereiche Personalwerbung/-akquisition und
-auswahl (vgl. Thommen, 1990, S. 491), auf die nachfolgend näher eingegangen wird.
3.5.2.1.1.
Unternehmensinterne und auf dem externen Arbeitsmarkt durchgeführte
strategische Personalbeschaffung
3.5.2.1.1.1. Unternehmensinterne Personalbeschaffung zur Leistungsmotivation der
Mitarbeiter
Wenn bei der Personal-(bedarfs-)planung die Notwendigkeit eines Neu- oder Ersatzbedarfs festgestellt
wird, so sollte primär eine innerbetriebliche Besetzung erörtert werden, zumal auch das
Betriebsverfassungsgesetz die innerbetriebliche Stellenausschreibung auf Verlangen des Betriebsrates (§
93 BetrVG von 1972) vorsieht. Vorhandene Mitarbeiter haben jedoch keinen Anspruch auf die zu
besetzende Stelle (vgl. Berthel, 1995, S. 167; Zander, 1994, S. 63). Ohne interne Ausschreibung kann
der Betriebsrat nach § 99 BetrVG bei der Einstellung externer Bewerber die Zustimmung verweigern
(vgl. Berthel, 1995, S. 198).
Die internen Beschaffungsmaßnahmen unterteilen sich
- in (kurzfristige) Mehrarbeit - vor allem in mittelständischen Betrieben vorzufinden (vgl. Dubbert, 1990,
S. 113) -, in Form von Ausweitung der vertraglichen Arbeitszeit (Überstunden), Urlaubsverschiebung
in geschäftsschwache Zeiten etc. sowie
- in Aufgabenumverteilung, verbunden mit Beförderungen und Versetzungen
(vgl. Berthel, 1995, S. 167).
Zur Überbrückung der kurzfristigen Mehrarbeit wird gerade in Klein- und Mittelbetrieben der
kurzfristige Einsatz von Springern (z.B. Familienangehörige, kurzfristig abrufbare ehemalige Mitarbeiter/innen bzw. Rentner/-innen) und Teilzeitarbeitskräften angewendet (vgl. Dubbert, 1990, S. 113). Eine
- 178 -
weitere Möglichkeit ist die Einstellung von Mitarbeitern mit befristeten Arbeitsverträgen. Dabei sind die
Bestimmungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes (BeschFG) zu berücksichtigen (vgl. Kador, 1990,
S. 12). Schließlich bietet sich bei saisonalen Schwankungen bzw. temporärer Mehrauslastung auch die
Zusammenarbeit
mit
Zeitarbeitunternehmen
(sog.
Personalleasing
i.S.d.
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vom 07.08.1972) an (vgl. Kador, 1990, S. 12).
Die Aufgabenumverteilung führt in kleineren und mittleren Unternehmen meist zur indirekten
Personalbestandserhöhung. Das Beschaffungsproblem wird nicht abschließend gelöst, sondern oftmals
auf eine andere bzw. niedrigere Hierarchieebene verlagert, für die dann Neubedarf an externen
Arbeitskräften besteht (vgl. Dubbert, 1990, S. 113; Maier/Fröhlich, 1992, S. 22).
Die langfristig orientierte, interne Beschaffungsplanung ist eine wichtige Aufgabe der Unternehmensführung. Sie erfolgt meist in Verbindung mit strategischer Personalentwicklung. Durch
vorausschauende Fortbildungsmaßnahmen und Karriereplanung schafft sich das Unternehmen ein
Reservoir an qualifizierten Mitarbeitern, die den zukünftigen Arbeitsanforderungen der Unternehmensstrategie entsprechen (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 274).
Grundsätzlich sollte vor Inanspruchnahme des externen Arbeitsmarktes die unternehmensinterne
Personalbeschaffung überprüft werden. Sie bietet u.a. folgende Vorzüge:
- Risiko von Fehlbesetzungen wird durch langfristige Beobachtung des Sozial- und Leistungsverhaltens,
der Eigeninitiative, des Engagements sowie des Entwicklungspotentials minimiert;
- kaum Integrationsprobleme, da der Beschäftigte mit den betrieblichen Gegebenheiten (“Internas“),
organisatorischem Aufbau und Arbeitsplatzanforderungen vertraut ist;
- größere Motivation und Zufriedenheit bei den Mitarbeitern durch interne Aufstiegsmöglichkeiten bei
entsprechenden Leistungen und somit auch Verbesserung des Betriebsklimas;
- Kosteneinsparung aufgrund wegfallender Akquisitionskosten und Einarbeitungszeiten sowie möglicher
Fehlbesetzung(en)
(vgl. Berthel, 1995, S. 177; Oechsler, 1994(a), S. 138; Liebel/Oechsler, 1994, S. 51).
Gerade in mittelständischen Betrieben werden aus den angeführten Gründen qualifizierte und motivierte
Fach- und Führungskräfte häufig aus dem eigenen Betrieb rekrutiert.
Dies geschieht meist durch eine innerbetriebliche Stellenausschreibung. Sie umfaßt Beschreibungen über
die vakante Position, die Arbeitsanforderungen und wird den Beschäftigten durch Anschlag, Handzettel,
Anzeige in der firmeninternen Zeitung oder in anderer geeigneter Form mitgeteilt (vgl. Berthel, 1995, S.
168).
Weitere Möglichkeiten zur internen Beschaffung sind Vorschläge von Vorgesetzten, Versetzungen und
vor allem eine gezielte Personalentwicklung, evtl. verbunden mit einer Nachfolgeplanung (vgl.
Maier/Fröhlich, 1992, S. 22) im Rahmen der strategischen Personalentwicklung.
- 179 -
Die oben angeführten Vorzüge interner Rekrutierung schließen allerdings nicht aus, daß es im Einzelfall
ratsamer sein kann, auch Fach- und Führungskräfte vom externen Personalmarkt einzustellen, wenn das
benötigte Know-how im Unternehmen nicht vorhanden ist, oder um neue Ideen von außen einfließen zu
lassen (vgl. Burgard, 1988, S. 318; Liebel/Oechsler, 1994, S. 51).
Zu beachten ist, daß es bei interner Personalbeschaffung zu Spannungen bei den nicht berücksichtigten
Bewerbern kommen kann, daß das Risiko der Betriebsblindheit besteht und daß es Schwierigkeiten bei
der Korrektur von Fehlbesetzungen geben kann (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 138).
3.5.2.1.1.2. Vorgehensweise für eine effektive Personalakquisition auf dem externen
Arbeitsmarkt
Die externe Beschaffung am Arbeitsmarkt100 ist dann notwendig, wenn die Mehrauslastung auf Dauer
nicht über kurzfristige interne Maßnahmen kompensiert werden kann und Mitarbeiter bzw.
Führungskräfte mit dem benötigten Leistungspotential, Know-how etc. im Unternehmen nicht
vorhanden sind (vgl. Dubbert, 1990, S. 113; Mag, 1986, S. 67). Die besonderen Vorzüge dieser
Beschaffungsart liegen zum einen darin, daß man Bewerber mit einem breiteren Erfahrungsspektrum aus
anderen Unternehmen rekrutieren kann und zum anderen, daß man Ausbildungskosten spart (vgl.
Oechsler, 1994(a), S. 138).
Bei der Suche nach potentiellen Beschäftigten auf dem externen, speziell für qualifizierte Fach- und
Führungskräfte angespannten Arbeitsmarkt, stehen die Klein- und Mittelbetriebe in direkter Konkurrenz
zu Großunternehmen (vgl. Dubbert, 1990, S. 113; Maier/Fröhlich, 1992, S. 23).
Aufgrund des Mangels an qualifizierten Kräften sind aktive Methoden erforderlich, wie die am
häufigsten eingesetzten Stellenanzeigen in (über-)regionalen Tageszeitungen und Fachzeitschriften, die
gezielte Ansprache von Bewerbern oder Informationsveranstaltungen im Betrieb und in (Berufs-, Hoch)Schulen. Eine weitere Möglichkeit bietet die Vermittlung von interessierten Bewerbern aus dem
sozialen Umfeld der Betriebsangehörigen (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 23).
Eine sehr gute Möglichkeit, um speziell Führungsnachwuchskräfte anzuwerben, bildet das aus den USA
entlehnte “Campus-recruiting“. Bei diesen Firmenkontaktgesprächen für Nachwuchskräfte werden z.T.
mit Unterstützung der Lehrkräfte oder Studentenorganisationen Berufsbörsen an den Hochschulen
durchgeführt, bei denen Studenten, Absolventen und junge Berufstätige die Möglichkeit haben, sich bei
100
Da Betriebe im Zuge der sich verschärfenden Knappheit qualifizierter Arbeitnehmer wesentlich aktiver auf dem
Arbeitsmarkt tätig werden müssen, um besonders geeignete Bewerber überhaupt für das Unternehmen
interessieren und evtl. gewinnen zu können, wird die aktiv-werbende Personalbeschaffung seit geraumer Zeit mit
dem Begriff “Personalmarketing“ bezeichnet (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 638). Dabei umfaßt das
(strategische) Personalmarketing nicht nur das nach außen gerichtete Werben um neue Mitarbeiter, sondern
auch die nach innen gerichtete Betrachtung, um langfristig zufriedene und motivierte Mitarbeiter zu schaffen
(vgl. Drumm, 1992, S. 254; Töpfer/Poersch, 1989, S. 132f; Weber, 1990, S. 14).
- 180 -
den Personalmanagern der beteiligten Unternehmen vorzustellen und über Einstiegsmöglichkeiten zu
informieren (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 139). Diese Methode zur Beschaffung höher qualifizierter
Berufseinsteiger ist mittlerweile auch in Deutschland bei vielen Großunternehmen (z.B. Deutsche Bank,
Mercedes-Benz, Mannesmann, Siemens) üblich, z.T. in Verbindung mit Universitätspräsentationen, austellungen etc. Für das Kfz-Gewerbe bietet sich speziell eine diesbezügliche Ansprache der
Fachschulen für Kfz-Betriebswirtschaft in Calw und Northeim, der Fachhochschule Nürtingen sowie
der Universität Bamberg mit den jeweiligen Lehrstühlen für Automobilwirtschaft an. Diese Art der
Akquisition von Führungskräften geschieht bisher bei mittelständischen (Kfz-)Unternehmen nur
vereinzelt.
Als weitere Beschaffungsquellen sind schließlich noch die Hinzuziehung von Personalberatern oder
professionellen Headhuntern zu erwähnen. Hiervon machen aufgrund der erheblichen Kosten jedoch nur
sehr große Autohäuser bei der Suche nach Geschäftsführern oder sonstigen leitenden Angestellten
Gebrauch.
Für eine kurzfristige, flexible Bedarfsdeckung bietet sich die Arbeitnehmerüberlassung (sog.
Personalleasing) an (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 139), auf die bereits weiter vorne eingegangen wurde.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Personalanwerbung ist die detaillierte Beschreibung der
Arbeitsinhalte der zu besetzenden Stelle, der benötigten (Qualifikations-)Anforderungen (vgl. Zander,
1994, S. 63) sowie der realen Gegebenheiten (Stärken, Defizite) in dem Unternehmen.
Aufbau, Inhalt und optische Gestaltung sind neben der richtigen Medienwahl wichtige Kriterien für die
Wirksamkeit des Stellenangebotes. Dabei sollte eine zielgruppenorientierte, moderne Gestaltung und
entsprechende Textformulierung erfolgen (vgl. Zander, 1994, S. 64). Sie soll nicht nur
veränderungswillige Arbeitskräfte, sondern auch solche ansprechen, bei denen der Wunsch nach
Veränderung erst geweckt werden muß (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 26).
Unter Bewerbern - insbesondere unter (Fach-)Hochschulabsolventen als potentiellem Führungsnachwuchs und berufserfahrenen Führungskräften - bestehen oftmals größenbedingte Ressentiments
gegenüber Klein- und Mittelbetrieben, wie beispielsweise niedrigeres Vergütungsniveau, eher autoritärer
Führungsstil, geringe Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten (vgl. Dubbert, 1990,
S. 114), die bereits in der Stellenausschreibung ausgeräumt werden sollten.
Obwohl es grundsätzlich schwieriger geworden ist, geeignete Auszubildende zu finden und nach
abgeschlossener Berufsausbildung zu halten, sollten nicht vorrangig junge Menschen eingestellt werden,
nur um eine vakante Lehrstelle zu besetzen. Ein ungeeigneter Bewerber stellt langfristig für den Betrieb
eher eine Belastung als eine wertvolle Arbeitskraft dar. Deshalb sollten sich Unternehmensführer auch
mit veränderten bzw. erweiterten Zielgruppen (z.B. weibliche Azubis, ausländische Jugendliche, (Fach-)
Abiturienten) befassen (vgl. Teichmann, 1992, S. 915).
- 181 -
Schulabsolventen präferieren anstelle der ehemals stark bevorzugten Ausbildung im Kfz-Handwerk
zunehmend eine Lehre als Bank-, Versicherungs-, Bürokaufmann oder in großen Industrieunternehmen.
Deshalb ist es notwendig, den Berufsanfängern zu verdeutlichen, daß der “ölverschmierte Schrauber“ im
heutigen Berufsalltag in den Kfz-Betrieben nur noch bedingt vorzufinden ist. Bei den modernen HighTech-Automobilen benötigt das Werkstattpersonal zur Wartung und Instandsetzung zunehmend
handwerkliche Kenntnisse und Fertigkeiten in unterschiedlichen Bereichen der Automobiltechnik, wie
Elektrik, Elektronik, Hydraulik, Pneumatik, Werkstoffkunde, Informationsverarbeitung etc.
Eher passive Maßnahmen zur externen Beschaffung sind beispielsweise die Inanspruchnahme der
Arbeitsämter, die Auswertung von Stellengesuchen in Zeitungen und der Rückgriff auf unaufgefordert
zugesandte Bewerbungen. Aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels und der in den 90er Jahren
auf den Arbeitsmarkt tretenden geburtenschwachen Jahrgänge wird diese Art der Personalbeschaffung
zukünftig wenig Erfolg versprechen (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 22f).
Speziell Klein- und Mittelbetriebe suchen unternehmensexterne Führungs-(nachwuchs-)kräfte in erster
Linie auf informellen Wegen über (persönliche) Empfehlungen von Freunden, Bekannten und über
Kunden, Mitbewerber, Zulieferer (vgl. Dubbert, 1990, S. 113), Verbände, Innungen etc.
Insgesamt ist die Personalbeschaffung keine einmalige, kurzfristige ad hoc-Aufgabe. Sie hat vielmehr
langfristigen Charakter und muß in die Unternehmensplanung integriert sein, unter besonderer
Berücksichtigung zukünftiger strategischer und struktureller Anforderungen. Solche Personalpläne sind
jedoch kaum in mittelständischen Unternehmen vorzufinden (vgl. Dubbert, 1990, S. 107).
Während bis Mitte/Ende der 80er Jahre in vielen Autohäusern über den Regenerationsbedarf
ausgebildet wurde, um der hohen Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken, sind die Betriebe
mittlerweile gezwungen, den engagierten Nachwuchs aktiv zu akquirieren (vgl. Volkswagen AG Zentralbereich Kundendienst, 1991, S. 12). Entwicklungsfähiges Nachwuchspotential mit Abitur oder
(Fach-)Hochschulabschluß darf nicht länger allein von Großunternehmen rekrutiert werden, sondern
auch die mittelständischen Betriebe müssen sich aktiv darum bemühen (vgl. Eckardstein, 1988, S. 64).
Dabei ist das Image des Betriebes ein entscheidender strategischer Erfolgsfaktor für die
Personalakquisition auf dem externen Arbeitsmarkt (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 25; Liebel/Oechsler,
1994, S. 53).
Inwieweit Bewerber aus dem eigenen Unternehmen oder vom externen Arbeitsmarkt präferiert werden
sollen, kann nicht generell gesagt werden. Die Entscheidung, in welchem Umfang interne oder externe
Stellenbesetzung erfolgen soll, steht im engen Zusammenhang mit der Personalentwicklungspolitik
(Ausbildungs- und Fortbildungs-, Laufbahn-, Karriereplanung usw.). Im einzelnen sind die Vor- und
Nachteile sorgfältig gegeneinander abzuwägen, wobei nicht quantifizierbare Faktoren berücksichtigt
werden müssen (vgl. Korndörfer, 1990, S. 165f; Thommen, 1990, S. 491).
- 182 -
Zu bemerken ist jedoch, daß Unternehmen, die bewußt freie Stellen vorrangig mit Betriebsangehörigen
besetzen, meist auch gezielte langfristige Qualifizierungsmaßnahmen - von der Berufsausbildung über
gezielte Fortbildungsmaßnahmen bis zu einem gelenkten Arbeitsplatzwechsel (job rotation) durchführen (vgl. Korndörfer, 1990, S. 166).
An den Einsatz von Instrumentarien der Personalbeschaffung, die auf dem Arbeitsmarkt eine
Akquisitionswirkung haben sollen, schließt sich die Personalauswahl unter den Bewerbern an (vgl.
Oechsler, 1994(a), S. 141).
3.5.2.1.2. Strategische Personalauswahl
3.5.2.1.2.1. Aufgaben und Inhalte der Personalauswahl
Die Aufgabe der Personalauswahl besteht darin, aus den zur Verfügung stehenden unternehmensinternen oder -externen Bewerbern den- oder diejenigen auszuwählen, die für die Anforderungen
der vakanten Stelle am geeignetsten erscheinen (vgl. Berthel, 1995, S. 181; Drumm, 1992, S. 259),
d.h. einen Abgleich zwischen der Bewerbereignung und dem Anforderungsprofil der zu besetzenden
Position mit Hilfe bestimmter Auswahlinstrumente durchzuführen (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 141). Die
Auswahl des "Bestqualifizierten" erfordert die Feststellung der Bewerberqualifikation, detaillierte
Kenntnisse über die derzeitigen und zukünftigen Stellenanforderungen und die Abstimmung der
Informationsbasis und Auswahlregeln (vgl. Berthel, 1995, S. 181; Drumm, 1992, S. 259).
Die strategische Personalauswahl unterscheidet sich von der “herkömmlichen“ Variante weniger durch
die eingesetzten Analyseinstrumente, sondern in erster Linie durch die aus den strategischen
Umsetzungserfordernissen abgeleiteten Selektionskriterien, um eine Übereinstimmung zwischen
Strategie und Person(en) zu erreichen. Sie wird vorrangig bei Führungskräften der obersten
hierarchischen Ebenen (z.B. Geschäftsführer, Betriebs-, Abteilungsleiter) verwandt (vgl. Elsik, 1992, S.
132).
Die Instrumentenwahl hängt u.a. davon ab, ob es sich bei den Bewerbern um vorhandene Mitarbeiter
oder externe Kräfte handelt. Bei internen Bewerbungen können hilfreiche Informationen z.B. aus den
Leistungsbeurteilungen, Beobachtungen von Vorgesetzten oder Personalgesprächen für die Auswahl
herangezogen werden. Eine Analyse der Bewerbungsunterlagen wird bei ihnen nicht notwendig sein (vgl.
Oechsler, 1994(a), S. 141).
In der Fachliteratur werden einige Modelle zur strategischen Personalauswahl (z.B. von
Laukamm/Walsh (1986), Stybel (1982)) dargelegt. Gemeinsam ist diesen Konzepten, daß eine
normative Zuordnung von unterschiedlichen Strategietypen, die in den strategischen Geschäftseinheiten
oder auf Unternehmensebene verfolgt werden und die sich im Zeitablauf auch ändern können, auf die
einzelnen Strategieumsetzungen speziell ausgerichtete Managertypen erfolgen sollen. Aufgrund
methodischer
Unzulänglichkeiten
z.B.
bzgl.
der
Bezeichnungen,
Anforderungen,
- 183 -
Persönlichkeitsmerkmale, Meßprobleme etc. werden sie nicht näher erläutert. Kritisch wird an diesen
Methoden zur strategischen Personalauswahl vor allem die Zuordnung von Managern zu Strategien,
meist auf der Grundlage des Produktlebenszyklusses, als auch die damit verfolgte Idee der
Übereinstimmung von Strategien und Managern betrachtet (vgl. Elsik, 1992, S. 133ff). Gerade Kleinund Mittelbetriebe weisen meist nur eine geringe Anzahl an qualifizierten Führungskräften auf, so daß
kein interner Austausch von Managern mit unterschiedlichen Kenntnissen, Fertigkeiten und
Verhaltensweisen zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern erfolgen kann, die für die einzelnen
Strategien bzw. Phasen am geeignetsten erscheinen.
Verantwortlich für die Personalauswahl sind je nach zu besetzender Stelle entweder die Fachvorgesetzten bzw. Abteilungsleiter, meist bei der Einstellung von Azubis, Fachkräften etc. oder die
Unternehmensleitung, speziell bei Führungskräften wie Abteilungs-, Betriebsleitern usw.
Das Schwierigste bei der Personalauswahl ist die Prognose, wie vor allem externe Bewerber mit den
Anforderungen des Arbeitsplatzes und dem vorhandenen sozialen Umfeld in der Firma (z.B.
Unternehmenskultur, Mitarbeiter, interne Hierarchie) zurechtkommen (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993,
S. 640). Aufgrund dieser Unwägbarkeiten bleiben Personalauswahlentscheidungen immer mit einem
gewissen Risiko behaftet (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 36).
Fehlbesetzungen führen meist zu erheblichen Folgekosten, sei es durch Fehlentscheidungen seitens der
(fälschlicherweise) Eingestellten oder aber aufgrund erheblicher Persönlichkeitsmängel, Fähigkeitsund/oder Fertigkeitslücken, die nur durch teure Personalentwicklungsmaßnahmen behoben werden (vgl.
Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 637) oder zur Entlassung während oder am Ende der Probezeit führen
können. Gerade in Klein- und Mittelbetrieben können einige wenige personelle Fehleinstellungen u.a.
das Betriebsklima in ganzen Abteilungen nachhaltig verschlechtern.
Mit Hilfe der nachfolgend dargestellten Verfahren zur Personalauswahl soll ein sogenanntes
Fähigkeitsprofil der Betreffenden aufgestellt werden, das über Fähigkeiten, Kenntnisse, Leistungspotential und Entwicklungsperspektiven des Einzelnen Aufschluß geben soll. Aus der Gegenüberstellung
von Anforderungs- und Fähigkeitsprofil ergibt sich das Eignungsprofil des jeweiligen Bewerbers (vgl.
Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 639).
3.5.2.1.2.2. Systematische Verfahren zur Pers onalauswahl
Für eine fundierte Informationsgewinnung über die Bewerber werden in der Praxis vorrangig
systematische Verfahren zur Personalauswahl eingesetzt. Dabei sind die nachfolgend dargestellten
Auswahlverfahren nicht als einander ausschließende Informationsquellen bzw. Instrumentarien zu
betrachten, sondern als Auswahlprozesse, die miteinander kombiniert werden können. Umfang und
Detailliertheit solcher mehrstufiger Personalauswahlverfahren steigen mit den Qualifikationsanforderungen und der Bedeutung der vakanten Stelle (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 640).
- 184 -
Gerade die beiden erstgenannten Methoden werden häufig bei gewerblich-technischen und
kaufmännischen Auswahlentscheidungen im Kfz-Gewerbe genutzt. Auf die einzelnen Verfahren wird im
folgenden näher eingegangen:
a) Analyse der Bewerbungsunterlagen
Ausgangspunkt eines typischen Personalauswahlprozesses - unabhängig vom Einsatz weiterer
eignungsdiagnostischer Instrumentarien - ist die Analyse der Bewerbungsunterlagen, um einen ersten
Eindruck über den/die Bewerber zu erhalten. Die Bewerbungsunterlagen beinhalten:
Bewerbungsschreiben, Lebenslauf mit Lichtbild und beruflichem Werdegang, Schul-, Ausbildungsabschluß-, Berufs-, Arbeits-, ggf. Gesundheitszeugnisse, Referenzen, u.U. Arbeitsproben,
standardisierter Personalfragebogen speziell in größeren Betrieben usw. (vgl. Berthel, 1995,
S. 185; Drumm, 1992, S. 261; Schuler, 1991, S. 108; Zander, 1994, S. 72).
Durch diese Basisinformationen des Bewerbungsschreibens und der beigefügten Unterlagen sind anhand
vorher festgelegter Kriterien in einer ersten Vorselektion völlig ungeeignete Bewerber auszusortieren
(=Grobselektion). Anhaltspunkte für eine Qualifikationsbeurteilung und evtl. über die zukünftigen
Entwicklungsvorstellungen des Einzelnen sowie offene Fragen für ein Vorstellungsgespräch, sind schon
ansatzweise daraus zu erkennen und schriftlich festzuhalten (vgl. Berthel, 1995, S. 185;
Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 641). Allerdings darf die Aussagekraft der Bewerbungsunterlagen und
speziell der Zeugnisse nicht überbewertet werden, da Beurteilungsstandards unterschiedlich gehandhabt
werden (vgl. Berthel, 1995, S. 187; Drumm, 1992, S. 261f, Oechsler, 1994(a), S. 142).
Die Analyse der Bewerbungsunterlagen kann lediglich erste Anhaltspunkte über bestimmte
Ausbildungs- und Berufsabschlüsse, über erforderliche Mindestkenntnisse und -fähigkeiten geben und
als Gesprächsgrundlage für u.U. zu führende Auswahlgespräche dienen (vgl. Drumm, 1992, S. 262;
Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 642).
Aufgrund der oben genannten Schwächen der Beurteilung von Bewerbern allein anhand von
Bewerbungsunterlagen, sollte ein Gespräch obligatorischer (Mindest-)Bestandteil aller Bewerberauswahlverfahren sein (vgl. Drumm, 1992, S. 262).
b) Vorstellungsgespräch
Das verbreitetste Instrument im Rahmen der Bewerberauswahl sind im Anschluß an die Grobselektion
die Vorstellungsgespräche (synonym: Auswahl-, Bewerbungsgespräche, -interviews etc.) zwischen
einem oder mehreren Bewerbern sowie einem oder mehreren Mitgliedern des personalsuchenden
Betriebes (vgl. Berthel, 1995, S. 188; Drumm, 1992, S. 262; Schuler, 1991,
S. 109f).
Für eine effektive Gesprächsführung empfiehlt sich vorab eine intensive Analyse der eingereichten
Unterlagen (z.B. Lebenslauf, Zeugnisse, Tätigkeitsnachweise) und die Erstellung eines strukturierten,
schriftlichen Interviewleitfadens, der vor allem auch strategisch orientierte Auswahlkriterien (z.B.
- 185 -
zukünftig erforderliche Fach- und/oder Führungsfähigkeiten) beinhaltet. Anhand der Dokumente
erhalten die Beurteiler bereits im Vorfeld einige Aufschlüsse und erkennen offene Fragen und kritische
Aspekte für das Gespräch mit den einzelnen Bewerbern (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 45).
Die Bewerber sollten zum Sprechen ermuntert werden; denn nur Probanden die selber sprechen,
können beurteilt werden. Deshalb ist ein Gesprächsklima zu erzeugen, das die Kommunikation fördert
und nicht ein Frage-Antwort-Spiel (Ja/Nein) beinhaltet (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 48).
Durch dieses relativ einfache und kostengünstige Instrumentarium können recht viele Informationen
ermittelt werden, die auf anderem Wege nur sehr schwer oder sogar überhaupt nicht zu eruieren sind,
wie z.B. Aufschluß über individuelle Motive, Einstellungen, Verhaltensweisen, Interessen, Erwartungen
und Entwicklungs-, Berufs-, Karriereziele sowie charakterliche Merkmale des Bewerbers (vgl. Berthel,
1995, S. 188).
In der Unternehmenspraxis wird die Qualität der aus einem Einstellungsgespräch gewonnenen
Informationen häufig überbewertet. Zahlreiche Studien belegen, daß die prognostische Validität von
Auswahlentscheidungen auf der Basis von Interviews stark vom tatsächlichen Sachverhalt abweicht, da
Befragungen einer Vielzahl von potentiellen Informationsverzerrungen, Irrtümern und Vorurteilen
ausgesetzt sind (vgl. Berthel, 1995, S. 188).
Der gravierendste Nachteil von Bewerbungsgesprächen ist die mögliche Verfälschung der Beurteilung
durch das subjektive Empfinden des Interviewers. Dieser ignoriert oftmals wichtige Informationen und
läßt sich viel stärker durch subjektive Empfindungen leiten, die aus seiner persönlichen Entwicklung und
Erfahrung resultieren (z.B. Kleidung, Sprachstil, physische Attraktivität, Körpersprache etc.) (vgl.
Berthel, 1995, S. 188). Diesem Defizit kann entgegengewirkt werden, indem mindestens noch ein
erfahrener Abteilungsleiter und Mitarbeiter sowie eine Frau als Beurteiler hinzugezogen werden, die die
einzelnen Kandidaten zunächst unabhängig voneinander beurteilen. Gerade Frauen haben oftmals das
Einfühlungsvermögen, Verhaltensweisen, Einstellungen, persönliche Stärken und Schwächen, Eitelkeiten
etc. der Probanden zu erkennen.
Insgesamt ist zu sagen, daß das Bewerberinterview ein vielfältig einsetzbares Instrument ist, das sich
durch große Flexibilität bezüglich der Informationsgewinnung auszeichnet. Dem Probanden wird dabei
erschwert, seine persönlichen Eigenarten zu verbergen, da er oftmals auf unvorbereitete und
überraschende Situationen reagieren muß (vgl. Thommen, 1990, S. 497).
c) Arbeitsproben als gebräuchlichste Testverfahren zur Überprüfung einfacher, berufsspezifischer
Fähigkeiten
Da in mittelständischen Betrieben wie auch im Kfz-Gewerbe zur Personalauswahl hauptsächlich die
Analyse von Bewerbungsunterlagen mit anschließendem Auswahlgespräch und/oder die nachfolgend
- 186 -
erläuterten Arbeitsproben eingesetzt werden, aber kaum psychologische Tests101 wie z.B. Intelligenzoder Persönlichkeitstests (vgl. Zander, 1994, S. 73), wird auf diese in der Wissenschaft umstrittenen
Selektionsverfahren (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 650f) nicht näher eingegangen.
Verfahren zur Personalauswahl sollten eine empirische Grundlage haben. Nur wenn beispielsweise über
Arbeits- oder Prozeßanalysen eruiert wurde, welche besonders leistungswirksamen Ereignisse in einem
Tätigkeitsbereich vorliegen, kann man Erkenntnisse über Anforderungsprofile ermitteln, die sich u.a. für
den Aufbau von Testbatterien eignen (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 147).
Die Arbeitsproben (synonym: allgemeine Kenntnis-, Funktions- oder Fähigkeitstests) stellen einfache
und gebräuchliche Verfahren dar zur Überprüfung einfacher Tätigkeiten (vgl. Drumm, 1992, S. 263). Es
werden standardisierte Aufgaben gestellt, die berufsspezifische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten
(z.B. Orthographie, technisches Verständnis, motorische Fähigkeiten, Konzentrationsvermögen)
überprüfen und die das derzeitige fachliche Wissen und Können des einzelnen Bewerbers aufzeigen
sollen (vgl. Wagner, 1991, S. 249). Somit erhält man inhaltlich valide und erkennbar gleiche
Stichproben des erfolgsrelevanten beruflichen Verhaltens der einzelnen Probanden (vgl. Schuler, 1991,
S. 115).
d) Assessment Center (AC)
Alternativ zu Testbatterien haben sich in der Praxis sog. Assessment Center herausgebildet, die in erster
Linie auf einer empirischen Grundlage entwickelt werden (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 148).
Dabei handelt es sich um systematische, mehrstufige Testverfahren zur differenzierten Ermittlung
gegenwärtiger Kompetenzen, Verhaltensweisen, Neigungen sowie zur Prognose künftiger beruflicher
Entwicklungsperspektiven und Leistungen (vgl. Schuler, 1991, S. 115f). Im Mittelpunkt der meist 1- bis
3-tägigen Veranstaltungen stehen Übungen, mit denen typische Anforderungen der vakanten Stelle oder
des Aufgabenbereiches wie auch zukünftige Szenarien simuliert werden können (vgl. Conrad/Pieper,
1990(b), S. 287; Mentzel, 1994, S. 116; Pieper, 1990(b), S. 284f). Typisch für ein AC ist, daß 6-12
Probanden bei den verschiedenen Aufgabensimulationen (Arbeitsproben), Rollenspielen, Fallbeispielen,
Einzel- und Gruppengesprächen etc. von mehreren unabhängigen Beurteilern (z.B. bereichsspezifische
Führungskräfte,
Unternehmens-/Geschäftsführung,
professionelle
Personalberater)
anhand
vorgegebener standardisierter Beurteilungskataloge und -kriterien (z.B. bzgl. Entscheidungsfreudigkeit,
analytischem Denkvermögen, Durchhaltevermögen, Kommunikations-, Gruppenverhalten) eingeschätzt
werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 117ff; Schuler, 1991, S. 115ff). Dadurch soll den Beobachtern
101
Unter psychologischen Tests bei der Personalauswahl versteht man standardisierte, routinemäßig anwendbare
Verfahren, mit deren Hilfe die Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen, Motive, Interessen, Verhaltensweisen
usw. der Bewerber ermittelt werden sollen (vgl. Berthel, 1995, S. 189). Methodisch problematisch ist bei den in der
Praxis oft vorzufindenden Persönlichkeitstests, daß die Objektivität, Validität (Gültigkeit) und Reliabilität
(Zuverlässigkeit) häufig unzureichend ist (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 147). Auch rechtlich ist bedenklich, inwieweit
durch Tests, speziell durch projektive Verfahren, die Persönlichkeitsrechte der Probanden verletzt werden (vgl.
Berthel, 1995, S. 189).
- 187 -
ermöglicht werden, die Teilnehmer ex ante zu beurteilen, ob sie für die Übernahme der überprüften
Aufgaben(-felder) geeignet sind oder nicht (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 287; Pieper, 1990(b), S.
284f).
AC werden auch häufig in Großunternehmen zur Potentialbeurteilung eingesetzt, um darauf aufbauend
eine Karriere- und Laufbahnplanung zu entwickeln; siehe dazu Kapitel 3.5.2.2.2.
Aufgrund der hohen Kosten und des erheblichen formalen Aufwandes (z.B. arbeitsanalytische
Ermittlung von Auswahldimensionen und deren Implementierung in Laborsituationen) wird die
Personalauswahl mit Hilfe eines ACs (vgl. Drumm, 1992, S. 263; Oechsler, 1994(a), S. 149) nur
vereinzelt in größeren mittelständischen Unternehmen und speziell Autohäusern primär bei Führungs(nachwuchs-)kräften (z.B. für die Auswahl eines Geschäftsführers, Betriebsleiters) durchgeführt. Einige
Kfz-Hersteller/-Importeure bieten dabei auch die Unterstützung durch konzerneigene oder externe,
speziell ausgerichtete Unternehmens- und Personalberatungen an.
Ob sich aus den Ergebnissen valide Prognosen ableiten lassen, ist nicht immer sicher, ebenso wenig,
inwieweit die Beurteiler zu gleichen Ergebnissen kommen. Wichtig ist jedoch, daß Bewertungsdimensionen angesprochen werden, die Aufschluß über interpersonelle Fähigkeiten und damit
verbundene Leistungspotentiale geben können (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 149).
Zu beachten ist, daß nach Abschluß eines AC ein Feedback-Gespräch vor allem mit den abgelehnten
Bewerbern erfolgen sollte, um sie in angemessener Form über ihre Stärken und Schwächen zu
informieren (vgl. Mentzel, 1994, S. 117; Oechsler, 1994(a), S. 149).
Zusammenfassend ist zu sagen, daß bei der Auswahl von Bewerbern einerseits rationale Entscheidungsregeln konstruiert werden können, die den Bewerber mit der höchsten Eignung für eine Stelle
identifizieren. Die Ermittlung dieser Informationen über Kenntnisse und Fertigkeiten darf nicht
ausschließlich auf die Auswertung von Bewerbungsunterlagen und ein persönliches Gespräch mit dem
Bewerber beschränkt sein. Speziell die Auswahl von Führungs-(nachwuchs-)
kräften muß möglichst auch auf komplexen (Labor-)Tests und ggf. Arbeitsproben aufbauen, Verhaltensund Entwicklungselemente des Bewerbers einbeziehen und somit zu einem umfassenden Bild vom
Bewerber und seinem Fähigkeits- und Leistungspotential führen. Andererseits darf beim Einsatz solcher
Auswahlverfahren und Regeln nicht vernachlässigt werden, daß man einen Menschen, der durch
persönliche Werthaltungen, Ziele und emotionale Wirkungen geleitet wird, und keine Maschine
einzustellen hat. Diese bei den Testverfahren gewonnenen Verhaltensfaktoren sind bei der
Auswahlentscheidung unbedingt zu berücksichtigen.
Das Risiko von Beurteilungsfehlern kann reduziert werden, wenn das Bewerbungsgespräch von
mehreren Personen in Form von standardisierten Jury- und Gruppeninterviews durchgeführt und
protokolliert wird. Dadurch erfolgt eine objektivere Auswertung des Gesprächs nach Verhaltens-,
Kenntnis- und Fähigkeitsmerkmalen (vgl. Drumm, 1992, S. 262f).
- 188 -
Durch die Einbeziehung derjenigen Mitarbeiter und vor allem Führungskräfte in die Auswahlverfahren,
die zukünftig mit dem neuen Beschäftigten zusammenarbeiten, können die spezifischen Anforderungen
des zu besetzenden Arbeitsplatzes genauer abgegrenzt und somit eine größere Validität hinsichtlich des
späteren Berufserfolges der Probanden erreicht werden. Ferner erhöht sich durch deren Partizipation
die Identifikation mit der Entscheidung und somit die Einsatzbereitschaft und das Verantwortungsgefühl
beim Eingliederungsprozeß (vgl. Berthel, 1995, S. 196).
Eine weitere Möglichkeit, sich über die Bewerber zu informieren, sind Gespräche mit ehemaligen
Arbeitgebern, Vorgesetzten und/oder Arbeitskollegen sowie sonstigen Referenzpersonen.
Die Gefahren externer Rekrutierung können die Unternehmen dadurch reduzieren, daß sie Nachwuchskräfte in hinreichender Zahl und Qualität selber ausbilden. Während der mehrjährigen Lehrzeit
läßt sich ein sehr genaues Bild von den Kenntnissen, Fertigkeiten und Verhaltensweisen ermitteln102.
Der Unternehmensleitung sollte bewußt sein, daß sie durch die Auswahl der Auszubildenden sowie der
Fach- und Führungskräfte eine Vorentscheidung über die künftige Qualität betrieblicher Leistungen
trifft.
3.5.2.2.
Strategische Leistungsbeurteilung
3.5.2.2.1. Bedeutung und Funktionen von Mitarbeiterbeurteilungen
Menschenführung ist ohne Beurteilung nicht vorstellbar, denn zum effizienten Einsatz und zur Förderung
der Beschäftigten benötigt man Kenntnisse über ihre Leistung und ihr Verhalten (vgl. Zander, 1994, S.
112) sowie über ihr Entwicklungspotential. Aufgrund der vielfältigen Bedeutung im Rahmen des
“Human Resource Cycles“ kommt diesem Teilbereich des Personalmanagements eine zentrale Rolle zu
(vgl. Devanna et al., 1984, S. 33ff). Die Leistungsbeurteilung ist eine wichtige Aufgabe
personalverantwortlicher Führungskräfte, die nicht an spezialisierte Personalressorts delegiert werden
kann (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 226).
Das gebräuchlichste und zuverlässigste Instrument zur Feststellung des individuellen Qualifikationspotentials sind systematische und kontinuierliche Mitarbeiterbeurteilungen103 (vgl. Mentzel, 1982,
S. 357; Mentzel, 1994, S. 81). Sie sollen zu einer Aussage führen, in welchem Umfang der Beurteilte
den Leistungserwartungen und den Anforderungen, die seine Arbeitsaufgabe an ihn stellt, gerecht wird.
102
Im Kfz-Handwerk betragen nach Angaben des ZDKs die jährlichen Netto-Ausbildungskosten pro Azubi
durchschnittlich 20.000,- DM. Aufgrund dieser hohen Aufwendungen ergibt sich ebenfalls die wirtschaftliche
Notwendigkeit einer gezielten Bewerberauswahl. Durchschnittlich jeder vierte Azubi im Kfz-Handwerk bricht
seine Lehre vorzeitig ab (Zahlenangaben laut ZDK, 1997).
103
Die Ergiebigkeit der menschlichen Arbeit wird durch objektive, also sachliche Bedingungen der Arbeitswelt wie
z.B. vorhandene Maschinen, technische und elektronische Geräte und subjektive - sie liegen in der Person des
arbeitenden Menschens begründet - Leistungsbedingungen bestimmt. Auf die Beurteilung der subjektiven
Leistungsbedingungen (z.B. mittels Leistungs-, Potentialbeurteilung und teilweise Personalentwicklung) ist die
Mitarbeiterbeurteilung ausgerichtet (vgl. Korndörfer, 1990, S. 158).
- 189 -
Dies erfordert präzise Vorstellungen über Art und Höhe der erwarteten Leistungen und zukünftigen
Anforderungen, die sich am einfachsten durch frühzeitig vereinbarte Zielsetzungen und Aufgaben
gewinnen lassen (vgl. Kador, 1990, S. 84).
Strategisch betrachtet hat die Personalbeurteilung grundsätzlich drei Funktionen zu erfüllen, auf die
nachfolgend näher eingegangen wird:
a) Informationsfunktion: Strategisch relevante personalwirtschaftliche Daten werden für den Prozeß der
Strategieformulierung bereitgestellt.
Zur Strategieformulierung ist es für Unternehmen u.a. erforderlich, möglichst umfassende Informationen
über die Stärken und Schwächen der Beschäftigten sowie vor allem über vorhandene und/oder
entwicklungsfähige Qualifikationen auf individuellem oder aggregiertem Niveau zu besitzen. Der
strategischen Mitarbeiterbeurteilung kommt die Aufgabe zu, diese Daten zu generieren und
bereitzustellen, um die strategische Entscheidungsfindung zu vereinfachen. Informationen über die
vorhandenen Mitarbeiter können einerseits als Beschränkungen bei der Bewertung und Auswahl
strategischer Entscheidungen dienen. Andererseits können sie aber auch Wettbewerbsvorteile aufzeigen,
die in der Belegschaft begründet sind und damit den Personalbereich zur Basis strategischer
Überlegungen machen (vgl. Elsik, 1992, S. 145f).
Wesentliche Voraussetzung dafür, daß die strategische Mitarbeiterbeurteilung diese personalbezogenen
Informationen erbringen kann, ist die Wahl geeigneter Beurteilungskriterien. Sie bestimmen jedoch nicht
nur die Aussagekraft der gewonnenen Informationen, sondern sie üben auch einen massiven Einfluß auf
das (Leistungs-)Verhalten und die -Motivation derjenigen aus, für deren Bewertung sie zugrunde gelegt
werden (vgl. Elsik, 1992, S. 146).
Als geeignete, beeinflußbare Leistungsmaßstäbe zur Beurteilung zukünftiger Ereignisse können
beispielsweise herangezogen werden:
- strategisch orientierte, meß- und abrechenbare (quantitative) Kennziffern (Unternehmensgewinn,
Marktanteil, Produktivität etc.),
- strategisch orientierte, verbale (qualitative) Ziele (Kundenzufriedenheit, Arbeitsqualität,
Problemlösungsfähigkeit, Belastbarkeit, Initiative, soziale Aufgeschlossenheit bzw. Kooperation,
Führungsverhalten usw.) (vgl. Krull, 1992, S. 39f).
b) Steuerungsfunktion: Über die verwendeten Leistungskriterien werden zum einen das für die
Strategieumsetzung erforderliche Leistungsverhalten induziert und zum anderen auch weitere
Strategiegenerierungsprozesse gesteuert.
Sind mit einer Leistungsbeurteilung Konsequenzen verbunden, die von den Betroffenen als relevant
beurteilt werden, so steuert das Beurteilungssystem deren Verhalten und beeinflußt damit auch die
Leistungsergebnisse. Diese Signalwirkungen gehen vor allem von den Beurteilungskriterien aus (vgl.
Elsik, 1992, S. 146).
- 190 -
In der Beurteilungspraxis existiert eine Vielzahl von Verfahren zur Leistungsbeurteilung (z.B.
Einstufungs-, Zielsetzungsverfahren) der Mitarbeiter. Da es sich bei dieser Beurteilung um einen
komplexen, mehrere Stufen umfassenden Prozeß handelt, sind die Gestaltungsalternativen relativ groß.
Dies verstärkt sich durch die mit der Beurteilung verfolgten vielfältigen Ziele, die jeweils unterschiedliche
verfahrenstechnische Konsequenzen nach sich ziehen (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 228f).
Zur Ermittlung konkret beobachtbarer Arbeitsverhalten wird für die Verwendung von Verhaltenskriterien plädiert. Voraussetzung dafür ist die Ermittlung der erwünschten Verhaltensweisen durch
verschiedene Formen der Arbeitsanalyse (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 671). Dabei stehen in
einer strategischen Betrachtungsweise die zukünftig erwarteten Arbeitsanforderungen im Mittelpunkt,
die durch die Sammlung unterschiedlicher Einschätzungen durch Stelleninhaber, Vorgesetzte,
strategische Planer etc. ermittelt werden sollen (vgl. Elsik, 1992, S. 148).
Zur Leistungsbeurteilung bietet sich z.B. die Methode der kritischen Arbeitsinhalte (critical job elements)
an. Sie basiert auf arbeitsanalytischen Untersuchungen, um die besonders kritischen Erfolgs- und
Problemfaktoren zu ermitteln, zu gewichten und damit wirklich nur leistungsrelevantes Handeln in die
Beurteilung einzubeziehen (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 325ff; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677).
Die Aufgabe des Beurteilers besteht darin, den Untergebenen hinsichtlich dieser kritischen Arbeitsinhalte
zu beobachten und besonders positive wie auch negative Ergebnisse - möglichst umgehend festzuhalten. Die über einen gewissen Zeitraum beobachteten kritischen Ereignisse (critical incidents)
werden nach Häufigkeit und Bedeutung geordnet und bilden so die Grundlage für eine abschließende
Beurteilung (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677).
Der Vorzug dieser Verfahren liegt darin, daß durch die kontinuierliche Protokollführung die Beurteilung
über einen größeren Zeitraum erfolgt und das der Vorgesetzte die Einstufung an konkreten, besonders
kritischen Arbeitsinhalten durchzuführen hat (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677).
Der gravierendste Nachteil dieser Methode ist zum einen der extrem hohe Zeitaufwand für den
Vorgesetzten durch die fortlaufende Bewertung der Untergebenen sowie zum anderen die Gefahr, daß
Mitarbeiter permanent kontrolliert werden und es dadurch zu Spannungen zwischen beiden Seiten
kommt (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677). Des weiteren ist es bei diesen verhaltensorientierten
Verfahren recht schwierig und vor allem arbeitsaufwendig, situationsspezifisch oder individuell
zugeschnittene, besonders kritische Arbeitsinhalte zu ermitteln, die gültige, zuverlässige und objektive
Urteile zulassen (vgl. Berthel, 1995, S. 144f). Aufgrund obiger Einschränkungen erscheint diese
Methode zur strategischen Leistungs- und Entwicklungsbeurteilung für die meisten mittelständischen
Autohäuser zu komplex, so daß sie in diesem Bereich nicht näher ausgeführt wird. Auf diese Methode
wird ausführlicher in Kapitel 4.2.2.1. im Zusammenhang mit der empirischen Erhebung besonders
kritischer Tätigkeitsinhalte für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben eingegangen.
- 191 -
Im strategischen Kontext sollen Beurteilungskriterien die Verwirklichung des gewünschten
Leistungsverhaltens bzw. die Erreichung der angestrebten Ergebnisse bzw. Ziele sowohl bei der
Formulierung, als auch bei der Umsetzung von Strategien fördern. Dabei wird eine Kombination von
Verhaltens- und Ergebniskriterien unter Berücksichtigung situativer Leistungsbedingungen empfohlen
(vgl. Becker, 1987, S. 167f).
Bei der Strategieformulierung wird als Resultat die Qualität der geplanten Strategie beurteilt. Dies
kann z.B. anhand folgender Kriterien erfolgen: Konsistenz, Kompetenz, Vorteilhaftigkeit,
Angemessenheit (vgl. Elsik, 1992, S. 148).
Vor allem bei langfristigen strategischen Projekten und/oder dem Eintritt erwarteter (Umwelt-)
Entwicklungen wird es sinnvoll und notwendig sein, neben einer reinen Ergebnisorientierung auch das
Verhalten bei der Strategieformulierung zu beurteilen. Dies betrifft z.B. die individuell vorhandene und
mit den Zielen übereinstimmende Risikofreudigkeit, Art und Ausmaß der Informationssuche oder das
Einbringen innovativer Ideen in den Planungsprozeß. Zur effektiven Gesamtbewertung von
Leistungsverhalten und -ergebnissen bei der Strategieformulierung bietet sich ein Fragenkatalog an (vgl.
Elsik, 1992, S. 148f).
Im Rahmen der Strategieumsetzung soll die Personalbeurteilung die Implementierungsanforderungen
auf die Ebene der einzelnen Stelle operationalisieren und die dafür notwendige Leistungsbereitschaft
hervorrufen bzw. erhalten (vgl. Elsik, 1992, S. 149).
Werden dafür Ergebniskriterien herangezogen, so erfolgt ein Soll-Ist-Vergleich der erzielten Resultate
mit den zuvor festgelegten oder vereinbarten Plan- und Budgetzahlen. Dieses Vorgehen ist jedoch mit
Schwierigkeiten verbunden. Häufig handelt es sich dabei um operative, kurzfristige Erfolgsgrößen, deren
Verfolgung in Widerspruch zu den strategischen Vorstellungen stehen kann (vgl. Elsik, 1992, S. 149).
So empfiehlt sich auch in der Phase der Strategiedurchführung die Verwendung von Verhaltenskriterien
bei der Personalbeurteilung. Sie geben an, welches Verhalten für eine erfolgreiche Implementation
erwartet wird. Welche Verhaltensweisen dies im einzelnen sind, hängt von der jeweiligen Strategie ab
(vgl. Elsik, 1992, S. 151).
Gerade die Art und Weise, wie Ziele und Aufgaben von der Führungskraft erfüllt oder Resultate erzielt
wurden, sind besonders relevant für die Beurteilung, denn es macht einen Unterschied, ob ein
bestimmtes Leistungsergebnis mit rüdem Führungsverhalten und damit einhergehender Unzufriedenheit
der Mitarbeiter oder bei freundlichem und hilfsbereitem Arbeitsklima erreicht wird (vgl. Oechsler,
1994(a), S. 332).
Ein weiteres Problem bei einer rein ergebnisorientierten Leistungsbeurteilung liegt darin, daß das (Nicht)Erreichen strategischer Ziele nicht gleichbedeutend mit persönlich zurechenbarem (Miß-)
Erfolg ist. Nur die Berücksichtigung der Leistungsbedingungen, insbesondere Umfeldveränderungen
(z.B. rezessive Wirtschaftsphase, Produktrelaunch der Mitbewerber) und des Anspruchsniveaus der
- 192 -
durchzuführenden Strategie führen zu einer aussagefähigen Beurteilung der betroffenen Führungskräfte.
So kann z.B. das Nicht-Festhalten an überholten strategischen Vorgaben eine sinnvolle und positiv zu
beurteilende Leistung sein (vgl. Elsik, 1992, S. 151).
Als Methode zur Beurteilung strategisch-relevanter, stellenbezogener Verhaltensweisen (z.B.
Zusammenarbeit mit Kollegen) bieten sich verhaltensorientierte Beurteilungsskalen an (vgl. Elsik, 1992,
S. 151).
c) Integrationsfunktion: Übernimmt Teilfunktionen im Personalmanagement-System, in dem sie eine
wichtige Grundlage für Auswahl-, Entwicklungs-, Entlohnungs- und Einsatzentscheidungen darstellt.
Aufgrund der vielfältigen Verbindungen mit anderen Teilbereichen des Personalmanagements kommt der
strategischen Leistungsbeurteilung eine zentrale, integrative Rolle zu. Grundsätzlich können die
Ergebnisse für drei unterschiedliche Anlässe eingesetzt werden:
- Grundlage für Personalentscheidungen (z.B. Versetzung, Freistellung, bedingt zur Beförderung);
- Ermittlung des individuellen Aus- und Fortbildungsbedarfs sowie als Instrument zur Laufbahn- und
Karriereplanung/-beratung;
- mit gewissen Einschränkungen zur Festlegung der Entgelthöhe/-zulagen (stellt dann erhebliche
methodische Anforderungen bzgl. der Vergleichbarkeit, Gerechtigkeit etc. an das Beurteilungssystem
und verschlechtert die Chance eines konstruktiven, offenen Mitarbeitergesprächs)
(vgl. Stehle, 1991, S. 164f).
Durch diese zentrale Position kann die strategische Leistungsbeurteilung eine Abstimmung der einzelnen
personalwirtschaftlichen Aufgabenfelder im Sinne einer horizontalen Integration übernehmen. Über
einheitliche, konsistente und transparente Beurteilungskriterien können Personalentwicklungs-,
Personaleinsatz- und Anreizaktivitäten miteinander koordiniert und auf strategisch gewünschte Ziele hin
ausgerichtet werden (vgl. Elsik, 1992, S. 153).
3.5.2.2.2. Aufbau und Inhalt von Leistungs- und Potentialbeurteilungen
Generelles Ziel der Mitarbeiterbeurteilung ist es, die Leistungsfähigkeit und -ergebnisse zu verbessern
(vgl. Zander, 1994, S. 116). Sie ist ein wichtiges Führungsinstrument zur Mitarbeiterförderung und gibt
Aufschluß, ob der Arbeitnehmer richtig eingesetzt ist und keine Über- oder Unterforderung vorliegt. Für
die Führung des einzelnen Mitarbeiters ist es notwendig, seine Leistungen differenziert zu beurteilen, zu
loben und konstruktiv zu kritisieren, wo es angebracht ist. Vorgesetzte, die ihre Mitarbeiter gar nicht
oder unsorgfältig beurteilen, unterstützen diese nicht bei der Beseitigung von Schwächen, unterlassen
notwendige Hinweise für die Weiterentwicklung ihrer Stärken (vgl. Burgard, 1988, S. 320) und
schaden letztlich dem Unternehmen.
An ein effektives (strategisches) Beurteilungssystem werden folgende Anforderungen gestellt: Es
- soll sich an den strategischen Unternehmenszielen ausrichten;
- 193 -
- soll jetzige und zukünftige (Entwicklungs-)Potentiale der Mitarbeiter erfassen
(vgl. Oechsler, 1994(b), S. 41; Tichy et al., 1982, S. 52);
- muß systematisch (schriftlich) nach den wesentlichen Merkmalen der betrieblichen Arbeit
(=Arbeitsplatzanforderungen) aufgegliedert werden;
- soll gerecht und nachvollziehbar nach einheitlichen Maßstäben und Verfahrensregeln erfolgen;
- soll vom direkten Vorgesetzten regelmäßig durchgeführt werden, da dieser die Leistungen seiner
Mitarbeiter am besten kennt.
- Die Ergebnisse der Beurteilung sollen mit den Beschäftigten besprochen werden (vgl. Zander, 1994,
S. 114f).
Für die Messung und Bewertung unterschiedlicher individueller Leistungen gibt es eine Vielzahl von
freien (z.B. freie Eindrucksschilderung) und gebundenen (z.B. Rangreihen-, Einstufungsverfahren)
Verfahren. Gerade das am häufigsten angewendete Einstufungsverfahren, bei dem i.d.R. mehrere
Aspekte arbeitsrelevanten Handelns sowie Leistungsprofile auf einer Einstufungsskala (z.B. RatingSkala) beurteilt werden, hat aufgrund seiner Formalisierung und damit gewissen Vergleichbarkeit von
Beurteilungen in der Wirtschafts- und Verwaltungspraxis größere Verbreitung gefunden (vgl. Oechsler,
1994(a), S. 319f).
Die Mitarbeiterbeurteilung im Einstufungsverfahren erfolgt durch den Vorgesetzten mittels eines
standardisierten Fragebogens, der meist in folgende zwei Bereiche untergliedert ist:
a) Leistungs- bzw. Tätigkeitsbeurteilung
Sie bezieht sich auf Aussagen über konkret erbrachte oder zumindest beobachtbare quantitative und
qualitative Arbeitsergebnisse (z.B. Arbeitsmenge, -qualität, Termingerechtigkeit) anhand vorher
festgelegter, bekannter Kriterien (vgl. Olesch, 1989, S. 308; Stehle, 1991, S. 165; Zander, 1994, S.
116). Ziel der Leistungsbeurteilung ist es, die Leistungsfähigkeit und -ergebnisse zu verbessern (vgl.
Zander, 1994, S. 116).
Leistungsbeurteilungen sind auch geeignete Grundlagen für ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, auf das die
Arbeitnehmer einen Anspruch haben (vgl. Zander, 1994, S. 123).
b) Eignungs-, Entwicklungs- bzw. Potentialbeurteilung
Die umfassendere Entwicklungsbeurteilung hat anders als eine reine Leistungsbeurteilung auch
Prognosecharakter. Sie stellt auf die Einschätzung der Entwicklungsfähigkeit eines Mitarbeiters ab und
erlaubt es, individuelle Stärken und Schwächen (z.B. Sozialverhalten, Persönlichkeit, Integrität,
Belastbarkeit, Zielstrebigkeit, Führungspotential) bzgl. ihres Entwicklungsvermögens zu erfassen. Daraus
können mögliche berufliche Entwicklungsperspektiven abgeleitet werden (vgl. Hauser, 1991, S. 354;
Loschert, 1992, S. 44; Stehle, 1991, S. 165). Die Prognosedaten müssen kontinuierlich überprüft und
ggf. aktualisiert werden (vgl. Loschert, 1992, S. 44).
Das Ziel der Potentialeinschätzung ist es, Informationen über die optimalen zukünftigen Einsatzbereiche
der Arbeitnehmer zu erhalten (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 313).
- 194 -
Um die generelle Vergleichbarkeit der Entwicklungsbeurteilungen über unterschiedliche Mitarbeitergruppen, Hierarchiestufen und Tätigkeitsfelder abteilungsübergreifend zu gewährleisten, müssen sie
auf einheitlichen, vorher festgelegten Kriterien (z.B. Problemlösungsfähigkeit, praktische Urteilsfähigkeit,
Belastbarkeit, Initiative, soziales und Führungsverhalten) basieren. Zur größeren Tansparenz werden
meist standardisierte Checklisten eingesetzt (vgl. Loschert, 1992,
S. 44). Beim Einsatz dieser Instrumente ist zu berücksichtigen, daß die Checklisten nur eine begrenzte
Aussagekraft haben. Sie sollen vorwiegend dazu dienen, daß der Vorgesetzte den Mitarbeiter unter
verschiedenen Aspekten betrachtet, um eine vorschnelle Einstufung zu revidieren, und ein weitgehendst
vollständiges Bild vom Entwicklungspotential des Mitarbeiters zu erhalten (vgl. Hauser, 1991, S. 354f).
Dabei sollen neben fachlichen Qualifikationen speziell bei Führungskräften auch soziale und
kommunikative Fähigkeiten festgestellt werden, auf die es zukünftig aufgrund der gewandelten Arbeitsund Mitarbeiteranforderungen entscheidend ankommt.
Teilweise enthalten die Fragebögen zur Mitarbeiterbeurteilung als weiteren Bereich die Laufbahnplanung
zur Planung individueller Schulungsmaßnahmen mit dem notwendigen Zeitrahmen. Dazu werden
zusätzlich Informationen über die Bedürfnisse des Beurteilten bzgl. Aufstiegsambitionen, Neigungen,
Bereitschaft etc. abgefragt (vgl. Olesch, 1989, S. 308).
Ein Beispiel für ein standardisiertes Beurteilungsformblatt mit Leistungs-, Potentialbeurteilung und
Laufbahnplanung ist in Anlage 12 abgebildet.
Als geeignete Methode zur Potentialeinschätzung speziell für Führungs-(nachwuchs-)kräfte bietet sich
das in der Praxis häufig angewandte, verhaltens- bzw. tätigkeitsorientierte Assessment CenterVerfahren an, auf das bereits im Zusammenhang mit der strategischen Personalauswahl in Kapitel
3.5.2.1.2.2. eingegangen wurde. Mit Hilfe des ACs können Verhaltensstärken und
-schwächen der Probanden, anhand vorher genau festgelegter Anforderungen (z.B. Teamfähigkeit,
Diskussionsverhalten, Überzeugungskraft) bei unterschiedlichen Aufgaben und Übungen, durch mehrere
Beobachter überprüft werden (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 314f).
Kritisch ist bei diesem Verfahren anzumerken, daß je nach Zusammensetzung der Teilnehmer (z.B.
dominantes Auftreten einzelner Probanden, Kommunikationsvermögen) eine gruppendynamische
Anfälligkeit entstehen kann, die die Verhaltensweisen beeinflussen. Ferner werden Eigenschaften von
den Beurteilern ermittelt, die abhängig sind von den vorgegebenen (Labor-)
Situationen, wobei man beachten muß, inwieweit man die Eigenschaften losgelöst von den Situationen
den Probanden zuordnen kann (vgl. Schmale, 1995, S. 114). Des weiteren kann die Meinungsbildung
der Bewerter an Objektivität einbüßen, da sich meist die ranghöchste Führungskraft bei der
Entscheidungsfindung bzw. Auswahl für den geeignetsten (gewünschten) durchsetzt.
Die Bedeutung einer umfassenden Potentialbeurteilung wird abschließend an einer im Kfz-Gewerbe
häufig anzutreffenden Vorgehensweise deutlich: Ein sehr guter Verkaufsberater wird zum Verkaufsleiter
- 195 -
befördert, ohne vorher eingehend zu überprüfen, ob er dafür die dringend erforderliche soziale
Kompetenz bzw. Führungseignung besitzt. Schlechtestenfalls hat diese Fehlentscheidung für das
Unternehmen zwei negative Folgen: Zum einen verliert es einen herausragenden Verkäufer, zum anderen
bekommt es eine schlechte Führungskraft, was sich wiederum negativ auf das gesamte Verkaufsteam
und dessen Absatzleistung auswirkt. Die Schuld für die mangelnde Beurteilungskompetenz liegt nicht nur
bei dem jeweiligen Vorgesetzten, sondern auch an den unzureichenden Möglichkeiten, mit Hilfe der
klassischen Potentialbeurteilung konkrete, zukünftig relevante Verhaltenskriterien zu überprüfen (vgl.
Stehle, 1991, S. 165f).
Während in Großunternehmen verschiedenartige, umfangreiche und komplizierte Systeme angewendet
werden, bevorzugen mittelständische Betriebe in erster Linie einfachere Verfahren, die nicht zwischen
Leistungs- und Potentialbeurteilung differenzieren (vgl. Zander, 1994, S. 115). In der Praxis dominieren
vergangenheitsbezogene Aussagen zur Leistungserfüllung (vgl. Mentzel, 1994, S. 100).
Aufgrund verschiedener methodischer Bedenken, speziell bei dem am weitesten verbreiteten
Einstufungsverfahren (z.B. Beobachter betrachtet nur einen bestimmten Handlungsausschnitt, mangelnde
Differenzierung der Beurteiler, Beschönigungstendenz, Hierarchieeffekt, geringe Gültigkeit,
Zuverlässigkeit und Unterscheidungskraft), sind die Beurteilungsverfahren nur bedingt zum Feststellen
individueller Leistungsunterschiede geeignet, um darauf aufbauend entweder finanzielle Leistungszulagen
zu verteilen und/oder Karriereentscheidungen zu treffen. Sie eignen sich eher als Einstieg in ein
Beratungs- und Fördergespräch, bei dem sich Vorgesetzter und Mitarbeiter über die Leistung in einem
abgelaufenen Zeitraum unterhalten und sich kritisch mit Art und Weise sowie Ergebnis der
Aufgabenerfüllung auseinandersetzen (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 320).
3.5.2.2.3. Das Mitarbeiterfördergespräch im Anschluß an die Leistungsbeurteilung
An die Leistungsbeurteilung sollte sich i.d.R. ein Beurteilungs- bzw. Fördergespräch speziell mit den
Mitarbeitern anschließen, die über das Potential für einen beruflichen Aufstieg verfügen. Durch die
umfassenderen Kenntnisse über die Verhaltensweisen und Leistungen des Mitarbeiters kann der
Vorgesetzte mit mehr Offenheit auf die Bedürfnisse und Vorstellungen des Mitarbeiters eingehen (vgl.
Hauser, 1991, S. 355).
Wenn Mitarbeiter - der heutigen Auffassung entsprechend - als verantwortungsbewußte und mündige
Partner im Unternehmen akzeptiert werden, dann muß ihnen auch das Recht eingeräumt werden, zu
erfahren, wie ihr Verhalten und ihre Leistungen durch ihre Vorgesetzten beurteilt werden und wie die
beruflichen Entwicklungsperspektiven aussehen. Durch eine objektive Bewertung und faire
Anerkennung guter Leistungen werden die Arbeitnehmer für ihr zukünftiges Verhalten motiviert (vgl.
Mentzel, 1994, S. 101).
- 196 -
Es ist anzuraten, zusammen mit der Stellenbeschreibung, die die jeweils beobachtbaren Tätigkeitsinhalte
umfassend und detailliert wiedergibt, sowie den abgesprochenen Zielvorgaben, dem Mitarbeiter auch
die Resultate der auf einem (standardisierten) Beurteilungsbogen festgehaltenen Bewertung des
Vorgesetzten als Vorbereitungshilfe vorab zukommen zu lassen. Ferner sollte dem Mitarbeiter als
Orientierungshilfe ein Fragebogen über zu besprechende Themen zugesandt werden (vgl. Oechsler,
1994(a), S. 334f).
Der Vorgesetzte und der Beurteilte besprechen beim regelmäßig stattfindenden (alle 1-2 Jahre)
Fördergespräch die Verhaltens-, Leistungseinschätzung und möglichen Entwicklungsperspektiven.
Ferner schildert der Mitarbeiter seine persönlichen Ziele, Werte, Interessen, Ambitionen und
Wunschvorstellungen. Gerade bei jungen Arbeitnehmern kann es notwendig sein, ihnen Perspektiven
sowie die Vor- und Nachteile von Qualifizierungsmaßnahmen aufzuzeigen. Die Erfolgschance von
Fördermaßnahmen erhöht sich und die individuelle Bedeutung und Motivation steigt, wenn die
Mitarbeiter frühzeitig an der Planung der eigenen Fortbildung beteiligt werden (vgl. Hauser, 1991, S.
355; Mentzel, 1994, S. 101).
Dieses Gespräch stellt eine effektive Möglichkeit dar, die Unternehmens- und Mitarbeiterziele in
Einklang zu bringen (vgl. Drumm, 1992, S. 76). Die Beschäftigten erfahren, inwieweit die Beurteilung
durch den Vorgesetzten mit der eigenen Einschätzung ihre Leistung korrespondiert. Mögliche
Hindernisse und Mißverständnisse können besprochen und ggf. ausgeräumt werden (vgl. Mentzel,
1994, S. 101).
Der Mitarbeiter erhält durch das Fördergespräch Transparenz über seine Entwicklungsmöglichkeiten im
Unternehmen und hat Gelegenheit, seine individuellen Wünsche, Vorstellungen etc. darzulegen. Das
Ergebnis eines Fördergespräches sollte eine Abstimmung über die weiteren beruflichen Entwicklungen
des Mitarbeiters und die zur Realisierung dieser Pläne erforderlichen Förderungs- und
Bildungsmaßnahmen sein (vgl. Mentzel, 1982, S. 359; Mentzel, 1994, S. 102).
Die Resultate des Beurteilungsgesprächs sollten von dem Vorgesetzten in einem Personalentwicklungsbogen festgehalten werden. Viele Anstöße für Personalentwicklungsmaßnahmen ergeben sich
direkt aus dieser Unterredung (vgl. Loschert, 1992, S. 44f). Führungskräfte können zudem bei
regelmäßig geführten Mitarbeitergesprächen u.a. feststellen, welche Motivatoren (z.B. höheres Entgelt,
Freizeitausgleich) beim einzelnen Interesse erzeugen (vgl. Rückle, 1990, S. 120).
Da bei der Mitarbeiterbeurteilung sehr viel persönliche Dinge angesprochen werden, sollte das
Beurteilungsgespräch gut vorbereitet und so fair und menschlich wie nur eben möglich geführt werden
(vgl. Berth, 1987, S. 35). Die äußere Gestaltung und die Gesprächsführung sind Aufgabe des
Vorgesetzten (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 336).
- 197 -
Aufgrund der oben angeführten Aufgaben benötigen die Führungskräfte systematische Schulungen zur
Personalbeurteilung und situationsadäquaten Gesprächsführung mit den Untergebenen. Nur so können
Konflikte zwischen den beiden Parteien, die auf unterschiedlichen Leistungseinschätzungen beruhen,
versachlicht werden (vgl. Zander, 1994, S. 126).
Im Rahmen der modernen praktischen Personalbeurteilung gewinnen zunehmend Konzepte wie
Selbstbeurteilung des einzelnen Mitarbeiters sowie Vorgesetztenbewertung an Bedeutung. Beim
Erstgenannten wird dem Mitarbeiter die Möglichkeit eingeräumt, seine Leistung anhand des
vorgegebenen Beurteilungsbogens selbst zu bewerten, bevor der Vorgesetzte mit der Urteilsfindung
beginnt (vgl. Berth, 1987, S. 35f). Eine solche Selbstbeurteilung fördert bei dem Beurteilten die
Selbsteinsicht, schafft eine größere Toleranz gegenüber der Beurteilung und forciert sein persönliches
Bemühen nach Aneignung notwendiger Verhaltensänderungen (vgl. Hilb, 1994, S. 76f). Die
Abweichungen zwischen Selbst- und Fremdbeurteilung sollten besprochen werden, bevor die
endgültige, schriftlich fixierte Leistungsbeurteilung erstellt wird.
Bei der Vorgesetztenbeurteilung haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, sich über ihren direkten
Vorgesetzten beispielsweise bzgl. solcher Kriterien wie Fairneß in der Führung, Objektivität der Kritik,
Offenheit, vertrauensvolle Zusammenarbeit etc. anonym gegenüber einer neutralen Person zu äußern; sie
gibt die Beurteilung ohne Namensnennung an den Vorgesetzten weiter. Diese, in der Praxis bisher nur
vereinzelt angewendete "umgekehrte" Beurteilung von "unten nach oben" führt bei entsprechend
vertrauensvoller Anwendung zu einem wesentlich größeren Verständnis bei beiden Parteien (vgl. Berth,
1987, S. 35f; Bühner, 1994, S. 131).
Abschließend ist festzuhalten, daß vergangenheitsorientierte Leistungsbeurteilungen zugunsten von
Potential- und Förderbeurteilungen - diese sind entscheidend für die Sicherung unternehmerisch
denkender und handelnder Mitarbeiter - in den Hintergrund rücken (vgl. Fröhlich, 1995, S. 128). Dabei
muß sich die Beurteilung an den strategischen Zielsetzungen des Unternehmens (z.B. Gewinnerzielung,
Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit) orientieren.
Trotz der Problematik bei der Konzeption und Durchführung ist die gezielte Leistungs- und
Potentialbeurteilung ein wichtiges Führungsmittel. Ohne sie ist es kaum möglich, die sachbezogenen
Unternehmensziele und die Mitarbeiterbedürfnisse gemeinsam zu berücksichtigen (vgl. Zander, 1994, S.
112).
Vorgesetzte erhalten durch eine systematische, gewissenhafte und ganzheitliche Beurteilung ein
differenziertes, detailliertes Bild über die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters, seine Interessen,
Neigungen, Potentiale etc. Eine aussagefähige, schriftlich fixierte Leistungsbeurteilung ist damit die
Voraussetzung für Personalentscheidungen und Planungsmaßnahmen (z.B. Versetzung, Beförderung,
Kündigung, Fortbildungsplanung) sowie mit Einschränkungen für die Entgeltfestlegung (vgl. Zander,
1994, S. 112ff). Die vielfältigen Möglichkeiten der Leistungsbewertung können in allen
- 198 -
Unternehmensbereichen eingesetzt werden (vgl. Krull, 1992, S. 40). Trotz gewisser Ressentiments
seitens der Betriebsräte, Vorgesetzten und Mitarbeiter erlangen die Leistungsbeurteilungen als
Führungsmittel steigende Bedeutung.
Die Führungskräfte sollen am Zielbildungs- und Leistungsbewertungsprozeß aktiv teilnehmen, um ein
größeres Verständnis und Akzeptanz für das System zu erreichen (vgl. Krull, 1992, S. 40). Ferner wird
die Leistungsmotivation der Mitarbeiter durch ein transparentes Beurteilungssystem gefördert. Es sollte
neben klaren fachlichen Leistungs- auch Verhaltenskriterien (z.B. Kooperations-, Teamfähigkeit)
berücksichtigen. Die Beurteilung sollte von beiden Seiten durchgeführt werden und nicht nur von der
Führungskraft in Richtung Untergebenen (vgl. Knebel, 1987, S. 384; Knebel, 1988, S. 9). Ebenfalls ist
es überlegenswert, weitere relevante Anspruchsgruppen (z.B. Kunden, Arbeitskollegen) in die
Bewertung einzubeziehen, um dem Beurteilten ein objektiveres Bild über seine Leistungs- und
Verhaltensergebnisse zu vermitteln (vgl. Hilb, 1994, S. 75).
Nicht zuletzt angesichts der beträchtlichen Kosten für Qualifizierungsmaßnahmen ist es ratsam,
Potentialanalyse und Mitarbeitergespräch sorgfältig vorzubereiten und durchzuführen, da hier die
Grundlage für eine erfolgreiche Personalentwicklung geschaffen wird (vgl. Hauser, 1991, S. 355).
3.5.2.3.
Strategische Personalentwicklung
3.5.2.3.1. Bedeutung und Ziele der Personalentwicklung
Angesichts sich immer schneller verändernder sozio-ökonomischer Rahmenbedingungen (z.B.
zunehmender (Verdrängungs-)Wettbewerb, immer komplexerer Arbeitsanforderungen, Verknappung
der erwerbstätigen Bevölkerung) gewinnt die Entwicklung der Fach- und Führungskräfte aus den
eigenen Reihen als strategischer Erfolgsfaktor steigende Bedeutung für den weiteren
Unternehmenserfolg (vgl. Loschert, 1992, S. 43; Schneider/Helemann, 1989, S. 53).
Obwohl der Begriff "Personalentwicklung"104 in der personalwirtschaftlichen Literatur und in der
Unternehmenspraxis stark verbreitet ist, besteht keine Einigkeit darüber, welchem Interesse die
Maßnahmen dienen (Unternehmens- vs. Mitarbeiterorientierung), welche Zielsetzung sie haben sollen
(Anpassung, Emanzipation der Mitarbeiter) und insbesondere welche Methoden und Instrumente
darunter zusammmengefaßt werden können (vgl. Pieper, 1990(b), S. 273).
In der neueren Theoriediskussion werden unter Personalentwicklung alle geplanten betrieblichen
Bildungsmaßnahmen (Aus-, Fortbildung, Umschulung, Karriere- und Laufbahnplanung, Arbeitsstrukturierung usw.) subsumiert, mit denen zielgerichtet und systematisch versucht wird, die
104
Während das Management Development primär auf die umfassende Weiterbildung und Förderung der
Führungs-(nachwuchs-)kräfte ausgerichtet ist, wendet sich die Personalentwicklung an Beschäftigte aller
Hierarchieebenen, allerdings mit recht heterogenem Umfang und differierender Intensität (vgl. Staehle, 1990, S.
805).
- 199 -
Qualifikationen (Kenntnisse, Fertigkeiten, Verhaltensweisen etc.) aller im Unternehmen beschäftigten
Arbeitnehmer zu erhöhen, um am Markt wettbewerbsfähig zu sein (vgl. Berthel, 1995, S. 226; Bühner,
1994, S. 123; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 282; Pieper, 1990(b), S. 273; Staehle, 1990, S. 804f).
Eine hohe Qualität der Mitarbeiter im Betrieb, mit fachlicher, zunehmend auch mit sozialer bzw.
verhaltensorientierter Kompetenz sowie unternehmerischem Denken kann nicht kurzfristig reaktiv
geschaffen werden, sondern erfordert langfristig angelegte Konzepte der Personalrekrutierung und entwicklung (vgl. Nagel, 1990, S. 35; Weber, 1990, S. 10). Sie sollten nicht nach dem sog.
“Gießkannenprinzip“, sondern strategie- und bedarfsorientiert (vgl. Schneider/Helemann, 1989, S. 53),
d.h. als Teil der strategischen Unternehmensführung eingesetzt werden.
Umfassende interne Entwicklungskonzepte reduzieren das Fehlbesetzungsrisiko, wie es u.U. bei
externer Mitarbeiterrekrutierung auftreten kann und haben neben der Versorgung mit geeigneten
Mitarbeitern auch hohe Motivationswirkung (vgl. Weber, 1990, S. 15). Ziele und Inhalte der
Personalentwicklungsmaßnahmen sollten wesentlich stärker als früher von den Betroffenen mitgestaltet
oder sogar initiiert werden.
Wie bei den anderen Teilfunktionen des strategischen Personalmanagements ist die strategische
Gestaltung der Personalentwicklung durch ihre Orientierung an den Zielen und Strategien des
Unternehmens sowie durch die Abstimmung mit den organisatorischen Regelungen gekennzeichnet.
Entsprechend dem zugrunde gelegten Michigan-Ansatz ist die Personalentwicklung integrativer
Bestandteil des Human Resource-Kreislaufes und steht damit in Wechselbeziehung zur
Unternehmensstrategie und zur Organisationsstruktur (vgl. Staehle, 1990, S. 727).
Die Instrumentarien der Personalentwicklung müssen den sich ändernden Rahmenbedingungen
fortlaufend angepaßt werden, um das Unternehmen im Strategieentwicklungs- und -umsetzungsprozeß
wirksam zu unterstützen. Dies kann nur gelingen, wenn die gesamte Personalentwicklung mit ihren
Teilbereichen selbst strategisch orientiert ist, d.h. die Teilstrategien zu einem strategischen
Gesamtkonzept zusammengeführt werden. Die Personalentwicklung gewinnt damit als strategischer
Erfolgsfaktor steigende Bedeutung (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 26).
Personalentwicklung ist somit weiter zu fassen als die traditionelle betriebliche Bildungsarbeit, die sich
vorrangig auf die (reaktive) Vermittlung von unternehmensbezogenen, unmittelbar am Arbeitsplatz
anwendbaren Fähigkeiten und Wissen konzentrierte und dabei Wünsche und Vorstellungen
(motivationale und Einstellungsaspekte) der Mitarbeiter meist unberücksichtigt ließ (vgl. Conrad/Pieper,
1990(b), S. 282; Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 12f; Kossbiel, 1982, S. 5; Mentzel, 1994, S. 16;
Pieper, 1990(b), S. 273). Qualifizierungsmaßnahmen müssen verstärkt am Wertschöpfungsprozeß
ausgerichtet werden und bereichsübergreifende Zusammenhänge und vernetzte Strukturen beinhalten,
um eine dauerhafte Erhöhung der betriebsinternen Mobilität und Flexibilität jedes einzelnen Mitarbeiters
zu erreichen (vgl. Fröhlich, 1995, S. 119f).
- 200 -
Ausgangspunkt jeder strategischen Personalentwicklung ist die Analyse der heutigen und zukünftigen
kritischen
Arbeitsinhalte
sowie
deren
wettbewerbsspezifischen
Auswirkungen
(vgl.
Schneider/Helemann, 1989, S. 53).
Ziel ist der systematische Aufbau strategisch und wettbewerbspolitisch relevanter Fähigkeiten
(Potentiale) im Humanbereich, die bei zukünftig geänderten Umweltanforderungen oder revidierten
Unternehmensstrategien genutzt werden können. Im weitesten Sinne geht es um die Schaffung von
Optionen, also um eine Vergrößerung des strategischen Handlungsspielraums des Unternehmens. Diese
Zielsetzung basiert auf einer besonderen Betrachtung der Mitarbeiter im Rahmen des Human Resource
Management (vgl. Staehle, 1988, S. 578; Pieper, 1990(a), S. 1ff).
Allerdings lassen sich aufgrund der fortlaufenden Umweltveränderungen und insbesondere des schnellen
technischen Fortschritts die zukünftigen Anforderungen kaum noch exakt vorhersagen. Deshalb gewinnt
die generelle Qualifizierung der Arbeitnehmer zunehmend an Gewicht gegenüber der ausschließlich
unternehmensbezogenen Instrumentalität der Personalentwicklung (vgl. Pieper, 1990(b), S. 274). Dies
gilt gerade für mittelständische Unternehmen, in denen die Beschäftigten meist verschiedenartige
Aufgaben erledigen.
Nur wer sich frühzeitig und gezielt um die Erhaltung und Förderung der vorhandenen Mitarbeiter
bemüht, wird langfristig über die notwendige Stammbelegschaft an qualifizierten und motivierten Fachund Führungskräften verfügen (vgl. Mentzel, 1994, S. 15).
Obwohl in der personalwirtschaftlichen Literatur wie auch in den Erklärungen von Unternehmen
(-sverbänden) die steigende Bedeutung der Personalentwicklung immer wieder herausgestellt wird, zeigt
sich in der Unternehmenspraxis ein sehr heterogenes Bild hinsichtlich Ausmaß, Maßnahmen, Umfang
etc. (vgl. Pieper, 1990(b), S. 276). Dort wird die Personalentwicklung nur selten an strategischen
Zielsetzungen ausgerichtet, sondern vor allem in mittelständischen Betrieben vielfach in Form einer
fallweisen, unsystematischen Schulung ("trouble shooting“-Aktivität) eingesetzt (vgl. Maier/Fröhlich,
1992, S. 94; Riekhof, 1989(b), S. 294).
Die Mitarbeiter dürfen nicht länger als Kostenfaktor, sondern müssen vielmehr als Humanpotential
betrachtet werden, in das es sich lohnt zu investieren. Die Unternehmen müssen sich zu einer “learning
company/organization“ entwickeln und sich rechtzeitig um die benötigten Qualifikationen der
Beschäftigten bemühen (vgl. Posth, 1992, S. 181; Sattelberger, 1989(a), S. 19f).
Sowohl in der betriebswirtschaftlichen Theorie als auch in der Praxis wird herausgestellt, daß im
Rahmen der Personalentwicklung eine Doppelfunktion besteht. Die Aufgabe besteht darin, zwischen
den institutionellen Unternehmenszielen (z.B. Gewinnerzielung, bessere Konkurrenzfähigkeit,
Termintreue, Identifikation der Mitarbeiter mit dem Betrieb, systematische Entwicklung des
Führungsnachwuchses, Reduktion von Fluktuation und Fehlzeiten, Verbesserung des Firmenimages)
und den individuellen Mitarbeiterzielen (z.B. höheres Entgelt, Anerkennung, Aufstiegsmöglichkeiten,
- 201 -
Selbstverwirklichung, Möglichkeiten zum Arbeitsplatzwechsel) einen (betrieblich) tragbaren Konsens zu
schaffen (vgl. Berthel, 1995, S. 226; Drumm, 1992, S. 292; Koeder/
Priester, 1991, S. 118; Mentzel, 1994, S. 16; Staehle, 1990, S. 805).
Staehle kritisiert neben anderen Betriebswirten und -pädagogen diese Betrachtungsweise als
Scheinrealität, da nach seiner Auffassung die Mitarbeiterziele in der Praxis nur insoweit berücksichtigt
werden, als sie nicht die Erreichung der Unternehmensziele beeinträchtigen. Bei einer
Interessenabwägung dominieren meist die Unternehmensziele (vgl. Staehle, 1990, S. 805).
Die wichtigsten Informationsgrundlagen zur Ermittlung des Personalentwicklungsbedarfs sind die
qualitative Personalbedarfsplanung und -bestandsplanung sowie die Ermittlung der individuellen
Möglichkeiten und Ziele der Mitarbeiter. Aus der Gegenüberstellung des Soll-Zustandes - das sind die
Anforderungen (Wissen, technische und soziale Fähigkeiten, Einstellungen), über welche der Mitarbeiter
verfügen muß, um die für einen vorgegebenen Planungszeitraum festgelegte Unternehmensstrategie
realisieren zu können (=Anforderungsprofil) - und der Ermittlung des Ist-Zustandes (=Fähigkeitsprofil)
resultiert der Entwicklungsbedarf des Einzelnen (vgl. Olesch, 1992, S. 82; Pieper, 1990(b), S. 278).
Die Individualziele haben hierbei die Bedeutung einer intervenierenden Variablen. Sie beschreiben die
Entwicklungswilligkeit und -richtung des einzelnen Mitarbeiters. Nur wenn dieser bereit ist, an
Maßnahmen der Personalentwicklung teilzunehmen, und den vom Unternehmen angestrebten
individuellen Soll-Zustand auch als sein Ziel anerkennt, haben diese Schulungen i.d.R. Aussicht auf
Erfolg. Zentrales Element bei der Ermittlung des quantitativen und qualitativen
Personalentwicklungsbedarfs ist daher die systematische Mitarbeiterbeurteilung. Sie schafft die
Möglichkeit, wenn sie mit regelmäßigen Fördergesprächen kombiniert wird, den betreffenden
Mitarbeiter zur Teilnahme an Entwicklungsmaßnahmen zu motivieren und vor allem, die individuellen
Ziele der Mitarbeiter festzustellen und mit den Zielen des Unternehmens abzustimmen (vgl. Pieper,
1990(b), S. 278). Die Übereinstimmung der Werte zwischen Unternehmen und Mitarbeitern ist die
beste Grundlage für die Identifikation der Beschäftigten mit den Unternehmenszielen (vgl. Schneevoigt,
1988, S. 351).
Das in der Praxis am häufigsten eingesetzte Analyseinstrument zur Ermittlung des qualitativen
Personalbedarfs ist die retrospektiv bzw. Status quo orientierte Stellenbeschreibung, in der
Arbeitsinhalte und dafür erforderliche Anforderungen festgehalten sind. Sie ermöglicht zwar einen
Einblick in vergangene oder gegenwärtige Leistungen, kann allerdings keine methodisch gesicherte
Grundlage zur Potentialeinschätzung und damit zu einer zukunftsorientierten Personalentwicklung
abgeben (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 409).
Die gesamte Personalentwicklung läßt sich als Regelkreis - siehe auch Anlage 13 - darstellen.
- 202 -
3.5.2.3.2. Maßnahmen und Instrumente zur Personalentwicklung
Da die geläufigsten, staatlich anerkannten gewerblich-technischen (z.B. Kfz-Mechaniker, -Elektriker, Meister) und kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen (z.B. Einzelhandelskaufmann für das Kfz-Gewerbe,
Kaufmann für Bürokommunikation, Betriebswirt des Handwerks, Studium) Aus- und
Weiterbildungsmöglichkeiten im Kfz-Gewerbe bereits ausführlich im 2. Kapitel, im Zusammenhang mit
den unterschiedlichen Qualifizierungsmöglichkeiten zukünftiger Unternehmernachfolger dargestellt
wurden, wird hierauf nicht nochmals eingegangen. Eine zusammenfassende Übersicht der bekanntesten
Bildungsmaßnahmen für Azubis, Mitarbeiter, Fach- und Führungs-(nachwuchs-)kräfte ist in Anlage 9
abgebildet.
3.5.2.3.2.1. Berufliche Ausbildung
Das berufliche Bildungswesen in Deutschland vermittelt den Azubis im Rahmen des dualen Systems der
Berufsausbildung eine qualifizierte Erstausbildung, die sowohl praxisorientiert (im ausbildenden Betrieb)
als auch theoretisch fundiert (in der Berufsschule) ist. Dieses kooperative Bildungssystem genießt
weltweit hohes Ansehen (vgl. Berthel, 1995, S. 259; Drumm, 1992,
S. 279; Hoss, 1991, S. 18; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 621).
Die zukunftsorientierte Berufsausbildung muß dringend auf strategische Aufgaben ausgerichtet sein.
Zwischen der Ausbildungsplanung und der Bereitstellung ausgebildeter Fachkräfte vergehen ungefähr
fünf Jahre. Dies entspricht in etwa der Zeitspanne einer langfristigen Planung. Es ist wichtig, daß in die
Ausbildungsplanung Erkenntnisse der strategischen Unternehmensplanung eingehen, z.B. welche
Produktveränderungen zu erwarten sind, welche neuen Technologien künftig eingesetzt werden, welche
Projekte und neuen Organisationskonzepte geplant sind und welche quantitativen und qualitativen
Auswirkungen auf die Fachkräfte dadurch zu erwarten sind (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 29).
Bereits während der Berufsausbildung können erste Weichen für zukünftig benötigte Verhaltensweisen
gestellt werden, wenn von Anfang an Wert auf umfassende Informationen als notwendige Grundlage für
“Mitdenken“ vermittelt wird. Bereichsübergreifende Schulungen, die dem Azubi die Chance geben,
vernetztes Denken praktisch kennenzulernen und seine Potentiale auf breiter Basis einzubringen,
schaffen frühzeitig die Basis für selbständiges Arbeiten.
Veränderte Ausbildungsmethoden und neue Konzepte der Berufsausbildung sind besonders im
Zusammenhang mit den neu geordneten Metall- und Elektroberufen zu konstatieren. Strategisch relevant
ist z.B. die Erkenntnis, daß die Vermittlung von Fachkompetenz in der Berufsausbildung - und auch in
der Weiterbildung - nicht ausreicht, sondern daß die Sozial- und Methodenkompetenz als wichtige
Komponenten der Handlungskompetenz hinzukommen müssen (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 30).
Um die zukünftig immer notwendigeren berufsübergreifenden Qualifikationen zu vermitteln, mit denen
sichergestellt werden kann, daß die Azubis dem ständig schneller werdenden technischen,
- 203 -
ökonomischen und gesellschaftlichen Wandel gewachsen sind und sich flexibler anpassen können,
müssen moderne, leistungsfähige Ausbildungs- und Unterrichtsmethoden eingesetzt werden (vgl. Heider,
1990, S. 48).
Die Berücksichtigung dieser Schlüsselkompetenzen in der Berufsausbildung fördert auch die strategisch
notwendige Vorbereitung junger Facharbeiter auf neue Arbeitsstrukturen, wie z.B. Team-Konzept,
teilautonome Arbeitsgruppen, Betreuungsteam (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 30).
Anstelle der bisher in der Ausbildungspraxis immer noch dominierenden klassischen (passiven,
rezitativen, aufnehmenden) Lehrmethoden (z.B. 4-Stufen-Methode im Bereich der Unterweisung,
Frontalunterricht, Lehrgespräch im Bereich des Unterrichts) müssen stärker schülerorientierte Lern- und
Unterrichtsformen angewandt werden, bei denen die Aktivität der Auszubildenden und ihre
Eigeninitiative im Vordergrund stehen. Vor allem Unterrichtsformen wie Projektarbeit105 im technischgewerblichen Bereich, Juniorfirmen106 im kaufmännischen Sektor, Lernstatt107, Leittextmethode etc. sind
geeignet, neben fachlicher Kompetenz auch wichtige Schlüsselqualifikationen (z.B. Kommunikations-,
Teamfähigkeit) in der Berufsschule bzw. im ausbildenden Betrieb zu vermitteln (vgl. Heider, 1990, S.
48f).
Sie fördern die Motivation, Selbständigkeit, Teamfähigkeit, Entwicklung von Maßstäben für Güte- und
Qualitätsbeurteilung, das Denken in Zusammenhängen, sowie die realistische Zeiteinschätzung. In einigen
Großunternehmen werden diese neuen Formen der Vermittlung und Einübung bestimmter Kompetenzen
bereits erfolgreich praktiziert (vgl. Heider, 1990, S. 48). Die Art der Erstausbildung ist eine wichtige
Grundlage für den späteren Zugang zu qualifizierten und damit höher dotierten Arbeitsplätzen sowie für
den beruflichen Aufstieg.
In Klein- und Mittelbetrieben, die den Großteil der Ausbildungskapazitäten in Deutschland bereitstellen,
erfolgt die Ausbildung bisher überwiegend konventionell direkt am Arbeitsplatz entsprechend der
aktuellen Arbeitsanforderungen. Arbeitsplatzübergreifende bzw. theoretische Ausbildung findet man
dort selten vor (vgl. Eckardstein, 1988, S. 61). Industrie- und Handels-, Handwerkskammern,
Verbände, Innungen und vor allem die Unternehmensleitungen selbst müssen dafür sorgen, daß die
105
Bei der überwiegend im gewerblich-technischen Bereich angewandten Projektarbeit arbeiten Azubis im Team und
erstellen gemeinsam einen gebrauchsfähigen Gegenstand (vgl. Heider, 1990, S. 48).
106
Das kaufmännische Pendant zur Projektarbeit ist die Juniorfirma (=reale Übungsfirma). In ihr sollen die Azubis
eine klar abgegrenzte und in der Praxis vorkommende Aufgabenstellung lösen sowie dabei möglichst alle
erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten der Planung, Durchführung und Kontrolle sich selbständig aneignen
und umsetzen (vgl. Heider, 1990, S. 48; Hentze, 1991(a), S. 352).
107
Der Begriff “Lernstatt“ ist aus "Lernen in der Werkstatt" entstanden und bedeutet, daß sich Mitarbeitergruppen
in einzelnen Betriebsbereichen zusammenfinden, betriebliche Schwachstellen feststellen, sie analysieren, und
versuchen, in Teamarbeit zu einer Lösung zu gelangen. Die Auszubildenden sollen an diesen Veranstaltungen
teilnehmen, um zu lernen, arbeitsplatzbezogene Probleme zu erkennen, eigenverantwortlich zu bearbeiten und zu
lösen sowie Konflikte methodisch auszutragen (vgl. Heider, 1990, S. 48).
- 204 -
aktiven Gruppenlernmethoden ebenfalls auf mittelständische Unternehmen übertragen werden, damit
auch dort die Azubis eine zukunftsorientierte Ausbildung erhalten (vgl. Heider, 1990, S. 48f).
3.5.2.3.2.2. Berufliche Fortbildung
Neben der Ausbildung erhält auch die Fort- bzw. Weiterbildung innerhalb des beruflichen und
betrieblichen Bildungswesens steigende Bedeutung (vgl. Weber, 1987, S. 315). Die Zeiten sind vorbei,
in denen der berufliche Bildungsprozeß nach Abschluß der beruflichen Erstausbildung im wesentlichen
beendet war. Durch den ständigen Wandlungsprozeß in der gesellschaftlichen Umwelt und im
Unternehmen, der abnehmenden Halbwertzeit der Produkte, Technologien und des Wissens, ist die
kontinuierliche Fortbildung unerläßlich (vgl. Posth, 1992, S. 180).
Gerade die strategisch ausgerichtete Fortbildung ist ein erfolgsentscheidender Wettbewerbsfaktor, die
im Gegensatz zu Technologie-, Fertigungs- und Produktinnovationen kaum kurzfristig zu imitieren bzw.
einzuholen ist (vgl. Nagel, 1990, S. 35).
Zur Bestimmung konkreter Schulungsmaßnahmen bedarf es zunächst einer Analyse des Bildungsbedarfs; dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen vorhandenen Qualifikationen und zukünftigen
Anforderungen (sog. Soll-Ist-Vergleich). Ferner müssen sowohl die Wünsche und Ziele der Mitarbeiter
und des Unternehmens in die Weiterbildungsplanung aufgenommen werden (vgl. Liebel/Oechsler, 1994,
S. 300).
Zur Steigerung der Lernbereitschaft der Mitarbeiter ist es erforderlich, die Betroffenen in die
Konzeption der Bildungsmaßnahmen einzubeziehen und mit ihnen die Fortbildungsziele und
-inhalte abzustimmen und sie aktiv in den Lernprozeß zu involvieren (vgl. Berthel et al., 1990,
S. 114).
Schulungsmaßnahmen finden sowohl am Arbeitsplatz (training on the job) als auch extern, etwa in
Seminarform (training off the job) statt. Dabei ist die Weiterbildung am Arbeitsplatz - die Kombination
der Maßnahmenbereiche vor Ort - die verbreitetste. Hierunter fällt auch die ungeplante, unsystematische
Personalentwicklung am Arbeitsplatz, die die preisgünstigste und am einfachsten durchführbare
Maßnahme ist. Ferner zählen hierzu: Coaching durch erfahrene Vorgesetzte (Patenschaft), Job Rotation,
Trainee-Programme, Stellvertretung, Einsatz als Assistent, Projektarbeit etc. (vgl. Hentze, 1991, S.
345f; Staehle, 1990, S. 818; Wunderer/Kuhn, 1993, S. 141). Ein besonderer Vorteil dieser
Maßnahmen der Personalentwicklung ist ein Lernen in realen Arbeitssituationen (learning by doing).
Wiederum nachteilig ist die meist unsystematische, zu spezielle Fach- und zu starke Betriebsbezogenheit
der Wissensaneignung (vgl. Staehle, 1990, S. 818).
Die Nachteile der reinen Fortbildung am Arbeitsplatz sollten durch externe Seminare kompensiert
werden. Diese externen Weiterbildungsveranstaltungen schaffen eine (kritische) Distanz zu und
Abstraktion von den Alltagsproblemen, ermöglichen (wertvolle) Kontakte zu Kollegen aus anderen
Betrieben mit anderen Zielen und Schwierigkeiten, erweitern die Betrachtungsweise und bewirken u.a.
- 205 -
ein besseres Erreichen der individuellen Weiterbildungsziele der Adressaten (vgl. Staehle, 1990, S.
818). Die verschiedenen Lehrmethoden werden in Kapitel 4.3.3.3.1. im Zusammenhang mit der
Entwicklung eines dualen, ressortübergreifenden Qualifizierungsprogramms für Unternehmernachfolger
im Kfz-Gewerbe näher erläutert.
Da Fortbildung der kontinuierlichen Entwicklung der Beschäftigten dienen soll, muß die Planung intensiv
an den strategischen Erfordernissen ausgerichtet sein. Deshalb müssen speziell zukunftsorientierte
(soziale, methodische) Kompetenzen vermittelt werden (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 30; Schneevoigt,
1988, S. 342). Jedoch wird in vielen Betrieben Fortbildung immer noch als ad hoc-Maßnahme, also
unmittelbar reaktiv, anwendungs- und arbeitsplatzbezogen gehandhabt (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S.
285; Simon, 1989, S. 24).
Bei der Auswahl von Mitarbeitern für Fortbildungsveranstaltungen sollten vorrangig in die Gegenwart
und Zukunft gerichtete Kriterien (z.B. Anspruchsniveau bzgl. beruflicher und persönlicher Entwicklung,
Lernmotivation,
Weiterbildungsbedürfnis
etc.)
ausschlaggebend
sein
und
weniger
vergangenheitsorientierte Aspekte (Ausbildung, Alter, Aufgabenbereich, hierarchische Stellung im
Unternehmen). In der Praxis dominieren allerdings die personalpolitischen Ziele der Unternehmen.
Primär werden diejenigen Fach- und Führungskräfte weiterqualifiziert, die bereits hoch qualifiziert sind.
Die gering qualifizierten und verstärkt von Arbeitslosigkeit bedrohten Erwerbstätigen werden dabei aus
betriebs- und personenbedingten Gründen nur gering berücksichtigt (vgl. Staehle, 1990, S. 816).
Für die strategische Ausrichtung der Fortbildung ist ausschlaggebend:
- Die Fortbildungsstrategie ist in die Unternehmensstrategie zu integrieren (Planungszeitraum von fünf
Jahren).
- Strategische Weiterbildung gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Geschäftsführung.
- Strategische Fortbildungsaktivitäten sind primär markt- und kundenorientiert auszurichten.
- Strategische Weiterbildung betrachtet die Mitarbeiter verstärkt als Sub-Unternehmer, die bei
entsprechendem Potential für den langfristigen Unternehmenserfolg gefördert werden müssen
(vgl. Nagel, 1990, S. 36).
Nur wenn es gelingt, nicht nur die Bedeutung der beruflichen Fortbildung für den langfristigen
Unternehmenserfolg zu erkennen, sondern einerseits die Bereitschaft bei den Unternehmen zu wecken,
Weiterbildungsinvestitionen als Investitionen in das Humankapital zu betrachten sowie andererseits bei
den Mitarbeitern die Einstellung zu fördern, an solchen Entwicklungsmaßnahmen aktiv teilzunehmen,
dann bietet die Zukunft große Erfolgspotentiale. Lebenslanges Lernen muß als vorrangige Aufgabe
verstanden werden (vgl. Hoss, 1991, S. 20). Fortbildung ist ein dynamischer, lebenslanger Prozeß und
nicht nur eine Anpassungsleistung, die alle 5-8 Jahre erfolgt (vgl. Franke, 1985, S. 14).
- 206 -
3.5.2.3.2.3. Karriere- und Laufbahnplanung
Karriere- und Laufbahnplanung - die Begriffe werden meist synonym verwendet, wobei im allgemeinen
Sprachgebrauch Karriere mit Aufstieg gleichgesetzt wird (vgl. Mentzel, 1994, S. 132) - sind die
Oberbegriffe für eine systematische, antizipative Personal-(entwicklungs-)planung (vgl. Conrad/Pieper,
1990(b), S. 285; Pieper, 1990(b), S. 280). Sie geht von den Personen und deren Fähigkeiten,
Möglichkeiten und Bedürfnissen aus. Dabei werden in Absprache mit den betroffenen Mitarbeitern
zukünftige Einsatzgebiete und die dafür notwendig erscheinenden qualifikatorischen Maßnahmen
festgelegt (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 285; Gaugler, 1987(b), S. 303; Mentzel, 1982, S. 359ff;
Pieper, 1990(b), S. 280).
Diese längerfristige, systematische Planung soll die improvisierten, zufälligen Beförderungs- und
Versetzungsentscheidungen bei vakanten oder neu zu besetzenden Stellen ablösen (vgl. Hauser, 1993,
S. 147; Staehle, 1990, S. 819) und somit eine rechtzeitige, gezielte Vorbereitung auf zukünftige
Aufgabenbereiche ermöglichen (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 285). Die Führungskräfteentwicklung
muß dafür sorgen, daß die Karriere- und Laufbahnplanung und -entwicklung an den strategischen
Zielsetzungen des Unternehmens ausgerichtet ist. Nur so kann sichergestellt werden, daß unter
Berücksichtigung der langen Vorlaufzeiten die richtig qualifizierten Führungskräfte zum richtigen
Zeitpunkt zur Verfügung stehen (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 35).
Voraussetzung für eine systematische und längerfristige Laufbahnplanung ist zum einen eine detaillierte
quantitative und qualitative Personalbedarfsplanung, also eine Analyse des Leistungs- und
Entwicklungspotentials der Beschäftigten sowie zum anderen die Abstimmung der Unternehmensinteressen und -pläne mit den individuellen Interessen und Plänen der Mitarbeiter (vgl.
Conrad/Pieper, 1990(b), S. 286; Pieper, 1990(b), S. 283; Staehle, 1990, S. 821). Bei Kongruenz
beider Interessensphären ergeben sich folgende Vorzüge:
- Gefahr von Fehlbesetzungen wird vermindert,
- rechtzeitige Information der Mitarbeiter über ihre Aufstiegsmöglichkeiten führen zu höherer
Leistungsmotivation,
- langfristige Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen
(vgl. Hauser, 1993, S. 147).
Gerade in mittelständischen Unternehmen sollten Führungsnachwuchskräfte vom Unternehmer bzw.
Geschäftsführer persönlich betreut, beobachtet und gefördert bzw. gefordert werden. Sonst besteht
leicht die Gefahr, daß der gegenwärtige Vorgesetzte die tüchtige Nachwuchskraft in der eigenen
Abteilung behalten möchte, weil er Angst hat, einen Leistungsträger zu verlieren (vgl. Borkel, 1987, S.
14) oder als Konkurrent für die eigene Position aufzubauen.
Das Aufspüren potentieller Nachwuchskräfte stellt lediglich den ersten Schritt dar. Für den Aufstieg in
die Führungsebenen sind weitergehende Entwicklungsmaßnahmen notwendig. Die Aufgabe der
- 207 -
Führungskräfte ist es, ihre Mitarbeiter durch Fordern zu fördern. Dies beinhaltet die Übertragung von
anspruchsvollen Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen, verbunden mit richtig dimensionierter
Anleitung, Kontrolle und Kritik. Die für die Übernahme von Führungsaufgaben notwendigen
Erfahrungen dürfen sich nicht nur auf den angestammten Arbeitsbereich beschränken, sondern sie
müssen auch in anderen Aufgabenbereichen erworben werden. Dies kann durch “Job Rotation“Maßnahmen zwischen verschiedenen Abteilungen oder Unternehmen geschehen, durch
vorübergehende Assistententätigkeit bei einer exponierten Führungskraft oder auch als deren
Stellvertreter (vgl. Burgard, 1988, S. 320f). Der planvolle Wechsel der Arbeitsbereiche erzeugt
Flexibilität, eröffnet neue Denkkategorien und schafft eine erweiterte Betrachtungsweise der vielfach
vernetzten Systeme von Unternehmen.
Das “training on the job“ wird ergänzt durch entsprechende Seminarveranstaltungen, die eine immer
größere Bedeutung erhalten (vgl. Burgard, 1988, S. 321).
Die Erfolgschancen von Qualifizierungsmaßnahmen erhöhen sich, wenn der Mitarbeiter bei der Auswahl
seiner eigenen Fortbildungsmaßnahmen einbezogen wird. Das stärkt sein Selbstwertgefühl und motiviert
(vgl. Hauser, 1991, S. 355).
Da die meisten mittelständischen Betriebe über keine eigene Weiterbildungsabteilung verfügen, sind sie
in erster Linie auf externe Schulungsangebote von freien Trägern, Bildungswerken der Innungen und
Verbände etc. angewiesen (vgl. Zander, 1994, S. 238). Die meisten größeren Kfz-Hersteller/Importeure und einige externe, fabrikatsübergreifende Bildungsinstitute bieten u.a. mehrwöchige
Schulungsmaßnahmen für angehende Verkaufs-, Kundendienst-, Finanzbuchhaltungs-, Betriebsleiter
etc. an. In diesen Veranstaltungen wird den Teilnehmern u.a. neben den abteilungsspezifischen
Fachkenntnissen, dem entscheidungsorientierten Rechnungswesen teilweise auch Personalführung und motivation vermittelt.
Nicht jede Führungsnachwuchskraft, die das Leistungspotential besitzt, ist auch bereit, verantwortungsvolle Führungsaufgaben zu übernehmen. Die Gründe dafür können im Gesamtunternehmen, in
einzelnen Funktionsbereichen, in gesellschaftlichen Entwicklungen (z.B. Wertewandel) sowie im
persönlich-privaten Lebensbereich liegen (vgl. Gaugler, 1987(b), S. 316).
Jeder Vorgesetzte hat die Aufgabe, durch regelmäßige Beobachtung und Beurteilung entwicklungsfähige
Mitarbeiter zu erkennen und zu fördern (vgl. Koeder, 1990, S. 226; Koeder/Priester, 1991, S. 120).
Generelle Voraussetzungen der Entwicklungsfähigkeit sind Engagement, Kompetenz,
Verantwortungsbereitschaft und Flexibilität (vgl. Loschert, 1992, S. 45).
Bei der Laufbahnplanung steht nicht der Aufstieg der Mitarbeiter im Vordergrund - bedingt durch die
zunehmend flacheren Hierarchien werden höherwertige (Führungs-)Positionen ohnehin seltener -,
sondern die Sicherung eines entwickelten Personalreservoirs, Übersicht über das vorhandene
Mitarbeiterpotential sowie über die möglichen Aufstiegswege, -hemmnisse und
- 208 -
-kriterien. Eine solche Transparenz für die Beschäftigten trägt zur Erhöhung der Leistungsmotivation und
erhöhter Arbeitszufriedenheit bei und hat damit die Funktion eines Anreizsystems (vgl. Oechsler,
1994(a), S. 417f).
Zur anschaulichen und übersichtlichen Darstellung der Karrierewege werden meist Laufbahnwege
erstellt, die je nach Zwecksetzung in Form eines Balkendiagramms oder anhand von Organisations- und
Stellenplänen dargestellt werden können (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 309).
Es ist festzuhalten, daß die Personalentwicklung von Fach- und Führungskräften bei den meisten
mittelständischen Unternehmen (stark) verbesserungsbedürftig ist. Schwächen liegen insbesondere in
der Formulierung und Präzisierung der Weiterbildungsziele, in der umfassenden Planung der
Fortbildungsaktivitäten (bzgl. Ablauf, Inhalte, Auswahl der betroffenen Personen) sowie Organisation
und Koordination der Schulungsmaßnahmen (vgl. Strombach/Thom, 1983, S. 67f). Jedes
Bildungskonzept muß betriebsspezifisch ausgerichtet sein und dynamisch an die sich fortlaufend
ändernden Arbeitsanforderungen angepaßt werden (vgl. Krenzer, 1990, S. 22).
An Maßnahmen der Personalentwicklung findet man in Klein- und Mittelbetrieben überwiegend das
praktische Lernen am Arbeitsplatz und die interne Ausbildung über theoretische Grundlagen vor.
Externe Veranstaltungen werden nur belegt, soweit sie zur unmittelbaren Deckung vorhandener
Leistungsdefizite bzgl. Wissen und Können beitragen. Die Entwicklung der Verhaltenskomponenten der
Mitarbeiter wird kaum geplant und oft vernachlässigt. Gerade in diesem Bereich bestehen erhebliche
Entwicklungsnotwendigkeiten (vgl. Dubbert, 1990, S. 117).
Laufbahn- und Karrieregestaltung sowie arbeitsstrukturierende Maßnahmen haben in diesen
Unternehmen eine untergeordnete Bedeutung. Die Karriereziele des Führungsnachwuchses liegen
wegen der geringen Anzahl an Hierarchiestufen weniger im hierarchischen Aufstieg als im Aufgabenumfeld selbst. Als gute Möglichkeiten der internen Fortbildung gelten in Klein- und Mittelbetrieben
die Schaffung einer Assistenzfunktion, Stellvertreterregelungen oder das Job Rotation (vgl. Dubbert,
1990, S. 118). Die Führungskräfteentwicklung erfolgt in dieser Unternehmensgröße kaum in Anlehnung
an die strategischen Aufgabenstellungen, da die meisten Unternehmen nicht über die entsprechenden
Instrumentarien wie (strategische) Leistungsbeurteilung, Potentialeinschätzung und Laufbahnplanung
sowie über eine strategische Unternehmensplanung verfügen.
Eine wesentliche Aufgabe für Führungskräfte wird zukünftig die Betreuung, Anleitung und Entwicklung
der ihnen unterstellten Mitarbeiter und die Förderung ihres Leistungspotentials durch “Coaching“ sein.
Dabei erhält insbesondere die Förderung des unternehmerischen Denkens und Handelns steigende
Bedeutung (vgl. Fröhlich, 1995, S. 127).
Lebenslanges Lernen wird in Zukunft noch stärker die Devise des betrieblichen Bildungswesens sein.
Häufigkeit, Umfang und Intensität von Qualifizierungsmaßnahmen werden zunehmen, der notwendige
- 209 -
Qualifizierungsaufwand und damit die Kosten werden weiter steigen. An die Qualifizierungsfähigkeit und
-bereitschaft der Mitarbeiter werden wesentlich höhere Anforderungen gestellt (vgl. Schmahl, 1987, S.
16; Schwalbe/Zander, 1990, S. 11ff).
Die Geschäftsführung in mittelständischen Unternehmen muß dabei als Vorbild für das ständige Lernen
und Weiterentwickeln der Mitarbeiter fungieren (vgl. Stiefel, 1991, S. 27).
3.5.2.4.
Strategische Anreiz- und Belohnungssysteme
3.5.2.4.1. Bedeutung und Inhalte der materiellen und immateriellen Anreize
Nach außen wahrnehmbar ist stets das Verhalten eines Menschen; nicht beobachtbar ist die
Bereitschaft, also das Motiv108, das dieses Handeln auslöst. Damit ein Motiv eine Handlung auslöst,
muß ein Anreiz hinzukommen. I.d.R. wirkt nicht ein einzelnes (Leistungs-)Motiv handlungsauslösend,
sondern ein ganzes Bündel davon. Dieses Bündel bezeichnet man als Motivation. Das Motivbündel, das
in Arbeitssituationen handlungsanreizend und auslösend wirkt, nennt man Arbeitsmotivation (vgl.
Oechsler, 1994(a), S. 98f; Liebel/Oechsler, 1994, S. 163).
In der Forschung gibt es eine Vielzahl an Motivationstheorien, die sich zum einen mit dem “was“
welches Verhalten erzeugt befassen (Inhalts- oder Ursachentheorien) und zum anderen zu erklären
versuchen, “wie“ ein bestimmtes menschliches Verhalten ausgelöst wird (Prozeßtheorien) (vgl. Conrad,
1990, S. 250; Staehle, 1990, S. 202). Zu den bekanntesten Inhaltstheorien gehören die ZweiFaktoren-Theorie der Arbeitszufriedenheit von Herzberg (1959) und die Bedürfnispyramide von
Maslow (1943/1954), auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Beide Ansätze haben
maßgeblichen Anteil an der Entwicklung aller weiteren Motivationstheorien109 gehabt (vgl. Conrad,
1990, S. 245; Rosenstiel, 1991(c), S. 148).
Trotz teilweise heftiger Kritik (z.B. mangelnde empirische Absicherung) hat speziell die Zwei-FaktorenTheorie einen entscheidenden Anstoß im Anreizdenken herbeigeführt. Das vorher stark vorherrschende
Denken, in externen Anreizen die Motivationsgrundlage zu sehen, wurde zumindest z.T. zurückgedrängt
zugunsten einer Perspektive, die die intrinsische Motivation, also die persönliche Bedürfniserfüllung
durch die Arbeit, in den Vordergrund stellt. Sie gibt Anregungen für neue Wege im
Vorgesetztenverhalten und in der Arbeitsorganisation zur Leistungsmotivation der Arbeitnehmer (vgl.
Staehle, 1990, S. 207; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 482f).
108
Motive sind die Vorstellungen eines latent vorhandenen, subjektiven Mangelgefühls beim Menschen, mit dem
Wunsch, diesen Mangel zu beseitigen. Der Begriff wird oftmals synonym verwendet mit Antrieb, Drang,
Wunsch oder Bedürfnis (vgl. Hentze/Brose, 1990, S. 41; Korndörfer, 1989, S. 216).
109
Die Erkenntnisse der Motivationstheorien geben wichtige Anhaltspunkte für das Erkennen individueller
Zielvorstellungen und das zielgerichtete Steuern der Arbeitnehmer (vgl. Korndörfer, 1989, S. 216).
- 210 -
Wenn die Ziele verfolgt werden, Arbeitszufriedenheit und Leistungssteigerung der Erwerbstätigen zu
erreichen, dann ist eine entscheidende Komponente, daß die Motive der Mitarbeiter aktiviert und ihre
Bedürfnisse befriedigt werden (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 258).
Leistungsmotivierende Funktionen erhalten Wünsche der Arbeitnehmer wie Selbstverwirklichung,
Verantwortung, Freizeit, Entfaltungsmöglichkeiten, die sich nicht über monetäre Anreize erfüllen lassen
und beziehen sich ebenso auf die Gestaltung der Arbeitsorganisation (z.B. job rotation, job
enrichement), der Arbeitszeit und die Mitarbeiterführung (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 257f).
“Aufgrund verschiedener Motivstrukturen und Ansprüche kann das Entgeltsystem bei den Arbeitnehmern zu einer unterschiedlich stark ausgeprägten Anreizwirkung führen. Entsprechend fallen die
Rückwirkungen der individuell wahrgenommenen Anreize auf die gezeigte Leistung aus, wie sie im
Human Resource Cycle dargestellt werden. Der Versuch, die Mitarbeiter über das Entgelt zu
motivieren, wird demnach nur dann gelingen, wenn eine Abstimmung mit den übrigen Politikfeldern des
HRM erfolgt und eine ausreichende Flexibilität des Entgeltsystems sichergestellt wird“ (Liebel/Oechsler,
1994, S. 258).
Große Bedeutung bei der Entgeltfindung hat die Entgeltgerechtigkeit. Nur eine individuell als “gerecht“
empfundene Bezahlung kann die gewünschte Anreizwirkung entfalten. Dabei kommt es einerseits auf
den Ausgleich zwischen der erbrachten Arbeitsleistung und dem bezahlten Entgelt des einzelnen
Arbeitnehmers an, andererseits soll die individuelle Vergütung in einem “gerechten“ Verhältnis zu dem
der anderen Mitarbeiter stehen (vgl. Hentze, 1991(b), S. 70ff).
Leistung wird dabei nicht nur in quantitativen Größen gemessen, sondern der Maßstab muß, soweit es
die Stelle oder Funktion zuläßt (speziell bei Führungskräften), primär das Erreichen strategischer Ziele,
also qualitativ sein. Voraussetzung dafür ist, daß auch die Entgeltsysteme auf die Erreichung solcher
Ziele ausgerichtet sind und nicht nur quantitative (kurzfristige) Ergebnisse belohnen (vgl. Oechsler,
1994(a), S. 299).
In den folgenden Abschnitten werden die strategischen, monetären Vergütungssysteme zur
Leistungsmotivation von Führungs- und Fachkräften näher dargelegt. Auf die persönlichen, immateriellen Motivationsfaktoren wie Führungsstil, intensive Kommunikation und Information der
Mitarbeiter, Kritik und Anerkennung, Delegation von Aufgaben und Verantwortung usw. wird nicht
näher eingegangen, da diese Ausführungen den Rahmen der vorliegenden Arbeit übersteigen würden
und es bereits umfangreiche diesbezügliche Veröffentlichungen gibt. Es darf jedoch nicht unerwähnt
bleiben, daß diese persönliche, immaterielle Beeinflussung der Einstellungen und des Verhaltens der
Mitarbeiter zur Realisierung festgelegter Ziele aufgrund der veränderten Wertstrukturen und des
steigenden Qualifikationsniveaus von besonderer Bedeutung für die Mitarbeiterzufriedenheit und
Leistungsmotivation ist.
- 211 -
3.5.2.4.2.
Strategische Entgeltsysteme zur Leistungsmotivation von Führungs- und Fachkräften
Neben den immateriellen Arbeitsanreizen (z.B. Ausbildungs-, Aufstiegsmöglichkeiten, Führungsstil,
Arbeitszeit-, Pausen- und Arbeitsplatzgestaltung) kommt dem Arbeitsentgelt (z.B. Lohn, Gehalt,
Besoldung) als zentrale monetäre Einkommensquelle - weitere monetäre Anreize sind betriebliche
Erfolgsbeteiligungen, Sozialleistungen u.a.m. - der Arbeitnehmer eine entscheidende Bedeutung zu (vgl.
Staehle, 1990, S. 754; Thommen, 1990, S. 509f).
Die generelle Zielsetzung betrieblicher Entgeltgestaltung liegt darin, ein Gleichgewicht zwischen dem
Arbeitsentgelt als Leistungsanreiz oder Gegenwert sowie der Arbeitsbelastung als individuellen Beitrag
betrieblicher Zielsetzungen zu ermöglichen. Dabei hat das Entgelt die schwierige Aufgabe zu lösen,
einerseits die individuellen Reaktionen auf die Entgeltgestaltung (z.B. Leistungsabgabe, -motivation,
Unzufriedenheit) und andererseits die betriebliche Belastung durch Personalkosten (z.B. steigende
Lohnkosten und -nebenkosten; die letztgenannten Kosten beruhen zu etwa 80 % auf gesetzlichen
Bestimmungen und tarifvertraglichen Vereinbarungen) in Einklang zu bringen (vgl. Berthel, 1995, S.
383f; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 279).
Obwohl in der betrieblichen Praxis zunehmend Konzepte des strategischen Managements vorzufinden
sind, mit dem langfristige Erfolgspotentiale (z.B. Marktanteil, -position, Image, Produktqualität,
Kunden-, Mitarbeiterzufriedenheit) eines Unternehmens erkannt, gesichert und verbessert werden
sollen, basieren die bisherigen Erfolgsbeteiligungen auch für Führungskräfte primär auf kurzfristigen,
quantitativen Erfolgskriterien (z.B. Gewinn, Umsatz, Deckungsbeitrag, ROI, Rentabilität). Finanzielle
Anreize für strategisches Denken und Handeln werden bisher nicht berücksichtigt. Die
Beteiligungsbasen stehen oft im Gegensatz zu den strategischen Planungszielen. Beispielsweise belasten
hohe Investitionen zur Marktanteilssteigerung in einem expandierenden Markt auf Jahre hinaus die
Gewinnerzielung. Bei einem erheblichen operativen Erfolgsanteil (z.B. bis zu 50 %) kann nicht erwartet
werden, daß Führungskräfte eine Politik zu Ungunsten ihres Einkommens betreiben. Unter dieser
Prämisse ist keine effiziente Durchführung der strategischen Unternehmensführung möglich, da ein
spezielles Erfolgsbeteiligungssystem, ausgerichtet am strategischen Management, fehlt (vgl. Berthel,
1995, S. 412f).
Ein strategisches Entgeltsystem zielt auf die Frage, welche Leistungen belohnt werden sollen. Die
inhaltliche Ausgestaltung der erwarteten und zu belohnenden Leistungsbeiträge hängt von der gewählten
Unternehmens- oder Wettbewerbsstrategie ab und betrifft die Beschäftigten aller Hierarchieebenen. Die
Betroffenen müssen wissen, welches Verhalten von ihnen erwartet und durch das Anreizsystem
entsprechend abgestuft belohnt wird (vgl. Elsik, 1992, S. 159).
Die strategischen Anreizsysteme sollen die strategischen Programme zur Entwicklung von
Nutzungspotentialen und Erfolgspositionen aus klar vorgegebenen Unternehmenszielen unterstützen, um
- 212 -
das Unternehmen in eine vordefinierte Richtung zu lenken, soweit die Umfeld- und speziell die
Unternehmensentwicklungen vorauszusehen sind (vgl. Bleicher, 1992, S. 11).
Vor allem die Entwicklung neuer und zukunftsführender Erfolgspotentiale erfordert eine langfristige
Betrachtungsweise und ein unternehmenspolitisches Instrumentarium, das vorrangig qualitative Aspekte
berücksichtigt (vgl. Bleicher, 1992, S. 12).
In der Wirtschaftspraxis sind vielfältige Formen, Methoden und Systeme zur (individuellen)
Entgeltbestimmung vorzufinden (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 696), ggf. unterteilt in feste und
variable110 Vergütungsbestandteile. Auf die vielfältigen “betriebsindividuellen“, überwiegend kurzfristig
orientierten, quantitativen Provisionsregelungen im Kfz-Gewerbe, wie beispielsweise unterschiedlich
ausgestaltete, singuläre Umsatz- und Bruttoertragsprovisionen sowie Mischformen aus beiden für
Verkaufs- sowie Kundendienstberater wird nachfolgend nicht ausführlicher eingegangen. Bei den
meisten Provisionsregelungen werden qualitative Kriterien (z.B. fachliche Kompetenz, Arbeitsqualität,
Freundlichkeit, Kundenzufriedenheit) und vor allem strategische Ziele (z.B. Kunden-,
Mitarbeiterbindung, Personalentwicklung), u.a. aufgrund der Schwierigkeit, sie zu ermitteln, kaum
berücksichtigt.
Entsprechend dem Michigan-Ansatz wird im folgenden vorrangig auf die strategische Ausrichtung der
Anreizsysteme, insbesondere im Zusammenhang mit der strategischen Vergütung für Führungskräfte,
näher eingegangen.
3.5.2.4.2.1. Strategisch orientierte, variable Vergütungssysteme für Führungskräfte
Mit der Integration des Entgeltsystems in die strategische Unternehmensführung wird angestrebt, den
Führungskräften ein besseres Verständnis von den Zusammenhängen zwischen strategischer Leistung
und Erfolgsbeteiligung zu vermitteln und damit die individuellen Ursachenzurechnungen im
Motivationsprozeß sowie die Belohnungszuteilungen transparenter zu gestalten (vgl. Becker, 1987, S.
167f).
Es lassen sich verschiedene Ansätze von Anreizsystemen unterscheiden, die in die strategische
Unternehmensführung integriert werden können. Durch gezielte Abänderung einiger Faktoren des
Anreizsystems sollen die Führungskräfte situationsentsprechend motiviert werden, sich strategieorientiert
zu verhalten (vgl. Hentze, 1991(b), S. 117f).
Eine starre Pauschalregelung der leistungsbezogenen, strategischen Anreizsysteme kann den
unterschiedlichen Aufgabenprofilen von Führungskräften nicht gerecht werden, da einige von ihnen in
erster Linie Aufgaben bekleiden, die strategisches Denken und Handeln erfordern, während andere
110
Bei der variablen (oder freiwilligen, übertariflichen) Vergütung sichert das Unternehmen dem Mitarbeiter einen
Teil des Jahreseinkommens als sogenanntes Fixgehalt zu. Den anderen Teil, d.h. die Höhe der variablen
Entlohnungskomponente, kann der Betreffende - im Rahmen der vorher festgelegten Bandbreite - durch seine
persönliche Leistung aktiv beeinflussen. Dieses Anreizinstument erfordert von der Führungskraft zum einen
mehr Risikobereitschaft, zum anderen wird ihm mehr Verantwortung übertragen (vgl. o.V., 1989(b), S. 240).
- 213 -
schwerpunktmäßig für die operative Durchführung strategischer Vorgaben verantwortlich sind. Deshalb
bedarf es einer den individuellen Aufgabenstellungen gerecht werdenden Feinsteuerung des
Führungsverhaltens. Daraus ergibt sich ein hoher Differenzierungsbedarf praktikabler Lösungen (vgl.
Bleicher, 1992, S. 15).
Jedoch ist es problematisch, qualitative strategische Zielgrößen möglichst operational, verhaltensgerecht
und -fördernd, in Leistungsbewertungs- und Entgeltsystemen zu erfassen. Deshalb wird diese
Übertragung auch häufig vernachlässigt. Das bedeutet einen Verzicht auf eine gezielte, strategisch
orientierte Verhaltensförderung und aussagekräftige Leistungskriterien zugunsten kurzfristig
manipulierbarer, operativer Erfolgsfaktoren (vgl. Becker, 1987, S. 167).
Anstelle der bisher praktizierten Anbindung von Sollgrößen an Branchenführer bzw. -kollegen, die
gegenwärtige Ertragssituation oder an die überschaubare Zukunftsentwicklung etc. empfiehlt es sich,
durch eine (teilweise) Abkehr von den Zahlen des Rechnungswesens variable Entgeltbestandteile für
Führungskräfte direkt an strategischen Sollgrößen festzumachen. Dabei wird von der Grundidee
ausgegangen, daß die Führungskräfte im gewissen Rahmen nach dem Grad der Erreichung strategischer
Ziele (z.B. Marktanteils-, Produktivitätsziele) entlohnt werden. Dies setzt voraus, daß die
Unternehmensziele zuvor präzise festgelegt und von den Betroffenen akzeptiert worden sind (vgl.
Bleicher, 1992, S. 25; Hagenauer, 1995, S. 324f).
Eine weitere Schwierigkeit bei der Gestaltung und Implementierung eines strategischen Anreizsystems
besteht darin, daß strategische Erfolge häufig erst nach mehreren Jahren eintreten, erst dann bewertet
werden können und zu Belohnungen führen. Jedoch wirken Anreize motivational am stärksten, wenn
unmittelbar nach der Handlung eine Belohnung erfolgt; eine Erfolgsbeteiligung, die z.B. erst in fünf
Jahren bezahlt wird, ist für die gegenwärtige Motivation nur von geringer Bedeutung. Daraus folgt, daß
ein umfassendes Vergütungssystem für Führungskräfte verschiedene Planungszeiträume und
Anforderungen berücksichtigen muß (vgl. Berthel, 1995,
S. 413; Hentze, 1991(b), S. 111).
Bei der Art von strategischen Zielen, die in einem solchen Anreizsystem verfolgt und in der
Zielerreichung vergütet werden sollen, muß differenziert werden zwischen Segmentierung - einzelne
abgrenzbare Bereichsergebnisse werden prämiert - und Integration - die Zusammenarbeit mit anderen
Funktionsbereichen zur gemeinsamen Zielerreichung wird prämiert. Während die Segmentierung als
Gestaltungsprinzip strategischer Anreizsysteme den vertikalen Aufbau einer Unternehmensstrategie aus
seinen einzelnen Bereichsstrategien betont und anreizmäßig unterstützt, stellt die Integration auf die
horizontale Verbindung einzelner strategischer Beiträge zur Unternehmensstrategie ab; sie betont das
Netzwerk gegenseitiger Abhängigkeiten und will die Zusammenarbeit unter den Beteiligten fördern (vgl.
Bleicher, 1992, S. 31). Gerade bei der zunehmend prozeßorientierten Organisationsstruktur bekommt
die Integration der strategischen Anreizsysteme eine steigende Bedeutung.
- 214 -
Ein weiteres wichtiges Gestaltungskriterium strategischer Anreizsysteme sind die involvierten
Beteiligungsfelder, d.h. die `Unternehmensbereiche´, deren Leistung in die Ermittlung der jeweiligen
Erfolgsbeteiligung eingeht (z.B. übergeordnete Funktionsbereiche, die Bereiche der jeweiligen
Führungskraft, Individualleistung). Über Art, Anzahl und Kombination der Beteiligungsfelder ist im
Einzelfall zu entscheiden (vgl. Elsik, 1992, S. 161).
Die Vergütung kann in strategischen Anreizsystemen an jeweils einer Ziel- und Erfolgsgröße oder einem
Bündel mehr oder weniger miteinander verbundener Größen festgemacht werden (vgl. Bleicher, 1992,
S. 33). I.d.R. werden etwa fünf besonders erfolgsrelevante Ziele vereinbart, für die es dann
entsprechend abgestufte, umfangreiche Boni gibt (vgl. Hagenauer, 1995, S. 325).
Um die angeführten Probleme zu lösen, sind Vergütungssysteme zu entwickeln und zu praktizieren, die
das gesamte Spektrum an strategischen Aufgaben einbeziehen (vgl. Becker, 1987,
S. 167). Ziel der strategisch ausgerichteten Erfolgsbeteiligungen muß es sein, eine bestmögliche
Abstimmung zwischen Unternehmensstrategie und Entlohnung zu erreichen (vgl. Steinmann/
Schreyögg, 1993, S. 711) sowie damit den Planungsprozeß enger an das Motivations- und Belohnungssystem anzubinden.
Im Mittelpunkt stehen dabei ganzheitliche Entlohnungskonzepte, wie z.B:
- Verknüpfung der Vergütung mit den unternehmerischen Zielen,
- Unterteilung der Vergütung nach leistungsabhängigen Kriterien,
- Einbeziehung nicht-monetärer Anreize in die Entgeltsysteme,
- Individualisierung von Entgeltbestandteilen und Incentives (Cafeteria-Ansatz)
(vgl. Krull, 1992, S. 39).
Um einen motivierenden Effekt auf das Verhalten der Führungskräfte zur Entwicklung und Umsetzung
von Strategien zu erreichen, bedarf es der Festlegung und Dokumentation vorabbestimmter bzw. zu
bestimmender (Anreiz-)Ziele, basierend auf und konsistent mit dem jeweiligen strategischen Plan der
zugehörigen Bereiche. Die einzelnen Ziele werden in ihrer Bedeutung zueinander gewichtet, so daß auch
die übergeordnete Unternehmensstrategie angemessen unterstützt werden kann (vgl. Becker, 1987, S.
168). Ohne ein abgestimmtes, durchgehendes Konzept der Leistungsvorgaben und -bewertung können
variable, leistungsabhängige Entgeltmodelle nicht durchgeführt werden (vgl. Becker, 1987, S. 168;
Krull, 1992, S. 39).
Unter Berücksichtigung des vorhandenen Budgets und der Marktgegebenheiten muß nach den
Abstufungen der Arbeitsbewertung (des Tarifvertrags sowie der außertariflichen Einstufung) die
Entgelthöhe festgelegt werden. Zur Erhöhung der Anreizwirkung ist eine stärkere Betonung der
variablen Vergütungsbestandteile vorzusehen (vgl. Krull, 1992, S. 39f), die der Betreffende durch seine
persönliche Leistung beeinflussen kann.
- 215 -
Durch die Teilnahme der Führungskräfte am Zielsetzungs- und Leistungsbewertungsprozeß soll
Verständnis und Akzeptanz für die Belohnungsberechnungen geschaffen werden. Das betrifft
insbesondere auch den Ausgleich zwischen operativen, finanziellen sowie langfristigen, strategischen
Ergebnisleistungen, die Gewichtung des relativen Schwierigkeitsgrads je nach Geschäftsbereich, die
Betonung der Marktentwicklung und die Notwendigkeit der unternehmensinternen Vergleichbarkeit der
einzelnen Entgeltpläne und Belohnungshöhen (vgl. Becker, 1987, S. 168f). In Abb. 16 ist ein Beispiel
für ein unternehmensplanbezogenes, strategisch orientiertes Vergütungssystem für Führungskräfte
dargelegt.
Abb. 16: Beispiel für ein strategisch orientiertes Entgeltsystem für Führungskräfte mit fixen und
variablen Vergütungsbestandteilen
Komponenten im primär unternehmensplanbezogenen Vergütungssystem für Führungskräfte:
1) Unmittelbar monetäre Jahresbezüge
- feste Vergütung (=Grundgehalt): nach Anforderungs-, Fähigkeitsprofil, Marktgegebenheiten;
- variable Vergütung I (z.B. max. 2/3*): nach Grad der Erfüllung operativer Ziele des eigenen
organisatorischen Bereichs, z.B. Unternehmensgewinn, Umsatzrendite, Deckungsbeitrag;
- variable Vergütung II (ca. 1/6*): nach Umfang und Qualität der Erreichung strategischer Ziele oder
persönlicher Arbeitsziele, z.B. Marktanteil, Mitarbeiterförderung, Verbesserung des eigenen
Führungsverhaltens;
- variable Vergütung III (ca. 1/6*): bei Erfüllung oder Überschreitung operativer Ziele der jeweils
übergeordneten organisatorischen Einheiten, z.B. Erhöhung des Bekanntsheitgrades des Unternehmens.
2) Zusatzleistungen
- Altersversorgung
- Sondernutzungsrechte: Dienstwagen, -wohnung, Firmenkredite, Telefonvergütung
* bezogen auf das Jahresgehalt oder eine festgelegte Höchstgrenze
Quelle: in Anlehnung an Hopfenbeck, 1990, S. 650
Im Einzelnen ist dazu auszuführen:
ad 1) Unmittelbar monetäre Jahresbezüge
- variable Bezüge im Rahmen des operativen Anreizsystems
Die Instrumente des operativen Anreizsystems zielen auf die kurz- bis mittelfristigen Erfolgsgrößen des
Unternehmens. Als Bemessungsgrundlage bieten sich in der Praxis beispielsweise Bezugsgrößen wie
Gewinn, Rentabilität, Umsatzerlös und Deckungsbeitrag III an (vgl. Hentze, 1991(b), S. 114).
- variable Bezüge im Rahmen des strategischen Anreizsystems
- 216 -
Bei langfristigen, leistungsbezogenen Anreizsystemen wird die Belohnung von der Erreichung genau
festgelegter langfristiger Unternehmensziele abhängig gemacht (z.B. Wachstumsziele für 3-5 Jahre) (vgl.
Hentze, 1991(b), S. 116). Erfolgskriterien sind beispielsweise: strategische Ergebnisse, strategische
Entwicklung, strategische Programme bzw. Arbeitsqualität, Personalentwicklung, Marketingressourcen
(vgl. Becker, 1987, S. 169).
Zur Vervollständigung des Entgeltsystems kann neben der Leistungsbewertung der Organisationseinheit
auch noch eine individuelle Leistungsbewertung über die beteiligten Führungskräfte durchgeführt werden
(vgl. Becker, 1987, S. 171ff).
Individuelle Leistungsfaktoren für das Führungspersonal sind beispielsweise:
- Leistungsengagement,
- strategisches Denken; kurz- und langfristige Bewertung von Risiken und Nutzen,
- Leistungsvorbild,
- Handeln (making things work),
- Urteilsvermögen und Sensibilität für Mitarbeiterprobleme,
- Personalführung; Ermutigung und Unterstützung von Untergebenen,
- Kommunikationsvermögen
(vgl. Becker, 1987, S. 171).
Damit beruht die Leistungsbewertung für Führungskräfte nicht allein auf den Ergebnissen der von ihnen
(mit-)geleiteten Unternehmensbereiche (vgl. Becker, 1987, S. 171f).
ad 2) Zusatzleistungen
In einigen Entlohnungssystemen sind als weitere Bausteine übertarifliche, freiwillige Zusatzleistungen
(z.B. Urlaubsgeld, zusätzliche Altersversorgung, Firmenwagen, vermögenswirksame Leistungen,
betriebliche Zuschüsse) enthalten, die im Rahmen der festgelegten Wertgrenzen von den Begünstigten
frei ausgewählt werden können (siehe auch nachfolgend erläuterten Cafeteria-Ansatz). Dieser
individuelle Gestaltungsspielraum erhöht die Leistungsmotivation, die Bindung der Mitarbeiter und ihr
unternehmerisches Handeln, z.B. Verzicht auf Gehaltserhöhung zugunsten einer Altersversorgung oder
eines Firmenwagens (vgl. Krull, 1992, S. 40).
Insgesamt hat die Ausgestaltung strategischer Anreizsysteme unternehmensindividuell zu erfolgen. Dabei
sind nicht nur die organisatorischen und unternehmenskulturellen Rahmenbedingungen und
Führungssysteme different, sondern auch die unternehmenspolitischen Intentionen und strategischen
Ausgangsbedingungen. Neben den Unterschieden in den einzelnen Funktionsbereichen ist auch die
Individualität einzelner Führungskräfte in ihrem Streben und Verhalten abweichend. Diese Differenzen
erschweren die Ausgestaltung eines strategischen Anreizsystems (vgl. Bleicher, 1992, S. 27).
Je stärker das Streben nach einer Förderung unternehmerischen Verhaltens im Unternehmen ausgeprägt
ist, um so höher sollte der flexible Anteil der Vergütung - nach oben wie nach unten - und um so
- 217 -
geringer die Abpufferung bei schlechten Ergebnislagen durch eine Definition von “Besitzstandsgarantien“
sein (vgl. Bleicher, 1992, S. 32).
An die Stelle fixierter Vorgaben von Entgeltbestandteilen traten in den vergangenen Jahren verstärkt
bedingte Wahlmöglichkeiten der Erfolgsbeteiligung entsprechend der individuellen Nutzenfunktionen
(vgl. Bleicher, 1992, S. 35; Bühner, 1994, S. 337). Dafür eignen sich vor allem flexible Entgeltsysteme
(sog. Cafeteria-Systeme). Die Arbeitnehmer erhalten dabei die Möglichkeit, aus einer Reihe
vorgegebener sozial- und/oder übertariflicher Leistungen (Geld, Sozialleistungen, Altersvorsorge,
Firmendarlehen, -wagen, Freizeit u.a.m.) entsprechend den persönlichen Bedürfnissen, Präferenzen und
Interessenlagen eine oder mehrere Komponenten individuell auszusuchen (vgl. Berthel, 1995, S. 410;
Conrad/Pieper, 1990(b), S. 281; Drumm, 1992, S. 437). Die Personalkosten sind bei diesem flexiblen
Entgeltsystem eine vorher festgesetzte, konstante Größe für das Unternehmen (vgl. Berthel, 1995, S.
410).
Der persönliche Nutzen der Entlohnung und damit verbunden der Motivationseffekt wird durch die
Wahlmöglichkeiten der Arbeitnehmer erhöht. Durch Berücksichtigung der steuerlichen Auswirkungen
(z.B. Wahl einer steuerfreien Alternative) ist ggf. auch indirekt eine Erhöhung des individuellen
Entgeltbudgets - höheres Netto- bei konstantem Bruttoeinkommen - möglich (vgl. Bühner, 1994, S.
338; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 282). Mitarbeiter zeigen sich oft bereit, auf eine Einkommenserhöhung
zu verzichten, wenn sie dafür eine persönlich höher bewertete Gegenleistung bekommen (vgl.
Beyer/Schaffron, 1991, S. 22).
Die flexiblen Entgeltsysteme werden bisher nur vereinzelt angewendet. Beispielsweise findet das
Cafeteria-System auch in Kfz-Betrieben aufgrund gesetzlicher und gewerkschaftlicher Restriktionen in
Deutschland hauptsächlich im Bereich freiwilliger betrieblicher Sozialleistungen Anwendung (vgl.
Conrad/Pieper, 1990(b), S. 282). Teilweise erhalten die Führungs- und hochqualifizierten Fachkräfte
wie Automobilverkäufer, Kundendienstberater etc. die Möglichkeit, anstelle eines höheren
Monatsentgelts wahlweise einen Dienstwagen zur privaten Nutzung zu bekommen.
3.5.2.4.2.2. Leistungsabhängige Entgeltkonzepte für Fachkräfte aufgrund neuer prozeßorientierter Organisationsformen
Durch veränderte sozio-ökonomische Rahmenbedingungen und schlankere Unternehmensstrukturen
(z.B. flachere Hierarchien, vermehrte Teamarbeit) ist in der Praxis nicht nur bei Führungs-, sondern
auch bei Fachkräften eine relative Abnahme der reinen Zeitlohnvergütung111 zugunsten einer Zunahme
111
Der Zeitlohn ist die älteste und auch im Kfz-Gewerbe mit Abstand weitverbreitetste elementare Entlohnungsform.
In der Praxis findet man ihn in Form des Stunden-, Tages-, Wochen-, Monatslohns etc. sowie als Monatsgehalt.
Dem Arbeitnehmer wird für die Bereitstellung seiner Arbeitskraft ein konstanter Lohnsatz für eine festgelegte
Zeiteinheit bezahlt, unabhängig von der in dieser Zeit geleisteten Arbeitsmenge und -güte (vgl. Berthel, 1995, S.
390; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 280).
- 218 -
verschiedener, unternehmensindividueller Prämienlohnformen zu verzeichnen (vgl. Berthel, 1995, S.
394; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 708). Dabei werden weniger Einzelaufgaben im Sinne Taylors
bewertet, sondern zunehmend Gruppenaufgaben. Diese Entlohnungssysteme haben das Ziel, die
Produktivität, die Mitarbeiterzufriedenheit und
-motivation sowie die Kundenzufriedenheit zu fördern.
Speziell für die Erfüllung der Kundenbedürfnisse sind in erster Linie die Beratungs- und Begegnungsqualität verantwortlich, die das Betreuungsteam - bestehend aus Kundendienst- und
Verkaufsberater (siehe auch Kapitel 3.4.1.4.1.) - dem Kunden vermittelt. Motivierte, kundenorientiert
arbeitende Teams schaffen einen hohen Erfolg für Marke und Händlerbetrieb. Um fortlaufend die
Begeisterung des Teams für die anspruchsvolle Kundenbindung sicherzustellen, bedarf es einer
leistungsgerechten Entlohnung, die neben quantitativen Kriterien vor allem auch qualitative Aspekte
berücksichtigt. Gerade die heute praktizierten Verkäufer-Entlohnungsmodelle orientieren sich vorrangig
an Stückzahlen und Bruttoerträgen und berücksichtigen in den seltendsten Fällen die
Kundenzufriedenheit. Serviceberater bekommen bisher kaum die Qualität ihrer Kundenbetreuung
honoriert. Deshalb empfiehlt es sich, ein Entlohnungsmodell zu konzipieren, welches mit einem
erheblichen variablen Anteil versehen ist, um so die jeweilige Beratungs- und Betreuungsqualität stärker
zu berücksichtigen.
Als quantitative und qualitative Bewertungskriterien können für die Mitarbeiter eines Betreuungsteams
beispielsweise herangezogen werden:
a) Fahrzeugverkauf
Neuakquisition, Lagerwagenverkauf, Bruttoertrag, Kundenzufriedenheit, -bindung;
b) Service- und Teilebereich
Lohn- und Teileerlöse, Prämien für Zubehörverkauf, Kundenzufriedenheit,- bindung (vgl. Loo, 1994, S.
42).
In das Entlohnungsmodell ist unbedingt das von den meisten Kfz-Herstellern/-Importeuren regelmäßig
(meist halbjährig oder jährlich) erhobene Kundenzufriedenheitsergebnis (Customer Satisfaction Index)
einzubeziehen. Die darin ermittelte Betreuungsqualität als Index für eine variable Vergütung sichert das
Geschäft für die Zukunft. In dem Augenblick, in dem ein Team nur auf die Quantität der Geschäfte
achtet, greift automatisch der Selbsregulator über den Lohnabzug aufgrund des fallenden Index (vgl.
Loo, 1994, S. 42).
Zur kurzfristigen (wöchentlichen, monatlichen), qualitativen Leistungsbeurteilung bietet sich darüber
hinaus ein intern durchgeführter Telefonreport durch speziell geschulte Mitarbeiter sowie
Kundenfragebögen an. Mit Hilfe dieser Instrumente wird beispielsweise eruiert, inwieweit die Kunden
mit der Arbeitsqualität, Bedienungsfreundlichkeit, Beratungsqualität, Termineinhaltung etc. zufrieden
sind. Häufige Reklamationen und Nachbesserungen sind Indizien für Kundenunzufriedenheit (vgl.
- 219 -
Beyer/Teltschik, 1994, S. 19) und führen eher zu einer Verhaltensänderung bei den Verursachern, wenn
sie sich monetär negativ auswirken.
Für die Verteilung einer Gruppenprovision innerhalb des Teams sind unterschiedliche Varianten möglich.
Entweder wird nach Anzahl der Mitarbeiter oder im Verhältnis der Lohnsummen, unter
Berücksichtigung einer Leistungsbeurteilung, oder nach Anwesenheitszeiten differenziert.
Innerhalb eines Teams wie auch im gesamten Unternehmen sollte jedoch die gesamte Belegschaft am
Erfolg finanziell partizipieren, denn ein schlecht funktionierender, demotivierter Innendienst (sog. Service
Center mit Spezialisten) kann die Erfolge der besten Vertriebskräfte zunichte machen. Ungleiche
Verdienstchancen und das Gefühl, für andere arbeiten zu müssen, während diese dafür belohnt werden,
sind keine guten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit (vgl. Beyer/Teltschik, 1994, S.
19).
Bei sog. indirekten Mitarbeitern, die keinem Profit Center bzw. Team zugeordnet werden können, kann
z.B. anhand einer Leistungsbeurteilung die Prämie ermittelt werden. Mit Hilfe genau spezifizierter
Beurteilungskriterien können auch Buchhalter und Fuhrparkleiter eingestuft werden (vgl.
Beyer/Teltschik, 1994, S. 19).
Bei Mitarbeitern der Verwaltung können die anderen Abteilungen als deren “Kunden“ über die Qualität
der gebotenen Leistungen urteilen (Prinzip der internen Kundenorientierung) (vgl. Beyer/Teltschik,
1994, S. 20).
Nicht nur für die Mitarbeiter der Beratungsteams, sondern auch für produktive Kräfte in der Werkstatt
können leistungsorientierte Entgeltsysteme erstellt werden. Neben den bisher in einigen Kfz-Betrieben
bereits angewandten quantitativen Beurteilungskriterien für einzelne Monteure oder Werkstatteams wie
Leistungsgrad112, Umsatzsteigerung und Kostensenkung, bieten sich beispielsweise qualitative Kriterien
wie Arbeitsqualität, Beratungsqualität, Termineinhaltung, Kundenzufriedenheit, Sauberkeit etc. an, die
ebenfalls mit Hilfe des Telefonreports oder eines Kundenfragebogens ermittelt werden können. Neben
den rein monetären Leistungen können den Mitarbeitern auch Anerkennungen in Form von
Sachleistungen gewährt werden, wie beispielsweise Direkt-/Zusatzversicherung, Eigenbenutzung der
Werkstatt, zusätzlicher Urlaubstag, Dienstwagen, hochwertiges Fahrzeug für ein Wochenende und
Incentives.
Zukünftig wird es keine starren Entgeltsysteme mehr geben. Die Betriebe werden immer stärker selbst
zuständig für die Entgeltfestsetzung. Dabei ist es wichtig, daß die Mitarbeiter das Entgeltsystem
112
Beim Leistungsgrad handelt es sich um das Ausmaß, in dem die individuellen Leistungsfaktoren (Faktoren des
Wollens und Könnens) zur Erbringung eines Arbeitsergebnisses entfaltet werden. Formal kann der Leistungsgrad auch als (prozentuales) Verhältnis der tatsächlichen (persönlichen) (Ist-)Leistung zur (vorgegebenen)
Normal-/Solleistung definiert werden (vgl. Berthel, 1995, S. 388). Für die meisten Arbeitspositionen (z.B.
Inspektionen und Reparaturen) geben die Kfz-Hersteller/-Importeure feste Vorgabezeiten an. Diese Angaben zu
den Arbeitswerten (AW) beziehen sich auf die sog. Normalleistung (vgl. Brachat, 1988, S. 243).
- 220 -
verstehen und als gerecht empfinden. Deshalb sollten sie und der Betriebsrat schon bei der Konzeption
einbezogen werden.
Der Tarif darf für die Betriebe weniger eine Norm als ein Hilfsmittel für gerechte Lohnfindung sein; der
Tarifvertrag hat somit Orientierungsfunktion. Auch die Gewerkschaften erkennen mittlerweile
Handlungsbedarf bei der Reform des Tarifsystems.
3.5.2.4.2.3. Kritische Betrachtung strategisch orientierter, finanzieller Anreize
Zukünftig wird unternehmerisches Denken nicht ausschließlich die Aufgabe von Top-Managern sein.
Flachere Hierarchien und eine zunehmende Anzahl kleinerer, eigenständiger Unternehmenseinheiten
(z.B. teilautonome Arbeitsgruppen, Profit Center, Beratungsteams) setzen voraus, daß jede Fach- und
Führungskraft unternehmerische Qualitäten entfaltet (vgl. o.V.,1989(b), S. 240). Deshalb versuchen
innovative Unternehmen mit neuen, teilweise erheblichen Vergütungsanreizen ihre Mitarbeiter zu mehr
Initiative, größerer Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft zu motivieren (vgl. Plüskow, 1989, S.
237).
Die heutigen Entgeltsysteme mit ihren leistungsunabhängigen, festen Bezügen sind jedoch weder
bedürfnis- noch marktkonform. Nur ein kreatives und flexibles Entgeltsystem motiviert die Mitarbeiter
und senkt die Lohnkosten je Einheit über erfolgsorientierte Lohnerhöhungen. Ein isoliertes Entgeltsystem
hat wenig Aussicht auf Erfolg, es muß vielmehr in Verbindung mit Gruppenarbeit und/oder einer
größeren Verantwortung stehen.
Bei den herkömmlichen monetären Anreizsystemen basiert der erfolgsabhängige Teil häufig auf
operativen Erfolgskriterien übergeordneter Unternehmensbereiche. Anreize zum strategischen Denken
und Handeln werden damit nicht geboten (vgl. Becker, 1987, S. 166).
Strategisch ausgerichtete Entgeltsysteme dienen vor allem der Förderung von Leistungen und der
Bindung von qualifizierten Mitarbeitern an das Unternehmen. Bei der Vielzahl möglicher Bewertungsmodelle in den Anreizsystemen ist die leistungsbelohnende Vergütung im Prinzip in allen
Unternehmensbereichen einsetzbar (vgl. Krull, 1992, S. 39f).
Voraussetzung ist eine genaue Zielvorgabe und ihre gemeinsame Abstimmung. Sonst fehlt einem
strategischen Anreizsystem der Bezugspunkt für eine Überprüfung erreichter Fortschritte und die
beiderseitige Verbindlichkeit (vgl. Bleicher, 1992, S. 28).
Da die effiziente Gestaltung und die Einführung von ausdrücklich vereinbarten und auf objektiv
meßbaren individuellen Leistungsindikatoren basierende Entlohnungssysteme zunehmend schwieriger
wird, kann eine individuell leistungsbezogene Entlohnung oft nur noch anhand der subjektiven
Leistungsbewertung (durch Vorgesetzte) durchgeführt werden (vgl. Soltwedel, 1995, S. 13).
- 221 -
Die gegenwärtige Diskussion über variable Vergütungen für Führungskräfte fokussiert sich auf das
Problem des Einbeziehens langfristig strategischer Erfolgsgrößen, die in einer Art situativem Mix mit
kurzfristig-operativen Faktoren stehen sollen, um eine individuelle Verhaltenssteuerung herbeizuführen.
Bei den bisher bekannten Modellen werden jedoch lediglich Verhaltensweisen der StrategieRationalisierung belohnt. Ebenso wichtige Aufgaben wie das Entwickeln und Planen neuer Strategien
sowie innovativer Ideen werden in den Anreizsystemen nicht berücksichtigt. Diese Einschränkungen
einer variablen Entgeltregelung für Führungskräfte verdeutlicht auch die Grenzen dieser Konzepte. Trotz
aller langfristig-strategischen Komponenten liegt der eindeutige Schwerpunkt auf der erfolgreichen
Umsetzung von Zielen und Innovationen (vgl. Bleicher, 1992, S. 25).
In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird zwar die Integration der Zielgrößen der strategischen
Unternehmensführung als Beteiligungsbasen in ein Erfolgsbeteiligungssystem für Führungskräfte
gefordert, aber konkrete Umsetzungsvorschläge (z.B. bzgl. Bemessungsgrundlage bzw. operationale
Erfolgskriterien) fehlen bisher (vgl. Becker, 1987, S. 167; Berthel, 1995, S. 414).
Die Gefahr solcher variablen Entgeltregelungen liegt häufig in einer Überbetonung der “harten“
Erfolgsfaktoren mit einer Neigung zur Überlastung der Beschäftigten. Die Sozialkompetenz im
Führungsverhalten und die Betonung der Personalentwicklung zur langfristigen Förderung einer
innovativen Kompetenz zur Lösung unvorhersehbarer Entwicklungsperspektiven wird kaum
berücksichtigt (vgl. Bleicher, 1992, S. 25).
Seit einigen Jahren gibt es in der Praxis Beispiele dafür, daß die Entlohnungshöhe nicht mehr nur am
Anforderungsgrad des Arbeitsplatzes und Leistungsgrad des Mitarbeiters ausgerichtet wird, sondern
verstärkt am betriebsrelevanten Qualifikationsspotential der Mitarbeiter (sog. Polyvalenz-Lohn) (vgl.
Pullig, 1993, S. 95; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 709). Manche Arbeitnehmer können durch diese
veränderte Entlohnungsbasis animiert werden, sich weitere Qualifikationen anzueignen, auch wenn sie
diese Kompetenzen an ihrem jetzigen Arbeitsplatz derzeit nicht benötigen (vgl. Gaugler, 1987(a), S.
83). Belohnt wird bei diesem System die erhöhte Flexibilität für den Einsatz bei unterschiedlichen
Tätigkeiten oder an verschiedenen Arbeitsplätzen (vgl. Berthel, 1995, S. 389; Bühner, 1994, S. 310;
Conrad/Pieper, 1990(b), S. 281). Diese neuere Entlohnungsform bietet sich vor allem für solche
Arbeitnehmer an, die in der Lage sind, auch Tätigkeiten aus dem Aufgabengebiet anderer
Arbeitsgruppen oder Teams zu übernehmen.
Ferner treten anstelle großer Prämien zunehmend Belohnungen in unregelmäßigen Abständen, die
umgehend und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt gewährt werden. Man hat erkannt, das kleine
Aufmerksamkeiten (z.B. Gutschein für ein opulentes Essen mit der Familie, persönliches
Anerkennungsschreiben von der Geschäftsführung) oft wirkungsvoller sind als große. Sie demotivieren
auch nicht die Mitarbeiter, die nichts bekommen haben, aber meinen, sie hätten es auch verdient (vgl.
Zander, 1993, S. 560).
- 222 -
Da - wie bereits erwähnt - das Entgelt, selbst in Verbindung mit verschiedenen freiwilligen sozialen
Leistungen, von einem Teil der Belegschaft verstärkt als selbstverständlich angesehen wird und nicht
mehr als besonderes Motiv zur Leistungssteigerung wirkt, muß frühzeitig darüber nachgedacht werden,
mit welchen sonstigen, immateriellen Anreizen qualifizierte Fach- und Nachwuchskräfte für das
Unternehmen zu gewinnen, zu halten und zeitgemäß zu motivieren sind.
3.6. Zusammenfassung
Die sozio-ökonomischen Umfeldveränderungen erfordern die Einführung einer umfassenden
strategischen Planung. Wenn die strategische Unternehmensführung erfolgreich sein soll, muß sie
zukünftig ganzheitlich konzipiert und realisiert werden. Qualifizierte und motivierte Arbeitnehmer stellen
immer mehr das wichtigste Kapital eines Unternehmens dar (vgl. Spannagl, 1993, S. 76). Die
traditionelle Personalarbeit in Form der reaktiven, vorwiegend operativen Personalverwaltung ist dabei
überfordert. Gefragt sind neue zukunftsweisende Konzepte des qualitativen und strategischen
Personalmanagements (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 26).
Das Hauptziel der strategischen Unternehmensführung muß es sein, neben dem Streben nach Gewinn,
Wirtschaftlichkeit und Liquidität zudem für zukünftige Erfolgspotentiale zu sorgen. Mögliche
Entwicklungen müssen vorausschauend erkannt und ggf. selbst beeinflußt werden, damit das
Unternehmen nicht von den Mitbewerbern vor vollendete Tatsachen gestellt wird (vgl. Bussiek, 1985,
S. 116f).
Dabei muß das Unternehmen sämtliche Unternehmensfunktionen am Wertschöpfungsprozeß ausrichten,
um die externen und internen Interessengruppen besser und schneller zufriedenstellen zu können, als die
Mitbewerber dazu in der Lage sind, um einen strategischen Wettbewerbsvorteil zu erreichen. In der
Unternehmenspraxis sind aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs keine reinen Strategien, die
entweder auf Kostenführerschaft oder Differenzierung beruhen, vorzufinden. Meist handelt es sich um
Mischstrategien in Form einer kostenorientierten Differenzierung.
Die Unternehmensführung und die Führungskräfte beeinflussen durch ihre Vorbildfunktion sehr stark die
Unternehmenskultur. Mitarbeiter erkennen die Unternehmensgrundsätze, Werte und Normen nur an,
wenn sie durch die Vorgesetzten aktiv vorgelebt und praktiziert werden.
Die Vision und die Unternehmenskultur setzen ferner die wesentlichen Rahmenbedingungen bei der
Entwicklung von Human Ressource-Strategien (vgl. Papmehl/Borsczc, 1989,S. 291); darin liegt auch
ein wichtiger Motivationsfaktor für die Mitarbeiter begründet. Nur mitdenkende, kreative und im Team
arbeitende Fach- und Führungskräfte sind in der Lage, sich auf die vielfältigen Kundenbedürfnisse
einzustellen.
- 223 -
Durch veränderte Markt- und Wettbewerbsbedingungen (z.B. Sättigungstendenzen des Marktes,
abnehmende Kundenloyalität, zunehmender Konkurrenz- und Preiskampf) gewinnen neben der Qualität
der angebotenen Produkte und Leistungen zunehmend auch andere (weiche) Faktoren wie “Corporate
Identity“ an Bedeutung für den Unternehmenserfolg bzw. -mißerfolg. Dabei ist zu beachten, daß die
Artikulation nach außen und das unternehmensinterne Verhalten übereinstimmen (vgl. Achterholt, 1991,
S. 46).
Daß die unbestreitbaren Vorzüge der strategischen Planung von mittelständischen Unternehmen vielfach
nicht genutzt werden, liegt neben der oftmaligen Überlastung der Führungskräfte mit den operativen
Aufgaben des Tagesgeschäfts und den strategischen Situationsbedingungen (z.B. improvisierendes
Anpassungsverhalten, hohes Maß an Unsicherheit) vor allem an den zu hohen inhaltlichen
Anforderungen für die praktische Anwendung. Die wichtigsten Bedingungen lauten somit: Die
Planungssysteme müssen speziell für diese äußerst wichtige und in der deutschen Wirtschaft stark
verbreitete Unternehmensform so konzipiert werden, daß sie einfach und praktikabel sind und die
Unternehmensführung bei ihren langfristigen Entscheidungsaufgaben unterstützen (vgl. Kreikebaum,
1993, S. 205).
Auch mittelständische Unternehmen benötigen zukünftig immer vordringlicher ein unternehmensspezifisch abgestimmtes Controllingsystem, daß dazu beiträgt, eine ergebnisorientierte Führung des
Unternehmens zu unterstützen. Dabei müssen verstärkt auch neue Ansätze wie Target Costing und
Prozeßkostenrechnung eingesetzt werden, um schnell und flexibel markt- und prozeßorientierte
Entwicklungen berücksichtigen zu können.
Die idealtypische Darstellung der einzelnen Organisationsstrukturen darf nicht darüber hinwegtäuschen,
daß diese Modelle in der Realität kaum in reiner Form vorzufinden sind. Meistens sind die Übergänge
zwischen den einzelnen Strukturen fließend. In der Praxis werden diejenigen Organisationsformen und abläufe gewählt, die am geeignetsten sind, um die vorgegebenen strategischen Unternehmensziele (z.B.
langfristige Sicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze, Gewinnerzielung, umfassender Service,
höchste Kundenzufriedenheit) zu verwirklichen. Die allgemeingültig beste strukturelle Regelung gibt es
nicht; die Eignung ist abhängig von der jeweiligen Unternehmens- und Führungssituation (vgl. Thommen,
1990, S. 585f).
Eine Organisationsstruktur ist nichts Statisches, sondern muß sich aufgrund der Vielzahl von
Einflußfaktoren (z.B. Unternehmensziele, Mitarbeiter-, Kundenbedürfnisse) fortlaufend den veränderten
Gegebenheiten anpassen und flexibel am Markt operieren. Diese ständigen Veränderungen in der
Unternehmensorganisation werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur als Konzept der
“Organisationsentwicklung“ oder des “geplanten organisatorischen Wandels“ bezeichnet (vgl.
Hentze/Brose, 1985, S. 226; Thommen, 1990, S. 587).
- 224 -
Die Änderung der Organisationsstuktur von einer vertikalen in eine stärker horizontale erfordert auch
eine modifizierte Unternehmenskultur und ein verändertes Führungsverhalten (vgl. Beyer/
Stöcker, 1994, S. 23) sowie Geschäftsabläufe, die vorrangig auf die Kunden ausgerichtet sind. In
diesen markt- und prozeßorientierten Organisationsformen haben die einzelnen Führungskräfte und
Mitarbeiter(-gruppen) größere Handlungs- und Entscheidungsspielräume mit mehr Verantwortung und
Kompetenzen. Dadurch erhofft man sich, qualitative und motivationale Arbeitsverbesserungen und somit
letztlich eine Produktivitätssteigerung im Unternehmen zu erreichen.
Durch die Reorganisation müssen die Unternehmen in die Lage versetzt werden, schneller, flexibler und
kundennäher zu agieren, um Innovationen und Verbesserungen rascher hervorzubringen als ihre
Mitbewerber. Dazu sind organisatorische Barrieren zwischen den Funktionsbereichen und einzelnen
Spezialisten zu beseitigen, Verantwortungsebenen abzubauen, die keinen Beitrag zur Wertschöpfung/steigerung leisten, interdisziplinäre, mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Teams einzurichten, die
von einer Führungskraft nach Maßgabe der Strategien der Geschäftseinheiten geführt und koordiniert
werden, sowie Abläufe und Kommunikation innerhalb der Wertschöpfungskette zu verbessern (vgl.
Hinterhuber/Popp, 1994, S. 127).
Die gerade in mittelständischen Unternehmen meist vorherrschenden ad hoc-Entscheidungen im
Personalbereich müssen durch systematische, langfristige Analysen und darauf aufbauendes fundiertes,
geplantes Handeln ersetzt sowie integrativ mit den anderen Unternehmensbereichen und deren
Zielsetzungen abgestimmt werden (vgl. Weber, 1990, S. 12).
Zur Erreichung der geplanten Unternehmensziele müssen die vorhandenen Mitarbeiter frühzeitig,
entsprechend den veränderten Arbeitsanforderungen, qualifiziert werden, damit sie die Tätigkeiten
bestmöglich erfüllen können (vgl. Blumenstock, 1992, S. 336). Neben dem Erwerb fachlicher
Kompetenzen erhalten die extrafunktionalen Qualifikationen zukünftig immer größere Bedeutung. Sie
gehören zwar nicht unmittelbar zur Aufgabenerfüllung, werden jedoch für das betriebliche Handeln
immer entscheidender und benötigen deshalb verstärkte Aufmerksamkeit bzw. Schulungsmaßnahmen
(vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 96).
Die strategisch ausgerichtete Fortbildung wird zukünftig ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein, die
im Gegensatz zu Technologie-, Fertigungs- und Produktinnovationen kaum kurzfristig zu imitieren oder
einzuholen ist (vgl. Nagel, 1990, S. 35). Erfolgversprechende, unternehmenseigene
Führungsnachwuchskräfte(-persönlichkeiten) können nicht durch ad hoc-, Einzelmaßnahmen oder
Schnellkurse herangebildet werden, sondern nur durch eine langfristige Karriereplanung mit aufeinander
abgestimmten Förderungsmaßnahmen (vgl. Lepper, 1987, S. 96f).
Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe der Unternehmensführung und Führungskräfte, durch Mitarbeiterbeurteilungen das Leistungsvermögen, das Entwicklungspotential und die -bereitschaft zu ermitteln
und die Betreffenden entsprechend zu fördern.
- 225 -
Des weiteren hängen die Leistung und die Aufgabenerfüllung in hohem Maße von der Einstellung und
Motivation der Mitarbeiter ab. Diese wird insbesondere durch die Befriedigung der persönlichen
Mitarbeiterbedürfnisse beeinflußt, die sowohl materieller (z.B. Arbeitsentgelt, Sozialleistungen) als auch
verstärkt immaterieller (z.B. Delegation von Verantwortung, Selbstverwirklichung) Art sind. Deshalb
zählt zu den vordringlichsten Aufgaben der Unternehmensführung, neben den ökonomischen
Unternehmenszielen (z.B. Marktanteil-, Umsatz-, Rentabilitäts-, Gewinnzielen) verstärkt die Ziele der
Mitarbeiter und Führungskräfte zu berücksichtigen (vgl. Hammer et al., 1988, S. 9f).
Aufgrund der gewachsenen Ansprüche der erwerbstätigen Bevölkerung müssen neue Arbeitsstrukturen,
Organisationsformen und Führungsmodelle entwickelt werden, damit sich die Mitarbeiter im
Unternehmen wohl fühlen, ihr Leistungspotential vollkommen ausschöpfen und langfristig im
Unternehmen verbleiben (vgl. Loschert, 1992, S. 43).
Gerade die Beschäftigten und ihre Qualifikationen sind ein wichtiges Betriebsvermögen, in das genauso
gezielt und geplant investiert werden sollte wie in Sachanlagen. Diese neue Betrachtungsweise und
Wertschätzung der Humanressourcen bereitet gerade in vielen traditionsreichen, älteren Unternehmen
erhebliche Schwierigkeiten (vgl. Walsh, 1987, S. 148).
- 226 -
4. Entwicklung eines zukunftsorientierten Curriculum-Vorschlags für ein duales, ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm für die Unternehmernachfolger
4.1. Methodisches Vorgehen bei der empirischen Erhebung
4.1.1. Untersuchungsziel und Zielgruppe der Studie
Eine ausschließliche Berücksichtigung der Fachliteratur zur Qualifizierungsplanung der Unternehmernachfolger/-innen in mittelständischen Kfz-Betrieben bildet eine zu schmale Grundlage für die
Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten zu dieser Themenstellung. Sie gestattet weder die Erstellung
eines vollständigen, möglichst zahlreichen Gesichtspunkten Rechnung tragenden Bezugsrahmens, noch
können durch die alleinige Bearbeitung theoretischen Materials praxisnahe Entscheidungshilfen und
Gestaltungsempfehlungen konzipiert werden. Es erschien dem Verfasser daher wichtig, Informationen
von erfahrenen Praktikern zu erhalten, die seit Jahren als Eigentümer-Unternehmer bzw.
Geschäftsführer fabrikatsgebundene, mittelständische Autohäuser führen und die Besonderheiten dieser
Branche kennen.
Ziel dieser empirischen Erhebung ist die Ermittlung derjenigen Qualifikationsanforderungen, die
zukünftige Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger/-innen erfüllen müssen, um einen mittelständischen
Kfz-Betrieb kompetent, autonom und eigenverantwortlich (kurz: situationsadäquat) zu führen. Anhand
dieser Befragungsergebnisse wird ein Lehrplan-Vorschlag für ein duales, ressortübergreifendes
Qualifizierungsprogramm entwickelt, das sowohl formale Bildungsveranstaltungen als auch darauf
aufbauende, systematisch abgestimmte, praktische Arbeitseinsätze umfaßt, um die Nachfolger auf ihre
zukünftigen komplexen Arbeitsanforderungen gezielt vorzubereiten.
Im Rahmen der sechs Programmbausteine werden u.a. auch die fachlichen Qualifikationsanforderungen
für Führungsnachwuchskräfte dargestellt, auf die im vorherigen dritten Kapitel
- mit Rücksicht auf den Umfang der vorliegenden Arbeit - nicht näher eingegangen werden konnte.
Speziell das Integrations- bzw. Transferprogramm, wie auch der Teil A, B und D des Fragebogens sind
in Anlehnung an die vier zentralen Elemente des modifizierten Michigan-Ansatzes, Umfeldentwicklungen,
strategische Unternehmensführung, Organisationsstruktur und strategisches Personalmanagement
strukturiert.
4.1.2. Wahl der Erhebungsmethode
Zur Beschaffung erforderlicher Informationen kommen grundsätzlich primäre und sekundäre
Informationsquellen in Betracht. Bei der Sekundärforschung (desk research) handelt es sich um die
Aufbereitung bereits vorhandener Informationen. Diese werden nicht extra für die jeweilige
Problemstellung erhoben, sondern sind entweder im Unternehmen bereits für andere Zwecke eruiert
- 227 -
worden (z.B. innerbetriebliches Rechnungswesen) oder wurden bereits von Organisationen, Verbänden
und Behörden (Statistisches Bundesamt, wirtschaftswissenschaftliche Institute etc.) gesammelt und
veröffentlicht (vgl. Bestmann, 1986, S. 298f; Nieschlag et al., 1991, S. 636ff; Schierenbeck, 1989, S.
241f).
Da es zu dieser Themenstellung noch kein fundiertes Datenmaterial gibt, war eine eigenständige
empirische Primärerhebung notwendig.
Primärforschung (field research) bezeichnet die unmittelbare Erhebung originärer Daten - gewissermaßen "vor Ort". Methoden zur Gewinnung solcher unmittelbar relevanter Daten stellen mündliche
und schriftliche Befragungen, Beobachtungen sowie Markttests dar (vgl. Bestmann, 1986, S. 298f;
Nieschlag et al., 1991, S. 636ff; Schierenbeck, 1989, S. 241). Das verbreitetste Verfahren im Rahmen
der Primärforschung ist die Befragung113 (vgl. Bestmann, 1986, S. 299).
Für die explorative Untersuchung standen dem Verfasser die Form der mündlichen oder schriftlichen
Befragung offen, mit entweder geschlossenen114 und/oder offenen115 Fragen bzw. Antwortkategorien.
Die Entscheidung fiel zugunsten der schriftlichen Methode des Fragebogens mit größtenteils
geschlossenen Antwortkategorien mit Alternativ- und Skala-(Rating-)Fragen116. Nur vereinzelt wurden
auch halb-offene Fragen117 verwendet (siehe auch Anlage 14, Teil A, C und F des Fragebogens).
113
"Unter dem Begriff "Befragung" werden mehrere Datenerhebungsmethoden zusammengefaßt, deren Gemeinsamkeit darin besteht, daß die Auskunftsperson durch verbale oder andere Stimuli (schriftliche Fragen, Bildvorlagen, Produkte) zu Aussagen über den Erhebungsgegenstand veranlaßt werden" (Böhler, 1985, S. 75). Sie
kann sich an Mitarbeiter, Kunden oder potentielle Abnehmer richten und von Mitarbeitern des eigenen Unternehmens wie auch durch externe Beauftragte (z.B. Marktforschungsinstitute) durchgeführt werden (vgl.
Schierenbeck, 1989, S. 241).
114
Bei geschlossenen Fragestellungen ist der Antwortspielraum der Auskunftsperson durch die Vorgabe
bestimmter Antwortkategorien (z.B. Ja-Nein-Alternativ-, Skala-(Rating-)Fragen) begrenzt (vgl. Böhler, 1985, S. 88;
Meffert, 1986, S. 40f; Rogge, 1981, S. 194).
115
Bei offenen Fragen ist es dem Befragten selbst überlassen, eine "freie" Antwort auf die gestellte Frage zu
formulieren. Die Länge der Antwort und der Inhalt sind in keiner Weise vorgegeben. Daher ist eine Vielzahl
unterschiedlicher Antworten möglich (vgl. Böhler, 1985, S. 87; Rogge, 1981, S. 192f).
116
Die Befragten haben dem Untersuchungs- bzw. Einstellungsobjekt auf einer vorgegebenen Antwortskala einen
Meßwert zuzuordnen. Bei diesen Rating-Skalen handelt es sich grundsätzlich um Ordinalskalen, deren Rangplätze meist verbal auf fünf oder sieben abgestuften Rangplätzen (z.B. von `sehr gut´ bzw. `sehr wichtig´ bis `sehr
schlecht´ bzw. `unwichtig´, von `trifft zu´ bis `unzutreffend´) bestimmt und differenziert werden. Den einzelnen
verbalen Ausprägungen der Beurteilungsskala können Zahlenwerte mit konstantem Intervall zugeordnet werden
(z.B. 1, 2, ... 7); damit erhalten die Rating-Skalen die Eigenschaften von Intervallskalen und ermöglichen den
Einsatz entsprechender statistischer Verfahren. Sie finden insbesondere Anwendung zur Messung von
subjektiven Sachverhalten, wie Einstellungen, Motiven, Images oder Bewertungen, die eine Transformation
qualitativer Sachverhalte in quantitative Größen erfordern (vgl. Berekhoven et al., 1991,
S. 69ff; Meffert, 1986, S. 24).
117
Zu den genau beschriebenen Alternativen kommt eine Rubrik "Sonstiges" bzw." Anderes" hinzu, mit der Bitte,
diese Fragestellung besonders, d.h. nach eigener Auffassung zu beantworten (vgl. Rogge, 1981, S. 199).
- 228 -
Für die Fragebogengestaltung wurden folgende Überlegungen zugrunde gelegt:
- Der geplante Umfang der Stichprobe (ca. 400 Eigentümer-Unternehmer, Geschäftsführer bzw.
Unternehmensnachfolger) ließ eine mündliche (direkte) Befragung aus personellen, zeitlichen,
räumlichen und kostenmäßigen Gründen nicht zu.
- Die Befragten sollten, im Gegensatz zur direkten Befragung, bei der schriftlichen Beantwortung der
Fragen keinem Zeitdruck unterliegen, damit sie die Antworten in Ruhe überlegen konnten.
- Hauptsächlich geschlossene Antwortkategorien wurden gewählt, weil sie von den Befragten leichter
auszufüllen sind als offene und ihn eher veranlassen, den Fragebogen zu bearbeiten. Die rasche
Beantwortung ist deshalb wichtig, da bei einem Zeitaufwand von mehr als 30 Minuten für das
Ausfüllen des Fragebogens die Gefahr besteht, eine reduzierte Rücklaufquote zu erhalten.
- Da es sich bei den Zielgruppen (Inhaber/Geschäftsführer bzw. vereinzelt Unternehmensnachwuchs) um
eine relativ homogene Gruppe handelt, konnte die Form eines einheitlichen Fragebogens gewählt
werden.
Besondere Vorzüge schriftlicher Befragungen sind:
- Beeinflussungsmöglichkeiten durch Interviewer entfallen.
- Größere Standardisierung und Vergleichbarkeit der Befragung
(vgl. Unger, 1988, S. 81).
Die methodischen Probleme einer schriftlichen Befragung, die den Informationswert erheblich
begrenzen, dürfen jedoch nicht unberücksichtigt bleiben:
- Der Interviewer kann keine Erläuterungen zu den Fragen geben, wodurch systematische
(Folge-)Fehler (bias) entstehen könnten; diese Erhebungsmethode setzt erhebliches Vorwissen bei den
Befragten voraus (vgl. Unger, 1988, S. 81).
- Meist geringe Rücklauf- und Erfolgsquoten (zwischen 5 und 30 %) und somit u.U. mangelnde
Repräsentativität.
- Der Fragenumfang ist eng limitiert.
- Gefahr des Ausfüllens des Fragebogens zusammen mit oder sogar alleine durch andere Personen.
- Reihenfolge der Fragenbeantwortung nicht kontrollierbar
(vgl. Meffert, 1986, S. 38; Unger, 1988, S. 81f).
- Zeitpunkt der Befragung sowie situative Verhältnisse und deren mögliche Auswirkungen auf die
Beantwortung sind unbekannt (vgl. Meffert, 1986, S. 38).
Somit eignen sich schriftliche Befragungen vor allem
- bei eindeutigen und einfachen Fragestellungen, die standardisierbar sind,
- bei interessanten, die Zielpersonen motivierenden Themen (beeinflußt die Rücklaufquote) und
- bei adressenmäßig bekannten Stichproben
(vgl. Wimmer, 1987, o.S.).
- 229 -
4.1.3. Entwicklung und Aufbau des gesamten Fragebogens
Hauptproblem bei der Konstruktion von Fragebögen ist die Festlegung der Fragengegenstände (Items),
die für die Befragung relevant sind und in den Fragebogen aufgenommen werden müssen.
Der Inhalt des Fragebogens (siehe Anlage 14) wurde vom Verfasser der vorliegenden Arbeit auf der
Grundlage
- fachspezifischer Literatur über allgemeine Anforderungen an Unternehmensführer bzw. -nachfolger,
- branchenspezifischer Literatur über mögliche Qualifikationswege und allgemeine Managementkenntnisse,
- von Stellenbeschreibungen über Unternehmer/Geschäftsführer,
- von Gesprächen mit Schulungsleitern und Branchenexperten und
- eigener Erfahrungen entwickelt.
Der Fragebogen ist in sechs Abschnitte (A, B, ... F) aufgeteilt und besteht - mit Unter- und
demoskopischen Fragen - aus insgesamt 75, meist geschlossenen Fragen. Lediglich im Teil A und C
sowie vereinzelt in Teil E und F sind halb-offene Fragen ("Sonstiges") vorzufinden. Nur am Ende von
Teil E ist eine einzige offene Antwortmöglichkeit gegeben.
Es konnte davon ausgegangen werden, daß die im Fragebogen verwandten Begriffe, Bezeichnungen
und die Thematik den befragten Kfz-Unternehmern/-Geschäftsführern und Nachfolgern allgemein
bekannt waren und die Fragen somit bei allen Befragungsteilnehmern den gleichen Sinngehalt
widerspiegelten.
Durch die relativ einfache Darstellung der Fragen und durch die begrenzte Fragenanzahl wurde versucht,
die Bearbeitungsdauer und den Beanspruchungsgrad der Zielgruppe möglichst gering zu halten.
In einigen Abschnitten des Fragebogens wurde ein geändertes Frage- und Antwortmuster gewählt, um
einen sich sonst möglicherweise ergebenden Konsistenzeffekt im Antwortverhalten der Befragten zu
vermeiden.
Im Teil A des Fragebogens (Seite 1) sollten die Befragungsteilnehmer, ausgehend von ihrer persönlichen
Situation im Unternehmen, den nach ihrer Ansicht für Unternehmernachfolger/-innen im Kfz-Betrieb in
diesem Jahrzehnt jeweils bedeutendsten Erfolgs- und bedeutendsten Problemfaktor in jedem der fünf
Hauptbereiche angeben. Die Bereiche waren - in Anlehnung an den Michigan-Ansatz - differenziert
nach folgenden leistungswirksamen Arbeitsinhalten: “Qualifikationsanforderungen“, “strategische
Unternehmensführung“,
“Organisationsstruktur“,
“persönliche
Eigenschaften
der
Unternehmernachfolger“ und “strategisches Personalmanagement“. Diesen Kriterien waren wiederum
jeweils fünf bis sechs überschneidungsfreie, typische Arbeitsaufgaben zugeordnet sowie jeweils eine
halb-offene Frage über weiteres Arbeitsverhalten ("Sonstiges").
Als Antwortvorgabe diente eine optische zweier Rating-Skala (sog. Piktogramm) in Form einer
Gesichterskala. Sie wurde deswegen präferiert, weil diese, durch die leichte Verständlichkeit, keine
- 230 -
umfangreichen Erläuterungen erfordert und eine optische Auflockerung des Fragebogens gestattet.
Durch das Ankreuzen jeweils eines Erfolgs- und eines Mißerfolgsfaktors pro Hauptbereich sollten die
Befragungsteilnehmer ihre Beurteilung auf der jeweils interessierenden Merkmalsdimension selbst
angeben (vgl. Berekhoven et al., 1991, S. 69). Die angekreuzten Erfolgs- und Problemfaktoren in den
fünf Bereichen wurden aufaddiert und somit eine Rangfolge erstellt.
Des weiteren wurden die Befragten in diesem Abschnitt gebeten (S. 2), die zuvor ermittelten fünf
Bereiche in eine Rangfolge zu bringen. Dabei sollte der für sie bedeutendste Problemfaktor Rangplatz 1,
der zweitbedeutendste Rangplatz 2, ... und der unbedeutendste Rangplatz 5 erhalten. Zusätzlich gab es
eine halb-offene Antwortkategorie, in der sie einen weiteren, nach ihrer Ansicht relevanten Bereich
eintragen konnten.
Dieser zweite Fragenkomplex des Teils A hatte für die Auswertung besondere Relevanz, da er als
Index für die Wertigkeit der einzelnen Bereiche für Qualifizierungsmaßnahmen für zukünftige
Unternehmensführer herangezogen wurde.
Im Abschnitt B des Fragebogens (S. 2) wurde mit Hilfe einer fünfstufigen Rating-Skala - sie erstreckte
sich über die Antwortkategorien von `sehr wichtig´, `wichtig´, ... bis `unwichtig´ - erfragt, für wie
bedeutsam die Probanden die Auswirkungen der aufgeführten Entwicklungsperspektiven (z.B.
wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven, technologischer Fortschritt, gewandeltes Konsum- und
Freizeitverhalten, Verkehrs- und Umweltpolitik) auf die Automobilwirtschaft und speziell das KfzGewerbe erachten.
Mit diesem Fragenkomplex wurde festgestellt, welche zukünftigen Entwicklungen sie für ausschlaggebend für strategische Veränderungen im Kfz-Gewerbe einschätzen. Diese Fragen galten
größtenteils als Filterfragen zwischen Teil A und den nachfolgenden Abschnitten.
Im ersten Fragenblock des Teils C (S. 2-3) wurden die Probanden nach dem geeignetsten Qualifikationsweg für zukünftige Unternehmernachfolger/-innen im Kfz-Gewerbe befragt. Dabei wurden die
geläufigsten, branchenspezifischen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen - differenziert nach den Rubriken
`allgemeine Schulbildung´, `Berufsausbildung´, `Universitätsausbildung´, `Auslandsstudium´,
`gewerblich-technische´ und `kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten´ - vorgegeben, so daß die
Befragten nur das nach ihrer Ansicht geeignetste in der jeweiligen Rubrik anzukreuzen hatten. In der
Rubrik B, C und D gab es zusätzlich noch eine halb-offene Antwortkategorie, um nicht aufgeführte
Qualifizierungsmaßnahmen anzugeben. Die jeweils angekreuzten Qualifizierungsmaßnahmen wurden
auch hier aufaddiert und somit eine Rangfolge erstellt.
In der zweiten Hälfte dieses Abschnittes (S. 4) wurden vorrangig Fragen bzgl. der
- erforderlichen Fachkenntnisse,
- Teilnahme an speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren,
- praktischen Berufs-, Branchen- und Unternehmenserfahrung gestellt.
- 231 -
Diese waren anhand der bereits oben erläuterten fünfer Rating-Skala zu beantworten.
Im Teil D des Fragebogens (S. 5-6) wurden die Unternehmer/Geschäftsführer und Nachfolger befragt,
welche Seminarthemen und -inhalte sie für zukünftige Unternehmernachfolger/-innen für notwendig
erachten. Die Fragenblöcke wurden - entsprechend dem Michigan-Ansatz - in die drei Bereiche
"Strategische Unternehmensführung“, “Organisationsstruktur“ und “Strategisches Personalmanagement"
unterteilt. Die einzelnen Themenbereiche waren ebenfalls anhand der fünfer Rating-Skala zu
beantworten.
Durch den Vergleich der Antworten in Teil A nach den bedeutendsten kritischen Erfolgs- und
Problemfaktoren sowie den notwendigen Seminarthemen und -inhalten in Teil D sollten gewisse
Zusammenhänge ermittelt werden. Logischerweise hätten die Befragten insbesondere die
Themenstellungen für besonders wichtig bewerten müssen, denen sie zukünftig konkrete Erfolgs- und
konkrete Versagensgründe zuordnen. Umgekehrt müßten sie solche Seminarthemen als weniger wichtig
einstufen, die sie in Teil A auch als weniger leistungswirksam beurteilt haben.
Im Teil E (S. 6) hatten die Befragten im Rahmen der allgemeinen Fragen zunächst die Bedeutung
umfangreicher Kenntnisse über branchenspezifische Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit (PR) zu beurteilen.
Ferner wurden sie noch befragt, ob sie eine gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers
zur Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge für notwendig erachten. Beide Fragen
waren anhand der bereits oben erwähnten Rating-Skala zu beantworten. Des weiteren sollten sie
ankreuzen, welche von den drei angeführten Arten der Unternehmensübergabe sie für die geeignetste
erachten.
Den Abschluß dieses Fragenkomplexes bildete die einzige offene Frage. Hier wurde gefragt, welche
weiteren Seminarthemen sie für Unternehmernachfolger für notwendig erachten (außer steuerlichen und
gesetzlichen Regelungen), die in diesem Fragebogen nicht aufgeführt sind.
Der abschließende Teil F (S. 7) bildete primär den sozio-demographischen Fragenblock. Neben den
obligatorischen, personenspezifischen Fragen nach Alter und Geschlecht sollten die Befragungsteilnehmer noch Angaben machen über
- ihre Position im Unternehmen,
- ihren höchsten Bildungsabschluß,
- ihre absolvierte Berufsausbildung,
- die Anzahl der Mitarbeiter (im Jahr 1993),
- die räumliche Entfernung zu einem anderen EG-Land und
- ob in ihrem Unternehmen in diesem Jahrzehnt noch eine Unternehmernachfolge ansteht.
- 232 -
Zur Überprüfung, ob es sich bei den antwortenden Kfz-Händlern um solche mit einem fabrikatsgebundenen Pkw-Status handelt, wurden sie auf der letzten Seite des Fragebogens (S. 8) darum
gebeten, ihren Firmenstempel zu plazieren.
4.1.4. Vorgehensweise beim Pretest
Um die Verwendbarkeit des erstellten Fragebogens vorab zu überprüfen, wurde ein Pretest
durchgeführt. Dieser Pilotdurchlauf erfolgte von Oktober 1992 bis Januar 1993 mit acht zielgruppenspezifischen Personen. Dabei handelte es sich neben den Unternehmern bzw. Geschäftsführern,
deren Autohäuser der Verfasser dieser Arbeit im Rahmen seines 15-monatigen Volontariat-Programms
durchlaufen hatte, um den damaligen Präsidenten des ZDKs, Herrn B. Enning und den Geschäftsführer
des ZDKs - zuständig für das gesamte Bildungsressort - Herrn I. Meyer118.
Die Fragebögen wurden diesen Personen mit der Bitte um schnelle Bearbeitung und Zurückführung
zugesandt. Von den acht Fragebögen wurden n = 7 zurückgesandt; die Rücklaufquote dieses
Pilotdurchlaufes betrug 87,5 Prozent. Die Probanden beurteilten die Fragestellungen als größtenteils
verständlich und nachvollziehbar. Aufgrund der Anregungen wurden einige Veränderungen
vorgenommen, um gewisse Fragen noch prägnanter zu formulieren. Beispielsweise wurden einige USamerikanische Bezeichnungen zur Erhöhung der Verständlichkeit für alle Befragungsteilnehmer durch die
synonymen deutschen Begriffe ersetzt, teilweise gewisse Zusatzinformationen zu neueren
Qualifizierungswegen in Fußnoten angeführt sowie einzelne Fragen umformuliert. Ferner wurde die
optische Ausgestaltung und damit die Übersichtlichkeit des Fragebogens weiter verbessert.
Laut Auskunft der Zielpersonen reichten für das Ausfüllen des Fragebogens die veranschlagten 25
Minuten aus.
4.1.5. Stichprobenumfang und Aussagekraft der Untersuchung
Da unter wirtschaftlichen, zeitlichen, technischen und organisatorischen Aspekten eine Vollerhebung, bei
der alle Elemente der interessierenden Grundgesamtheit untersucht werden, nicht möglich war, wurde
die Informationsbeschaffung auf eine Auswahl von Einheiten (Stichprobe = n) der definierten Gesamtheit
beschränkt (=Teilerhebung) und zur Analyse herangezogen.
Im Anschluß an den Pretest wurden bei der eigentlichen Befragung den ausgewählten Unternehmern,
Geschäftsführern und Unternehmernachfolgern Mitte Februar 1993 ein achtseitiger Fragebogen
118
Herr Dipl.-Ing. (FH) I. Meyer hat sich freundlicherweise bereit erklärt, den Fragebogen ebenfalls auszufüllen und
dem Verfasser der Arbeit gestattet, seine Antworten namentlich anzuführen. In einigen Abschnitten der
nachfolgenden Analyse werden seine Beurteilungen mit denen der befragten Unternehmer-/Geschäftsführer
(-innen) verglichen, um aufzuzeigen, inwieweit die Ansichten dieser Personen und des Bildungsexperten des
ZDKs deckungsgleich sind bzw. voneinander abweichen.
- 233 -
zusammen mit einem Begleit- und Empfehlungsschreiben des Präsidenten des ZDKs, Herrn B. Enning
zugesandt (siehe Anlage 14). Die Befragungsteilnehmer wurden gebeten, den Fragebogen vollständig
ausgefüllt bis zum 02.03.1993 zurückzusenden.
Freundlicherweise stellte der ZDK dem Verfasser von den 1993 insgesamt etwa 19.500
fabrikatsgebundenen westdeutschen Kfz-Betrieben die Anschriften von 409 (knapp 2,0 %) mittelständischen Autohäusern (Haupt-/Direkthändler, Unterhändler bzw. Vertragswerkstätten, Niederlassungen, Handelsvertretungen etc.) zur Verfügung.
Von den angeschriebenen 409 Personen - davon elf Frauen - haben 153 den Fragebogen zurückgesandt. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 37,4 Prozent, ein Anteil, der bei Erhebungen dieser
Art höher als zu erwarten war (vgl. Schnell et al., 1992, S. 318). Somit mußte das bereits vorab
erstellte Erinnerungs-/Nachfaßschreiben (siehe Anlage 15) nicht mehr eingesetzt werden.
Von den zurückgesandten Fragebögen waren nur sechs überhaupt nicht auswertbar, da sie entweder
falsch oder völlig unzureichend ausgefüllt waren, die Betriebe keinen fabrikatsgebundenen PkwHändlerstatus (mehr) hatten oder nicht den quantitativen Anforderungen an einen Klein- und
Mittelbetrieb (weniger als 500 Mitarbeiter) entsprachen.
Die Stichprobe vom Umfang “n“ wurde durch eine Zufallsauswahl119 aus allen beim ZDK postalisch
registrierten, markengebundenen Kfz-Betrieben in Westdeutschland gewonnen; bei dem
Händlerverband sind alle freien und vertragsgebundenen Autohäuser in Deutschland verzeichnet.
Zufallsstichproben stellen die einzige Gewähr dafür dar, daß aus Ergebnissen einer Stichprobe in bezug
auf die Verteilung aller Merkmale (innerhalb festgelegter statistischer Fehlergrenzen) auf die Verteilung
dieser Merkmale in der Grundgesamtheit geschlossen werden kann. Voraussetzung für die
Repräsentativität einer empirischen Untersuchung ist neben dem Auswahlmechanismus einer
Zufallsauswahl, inwieweit bestimmte Merkmale in der Stichprobe in derselben Häufigkeit vorkommen
wie in der Grundgesamtheit; diese Untersuchungen setzen also die Bekanntheit einiger
Grundgesamtheitsparameter voraus 120. Ferner müssen die Daten der Grundgesamtheit fehlerfrei sein
(vgl. Schnell et al., 1992, S. 314ff). Sowohl die Verteilung der Befragungsteilnehmer (siehe nachfolgend
Tab. 1: Positionen der Befragungsteilnehmer in den Unternehmen; Tab. 2: Höchster Aus- und
Fortbildungsabschluß der Befragten; Tab. 3: Abgeschlossene Berufsausbildungen der Befragten; Tab. 4:
119
Eine einfache, willkürliche und uneingeschränkte Zufallsauswahl der Einheiten ist dann gewährleistet, wenn
jedes Element (n) der genau abgegrenzten Grundgesamtheit (N) die gleiche Chance hat, ausgewählt zu werden
(vgl. Thom, 1987, S. 86f; Unger, 1988, S. 126); siehe Bernoulli-Experiment.
120
Unter der Annahme der Normalverteilung der Grundgesamtheit um das arithmetische Mittel (u) kann davon
ausgegangen werden, daß die Ergebnisse dieser schriftlichen Befragung bei einem Stichprobenumfang von
n=147 auswertbaren Fragebögen erwartungstreue Schätzwerte der Grundgesamtheit liefern (sog. Zentraler
Grenzwertsatz). Der Stichprobenumfang liegt weit über der empfohlenen Mindeststichprobe von n>30, um
Rückschlüsse aus der Stichprobe auf die Grundgesamtheit ziehen zu können (vgl. Bleymüller et al., 1991,
S. 78).
- 234 -
Unternehmensgrößenklassen der Kfz-Betriebe von den Befragungsteilnehmern) gibt die Heterogenität
der Grundgesamtheit wieder als auch die Datenerhebung und -bearbeitung entsprechen diesen
Anforderungen. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es möglich, von der Stichprobe auf die
Grundgesamtheit zu schließen.
Die Stichprobe wurde so ausgewählt, daß sie für die Gesamtheit der Zielgruppe als repräsentativ
anzusehen ist. Die aus den Ergebnissen gezogenen Schlußfolgerungen können als deskriptive
(=beschreibende) Analyse mit Gestaltungsempfehlungen zum Vorgehen bei der Sicherung der
Unternehmernachfolge in mittelständischen Kfz-Betrieben betrachtet werden.
4.1.6. Grundsätzliche Erläuterungen zur Auswertung des Fragebogens
Bei der im Fragebogen mehrmals eingesetzten fünfstufigen Rating-Skala sind zum Durchführen
statistischer Tests den einzelnen verbalen Ausprägungen folgende Zahlenwerte zugeordnet worden:
verbale Ausprägungen
Zahlenwert
- sehr wichtig
=5
- wichtig
=4
- teils-teils
= 3 (=Zentralwert, sog. Median121)
- weniger wichtig
=2
- unwichtig
=1
Bei den einfachen Ankreuz-, sog. Ja-/Nein-Alternativfragen ist die positive Antwort mit dem Zahlenwert
"1" und die Verneinung mit der Ziffer "0" versehen worden.
Mit Hilfe dieser Codierungen, also der Verschlüsselung von Antworten in eine datenverarbeitungsadäquate Form, ist eine einfachere und transparentere Darstellung der absoluten Werte,
Prozentangaben, Mittelwerte122, Varianz123, Standardabweichungen124 etc. möglich. Die einzelnen
121
Der Median bzw. Indifferenz-/Zentralwert ist der Wert, der in der Mitte einer der Größe nach geordneten
Zahlenfolge steht (vgl. Diehl/Kohr, 1989, S. 63). Er sagt hier aus, daß die Befragungsteilnehmer im Durchschnitt
dieses Item als `teils -teils´, `sowohl als auch´, `mehr oder weniger´, `weder gut noch schlecht´ bzw. `teilweise´
oder `bedingt´ einstufen. Beurteilungen bzw. Zahlenwerte, die über diesem Wert liegen, werden von den
Befragten als bedeutsamer bzw. höherwertiger betrachtet.
122
Das arithmetische Mittel - im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Durchschnitt oder Mittelwert bezeichnet - ist
ein Maß der zentralen Tendenz. Es berechnet sich aus der Summe der n-Meßwerte dividiert durch die Anzahl der
n-Meßwerte (=Merkmalsträger). Es gewinnt insbesondere an Bedeutung, wenn es mit anderen Mittelwerten
verglichen wird (vgl. Diehl/Kohr, 1989, S. 70).
123
Die Varianz (=quadrierte Standardabweichung) ist ein Maß, das die Streuung der Meßwerte um das arithmetische
Mittel in einer Stichprobe (n) beschreibt. Es wird berechnet über die Summe der Abweichungsquadrate vom
arithmetischen Mittel dividiert durch die Anzahl "n-1" der Meßwerte.
- 235 -
Zahlenwerte sind aufgrund der größeren Übersichtlichkeit eine Stelle nach dem Komma auf- bzw.
abgerundet worden.
Die Angaben unter “Sonstiges" wurden bei der Untersuchung nur berücksichtigt, wenn eine vergleichbare Antwort von mindestens zwei Befragungsteilnehmern bei der jeweiligen Frage angeführt
wurde. Bei der Auswertung der halb-offenen Frage "Sonstiges" ergab sich die Schwierigkeit, daß sie
zwar von einigen Teilnehmern angekreuzt wurde, jedoch trugen die Befragten die nach ihrer Ansicht
präferierte Alternative nicht immer ein (speziell im Teil C). Dies lag möglicherweise daran, daß sie die
teilweise vorgegebenen Beispiele vorzogen, am Zeitmangel der Befragten oder am “Überlesen“ der
jeweiligen Frage. Ferner gaben einige Befragungsteilnehmer Anforderungen, Qualifizierungsmaßnahmen
etc. an, auf die bereits vor- oder nachher in separaten Fragen eingegangen wurde.
Einige Befragungsteilnehmer haben eine oder mehrere Fragen überhaupt nicht oder nur unzureichend
beantwortet, so daß diese Antworten nicht zur Auswertung herangezogen werden konnten. Es erschien
dem Verfasser aber sinnvoll, diese leicht fehlerhaft ausgefüllten Fragebögen trotzdem zur Untersuchung
heranzuziehen, allein schon um den Stichprobenumfang und damit die Repräsentativität der Aussage zu
erhöhen, auch wenn dadurch einige Antworten auf gering abweichenden Grundgesamtheiten basieren.
Die Eingabe des Datenmaterials und die EDV-unterstützte Auswertung der Fragebögen erfolgte mit
Hilfe des statistischen Computerprogramms "MYSTAT“.
4.2. Auswertung der schriftlichen Befragung
4.2.1. Generelle Aussagen zu den Befragungsteilnehmern
Von den - wie bereits erwähnt - n = 147 (=35,9 %) zur Auswertung herangezogenen Fragebögen
wurden sechs von Frauen und 141 von Männern beantwortet. Der Altersdurchschnitt der Teilnehmer
lag bei 51,4 Jahren; der älteste Teilnehmer war 85 Jahre. Dabei waren insgesamt
- 9,5 Prozent der Befragten (=14 Personen) unter 35 Jahre (Gruppe 1),
- 44,9 Prozent der Befragten (=66 Personen) zwischen 35 und 54 Jahre (Gruppe 2),
- 45,6 Prozent der Befragten (=67 Personen) 55 Jahre und älter (Gruppe 3).
Von diesen 147 Probanden gaben 85 (=57,8 %) an, daß in ihrem Autohaus in diesem Jahrzehnt noch
eine Unternehmernachfolge ansteht. Diese hohe Zahl deckt sich in etwa mit dem Anteil der
Befragungsteilnehmer von 55 Jahren und älter.
124
Die Standardabweichung ist die Quadratwurzel aus der Varianz. Zur Erläuterung eignet sich die Standardabweichung besser, da sie in originalen, nicht quadrierten Maßeinheiten angegeben wird (vgl. Diehl/Kohr, 1989, S.
101).
- 236 -
Über 75 Prozent der Befragungsteilnehmer waren Inhaber bzw. Teilhaber eines markengebundenen
Kfz-Betriebes, ca. 29 Prozent Geschäftsführer bzw. Betriebsleiter und knapp 10 Prozent Sonstige
(u.a. Personal-, Buchhaltungsleiter). Ferner führten unter dieser halb-offenen Fragestellung jeweils drei
Befragte den geschäftsführenden Gesellschafter sowie den Assistenten der Geschäftsführung an (siehe
auch Tab. 1).
Tab. 1:
Positionen der Befragungsteilnehmer in den Unternehmen
Position
1. Inhaber/Teilhaber
2. Geschäftsführer/Betriebsleiter
3. Sonstiges
Summe
Gesamt
111
43
14
168
Prozent
75,5
29,3
9,5
.
Da aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Gestaltung der Unternehmen (z.B. GmbH & Co.KG) einige
Befragte sowohl Inhaber/Teilhaber als auch Geschäftsführer/Betriebsleiter sind, ergibt sich eine
Summe von über 147 Positionen.
Tab. 2:
Höchster Aus- und Fortbildungsabschluß der Befragungsteilnehmer (nur eine Kategorie
ankreuzen)
Höchster Aus- und Fortbildungabschluß
1. Hauptschulabschluß
2. Qualifizierter Hauptschulabschluß bzw. Mittlere Reife
3. Fachhochschulreife bzw. Fachabitur
4. Abitur
5. Fachhochschulstudium
6. Hochschulstudium
Keine oder fehlerhafte Angaben
Summe
Gesamt
28
53
15
13
12
24
2
147
Prozent
19,1
36,1
10,2
8,8
8,2
16,3
.
100 %
Die Befragungsteilnehmer nannten mit Abstand am meisten als eigenen höchsten Aus- und
Fortbildungsabschluß den qualifizierten Hauptschulabschluß bzw. die Mittlere Reife (36,1 %).
Danach folgt mit etwa 19,1 % der Hauptschulabschluß. Insbesondere die jüngeren Befragungsteilnehmer wiesen verstärkt ein (Fach-)Hochschulstudium auf, während die älteren Probanden meist
einen niedrigeren Schulabschluß absolviert hatten (siehe auch Tab. 2).
Tab. 3:
Abgeschlossene Berufsausbildungen der Befragten (Mehrfachnennungen möglich)
Abgeschlossene Berufsausbildung
1. Technische/Handwerkliche Lehre (Kfz)
2. Kaufmännische Lehre
3. Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC)
4. Kfz-Meisterbrief
5. Sonstiges
Summe
Gesamt
73
44
13
75
26
231
Prozent
49,7
29,9
8,8
51,0
17,7
.
- 237 -
Rund die Hälfte der Probanden haben den ehemals "klassischen" Weg des Kfz-Händlers beschritten
und eine technisch-handwerkliche Lehre mit anschließender Meisterprüfung absolviert. Dies trifft
vor allem auf die große Zahl älterer Befragungsteilnehmer zu.
Als weitere Berufsausbildungen folgten eine kaufmännische Lehre (knapp 30 %) und sonstige
Berufsausbildungen wie beispielsweise Maschinenbautechniker, -ingenieur oder Betriebswirt des
Handwerks, bei jeweils drei Befragten.
Die seit 1963 bestehende und in den letzten Jahren von vielen Nachfolgern absolvierte Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) ist vorrangig von den jüngeren Befragten
besucht worden (siehe auch Tab. 3).
Tab. 4:
Unternehmensgrößenklassen der Kfz-Betriebe von den Befragungsteilnehmern
Anzahl der Mitarbeiter
bis 24
25 - 49
50 - 99
100 - 499
Summe
Gesamt
35
45
32
35
147
Prozent
23,8
30,6
21,8
23,8
100,0 %
Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl in den Kfz-Betrieben der Befragungsteilnehmer lag bei 80
Erwerbstätigen. Bei der Auswertung der Befragung wurden - in Anlehnung an die Kriterien für
mittelständische Betriebe - nur Autohäuser berücksichtigt, die zwischen 20 und 450 Mitarbeitern
aufweisen. Die Anzahl der Mitarbeiter wurde, wie in Tab. 4 ersichtlich, in vier Klassen aufgeteilt.
4.2.2. Entwicklung des Anforderungsprofils für Unternehmernachfolger
4.2.2.1.
Vorgehensweise zur Ermittlung der zukünftig besonders leistungswirksamen
Arbeitsinhalte
a) Vorgehensweise zur Analyse und Festlegung der relevanten Arbeitsaufgaben
Da es über die zukünftigen Arbeitsanforderungen125 an Unternehmernachfolger in mittelständischen
Autohäusern bisher noch keine allgemeingültigen, fundierten Stellen-, Tätigkeits- oder
Arbeitsbeschreibungen gibt und auch nicht auf diesbezügliche Beschreibungen organisatorischer oder
funktionaler Zielsetzungen zurückgegriffen werden kann, mußten diese im Rahmen der Arbeit mit Hilfe
einer empirischen Erhebung bei Unternehmern/Geschäftsführern mittelständischer westdeutscher KfzBetriebe eruiert werden. Dieses Verfahren ist jedoch unter methodischen Aspekten kein Ersatz für
arbeitsanalytische Erhebungen (in Anlehnung an Oechsler, 1994(a), S. 325).
125
Arbeitsanforderungen beschreiben diejenigen Tätigkeiten, die sich aus der Aufgabenstellung an einem
bestimmten Arbeitsplatz ergeben.
- 238 -
Die einzelnen Arbeitsaufgaben eines zukünftigen Unternehmensführers wurden zunächst aufgrund
- der vorliegenden Schulungsunterlagen der einzelnen Kfz-Hersteller/-Importeure und der Autohaus
Akademie,
- der Hinzunahme von Management-Fachliteratur,
- vorhandener Stellenbeschreibungen über Unternehmer/Geschäftsführer in Kfz-Betrieben und
- der persönlichen Erfahrungen aufgelistet.
Die Vielzahl der sich daraus ergebenden Arbeitsaufgaben wurde daraufhin u.a. durch Gespräche mit
Bildungsfachleuten des ZDKs und erfahrenen Kfz-Unternehmern auf die Relevanz der einzelnen
Aufgaben und Vollständigkeit kritisch überprüft.
b) Zusammenfassung der einzelnen Arbeitsaufgaben zu übergreifenden leistungsrelevanten
Arbeitsinhalten
Die aufgelisteten Arbeitsaufgaben wurden überschneidungsfrei fünf Hauptbereichen - “Qualifikationsanforderungen“, “strategische Unternehmensführung“, “Organisationsstruktur“, “persönliche
Eigenschaften der Unternehmernachfolger“, “strategisches Personalmanagement“ - zugeordnet, die sich
in Zielsetzung, Resultaten und Arbeitsergebnissen ausdrücken lassen. Mit dem Letztgenannten wird
gewährleistet, daß es sich bei der Zusammenfassung zu Aufgabenbereichen um leistungsrelevante
übergreifende Arbeitsinhalte handelt (in Anlehnung an Oechsler, 1994(a),
S. 326). Aus der Zusammenfassung der Arbeitsaufgaben zu leistungsrelevanten Arbeitsinhalten ergeben
sich Kategorien, die sich an dem Ordnungsschema des konzeptionellen Ansatzes dieser Arbeit
orientieren.
Die Auflistung der besonders kritischen Arbeitsinhalte und -aufgaben kann für zukünftige Unternehmensführer nicht vollständig sein, da die Anforderungen zu komplex und zu unternehmensspezifisch
sind. Durch die Zusammenarbeit mit erfahrenen Praktikern und der dabei erzielten Übereinstimmung
über die leistungsrelevanten Arbeitsinhalte und -aufgaben kann jedoch eine größere Objektivität
erwartet werden, als wenn die Auswahl durch eine einzelne Person erfolgt wäre.
c) Ermittlung zukünftiger kritischer Arbeitsinhalte mit Hilfe einer empirischen Studie über zukünftig
besonders kritische Erfolgs- und Problemfaktoren
Ausgangspunkt für die Ermittlung kritischer Arbeitsinhalte eines Unternehmensführers ist die Analyse
besonders kritischer (leistungswirksamer) Erfolgs- 126 und Mißerfolgs- bzw. Problemfaktoren. Dafür
müssen aus den oben festgelegten Arbeitsinhalten diejenigen herausgefunden werden, die für den Erfolg
und Mißerfolg der Tätigkeit hauptverantwortlich sind. Somit müssen von den übergreifenden,
umfassenden und leistungsrelevanten Arbeitsinhalten solche ausgewählt werden, die kritisch sind für eine
126
Kritische Erfolgsfaktoren sind solche Arbeitsinhalte bzw. Leistungsmerkmale, die besonders verantwortlich für
erfolgreiches Handeln sind. Sie sind auch typische Beurteilungskriterien für die Leistungsbeurteilung (vgl.
Oechsler, 1994(a), S. 325ff).
- 239 -
erfolgreiche Arbeitsdurchführung (vgl. Berthel, 1995, S. 144; Oechsler, 1994(a), S. 328;
Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677).
Kritische Arbeitsinhalte (critical job elements) liegen regelmäßig dann vor, wenn Leistungsstörungen
oder eine ungenügende Leistung bezüglich dieser Arbeitsinhalte sofortige Eingriffe von anderer Seite
(z.B. Kollegen, Vorgesetzten) erforderlich machen, um größere Verluste zu vermeiden. Bei diesem
Schritt geht es also darum, aus der Gesamtzahl der übergreifenden leistungsrelevanten Arbeitsinhalte
diejenigen herauszufiltern, bei denen keine Leistungsstörungen auftreten dürfen, weil andernfalls
weitreichende negative Konsequenzen zu befürchten sind. Daraus ist nicht abzuleiten, daß die restlichen
(nicht kritischen) Arbeitsinhalte für die Leistung in einer Position unbedeutend sind. Sie haben nur nicht
dieselben weitreichenden Konsequenzen für die Erfüllung übergeordneter Aufgaben (vgl. Oechsler,
1994(a), S. 328).
Die in fünf Kategorien differenzierte Betrachtung greift demnach solche Aspekte des Arbeitsverhaltens
heraus, die nachweisbar zu Erfolg oder Mißerfolg führen und damit leistungswirksam sind. Die im
Fragebogen auf Seite 1 und 2 oben (siehe Anlage 14) abgebildete Übersicht stellt den Leitfaden für das
hieraus erstellte Erfolgs-/Mißerfolgsprofil dar.
Erfahrungen haben gezeigt, daß pro Stelle i.d.R. zwischen drei und sechs kritische Arbeitsinhalte
festgelegt und bewertet werden. Eine Begrenzung nach oben hin ist empfehlenswert, weil bei zu vielen
kritischen Arbeitsinhalten keiner mehr richtig leistungswirksam ist. Die besonders kritischen
Arbeitsinhalte können auch mit einer Gewichtung versehen werden, um deren relative Bedeutung
aufzuzeigen. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, daß das Problem der Anzahl kritischer
Arbeitsinhalte für eine Stelle und die Abgrenzung zu nicht-kritischen Arbeitsinhalten vereinfacht wird
(vgl. Oechsler, 1994(a), S. 329). Auf der Grundlage der relativen Häufigkeitsverteilungen der
Befragungsergebnisse ist nachfolgend eine Abgrenzung der besonders leistungswirksamen Arbeitsinhalte
erstellt worden.
Kritisch ist anzumerken, daß die Arbeits- bzw. Tätigkeitsanalyse, d.h. die Erfassung einzelner
Verrichtungen bzw. Operationen, keine Informationen über personelle Leistungsvoraussetzungen im
Sinne von Qualifikationsanforderungen umfaßt. Die bisher in der personalwirtschaftlichen Literatur
vorgestellten Verfahren leisten keine unmittelbare Herleitung des menschlichen Leistungsangebots, die
zugleich anforderungsrelevant sind. Ebensowenig ist auch eine theoretisch begründete Transformation
von
Arbeitsoperationen
in
Qualifikationsanforderungen
befriedigend
realisiert
(vgl.
Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 20).
Auch arbeitswissenschaftliche Verfahren wie etwa die “Anforderungs“ermittlung nach der REFAMethodenlehre können keine direkt verwertbaren Ergebnisse für eine Analyse von Qualifikationsanforderungen leisten. Dies ist begründet in einer mangelnden theoretischen Fundierung und äußert sich
- 240 -
u.a. darin, daß der Sozialkontext, in dem Arbeit vollzogen wird, aus der Analyse ausgeblendet ist (vgl.
Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 20).
Neben den kritischen Arbeitsinhalten müssen vor allem die qualifikatorischen Voraussetzungen, die
Erfahrungen, das Entwicklungspotential, die Interessen und Neigungen, die individuellen
Entwicklungsbedürfnisse und -ziele (z.B. angestrebter Aufgabenbereich) sowie die betrieblichen
Gegebenheiten (z.B. Unternehmensgröße) jedes Einzelnen berücksichtigt und das standardisierte
Programm den jeweiligen Bedingungen flexibel angepaßt werden (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 272). Auf
diese prozeßorientierte Betrachtungsweise wird umfassender im Kapitel 4.3.5.9. eingegangen.
4.2.2.2.
Das Erfolgs-/Mißerfolgsprofil aufgrund der Befragung
Auf der Grundlage der empirisch ermittelten Ergebnisse der Arbeitsanalyse wird nachfolgend das
Erfolgs-/Mißerfolgsprofil sowie daran anschließend die Spezifizierung der Anforderungen - im Rahmen
des Anforderungsprofils - für Unternehmernachfolger in mittelständischen Autohäusern hergeleitet (siehe
Anlage 16 und 17).
Betrachtet man die prozentualen Verteilungen der bedeutendsten Problemfaktoren der fünf
Hauptbereiche in Teil A, S. 2 des Fragebogens (siehe Anlage 19), so sind die Antworten bzw. Anteile
relativ gleich verteilt, insbesondere in den Bereichen "strategische Unternehmensführung" (23,5 %),
"persönliche Eigenschaften der Unternehmernachfolger" (23,1 %), "Qualifikationsanforderungen" (20,6
%) und "strategisches Personalmanagement" (18,5 %). Lediglich der Bereich "Organisationsstruktur"
(14,2 %) wird für weniger leistungsrelevant eingestuft. Bei der halb-offenen Frage "Sonstiges" wurde
von zwei Probanden als weiterer besonders kritischer Problemfaktor die Menschenführung angegeben.
Diese ausgeglichenen Beurteilungen der ersten vier Kategorien unterstreichen zum einen die zentrale
Bedeutung dieser Bereiche für die Qualifikation des zukünftigen Unternehmensführers und zeigen zum
anderen die benötigten, umfangreichen und komplexen Anforderungen auf. Speziell die strategische, d.h.
die präventive, vernetzte Betrachtungsweise, im Rahmen der Unternehmensführung und des
Personalmanagements erhält dabei steigende Bedeutung. Die Befragungsteilnehmer sind sich darüber im
klaren, daß auch kleinere und mittlere Kfz-Unternehmen zukünftig kaum noch über ad hoc-Maßnahmen
erfolgreich geführt werden können. Vielmehr benötigen die Unternehmernachfolger umfassende
Managementkenntnisse sowie besondere persönliche Eigenschaften (z.B. Ausstrahlung, Führungs- und
Kommunikationsfähigkeit), um eine solche komplexe, immer anspruchsvoller werdende Aufgabe
bewältigen zu können.
Bei einer detaillierteren Analyse der einzelnen Hauptbereiche sind folgende kritische Erfolgs- und/oder
Versagensgründe von den Befragten für zukünftige Unternehmernachfolger als besonders
leistungsrelevant beurteilt worden (siehe auch Anlage 16 und 17).
- 241 -
Im Bereich A "Qualifikationsanforderungen" betrachten die Befragungsteilnehmer die branchenbezogene Aus- und Fortbildung einerseits als besonders ausschlaggebenden Erfolgsfaktor
(55,9 %), andererseits wird sie als geringerwertiger kritischer Versagensgrund (11,2 %) eingestuft.
Ferner beurteilen viele die praktische Berufserfahrung sowie Produkt- und Branchenkenntnisse als
entscheidende zukünftige Erfolgs- (21,4 %) und gleichzeitig Problemfaktoren
(32,1 %) für Unternehmernachfolger.
Demgegenüber werden Kenntnisse über abteilungsspezifische Besonderheiten zwar als besonders
leistungswirksamer Problemfaktor beurteilt (38,1 %), jedoch wurden sie von keinem Befragten als
kritischer Erfolgsfaktor angesehen.
In der Rubrik Sonstiges wurde von einem Befragungsteilnehmer die fundierte und breite Allgemeinbildung als besonders kritischer Erfolgsfaktor und von einem anderen als entscheidendster
Problemfaktor angesehen.
Insgesamt läßt sich aus den Ergebnissen dieses Bereichs ableiten, daß die Befragten erkannt haben, daß
eine fundierte Qualifikation, die sowohl umfassende theoretische als auch praktische Schulungen
beinhaltet, für die zukünftigen Unternehmernachfolger ein entscheidender Erfolgsfaktor sein wird, um die
komplexen Arbeitsanforderungen erfüllen zu können.
Der Bereich B "Strategische Unternehmensführung" wurde von den Befragten als der leistungswirksamste von den fünf vorgegebenen Kategorien eingestuft. Als besonders kritischer Erfolgsfaktor
wurde von 37,5 % das abteilungsübergreifende strategische Denken und Handeln, also die
Fähigkeit, zukünftige Maßnahmen zu planen (=Planungsfähigkeit) und deren Auswirkungen auch
auf andere Unternehmensbereiche zu berücksichtigen, bewertet. Daraus läßt sich schlußfolgern, daß die
Befragten zukünftig eine bereichsübergreifende, vernetzte Betrachtungsweise bei der Planung für
bedeutsam erachten und nicht mehr ausschließlich die Beachtung einzelner Funktionsbereiche wie
beispielsweise den Absatz. In diese zunehmende strategische Sichtweise der Unternehmensführung
passen auch die von vielen Befragten als kritisch eingestuften Kenntnisse über zukünftige Umfeldund Marktentwicklungen sowie das Formulieren von Strategien und Zielen. Das Gestalten und
Vorleben von Werten und Normen wird von den meisten Befragten (35,0 %) als der besonders
kritische Problemfaktor, jedoch als Erfolgsfaktor nur peripher angesehen. Gerade in Klein- und
Mittelbetrieben ist die Vorbildfunktion des Unternehmensführers ein entscheidender Faktor der internen
Kommunikation, Leistungsmotivation und des Betriebsklimas. Unter Sonstiges erfolgten hier lediglich
zwei voneinander abweichende Angaben (n = 2).
Der Bereich C "Organisationsstruktur" wird allgemein als weniger kritisch bewertet. Von den Befragten
erachten 47,1 % die Bereitschaft zur flexiblen Unternehmenssteuerung für einen besonderen
Erfolgsfaktor und auch 27,7 % stufen ihn als besonders kritischen Problemfaktor ein. Gerade die
flexible Unternehmenssteuerung gilt als einer der großen Wettbewerbs- und Kundenvorteile
- 242 -
überschaubarer Klein- und Mittelbetriebe gegenüber den früher oft stark hierarchisch
durchorganisierten Großunternehmen.
Des weiteren wird das Einrichten neuer Formen der Arbeitsorganisation (z.B. Team-Konzept,
Qualitätszirkel) als der bedeutendste kritische Problemfaktor (40,2 %) in diesem Bereich eingestuft.
Dadurch wird speziell für Fach- und Führungskräfte eine größere Unternehmens- und Abteilungsflexibilität geschaffen und ihnen damit Möglichkeiten zur gewünschten Selbstverwirklichung und
Verantwortungsübernahme eingeräumt.
Die Kenntnisse über Entscheidungskompetenzen im Unternehmen sehen die Befragten wiederum
als weniger leistungswirksam an (EF = 10,7 %; PF = 11,0 %)127. Dies könnte daran liegen, daß sie
davon ausgehen, daß bei diesen Unternehmensgrößen den Mitarbeitern die Aufteilung der
Kompetenzen bekannt und leicht nachzuvollziehen sind.
Unter Sonstiges erfolgten hier lediglich drei stark voneinander abweichende Angaben (n = 3).
Im Bereich D "Persönliche Eigenschaften der Unternehmernachfolger" wird vor allem der
Persönlichkeit und Ausstrahlungskraft des Nachfolgers (EF = 61,8 %) große Bedeutung beigemessen. Gerade in Klein- und Mittelbetrieben, in denen eine meist direkte (informelle) Zusammenarbeit
und Kommunikation zwischen Unternehmensführung, Führungskräften und sonstigen Mitarbeitern
besteht, bekommen diese Fähigkeiten große Bedeutung. Die Vorbildfunktion des Unternehmensführers
ist oftmals entscheidend für das Betriebsklima und für die Leistungsmotivation der Belegschaft.
Ferner betrachten die Befragungsteilnehmer eine effiziente Zeit- und Arbeitsorganisation (PF = 57,4
%) für besonders bedeutsam und anwenderspezifische EDV-Kenntnisse (PF = 17,7 %) ebenfalls für
wichtig. Viele Kfz-Unternehmer leiden unter zunehmendem Zeitdruck, da sie sehr stark im
Tagesgeschäft eingebunden sind und somit kaum Zeit finden, sich den immer komplexeren Sach- und
Führungsaufgaben zu widmen. Des weiteren bekommt die EDV in den verschiedenen
Unternehmensbereichen eine immer größere Bedeutung. Bei entsprechender Handhabung können damit
verschiedene Planungsalternativen rechnerisch durchgespielt und deren Auswirkungen vorab simuliert
werden. Ferner vereinfacht der EDV-Einsatz ein effektives Controlling.
Unter der halb-offenen Frage Sonstiges wurde von vier Befragten (n = 4) die Belastbarkeit und von
dreien (n = 3)die Akzeptanz des Nachfolgers angegeben.
Nach den Befragungsergebnissen im Bereich E "Strategisches Personalmanagement" zu urteilen, haben
die Unternehmer/Geschäftsführer grundsätzlich erkannt, daß die strategische Betrachtung der
Humanressourcen in den 90er Jahren ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein wird.
Gerade das langfristige Planen zukunftsgerichteter Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie
Karrieremöglichkeiten für die Mitarbeiter (EF = 33,1 %; PF = 27,5 %) erscheint ihnen besonders
leistungswirksam. Daraus läßt sich ableiten, daß die Befragten verstanden haben, daß die Qualifikation
127
Erläuterungen zu den Abkürzungen: EF = Erfolgsfaktor(en) und PF = Problemfaktor(en).
- 243 -
und betriebsinternen Aufstiegsmöglichkeiten der vorhandenen Mitarbeiter zukünftig ein entscheidender
Faktor sein wird, um qualifizierte Fachkräfte halten und um im zunehmenden Verdrängungswettbewerb
bestehen zu können. Des weiteren wird die langfristig orientierte Personalbeschaffung und auswahl (EF = 29,0 %; PF = 36,2 %) als besonders bedeutsam beurteilt.
Ferner wurde in diesem Bereich die frühzeitige Identifizierung qualifizierter Mitarbeiter durch die nur in sehr wenigen mittelständischen Betrieben eingesetzte - strategische Leistungsbeurteilung von
vielen Befragten als besonders leistungswirksam angesehen (EF = 30,3 %; PF = 15,2 %). Das
Einrichten kurz- und langfristiger Anreize/Belohnung (z.B. Entgelt, Arbeitszeitflexibilisierung,
Führungsverhalten) speziell für Führungskräfte wird von vielen als kritischer Versagensgrund
eingestuft (PF = 17,4 %).
Unter Sonstiges wurde von je einem Teilnehmer die Mitarbeitermotivation als besonders kritischer
Erfolgs- bzw. von einem anderen als entscheidender Problemfaktor eingetragen.
4.2.2.3.
Das Anforderungsprofil der zukünftigen Unternehmernachfolger
Nachdem mit der Arbeitsanalyse und dem daraus resultierenden Erfolgs- und Mißerfolgsprofil die
wesentlichen Anforderungsarten und deren relative Bedeutung ermittelt wurden, kann daraus ein
Anforderungsprofil entwickelt werden.
Es enthält für den jeweiligen Arbeitsplatz die typischen Arbeitsanforderungen hinsichtlich Art und
Ausprägungsgrad (vgl. Mentzel, 1982, S. 354; Mentzel, 1994, S. 66).
Die von den Stelleninhabern zu erfüllenden Tätigkeitsanforderungen müssen eindeutig festgelegt werden
und dürfen sich nicht auf wünschenswerte, aber nicht beschreibbare charakterliche Eigenschaften der
Arbeitnehmer beziehen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Anforderungen in Begriffen definiert
werden, die auf die korrespondierenden Fähigkeiten und Verhaltensweisen der Beschäftigten abstellen
(vgl. Mentzel, 1994, S. 67).
Dabei ist zu beachten, daß es sich beim Anforderungsprofil um eine Momentaufnahme handelt, die
aufgrund der zunehmenden Umwelt- und Unternehmensdynamik, bedingt durch die jeweiligen
Marktveränderungen, den Wertewandel, die Konkurrenzsituation, die Umwelteinflüsse usw. fortlaufend
gewissen Änderungen unterworfen ist (vgl. Hentze, 1991(a), S. 215).
Außerdem lassen sich die zukünftigen Anforderungen an Führungskräfte und somit auch an
Unternehmernachfolger aufgrund der teils betriebsindividuellen Besonderheiten (z.B. Unternehmensgröße, Position, Tätigkeitsbereich, praktizierter Führungsstil) kaum in einem zugleich vollständigen
und einwandfrei strukturierten Gesamtkatalog erfassen (vgl. Alewell, 1989, S. 99; Eckhardt, 1990(b),
S. 23).
- 244 -
Da es aufgrund der oben angeführten Gründe mit diesen prospektiven Verfahren schwierig ist, die
genauen zukünftigen Arbeitsanforderungen zu prognostizieren, sollte generell eine möglichst breite
Qualifizierung erfolgen (vgl. Eckhardt, 1990(b), S. 23).
Anhand der empirisch ermittelten, in Anlage 17 graphisch dargestellten besonders leistungswirksamen
Erfolgs- und Problemfaktoren können die kritischen Arbeitsinhalte und daraus das Anforderungsprofil
für zukünftige Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben abgeleitet werden (siehe
Anlage 18). Dabei wurden nur diejenigen Inhalte in das Anforderungsprofil übernommen, die von
mindestens 30 % der Befragungsteilnehmer als besonders kritische Erfolgs- und/oder
Mißerfolgsfaktoren bewertet wurden.
Auch wenn im Rahmen dieses Anforderungsprofils versucht wurde, die wichtigsten Anforderungen an
einen zukünftigen Unternehmensführer aufzuzeigen, so bleibt die Darstellung dennoch unvollständig. Die
Aufgaben des Nachfolgers sind zu komplex und unternehmensspezifisch. Ferner sind die einzelnen KfzBetriebe in ihrer Unternehmensgröße, -struktur, Kapitalausstattung etc. zu unterschiedlich, so daß man
sie nicht vollständig und allgemeingültig beschreiben kann.
Dennoch wird deutlich, daß aufgrund der zunehmenden Fach- und Führungsanforderungen nur
besonders qualifizierte Personen diese genannten Anforderungen erfüllen können. Dies insbesondere
auch deshalb, weil unterschiedliche Ebenen, wie z.B. fachliche, führungsspezifische,
verhaltenspsychologische Anforderungen im Menschen angesprochen werden (vgl. Pieper, 1989, S.
79).
Es gibt kein Standard-Erscheinungsbild der erfolgreichen Unternehmerpersönlichkeit, die in jedem
Unternehmen, in jeder Situation und in jeder Problemkonstellation die ideale Besetzung wäre (vgl.
Karsten, 1989, S. 136). Die Kunst des erfolgreichen Unternehmensführers ist es, in der jeweiligen
Situation die richtigen Kompetenzen anzuwenden (vgl. Regnet/Schackmann, 1991, S. 50). In Zukunft
werden sicherlich weiter steigende Anforderungen speziell an die Persönlichkeit und Menschenführung
gestellt.
4.2.3. Beurteilung der Auswirkungen der angeführten Umwelt- und Unternehmensentwicklungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe
In Teil B des Fragebogens (siehe Anlage 14, S. 2) wurde nach den wichtigsten Kenntnissen über
prognostizierte Umwelt- und Unternehmensentwicklungen und deren Auswirkungen auf die
Automobilwirtschaft und speziell das Kfz-Gewerbe gefragt. Dieser Fragenblock hatte vorrangig die
Funktion von Filterfragen zwischen dem Teil A und den Teilen C bis F.
- 245 -
Tab. 5:
Wichtigkeit der Kenntnisse über Entwicklungsperspektiven in der Automobilwirtschaft und
speziell im Kfz-Gewerbe
Entwicklungsperspektiven
1. Allgemeine wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven
2. Auswirkungen des EG-Binnenmarktes 1993 auf das Kfz-Gewerbe
3. Zunehmende Dynamik des technologischen Fortschritts
4. Gewandelte Altersstruktur der Bevölkerung
(z.B. steigende Zahl älterer Bundesbürger)
5. Wertewandel bei der Bevölkerung und die daraus resultierende
veränderte Arbeitseinstellung und -auffassung
6. Konsequenzen der staatlichen Verkehrs- und Umweltpolitik
7. Gewandeltes Konsum- und Freizeitverhalten der Bundesbürger
8. Beziehungen zwischen Kfz-Herstellern/-Importeuren und -Betrieben
9. Veränderte Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter
Mittelwert
4,4
3,3
3,6
3,3
4,0
4,5
4,0
4,3
4,3
Grundsätzlich liegen alle aufgeführten Umwelt- und Unternehmensfaktoren über dem Indifferenzwert,
dem sog. Median (Wert = 3). Diese Beurteilung deckt sich mit der in Teil A des Fragebogens. Im
Bereich B "Strategische Unternehmensführung" wurden die Kenntnisse über zukünftige Umfeld- und
Marktbedingungen von vielen Befragten auch als recht leistungswirksame Ereignisse (EF=21,5 %;
PF=18,2 %) eingestuft (siehe auch Tab. 5).
Lediglich die beiden externen Umfeldfaktoren gewandelte Altersstruktur der Bevölkerung (z.B.
steigende Zahl älterer Bundesbürger) und Auswirkungen des EG-Binnenmarktes 1993 auf das KfzGewerbe liegen mit einem arithmetischen Mittel von 3,3 nahe am Median. Aus dem letztgenannten
Ergebnis kann man ableiten, daß die befragten Kfz-Unternehmer/-Geschäftsführer keine besonderen
internationalen Wettbewerbsverschiebungen aufgrund des EG-Binnenmarktes erwarten. Sie gehen auch
weiterhin davon aus, daß vorrangig ein lokaler bzw. regionaler Wettbewerb in ihrem
Marktverantwortungsgebiet bestehen wird. Einige Jahre nach Öffnung der EU-Grenzen ist zu
konstatieren, daß ein intensiver, europaweiter Fahrzeug- und Teilehandel entstanden ist.
Alle anderen Umwelt- und Unternehmensbedingungen werden insgesamt mindestens für wichtig
angesehen. Als bedeutsame Entwicklungsperspektiven beurteilen die Befragten die Konsequenzen der
staatlichen Umwelt- und Verkehrspolitik sowie die allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven. Veränderungen in diesen Umweltkonstellationen können weitreichende Konsequenzen für den Unternehmenserfolg haben. Rezessive Wirtschaftsphasen, wie sie seit Mitte 1992
speziell in Westdeutschland zu verzeichnen sind, wirken sich negativ auf den Unternehmensertrag aus.
Weitere restriktive umwelt- und verkehrspolitische Entscheidungen gegenüber dem Straßenverkehr
seitens der Bundesregierung (z.B. weitere Erhöhung der Mineralöl- und/oder Kfz-Steuer, Einführung
der Kfz-Vignette, Sperrung der Innenstädte) würden vergleichbare Auswirkungen nach sich ziehen.
Da den Konsequenzen der staatlichen Verkehrs- und Umweltpolitik von den Befragten große
Bedeutung beigemessen wird (Mittelwert: 4,5), wird im Rahmen der Lehrplangestaltung das aktive
Umweltmanagement als zusätzlicher Themenbereich aufgenommen.
- 246 -
Ferner werden die veränderten Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter für mehr als wichtig
erachtet. Dies belegt, daß den Befragungsteilnehmern bewußt ist, daß die Qualifikationen der
Belegschaft zukünftig ein äußerst erfolgsentscheidender Wettbewerbsfaktor sein wird. Nahezu genauso
wichtig erachten sie eine kooperative und vertrauensvolle Beziehung zwischen dem Kfz-Hersteller/Importeur und den angeschlossen Kfz-Betrieben. Dies zeugt von dem Wunsch der Kfz-Händler nach
einer vertrauensvollen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit.
4.2.4. Die präferierten Qualifikationswege und relevanten Kenntnismerkmale
4.2.4.1.
Allgemeine Schul- und Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und Studium
a) Rubrik A: Allgemeine Schulausbildung
Dem seit zwei Jahrzehnten anhaltenden Trend im westdeutschen Schul- und Bildungssystem folgend
wird für die zukünftigen Unternehmernachfolger von den meisten Befragungsteilnehmern ein
höherwertiger Schulabschluß als notwendig angesehen. Über Dreiviertel von ihnen erachten entweder
die Fachhochschulreife bzw. das Fachabitur (35 %) oder das Abitur (42,5 %) für am geeignetsten
(siehe auch Tab. 6). Dabei waren keine bemerkenswerten unternehmensgrößenbedingten oder
altersspezifischen Besonderheiten festzustellen.
Tab. 6:
Präferierte allgemeine Schulausbildung
Allgemeine Schulbildung
1. Hauptschulabschluß
2. Qualifizierter Hauptschulabschluß bzw. Mittlere Reife
3. Fachhochschulreife bzw. Fachabitur
4. Abitur
Keine oder fehlerhafte Angaben
Summe
Gesamt
1
28
52
63
3
147
rel. Häufigkeit
0,68 %
18,92 %
35,14 %
42,57 %
2,04 %
100,00 %
b) Rubrik B: Berufsausbildung
Im Gegensatz zu vielen heutigen Senior-Unternehmern und -Geschäftsführern, die oftmals eine
gewerblich-technische - evtl. mit anschließender Meisterprüfung - oder kaufmännische Lehre
absolviert haben, stufen nur noch wenige diese Berufsausbildung für zukünftige Unternehmensführer als
vordringlich ein. Insbesondere die auch nach dem dualen System - wirtschaftstheoretische Schulung in
der jeweiligen Studieneinrichtung und die berufspraktische Ausbildung im Betrieb - aufgebauten
Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft für Abiturienten (z.B. Betriebswirt (VWA), DiplomBetriebswirt (BA)) werden als wesentlich geeigneter eingestuft (63 %). Wiederum wird eine Lehre in
einem nicht automobilspezifischen Ausbildungszweig (z.B. Lehre als Bankkaufmann oder
Steuergehilfe) nur von 10 Prozent der Befragungsteilnehmer als relevant angesehen. Von denen, die
sich bezüglich einer nicht automobilspezifischen Berufsausbildung äußerten, präferierten 5 Personen eine
Lehre als Bankkaufmann (siehe auch Tab. 7).
- 247 -
In der Rubrik B) gab es einige Doppelnennungen. Besonders der Punkt 3 wurde von knapp Zweidrittel
der Befragungsteilnehmer als wichtige Berufsausbildung und gute Voraussetzung für den zukünftigen
Berufsweg erachtet.
Tab. 7:
Bevorzugte Berufsausbildung
Berufsausbildung
1. Spezifische gewerblich-technische Lehre im Kfz-Gewerbe
(z.B. Kfz-Mechaniker, -Elektriker)?
2. Spezifische kaufmännische Lehre im Kfz-Gewerbe
(z.B. Einzelhandelskaufmann im Kfz-Gewerbe, Großund Außenhandelskaufmann)?
3. 3-jährige kombinierte kaufmännische Berufs- (Lehre) und
wirtschaftstheoretische Ausbildung im Rahmen der Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft (z.B. Betriebswirt (VWA),
Diplom-Betriebswirt (BA))128?
4. Lehre in einem nicht automobilspezifischen Ausbildungszweig (z.B. Lehre als Bankkaufmann oder Steuergehilfe)?
Summe
Gesamt
44
rel. Häufigkeit
29,9 %
35
23,8 %
93
63,3 %
15
10,2 %
187
.
c) Rubrik C: Universitätsausbildung
Die befragten Unternehmer bzw. Geschäftsführer erachten für die zukünftigen Nachfolger bzgl. der
betriebswirtschaftlichen (Fach-)Hochschulausbildung die Ende der 80er Jahre eingerichteten,
automobilspezifischen Studiengänge an der Universität Bamberg mit dem Wahlpflichtfach
"Automobilwirtschaft" im Hauptstudium (31,3 %) und vor allem das an der Fachhochschule
Nürtingen/Außenstelle Geislingen angebotene Vertiefungsfach "Kfz-Wirtschaft" (34,7 %) mittlerweile in “Automobilwirtschaft“ umbenannt - für besonders ratsam (siehe auch Tab. 8).
128
Zulassungsvoraussetzung: Abitur
- 248 -
Tab. 8:
Bedeutung des Fachhochschul- und Hochschulstudiums
(Fach-)Hochschulstudium
1. Betriebswirtschaftliches Studium an einer Fachhochschule (FH)
1.1. ohne automobilspezifische Wahl-/Schwerpunktfächer
im Hauptstudium
1.2. mit Schwerpunkt Kfz-Wirtschaft im Hauptstudium
an der Fachhochschule Nürtingen
2. Betriebswirtschaftliches Studium an einer Universität
2.1. ohne automobilspezifische Wahl-/Schwerpunktfächer
im Hauptstudium
2.2. mit Schwerpunkt Automobilwirtschaft im Hauptstudium
an der Universität Bamberg
3. Anderer Studiengang als Betriebswirtschaft
(z.B. Rechtswissenschaft, Psychologie)
Keine Angaben
Summe 147
Gesamt rel. Häufigkeit
14
9,5 %
51
34,9 %
10
6,8 %
46
31,3 %
3
2,0 %
23
15,6 %
100,0 %
Während das betriebswirtschaftliche Studium an einer Fachhochschule (9,5 %) und an einer
Universität (6,8 %) ohne automobilspezifische Schwerpunktfächer im Hauptstudium auch noch von
einigen bevorzugt wird, erachten nur 2 Prozent der Befragten einen anderen Studiengang als
Betriebswirtschaft (z.B. Rechtswissenschaft, Psychologie) für relevant. Von zwei Probanden wurde
unter Sonstiges das Jura-Studium angeführt.
Demgegenüber präferieren interessanterweise viele Personalmanager bzw. Vorstandsvorsitzende großer
international operierender Unternehmungen wirtschaftsfremde Studiengänge der Geistes- und
Sozialwissenschaften wie Pädagogik, Philosophie, Soziologie. Gerade den Absolventen dieser
Studiengänge konstatiert man, daß sie umfangreichere außerfachliche, generelle Qualifikationen wie
Persönlichkeit, Ausstrahlung, Begeisterungsfähigkeit, Kommunikations-, Teamfähigkeit, vernetztes
Denken etc. vermittelt bekommen. Sie bringen vermeintlich eine größere Sensibilität für die Belange der
immer erfolgsentscheidenderen Beschäftigten mit (vgl. Sinn, 1991, S. 33).
Über 15 Prozent der Befragungsteilnehmer haben diese Rubrik C) nicht angekreuzt. Das kann einerseits
daran liegen, daß sie sich aus verschiedenen Gründen (z.B. zu geringe Kenntnisse über die einzelnen
Studienmöglichkeiten) nicht schlüssig waren über die einzelnen Studiengänge, oder daß sie ein Studium
für irrelevant erachten.
Speziell Unternehmer/Geschäftsführer kleinerer Autohäuser mit weniger als 25 Mitarbeitern hielten ein
Studium für nicht notwendig.
d) Rubrik D: Auslandsstudium
Über 60 Prozent der Befragten haben in diesem Fragenblock nichts angekreuzt. Das kann zum einen
daran liegen, daß sie einen Studienaufenthalt der Nachfolger im Ausland für unnötig erachten oder zum
anderen, daß Informationsdefizite über Zulassungsvoraussetzungen, Lehrplaninhalte, Vorzüge,
(Abwicklungs-)Modalitäten etc., speziell über die stark branchenspezifischen Studienmöglichkeiten des
erst seit 1992 vom ZDK angebotenen USA-Studiums an der "Northwood University", bestehen. Des
- 249 -
weiteren wäre auch möglich, daß viele Befragte ein Auslandsstudium grundsätzlich für bedeutsam
ansehen, aber aufgrund der hohen Kosten finanziell nicht die Möglichkeit dazu haben.
Tab. 9:
Beurteilung der Wichtigkeit eines Auslandsstudiums
Auslandsstudium
1. an einer Universität ohne automobilspezifische
Wahl-/Schwerpunktfächer (etwa 1-2 Semester)
2. ein spezielles (Aufbau-)Studium an der "Northwood
University" (USA)129
Keine oder fehlerhafte Angaben
Summe
Gesamt
14
rel. Häufigkeit
9,5 %
43
29,3 %
90
147
61,2 %
100,0 %
Nahezu 30 Prozent derjenigen, die ein Studium grundsätzlich für wichtig erachten, halten ein spezielles
(Aufbau-)Studium an der "Northwood University" für bedeutsam und nur 9,5 Prozent an einer
Universität ohne automobilspezifische Wahlpflichtfächer (etwa 1-2 Semester); siehe auch Tab. 9.
Dieses Ergebnis, in Verbindung mit der geringen Bedeutungsbeimessung der Auswirkungen des EGBinnenmarktes 1993 auf das Kfz-Gewerbe (siehe Tab. 5 zweite Zeile) verdeutlicht, daß die Befragten
auch in Zukunft primär von einem lokalen Wettbewerb in ihrem jeweiligen Marktverantwortungsgebiet
ausgehen und weniger internationale Verflechtungen für das einzelne Autohaus sehen.
e) Rubrik E: Gewerblich-technische und kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten
Nicht nur beim Fachhochschul- und Universitätsstudium, sondern auch bei den beruflichen Fortbildungsmöglichkeiten dominiert deutlich die branchenspezifische Schulung. Die knapp einjährige
kaufmännische Schulung an der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC)
präferieren über 61 Prozent der Befragungsteilnehmer. An zweiter Stelle der Fortbildungsmöglichkeiten
folgt die von vielen heutigen Senior-Unternehmern bzw. -Geschäftsführern selbst absolvierte KfzMeisterprüfung mit über 35 Prozent. Die Ende 1992 neu geschaffene gewerblich-technische
Fortbildungsmöglichkeit zum Kfz-Servicetechniker (10,9 %) sowie die Schulungsmaßnahmen
öffentlich-rechtlicher (z.B. Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, staatliche
Akademien) und vor allem kommerzieller (z.B. Bad Harzburger Managementschule)
Managementinstitute werden als weniger bedeutsam beurteilt. An weiteren Bildungsmöglichkeiten
wurden unter Sonstiges noch genannt: EG-Auslandsaufenthalt, Jura-Teilzeitstudium sowie
Fortbildungsmaßnahmen der Hersteller/Importeure, auf die in der übernächsten Frage separat und
detaillierter eingegangen wird (siehe auch Tab. 10).
Auch in dieser Rubrik gab es viele Doppelnennungen. Anscheinend erachten einige die Kombination
Kfz-Meisterbrief und Fachschule für Kfz-Wirtschaft als interessante, praxisnahe Verknüpfung einer
129
Die "Northwood University" bietet Absolventen der "Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe"
(BFC) und (Fach-)Hochschulabsolventen entsprechende Studienmöglichkeiten an.
- 250 -
handwerklich-technischen und kaufmännischen Fortbildung sowie als mögliche Alternative zum
Wirtschaftsstudium.
Tab. 10: Gewerblich-technische und kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten
Fortbildungsmöglichkeiten
1. Technische/Handwerkliche Fortbildungsmöglichkeiten
1.1. Kfz-Servicetechniker
1.2. Kfz-Meisterbrief als Mechaniker oder Elektriker
2. Kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten
2.1. staatlicher Institutionen (z.B. IHK, Handwerkskammer, staatliche Akademien)
2.2. kommerzieller Managementinstitute (z.B. Bad
Harzburger Managementschule)
2.3. Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im
Kfz-Gewerbe (BFC)
3. Sonstiges
Summe
4.2.4.2.
Gesamt
rel. Häufigkeit
16
52
10,9 %
35,4 %
15
10,2 %
10
6,8 %
90
61,22 %
4
187
2,7 %
.
Fachwissen und -können
Eine zusätzliche handwerkliche Berufsausbildung als Kfz-Mechaniker oder zumindest ein 1,5jähriges Intensivpraktikum in der Werkstatt neben einer kaufmännischen Lehre wird von den
Befragungsteilnehmern für weniger wichtig angesehen. Der durchschnittliche Wert der Gesamtakzeptanz
von 2,2 lag deutlich unter dem Median (teils-teils = Wert 3).
4.2.4.3.
Spezielle, branchenbezogene Fortbildungsmaßnahmen im In- und Ausland
a) Unternehmernachfolger-Seminare
Bei den speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren werden nicht - wie man vermuten könnte - die
fabrikatsspezifischen Händlernachwuchs-Programme des Herstellers/Importeurs präferiert
(Mittelwert: 3,8). Die fabrikatsübergreifenden Schulungsmaßnahmen beispielsweise der "Autohaus Akademie" werden nach dieser Untersuchung als geeigneter eingestuft (Mittelwert: 4,1). Ferner
werden auch Nachfolgerprogramme von nicht branchenspezifischen Anbietern (z.B. Industrieund Handelskammern, Bad Harzburger Managementinstitute) als recht wichtig beurteilt (Mittelwert:
3,8); siehe auch Tab. 11.
Die hohe Einstufung der Unternehmernachfolger-Programme externer Anbieter könnte zum einen daran
liegen, daß die Befragten eine autonome, generalistische, werks- und fabrikatsungebundene Schulung
für effektiver ansehen. Zum anderen ist es denkbar, daß es bei einigen befragten Händlern keine
werkseigenen Seminare für diese Zielgruppe gibt oder daß die Qualität dieser Schulungsmaßnahmen zu
wünschen übrig läßt.
- 251 -
Tab. 11: Wichtigkeit der Teilnahme an Unternehmernachfolger-Seminaren
Anbietende Bildungsinstitutionen
1. Schulungszentren der einzelnen Hersteller/Importeure
2. Branchenbezogene, fabrikatsübergreifende Anbieter
(z.B. Autohaus Akademie)
3. Nicht branchenspezifische Anbieter
(z.B. IHK, Bad Harzburger Managementschule)
Mittelwert
3,8
4,1
3,8
b) Auslandspraktikum
Im Gegensatz zu einigen Branchenexperten (z.B. B. Enning - ehemaliger Präsident des ZDKs, I. Meyer
- Bildungsfachmann des ZDKs), die generell ein branchenspezifisches Auslandspraktikum für
Nachfolger in anderen EG-Staaten (z.B. Frankreich, Großbritannien) und vor allem in den USA für
äußerst wichtig erachten, beurteilen die Befragten ein etwa 2- bis 3-monatiges Auslandspraktikum im
Kfz-Gewerbe lediglich als wichtig (Mittelwert: 3,9). Ferner halten sie ein branchenfremdes Praktikum
nur bedingt für notwendig (Mittelwert: 2,7); siehe auch Tab. 12.
Tab. 12: Notwendigkeit eines Auslandspraktikums (etwa 2-3 Monate)
Branche
1. branchenfremd
2. in einem Kfz-Betrieb
4.2.4.4.
Mittelwert
2,7
3,9
Erwerb praktischer (Berufs-)Erfahrungen in den einzelnen Unternehmensbereichen
eines Kfz-Betriebes und in anderen Wirtschaftsbereichen
a) Praktische Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Abteilungen
Wie in Fachzeitschriften und verschiedenen Untersuchungen (z.B. Mobil Oil-Studie von 1990) immer
wieder angeführt, bieten der Kundendienst-/Werkstatt-, Gebrauchtwagen- sowie Teile- und
Zubehörbereich zukünftig die größten Erfolgschancen. Sie weisen auch die besten Profilierungs- und
Ertragspotentiale auf. Dementsprechend erscheinen den befragten Unternehmern/
Geschäftsführern speziell in diesen drei Bereichen fundierte praktische Berufserfahrungen besonders
wichtig. Danach folgen erst praktische Erfahrungen in dem komplexen Aufgabengebiet der
Geschäftsführung (siehe auch Tab. 13).
- 252 -
Tab. 13: Notwendigkeit der praktischen Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Abteilungen des KfzBetriebes
Abteilungen
1. Neuwagenbereich
2. Gebrauchtwagenbereich
3. Kundendienst-/Werkstattbereich
4. Teile- und Zubehörbereich
5. Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen
6. Geschäftsführung
Mittelwert
3,3
4,5
4,6
4,3
2,5
4,3
Da der jahrelang wichtigste, umsatz- und gewinnbringende Neuwagenbereich aufgrund der gesättigten
Märkte kaum noch quantitativ zunehmen wird, erscheinen den Befragungsteilnehmern diesbezügliche
intensive praktische Erfahrungen nur noch bedingt wichtig (Mittelwert: 3,3). Von geringerer Bedeutung
werden trotz des zunehmenden Verdrängungswettbewerbs und der steigenden Bedeutung des
Kostenmanagements (z.B. Planungsrechnung, Kosten- und Ergebnisrechnung, Kalkulation) praktische
Erfahrungen in der Finanzbuchhaltung und im Rechnungswesen eingestuft (Mittelwert: 2,5).
b) Gewinnung praktischer Berufs- und Branchenerfahrungen in anderen Betrieben, also nicht im
familieneigenen bzw. Stammbetrieb
Genauso wie viele Branchenexperten (u.a. B. Enning, I. Meyer), bewerten auch die meisten
Befragungsteilnehmer die praktische Erfahrungsgewinnung der Nachfolger bei Partnerhändlern
sowohl des eigenen Fabrikats (Mittelwert: 4,8) als auch mit gewissen Abstufungen bei Fremdfabrikatshändlern (Mittelwert: 4,4) als übermäßig wichtig (siehe auch Tab. 14). Den Nachwuchskräften
sollte nach einer abgeschlossenen Berufs- oder Hochschulausbildung die Möglichkeit eines
Wanderschafts- oder Praktikantenjahres eingeräumt werden, um andere Betriebsabläufe und
Führungskriterien praktisch kennenzulernen - siehe auch die Renaissance der "Wanderschaftsjahre" des
Handwerks (z.B. Zimmerleute) seit Mitte der 80er Jahre.
Tab. 14: Händlerbetriebe zur praktischen Erfahrungsgewinnung
Händlerbetriebe
1. Partnerhändler des gleichen Fabrikats
2. Kfz-Händler anderer Fabrikate
Mittelwert
4,8
4,4
Vergleicht man diese recht hohen Mittelwerte der inländischen branchenspezifischen Praktika mit den
Werten des Auslandspraktikums (siehe Kapitel 4.2.4.3., Unterpunkt b)), so kann man erkennen, daß
die Befragungsteilnehmer in erster Linie nationale Praktika in verschiedenen Kfz-Betrieben bevorzugen
und weniger in anderen EG-Staaten und/oder in den USA, wie es die Bildungsfachleute für dringend
erforderlich erachten. Bei der Beurteilung mögen für die Befragten u.U. auch Kostenaspekte,
Sprachbarrieren, Kulturängste, Kenntnisdefizite über internationale Volontariate, fehlende Kontakte,
gesetzliche Schranken etc. ausschlaggebend gewesen sein.
- 253 -
Aufgrund dieser Befragungsergebnisse ergeben sich unterschiedliche Handlungsfelder für die
Schulungsinstitutionen der Hersteller/Importeure, evtl. in Zusammenarbeit mit den regionalen
Händlerbeiräten und dem ZDK. Vorrangig sollten sie innerhalb ihrer Händlerorganisation wie auch bei
Fremdfabrikaten den Unternehmernachfolgern zuerst einmal nationale Möglichkeiten schaffen, auch in
anderen Kfz-Betrieben Berufserfahrungen zu sammeln. Voraussichtlich wird in einigen Jahren durch das
weitere Zusammenwachsen der einzelnen europäischen Staaten eine internationale Qualifizierung der
Nachfolger unumgänglich. Dies erfordert dann eine intensivere Zusammenarbeit der einzelnen nationalen
Schulungseinrichtigungen der Hersteller/Importeure und der nationalen Zentralverbände.
Die Autohaus Akademie bietet bereits im Rahmen der "Autohaus-Praktikantenbörse" u.a. für
Absolventen ihrer Unternehmernachfolger-Kollegs praktische Erfahrungsgewinnung bei verschiedenen
markengebundenen Kfz-Betrieben im In- und Ausland an.
c) Praktikum in branchenfremden, möglicherweise erlebnisorientierten Wirtschaftsbereichen (z.B.
Parfümerie-, Touristik-, Sportartikel-Einzelhandel)
Aufgrund des Wertewandels der Gesellschaft, dem steigenden Einkommen und Vermögen der
westdeutschen Bevölkerung und den damit verbundenen zunehmenden Ansprüchen der Kunden
hinsichtlich Erlebniseinkaufsatmosphäre, Servicebequemlichkeit, Beratungsqualität etc. speziell im
Fahrzeugkauf und Kundendienst, beurteilen die Befragten ein Praktikum in branchenfremden,
möglicherweise erlebnisorientierten Wirtschaftsbereichen (z.B. Parfümerie-, Touristik-, Sportartikel-Einzelhandel) als wichtig (Mittelwert: 3,8). Zu einer vergleichbaren Einstufung gelangt auch der
Bildungsfachmann des ZDKs. Durch ein Praktikum in diesen sog. "Shopping-Paradiesen" erhofft man
sich interessante Gedankenanstöße bzgl. der Kundenberatung und -betreuung, Leistungs- und
Produktpräsentation, Werbung etc. (sog. "Blick über den eigenen Tellerrand"), die man auf das KfzGewerbe übertragen kann.
4.2.4.5.
Vergleich der Antworten zum Qualifikationsweg mit den korrespondierenden
Beurteilungen der besonders kritischen Arbeitsinhalte
Vergleicht man die Antworten zum Qualifikationsweg in Teil C des Fragebogens (siehe Tab. 6 bis 14)
mit den korrespondierenden Beurteilungen der besonders kritischen Erfolgs- und Problemfaktoren in
Teil A (siehe Anlage 16 und 17), so sind wichtige Übereinstimmungen zu konstatieren. Beispielsweise
wurden im Bereich A "Qualifikationsanforderungen" sowohl die branchenbezogene Aus- und
Fortbildung (EF = 55,9 %) als auch die Kenntnisse über abteilungsspezifische Besonderheiten (PF
= 38,1 %) als besonders leistungswirksame Ausprägungen eingestuft. Im Rahmen der
Qualifikationswege in Teil C wurde ebenfalls großes Gewicht auf eine branchenbezogene Aus- und
Fortbildung gelegt (z.B. Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe, FH Nürtingen)
sowie auf Schulungsmaßnahmen über abteilungsspezifische Besonderheiten im Rahmen der
Unternehmernachfolger-Seminare. Ferner sind gewisse Überschneidungen beim Antwortverhalten der
- 254 -
Befragten bzgl. der praktischen Berufserfahrung in beiden Fragenblöcken festzustellen. Dies
verdeutlicht, daß sich die Befragungsteilnehmer über die Bedeutung einer umfassenden fach- und
führungsbezogenen, branchenspezifischen Berufs- und (Fach-) Hochschulausbildung mit Praktika in
mehreren in- und ausländischen Betrieben im klaren sind.
4.2.4.6.
Branchenspezifische Vorschläge über mögliche Aus - und Fortbildungswege für
zukünftige Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe
Die nachfolgend aufgeführten Vorschläge über mögliche Aus- und Fortbildungswege für zukünftige
Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe sind anhand der Häufigkeitsverteilungen der empirischen
Untersuchung und durch Gespräche mit Branchenexperten erstellt worden. Die Differenzierung in
kleinere, mittlere und große Kfz-Betriebe ist anhand einer inoffiziellen Aufteilung der
Unternehmensgrößenklassen des ZDKs vorgenommen worden, wonach
- Kleinbetriebe bis zu 10 Arbeitnehmern,
- Mittelbetriebe 11- 49 Mitarbeiter und
- Großbetriebe 50 und mehr Personen beschäftigen.
a) Vorschlag für einen stärker berufspraktisch orientierten Qualifizierungsweg (vorrangig für
Unternehmernachfolger kleinerer Kfz-Betriebe geeignet):
- Fachhochschulreife bzw. Fachabitur,
- Lehre als Kfz-Mechaniker,
- einjährige Berufserfahrung,
- Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe und/oder Kfz-Meisterprüfung,
- Teilnahme an speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren entweder des vertragsgebundenen
Herstellers/Importeurs oder des branchenbezogenen, fabrikatsungebundenen Anbieters (Autohaus
Akademie),
- praktische Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Unternehmensbereichen in verschiedenen
Autohäusern, vorrangig im Inland.
b) Vorschlag für einen kombinierten kaufmännischen und wirtschaftstheoretischen Aus- und
Fortbildungsweg (primär für Unternehmernachfolger mittelgroßer Kfz-Betriebe geeignet):
- Abitur,
- kombinierte kaufmännische Berufs- und wirtschaftstheoretische Ausbildung im Rahmen der
Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft,
- Erwerb von Grundkenntnissen über Kfz-Technik,
- Teilnahme an speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren entweder des branchenbezogenen,
fabrikatsübergreifenden Anbieters (Autohaus Akademie) oder des vertragsgebundenen Herstellers/Importeurs,
- 255 -
- praktische Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Unternehmensbereichen in verschiedenen
Autohäusern, vorrangig im Inland.
c) Vorschlag für einen stärker betriebswirtschaftlich orientierten Qualifizierungsweg (in erster Linie für
Unternehmernachfolger größerer Kfz-Betriebe geeignet):
- Fachhochschulreife bzw. Fachabitur oder (Voll-)Abitur,
- branchenspezifisches (Fach-)Hochschulstudium an der FH Nürtingen oder an der Universität Bamberg
mit Wahlpflichtfach Automobilwirtschaft im Hauptstudium,
- Teilnahme an speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren entweder des branchenbezogenen,
fabrikatsübergreifenden Anbieters (Autohaus Akademie) oder des vertragsgebundenen Herstellers/Importeurs,
- praktische Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Unternehmensbereichen in verschiedenen
Autohäusern im In- und Ausland.
4.2.5. Befragungsergebnisse hinsichtlich der Bedeutung der angeführten Seminarthemen und
-inhalte
4.2.5.1.
Beurteilung der Notwendigkeit der angeführten Themen und Inhalte
Bei den angeführten Seminarthemen und -inhalten für ein Qualifizierungsprogramm für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben ist grundsätzlich anzumerken, daß kein Thema
bzw. Inhalt einen Mittelwert von weniger als 3,5 aufweist und somit alle eindeutig über dem
Indifferenzwert von 3 (teils-teils) liegen (siehe auch Tab. 15).
Im Themen- und Inhaltsblock über die "strategische Unternehmensführung" treten die stärksten
Beurteilungs-Gegenpole auf. Einerseits wurde der integrativen Verknüpfung von Unternehmensund Personalplanung für den langfristigen Unternehmenserfolg mit dem arithmetischen Mittel von
4,7 die größte Bedeutung aller angeführten Seminarthemen und -inhalte beigemessen. Dieser mit
Abstand höchste Mittelwert zeigt auf, daß die Befragten verstanden haben, daß für den zukünftigen
Unternehmenserfolg neben einer strategischen Unternehmensplanung vor allem auch die
Berücksichtigung der (persönlichen) Ziele, Qualifikationen und Motivationsaspekte etc. der
Arbeitnehmer immer erfolgsentscheidender für das Unternehmen werden. Andererseits erhielten in
diesem Fragenblock die Jahreszielgespräche und Budgetplanung mit dem arithmetischen Mittel von
3,5 den geringsten Wert aller Fragen in Teil D. Aus dieser Einstufung läßt sich ableiten, daß viele der
Befragten die sehr bedeutende, kurzfristige Planungsrechnung (z.B. für Wochen, Monate, halbe und
ganze Jahre) für einzelne Abteilungen und das Gesamtunternehmen über kurzfristige Absatz- und
Umsatzprognosen, Rendite- und Liquiditätsentwicklung etc. für nur bedingt wichtig erachten.
Im einzelnen beurteilten die Befragungsteilnehmer die Bedeutung der Themen und Inhalte wie folgt:
- 256 -
Tab. 15: Befragungsergebnisse bzgl. der Bedeutung der angeführten Seminarthemen und -inhalte
Seminarthemen und -inhalte
Fragen zur strategischen Unternehmensführung:
1. Generelle Ziel- und Strategiekonzeption im Autohaus?
2. Ganzheitliche strategische und operative Planung und Controlling
unter Berücksichtigung der Ziele, Werte und Verhaltensweisen im
Unternehmen?
3. Aufbau und Inhalt einer unternehmensspezifischen Corporate Identity
(=Unternehmensidentität)?
4. Kenntnisse über analytische Planungsinstrumente (z.B. PortfolioTechnik, Stärken-/Schwächen-Analyse)?
5. Jahreszielgespräche und Budgetplanung?
6. Kenntnisse über betriebswirtschaftliche Planungs- und Steuerungsinstrumente (z.B. Bilanz, G.u.V., KER, Liquiditätsplanung)?
7. Bedeutung der integrativen Verknüpfung von Unternehmens- und
Personalplanung für den langfristigen Unternehmenserfolg?
Mittelwert
Seminarthemen und -inhalte
Fragen zur Organisationsstruktur:
1. Darstellung der Organisationsstrukturen und Leitungssysteme in
mittelständischen Kfz-Betrieben?
2. Formen der Arbeitsorganisation/-strukturierung in Autohäusern
(z.B. Profit Center, Team-Konzept, Qualitätszirkel)?
3. Arbeitstechniken eines Unternehmensführers (z.B. Zeit- und Selbstmanagement, Rhetorik und Vortragstraining, anwenderspezifische
EDV-Kenntnisse)?
Mittelwert
Seminarthemen und -inhalte
Fragen zum strategischen Personalmanagement:
1. Gründe für die zunehmende Bedeutung der Belegschaft für den langfristigen Unternehmenserfolg?
2. Aufbau und Inhalt der einzelnen Teilbereiche des strategischen Personalmanagements (z.B. strategische Personalbeschaffung,/-auswahl,
Leistungserfassung, -beurteilung, Personalentwicklung, Anreize/
Belohnung)?
3. Besondere Bedeutung der langfristigen Karriere- und Laufbahnplanung
sowie Entwicklung qualifizierter Nachwuchskräfte für den einzelnen
Betrieb?
4. Erläuterung der einzelnen Führungsstile, und deren situative Einsatzmöglichkeiten?
5. Aufgabe und Inhalt von Führungsgrundsätzen?
6. Verschiedene Führungsmittel (z.B. Informations- und Kommunikationsverhalten, Konfliktbehandlung, Anerkennung und Kritik im
Rahmen von Mitarbeitergesprächen bzw. Leistungsbeurteilungen) und
deren Auswirkungen auf die Mitarbeitermotivation?
7. Die Bedeutung materieller und immaterieller Arbeitsanreize
(z.B. Arbeitsentgelt, flexible Arbeitszeitregelung, Delegation von Verantwortung, berufliche Aufstiegsperspektiven) auf die Leistungs-/
Mitarbeitermotivation?
Mittelwert
4,3
4,2
4,3
3,8
3,5
4,2
4,7
4,3
3,8
4,0
3,9
4,4
4,1
4,1
3,7
4,4
4,3
Die unpersönlichen Kommunikationsmittel wie Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit (PR) wurden von den Befragten als wichtig eingestuft. Aufgrund der (zu) großen Zahl von Kfz-
- 257 -
Betrieben, der zunehmenden Sättigungstendenzen speziell auf dem Neuwagenmarkt und des damit
einhergehenden Verdrängungswettbewerbs, bekommt die gezielte Kommunikationspolitik noch mehr
Bedeutung, um sich gegenüber den Mitbewerbern individuell zu profilieren und vorteilhaft abzuheben
(siehe auch Tab. 16).
Tab. 16 Kenntnisse über branchenspezifische Marketingmaßnahmen
Seminarthemen und -inhalte
1. Werbung?
2. Verkaufsförderung?
3. Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations)?
Mittelwert
4,1
4,2
4,1
Zur Verminderung möglicher (Generations-)Konflikte bei der Planung und Durchführung der
Unternehmensnachfolge wäre es ratsam, dies zeigt auch das Ergebnis der Befragung (Mittelwert: 3,9),
wenn die Schulungsinstitutionen gemeinsame Seminare (z.B. 1- bis 2-tägige Lehrgänge) für den
Seniorchef und den Nachfolger anbieten würden. Im Rahmen dieser Veranstaltungen sollten beide
Seiten über Reibungspunkte, nötige Freiräume für den Junior, Verhaltensweisen im betrieblichen
Umgang miteinander etc. geschult werden. Abschließend sollte ein verbindlicher betriebsspezifischer
Ablauf- und Zeitplan erstellt werden, unter Berücksichtigung der Qualifikation und Kenntnismerkmale
des Nachfolgers sowie des Alters und der Rücktrittsvorstellungen des Seniorchefs etc. (siehe auch Tab.
17).
Tab. 17: Gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur Vermeidung von
Generationskonflikten bei der Unternehmensübergabe
Seminarthemen und -inhalte
Gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur
Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge?
Mittelwert
3,9
Die befragten Kfz-Unternehmer/-Geschäftsführer präferierten zu 68,5 % das auch immer wieder in der
diesbezüglichen Literatur als die beste Lösung bezeichnete schrittweise Einführen und Übergeben
(innerhalb von 3-5 Jahren) der Unternehmensführung an den Nachfolger; siehe auch Fragebogen S.
6. Speziell die jüngeren Befragungsteilnehmer unter 35 Jahren präferierten diese Vorgehensweise (86,7
%).
An zweiter Position folgt altersübergreifend die kurzfristige Übergabe (innerhalb eines Jahres) mit
19,2 %. Entgegen den Erwartungen wurde diese abrupte Variante von keinem der jüngeren Befragten
als die beste Alternative angekreuzt. Die in der Praxis (leider) oft vorzufindende fortlaufende
Zusammenarbeit des Senior- und Juniorchefs über 5 Jahre hinaus erachteten generell nur 12,3 %
der Befragten für die geeignetste Art der Unternehmensübergabe. Gerade die älteren
- 258 -
Befragungsteilnehmer (55 Jahre und älter) bevorzugen überproportional (16,7 %) diese längerfristige
Übergabeform130 (siehe auch Tab. 18).
Tab. 18: Art und Weise der präferierten Unternehmensübergabe
Art und Weise der Unternehmensübergabe
1. Kurzfristige Übergabe (innerhalb 1 Jahres)?
2. Schrittweises Einführen und Übergeben
(innerhalb von 3-5 Jahren)?
3. Fortlaufende Zusammenarbeit des Seniorund Juniorchefs über 5 Jahre hinaus?
Keine oder fehlerhafte Angabe
Summe
Gesamt
28
100
rel. Häufigkeit
19,2 %
68,5 %
18
12,3 %
1
147
0,7 %
100,0 %
Als weitere wichtige Seminarthemen wurden von den Befragten (am Ende von Teil E, S. 6) angegeben (es sind nur Themen aufgeführt, die von mindestens 3 Personen genannt wurden):
Tab. 19: Weitere wichtige Seminarthemen und -inhalte
Seminarthemen
- Mitarbeiterführung
- Marketing bzw. Marketingstrategie
- verhaltenspsychologische Seminare
- Persönlichkeitsentwicklung
- aktiver betrieblicher Umweltschutz
Anzahl der Nennungen
8
6
4
3
8
Die angeführten Themen sind im Rahmen der Gestaltung des Lehrplans zusätzlich berücksichtigt
worden, soweit sie sich nicht bereits schon aus den angeführten Themen ergaben.
4.2.5.2.
Vergleich der Bewertungen der Seminarthemen und -inhalte mit den Beurteilungen
über die korrespondierenden besonders kritischen Arbeitsinhalte
Vergleicht man die Ergebnisse der Einstufung der Befragungsteilnehmer über die besonders kritischen
Erfolgs- und Mißerfolgsfaktoren (siehe Anlage 16 und 17) mit den korrespondierenden Beurteilungen
der für bedeutsam eingestuften Seminarthemen und -inhalte (siehe Tab. 15), so ergeben sich folgende
Überschneidungen bzw. Abweichungen bei der Beurteilung:
Im Teil A wird im Hauptbereich "strategische Unternehmensführung" das abteilungsübergreifende
Denken und Handeln von der Mehrzahl der Befragten als der entscheidende Erfolgsfaktor eingestuft.
Genauso wird als Seminarthema bzw. -inhalt der Bedeutung der integrativen Verknüpfung von
Unternehmens- und Personalplanung für den langfristigen Unternehmenserfolg die mit Abstand
größte Bedeutung beigemessen. Des weiteren korrespondiert damit noch die ganzheitliche
130
Auf die systematische Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge wird in Kapitel 5.2. näher
eingegangen.
- 259 -
strategische und operative Planung und das Controlling unter Berücksichtigung der Ziele, Werte
und Verhaltensweisen im Unternehmen, die ebenfalls als recht wichtig eingestuft werden.
Das Gestalten und Vorleben von Werten und Normen wird von vielen Teilnehmern als besonders
kritischer Problemfaktor bezeichnet. Korrespondierend dazu ist der Aufbau und Inhalt einer
unternehmensspezifischen Corporate Identity (=Unternehmensidentität) als recht wichtig eingestuft
worden.
Gewisse Abweichungen ergeben sich zwischen der Einstufung in Teil A Überprüfung und Kontrolle
durchgeführter Maßnahmen und der Beurteilung in Teil D bzgl. der Kenntnisse über
betriebswirtschaftliche Planungs- und Steuerungsinstrumente (z.B. Bilanz, G.u.V., KER, Liquiditätsplanung).
Im Bereich bzw. Fragenblock "strategisches Personalmanagement" herrscht weitgehende Übereinstimmung zwischen den Beurteilungen beim langfristigen Planen zukunftsgerichteter Aus- und
Fortbildungsmaßnahmen sowie der Karrieremöglichkeiten für die Mitarbeiter in Teil A und der
besonderen Bedeutung langfristiger Karriere- und Laufbahnplanung sowie Entwicklung qualifizierter Nachwuchskräfte für den einzelnen Betrieb in Teil D. In beiden Abschnitten erhalten sie eine
hohe Bewertung.
Während in Teil A das Einrichten kurz- und langfristiger Anreize/Belohnung speziell für
Führungskräfte nur wenige Teilnehmer als besonders leistungswirksam einstufen, bewerten sie die
Bedeutung materieller und immaterieller Arbeitsanreize (z.B. Arbeitsentgelt, flexible Arbeitszeit,
Delegation von Verantwortung, berufliche Aufstiegsperspektiven) auf die Leistungs-/Mitarbeitermotivation in Teil D als recht wichtig.
Sowohl im Teil A des Hauptbereichs "persönliche Eigenschaften des Unternehmernachfolgers" wurden
die effiziente Zeit- und Arbeitsorganisation sowie die Persönlichkeit und Ausstrahlung als die
besonders leistungswirksamen Arbeitsinhalte beurteilt. Genauso wird in Teil D im Fragenblock
"strategisches Personalmanagement" die Arbeitstechniken eines Unternehmensführers (z.B. Zeitund Selbstmanagement, Persönlichkeit und Ausstrahlung) als wichtig eingestuft.
Im Bereich bzw. Fragenblock "Organisationsstruktur" ist die Bereitschaft zur flexiblen Unternehmenssteuerung von den meisten Befragten in Teil A als entscheidendster Erfolgsfaktor sowie das
Einrichten neuer Formen der Arbeitsorganisation als besonders kritischer Problemfaktor eingestuft
worden. Demgegenüber werden die Kenntnisse über neue Formen der Arbeitsorganisation/strukturierung in Autohäusern (z.B. Profit Center, Team-Konzept, Qualitätszirkel) in Teil D nur
für nahezu wichtig bewertet.
Ferner wurden in Teil A die Kenntnisse über Entscheidungskompetenzen im Unternehmen als
weniger leistungswirksam beurteilt. Wiederum sind in Teil D die Darstellung der Organisationsstrukturen und Leitungssysteme als der wichtigste Inhalt eingestuft worden.
- 260 -
Ein noch differenzierterer Vergleich der einzelnen, besonders kritischen Erfolgs- und Problemfaktoren
mit den korrespondierenden Seminarthemen und -inhalten erscheint dem Verfasser der vorliegenden
Arbeit aus folgenden Gründen nicht ratsam:
- Die Beurteilungen der einzelnen Seminarthemen und -inhalte liegen alle eindeutig über dem Median und
weisen größtenteils nur geringe Abweichungen auf. Dies erschwert eine genauere Bestimmung
unterschiedlicher Bewertungen in Teil A und D des Fragebogens.
- Eine detaillierte Lehr- und Zeitplanbestimmung nur anhand der Ergebnisse würde wichtige
Differenzierungskriterien wie z.B. das individuelle Qualifikationsniveau, die Vorkenntnisse,
Erfahrungen, Zielsetzungen, Neigungen, betrieblichen Gegebenheiten etc. der einzelnen Teilnehmer in
den Hintergrund drängen.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß zwischen der Beurteilung der kritischen Arbeitsinhalte in Teil A des
Fragebogens und den korrespondierenden Beurteilungen der notwendigen Seminarthemen und -inhalte
in Teil D, bis auf den Komplex der "Organisationsstruktur", weitgehende Übereinstimmung in der
Bewertung festzustellen ist.
Betrachtet man die kumulierten arithmetischen Mittelwerte der drei Fragenblöcke in Teil D und bildet
daraus erneut den Mittelwert, so ergibt sich die gleiche Reihenfolge der Bereiche (strategische
Unternehmensführung, strategisches Personalmanagement, Organisationsstruktur) wie bei den kritischen
Arbeitsinhalten in Teil A.
4.3. Entwicklung eines Lehrplan-Vorschlags für ein zukunftsorientiertes, duales und
ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm
4.3.1. Gründe für die Einführung systematischer Schulungsprogramme für Führungsnachwuchskräfte
Nach dem Abschluß einer Berufsausbildung bzw. eines (Fach-)Hochschulstudiums stellt sich für viele
Seniorchefs, Unternehmernachfolger etc. die Frage, wie die Nachfolger weiterhin umfassend auf die
zukünftigen Arbeitsanforderungen im Autohaus vorbereitet werden können. Die Ergebnisse der
empirischen Untersuchung belegen, daß neben der Teilnahme an Unternehmernachfolger-Seminaren
(siehe auch Kapitel 4.2.4.3., Tab. 11) vor allem auch die Notwendigkeit der praktischen
Erfahrungsgewinnung bei Markenkollegen wie auch bei Fremdfabrikatshändlern (siehe auch Kapitel
4.2.4.4., Tab. 14) für besonders wichtig erachtet wird.
Die meisten Kfz-Hersteller/-Importeure, fabrikatsübergreifende Institutionen sowie kommerzielle
Bildungseinrichtungen bieten zwar diesbezügliche theoretische Seminarveranstaltungen an, praktische
Erfahrung, Übung und Handlungssicherheit bei den konkreten betrieblichen Abläufen und
Aufgabeninhalten gewinnt man damit aber nur bedingt. Gewisse Sach-, Führungsaufgaben etc. wird man
erst beherrschen, wenn man sie mehrmals eigenständig von Anfang bis Ende durchgeführt hat.
- 261 -
In vielen Großunternehmen (z.B. Procter & Gamble, Henkel, Commerzbank, Mercedes-Benz,
Volkswagen/Audi) absolvieren insbesondere (Fach-)Hochschulabsolventen während der Einführungsbzw. Einarbeitungsphase im Unternehmen ein sog. Trainee-Programm131. Dabei handelt es sich um
staatlich nicht reglementierte Personalentwicklungsprogramme mit systematisch, didaktischstrukturierten Lehrplänen, um speziell Führungs-(nachwuchs-)kräfte mit dem gesamtbetrieblichen
Geschehen (z.B. Unternehmensziele, -leitbild), den strukturellen Zusammenhängen und konkreten
Arbeitsanforderungen im Unternehmen vertraut zu machen (vgl. Berthel, 1995, S. 262). Ein solches
Programm dauert i.d.R. zwischen 12 und 18 Monaten. Häufig werden weniger als 20 % der
Ausbildungszeit für reine Schulungen verwendet; das Prinzip learning by doing überwiegt deutlich. Die
meisten Unternehmen bieten Programme mit systematischem Arbeitsplatzwechsel (job rotation) in einem
oder mehreren Funktionsbereichen bzw. Ressorts an (vgl. Thom, 1995, S. 35).
Durch die einzelnen Programmbausteine soll die fachliche Qualifikation der Teilnehmer gefördert
werden, um fachlich flexible Nachwuchskräfte aus dem eigenen Unternehmen zu erhalten. Im Laufe des
Programms sollen sie firmen- und produktspezifisches Wissen erwerben, Organisations- und
Entwicklungsstrukturen kennenlernen, das soziale Netzwerk im Unternehmen erfahren, ihre Einsatzbreite
erweitern sowie Arbeitstechniken in der betrieblichen Praxis einüben. Gerade der Abbau von engem
Ressortdenken hat aufgrund der Reorganisation der Unternehmen stark an Bedeutung gewonnen (vgl.
Hentze, 1991(a), S. 351; Thom, 1995, S. 35).
Die heutigen Programme tendieren zur stärkeren Einbeziehung der Trainees in die praktische Mitarbeit,
um Berufserfahrung und Handlungssicherheit zu bekommen, sei es durch Übertragung von
Sonderaufgaben oder die Mitwirkung am laufendem Tagesgeschäft einschließlich Routineaufgaben.
Ergänzt werden diese Entwicklungsmaßnahmen durch Informationsveranstaltungen, begleitende
Schulungsmaßnahmen, Arbeitsgemeinschaften, Praktika in anderen Wirtschaftsbereichen etc. mit dem
Ziel, die Absolventen langfristig auf die eigenverantwortliche Übernahme der Unternehmensführung
vorzubereiten (vgl. Olesch, 1992, S. 81).
Trainee-Programme sind letztlich - in Analogie zur dualen Berufsausbildung - nichts anderes als ein
zweigeteiltes Qualifizierungssystem, dessen Dualität ebenfalls in dem Konglomerat aus berufspraktischen
und theoretischen (z.B. Seminare, Kurse, Projekte) Abschnitten besteht. Der große Vorzug ist die
mögliche individuelle, inhaltliche Fixierung durch den Betrieb in Zusammenarbeit mit den Trainees ohne
staatliche Zugriffsmöglichkeiten (vgl. Christian, 1984, S. 27).
Auch in mittelständischen Unternehmen sollte man diesem Beispiel folgen und den Nachfolgern zunächst
in fremden mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit einräumen, die Aufgaben und
131
Weitere synonyme Bezeichnungen in der Literatur bzw. im Sprachgebrauch für Trainee-Programm sind:
Einarbeitungs- und Förderprogramm für Führungsnachwuchskräfte, Kaderschulung, Nachwuchsförder-(ungs-)
programm, Unternehmer-, Volontärausbildung, Management Development, job rotation-Programm etc.
- 262 -
Betriebsfunktionen, die von ihnen hinterher als Chef wahrzunehmen sind, vorher selbst praktisch
auszuüben. In anderen Unternehmen kann man sich Fehler eher leisten, unqualifizierte ("dumme") Fragen
stellen etc., ohne dadurch seine Vorgesetztenautorität nachhaltig einzubüßen (vgl. Hamer/Nicolai, 1982,
S. 11ff).
Wer die vielfältigen, von einem Unternehmer in der Praxis auszufüllenden Funktionen und Aufgaben
(z.B. Kostenrechnung, Unternehmens-, Marketingplanung, Bilanzerstellung) noch nicht selbst praktisch
durchgeführt und ihre konkreten Schwierigkeiten oder Fehlermöglichkeiten kennengelernt hat, kann
zwar theoretisch mitreden, aber sie nicht selbst praktisch umsetzen und den Mitarbeitern vormachen.
Der erste größere Fehler im eigenen Betrieb kann dem Juniorchef langfristig seine Autorität kosten (vgl.
Hamer/Nicolai, 1982, S. 11).
Erst mit zunehmender Erfahrung und Routine reduziert sich die anfängliche psychische und physische
Belastung und gibt dem Unternehmernachfolger eine zunehmende Entscheidungssicherheit. Die meisten
Nachfolger haben vor ihrer ersten größeren Entscheidung, die für erfahrene Praktiker wahrscheinlich
unproblematisch gewesen wäre, große Zweifel gehabt (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 15).
"Wer deshalb schon vorher durch praktische Ausbildung einige Erfahrung und Entscheidungssicherheit
erworben hat, wird diese Anfangsschwierigkeiten bei praktischen Entscheidungsfunktionen im
mittelständischen Betrieb leichter überwinden können" (Hamer/Nicolai, 1982,
S. 15).
Aus den oben angeführten Gründen erscheint es bei den stetig zunehmenden Arbeitsanforderungen
speziell für Unternehmensführer dringend erforderlich, daß die Nachwuchskräfte in anderen
mittelständischen Unternehmen praktische Berufserfahrung und konkrete Übung in den von ihnen
zukünftig auszuübenden Funktionen vermittelt bekommen, bevor sie eigenverantwortlich tätig werden
(vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 16).
Insgesamt ist ohne sytematisch geplante Qualifizierungsmaßnahmen die Entwicklung und Erhaltung
erforderlicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen für die Nachfolger kaum sicherzustellen.
Deshalb wird im Rahmen dieser Arbeit, in Anlehnung an die vorrangig in Großunternehmen eingesetzten
Trainee-Programme speziell für Hochschulabsolventen, ein duales, ressortübergreifendes
Qualifizierungsprogramm für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben entwickelt, bei
dem eine systematische Verzahnung von zu vermittelnder Praxiserfahrung mit theoretischer Fortbildung
durch Seminare oder sonstige Schulungsmaßnahmen stattfindet (siehe auch Kapitel 4.3.5.2.). Daß ein
solches duales Qualifizierungsprogramm für notwendig erachtet wird, belegen die Ergebnisse der
empirischen Erhebung sowie die Stellungnahmen der verschiedenen Schulungsinstitutionen und der
Ausbildungsreferenten der Verbände.
Zulassungsvoraussetzung für dieses Programm ist entweder eine umfassende kaufmännische
Berufsbildung (z.B. Fachschule für Kfz-Wirtschaft, Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft) oder ein
abgeschlossenes
(Fach-)Hochschulstudium
(z.B.
Betriebswirtschaftslehre,
Wirtschafts-,
- 263 -
Rechtswissenschaften) sowie vergleichbare Berufs- und Studienabschlüsse (siehe auch die
branchenspezifischen Vorschläge über mögliche Bildungswege für Unternehmernachfolger in Kapitel
4.2.4.6.).
Der dargestellte Curriculum-Vorschlag ist ausgerichtet auf Unternehmen ab einer Größenordnung von
mindestens 30-40 Mitarbeitern. Für kleinere Autohäuser soll das nicht heißen, daß die einzelnen
Bildungsveranstaltungen und Berufspraktika irrelevant sind. Es erscheint allerdings fraglich, ob kleinere
Kfz-Betriebe neben den erheblichen Kosten für dieses Programm gewillt und in der Lage sind, den
Nachfolger eine so lange Zeit zu entbehren und ihn in anderen Unternehmen arbeiten zu lassen. Diese
Entscheidung muß jeder Seniorchef bzw. -Geschäftsführer zusammen mit dem Nachfolger treffen.
Für systematische Bildungsmaßnahmen mit darauf abgestimmten Betriebspraktika muß konkret
festgelegt werden, welche Lehrmethoden, -medien, Verfahren etc. eingesetzt werden sollen, in welchem
Zeitraum dies geschehen soll und vor allem welche Institutionen bzw. Dozenten sowie
Praktikumsbetriebe bzw. Ausbilder die Maßnahmen durchführen sollen. Auf diese wichtigen Kriterien
bei der Gestaltung eines umfassenden Qualifizierungsprogramms für Unternehmernachfolger wird in den
kommenden Abschnitten detaillierter eingegangen. Daran anschließend werden der Aufbau und die
Lerninhalte dieses Qualifizierungsprogramms näher dargelegt.
4.3.2. Planung der durchzuführenden Qualifizierungsmaßnahmen
Im Rahmen der Qualifizierungsplanung geht es darum, sämtliche Maßnahmen zur Förderung des
Entwicklungspotentials der Programmteilnehmer zu planen. Sie befaßt sich also mit der Organisation
systematischer Lernprozesse für die Nachfolger. Diese Prozesse müssen auf persönliche Lern- und
Entwicklungsziele ausgerichtet sein (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 267).
Die Qualifizierungsplanung beinhaltet
- die Ausbildungsplanung, d.h. die Planung der formalen Bildungsveranstaltungen und
- die Einsatzplanung, also die Planung der praktischen Arbeitseinsätze
(vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 260).
Das Hauptproblem bei der Planung der einzusetzenden Entwicklungsmaßnahmen besteht darin,
entsprechend dem empirisch ermittelten, zukünftigen Anforderungsprofil für Unternehmernachfolger die
geeignetsten Förderungsmaßnahmen festzulegen.
Die einzusetzenden Maßnahmen hängen von folgenden sechs Merkmalen ab:
- zu vermittelnder Lerninhalt (muß den Ausbildungsbedürfnissen möglichst genau entsprechen),
- grundsätzliche Lernsituation (on the job training/am Arbeitsplatz, off the job training/ außerhalb des
Arbeitsplatzes) und Lernmethode,
- Teilnehmer (individuelle oder Gruppenausbildung),
- 264 -
- Ausbilder/Trainer (Vorgesetzte, firmeneigene oder -fremde Trainer, Selbststudium),
- Träger der Ausbildung (unternehmensinterne oder -externe Ausbildung, kooperative Ausbildung
mehrerer Unternehmen) (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 268).
Des weiteren sind folgende Komponenten bei der Qualifizierungsmaßnahme zu berücksichtigen:
- Dauer und Häufigkeit,
- Zusammensetzung der Teilnehmer,
- Art der Erfolgskontrolle (ob überhaupt, wenn ja: mit oder ohne Zeugnis usw.),
- Kosten des gesamten Programms
(vgl. RKW, 1990, S. 324).
Die Planung und Auswahl der geeigneten Qualifizierungsmaßnahmen hängt neben den Entwicklungsbedürfnissen insbesondere von wirtschaftlichen (z.B. die einem Betrieb zur Verfügung stehenden
internen und externen Möglichkeiten) und lernpsychologischen (z.B. individuelle Voraussetzungen der
Teilnehmer wie Lernmotivation und -fähigkeit, Bedingungen der Lernsituation und des -transfers)
Bedingungen ab (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 268ff).
Auf die oben angeführten Erkenntnisobjekte bei der Konzeptionierung und Durchführung eines
Qualifizierungsprogramms wird nachfolgend im Rahmen der Entwicklung des Curriculums132, also der
Umsetzung des Qualifizierungsbedarfs in (Rahmen-)Lehrpläne, detaillierter eingegangen (vgl. RKW,
1990, S. 319).
4.3.3. Aufbau und Inhalt des Qualifizierungsprogramms
4.3.3.1.
Festlegung der erforderlichen Lehr- und Lernziele
Aus dem Bildungsbedarf sind die Lernziele abzuleiten (vgl. Hentze, 1991(a), S. 343). Sie sind eine Art
Richtschnur für die Planung und Durchführung von Bildungsveranstaltungen sowie Grundlage für die
abschließende Lernerfolgskontrolle. Sie geben präzise an, welche Fähigkeiten, Kenntnisse und
Verhaltensweisen die Teilnehmer am Ende einer Bildungsveranstaltung (=Endzustand bzw.
-verhalten) erreicht haben sollen (vgl. Hentze, 1991(a), S. 343f; Mentzel, 1994, S. 199). Die Lernziele
beeinflussen ihrerseits die Lerninhalte (vgl. Hentze, 1991(a), S. 344).
Sowohl dem Lehrenden als auch dem Lernenden müssen die Lernziele eindeutig bekannt sein (vgl.
Mentzel, 1994, S. 199; Rosenstiel, 1991(b), S. 58). Nur so kann der Referent die didaktische
Konzeption (Stoffgliederung, Methoden-, Medienwahl etc.) eindeutig festlegen. Ferner werden die
Teilnehmer nur dann für den Lerngegenstand ausreichend motiviert, wenn sie erreichbare Ziele
132
Bei standardisierten, für mehrere Teilnehmer konzipierten Qualifizierungsprogrammen wird bei der
Programmplanung trotz gewisser Schwächen (z.B. zu geringe partizipative Bildungsplanung) oft auf die
Curriculumplanung zurückgegriffen. Sie strebt eine systematische Herleitung der Lernziele aus den jeweiligen
Anwendungssituationen an (vgl. Weber, 1987, S. 323).
- 265 -
erkennen, diese bejahen und sich ihnen im Verlaufe des Seminars stufenweise annähern (vgl. Mentzel,
1994, S. 199).
Zur Bestimmung der Lernziele sind die Ergebnisse der empirischen Studie über die besonders
leistungswirksamen Erfolgs- und Problemfaktoren (siehe Teil A des Fragebogens) eine wertvolle
Unterstützung.
Die gebräuchlichste Unterteilung der Lernziele erfolgt nach folgenden drei Lernzielarten:
a) kognitive Lernziele: Wissensvermittlung, z.B. Lernen einer Fremdsprache, Anwenden mathematischer Regeln;
b) psychomotorische Lernziele: Einüben von Fähigkeiten und Bewegungsabläufen, z.B. Maschinenschreiben lernen, Feilen lernen;
c) affektive Lernziele: Einflußnahme auf Einstellung und Haltung, z.B. Lernen von Gruppenverhalten,
Anerkennung und Kritik richtig anbringen
(vgl. Mentzel, 1994, S. 200).
Bei der Qualifizierung von Unternehmernachfolgern sind vorrangig die kognitiven und affektiven
Lernziele von Bedeutung.
Nach dem Umfang oder Genauigkeitsgrad, mit dem die angestrebten Bildungsziele durch Lernziele
festgelegt werden, kann zwischen Richt-, Grob- und Feinlernzielen unterschieden werden (vgl. Mentzel,
1994, S. 200f).
a) Richtlernziele
Sie legen nur ganz allgemeine Bildungsziele (z.B. Entwicklung der Persönlichkeit, Forcierung der
Fähigkeit zum selbständigen Denken) fest. Sie geben lediglich eine grobe Orientierung mit verschiedenen
Auslegungsvarianten an, beschreiben was erreicht werden und auf welchem Weg das geschehen soll
(vgl. Mentzel, 1994, S. 201).
b) Groblernziele
Sie bringen eine erste Strukturierung in die Lernzieldefinition. Auf der Grundlage einer Analyse des
vorhandenen Bildungsbedarfs werden die Inhalte angegeben, die durch das Lernen erreicht werden
sollen (z.B. Kenntnisse der Entgeltabrechnung, Verbesserung des Verhaltens gegenüber der
Belegschaft). Groblernziele können in etwa mit den Anforderungen in Berufsbildern, Stellenbeschreibungen oder Anforderungsprofilen gleichgesetzt werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 201).
c) Feinlernziele
Sie weisen den höchsten Detaillierungsgrad auf und legen in eindeutiger Weise fest, welche Kenntnisse,
Fähigkeiten und Verhaltensweisen oder Einstellungsveränderungen (=Endverhalten) - also
Ausbildungsbedürfnisse - durch eine Bildungsmaßnahme erreicht werden sollen und unter welchen
Bedingungen das zu geschehen hat (vgl. Mentzel, 1994, S. 201).
Ein Lernziel gilt als eindeutig definiert, wenn nachfolgende Bedingungen zutreffen:
- 266 -
"- Das Lernziel umschreibt ein Endverhalten, d.h. was der Lernende nach erfolgter Maßnahme leisten
kann
- Es legt fest, unter welchen Bedingungen das Endverhalten gezeigt werden soll
- Es enthält einen Beurteilungsmaßstab für das als ausreichend geltende Verhalten"
(RKW, 1990, S. 319f).
Nachfolgend zwei Beispiele für präzise formulierte Lernziele:
- Der Teilnehmer soll nach Abschluß der Bildungsmaßnahme in der Lage sein, ein Kritikgespräch mit
einem unterstellten Mitarbeiter so zu führen, daß der zu kritisierende Tatbestand dem Mitarbeiter
unzweifelhaft bewußt und zugleich seine Motivation gestärkt wird, es künftig besser zu machen (vgl.
Rosenstiel, 1991(b), S. 58).
- Der Teilnehmer soll unter Verwendung eines Stichwortmanuskripts einen fünfminütigen freien Vortrag
halten (vgl. Mentzel, 1994, S. 203).
In der praktischen Bildungsarbeit wird meist nur zwischen Grob- und Feinlernzielen unterschieden.
Richtlernziele (z.B. Verbesserung der Führungsfähigkeit bzw. des Betriebsklimas) sind entweder
überhaupt nicht oder höchstens ansatzweise erkennbar. Dabei geben Groblernziele an, was durch eine
Veranstaltung bzw. einen Abschnitt erreicht werden soll (z.B. Personalbeurteilung), während
Feinlernziele die Ziele einzelner Lernschritte umschreiben (z.B. die im Laufe des Seminars zu
behandelnde Teilprobleme wie Ausfüllen des Bewertungsbogens, Vorbereitung des
Beurteilungsgesprächs) (vgl. Mentzel, 1994, S. 201f).
Vorteile exakt formulierter Lernziele:
- Lehrende und Lernende wissen genauer, worum es geht und auf was es ankommt.
- Durch die klare Zielvorgabe steigt die Motivation, es zu erreichen.
- Durch die Realisierung der Zielvorgabe entsteht ein Erfolgserlebnis
(vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 58).
Sehr wichtig ist dabei, daß nur präzise formulierte Lernziele eine ex post durchführbare Erfolgskontrolle
ermöglichen (vgl. RKW, 1990, S. 320).
Das generelle Hauptziel des im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Qualifizierungsprogramms ist es, die
zukünftigen Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben, die teilweise nur geringe
praktische Erfahrungen oder nur in begrenzten Teilbereichen aufweisen, durch individuell ausgerichtete
theoretische und vor allem praktische Maßnahmen auf die zukünftigen Arbeitsanforderungen als
eigenverantwortlicher Unternehmensführer frühzeitig, systematisch und umfassend vorzubereiten. Dabei
sollen sie alle später von ihnen durchzuführenden Aufgaben und Betriebsfunktionen vorher in anderen
Autohäusern praktisch beherrschen lernen.
Die wichtigsten Teillernziele lassen sich aus dem empirisch ermittelten Anforderungsprofil für zukünftige
Unternehmernachfolger ableiten (siehe Anlage 17 und 18). Sie sind für die einzelnen
Programmbausteine in dem Curriculum-Vorschlag für ein duales, ressortübergreifendes Qualifi-
- 267 -
zierungsprogramm für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben in Anlage 20
dargestellt.
4.3.3.2.
Bestimmung der Lerninhalte bzw. Thematik und des groben Programmaufbaus
Aus den Lernzielen leiten sich die Lerninhalte ab. Sie sollen den Lernenden mit Fähigkeiten, Fertigkeiten
und Verhaltensweisen ausstatten, damit er in der Lage ist, zukünftige Arbeits- und Lebenssituationen
optimal zu beherrschen (vgl. Hentze, 1991(a), S. 344).
Eine möglichst effiziente Ausbildung erfordert eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den aufgrund der gegebenen Ausbildungsbedürfnisse - gesetzten Lernzielen und den zu vermittelnden
Lerninhalten (vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 92).
Die Lerninhalte müssen folgende transferfördernden Bedingungen erfüllen:
- Es muß sich daraus ein flexibles, individuelles Programm entwickeln lassen.
- Die Schulungsmaßnahmen müssen hinsichtlich des Lerninhalts und der -organisation so gestaltet sein,
daß sie einen starken Praxisbezug aufweisen (Abstimmung zwischen Lern- und Funktionsfeld)
(vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 189).
Auf der Grundlage der Beurteilung der besonders kritischen Arbeitsinhalte in Teil A des Fragebogens,
der Untersuchungsergebnisse in Teil B und C sowie vor allem der in Teil D und E eruierten notwendigen
Seminarthemen und -inhalte können die Lerninhalte und Themen abgeleitet werden.
Daraus ergeben sich folgende Themenstellungen:
- Produkt- und Branchenkenntnisse sowie praktische Berufserfahrung in den verschiedenen Abteilungen
eines Kfz-Betriebes (z.B. Kundendienst-/Werkstatt-, Ersatzteile- und Zubehör-, Neu- und
Gebrauchtwagenbereich, Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen);
- Darlegung der bedeutsamsten Entwicklungsperspektiven in der Unternehmensumwelt sowie deren
Auswirkungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe;
- Strategische Unternehmensführung in mittelständischen Kfz-Betrieben;
- Strategisches Personalmanagement in mittelständischen Kfz-Betrieben;
- Organisationsstruktur in mittelständischen Kfz-Betrieben;
- Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge unter Vermeidung der üblichen
Generationskonflikte;
- Zeitgemäße Mitarbeiterführung und Leistungsmotivation (Führungstraining);
- Moderne Arbeitstechniken zur Unternehmensführung;
- Erfolgreiches, unternehmensspezifisches Autohaus-Marketing.
Das gesamte Qualifizierungsprogramm für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben ist
- in Anlehnung an ähnlich geartete Trainee-Programme - in sechs Programmbausteine mit theoretischen
und vor allem praktischen Schulungsbereichen unterteilt. Die einzelnen Abschnitte lauten:
- 268 -
I.
Basisprogramm,
II.
Aufbauprogramm,
III.
Fachprogramm,
IV.
Vertiefungsprogramm,
V.
Integrationsprogramm bzw. Transferprogramm,
VI.
Abschlußprogramm.
Die Inhalte der einzelnen Programmbausteine werden in Kapitel 4.3.5.10.1. näher erläutert.
Die detailliert ausformulierten Lerninhalte für die einzelnen Programmabschnitte sind in dem CurriculumVorschlag für ein duales, ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm für Unternehmernachfolger in
mittelständischen Kfz-Betrieben in Anlage 20 dargestellt.
4.3.3.3.
Erläuterung der bekanntesten Lehrmethoden und -medien zur Deckung des
Entwicklungsbedarfs
Nachdem anhand der empirischen Untersuchung die generellen Anforderungen an zukünftige
Unternehmernachfolger ermittelt wurden, müssen nunmehr die entsprechenden Lehrmethoden bzw. maßnahmen und -medien bzw. -materialien ausgesucht werden.
4.3.3.3.1. Darstellung der wichtigsten Lehrmethoden
Lehrmethoden sind Instrumente, mit deren Hilfe Lehrende die angestrebten Änderungen der Kenntnisse,
Fertigkeiten und Verhaltensweisen der Teilnehmer zu bewerkstelligen versuchen. Durch die Wahl der
richtigen Maßnahmen wird die Basis für eine planmäßige Gestaltung des Lehrvorganges geschaffen (vgl.
Mentzel, 1994, S. 207).
Bei der Wahl der einzusetzenden Lehrmethoden sind insbesondere folgende Faktoren zu berücksichtigen:
- Die Thematik sollte ganzheitlich betrachtet werden, damit der Gesamtzusammenhang und die
Bedeutung der Teilbereiche erkannt wird.
- Die Teilnehmer sollen ein schnelles Feedback über die aus einem Lernerfolg resultierenden
Verhaltensänderungen bekommen.
- Das Programm muß so konzipiert werden, daß eine regelmäßige Wiederholung der einzelnen Themen
und eine Verknüpfung von Theorie und Praxis erfolgt.
- Es sollten unterschiedliche Methoden eingesetzt werden, um so Demotivierungserscheinungen bei den
Teilnehmern vorzubeugen
(vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 94; Eckhardt, 1990(b), S. 24).
Eine allgemein gültige Methode für alle Lehr- und Lernsituationen gibt es nicht, sondern der Lehrende
muß aus dem umfassenden Methodenkatalog die jeweils geeignetste(n) auswählen. Dabei spielen neben
- 269 -
dem Lernziel noch die Bedingungen bei den Teilnehmern selbst, die Referenten, der Lehrstoff und die
Kosten eine maßgebliche Rolle (vgl. Mentzel, 1994, S. 207).
Die verschiedenen Bildungsmethoden werden in der Literatur und Praxis nach folgenden
Einteilungskriterien differenziert:
"- aktive oder passive Lehrmethoden
- Methoden der Einzel- oder Gruppenbildung
- Methoden der Bildung am oder außerhalb des Arbeitsplatzes"
(Mentzel, 1994, S. 170).
Auf die einzelnen Kriterien wird nachfolgend im Zusammenhang mit der Darstellung der geläufigsten
Bildungsmethoden näher eingegangen.
4.3.3.3.1.1. Die wichtigsten individuellen Qualifizierungsmaßnahmen am Arbeitsplatz
Die Vermittlung der erforderlichen Lerninhalte kann einerseits im direkten Zusammenhang mit einer
konkreten Aufgabenerfüllung erfolgen, also unmittelbar am Arbeitsplatz oder sich außerhalb dessen, im
Rahmen formaler Schulungen vollziehen (vgl. Mentzel, 1994, S. 172).
Obwohl in den vergangenen Jahren aufgrund der sozio-ökonomischen Veränderungen arbeitsplatzübergreifende Bildungsmaßnahmen an Bedeutung zugenommen haben, nimmt die praktische
Bildung am Arbeitsplatz immer noch eine Vorrangstellung ein. Sie findet in Form der laufenden
Auseinandersetzung mit der jeweiligen Aufgabe am Arbeitsplatz, also mit der Ausübung der Tätigkeit im
Funktionsfeld, praktisch in jedem Betrieb fortlaufend statt (vgl. Hentze, 1991(a), S. 345f; Mentzel,
1994, S. 172).
Diese Bildungsmaßnahmen sind mit dem Personaleinsatz gekoppelt und zielen vorrangig auf die
Vermittlung praktischer Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen (vgl. Hentze, 1991(a), S. 353; Mag,
1986, S. 139). Als negativ wird beim “training on the job“ die unsystematische, zu spezielle Fach- und
zu starke Betriebsbezogenheit der Wissensaneignung angeführt (vgl. Staehle, 1990, S. 818).
Die wichtigsten individuellen Fördermaßnahmen am Arbeitsplatz sind:
1) Planmäßige, gelenkte Unterweisung unmittelbar am Arbeitsplatz (=gelenkte Erfahrungsvermittlung)
Bei der Aus- und Fortbildung unmittelbar am Arbeitsplatz erfolgt eine systematische, vom Vorgesetzten
zu kontrollierende Unterweisung zur Durchführung genau festgelegter Aufgaben. Die Nachwuchskraft
soll aus ihren eigenen Fehlern lernen und somit sukzessive in höherwertige Aufgaben und Positionen
hineinwachsen. Dabei soll sie an den Überlegungen und Entscheidungen des Vorgesetzten ständig
teilnehmen (vgl. Korndörfer, 1989, S. 267; Mentzel, 1994, S. 175ff). Der Praktikant soll höchstens
anfänglich durch Zusehen und -hören in die Thematik eingewiesen werden. Danach ist es
empfehlenswert, ihm die Möglichkeit zur aktiven Mitarbeit und zur konkreten, eigenverantwortlichen
Aufgabendurchführung zu geben.
- 270 -
Diese praktische Lehrmethode bietet sich vor allem im Rahmen des Fachprogramms zur Vermittlung
von Führungs-, Branchen- und Produktkenntnissen sowie praktischer Berufserfahrung in den einzelnen
Bereichen eines Kfz-Betriebes an.
2) Übertragung begrenzter Verantwortung an Assistenten oder Stellvertreter
Bei der Übertragung begrenzter Verantwortung werden dem Praktikanten gewisse Teilaufgaben
übertragen ohne die gleichzeitige Übernahme der Führungsverantwortung, so daß er allmählich unter
Kontrolle des auf diese Weise entlasteten Vorgesetzten in die Aufgabengebiete hineinwachsen kann
(vgl. Mentzel, 1994, S. 183). In der Praxis haben sich für diese Form der Bildung am Arbeitsplatz mit
dem Assistenten und dem Stellvertreter zwei Ausprägungen entwickelt.
Im Rahmen der Assistententätigkeit soll der Unternehmernachfolger stufenweise in ein Aufgabengebiet
eingearbeitet werden und sukzessive mehr Verantwortung übertragen bekommen, so daß dieser den
Vorgesetzten durch Entscheidungsvorbereitung und Übernahme von Teilaufgaben entlasten sowie auf
Dauer ggf. vertreten oder sogar ersetzen kann (vgl. Klier/Zapp, 1991, S. 171).
Dabei hängt der Erfolg dieser Fördermaßnahme von den fachlichen und pädagogischen Fähigkeiten des
Vorgesetzten sowie vor allem von dessen Bereitschaft ab, dem Assistenten konkrete Aufgaben zur
selbständigen, eigenverantwortlichen Ausführung zu übertragen. Betrachtet der Stelleninhaber den
Assistenten lediglich zur Entlastung zeitraubender Routinearbeiten, so wird das Lernziel nicht zu
verwirklichen sein (vgl. Berthel, 1995, S. 309; Korndörfer, 1989, S. 270f; Leupold, 1987, S. 119f).
Viele Aspekte, die für den Assistenten zutreffen, gelten ebenfalls für die Position des Stellvertreters
(vgl. Korndörfer, 1989, S. 271). Diese werden grundsätzlich dafür ausgebildet, im Bedarfsfall (z.B.
Krankheit, Urlaub, Seminarbesuch) den Aufgaben- und Führungsbereich des eigentlichen
Stelleninhabers voll verantwortlich zu übernehmen (vgl. Berthel, 1995, S. 309; Korndörfer, 1989, S.
271).
Die Stellvertretung ist eine gute Möglichkeit, um potentielle Nachfolger in fachlicher, sozialer und
konzeptioneller Hinsicht zu erproben. Dabei kann neben der Erprobung des Denkens und Handelns in
größeren Zusammenhängen die Loyalität gegenüber dem eigentlichen Stelleninhaber wie auch das
kooperativ-partizipative Durchsetzungsvermögen gegenüber den zu Führenden festgestellt werden (vgl.
Borkel, 1987, S. 14).
Assistenten- und Stellvertretertätigkeiten mit begrenzter Verantwortung sollten von den Teilnehmern
schwerpunktmäßig im Endstadium, d.h. während des Integrationsprogramms, zur praktischen
Umsetzung der zuvor vermittelten Fach- und Führungskenntnisse, übernommen werden.
Für den Praktikanten sind als Ausbildungs- und Bewährungsstelle insbesondere Profit Center mit
eigener, abgegrenzter (Führungs-)Verantwortung interessant (vgl. Leupold, 1987, S. 119).
3) Übertragung von Sonderaufgaben und Projektgruppen
- 271 -
Sonderaufgaben und Projekte sind eine praktische und oft leicht realisierbare Qualifizierungsmöglichkeit.
Sie werden in der Betriebspraxis häufig angewandt, um den Führungs-(nachwuchs-) kräften die
Möglichkeit zu geben, sich aktiv mit den speziellen Anforderungen eines abgegrenzten
Tätigkeitsbereiches eigenverantwortlich auseinanderzusetzen (vgl. Borkel, 1987, S. 13; Hauser, 1991,
S. 358).
Durch die Übertragung abgegrenzter Sonderaufgaben sollen die Teilnehmer zeigen, ob sie in der Lage
sind, sich in neuen, über die Routinetätigkeiten hinausgehenden Aufgabenstellungen (z.B. unregelmäßig
anfallende Studien, Planungs- und Kontrollaufgaben) eigenverantwortlich zu bewähren und
Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Aufgaben können auch in Gruppenarbeit erledigt werden (vgl.
Hentze, 1991(a), S. 350; Mentzel, 1994, S. 184).
Im Gegensatz zur Übertragung von Sonderaufgaben, wobei vorrangig eine Person die Aufgabenstellung
eigenverantwortlich bearbeitet, dienen Projektgruppen (z.B. Qualitätszirkel, Lernstatt,
problemorientierte Workshops) zur Lösung realer, aktueller, komplexer, bereichsübergreifender, zeitlich
befristeter Fragestellungen. Die Projektgruppen setzen sich zumeist aus Vertretern der betroffenen
Abteilung und Mitarbeitern der von der Problemstellung tangierten Funktionsbereiche zusammen. Für
den Unternehmernachfolger hat die Mitarbeit in der Projektgruppe den Vorteil, daß hierbei die
Verantwortung beim Team und nicht bei ihm allein liegt. Durch die heterogene Zusammensetzung von
Mitarbeitern aus verschiedenen Funktionsbereichen mit unterschiedlichen Problemstellungen erfordert
dies Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Somit
können neben fachlichen Kenntnissen und Fertigkeiten auch Erfahrungen im Sozialverhalten gewonnen
werden (vgl. Hungenberg, 1990, S. 455f; Mentzel, 1994, S. 184f).
Mögliche Aufgabenbereiche im Rahmen der Projektarbeit könnten lauten: Erstellen von Marktanalysen,
Planungs- und Kontrollvorhaben, Erarbeitung von Lösungsalternativen (vgl. Klier/Zapp, 1991, S. 170).
Aus Übungszwecken kann der unmittelbare Vorgesetzte die Leitung des Projektes vorübergehend an
den Praktikanten übertragen, um dessen konzeptionelles Denken und Arbeiten sowie Führungsverhalten
gegenüber den Gruppenmitgliedern zu testen.
Die Übertragung von Sonderaufgaben und Projektgruppen sollte in erster Linie im Laufe des Fach- und
Transferprogramms erfolgen. Dadurch haben die Praktikanten die Möglichkeit, die zuvor vermittelten
Lerninhalte praxisnah einzusetzen.
4) Auslandsaufenthalt
Eine spezielle Form der Übernahme von Sonderaufgaben ist der Auslandsaufenthalt. Bei diesen speziell
von global operierenden Konzernen angebotenen Austauschmöglichkeiten sollen den Nachwuchskräften
gewisse Auslandserfahrungen, wie beispielsweise Fremdsprachenkenntnisse, Umgang mit Ausländern
und deren spezifische (Lebens-, Landes-)Kultur, Anpassungsfähigkeit und Horizonterweiterung
- 272 -
vermittelt werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 184). Den Absolventen wird im Rahmen des
Abschlußprogramms ein mindestens zweimonatiges Auslandspraktikum angeboten.
5) Übertragung von Trainerfunktionen auf den Unternehmernachfolger
Im Rahmen der praktischen Tätigkeit in den Partnerbetrieben (z.B. während des Fach- und Integrationsprogramms) könnte der einzelne Praktikant seinen direkten Vorgesetzten durch Übernahme von
Unterrichtseinheiten für kaufmännische oder handwerkliche Auszubildende bzw. Mitarbeiter entlasten
sowie sein Vortragsverhalten üben. Ferner könnte der Unternehmernachfolger bei Fachvorträgen mit
anschließender Diskussionsrunde als Co-Moderator fungieren oder kleinere Workshops
eigenverantwortlich leiten.
Zusammenfassend kann man festhalten, daß sich die verschiedenen individuellen Bildungsmaßnahmen
am Arbeitsplatz durch ihren hohen Realitätsbezug auszeichnen. Dafür muß in Kauf genommen werden,
daß im Vergleich zu den Lehrmethoden außerhalb des Arbeitsplatzes ungünstigere äußere Bedingungen
vorherrschen. Didaktische und methodische Konzepte müssen oft hinter der Dringlichkeit und dem
Zwang des betrieblichen Alltagsgeschäfts zurückstehen (vgl. Mentzel, 1994, S. 186).
Die aktive Mitarbeit der Unternehmernachfolger in Form von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen für
Unternehmer/Geschäftsführer, Abteilungsleiter oder sonstige Führungskräfte schafft eine wesentlich
schnellere und effizientere Erarbeitung berufspraktischer Fertigkeiten, Erfahrungen und
Entscheidungssicherheit als die bloße Beobachtung der Tätigkeitsverrichtung. Zur Erhaltung der
Arbeitsmotivation des Unternehmernachfolgers ist es im Rahmen des "training on the job" unbedingt
notwendig, daß ihm reale Aufgabenstellungen zur eigenständigen Bearbeitung übertragen werden. Der
Erfolg der anwendungsorientierten, arbeitsplatzgebundenen Maßnahmen hängt unmittelbar von der
fachlichen und persönlichen Qualifikation des Vorgesetzten sowie seiner Bereitschaft zur Ausbildung der
Nachwuchskräfte ab.
4.3.3.3.1.2. Die bedeutendsten Schulungsmaßnahmen außerhalb des Arbeitsplatzes
Da die systematischen, formell strukturierten Bildungsmaßnahmen überwiegend außerhalb des
Arbeitsplatzes, losgelöst vom laufenden Betriebsgeschehen stattfinden, spricht man von Methoden bzw.
Maßnahmen des “training off the job“ (vgl. Korndörfer, 1989, S. 272). Sie gewähren den
Bildungsverantwortlichen eine größere Unabhängigkeit bei der Planung und Durchführung der
Bildungsveranstaltung. Somit können vorrangig pädagogische Prinzipien berücksichtigt und weniger
betriebliche Dringlichkeiten beachtet werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 186).
Die Maßnahmen der Personalbildung außerhalb des Arbeitsplatzes zielen in erster Linie auf die
Vermittlung theoretischen Wissens und auf das Erlernen von Verhaltensweisen ab (vgl. Hentze, 1991(a),
S. 353; Mag, 1986, S. 139). Durch Simulation der zukünftigen Arbeitsplatzbedingungen und anforderungen können zukünftige Arbeitsaufgaben praxisnah dargestellt werden.
- 273 -
a) Darlegung der geläufigsten individuellen Fördermethoden außerhalb des Arbeitsplatzes
a1) Selbststudium
Das Selbststudium ist eine individuelle Bildungsmaßnahme außerhalb des Arbeitsplatzes und reicht vom
Lesen der Fachliteratur über Abendkurse bis hin zu Fernlehrgängen bzw. zum
-studium. Es kann nur dann zu den betrieblichen Bildungsbemühungen gezählt werden, wenn der Betrieb
Zeit und finanzielle Mittel dafür bereitstellt (vgl. Mag, 1986, S. 141). Grundlegender Erfolgsfaktor beim
Selbststudium ist der Wille zur individuellen Selbstentwicklung.
Die Selbstausbildung erfolgt ohne unmittelbare Unterstützung eines Ausbilders und zielt primär auf den
Erwerb des fachlichen Grundwissens. Es kann sich vollziehen anhand von speziellen
Arbeitsanweisungen, Handbüchern und ähnlichen oder programmierten Lernunterlagen (z.B. audiovisuelle Lernsysteme).
Große Teile des Schulungsprogramms können heutzutage über moderne Lehrmedien (z.B.
Computerlernprogramme, Lehrbriefe, Platten, Ton- und Videocassetten) im Selbststudium erarbeitet
werden (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 119).
Zu den einzelnen Themenbereichen sollte der Praktikant zumindest die im Curriculum aufgeführte
Literatur und die diesbezüglichen Lehrgangsunterlagen und ggf. modernen Lehrgangsmedien (z.B.
virtuelle, multimediale Medien) durcharbeiten.
a2) Programmierte Unterweisung
Die programmierte Unterweisung ist eine Methode des Selbststudiums, bei der unter Einsatz bestimmter
Lehrmedien (z.B. programmierte Lehrbücher, audio-visuelle Techniken, computergestützte Kurse) dem
Teilnehmer die zu vertiefenden oder neu einzuübenden Kenntnisse und Fähigkeiten außerhalb des
Arbeitsplatzes aktiv vermittelt werden. Der gesamte Lernstoff wird nach dem "Prinzip des Regelkreises"
in kleinste Lerneinheiten aufgeteilt, die sich aus den Schritten Information - Frage - Antwort - Kontrolle
zusammensetzen. Die einzelnen Lerneinheiten werden dem Lernenden durch die vorbestimmte
(programmierte) Folge präsentiert. Jede Lerneinheit veranlaßt ihn zu einer aktiven Stellungnahme in
Form einer vorausgedachten, programmierten Antwort. Damit wird eine fortlaufende
Lernerfolgskontrolle sichergestellt (Feedback). Da die Lerneinheiten klein gehalten sind, besteht eine
große Wahrscheinlichkeit, die Fragen richtig zu beantworten (=kontinuierliche Erfolgsbestätigung),
wodurch die Bearbeitungsbereitschaft gefördert wird (vgl. Berthel, 1995, S. 322f; Mentzel, 1994, S.
186f).
Die programmierte Unterweisung eignet sich vor allem zur Ergänzung anderer Lehrmethoden in Form
der Vor- und Nachbearbeitung und ist damit für alle Programmabschnitte einsetzbar. Seminarteilnehmer
können beispielsweise dadurch vor Schulungsbeginn auf einen für das Verständnis des Seminars
notwendigen einheitlichen Wissensstand gebracht werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 188). Ferner können
sie nach Beendigung einzelner Programmbausteine gewisse Themen nochmals nacharbeiten.
- 274 -
Zum Verhaltenstraining ist diese Lehrmethode wiederum weitgehend ungeeignet.
b) Darlegung der geläufigsten kollektiven Förderungsmethoden außerhalb des Arbeitsplatzes
Im Gegensatz zu den individuellen Förderungsmethoden werden bei der Gruppenausbildung mehrere
Teilnehmer zusammengefaßt, um die Lernziele gemeinsam zu erreichen. Ein bewährtes
Unterscheidungskriterium der verschiedenen Formen des kollektiven Trainings sind der "Grad der
Beteiligung des Lernenden an der Erarbeitung des Lehrstoffes" (Mentzel, 1994, S. 170), also ob er
aktiv oder passiv am Training teilnimmt.
Bei passiven Lehrmethoden wird der Lernende in eine passive (rezeptive) Zuhörerrolle gedrängt (z.B.
reiner Vortrag), während die Aktivität ausschließlich oder größtenteils beim Ausbilder liegt.
Demgegenüber stellen die aktiven Lehrmethoden systematisch darauf ab, die Lernenden von vornherein
in die Vermittlung des Lehrstoffes zu integrieren (z.B. beim Lehrgespräch) bzw. die notwendigen
Erfahrungen durch eine Konfrontation mit praktischen Problemen zu vermitteln. Als weitgehendst
eigenständige Lernsituationen eignen sich Simulationsverfahren (z.B. Rollenspiele, Fallbeispiele) oder die
Praxis selbst (z.B. beim job rotation). Die Realitätsnähe und die aktive Teilnahme der Lernenden an der
Stoffdarbietung ist ein entscheidender Aspekt für eine hohe Lernmotivation (vgl. Mentzel, 1994, S.
170f).
Jede kollektive Bildungsmaßnahme außerhalb des Arbeitsplatzes birgt widerum die Gefahr, daß der
einzelne Teilnehmer über- oder unterfordert wird und/oder zu wenig Erfahrung hat, um das Gelernte
praktisch umzusetzen (vgl. Rischar, 1983, S. 74).
b1) (Lehr-)Vortrag, Vorlesung, Referat
(Lehr-)Vortrag, Referat und Vorlesung gelten als die bekanntesten und verbreitetsten ("klassischen")
passiven Lehrmethoden, weil sich die Zuhörer auf die Aufnahme und den gedanklichen Nachvollzug des
Gehörten beschränken (vgl. Korndörfer, 1989, S. 272f; Mag, 1986,
S. 142). Sie eignen sich vor allem, um einer größeren Zuhörerzahl zeit- und kostensparend Lehrstoff zu
vermitteln (vgl. Berthel, 1995, S. 324; Hentze, 1991(a), S. 353; Mentzel, 1994, S. 188).
Der Zuhörer hat keine Möglichkeit, unmittelbar an der Erarbeitung des Bildungsstoffes aktiv
mitzuwirken. Die Aktivität des Teilnehmers beschränkt sich auf das gedankliche Nachvollziehen des
vorgetragenen Wissensstoffes. Ablauf, Inhalt und Intensität der Stoffvermittlung bestimmt allein der
Redner (vgl. Korndörfer, 1989, S. 273; Mentzel, 1994, S. 188).
Trotz der Nachteile kann man auf passive Lehrmethoden nicht gänzlich verzichten. Insbesondere zur
Einführung in neue Sachgebiete, zur geschlossenen Darstellung bestimmter Problemstellungen sowie zur
Zusammenfassung vorher mittels anderer (aktiver) Methoden erarbeiteter Resultate einer
Bildungsmaßnahme sind sie gut geeignet (vgl. Korndörfer, 1989, S. 273; Mentzel, 1994, S. 188).
- 275 -
Auch das hier entwickelte praxisorientierte Programm kommt in allen sechs Bausteinen nicht ohne diese
passiven Schulungsmaßnahmen aus. Andernfalls ist es nicht möglich, den Teilnehmern den notwendigen
fach- und führungsspezifischen (theoretischen) Lehrstoff komprimiert zu vermitteln.
Im Gegensatz zu den passiven Lehrmethoden, bei denen die Kursteilnehmer die Informationen lediglich
aufnehmen, erfordern die nachfolgend erläuterten Bildungsmaßnahmen eine aktive Teilnahme am
Lernprozeß und den Einsatz realitätsnaher, entscheidungs- bzw. problemorientierter Trainingsmethoden.
b2) Lehrgespräch (=Konferenzmethode) zur gelenkten Informationserarbeitung bzw.-vermittlung
Das Lehrgespräch empfiehlt sich vor allem zur Festigung und Vertiefung bereits vorhandenen
Wissensstoffes (z.B. im Rahmen des Aufbau-, Fach- und Vertiefungsprogramms) und weniger, wenn
der Teilnehmer noch über keinerlei Erfahrungen und Kenntnisse verfügt. Anstelle des Monologs tritt das
Gespräch zwischen dem Referenten und den Teilnehmern, so daß diese von Beginn an aktiv an der
Erarbeitung des Bildungsstoffes beteiligt werden. Der Dozent ist verantwortlich für den Konferenzablauf
und hat dafür zu sorgen, daß das angestrebte Lernziel erreicht wird, indem er die Diskussion durch
entsprechende Fragen immer wieder auf das Ziel ausrichtet. Der fortlaufende Wechsel zwischen Frage
und Antwort zwingt die Kursteilnehmer, dem Gedankengang des Dozenten zu folgen. Damit wird
einerseits die notwendige Systematik im Ablauf des Gesprächs sichergestellt und andererseits dennoch
ausreichend Raum für die aktive Betätigung der Teilnehmer eingeräumt (vgl. Berthel, 1995, S. 324;
Mag, 1986, S. 143; Mentzel, 1994, S. 189).
Für den Erfolg von Lehrgesprächen sind neben der Qualifikation des Dozenten (z.B. als Moderator) vor
allem die Größe und Zusammensetzung, Vorbildung, Interessenlage usw. der Teilnehmer sowie die zur
Verfügung stehende Zeit entscheidend (vgl. Berthel, 1995, S. 324; Mag, 1986, S. 143; Mentzel, 1994,
S. 190).
Die nachfolgend dargestellten aktiven Lehrmethoden in Form von Laborsimulationsverfahren (z.B.
Fallmethode, Rollen-, Planspiel) sollen speziell die bereichsübergreifenden Qualifikationen (z.B.
Führungsfähigkeit, Kooperations-, Einsatzbereitschaft, Initiative, vernetztes Denken und Handeln) der
zukünftigen Unternehmer/Geschäftsführer fördern. Dabei erfolgt eine weitgehendst eigenständige
Informationserarbeitung.
b3) Fallmethode/-studie
Die aus dem US-amerikanischen stammende Fallmethode (case study) basiert auf dem Grundgedanken
des praktischen Übens von Entscheidungsvorgängen an konkreten betrieblichen Situationen, d.h.
Simulation der Realität durch begrenzte Daten eines Praxisfalles. Den Teilnehmern werden gewisse reale
Informationen über einen abgegrenzten Problembereich aus dem komplexen Geschehen der
Wirklichkeit oder aus einem bestimmten Unternehmensbereich (z.B. aus dem Absatz-, Personalbereich)
mitgeteilt. Die Problemstellung soll, mündlich oder schriftlich, in einem vorgegebenen Zeitraum
gemeinsam gelöst werden, wobei jeder Teilnehmer aktiv bei der Entscheidungsfindung mitarbeiten soll,
um das gesamte Wissen der Gruppe einzusetzen (vgl. Berthel, 1995, S. 324; Hentze, 1991(a), S. 359;
Korndörfer, 1990, S. 407; Mentzel, 1994, S. 192).
- 276 -
Die Lösung solcher Fälle erfordert ein gewisses Maß an theoretischem Wissen und Können. Deshalb
eignen sich solche Methoden weniger für die Ausbildung als vielmehr zur Vertiefung und
Neuorientierung des vermittelten Lernstoffes (vgl. Mag, 1986, S. 142).
Die Fallmethode und das nachfolgend behandelte Rollenspiel werden im Aufbau- und Fachprogramm
sowie vor allem im Transferprogramm angewendet.
b4) Rollenspiel
Rollenspiele werden in erster Linie zur Führungs- und Verhaltensschulung in Konfliktsituationen (z.B.
Kritikgespräch mit einem Beschäftigten) sowie zur Verhandlungsführung (z.B. Verkaufs-,
Beurteilungsgespräch) verwandt. Den Teilnehmern an einem Rollenspiel wird die Ausgangssituation und
die von ihnen zu übernehmende Rolle (z.B. Abteilungsleiter, Vorgesetzter, gemaßregelter Mitarbeiter)
ausführlich erläutert. Nach kurzer Vorbereitungszeit sollen sie den Part so spielen, wie sie vermuten, daß
sich der jeweilige Rolleninhaber in der Praxis verhalten würde (vgl. Hentze, 1991(a), S. 360;
Korndörfer, 1989, S. 278; Mentzel, 1994, S. 192).
Durch die Übernahme unterschiedlicher, auch "unbeliebter" Rollen wird der einzelne gezwungen, sich in
andere Ausgangssituationen und Sichtweisen hineinzuversetzen, wodurch das Verständnis für
unterschiedliche Standpunkte sowie das emotionale Engagement forciert wird (vgl. Mentzel, 1994, S.
192f). Die restlichen Teilnehmer beobachten das Verhalten, die Argumente, die Entscheidungsgründe
etc. der einzelnen Mitspieler und analysieren und kritisieren diese anschließend im gemeinsamen
Gespräch mit den Darstellern (vgl. Korndörfer, 1989, S. 278; Mentzel, 1994, S. 193).
Mit Hilfe einer präzisen Protokollierung (z.B. durch Tonband-, Video-Aufzeichnung) können einzelne
Spielsituationen erneut nachvollzogen sowie die Äußerungen und Reaktionen der Rollenträger nochmals
exakt rekapituliert werden (vgl. Berthel, 1995, S. 328; Mentzel, 1994, S. 193). Ferner kann bei
mehrmaliger Durchführung von Rollenspielen überprüft werden, ob sich die einzelnen Teilnehmer
hinsichtlich hi rer verbalen und nonverbalen Kommunikation aufgrund der im Spiel und in der daran
anschließenden Analyse gewonnenen Erkenntnisse verbessert haben.
b5) (Unternehmens-)Planspiel
Die ebenfalls aus den USA stammenden (Unternehmens-)Planspiele (vgl. Korndörfer, 1989,
S. 276) zählen zu den wichtigsten aktiven Lehrmethoden und sind als stärker formalisierte, komplexere
Variante der Fallmethode zu betrachten, da sie ebenfalls auf der Simulation realer
Unternehmensprozesse basieren (vgl. Berthel, 1995, S. 326; Mentzel, 1994, S. 193). Sie setzen, wie
auch die Fallmethode, gewisse Vorkenntnisse seitens der Teilnehmer voraus, so daß bei ihrem Einsatz
die Fortbildung im Vordergrund steht (vgl. Mag, 1986, S. 142).
Im Rahmen von Planspielen werden Unternehmen, Betriebsabläufe und/oder Marktvorgänge simuliert,
um die Lernenden vor praktische Entscheidungssituationen zu stellen und sie in problemgerechten
Entscheidungen zu trainieren (vgl. Korndörfer, 1989, S. 276; Korndörfer, 1990, S. 407).
- 277 -
Ein Unternehmensplanspiel ist zwar auch nur ein die Realität vereinfacht wiedergebendes Modell einer
Entscheidungssituation, es zeigt aber im Gegensatz zur Fallmethode die Dynamik der Problemlösung,
indem den Spielteilnehmern die Folgen ihrer Entscheidungen aufgezeigt werden und über einen längeren
Zeitraum hinweg die Problembehandlung mit "Zeitraffer-Effekt" simuliert wird (vgl. Mag, 1986, S. 142).
Planspiele gibt es heute in verschiedenen Ausgestaltungen; sie reichen vom manuell kalkulierten
Spielverlauf mit einem einzigen Funktionsbereich (z.B. nur Verkauf oder Buchhaltung) bis zum
computerunterstützten Spiel mit allen unternehmerischen Funktionen einschließlich Konkurrenzsituationen mit anderen Unternehmen (vgl. Mag, 1986, S. 142). Die letztgenannten generellen Planspiele
werden auch als Integrationsspiele bezeichnet (vgl. Korndörfer, 1989, S. 277; Korndörfer, 1990, S.
407).
Beispielsweise bekommen im Rahmen eines generellen Planspiels die Teilnehmer gewisse Rollen
zugeteilt (z.B. Geschäftsführer eines der 3-4 konkurrierenden Unternehmen) und haben innerhalb einer
vorher festgelegten Zeit mit Hilfe der vorgegebenen Daten, Erläuterungen, wirtschaftlichen
Verflechtungen, Spielregeln, Probleme etc. Entscheidungen in bestimmten Funktionsbereichen (z.B.
Absatz, Personal) für kommende Perioden zu treffen (vgl. Berthel, 1995, S. 326; Korndörfer, 1989, S.
276; Mentzel, 1994, S. 193). Die Entscheidungen werden von der Spielleitung ausgewertet und die
Ergebnisse (z.B. Zielerreichung, -konflikte) den Spielgruppen als Informationsgrundlage für weitere
Spielperioden mitgeteilt (=Feedback). Am Schluß jeder Spielperiode und/oder des Gesamtspiels findet
eine gemeinsame Analyse und Kritik statt. Aufgrund der Fülle von Spieldaten und um die
Auswertungsergebnisse möglichst schnell bereitstellen zu können, werden diese Planspiele meist
computergestützt durchgeführt (vgl. Mentzel, 1994, S. 193).
Ein Planspiel sollte anfänglich nicht zu komplex sein, da es die Teilnehmer demotivieren könnte. Die
Menge der für die erfolgreiche Unternehmensführung notwendigen Informationen und Kenntnisse, der
bereichsübergreifenden Probleme, der unvorhersehbaren Ereignisse (z.B. Streiks, Grippewellen) etc.
sollten vielmehr nach und nach erhöht werden, damit die Qualifikationen der Teilnehmer gleichzeitig mit
der Aufgabe wachsen können (vgl. Herrmann et al., 1987, S. 369ff).
Das hochgesteckte Ziel der Unternehmensplanspiele ist es herauszufinden, ob es den Teilnehmern
gelingt, den komplexen Sachverhalt (z.B. das Unternehmen) als Ganzes in einen politisch akzeptablen,
wirtschaftlich gesunden und humanverträglichen Zustand zu überführen und diesen auch beizubehalten
(vgl. Malik, 1987, S. 91f). Dies zu erreichen, erweist sich oft als äußerst kompliziert, da die
(unvorhersehbaren) Einflußfaktoren zu manigfaltig sind.
Die Durchführung von Unternehmensplanspielen kann sehr flexibel gehandhabt werden. Der zugrunde
gelegte Zeitraum sollte mindestens drei Tage betragen und kann durch weitere, überwiegend aktive
Lehrmethoden auf fünf Tage ausgeweitet werden (vgl. Herrmann et al., 1987, S. 373).
- 278 -
Diese Methode wird ausschließlich im Rahmen des 4- bis 5-tägigen PC-gestützten Planspiels im
Transferprogramm zur integrativen Verknüpfung der zuvor vermittelten Fach- und Führungskenntnisse
eingesetzt. Durch die Simulation der gesamtbetrieblichen Vorgänge soll das Strategie-, Führungs- und
Problemlösungsverhalten beurteilt werden.
b6) Förderkreise und Erfahrungsaustauschgruppen
Sie sind eine Sonderform der Bildung außerhalb des Arbeitsplatzes und können aus Teilnehmern
verschiedener Betriebe gebildet werden, wodurch eine größere Meinungsvielfalt erreicht wird. Im
Gegensatz zu den bisher angeführten Methoden sind sie bzgl. ihres Ablaufes nicht an bestimmte
pädagogische Prinzipien gebunden, sondern können von den Teilnehmern nach eigenen Interessen,
Schwerpunkten etc. gestaltet werden. Bei solchen (un-)regelmäßigen Treffen können die bisher
dargestellten aktiven und passiven Lehrmethoden wahlweise eingesetzt werden. Sie eignen sich
insbesondere zum betriebsübergreifenden Erfahrungsaustausch und zu "informellen" Gesprächen (vgl.
Mentzel, 1994, S. 194).
Dieser Kontakt zwischen den einzelnen Programmteilnehmern wird von vielen als wichtiger als die
eigentliche Bearbeitung bestimmter Seminarthemen betrachtet. Dadurch können "Insider"- Gespräche
über die Entwicklungsperspektiven der Branche, spezifische Problemlösungen etc. sowie langfristige
persönliche Kontakte zum Informationsaustausch, die auch über das Programm hinausreichen, geknüpft
werden. Oftmals beklagen Absolventen von Schulungsmaßnahmen, daß die Seminarzeit zu lang ist, die
Gruppenarbeit (z.B. Fallbeispiele, Rollenspiele) vernachlässigt wird und/oder das Freizeit- bzw.
Rahmenprogramm die aktive Kommunikation zwischen den Teilnehmern nicht fördert (vgl. Krenzer,
1990, S. 59f).
Zusammenfassend kann man sagen, daß bei formalen Bildungsmaßnahmen eindeutig die Methoden der
Gruppenausbildung dominieren. Das Einzellernen wird in erster Linie zur Ergänzung interner oder
externer Gruppenmethoden (z.B. Vorbereitung auf ein Seminar anhand einer programmierten
Unterweisung) eingesetzt. In Form des Selbststudiums (z.B. Fachliteratur, -zeitschriften, virtuelle
Medien) bietet das Einzellernen die Möglichkeit, persönliche, von vorgegebenen Programmen
unabhängige Bildungsinitiativen zu ergreifen (vgl. Mentzel, 1994, S. 172).
Ein besonders großer Lerneffekt wird erreicht, wenn die Teilnehmer eigene Probleme zur Diskussion
stellen können, die entweder in Rollenspielen simuliert oder in der Gruppe besprochen werden. Meist ist
es für denjenigen, der das Problem vorträgt, von großem Informationswert, wie andere in relativ
unbefangener Weise das Problem behandeln (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 61).
Der Erfolg des Qualifizierungsprogramms hängt entscheidend von der Wahl der Lehrmethoden ab, aus
denen je nach Bildungsziel, Lerninhalt, Teilnehmerkreis, fachlicher und personeller Voraussetzungen die
geeignetsten auszuwählen sind (vgl. Mentzel, 1994, S. 170). Die methodische Planung wird in der
Schulungspraxis heutzutage weitgehend dem Trainer übertragen. Ihm obliegt es, die Lernziele auf
- 279 -
möglichst effiziente Art zu erreichen (vgl. RKW, 1990, S. 329). Dabei ist es problematisch, aus der
Vielzahl der Methoden für jeden Teilnehmer die für ihn geeignetsten auszuwählen und sie erfolgreich und
sinnvoll miteinander zu verknüpfen.
Je detaillierter das erwünschte Endverhalten der Bildungsteilnehmer bekannt ist, desto zielgerichteter
kann die Wahl der effektivsten Lehrmethoden erfolgen. Grundsätzlich sollten die Lehrmethoden
eingesetzt werden, die den größten Bezug zum angestrebten Endverhalten aufweisen (vgl.
Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 18; Mentzel, 1994, S. 207).
Bei vielen heutigen Bildungsmaßnahmen ergänzen sich die Lehrmethoden am und außerhalb des
Arbeitsplatzes gegenseitig. Die anwendungsorientierte, realitätsnahe Bildung am Arbeitsplatz weist dort
Grenzen auf, wo es um die Vermittlung neuen Wissens geht. Im Gegensatz dazu eignet sich die
arbeitsplatzübergreifende Lehrveranstaltung vor allem für ein strukturiertes Bildungsprogramm, das
insbesondere bei komplexen Zusammenhängen und Informationsvermittlung effizienter sein kann (vgl.
Mentzel, 1994, S. 172).
4.3.3.3.1.3. Allgemeingültige Kriterien zur Auswahl geeigneter Lehrmethoden
Aus der Vielzahl der oben dargestellten Methoden sind diejenigen auszuwählen, die zur Vermittlung der
Lernziele, unter Berücksichtigung weiterer Einflußfaktoren (z.B. individuelle und gruppenspezifische
Voraussetzungen), am geeignetsten sind. In der diesbezüglichen Fachliteratur wird des öfteren die
Kombination folgender Lernziele und Lehrmethoden empfohlen:
Abb. 17: Korrespondierende Lernziele und Lehrmethoden
Lernziele
Problemlösungsfähigkeit
Verhaltensänderung
Zwischenmenschliche
Fähigkeiten
Kenntnisvermittlung
Merkfähigkeit
Lehrmethoden
Fallstudien, Unternehmensplanspiele
gruppendynamisches (sensitivity) Training und Rollenspiele
gruppendynamisches Training, Rollenspiele
programmierte Unterweisung, durch bildliche Darstellungen
unterstützte Vorträge (Videofilm, Folien etc.)
programmierte Unterweisung, Fallstudien
Quelle: in Anlehnung an Berthel, 1995, S. 331
Diese generellen Aussagen müssen aufgrund spezifischer Eigenheiten der einzelnen Qualifizierungsprogramme nicht zwingend zutreffen (vgl. Berthel, 1995, S. 330).
Gewisse Lernziele oder Teillernziele lassen sich nur durch die Kombination mehrerer Lehrmethoden
erreichen. Beispielsweise könnte man bei einem Seminar über Mitarbeiterbeurteilung folgende
Bildungsmethoden einsetzen:
- Einführung in die Beurteilungsproblematik anhand einer Fallstudie;
- Lehrgespräch über Ziele der Mitarbeiterbeurteilung oder mögliche Fehlerquellen;
- 280 -
- Praktisches Üben von Beurteilungsgesprächen im Rollenspiel
(vgl. Mentzel, 1994, S. 209).
Nachfolgend in Abb. 18 ist ein Beispiel für ein Trainingskonzept zum Thema "Kritikgespräch" dargestellt
(das entsprechende Lernziel zum Kritikgespräch ist in dem Curriculum-Vorschlag angeführt; siehe auch
Anlage 20 und Kapitel 4.3.3.1.). Bei diesem ursprünglich von Thoronton (1980) konzipierten
Trainingskonzept, dessen Weiterentwicklung zu einem Bausteinsystem führt, gelangen auf effiziente
Weise mit geringem Trainingsaufwand viele Probanden zu konkreten Übungen. Dadurch soll u.a. das
Verhalten am Arbeitsplatz modifiziert werden (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 64).
Abb. 18: Trainingsbaustein zum Thema Kritikgespräch
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Vortrag über richtiges und falsches Verhalten beim Kritikgespräch und mögliche erwünschte und
unerwünschte Folgen (ca. 20 Minuten).
Modell-Lernen: Video-Film "gutes" Kritikgespräch - "schlechtes" Gespräch (ca. 20 Minuten).
Übung im Plenum: Rollenspiel: Kritikgespräch mit gemeinsamer Videoanalyse (ca. 40 Minuten).
Übungen I in Kleingruppen à drei Personen: drei Rollenspiele zum Kritikgespräch, gemein-same
Analyse in der Kleingruppe (ca. 45 Minuten).
Erfahrungsaustausch im Plenum (ca. 45 Minuten).
Übungen II in Kleingruppen à drei Personen: Drei Rollenspiele zum Kritikgespräch mit ge meinsamer Analyse (ca. 120 Minuten).
Abschlußplenum (ca. 30 Minuten).
Quelle: Rosenstiel, 1991(b), S. 64
Welche Entwicklungsmaßnahmen und -verfahren (z.B. formale Bildungsveranstaltungen, aktives Lernen
am Arbeitsplatz, job rotation) im Einzelnen angewandt werden, hängt maßgeblich von den inhaltlichen
Anforderungen und den durchzuführenden Methoden selbst ab (vgl. Hungenberg, 1990, S. 451). Auf
jeden Fall sollen die Seminarveranstaltungen nicht ausschließlich auf Vorträgen bzw. Referaten basieren
und somit Schul- und Vorlesungssituationen schaffen. Vielmehr empfehlen sich zur Förderung der
Praxisnähe insbesondere Rollenspiele, Fallstudien etc. Die eingesetzten Lehrmethoden sollen vielmehr
die Eigenaktivität durch intensive (Klein-) Gruppenarbeit fördern (vgl. Krenzer, 1990, S. 60). Danach
sollten diese Qualifikationen in den Betrieben durch Kurzvorträge, Assistentenstellen, Stellvertretungen
etc. praxisnah angewandt werden, denn Handlungssicherheit erhält man nur durch selbständiges (aus)probieren (vgl. Brinkmann et al., 1983, S. 85).
4.3.3.3.2. Darstellung der gebräuchlichsten Lehrmedien
Neben der Auswahl der Lehrmethoden ist die Auswahl der geeigneten Lehrmedien eine weitere
wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Bildungsarbeit.
Lehrmedien sind alle Hilfsmittel, "die dazu dienen, Bildungsinhalte anschaulicher zu vermitteln und das
Lernverhalten der Bildungsteilnehmer zu aktivieren" (Mentzel, 1994, S. 209). Eine durchdachte
Medienwahl ermöglicht eine abwechslungsreiche Wissensvermittlung und führt zu erhöhter
Aufmerksamkeit der Teilnehmer (vgl. Mentzel, 1994, S. 209).
- 281 -
Dabei nimmt die Qualität von Veranstaltungen nicht zwangsläufig durch erhöhte technische
Perfektionierung zu, sondern es besteht vielmehr die Gefahr, daß sich die Teilnehmer zu stark auf die
Medienvielfalt konzentrieren und vom eigentlichen Lernziel abgelenkt werden. Jeder Referent sollte sich
immer bewußt sein, daß der geschickte Medieneinsatz ihn zwar bei der Präsentation des Bildungsstoffes
unterstützen soll, ihn aber keinesfalls ersetzen kann und darf (vgl. Mentzel, 1994, S. 210).
Wie für die Lehrmethoden gibt es auch für die Medienwahl kein Patentrezept. Sie hängt sowohl vom
Teilnehmerkreis als auch von den Lernzielen der Bildungsveranstaltung ab. Generell sollten die Medien
so ausgewählt werden, daß die Anschaulichkeit bezüglich des Lernziels erhöht wird und die Teilnehmer
zu einer aktiven Mitarbeit beim Aneignen des Lernstoffes motiviert werden (vgl. Mentzel, 1994, S.
211).
Die bekanntesten und gebräuchlichsten Lehrmedien und ihre Einsatzbereiche lauten:
- Magnettafel: zum Aufzeigen unterschiedlicher Strukturen und Vernetzungen;
- Overhead-Projektor: zur genauen Veranschaulichung komplexer Vorgänge, zur Ergänzung von
teilweise Vorgegebenem, zur Großprojektion transparenter Modelle;
- Diaprojektor: zur bildlichen Präsentation der Realität;
- Tonband: zur Vorführung von Gesprächsabläufen, wenn das Erkennen und Differenzieren von
Geräuschen erwünscht wird;
- Flipchart: um den Kursteilnehmern umfangreiches Material in Großformat fortlaufend vor Augen führen
zu können;
- Videorekorder: zur unmittelbaren Kontrolle der (non-)verbalen Kommunikation, des Verhaltens, des
Auftretens etc., beispielsweise bei Rollenspielen
(vgl. Leonhardt, 1984, S. 68f);
- Computerunterstütztes (multimediales) Lernen und Lehren (Computer Based Training - CBT): mit
bewegten Bildern und Graphiken, Texten sowie Tönen können Selbstlernprogramme und
Fehlersimulationen durchgeführt werden (vgl. Degen, 1992, S. 24). Es eignet sich vor allem zur
abwechslungsreichen Vermittlung von Grundlagen- bzw. Faktenwissen (z.B. Produktschulung), kann
aber kein Verhaltenstraining ersetzen. Diese modernen, zunehmend eingesetzten virtuellen Medien
sollen insbesondere dazu beitragen, "Spaß" an der Bildungsmaßnahme zu vermitteln und somit einen
höheren Lerneffekt zu erreichen. Ferner ist es damit möglich, das Lerntempo an die individuellen
Fähigkeiten des Lernenden anzupassen, bei falschen Antworten über Umwege (sog. Schleifen) die
richtige Antwort über Zwischen- und Wiederholungsfragen zu erarbeiten usw.
Zur gleichmäßigen, effizienten Entwicklung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Verhaltensweisen
empfiehlt sich eine Kombination verschiedener Methoden und Medien. Dabei soll generell, wie
überhaupt in der Erwachsenenbildung, der Schwerpunkt auf aktive Lehrmethoden gesetzt werden, die
in erster Linie den Transfer von der Lern- in die Arbeitssituation vereinfachen (vgl. RKW, 1990, S.
327ff).
- 282 -
Mögliche Lehrmethoden und -medien für die einzelnen Themenbereiche sind in dem CurriculumVorschlag in Anlage 20 aufgeführt.
4.3.4. Möglichkeiten zur Übertragung des Gelernten in die Praxis
Jede Lehreinheit muß zuerst auf dem vorhandenen Bestand an Fähigkeiten, Fertigkeiten und
Verhaltensweisen der Teilnehmer aufbauen und durch das Löschen fehlerhafter und/oder der
Bestätigung der richtigen Lernbestände den Wissensstoff abklären, bevor neue Lerninhalte vermittelt
(integriert) werden können (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 195). Die einzelnen Seminarbausteine sowie
deren praktischer Einsatz müssen inhaltlich und methodisch mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad
aufeinander aufbauen (vgl. Rischar, 1983, S. 70f).
Besonders problematisch ist es für Seminarteilnehmer, das modellhaft übermittelte Wissen auf konkrete
Aufgabenstellungen bei der beruflichen Tätigkeit zu übertragen (sog. back-home-, re-entry-Situation);
dabei ergibt sich das Problem des Lerntransfers vom Lern- auf das Arbeitsfeld (vgl. Leonhardt, 1984,
S. 13; Rosenstiel, 1991(b), S. 62).
Das Erreichen von Lernerfolgen wird zwar an Lernaufgaben geübt, die die Probleme und Lernbedürfnisse der Teilnehmer simulieren sollen, trotzdem können in den Veranstaltungen niemals alle
zukünftigen Problemsituationen behandelt werden. Die Lernaufgaben müssen im Unterricht soweit
verallgemeinert werden, daß die Teilnehmer später am Arbeitsplatz in der Lage sind, sie auf die
verschiedenen Arbeitsbereiche zu transferieren. Durch mehrmalige Anwendung des erworbenen
Lerntransfers an ähnlichen Lernaufgaben üben die Teilnehmer bereits während des Seminars die
Übertragung auf vergleichbare Arbeitssituationen (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 196).
Der erfolgreiche Lerntransfer, also die Übertragung des Gelernten auf die praktischen Tätigkeiten am
Arbeitsplatz gelingt am ehesten, wenn
- die Teilnehmer aktiv an der Konzipierung des Bildungskonzeptes beteiligt sind,
- die Probleme durch möglichst realitätsnahe Fallbeispiele behandelt werden,
- die Eigeninitiative der Teilnehmer gefördert wird,
- die Trainer mit den individuellen Lernproblemen und betrieblichen Anforderungen vertraut sind,
- die Verhaltensänderungen durch verschiedene Lehrmethoden (z.B. Rollenspiele) praktisch eingeübt
werden,
- intensive Gruppenarbeit verwandt wird, um eingefahrene Verhaltensweisen zu ändern
(vgl. Krenzer, 1990, S. 57f),
- über die Ergebnisse der Trainingsübungen direktes Feedback im Sinne der Information und
Verstärkung gegeben wird,
- die Übertragung des Gelernten auf die Arbeitssituation gewährleistet ist und die Erfahrungen nach
einem kurzen Zeitraum besprochen werden
(vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 63),
- 283 -
- die organisatorische Umwelt (z.B. Vorgesetzte, Kollegen) der Bildungsmaßnahme positiv gegenüber
steht (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 271).
Auf diese Aspekte für einen positiven Lerntransfer wird im Kapitel 4.3.5. näher eingegangen.
Im Laufe des Seminars sollte von jedem Teilnehmer ein persönlicher Maßnahmenkatalog mit
Handlungszielen, Umsetzungsschritten, Zeitvorgaben etc. für die "back-home-"Situation erstellt werden.
Dies dient der Vorbereitung des Transfers und vereinfacht die "re-entry-"Situation (vgl. Krenzer, 1990,
S. 62). Dauerhafte Mentalitätswandlung kann bei den Teilnehmern aber nicht ausschließlich durch
Seminare, Workshops etc. antrainiert werden (vgl. Stiefel, 1989(b), S. 233). Entscheidend für den
späteren Berufserfolg ist allein die Bewährung in der betrieblichen Praxis, denn das fundierteste
theoretische Wissen hilft überhaupt nichts, wenn man nicht in der Lage ist, es in der Praxis einzusetzen
(vgl. Rischar, 1983, S. 72).
Die praktische Umsetzung des Gelernten soll vorrangig in einem anderen als dem familieneigenen oder
Stammbetrieb erfolgen. Dadurch können die Nachfolger andere Betriebsabläufe, -stärken,
-schwächen, Führungsverhalten etc. kennenlernen und sich frei entfalten beim Versuch der Umsetzung
der erworbenen Qualifikationen in die Berufspraxis, ohne zusätzliche Angst vor Gesichtsverlust bei evtl.
begangenen Fehlern haben zu müssen.
4.3.5. Organisatorische Leitung sowie allgemeine Rahmen- und Ablaufbedingungen des
standardisierten Qualifizierungsprogramms
Die nachfolgenden Ausführungen zur Organisation sowie zu den allgemeinen Rahmen- und
Ablaufbedingungen des Qualifizierungsprogramms erfolgen größtenteils auf der Grundlage
- ausgewählter Traineeprogramme bei Automobilherstellern, Banken, Elektronikkonzernen usw.,
- spezieller Fachliteratur über Qualifizierungsprogramme für Führungs-(nachwuchs-)kräfte,
- von Ratschlägen und Anregungen erfahrener Seminarleiter und Trainer sowie
- eigener Vorstellungen des Verfassers dieser Arbeit.
4.3.5.1.
Organisation und Leitung des Programms
Während es zahlreiche kommerzielle und fabrikats-(un-)gebundene Schulungsinstitutionen gibt, die
umfangreiche mehrwöchige Qualifizierungsprogramme und einzelne Seminarbausteine für
Unternehmernachfolger speziell im Kfz-Gewerbe anbieten, gibt es bisher (soweit bekannt) mit
Ausnahme der Autohaus Akademie, keine Einrichtung, die den Nachwuchskräften Praktikumsplätze in
Autohäusern offeriert. Zwar vermitteln auch die Schulungsinstitute der meisten Kfz-Hersteller/Importeure und der ZDK auf Anfrage entsprechende Betriebe, jedoch betrifft diese Vermittlung meist
Einzelfälle und verläuft ebenfalls weitgehend unsystematisch.
- 284 -
Bisher gibt es kein Institut, daß eine systematische Verzahnung von theoretischen Lehrinhalten und
darauf aufbauender praktischer Erfahrungssammlung in fremden (Kfz-)Unternehmen anbietet. Doch
gerade diese gezielte Verknüpfung ist ein entscheidendes Kriterium für die umfassende Vorbereitung
der Unternehmernachfolger auf ihre zukünftigen, vielfältigen Aufgaben. Theoretische
Fortbildungsveranstaltungen müssen das Sammeln praktischer Kenntnisse, Fähigkeiten,
Verhaltensweisen usw. vorbereiten und vertiefen, um ein optimales Qualifizierungsergebnis zu erreichen.
Die Erkenntnis, daß praktische Erfahrungssammlung im Rahmen von Qualifizierungsprogrammen
dringend notwendig ist, wird heutzutage teilweise dadurch umgesetzt, daß Händlerkollegen
untereinander potentielle Nachfolger zum Praktikum in ihr(e) Unternehmen aufnehmen. Große
Kettenbetriebe gehen seit neuestem vereinzelt dazu über, Qualifizierungsprogramme für firmeneigene
Führungs-(nachwuchs-)kräfte zu entwickeln; jedoch ist es Externen nicht erlaubt, an diesen
Programmen teilzunehmen.
Zur Organisation des gesamten Programms, zur Auswahl der einzelnen Seminare und die darauf
aufbauende, systematisch abgestimmte Ausgestaltung der Betriebspraktika für jeden einzelnen
Teilnehmer ist es notwendig, eine eigens dafür zuständige Beratungsstelle einzurichten, die für die
Planung, Durchführung und Kontrolle dieses dualen, ressortübergreifenden Qualifizierungsprogramms
verantwortlich ist. Für diese umfangreichen Aufgaben böten sich beispielsweise, entweder als
kommerzieller Anbieter, die Autohaus Akademie, oder aber die Schulungsinstitute der Kfz-Hersteller/Importeure an. Dabei stößt eine solche Maßnahme durch die Werke auf gewisse Ressentiments bei den
Kfz-Händlern, wie das Ergebnis der empirischen Studie zeigt (siehe auch Kapitel 4.2.4.3., Tab. 11).
Das bedeutet allerdings nicht, daß ein entsprechender Ausbau dieser Einrichtungen nicht möglich ist.
Ein Nachteil dieser fabrikats-(un-)gebundenen Schulungsinstitutionen ist, daß die direkte Anbindung an
die bereits absolvierten Qualifizierungswege fehlt, beispielsweise zur Bundesfachschule für KfzBetriebswirtschaft, zu einer Wirtschaftsakademie oder einer (Fach-)Hochschule. Angesichts des
unterschiedlichen Ausgangswissens der Unternehmernachfolger werden die Institute durch die
abweichenden Bildungswege, Neigungen, Potentiale etc. immer ein differenziertes Programm anbieten
müssen, mit einer Eingangsstufe für das niedrigste Ausgangswissen (z.B. Fachschule,
Wirtschaftsakademie), einer mittleren Stufe für die Fachhochschulausbildung und einer gehobenen Stufe
mit dem Ausgangswissen einer universitären Ausbildung.
Eine systematische Vernetzung der bisherigen Ausbildung mit der weiteren Unternehmernachfolgerqualifizierung wäre dann gegeben, wenn sich ein Institut einem der bisherigen Bildungswege
anschließen könnte. Theoretisch würde das bedeuten, daß sich an die Fachschule für KfzBetriebswirtschaft, an eine Fachhochschule oder Universität - speziell mit den Lehrstühlen für
Automobilwirtschaft - ein solches Institut angliedern könnte, um für ihre Absolventen die Nachfolgeausbildung zu gewährleisten. Aus Kapazitätsgründen scheint aber ein solches Institut bei drei
- 285 -
Bildungseinrichtungen nicht tragbar, außer wenn die werkseigenen Schulungszentren ihre Unternehmernachfolger-Programme aufgeben würden; davon kann man jedoch nicht ausgehen. Deshalb ist
nicht anzunehmen, daß jeweils in einem Jahrgang die Kapazität von drei Instituten ausgeschöpft werden
könnte. Wenn man sich aber für ein bis zwei Institute entscheidet, müßten diese bei den am höchsten
qualifizierten Bildungseinrichtungen, nämlich einer Universität oder einer Fachhochschule, angesiedelt
werden, wobei die Form eines sog. “An-Instituts“ als besonders geeignet erscheint. Bei einer
organisatorischen Angliederung an eine Hochschule wäre einmal die Verknüpfung von Lehre, Forschung
und Praxis gewährleistet, zum anderen wäre auch für die am höchsten qualifizierten Absolventen eine
anspruchsvolle Nachfolgeausbildung gegeben. Das würde auch nicht die Aufnahme von Absolventen
z.B. der Fachschule oder Wirtschaftsakademien ausschließen, da, wie bereits dargelegt, die
Schulungseinrichtung für Nachfolger in drei Qualifikationsstufen unterteilt werden sollte. Die
Zusammenfassung der Ausbildungsaktivitäten in einem Institut hat zudem den Vorteil, daß die einzelnen
Qualifikationsstufen durchgängig zu gestalten sind. So hätte z.B. ein Absolvent der Fachschule bei
entsprechender Qualifikation. die Möglichkeit, in die nächsthöhere Stufe aufzusteigen oder sogar unter
Überspringen dieser Stufe in die am höchsten qualifizierte Kategorie zu gelangen. Dies müßte ebenfalls
bei Überforderung in entgegengesetzter Richtung, also von einer höheren in eine niedrigere Stufe
möglich sein.
Institute in Verbindung mit Hochschuleinrichtungen, unabhängig von der Hochschule selbst, sind in der
Praxis bereits weitgehend üblich. Beispielsweise gibt es viele solcher Einrichtungen (z.B. für Umweltund Verfahrenstechnologie) in verschiedenen Regionen, die auf die Initiative der interessierten, meist
mittelständischen Unternehmen und ihrer Verbände zurückgehen. Einige Institute arbeiten eng mit
Lehrstühlen zusammen, teilweise werden sie sogar von den zuständigen Professoren in Personalunion
geführt.
Ein solches An-Institut für die Nachfolgerqualifizierung in Verbindung mit einem Lehrstuhl gäbe nicht nur
eine ideale Verbindung von Lehre und Forschung mit der Praxis, sondern würde durch die gegenseitige
Wechselwirkung beide Seiten unterstützen. Einmal wäre gewährleistet, daß die Umsetzung theoretischer
Kenntnisse, Fähigkeiten usw. in der Praxis durch den Lehrstuhlinhaber überprüft, evtl. auch korrigiert
oder vertieft werden könnte und andererseits der Unternehmernachfolger im Rahmen des
Qualifizierungsprogramms erkennt, wie wichtig die theoretischen Ansätze, die er ggf. während des
Studiums vermittelt bekommen hat, für seine praktische Arbeit sind. Durch solche Institutionen würden
auch die Probleme, die in der systematischen Planung der Ausbildungsschritte sowie in der
Implementierung und Kontrolle ihres Erfolges liegen, gelöst werden können. Aufgrund des Ansehens der
Hochschuleinrichtungen wäre es, zumal in Verbindung mit den fabrikatsbezogenen Händlerverbänden
oder auch Kfz-Herstellern/-Importeuren, voraussichtlich einfacher, geeignete Praktikumsbetriebe zu
finden. Die Initiative für eine solche Einrichtung müßte allerdings vom Kfz-Gewerbe selbst ausgehen, am
besten durch den ZDK.
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Sowohl dem Lehrstuhl für Automobilwirtschaft an der Universität Bamberg als auch an der Fachhochschule Nürtingen sind mittlerweile eine Forschungsstelle bzw. ein Institut angeschlossen. Durch
Ausweitung ihrer Personal-, Schulungs-, Finanzkapazitäten etc. wäre es denkbar und erstrebenswert,
daß diese Einrichtungen die oben geschilderten Aufgaben übernehmen. Solange diese Institutionen dazu
(noch) nicht in der Lage sind, müßten sich die vorhandenen Schulungsanbieter, wie die Autohaus
Akademie oder die Schulungsinstitute der Kfz-Hersteller/-Importeure, der systematisch verzahnten
Nachfolgerqualifizierung annehmen.
Da auch im Hochschulrahmengesetz neben den Hauptaufgaben der studentischen Grundausbildung
sowie der Forschung und Lehre ebenfalls die berufliche Weiterbildung festgeschrieben ist, sollten (Fach)Hochschulen zukünftig verstärkt als Anbieter beruflicher Fortbildungsmaßnahmen (z.B. Seminare über
Arbeits- und Führungstechniken von Unternehmensführern; Neues aus Forschung und Lehre) auftreten
(vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 112). Viele amerikanische Universitäten bieten bereits seit vielen Jahren
solche speziellen Fortbildungsmaßnahmen für berufstätige, erfahrene Führungskräfte (Senior Executive
Programs) und für den Managementnachwuchs (High Potentials) an.
Wie bereits angeführt, obliegt es den Schulungsanbietern, die Unternehmen herauszufinden, die gewillt
sind, einen Praktikumsplatz bereitzustellen, sowie zu klären, in welchen Abteilungen bzw. beruflichen
Tätigkeitsfeldern die Praktikanten dort die meisten Erfahrungen sammeln können. Diese Aufgabe
erfordert, speziell am Anfang, erheblichen Zeitaufwand und Einsatz.
Die Praktikumsbetriebe sollten eine bestimmte Größe haben, damit der entsprechende Praktikumsabschnitt in der festgelegten Zeit ausreichend praktisch geübt werden kann. Die Unternehmen
dürfen auch nicht zu klein sein, da andernfalls eine zu universelle Betrachtung der betrieblichen Tätigkeit
erfolgt, zuungunsten der Detailkenntnisse (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 60). Deshalb sollte man
Autohäuser auswählen, die etwa zwischen 40 und 80 Mitarbeiter beschäftigen, da dort auch eine
spezifische Organisation der einzelnen Abteilungen vorzufinden ist.
Zur Betreuung und Beratung der Teilnehmer eignet sich der Einsatz eines hauptverantwortlichen
Programmleiters (=Coach), der als kontinuierlicher Ansprechpartner zur Verfügung steht. Auf dessen
Aufgaben, Funktionen und Anforderungen wird in Kapitel 4.3.5.6.1. näher eingegangen.
Während der Praktikantenzeit im Betrieb unterstehen die Teilnehmer je nach Praktikumsabschnitt dem
direkten (Fach-)Vorgesetzten, Abteilungsleiter und/oder dem Unternehmer/Geschäftsführer selbst und
unterscheiden sich damit in der Verantwortlichkeit nicht von anderen Mitarbeitern dieser Abteilung (vgl.
Hamer/Nicolai, 1982, S. 60).
Zur effektiveren Gestaltung der einzelnen Praktikumsabschnitte wäre es wünschenswert, wenn innerhalb
der Betriebe jeweils eine Führungskraft ausgewählt wird - evtl. übernimmt der Unternehmer/Geschäftsführer diese Aufgabe sogar persönlich -, die für die Optimierung des Praktikumszwecks, unter Berücksichtigung der Betriebs- und Praktikantenziele, zuständig ist. Mit diesem(n)
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Vorgesetzten wird auch der Inhalt des Praktikumsabschnitts abgesprochen, damit der Praktikant
möglichst viele unterschiedliche Arbeitsaufgaben übertragen bekommt (vgl. Hamer/
Nicolai, 1982, S. 60ff).
Aufgrund der kurzen Dauer jedes Praktikumsabschnittes ist es dringend notwendig, daß der
Unternehmer/Geschäftsführer den Abteilungsleitern und den sonstigen Mitarbeitern vorab erläutert insbesondere bei erstmaliger Aufnahme von Praktikanten -, was derjenige bzw. diejenigen im Betrieb
machen soll(en) und welche Vorzüge diese Mitarbeit auch für das Unternehmen haben kann. Durch
umfassende Vorabinformation kann das Anfangsmißtrauen der Belegschaft gegenüber dem/den "Neuen"
ausgeräumt werden. Wenn ein Unternehmen regelmäßig Praktikanten aufnimmt, "gewöhnen" sich die
Mitarbeiter an deren Anwesenheit (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 82f) und betrachten es u.U., bei
entsprechendem Auftreten und Verhalten der Unternehmernachfolger, als besondere Auszeichnung
"ihres" Unternehmens bzw. ihrer Person, daß sie zukünftige "Chefs" schulen (dürfen).
Anfänglich dürfte es für die veranstaltenden Bildungsinstitutionen problematisch sein, daß sich überhaupt
Kfz-Unternehmer/-Geschäftsführer bereit erklären, Praktikumsplätze für Unternehmernachfolger zur
Verfügung zu stellen. Falls die ersten Pilotprojekte (Betriebspraktika) erfolgreich verlaufen und diese
Unternehmer erkennen, daß neben dem zusätzlichen Arbeitsaufwand daraus auch konstruktive
Gespräche und Zusammenarbeit, interessante Verbesserungsvorschläge und neue Ideen resultieren,
werden sich voraussichtlich längerfristig weitere Autohäuser daran beteiligen. Bei Dauereinrichtung eines
solchen Praktikums in einer größeren Zahl von Kfz-Betrieben könnten die jeweils "lernergiebigsten"
Unternehmen - dies können sowohl besonders erfolgreiche als auch weniger erfolgreiche sein - für die
einzelnen Praktikumsabschnitte der jeweiligen Teilnehmer ausgewählt werden.
4.3.5.2.
Systematischer Wechsel zwischen Bildungsveranstaltungen und praktischen
Arbeitseinsätzen
Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Schulungsmaßnahmen soll den Teilnehmern der notwendige
Wissensstoff des Lehrplans (z.B. fachliches, führungs- und verhaltensspezifisches Wissen) vermittelt
werden. Dabei ist es ratsam, das Programm weitgehendst so aufzubauen, daß die Teilnehmer zuerst den
erforderlichen Lernstoff für den nachfolgenden Praktikumsabschnitt von erfahrenen, praxisorientierten
Trainern (z.B. Wissenschaftlern, Hochschuldozenten, Unternehmens-, Personalberatern) vermittelt
bekommen. Anschließend sollen sie das jeweils neu Gelernte in der betrieblichen Praxis ("vor Ort")
umsetzen.
Am Anfang des nachfolgenden Seminarbausteins ist es empfehlenswert, einen halb- bis ganztägigen
Erfahrungsaustausch zwischen dem zuständigen Trainer, erfolgreichen Kfz-Unternehmern und
erfahrenen Praktikern sowie den Absolventen durchzuführen. Dabei sollte den Teilnehmern die Chance
eingeräumt werden, ihre Eindrücke und Probleme bei der Umsetzung des vermittelten Lehrstoffes in die
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Praxis zu schildern. Insbesondere die Praktiker sollten dabei den Teilnehmern aus ihrem
Erfahrungsschatz
besondere
Handlungshinweise,
Erfahrungswerte,
Bearbeitungstechniken,
Schwachstellenkenntnisse, Lösungsmöglichkeiten, Vorgehensweisen, Anwendungsmethoden etc.
erläutern und somit den Teilnehmern in dem theoretisch Erlernten und praktisch bereits teilweise
Geübten ein umfangreiches Feedback geben (in Anlehnung an Hamer/Nicolai, 1982, S. 70ff). Dieser
praktische Erfahrungsaustausch soll in erster Linie zur Ergänzung und Vertiefung des Wissens und der
Handlungsfähigkeit dienen.
4.3.5.3.
Art und Umfang der Mitarbeit in den Praktikumsbetrieben
Grundsätzlich sollte in den einzelnen Praktikumsabschnitten nach anfänglicher Einweisung durch den
direkten Vorgesetzten, verbunden mit evtl. kurzzeitiger passiver Teilnahme als "Zuschauer bzw.
Zuhörer" eines Mitarbeiters (z.B. EDV-Einsatz in der Finanzbuchhaltung, Führen von Verkaufs- und
Mitarbeitergesprächen), eine aktive Mitarbeit erreicht werden. Im letzten Stadium des Programms soll
der Praktikant vertretungsweise einen wichtigen Arbeitsplatz, noch besser die Abteilungs- oder sogar
die Geschäftsleitung eines Betriebes (eigenverantwortlich) übernehmen.
Dort, wo die voll verantwortliche Übernahme eines bestimmten Arbeitsplatzes oder einer
Betriebsfunktion nicht möglich ist, kann dies durch indirekte Mitarbeitsformen kompensiert werden.
Beispielsweise kann der Praktikant ein Gutachten über die Schwachstellen der Ablauforganisation des
Unternehmens erstellen. Dadurch ist er gezwungen, die verschiedenen Unternehmensfunktionen
praktisch kennenzulernen, zu analysieren und aufgrund seiner Erfahrungen zu bewerten. Dem
Unternehmer können beim abschließenden Gespräch mit dem neutralen Außenstehenden, d.h. dem
Praktikanten, oft wertvolle Denkanstöße über vorhandene Schwachstellen und deren
Beseitigungsmöglichkeiten vermittelt werden (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 62).
Bereits aus dem Eigeninteresse der Praktikanten heraus läßt sich ableiten, daß jede Mitarbeitsform um
so wertvoller ist, je intensiver der Teilnehmer in die konkrete berufliche Tätigkeit einbezogen wird.
Lediglich Zuschauen bzw. -hören ist auf Dauer von sehr geringem Wert und müßte durch indirekte
Mitarbeitsformen mit festgelegter Aufgabenstellung ersetzt werden (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 62).
Die praktische Schulung kann verbessert werden, wenn der Unternehmer/Geschäftsführer nicht nur am
Anfang und Ende der Praktikantenzeit, sondern auch zwischendurch einen praktischen
Erfahrungsaustausch mit dem Volontär durchführt. Diese Gespräche können für beide Seiten sehr
informativ und nützlich sein (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 83).
4.3.5.4.
Generelle Lehr- und Zeitplangestaltung des standardisierten Programms
a) Zeitlicher Rahmen des vorliegenden Programms
- 289 -
Das gesamte Qualifizierungsprogramm ist - in Anlehnung an die meisten Trainee-Programme in
Großunternehmen - auf etwa 15-16 Monate, abzüglich 6 Wochen Urlaub, ausgerichtet. Davon sind
etwa 11 Wochen für formale Bildungskurse - mit maximal 15 Teilnehmern - und ca. 11-12 Monate für
Betriebspraktika vorgesehen. Dieser Zeitrahmen kann aber entsprechend den individuellen Wünschen
oder Notwendigkeiten des einzelnen Teilnehmers (z.B. längeres Auslandspraktikum, erhebliche
Vorbildung bzw. Defizite, branchenspezifische Erfahrungen) entweder bereits bei der individuellen
Programmplanung oder im Verlauf des Praktikums variiert werden, soweit es organisatorisch mit dem
gesamten Programm vereinbar ist. Der Zeitrahmen sollte jedoch 2 Jahre nicht überschreiten.
Aussagen über die Dauer der einzelnen Lernabschnitte und die Verweildauer auf den einzelnen
Praktikumsplätzen hängen primär von
- dem zu bewältigenden Lehrstoff (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 117),
- der Intensität, mit der die verschiedenen Programmpunkte behandelt werden sollen,
- den vorgesehenen Lehrmaßnahmen
(vgl. Mentzel, 1994, S. 206),
- der Komplexität der für den jeweiligen Arbeitsplatz charakteristischen Aufgabe,
- der Qualifikation und Leistungsbereitschaft der einzelnen Teilnehmer,
- den fachlichen, didaktischen und pädagogischen Fähigkeiten des Trainers bzw. Vorgesetzten ab
(vgl. Korndörfer, 1989, S. 270).
Für die Dauer der einzelnen Praktika erscheint eine Mitarbeit von weniger als einem Monat in einem
Betrieb kaum sinnvoll, da erfahrungsgemäß die Eingewöhnungszeit von Unternehmen bzw. Belegschaft
und Praktikant mindestens ein bis zwei Wochen beansprucht (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 80). Der
direkte Vorgesetzte kann für diesen Zeitraum nur bedingt eine detaillierte Leistungsbeurteilung über den
Praktikanten abgeben. Die Höchstdauer der einzelnen Praktikumsabschnitte von meist 3-4 Monaten
wird durch die zur Verfügung stehende Gesamtzeit von 15-16 Monaten begrenzt. Bei für den einzelnen
Teilnehmer besonders wichtigen Praktikumsabschnitten können ggf. auch längere Zeiträume eingeräumt
werden - u.U. unter Urlaubsverzicht, so lange sie nicht dem Gesamtprogramm entgegenlaufen.
Aufgrund der Komplexität der Funktionen und Aufgaben in einigen beruflichen Tätigkeitsbereichen (z.B.
Fahrzeugverkauf, Finanzbuchhaltung) wird es bei der knapp bemessenen Zeit kaum möglich sein,
vollständige Praxiserfahrung zu vermitteln. Es müssen aber dem Teilnehmer das Bewußtsein, die
Bedeutung und die Möglichkeiten der einzelnen unternehmerischen Aufgaben nahegebracht werden.
Dies ist für den hier angestrebten Praktikumserfolg ausreichend.
Die einzelnen Schulungsveranstaltungen sollten je nach Komplexität des Themengebiets 3-5 Tage
dauern. Bei der zeitlichen Gestaltung der Seminare muß unbedingt darauf geachtet werden, daß die
Teilnehmer genügend Zeit (in aufgelockerter Atmosphäre) zum gegenseitigen Kennenlernen, zu
informellen Gesprächen, Beratungen, Diskussionen etc. haben.
- 290 -
b) Zeitliche Abfolge der Seminarveranstaltungen und Praktika
Grundsätzlich sollte - wie bereits erläutert - die Reihenfolge der Programmbausteine eingehalten werden,
da die Lehr- und Arbeitsinhalte größtenteils systematisch aufeinander aufbauen. Im Anschluß an das
jeweilige Seminar sollte umgehend die praktische Umsetzung und Erfahrungssammlung in einem
Ausbildungsbetrieb erfolgen.
Dabei erscheinen für die zukünftigen Arbeitsanforderungen des Unternehmernachfolgers die Lerninhalte
des Aufbau- und Vertiefungsprogramms sowie deren praktische Umsetzung im Rahmen des
Integrations- bzw. Transferprogramms am wichtigsten. In diesen Funktionen erfährt er zukünftig am
wenigsten Unterstützung seitens der Mitarbeiter und muß sie vorrangig eigenständig ausführen (in
Anlehnung an Hamer/Nicolai, 1982, S. 83f).
Die Behandlung der Themenbereiche im Aufbau- und Vertiefungsprogramm (z.B. Führungs- und
Arbeitstechniken, strategische Unternehmensführung, strategisches Personalmanagement, Organisationsstruktur) erfolgen vorrangig in Seminarveranstaltungen. Die praktische Umsetzung findet im Fachund Integrationsprogramm zur Ergänzung und Vertiefung dieses Wissens statt. Für die taktischen
Funktionen, also die fachliche Grundausbildung (z.B. im Neu- und Gebrauchtwagenhandel,
Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen) haben sich vor allem Erfahrungsberichte von Praktikern als
nützliche Seminarform erwiesen. Dabei sollen den Teilnehmern Handlungshinweise,
Bearbeitungstechniken, Erfahrungswerte und Schwachstellenkenntnisse vermittelt werden (in Anlehnung
an Hamer/Nicolai, 1982, S. 84).
4.3.5.5.
Bestimmung des Lernortes und Umfeldes bei Seminaren
Im Zusammenhang mit der Auswahl der einzusetzenden Lehrmethoden, -verfahren und -techniken muß
auch entschieden werden, ob die Bildungsmaßnahmen innerbetrieblich durchzuführen sind oder an
externe Institutionen übertragen werden müssen (vgl. RKW, 1990, S. 320).
Da es aus Know-how-, Wirtschaftlichkeits- und Zeitgründen im einzelnen Kfz-Betrieb kaum möglich
ist, dem Unternehmernachfolger innerbetrieblich vor allem die notwendigen theoretischen
Schulungsinhalte zu vermitteln, empfiehlt es sich, die von den einzelnen Kfz-Herstellern/-Importeuren
oder externen Institutionen (z.B. Autohaus Akademie, Industrie- und Handelskammer, privater
Anbieter) angebotenen speziellen Nachfolgerseminare zu absolvieren. Von den Befragungsteilnehmern
wurden
als
erstes
die
Unternehmernachfolger-Seminare
von
branchenbezogenen,
fabrikatsübergreifenden Anbietern (z.B. Autohaus Akademie) und als zweites die werkseigenen
Schulungsmaßnahmen präferiert (siehe auch Kapitel 4.2.4.3., Tab. 11).
Insbesondere einige große Automobilhersteller/-importeure (z.B. Mercedes-Benz, Ford, VW/Audi)
verfügen über werkseigene Schulungszentren, einschließlich ansprechender Unterkünfte, Verpflegung
und zuvorkommendem Service. Die meisten kleineren Hersteller/Importeure sowie externe
- 291 -
Schulungsanbieter sind auf Seminarhotels angewiesen. Bei der Auswahl des entsprechenden Hotels
sollten insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- zentrale, verkehrsgünstige Lage für alle Kursteilnehmer,
- methodische und didaktische Hilfsmittel (z.B. Flip-Chart, Overhead-Projektor, Kopierer, Leinwand)
müssen vorhanden und einsetzbar sein,
- neben dem Vortragssaal sollten auch mehrere kleine Räume für spontane Gruppenarbeit zur
Verfügung stehen,
- die Übernachtungsmöglichkeiten, die flexible, gute Küche, das freundliche Personal, das Ambiente des
Hotels sollten den Anforderungen entsprechen sowie
- adäquate Räumlichkeiten und Einrichtungen für die Freizeit- und Abendgestaltung (z.B. Schwimmbad,
Sauna, Bar) müssen zur Verfügung stehen
(vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 59).
Gerade bei mehrtägigen Veranstaltungen sind vor allem die Räumlichkeiten für die informellen
Gespräche und den Erfahrungsaustausch (z.B. Bar, Kamin) von oft unterschätztem Wert (vgl.
Rosenstiel, 1991(b), S. 59).
Des weiteren könnten - wie bereits weiter vorne in Kapitel 4.3.5.1. ausgeführt - die (Fach-)
Hochschulen vermehrt als Anbieter beruflicher Weiterbildungsveranstaltungen fungieren.
4.3.5.6.
Qualitative Anforderungen an den Programmleiter, Trainer und Ausbilder in den
Praktikumsbetrieben
Die Qualität des gesamten Qualifizierungsprogramms steht und fällt mit der Organisation, der
Qualifikation, Erfahrung, Einsatzbereitschaft und den Schulungsfähigkeiten der Trainer sowie vor allem
der Ausbilder in den einzelnen Praktikumsbetrieben.
4.3.5.6.1.
Der Programmleiter als kontinuierlicher, zentraler Ansprechpartner und Betreuer
der Teilnehmer
Die einzelnen Kfz-Hersteller/-Importeure bzw. externen Bildungsinstitutionen sollten für das gesamte
Schulungsprogramm einen hauptverantwortlichen Programmleiter (=Coach) zur Verfügung stellen, der
als zentrale Beratungs-, Förderungs- und Betreuungsstelle für die Teilnehmer jederzeit erreichbar ist.
Dieser sollte den gesamten Programmablauf, die individuellen Qualifizierungsmaßnahmen der
Unternehmernachfolger, organisieren und koordinieren (z.B. Seminarvorbereitung, Auswahl der
Praktikumsbetriebe, Organisation von Sonderveranstaltungen und Auslandsaufenthalten) sowie als
Ansprechpartner bei Problemen hilfreich zur Seite stehen (in Anlehnung an Hamer/Nicolai, 1982, S. 81;
Mentzel, 1994, S. 151ff). Ferner soll er die einzelnen Teilnehmer in regelmäßigen Abständen an ihrem
Praktikumsort besuchen, um mit dem Unternehmer, Abteilungsleiter bzw. direkten (Fach-)Vorgesetzen
sowie den Praktikanten die Qualifizierungserfolge/-defizite und Leistungsbeurteilungen durchzusprechen
- 292 -
und mit ihnen weitere individuelle Maßnahmen abzustimmen. Dieser Coach hat auch das generelle
disziplinarische Weisungsrecht gegenüber den einzelnen Teilnehmern.
Der Programmbetreuer hat durch regelmäßige, individuelle Beratungsgespräche dafür zu sorgen, daß
die jeweiligen Bedürfnisse, angestrebten Zielsetzungen und Erwartungen der Teilnehmer an das
Qualifizierungsprogramm (persönliche Weiterentwicklung, abwechslungsreiche Arbeitsinhalte,
Erweiterung der Kenntnisse, Fertigkeiten und beruflichen Erfahrungen etc.) befriedigt werden.
Eventuelle Probleme müssen in gemeinsamen Gesprächen behoben werden. Des weiteren sind von ihm
die Einhaltung des Programms genau zu kontrollieren sowie die Resultate der Gesamt- und Etappenziele
- bei längeren Schulungsperioden - berichtsmäßig festzuhalten.
Ein entsprechender Berater benötigt bei diesen umfangreichen Anforderungen weniger fachliche
Kenntnisse als vielmehr psychologische, gesprächstherapeutische und kommunikationspsychologische
Fähigkeiten (vgl. Vogelauer, 1990, S. 180), um den Unternehmernachfolger entsprechend beraten,
fördern und unterstützen zu können (vgl. Huck, 1990, S. 37).
Empfehlenswert wäre es, wenn diese Person vor Beginn des Qualifizierungsprogramms den elterlichen
bzw. Stammbetrieb vor Ort analysiert, um benötigte Kenntnisse über das Unternehmen zu erhalten. Nur
so ist sichergestellt, daß auch tatsächlich die größenspezifisch relevanten betrieblichen Problembereiche
behandelt werden und die Lernziele der Veranstaltung den zukünftigen betriebsspezifischen
Anforderungen des einzelnen Unternehmens (sowie des individuellen Leistungspotentials) entsprechen.
4.3.5.6.2. Die Anforderungen an die Trainer für einen erfolgreichen Schulungsverlauf
Der Trainingserfolg hängt im großen Maße von den fachlichen und pädagogischen Qualifikationen der
Trainer133 ab. Sie müssen in der Lage sein, die Teilnehmer zu begeistern und insbesondere davon zu
überzeugen, daß die Schulungsbemühungen für sie selbst und ihre zukünftigen Arbeitsinhalte nützen (vgl.
Schwalbe/Zander, 1990, S. 118).
Vor allem bei externen Trainern ist vom Programmleiter darauf zu achten, daß nicht einfach ein
(veraltetes) Standardprogramm vorgetragen wird, sondern daß sich das Seminar an den vorher
festgelegten Lernzielen und den damit verbundenen individuellen und betrieblichen Anforderungen
orientiert (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 118).
Insbesondere externe Trainer besitzen oftmals nur unzureichende Informationen über
- den Bildungsstand der Teilnehmer und
- die zweckbezogenen Zielsetzungen der Schulungsmaßnahmen
133
Die Begriffe Trainer, Referent, Ausbilder, Lehrer, Dozent etc. werden im Rahmen der Arbeit synonym verwendet
(vgl. RKW, 1990, S. 323). Damit wird die Person bezeichnet, die bei den kollektiven Bildungsmaßnahmen die
jeweilige Schulungsmaßnahme durchführt und dafür verantwortlich ist. Sie sind zu unterscheiden vom
hauptverantwortlichen Programmbetreuer, der während des gesamten Schulungsprogramms für die Koordination
der individuellen Schulungsabschnitte sowie für die Beratung und Betreuung der Teilnehmer zuständig ist.
- 293 -
(vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 112).
Deshalb setzt die Trainertätigkeit eine detaillierte Ermittlung der Sachlage voraus, um die Qualifikationsbedürfnisse und -notwendigkeiten (z.B. neues Wissen vermitteln, Stärken fördern, Mängel
abbauen) der Teilnehmer befriedigen zu können (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 112).
Weiterhin sollten die Referenten über ausreichende Erfahrungen in der Betriebspraxis verfügen, damit
sie praxisorientiert, anforderungsgerecht und interessant schulen und realitätsnahe Beispiele einfließen
lassen können (vgl. Holzer, 1989, S. 44).
Meist bestimmen die Referenten, in Absprache mit dem Bildungsträger, die Lernziele und Stoffprogramme. Ferner sind sie im allgemeinen für die Auswahl der Lehrmethoden und -medien
verantwortlich und beeinflussen durch ihren Lehrstil, ihr Auftreten und ihre Kommunikationsbereitschaft
weitgehend die Atmosphäre während der Bildungsveranstaltung sowie die Lernbereitschaft der
Teilnehmer (vgl. Mentzel, 1994, S. 213). Wenn es dem Trainer gelingt, schnell die Rolle des
Gesprächspartners zu übernehmen, kann dieser mit einem wesentlich höheren Vertrauen seitens der
Gruppe rechnen (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 114).
Der Referent muß den Teilnehmern auch die Möglichkeit einräumen, eine gewisse Mitsteuerung in der
Unterrichtsdurchführung zu übernehmen, damit während des Seminars auftretende themenspezifische
Lernbedürfnisse behandelt werden können (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 193).
Ferner muß er die Individualität des Teilnehmerkreises hinsichtlich Lerngeschwindigkeit, -stil,
-erfahrung, Engagement, Alter etc. bei der Unterrichtsdurchführung beachten. Dementsprechend
müssen die einzelnen Lernziele, -methoden, -mittel etc. ausgesucht werden, um die jeweiligen
Lernbedürfnisse zu befriedigen (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 196f).
Die aus dieser vielfältigen Aufgabenstellung resultierenden Qualifikationsanforderungen, sowohl an die
fachliche Kompetenz als auch hinsichtlich organisatorischer, kommunikativer und pädagogischer
Fähigkeiten sind sehr hoch (vgl. Mentzel, 1994, S. 213).
Es ist empfehlenswert, daß neben dem eigentlichen Trainer ein erfahrener Seminarbetreuer - am besten
der zuständige Programmleiter - als Co-Moderator den Veranstaltungen (regelmäßig) beiwohnt, damit
dieser die Teilnehmer besser kennenlernt und ihr Leistungs- und Entwicklungspotential genauer
feststellen kann.
4.3.5.6.3.
Die Bedeutung des Verhaltens der Ausbilder in den Praktikumsbetrieben für
einen positiven Lerntransfer
Neben der positiven Einstellung der Mitarbeiter zu den Betriebspraktika und den räumlichen
Gegebenheiten hängt es gerade vom Verhalten des direkten (Fach-)Vorgesetzten ab, inwieweit den
Praktikanten die Umsetzung der neu erworbenen theoretischen Kenntnisse in die Praxis gelingt.
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Der in den einzelnen Betrieben jeweils direkte Vorgesetzte sollte, trotz der kurzen Aufenthaltszeit der
einzelnen Praktikanten, gewissermaßen die Funktion eines "Mentors" übernehmen. Dabei sollte es sich
um erfahrene, qualifizierte Führungskräfte handeln, die bereit und in der Lage sind, die Nachwuchskräfte
zu beraten, fördern, unterstützen etc. (vgl. Berth, 1987, S. 37; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 287;
Hungenberg, 1990, S. 457).
Wenn der entsprechende Vorgesetzte selbst an entsprechenden Schulungsmaßnahmen teilgenommen
hat (z.B. Techniken zur Gesprächsführung, kooperative Umgangsformen), “dynamisch“ ist und neuen
Entwicklungen aufgeschlossen begegnet, er auch das Gefühl vermittelt, daß man mit seiner
Unterstützung rechnen kann, dann steigen auch die Chancen eines erfolgreichen Lerntransfers für den
Praktikanten. Ein positiv orientierter Vorgesetzter wird dem Praktikanten genügend Freiräume schaffen,
neu erworbene Qualifikationen praxisnah einzusetzen und mögliche Widerstände der Mitarbeiter durch
rechtzeitige Informationen zu überwinden versuchen (vgl. Mentzel, 1994, S. 243).
Je umfangreicher das eigentliche Aufgabengebiet des Ausbilders ist und je stärker dadurch seine
zeitlichen Belastungen sind, desto eher wird er dazu verleitet, der Praktikantenbetreuung eine sekundäre
Bedeutung beizumessen (vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 95).
Falls der Vorgesetzte solche Betriebspraktika für unwichtig hält, Neuerungen skeptisch betrachtet, auf
dem Althergebrachten beharrt und gegenüber modernen Verfahren und Methoden ablehnend eingestellt
ist, kommt es früher oder später entweder zu Konflikten zwischen dem direkten Vorgesetzten und dem
Praktikanten oder der Letztgenannte paßt seine Verhaltensweisen und Erwartungen an, obwohl er im
Grunde von der Richtigkeit seiner neu erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse überzeugt ist (vgl.
Mentzel, 1994, S. 243).
Durch ein solches Verhalten des direkten Vorgesetzten ist es dem Volontär nicht möglich, den
praktischen Lernerfolg zu erreichen. Deshalb haben die Programmleiter die wichtige Aufgabe, durch
regelmäßige Besuche der Praktikumsbetriebe und durch Gespräche mit den direkten Vorgesetzten und
den Nachwuchskräften herauszufinden, inwieweit das Vorgesetztenverhalten, das vorliegende
Arbeitsklima etc. den positiven Lerntransfer unterstützt oder nicht, um notfalls Gegenmaßnahmen zu
ergreifen.
Ferner müssen für eine erfolgreiche Schulung entsprechende räumliche Verhältnisse vorhanden sein
(z.B. eigener Arbeitsplatz möglichst im gleichen oder Nachbarraum, in denen der potentielle Ausbilder
arbeitet), damit die Praktikanten konzentriert und ungestört arbeiten können.
4.3.5.7.
Weitere Aspekte, die bei der Planung eines Qualifizierungsprogramms zu
berücksichtigen sind
a) Gemeinsame Besuche beispielhafter Kfz-Betriebe sowie Vorträge von Persönlichkeiten aus Politik
und Wirtschaft
- 295 -
Um den Teilnehmern zusätzliche Erfahrungen zu vermitteln, empfiehlt es sich, regelmäßig mit ihnen
beispielhafte Kfz-Betriebe zu besuchen und mit den Unternehmern/Geschäftsführern sowie den
Abteilungsleitern, Führungs- und Fachkräften über deren Erfolgsrezepte, Schwierigkeiten,
Besonderheiten etc. vor Ort zu sprechen und gemeinsam zu analysieren. Dies erweitert den
Betrachtungshorizont der Teilnehmer und gibt u.U. auch dem Unternehmer wichtige Anregungen.
Seminarbegleitend sollten herausragende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik bzw. von KfzHersteller-/Importeurseite (z.B. Verbandsmitglieder, Wirtschaftsexperten, Fachjournalisten,
Vorstandsmitglieder bzw. Bereichsleiter des Herstellers/Importeurs) Vorträge mit anschließender
Diskussion abhalten. Diese Veranstaltungen gehen oft über den Bereich des eigentlichen Kfz-Geschäftes
hinaus und dienen u.a. dazu, gegenüber zukünftigen Entwicklungsperspektiven aufgeschlossen zu sein
und für die Zukunft zu lernen.
b) Gründe für die Notwendigkeit von Auslandsaufenthalten
Durch die zunehmende Öffnung der Grenzen (z.B. EG-Binnenmarkt 1993, Osteuropa) gewinnt die
Auslandserfahrung auch für mittelständische Unternehmer an Bedeutung. Nur wenn man längere Zeit im
Ausland gelebt und gearbeitet hat, die dortige Kultur, Mentalität, Lebensauffassungen, Gewohnheiten
etc. näher kennengelernt hat, bekommt man eine objektivere Betrachtungsweise von einem anderen
Land (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 55).
Auch aus unternehmerischer Sicht ist Auslandserfahrung durch die zunehmenden internationalen
Verflechtungen, den steigenden internationalen Wettbewerb und die Ausweitung von Bezugs- und
Absatzmärkten (siehe vor allem Re-Importe von Neuwagen aus EU-Mitgliedsstaaten) ratsam (vgl.
Hamer/Nicolai, 1982, S. 55f). Die Befragungsergebnisse in Kapitel 4.2.4.1., Tabelle 9 unterstreichen,
daß ein Auslandsaufenthalt für zukünftige Unternehmernachfolger als wichtig angesehen wird.
c) Anforderungen an die Seminarunterlagen
Seminarunterlagen müssen die wichtigsten Lernziele des Seminars zusammenfassen und die Möglichkeit
für tiefergehende Informationen schaffen. Sie dienen der Auffrischung und Nachbereitung der
verschiedenen Bildungsmaßnahmen (vgl. Krenzer, 1990, S. 62). Umfassende Arbeitsunterlagen
enthalten beipielsweise Kurzzusammenfassungen und Testbögen über behandelte Seminarthemen,
erläuternde Abbildungen, Literaturverweise etc.
d) Motivationssteigerung bei den Teilnehmern durch Abschlußzeugnisse bzw. -zertifikate
Die Wertschätzung von Qualifizierungsprogrammen kann gesteigert werden, wenn die Absolventen u.U. nach erfolgreich abgelegter Prüfung - am Ende ein Abschlußzertifikat oder sogar ein -zeugnis
erhalten (vgl. Mentzel, 1994, S. 249).
e) Etwaige Kosten für das 15- bis 16-monatige Programm
- 296 -
Da es den Teilnehmern zeitlich kaum möglich ist, während des Programms eigener Erwerbstätigkeit
nachzugehen und sie auch kaum länger als 3-4 Monate an einem Ort sind, wird es ihnen nicht gelingen,
ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Da insbesondere im Anfangsstadium des
Qualifizierungsprogramms für die Ausbilder in den Praktikumsbetrieben ein (erheblicher) zeitlicher
Mehraufwand durch die Betreuung der Volontäre entsteht, kann man kaum davon ausgehen, daß die
Teilnehmer Honorarzahlungen erhalten. Eher muß man froh sein, wenn man gut geführte, beispielhafte
Unternehmen findet, in denen Unternehmernachfolger wirklich vom Unternehmer bzw. den direkten
Vorgesetzten aktiv unterstützt, praktisch eingesetzt werden und so wichtige Erfahrungen sammeln
können. Vielleicht im Endstadium der Praktikantenzeit, wenn der Volontär besondere Zusatzleistungen
erbringt und beispielsweise die Abteilungsleitung für eine im Urlaub befindliche Führungskraft oder
sogar die Geschäftsführung vertretungsweise übertragen bekommt, könnte eine Honorarzahlung
erfolgen. Dies liegt vorrangig im Ermessen des Unternehmers, der einen Praktikumsplatz anbietet.
Die von den Teilnehmern, Eltern und/oder familieneigenen bzw. Stammbetrieben zu entrichtenden
monatlichen (Mindest-)Aufwendungen betragen durchschnittlich etwa:
Unterkunft:
mindestens 500,- DM (mit steigender Tendenz speziell in Großstädten)
+ Haushaltskosten: ca. 750,- bis 800,- DM
----------------------------------------------------------------------------------------------= monatliche Lebenshaltungskosten: etwa 1.250,- DM (ohne Steuern und Sozialabgaben) 134
Weitere Kosten entstehen u.a. durch die gesamten Lehrgangsgebühren (einschließlich Übernachtungskosten, Mahlzeiten, Seminarunterlagen etc.), je nach Kfz-Hersteller/-Importeur bzw. externer
Institution.
Die Gesamtkosten für ein 15- bis 16-monatiges duales Qualifizierungsprogramm betragen mindestens
25.000,- bis 30.000,- DM (ohne Steuern und Sozialabgaben), je nach Lehrgangsgebühren und
Lebensstil des Programmteilnehmers.
4.3.5.8.
Quantitative und qualitative Anforderungen an die Teilnehmer
Die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises einer Bildungsmaßnahme hat erheblichen Einfluß auf den
Lerntransfer (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 190).
a) Teilnehmerzahl
In einer Lerngruppe sollten zwischen 7 und maximal 15 Teilnehmer sein. In kleineren Gruppen ist es
schwieriger, effiziente Diskussionen zu führen, da meist zu wenig unterschiedliche Kenntnisse und
134
Die ca. 1.250,- DM durchschnittliche Lebenshaltungskosten (z.B. für Essen, Miete, Kleidung, Bücher) sind auch
in Anlehnung an die vom Kultusministerium im Jahre 1996 ermittelten etwaigen monatlichen Ausgaben eines
westdeutschen Studenten festgelegt worden (vgl. Statistisches Bundesamt, 1997). Speziell in Großstädten (z.B.
Hamburg, München) wird dieser Wert darüber liegen, da dort u.a. erheblich höhere Mietkosten anfallen.
- 297 -
Meinungen vertreten sind. Bei zu großen, für den Referenten (zu) unübersichtlichen Gruppen besteht die
Gefahr, daß introvertierte Teilnehmer zu leicht in den Hintergrund gedrängt werden (vgl. Mentzel, 1994,
S. 204). Ferner können bei zu vielen Teilnehmern verhaltensorientierte Übungen (z.B. Rollenspiele) u.U.
mit Videoaufzeichnungen nicht ausreichend vor- und nachbereitet werden.
b) Teilnehmer sollten nicht im direkten Wettbewerb miteinander stehen
Bei der Zusammensetzung der Lerngruppe ist vom Seminaranbieter darauf zu achten, daß die einzelnen
Teilnehmer nicht im direkten Wettbewerb (gleiches oder angrenzendes Marktverantwortungsgebiet)
miteinander stehen. Oftmals bestehen bei solchen Kfz-Betrieben bereits seit Jahren "Privatfehden"
zwischen den Autohäusern, die sich (leider) teilweise auch auf die Unternehmernachfolger übertragen.
Dann besteht die Gefahr, daß speziell diese Teilnehmer kaum bereit sind, Erfahrungen, Problemlösungen
und Anregungen untereinander auszutauschen, weil sie befürchten, daß ihr direkter Konkurrent u.U.
diese Kenntnisse demnächst gegen sie einsetzt. Dadurch kann die Gruppendynamik, konstruktive
Gesprächsführung und Offenheit der Teilnehmer sowie letztlich das gesamte "Seminarklima" stark
beeinträchtigt werden.
Vielmehr sollte unter den Teilnehmern im Laufe der Zeit ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl
entstehen und der Wunsch - auch über das eigentliche Programm hinaus - geweckt werden, sich auch
später untereinander abzustimmen, Probleme zu diskutieren, Anregungen zu geben und bei
Schwierigkeiten sich gegenseitig zu helfen.
c) Qualifikationsniveau, Zielsetzungen und Erfahrungen
Durch die teilweise bisher recht heterogenen Bildungsverläufe mit handwerklich-technischen oder
kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Schwerpunkten ergibt sich eine u.U. konstruktive Kombination
aus stärker wissenschaftlich vorgebildeten und eher praktisch erfahrenen Teilnehmern. Wenn die
einzelnen Teilnehmer bereit sind, ihre jeweiligen Stärken auch in der Gruppe einzubringen und
vorbehaltlos trotz unterschiedlicher Berufs- bzw. Hochschulbildung miteinander umzugehen, können
daraus "fruchtbare" Seminarfreundschaften, auch über das 15- bis 16-monatige Programm hinaus
entstehen und den weiteren intensiven Erfahrungsaustausch fördern.
Jedoch bringen das meist unterschiedliche Bildungsniveau, die verschiedenen Vorkenntnisse und
Erfahrungen, die unterschiedliche Lernbereitschaft und -fähigkeit der Teilnehmer den Nachteil mit, daß
sich der Referent oft nach dem Wissensstand der Mehrzahl richten muß. Das hat zur Folge, daß sich
u.U. einige langweilen, weil ihnen bereits Bekanntes vorgetragen wird, oder daß andere überfordert
sind, weil zwischen ihren bisherigen Kenntnissen und dem neuen Wissensstoff erhebliche Lücken
bestehen (vgl. Mentzel, 1994, S. 204f).
Deshalb empfiehlt es sich, vor Beginn des Programms so genau wie möglich zu eruieren (z.B. durch
Fragebogen, Gespräche zwischen Seminarleiter und Teilnehmern, Tests), welches individuelle
Bildungsniveau, welche Vorkenntnisse, Zielsetzungen, Erfahrungen etc. beim Einzelnen vorhanden sind.
Dies ist eine unabdingbare Voraussetzung für die effiziente Gestaltung eines individuellen
- 298 -
("maßgeschneiderten") Qualifizierungsprogramms. Anhand dieser Ergebnisse sollten bei ausreichender
Teilnehmerzahl - für zwei oder mehrere Unternehmernachfolger-Gruppen - die Teilnehmer eingeteilt
werden. So kann ein wesentlich effektiveres Lernen innerhalb der Seminare erreicht werden, da die
Veranstaltungen den Qualifikationen der Teilnehmer eher entsprechen.
Für kleinere Programmanbieter, die nicht in der Lage sind, jährlich mehrere Gruppen zu bilden, wäre es
überlegenswert, ob man nicht gewisse Bildungsveranstaltungen aufteilt. Bei einem fünftägigen Seminar
bräuchten diejenigen mit fundierteren betriebswirtschaftlichen Vorkenntnissen lediglich die letzten zwei
bis drei Tage teilnehmen, wenn kfz-spezifische Besonderheiten zu dem Themenbereich vermittelt
werden. So würde der oft beklagten Über- bzw. Unterforderung der Teilnehmer vorgebeugt.
4.3.5.9.
Individuelle Anpassung des standardisierten Programms an das Qualifikationsniveau der einzelnen Teilnehmer
Auf der Grundlage des allgemeingültigen, standardisierten (personenunabhängigen) Qualifizierungsprogramms, in denen die einzelnen Abschnitte mit Richtzeiten versehen sind, sollte vorab eine
flexible Anpassung des Programms an die individuellen Voraussetzungen der einzelnen Teilnehmer und
den betrieblichen Gegebenheiten erfolgen (vgl. Mentzel, 1994, S. 183).
Die individuellen Qualifizierungsbedürfnisse ergeben sich aus der Differenz zwischen dem empirisch
ermittelten Anforderungsprofil - es enthält alle Anforderungen einer Stelle nach Art und Intensität sowie dem Fähigkeitsprofil. Dieses zeigt alle bedeutsamen individuellen Kenntnisse, Fähigkeiten und
Eigenschaften, einschließlich des Leistungspotentials, der individuellen Entwicklungsbedürfnisse und ziele der jeweiligen Person auf. Dadurch kann beurteilt werden, ob und inwieweit eine Person geeignet
ist, bestimmte Führungsaufgaben zu übernehmen.
Kritisch anzumerken ist, daß in der diesbezüglichen Fachliteratur kein umfassender Beitrag zur
Verständigung durch den Verweis auf das Verfahren des Vergleichs zwischen Anforderungs- und
Fähigkeitsprofil vorliegt. Es ist weder formal noch inhaltlich eindeutig definiert, welche Sachverhalte,
Fähigkeiten, Anforderungen und der (Nicht-)Entsprechung eingrenzen sollen. Ein weiterer formaler
Einwand gegen diese Vorgehensweise bezieht sich auf die übermäßige Generalisierung. Dadurch leistet
dieses Modell keinen Lösungsvorschlag zur Problematik der Qualifikationsentsprechung (vgl.
Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 19).
Das Qualifikationspotential bezeichnet die durch Lernen zukünftig noch realisierbaren Elemente des
Arbeitsvermögens. Sinnvoll läßt sich das Potential nur bestimmen, wenn der Qualifizierungsaufwand z.B. operationalisiert über individuelle Beanspruchung, Zeitgrößen, Kosten für Lernmittel u.a. einbezogen wird. Als wesentliche Einflußfaktoren dieses Aufwands und damit der konkreten
Ausprägung eines Qualifikationspotentials gelten der bisherige Prozeß des Erwerbs und der
Verwendung von Qualifikationen, da bereits Lernfähigkeit und -bereitschaft durch die Abfolge von
- 299 -
Qualifizierung und Arbeitseinsatz ebenso gefördert wie vernichtet werden können (vgl.
Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 23).
Das Qualifikationspotential kann stets nur in Hinblick auf bestimmte Lernzielbereiche angegeben
werden. Die Zielgrößen dürfen nicht (allein) aus der Antizipation betrieblicher Qualifikationsbedürfnisse
abgeleitet werden (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 23f).
Des weiteren ist fraglich, welche Qualifizierungselemente überhaupt in der Betrachtung berücksichtigt
werden sollen (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 24).
Unternehmernachfolger, die bisher vorrangig eine gewerblich-technische Berufsbildung (z.B. KfzMechaniker, -Meister) absolviert haben, sollten im Rahmen der theoretischen und praktischen
Schulungen verstärkt mit strategischer Planung, strategischem Personalmanagement, Mitarbeiterführung,
Leistungsmotivation, kaufmännischem Wissen etc. vertraut gemacht werden. Hingegen sollten
Nachwuchskräfte, die bisher eine kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Ausbildung (z.B.
Bundesfachschule für Kfz-Wirtschaft, Wirtschaftsstudium) absolviert haben, vorrangig in praktischer
Mitarbeiterführung und Leistungsmotivation, technischem Wissen sowie dem Betriebsablauf geschult
werden.
Bei der Programmanpassung sollten auch die späteren individuellen Arbeitsschwerpunkte berücksichtigt
werden. In vielen mittelständischen Familienunternehmen mit zwei gleichberechtigten Familienmitgliedern
bzw. Geschäftsführern im Betrieb besteht oft eine Zweiteilung zwischen technischer und
betriebswirtschaftlicher Unternehmensführung. Beide müssen dann zwar alle betrieblichen Aufgaben
grob beherrschen, sich jedoch hauptsächlich auf den von ihnen zu führenden Verantwortungsbereich
konzentrieren (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 49).
Ferner sollten bei der individuellen Gestaltung des Praktikumsverlaufes auch die persönlichen Stärken
und Schwächen des Einzelnen berücksichtigt werden. Beispielsweise fällt es introvertierten Nachfolgern
schwer, extrovertierte Aufgaben wie Verkaufsverhandlungen mit der notwendigen Motivation
wahrzunehmen, während extrovertierte Menschen demgegenüber Probleme haben, sich an die
Genauigkeit des Rechnungswesens, der Kosten- und Leistungsrechnung, Budgetplanung etc. zu
gewöhnen. Aufgabe des Seminarleiters ist es, in gemeinsamen Gesprächen mit den Teilnehmern deren
Mentalität zu analysieren und durch Schwerpunktbildung, etwa bei den Praktikumsabschnitten, die ihnen
weniger zusagenden Betriebsfunktionen verstärkt zu behandeln (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 49f).
Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Schulungsschwerpunkte ist die Unternehmensgröße des
Betriebes, in dem der Nachfolger, nach erfolgreicher Beendigung des Qualifizierungsprogramms, künftig
als Unternehmensführer arbeiten soll. Denn je kleiner das Unternehmen ist, desto stärker konzentrieren
sich alle Aufgaben beim Unternehmer selbst. Je größer der Betrieb ist, desto größer ist die
Arbeitsteilung. Dem Unternehmer/Geschäftsführer stehen fachlich spezialisierte Mitarbeiter (z.B.
Abteilungsleiter, Führungskräfte) zur Seite, die abgegrenzte Tätigkeiten eigenverantwortlich entscheiden
- 300 -
bzw. durchführen können. Dementsprechend benötigen Unternehmernachfolger in Kleinbetrieben eine
größere universelle, fachliche Aus- und Fortbildung, während mit zunehmender Betriebsgröße eine
stärkere Spezialisierung auf strategische Aufgabenbereiche notwendig ist (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S.
32).
Die Ermittlung des individuellen Bildungsniveaus, der Zielsetzungen, Erfahrungen, des Leistungspotentials
etc. kann entweder "objektiv", also von Experten auf der Grundlage von Befragungen, Beobachtungen
und verhaltensorientierten Test- oder Beurteilungsverfahren (z.B. Assessment Center) oder anhand
"subjektiver" Kriterien, wie es meist in der Praxis gemacht wird, durchgeführt werden. Beim Letzteren
werden die zukünftigen Unternehmensführer befragt, welche Trainingsschwerpunkte sie für ihre
zukünftige Aufgabenerfüllung für notwendig ansehen und welche sie persönlich besonders interessieren.
Derartige Analysen sind zumeist die Grundlage für die Planung des Trainingsbedarfs (vgl. Rosenstiel,
1991(b), S. 57).
Die Problematik bei der personenbezogenen Qualifikationsermittlung liegt in dem Kriterium
“Arbeitsrelevanz“ begründet, da zum einen bei dem bisherigen Theoriestand nicht generell angebbar ist,
welche Qualifikationselemente zur Bewältigung von Arbeitssituationen nutzbar sind, zum anderen eine
gleichsam spiegelbildliche Abfrage von Qualifikationen in Übertragung von arbeitsplatzspezifischen
Qualifikationsanforderungen für Fragestellungen der Personalentwicklung zu kurz greifen. Im
letztgenannten Fall bliebe nämlich die Fragestellung nach Art und Grad der Nutzung von Qualifikationen
zumindest teilweise unbeantwortet. Zwar wären durch einen Vergleich von - verkürzt formuliert Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes und dem darauf bezogenenen Qualifikationsprofil der Arbeitskraft
Diskrepanzen festzustellen; Qualifikationsbereiche jedoch, die von gegenwärtigen Tätigkeiten oder
künftigen, vorgestellten Arbeitsplätzen nicht gefordert sind, blieben unbeachtet. Nur im eingeschränkten
Sinne wäre dann z.B. die Rede von qualifikatorischer Unterforderung möglich (vgl.
Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 22).
In der Berufspraxis erfolgt die Ermittlung der vorhandenen Qualifikation vor allem durch Rückgriff auf
die Vermittlung von Qualifikation in formellen Bildungs- und Ausbildungsgängen sowie auf die erzielten
Abschlüsse. Auch wenn (Aus-)Bildungsabschlüsse nur Grobinformationen über den Qualifikationsstatus
des jeweiligen Absolventen liefern, nicht-zertifizierte Qualifikationselemente ausblenden und auch nur
vage Angaben über Verwendungsmöglichkeiten im Arbeitsprozeß zulassen, so kommt solchen
Abschlüssen - zumal, wenn sie einen Beruf anzeigen - doch erhebliche Bedeutung für eine “soziale
Definition“ von Qualifikationen, für die Grundvoraussetzungen von Erwerbstätigen, für legitimierte
Ansprüche der Beschäftigten auf bestimmte Nutzung von Qualifikation und ebenso für die materielle und
soziale Bewertung von Arbeitskraft zu (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 22).
Die Feststellung des Entwicklungsstands, des -potentials und der -bedürfnisse jedes einzelnen
Teilnehmers soll im Rahmen des hier erstellten Qualifizierungsprogramms in folgenden drei Schritten
ablaufen:
- 301 -
1) Zusendung schriftlicher Vorabinformationen über das angebotene Unternehmernachfolger-Programm
sowie eines Fragebogens zur groben Feststellung der Qualifikation des (potentiellen) Teilnehmers
Die jeweilige Schulungsinstitution (z.B. Kfz-Hersteller/-Importeur, externe Einrichtung) sollte an die
(potentiellen) Teilnehmer vorab ausführliches Informationsmaterial über das von ihr angebotene
Unternehmernachfolger-Seminar senden. Dadurch können sich die Interessenten über Programmaufbau,
-ablauf, -modalitäten und -kosten sowie über Lehrinhalte, -methoden und
-verfahren informieren.
Ferner sollen die möglichen Teilnehmer - bei bestehendem Interesse - den beigefügten Fragebogen über
ihren bisherigen Qualifikationsweg (z.B. Angaben bzgl. allgemeiner Schulbildung, beruflicher und/oder
(Fach-)Hochschulausbildung, Alter, (fach- und führungsbezogene) Vorkenntnisse, Erfahrungen,
derzeitige berufliche Tätigkeit, Neigungen und Interessen, persönliche Zielsetzung etc. - ähnlich einem
Lebenslauf) vollständig ausgefüllt an die jeweilige Institution zurücksenden, damit die
Schulungsverantwortlichen einen ersten Eindruck über die potentiellen Teilnehmer bekommen (siehe
auch Anlage 21).
2) Informationsveranstaltung mit den (potentiellen) Teilnehmern des Nachwuchs-Trainingsprogramms
und deren Eltern/Geschäftsführern
Die Unternehmernachfolger, die ihren Fragebogen an das Schulungszentrum zurückgesandt haben,
sollten zusammen mit ihren Eltern bzw. dem Geschäftsführer zu einer unverbindlichen
Informationsveranstaltung von etwa einem Tag eingeladen werden. Bei diesem Treffen sollten die
Schulungsverantwortlichen (z.B. Programmleiter, einzelne Dozenten, Praktiker, Ausbilder der
Praktikumsbetriebe) den Programmaufbau, die Lerninhalte, -ziele, eingesetzte theoretische und
praktische Lehrmethoden, Regularien, Kosten des gesamten Programms etc. detaillierter erläutern,
damit die Interessenten einen Einblick in das angebotene Unternehmernachfolger-Programm erhalten.
3) Detaillierte Ermittlung des individuellen Qualifikationsniveaus, der Zielsetzungen, Erfahrungen,
Neigungen, Leistungspotentiale etc. der einzelnen Teilnehmer
Bereits vor Beginn der eigentlichen Schulungsmaßnahmen sollte bei den zukünftigen Programmteilnehmern detailliert ermittelt werden, welche Eigenschaften, Entwicklungs- und Leistungspotentiale
beim Einzelnen vorhanden sind bzw. fehlen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 264).
Zur Ermittlung eignen sich persönliche (Beurteilungs-)Gespräche sowie umfassende, standardisierte
Einzel- und Gruppenaufgaben, Tests, Planspiele, Lösen praxisnaher Problemfälle etc. Die Ergebnisse
der zielgerichteten Laborsimulationen sollten von Spezialisten anhand vorgegebener, einheitlicher
Beurteilungskriterien systematisch ausgewertet werden (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 264) und daraufhin
ein individuelles Qualifizierungsprogramm für jeden Einzelnen erstellt werden.
Aus der personenorientierten Zusammenstellung der geplanten praktischen Tätigkeiten und den
begleitenden Bildungsveranstaltungen ergibt sich ein individuelles Qualifizierungsprogramm (vgl.
Ulrich/Fluri, 1992, S. 272).
- 302 -
Für die Absolventen haben diese individuellen, mit ihnen abgestimmten Pläne den psychologischen
Vorteil, daß sie genau erkennen können, wie ihr persönliches Programm aufgebaut ist und welche
Schwerpunkte gesetzt werden, um ihre Wissens- und Führungsdefizite abzubauen, ihre individuellen
Stärken zu forcieren sowie ihre Schwächen zu verringern.
Dabei kann es zur Sicherstellung des Ausbildungserfolges notwendig sein, spezielle ergänzende
Maßnahmen aufgrund interindividueller Lernvoraussetzungen, zusätzlich vertiefende Maßnahmen bzgl.
Lerninhalt, Sicherstellung des Lerntransfers etc. anzubieten. Gerade in Bezug auf solche ergänzenden
Maßnahmen sollte die Schulungsinstitution, der Programmleiter oder der Vorgesetzte auftretende
Probleme frühzeitig zu erkennen versuchen und gemeinsam mit den Betroffenen nach
Lösungsmöglichkeiten suchen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 273).
Die Berücksichtigung der Besonderheiten des Teilnehmers und seines zukünftigen beruflichen Umfeldes
und Tätigkeitsbereiches erfordert für den Träger eines solchen Programms einen wesentlich größeren
Vorbereitungsaufwand gegenüber den bisher meist schematisch aufgebauten, überwiegend
theoretischen Qualifizierungsprogrammen.
Neben der Berücksichtigung des Qualifikationsbedarfs aufgrund des individuell vorhandenen
Bildungsniveaus, Leistungs- und Entwicklungspotentials sowie des späteren Tätigkeitsbereichs muß
dieses Programm auch die Möglichkeit eröffnen, in geeigneten Fällen in die nächsthöhere
Qualifikationsstufe aufzusteigen. Das bedeutet, daß der Teilnehmer eines Qualifizierungsprogramms der
ersten Stufe, nach beruflicher Erstausbildung, Abschluß an einer Fachschule oder Wirtschaftsakademie
und Unternehmernachfolgerausbildung, bei entsprechendem Leistungspotential die Möglichkeit erhalten
muß, auch ohne Fachhochschulabschluß das Qualifikationsprogramm der zweiten Stufe zu durchlaufen,
das grundsätzlich vom Bildungsniveau einer Fachhochschulausbildung ausgeht. Vergleichbares gilt für
die dritte Stufe, die auf der universitären Ausbildung aufbaut. Auch hier muß ein engagierter und
qualifizierter Teilnehmer der zweiten Stufe in die nächsthöhere Kategorie des Qualifizierungsprogramms
für Händlernachfolger aufsteigen können, auch ohne Abitur und Universitätsstudium. Genauso muß es
möglich sein, daß ein Teilnehmer bei möglicher Überforderung in einer höheren Stufe ohne größere
Komplikationen in der Darunterliegenden weitermachen kann.
Durch die flexible Ausgestaltung innerhalb der einzelnen Programmbausteine ist auch eine individuellere
Abstufung nach Vorbildung, Neigung, Potential etc. möglich. Das gilt sowohl für den berufspraktischen
wie auch den theoretischen Teil. Dies ermöglicht nicht nur eine stufenweise Fortbildung im Sinne der
zuvor beschriebenen Höherqualifizierung, sondern gestattet es auch, das Programm auf die Bedürfnisse
jedes einzelnen Teilnehmers anzupassen. Entscheidend ist, daß das System für alle drei Stufen
(Fachschule, -hochschule, Universität) durchgängig verknüpft ist.
Eine detailliertere Zuordnung der einzelnen Aus- und Fortbildungsabschlüsse zu den drei Stufen des
Qualifizierungsprogramms erscheint aufgrund der vielfältigen Bildungsalternativen in Deutschland sowie
- 303 -
des individuellen Bildungsniveaus, Entwicklungspotentials und des künftigen Tätigkeitsbereichs der
einzelnen Nachfolger kaum möglich. Dies erfordert vielmehr eine einzelfallbezogene Zuordnung und
kann nicht pauschalisiert werden. Andernfalls ist keine optimale individuelle Abstimmung zwischen den
zukünftigen Anforderungen und dem jeweiligen Qualifikationsbedarf gewährleistet.
Des weiteren muß das Qualifizierungsprogramm so flexibel sein, daß Absolventen der ersten oder
zweiten Stufe - sie bereiten vorrangig auf die zukünftige Unternehmensführung in kleineren bzw.
mittelgroßen Kfz-Betrieben vor - später die Möglichkeit haben, wenn sie beispielsweise bei
entsprechender Leistung die Geschäftsführung eines größeren Betriebes übernehmen, gewisse
Teilbereiche aus der nächsthöheren Stufe zusätzlich absolvieren können. Um sich auf diese veränderten
Arbeitsanforderungen intensiver vorzubereiten und detaillierter die Arbeitsinhalte in einer solchen
Führungsposition vermittelt zu bekommen und praktisch erfahren zu können, muß es für diese möglich
sein, gewisse Teilbereiche des Programms zusätzlich anschließen zu können.
Damit wird nicht nur den persönlichen Bedürfnissen des Nachfolgers Rechnung getragen, sondern es
können auch die sich wandelnden Zielsetzungen und Einsatzbereiche im Unternehmen berücksichtigt
werden.
4.3.5.10. Detailplanung, Durchführung und Kontrolle des Qualifizierungsprogramms
Nach der Bestimmung der grundsätzlichen Entwicklungsmaßnahmen erfolgt deren Durchführungsplanung im Detail (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 273). Mit Hilfe dieser abschließenden Durchführungsplanung wird sichergestellt, daß die gewählten Qualifizierungsmaßnahmen termingerecht
verwirklicht und die angestrebten Lernziele erreicht werden. Sie umfaßt vorrangig zwei Teilaufgaben:
- Detailplanung der Schulungsmaßnahme (z.B. Aufstellung eines Ausbildungsplans) und
- Konzipierung der Erfolgskontrolle
(vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 127; Eckhardt, 1990(b), S. 24f).
Die Durchführung der Qualifizierungsplanung sollte - aus bereits erwähnten Gründen - zentral, auf der
Grundlage der ermittelten individuellen Qualifikationen, des Qualifikationsvermögens, der persönlichen
Entwicklungsbedürfnisse und der betrieblichen Gegebenheiten vom Schulungszentrum bzw.
Programmleiter, in Zusammenarbeit mit den (externen) Trainern und erfahrenen Berufspraktikern
erfolgen (z.B. direkte Vorgesetzte während des Praktikums). Durch deren Partizipation wird eine
größere Identifikation und Einsatzbereitschaft, insbesondere der Fachvorgesetzten, in den
Schulungsbetrieben und der Teilnehmer bei der Umsetzung des individuellen Qualifizierungsplans erlangt.
Ferner können gerade die Spezialisten aus den einzelnen Abteilungen fundierte Aussagen darüber
machen, welche generellen Lerninhalte für die zukünftigen Anforderungen der zu besetzenden Stelle
erforderlich sind.
- 304 -
Die Erfolgschancen von Qualifizierungsmaßnahmen erhöhen sich, wenn auch der Teilnehmer bei der
Auswahl seiner eigenen Fortbildungsmaßnahmen frühzeitig einbezogen wird. Dadurch wird die
individuelle Wertschätzung erhöht und es wirkt motivierend (vgl. Hauser, 1991, S. 355).
Die Programmteilnehmer erhalten neben dem individuell auf sie abgestimmten Qualifizierungsplan (siehe
Anlage 22) auch ein allgemeines Informationsblatt von der Schulungsinstitution, in dem die
organisatorische Aufteilung, Programmregularien, Kontaktadressen etc. festgehalten sind (siehe Anlage
23).
4.3.5.10.1. Ablaufplan des gesamten Programms
Die formalen Bildungsveranstaltungen und die Berufspraktika bauen zwar systematisch aufeinander auf,
trotzdem kann aufgrund von organisatorischen, zeitlichen oder anderen Gründen die Reihenfolge
geändert werden. Das gesamte Qualifizierungsprogramm ist - in Anlehnung an ähnlich geartete TraineeProgramme in Banken (z.B. Deutsche Bank, Dresdner Bank), in der Automobilindustrie (z.B. BMW,
Volkswagen) und in Elektronikkonzernen (z.B. IBM, Siemens/
Nixdorf) - in sechs Programmbausteine mit theoretischen und vor allem praktischen Schulungsbereichen
unterteilt (siehe auch Abb. 19). Die einzelnen Bausteine laufen nicht streng nacheinander ab, wie es hier
dargestellt ist, sondern aufgrund der enormen Komplexität und vielfältigen Interdependenzen vermischen
sie sich speziell bei der praktischen Umsetzung. Jeder Abschnitt erhält erst seinen Sinn und seine
Funktion als Element des Ganzen.
- 305 -
Abb. 19: Ablaufplan und Themenstellungen des gesamten Programms
I. Abschnitt: Basisprogramm
(A. Informationsmaterial und Fragebogen zur groben Qualifikations- und Erfahrungsermittlung
zusenden)
B. Informationsveranstaltung der Schulungsinstitution über das angebotene Programm
C. Ermittlung des individuellen Qualifikationsniveaus, der Zielsetzungen, Erfahrungen, Neigungen,
Potentiale etc. der Teilnehmer
D. Informationen über den Hersteller/Importeur (nur bei fabrikatsgebundenen Anbietern)
II. Abschnitt: Aufbauprogramm
A. Führungstraining
B. Moderne Arbeitstechniken
C. Exkurs: Autohaus-Marketing
III. Abschnitt: Fachprogramm
1. Block: Kundendienst-/Werkstatt-, Teile- und Zubehörbereich
2. Block: Neu- und Gebrauchtwagenbereich
3. Block: Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen
IV. Abschnitt: Vertiefungsprogramm
A. Zukünftige Umwelt- und Unternehmensentwicklungen
B. Strategische Unternehmensführung
C. Strategisches Personalmanagement
D. Organisationsstruktur
V. Abschnitt: Integrations- bzw. Transferprogramm
Integrative Verknüpfung der zuvor vermittelten Fach- und Führungskenntnisse zur theoretischen und vor
allem praktischen Umsetzung des Gelernten
VI. Abschnitt: Abschlußprogramm
A. Praktikum im ausländischen Kfz-Betrieb und im erlebnisorientierten Wirtschaftsbereich
B. Gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur Vorbereitung und Durchführung
der Unternehmernachfolge
C. Abschlußbesprechung mit anschließendem feierlichen Bankett.
Nachdem bereits im Kapitel 4.3.3.2. der grobe Programmaufbau angeführt wurde, werden im
folgenden nähere Erläuterungen zu den Inhalten der einzelnen Programmbausteine gegeben.
I. Basisprogramm
Nach dem Zusenden von Informationsmaterial über das angebotene Unternehmernachfolger-Programm
und eines Personalfragebogens findet für interessierte Nachfolger und deren Eltern bzw. Geschäftsführer
eine unverbindliche, eintägige Informationsveranstaltung statt. Dabei erläutern die
Schulungsverantwortlichen wie Programmleiter, Dozenten, Praktiker, Berufsausbilder etc. das
angebotene Programm, einschließlich Teilnahmebedingungen, Anforderungen an die Teilnehmer, Kosten
etc.
Ferner wird in dieser ersten Phase innerhalb von 1-2 Tagen bei denjenigen, die sich entschlossen haben,
dieses Programm zu absolvieren, das individuelle Qualifikationsniveau, die Zielsetzungen, Erfahrungen,
Entwicklungspotentiale und Neigungen - mittels Einzel- und Gruppengesprächen, simulierter
Praxissituationen etc. - genauer ermittelt. Darauf aufbauend muß das standardisierte
Qualifizierungsprogramm individuell angepaßt werden.
- 306 -
Den Abschluß des Basisprogramms bildet bei werkseigenen Schulungsinstitutionen eine eintägige
Informationsveranstaltung über den Werdegang, die Erfolgsstory etc. des Herstellers/Importeurs evtl.
mit Werksbesichtigung.
II. Aufbauprogramm
Im Rahmen der über 2,5-3 Wochen gehenden Seminare im Aufbauprogramm wird, basierend auf den
Beurteilungsergebnissen über die einzelnen Teilnehmer, gezielt an der Verbesserung der persönlichen
Kommunikations- und Führungskompetenz (z.B. Führungsverhalten, -mittel) sowie der
Verhaltensweisen und Arbeitstechniken (z.B. Persönlichkeitsentwicklung, Rhetorik und Vortragstraining,
anwenderspezifische EDV-Kenntnisse) gearbeitet. Die praktische Umsetzung des Gelernten erfolgt im
Fach- sowie im Integrations- bzw. Transferprogramm.
Gerade in mittelständischen Unternehmen bedarf es aufgrund des engen, meist persönlichen Kontaktes
zwischen Unternehmensleitung, Führungskräften und sonstigen Mitarbeitern ausgeprägter sozialer
Kompetenzen wie
- Persönlichkeit und Ausstrahlung,
- Mitarbeiterführung und Leistungsmotivation,
- Verhandlungsgeschick, Überzeugungs- und Durchsetzungskraft,
- Team-, Konsens- und Konfliktfähigkeit,
- Informations- und Kommunikationsvermögen etc.
Des weiteren werden den Teilnehmern in dieser zweiten Programmstufe verschiedene, branchenspezifische Methoden und Instrumente des Autohaus-Marketings (z.B. Werbung, Verkaufsförderung)
sowie deren Anwendung vermittelt. Nur wenige, meist größere Kfz-Betriebe arbeiten mit
professionellen Werbeagenturen zusammen.
III. Fachprogramm
Vom zukünftigen Unternehmensführer wird zwar nicht erwartet, daß er alle fachbezogenen Aufgaben
genauso beherrscht wie die jeweils zuständigen Spezialisten, d.h. Abteilungsleiter bzw. Mitarbeiter,
dennoch sollte er durchaus in der Lage sein, die Arbeitsleistung beurteilen zu können. Dafür benötigt er
grobe Branchen-, Sach- und Produktkenntnisse aus den einzelnen Abteilungen, um mit den Mitarbeitern
fachspezifische Einzelheiten, Probleme und vor allem methodische Möglichkeiten im jeweiligen
praktischen Tätigkeitsvollzug erörtern zu können. Andernfalls wäre er ihnen in diesen Bereichen mehr
oder minder ausgeliefert und könnte keine eigenständigen, fundierten (Investitions-, Organisations)Entscheidungen treffen. Dieser insgesamt dreiwöchige, dritte Programmbaustein ist in folgende drei
Blöcke aufgeteilt:
1. Block: Neu- und Gebrauchtwagenbereich;
2. Block: Kundendienst-/Werkstatt- sowie Teile- und Zubehörbereich;
3. Block: Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen.
Die Zusammenstellung in drei Blöcke erfolgte aufgrund der Synergieeffekte aus den einzelnen
Abteilungen. Die Differenzierung in drei einwöchige Lehrgänge und 5-6 Monate Praktikum erscheint
- 307 -
durch den Umfang und die Komplexität der für den jeweiligen Arbeitsbereich charakteristischen
Aufgaben am sinnvollsten.
Die Lernziele und -inhalte im Fachprogramm sind anhand
- von Lernzieltaxonomien135 mehrerer Hersteller/Importeure für Unternehmensführer,
- der Stellenbeschreibung für Unternehmensführer in der fachspezifischen Publikation von Brachat,
H./Soric, M: Stellenbeschreibung im Autohaus, Ottobrunn 1990,
- von Gesprächen mit Branchenexperten und
- eigener Erfahrungen erstellt worden.
Gerade in diesem Schulungsabschnitt bekommt die praktische Erfahrungsgewinnung (learning by doing)
in mehreren Kfz-Betrieben eine entscheidende Bedeutung, da auf diesem Wege nicht nur fachspezifische
Kenntnisse vermittelt werden, sondern auch Führungsverhalten, Arbeitstechniken etc. der jeweiligen
Vorgesetzten miterlebt und deren positive und negative Konsequenzen verglichen werden können.
IV. Vertiefungsprogramm
Neben einem Seminar über zukünftige Umwelt- und Unternehmensentwicklungen geht es in diesem
wichtigen, 3- bis 4-wöchigen vierten Programmabschnitt in erster Linie um die Vermittlung allgemeiner
und branchenspezifischer Managementkenntnisse. Dazu zählen Aufbau, Inhalt und Instrumente
- der strategischen Unternehmensführung,
- der wichtigen Subsysteme des strategischen Personalmanagements und
- der Organisationsstruktur.
Die Umsetzung dieses überwiegend in Seminaren vermittelten Lehrstoffes erfolgt im Rahmen der
praktischen Tätigkeiten im Fach- und vor allem im Integrationsprogramm, als Assistent und/oder
Stellvertreter des Abteilungsleiters und/oder der Geschäftsleitung.
V. Integrations- bzw. Transferprogramm
Im Rahmen des vorletzten Programmbausteins erfolgt die integrative Verknüpfung der zuvor vermittelten
Fach- und Führungskenntnisse sowie die Umsetzung des theoretisch Vermittelten in die Praxis. Die
integrative Anwendung der komplexen Aufgabenbereiche soll anhand von Simulationsverfahren (z.B.
Unternehmensplanspiel, Fallmethode) und vor allem durch etwa 3-monatige, praktische Einsätze als
Stellvertreter und/oder Assistent geübt werden. Damit sammelt der Teilnehmer unmittelbare Erfahrungen
über die vielfältigen Zusammenhänge einzelner Entscheidungsabläufe.
VI. Abschlußprogramm
Mit dem Abschlußprogramm endet das Unternehmernachfolger-Programm. Zur Erweiterung des
Betrachtungshorizontes sollte der Teilnehmer zum Abschluß ein mindestens 2-monatiges Praktikum in
einem ausländischen Kfz-Betrieb und ein 1-monatiges in einem erlebnisorientierten Wirtschaftsbereich
135
Die Bezeichnung “Taxonomien“ wird in der personalwirtschaftlichen Literatur synonym mit “Anforderungskatalogen“ eingesetzt (vgl. Berthel/Koch, 1985, S. 64).
- 308 -
(z.B. im Management eines Shopping Centers) absolvieren, um Anregungen zu bekommen über
moderne Convenience- und Event-Strategien, die zukünftig zur individuellen Profilierung des
Autohauses erhebliche Bedeutung erhalten. Ferner gehört zu diesem letzten Programmbaustein eine 2tägige gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur systematischen, konfliktarmen
Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge sowie eine 1-tägige Abschlußbesprechung
aller Programmteilnehmer (z.B. Fazit des gesamten Programms, Einrichtung eines
Unternehmernachfolger-Kollegs). Das Programm endet mit einem Abendbankett und der feierlichen
Überreichung der Zertifikate bzw. Zeugnisse.
4.3.5.10.2. Kontrolle des Lernerfolgs
Bisher wird in der Praxis äußerst selten mittels adäquater Methoden (z.B. Befragungen,
Leistungsbeurteilungen, Tests, Verhaltensbeobachtungen) überprüft, inwieweit durch die Qualifizierungsmaßnahmen die vorab festgelegten Lernziele (z.B. Wissensaneignung, Verhaltensänderung)
erreicht wurden (vgl. Münch/Müller, 1988, S. 35). Oftmals wird auf die Erfolgskontrolle136 verzichtet,
da eine zuverlässige Erfolgsermittlung als zu schwierig angesehen wird (vgl. Mentzel, 1994, S. 239).
Der konkrete Lernerfolg des Einzelnen hängt von der persönlichen Einstellung sowie der jeweiligen
Lernsituation ab (z.B. Verhalten des Trainers, didaktische Konzeption, angestrebte Lernziele, Ort und
Dauer der Maßnahme). Bereits während der Bildungsmaßnahmen sollte das Erreichen von Teillernzielen
mittels Lernprozeßkontrollen erfolgen, damit ggf. frühzeitig Mängel in der Programmgestaltung, im
Seminarablauf, im Trainerverhalten und vor allem individuelle Schulungs- und Verständigungsdefizite
aufgezeigt und behoben werden können (vgl. Mentzel, 1994, S. 241).
Voraussetzung für die Durchführung einer Erfolgskontrolle ist die Ermittlung des individuellen
Leistungspotentials der Absolventen vor Beginn der Bildungsmaßnahme sowie detailliert festgelegter
Lernziele. Daraus ergibt sich der Lernzielerreichungsgrad (vgl. Korndörfer, 1989, S. 284; Mentzel,
1994, S. 241).
Einigermaßen befriedigende Erfolgskontrollen lassen sich erzielen, wenn der Ausbildungserfolg mittels
schriftlicher oder mündlicher Befragung (z.B. mit Hilfe standardisierter Checklisten), Testverfahren etc.
unmittelbar nach Abschluß der Bildungsmaßnahme durchgeführt wird. Je weiter der Kontrollzeitpunkt
vom Zeitraum der Bildungsmaßnahme entfernt liegt, desto stärker können andere, nicht mit der
Bildungsmaßnahme zusammenhängende Einflußfaktoren auf das Ergebnis einwirken (vgl. Korndörfer,
1989, S. 284f).
136
Unter Erfolgskontrollen sind allgemein Maßnahmen zur Überprüfung der Veränderungen zwischen dem
Ausgangszustand und der nach erfolgter Bildungsmaßnahme erreichten Annäherung an den Sollzustand zu
verstehen (vgl. Berthel, 1995, S. 333). Dadurch soll eruiert werden, ob und inwieweit die Lernziele der Qualifizierungsmaßnahmen erreicht wurden (vgl. Weber, 1987, S. 323). und inwiefern ein Lernerfolg zu verzeichnen ist
(vgl. RKW, 1990, S. 339).
- 309 -
a) Standardisierter Beurteilungsbogen zur Bewertung der einzelnen Bildungsveranstaltungen durch die
Teilnehmer
Die Erfolgskontrolle im Lernfeld befaßt sich primär mit der Lernsituation und kann während und am
Ende eines Seminars erfolgen. Sie dient insbesondere als Entscheidungshilfe bei der Planung zukünftiger
Bildungsveranstaltungen (vgl. Mentzel, 1994, S. 241).
Bei vielen außer- und innerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen wird am Ende der Veranstaltung ein
Beurteilungsbogen ausgegeben, anhand dessen die Absolventen zur Veranstaltung kritisch Stellung
nehmen sollen. Derartige Beurteilungen geben zwar keinen Aufschluß über den Lernerfolg, dafür aber
Hinweise über
- die Leistungen der Referenten,
- organisatorische Mängel,
- Eignung der verwandten Methoden und Medien für die Teilnehmer
(vgl. RKW, 1990, S. 341).
Ein Beispiel für einen möglichen Beurteilungsbogen für formale Bildungsveranstaltungen ist in Anlage 24
abgebildet.
Der Anbieter eines externen Seminars beweist durch Teilnehmerbefragungen, daß er bereit ist, die
Veranstaltung und die Trainerleistung kritisch in Frage zu stellen. Falls eine Befragung nicht nur am Ende
des gesamten Programms, sondern zwischendurch bereits für Teilbereiche erfolgt, können anhand der
Befragungsergebnisse noch Änderungen im Stoffplan oder der angewendeten Lehrmethoden erfolgen
(vgl. Mentzel, 1994, S. 245). Ferner bietet eine solche Zwischenbefragung den Teilnehmern die
Möglichkeit der Selbstkontrolle und damit einer realistischen Selbsteinschätzung (vgl. Ulrich/Fluri, 1992,
S. 274).
Allerdings darf der Informationswert von Teilnehmerbefragungen nicht überschätzt werden. Ein positives
Urteil kann durch angenehme äußere Bedingungen (z.B. Zusammensetzung der Teilnehmergruppe, des
Rahmenprogramms, der Unterkunft, des Essens) oder durch das Auftreten und den Beliebtheitsgrad
des/der Dozenten geprägt werden. Solche Urteile geben keine Auskunft über die Lerneffizienz oder den
Wissenszuwachs durch die Veranstaltung (vgl. Mentzel, 1994,
S. 245).
b) Möglichkeiten der Lernfortschrittskontrolle bei Schulungsmaßnahmen durch den Einsatz
gruppenorientierter Simulationsverfahren
Während der Seminarveranstaltungen können bei Bildungsmaßnahmen, die zur Verbesserung des
Führungs- und Entscheidungsverhaltens dienen, durch den Einsatz aktiver Lehrmethoden (z.B.
Fallstudie, Plan-, Rollenspiele) auch Lernfortschrittskontrollen von erfahrenen Betreuern durchgeführt
werden (vgl. Korndörfer, 1989, S. 285). Als Prüfungsmethoden empfehlen sich je nach Art des
- 310 -
Lehrstoffes praktische Übungen, Rollenspiele, schriftliche Arbeiten oder Multiple-Choice-Verfahren
(vgl. Mentzel, 1994, S. 249).
Beispielhaft wird in Anlage 25 ein Ausschnitt aus einem Beobachtungsbogen aufgezeigt, mit dessen Hilfe
der Trainer den Lernzielerfolg im Rahmen eines Rollenspiels zum Führungsverhalten feststellen kann.
c) Beurteilung des Seminarteilnehmers durch den unmittelbaren Vorgesetzten bei der praktischen
Tätigkeit mit anschließendem Fördergespräch
Die Kontrolle im Funktionsfeld richtet sich vorrangig auf die jeweilige Arbeitssituation der Person (vgl.
Mentzel, 1994, S. 242). Dabei muß untersucht werden, ob das Erlernte tatsächlich bei der
Aufgabenerfüllung in der Praxis angewendet wird und ob sich die gewünschte Wirkung einstellt (vgl.
Ulrich/Fluri, 1992, S. 274).
Ein guter Indikator zur Messung der durch die Bildungsmaßnahmen erreichten Leistungs- und
Verhaltensänderungen sind die Ergebnisse regelmäßiger Beurteilungen der Praktikanten am Arbeitsplatz
durch den direkten (Fach-)Vorgesetzten. Im Gegensatz zu anderen Kontrollverfahren wird bei der
Mitarbeiterbeurteilung - abgesehen von subjektiven Verfälschungen (z.B. Antipathie) - ausschließlich
der Anwendungserfolg direkt am Arbeitsplatz festgestellt. Dabei können sowohl Kenntnisse,
Fähigkeiten als auch Einstellungen erfaßt werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 248f). Der Praktikant sollte
jedoch mindestens 4 Wochen in dem Betrieb tätig gewesen sein (vgl. Olesch, 1992, S. 81).
Ein Vorschlag für einen möglichen standardisierten Bewertungsbogen der Praktikanten ist in Anlage 26
abgebildet.
Durch den standardisierten Beurteilungsbogen mit bewährter fünfstufiger Rating-Skala kann der
jeweilige Fachvorgesetzte der Abteilung die Bewertung recht einfach und schnell durchführen. Durch
diese Standardisierung ist eine Vergleichbarkeit der Praktikantenbeurteilungen gegeben. Da die
Beurteilung meist über einen geringen Zeitraum (4-6 Wochen) erfolgt, können gewisse Fehlurteile
aufkommen. Durch die Beurteilung verschiedener unmittelbarer Vorgesetzter, u.U. in unterschiedlichen
Kfz-Betrieben, kann dieses Problem jedoch weitgehend abgebaut werden. Nach Absolvierung einiger
praktischer Tätigkeiten kann der Programmleiter sowie der Teilnehmer anhand der
Beurteilungsergebnisse eine Tendenz bei den fach- und aufgabenbezogenen Stärken und Schwächen
feststellen und ggf. notwendige, zusätzliche Fördermaßnahmen einleiten (vgl. Olesch, 1992, S. 80).
Im Anschluß an die Beurteilung des Praktikanten durch den unmittelbaren (Fach-)Vorgesetzten sollte
ein Fördergespräch stattfinden. Der Praktikant erfährt bei diesem Gespräch seinen gegenwärtigen
Leistungsstand im Vergleich zu seiner persönlichen Einschätzung und soll veranlaßt werden, sein
funktionelles Verhalten entsprechend der individuellen Lernziele weiterhin zu verbessern. Ferner erfolgt
ein kritisches Feedback seitens des Praktikanten zum bisherigen Verlauf der Qualifizierungsmaßnahmen.
Somit können Praktikumsmängel erkannt und Anregungen zur Programmverbesserung gesammelt
werden (vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 134).
- 311 -
Bei großen Leistungsdefiziten erscheint es ratsam, daß der zentrale Programmbetreuer an diesem
Gespräch teilnimmt, um weitere, ergänzende Fördermaßnahmen abzustimmen.
d) Beurteilung des Praktikumsbetriebes und des Ausbilders durch den Praktikanten
Dem Programmbetreuer obliegt es, die Qualität der Praxisausbildung vor Ort zu kontrollieren. Dabei
wird er sich primär auf eigene Eindrücke, Leistungsbeurteilungen sowie auf Gespräche mit dem
Praktikanten und dem Ausbilder stützen. Ergeben sich dabei Klagen des Volontärs über den Ausbilder
und/oder umgekehrt, so ist ein gemeinsames Gespräch angebracht. Aufgrund der Beurteilungsergebnisse
des Praktikanten hinsichtlich Kenntnissen, Fähigkeiten, des (Sozial-)Verhaltens und Auftretens durch die
bereits durchlaufenden Einsatzstellen läßt sich schnell feststellen, auf welcher Seite die Probleme liegen.
Ein zusätzliches Bild kann sich der Betreuer durch seine persönlichen Eindrücke und die Art der
angegebenen Schwierigkeiten machen. Treten bei einem Ausbilder immer wieder Probleme bei
mehreren Absolventen auf und nützen Gespräche nichts, so ist der Betreffende als Ausbilder
auszuwechseln (vgl. Förderreuther, 1988, S. 81).
Beurteilungsberichte der Praktikanten über die einzelnen Ausbildungsabschnitte sollen vorrangig die
Eindrücke - nicht die erledigten Tätigkeiten - von dem ausbildenden Unternehmen und dem/den (Fach)Vorgesetzten schildern. Dabei sollen sowohl positive als auch negative Aspekte der Lerninhalte sowie
Anerkennung und Kritik zu den dortigen Qualifizierungsmaßnahmen geäußert werden (vgl.
Förderreuther, 1988, S. 81). Damit ist gleichzeitig ein Feedback für die Schulungszentrale auch bzgl.
Korrekturen im Programmablauf und -inhalt verbunden (vgl. Christian, 1984, S. 30). Ein Beispiel für
einen möglichen Beurteilungsbericht ist in Anlage 27 abgebildet.
Dieser Bericht sollte mit der Ausbildungsstelle besprochen werden. Nur durch konstruktive Kritik und
Anregungen können die einzelnen Ausbildungsstellen ihre Qualifizierungsmaßnahmen verbessern.
Andererseits werden sich die Ausbilder auch über entsprechend anerkennende Worte freuen, wenn
alles zur Zufriedenheit verlief (vgl. Förderreuther, 1988, S. 81).
Abschließend ist zu sagen, daß der große zeitliche Aufwand und die hohen Kosten für das im Rahmen
dieser Arbeit entwickelte duale, ressortübergreifende Unternehmernachfolger-Programm eine sorgfältige
Kontrolle der erreichten Lernziele erfordert, also des Lernerfolgs der einzelnen Bildungsmaßnahmen und
praktischen Tätigkeiten.
Die Teilnehmer sollten während des gesamten Qualifizierungsprogramms nach verschiedenen Kriterien
(z.B. Fachkenntnisse, Führungs-, Kommunikations-, Kooperationsverhalten, persönliche
Arbeitstechnik) fortlaufend beurteilt werden. Dadurch erhalten sie häufig ein Feedback über ihre
Stärken und Schwächen; am Programmende könnte noch eine abschließende Einschätzung des
Führungspotentials durch den Programmbetreuer erfolgen (vgl. Sattelberger, 1989(b), S. 91).
Die Erfolgskontrolle muß auf mehreren Ebenen erfolgen. Der Erfolg während eines Seminars - im sog.
Lernfeld - sagt nichts darüber aus, inwieweit der Absolvent in der Lage ist, die dort erworbenen
- 312 -
Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen in die Praxis - im sog. Funktionsfeld - umzusetzen (vgl.
Mentzel, 1994, S. 241).
Zur Kontrolle des Lernerfolgs, während oder am Schluß einer Bildungsveranstaltung, empfehlen sich
neben den oft eingesetzten mündlichen und schriftlichen Prüfungen vor allem Leistungstests, um zu
überprüfen, inwieweit die zuvor detailliert festgelegten Lernziele realisiert wurden. Teilnehmern mißfallen
i.d.R. selbst kleinere Zwischentests, da sie Prüfungsneurosen, Versagungsängste etc. befürchten.
Trotzdem sollte auf (Zwischen-)Prüfungen nicht völlig verzichtet werden, da anhand der Ergebnisse eine
Korrektur der Lerngeschwindigkeit, -inhalte oder -methoden kurzfristig durchgeführt werden kann.
Ferner können die Teilnehmer bei unzureichendem Abschneiden zu einer frühzeitigen Änderung ihres
Lernverhaltens animiert werden, während positive Resultate zu einer zusätzlichen Lernmotivation
veranlassen können. Zudem kann durch die Tests ein gewisser "Zwang zum Lernen" erreicht werden
(vgl. Mentzel, 1994, S. 248f).
4.4. Zusammenfassung
Die Ergebnisse der empirischen Studie belegen, daß die Befragungsteilnehmer erkannt haben, daß eine
umfassende Berufs- und/oder Hochschulausbildung mit darauf aufbauender branchenspezifischer
theoretischer und vor allem praktischer Fortbildung für die Unternehmernachfolger mittelständischer
Kfz-Betriebe ein entscheidender Erfolgsfaktor sein wird. Die zukünftigen Unternehmensführer müssen
sich zunehmend vom Tagesgeschäft lösen, um genügend Zeit zu haben, sich mit strategischen, d.h. mit
vorausschauenden, prospektiven und erfolgssichernden Aufgabenbereichen - vorrangig in der
Unternehmensführung und verstärkt im Personalmanagement - zu befassen. Die
Untersuchungsergebnisse unterstreichen, daß die Qualifikation und Leistungsmotivation der
Arbeitnehmer als ein wesentlicher strategischer Erfolgsfaktor im zunehmenden Konkurrenzkampf
angesehen werden, die zumindest kurz- bis mittelfristig dem einzelnen Unternehmen
Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern sichern.
Um die Mitarbeiter entsprechend fördern und fordern zu können sowie den zunehmend komplexeren
Aufgabenbereichen der Führung eines Unternehmens gerecht zu werden, benötigt die
Nachfolgegeneration eine vielschichtige Qualifikation.
Grundvoraussetzung für die Entwicklung eines Leitfadens hinsichtlich eines Qualifizierungsprogramms für
Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben ist die Ermittlung des individuellen
Entwicklungsbedarfs. Dafür benötigt man Kenntnisse über die unternehmensbezogenen SollQualifikationen und Gegebenheiten sowie die vorhandenen Ist-Qualifikationen der einzelnen Teilnehmer
(z.B. Vorbildung, berufliche Tätigkeit, Einstellung zum Schulungsziel, allgemeine Haltung,
Entwicklungspotential) (vgl. Hungenberg, 1990, S. 448). Deshalb sollte bereits vor Beginn des
Programms der Schulungsanbieter mit den Teilnehmern in Kontakt treten und Kurzauskünfte über
- 313 -
Wissens- und Bildungsstand einholen, um das Durchschnittsniveau der Gruppe festzustellen und damit
eine gemeinsame Schulungsplattform zu schaffen. Nur so können unnütze Wiederholungen vermieden
und solche Trainingsinhalte ausgeschaltet werden, die einzelne oder alle Teilnehmer über- bzw.
unterfordern. Insbesondere externe Trainer besitzen oftmals nur unzureichende Informationen über den
Bildungsstand der Teilnehmer (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 112).
Während sich die Vorbildung und die bisherige berufliche Tätigkeit recht einfach mittels eines Anmeldeund Fragebogens ermitteln lassen, sind (grobe) Angaben über Einstellung, Verhalten und
Leistungspotential vorab wesentlich schwieriger festzustellen. Aus psychologischen Gründen sollten
Eingangsprüfungen und -tests zurückhaltend eingesetzt werden (vgl. Korndörfer, 1989, S. 285).
Anhand der Ergebnisse der Zielgruppenanalyse ist das Qualifizierungsprogramm so zu planen, daß die
Absolventen die Lehrinhalte weitgehendst aufnehmen, akzeptieren und für ihre späteren
Arbeitsanforderungen für wichtig erachten (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 116).
Nur bei genauer Kenntnis der betrieblichen Bedarfssituation und der teilnehmerindividuellen
Voraussetzungen wird es möglich sein, bei der Abgrenzung des Lehrstoffes die Schwerpunkte richtig zu
setzen. Um sicherzustellen, daß auch wirklich praxisnahe und relevante Stoffgebiete ausgewählt werden,
sollten auch unter Motivationsaspekten die Teilnehmer an der Stoffauswahl beteiligt sowie ihnen die
spezifische Vorgehensweise, Lernziele etc. detailliert erläutert und begründet werden (vgl. Mentzel,
1994, S. 205f).
Das Stoffprogramm sollte die Vorkenntnisse der Teilnehmer berücksichtigen und so aufgebaut sein, daß
während der Bildungsveranstaltung sinnvolle Beziehungen zwischen dem vorhandenen Erfahrungsschatz
und den neuen Lerngegenständen entstehen (vgl. Mentzel, 1994, S. 205).
Ferner erleichtert die Mitwirkung der direkten Fachvorgesetzten aus den Praktikumsbetrieben die
Planung und Gestaltung wesentlicher praxisbezogener Qualifizierungselemente. Dadurch erhöht sich zum
einen die Identifikation und Einsatzbereitschaft der Ausbilder. Zum anderen erhält man unmittelbares
praxisbezogenes Feedback, ob und inwieweit die einzelnen Lernziele zeitlich und praktisch realisierbar
sind.
Des weiteren muß für eine systematische Bildungsmaßnahme konkret festgelegt werden, welche
Lehrmethoden, -medien, -verfahren etc. eingesetzt werden sollen, in welchem Zeitraum dies geschehen
soll und welche Institutionen bzw. Dozenten die Maßnahmendurchführung übernehmen sollen (vgl.
Strombach, 1982, S. 173).
Grundsätzlich ist es nicht ratsam, Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen ausschließlich mittels
der bisher verbreiteten Einweg-Kommunikation, also Vorträge, Referate etc. zu vermitteln, sondern
durch praxisnahes Einüben in Form moderner, lernaktivierender Simulationsverfahren (z.B.
Fallmethoden, Rollen-, Planspiele). Danach sollten diese Qualifikationen in den Betrieben durch
Kurzvorträge, Assistentenstellen, Stellvertretungen etc. praxisnah angewandt werden. Denn
- 314 -
Handlungssicherheit erhält man nur durch selbständiges (Aus-)Probieren und Üben (vgl. Brinkmann et
al., 1983, S. 85).
Für eine erfolgsversprechende Schulungsdurchführung müssen die vorher generell festgelegten Zeit- und
Themenpläne des Qualifizierungsprogramms an die festgestellten Notwendigkeiten und Bedürfnisse der
einzelnen Teilnehmer flexibel angepaßt werden. Diese Korrekturen des Lehrplans können personeller,
zeitlicher und themenmäßiger Art sein. Nur so kann ein "maßgeschneidertes" Qualifizierungsprogramm
für jeden einzelnen Teilnehmer entwickelt werden.
Unternehmernachfolger, die bisher vorrangig eine gewerblich-technische Berufsbildung (z.B. KfzMechaniker, -Meister) absolviert haben, ist zu raten, im Rahmen der theoretischen und praktischen
Schulungen den generellen Bildungsschwerpunkt auf den kaufmännischen und führungsbezogenen
Erfahrungszuwachs zu legen. Demgegenüber sollten diejenigen, die bisher eine kaufmännischbetriebswirtschaftliche Ausbildung (z.B. Bundesfachschule für Kfz-Wirtschaft, Wirtschaftsstudium)
absolviert haben, sich verstärkt mit technischem Wissen und dem Betriebsablauf befassen.
Um eine systematische Verzahnung zwischen dem bisher absolvierten, individuellen Bildungsweg und
dem sich daran anschließenden dualen Qualifizierungsprogramm zu erreichen, wäre es wünschenswert,
wenn die den Lehrstühlen für Automobilwirtschaft in Bamberg und Nürtingen angeschlossenen
Institutionen die Organisation und Leitung übernähmen. Diese Anbindung an eine Hochschule hätte den
Vorteil, daß eine Verknüpfung von Lehre, Forschung und Praxis gewährleistet wäre, ein entsprechend
dem Ausgangswissen, Potential usw. abgestuftes Programm angeboten werden könnte und die einzelnen
Qualifikationsstufen durchgängig wären.
Das gesamte Qualifizierungsprogramm mit der Vermittlung des theoretischen Lehrstoffes und den daran
anschließenden, einzelnen Praktikumsabschnitten soll - wie die meisten Trainee-Programme in
Großunternehmen - zwischen 15 und 16 Monaten dauern. Je nach individuellen betriebswirtschaftlichen
und fachlichen Kenntnissen, praktischen Erfahrungen sowie Dauer des Auslandaufenthaltes der
einzelnen Teilnehmer kann dieser Zeitrahmen im gewissen Maße variieren.
Aussagen über die Dauer der einzelnen Lernabschnitte ergeben sich aus der Intensität, mit der die
verschiedenen Programmpunkte behandelt werden sollen sowie aus den vorgesehenen Lehrmethoden
(vgl. Mentzel, 1994, S. 206). Die einzelnen Seminare sollten je nach Themengebiet 3-5 Tage dauern. In
den darauf aufbauenden Praktika soll das vermittelte Wissen systematisch am Arbeitsplatz umgesetzt
werden.
Die Verweildauer an den einzelnen Praktikumsplätzen hängt vom Umfang und von der Komplexität der
für den jeweiligen Arbeitsplatz charakteristischen Aufgabe, von der Qualifikation der einzelnen
Teilnehmer sowie von den fachlichen, pädagogischen und didaktischen Fähigkeiten des Vorgesetzten ab
(vgl. Korndörfer, 1989, S. 269f). Die Betriebspraktika sollten je nach Komplexität des
Aufgabengebietes 1-4 Monate betragen. Auch wenn den Teilnehmern in dieser kurzen Zeit nicht das
- 315 -
gesamte Aufgabenspektrum in den einzelnen Abteilungen bis zur Handlungssicherheit vermittelt werden
kann, so erhalten sie doch einen Einblick in Ablaufbedingungen, Problembereiche, Erfolgspotentiale etc.
Das eigentliche Ziel der Förderungsmaßnahme ist erst erreicht, wenn der Absolvent in der Lage ist, die
erworbenen Qualifikationen durch einen erfolgreichen Lerntransfer am Arbeitsplatz praktisch
einzusetzen. Die Praxis offenbart immer wieder, daß eine umfassende theoretische Schulung
(einschließlich positiver Lernerfolgskontrolle) nicht zwangsläufig die Gewähr für einen großen
Anwendungserfolg beinhaltet. Ein enger Zusammenhang zwischen Lern- und Anwendungserfolg besteht
bei Bildungsmaßnahmen direkt am Arbeitsplatz (vgl. Mentzel, 1994, S. 242).
Wichtige Erfolgsfaktoren für das Gelingen des Programms sind neben der Zusammensetzung der
Gruppe, der Leistungsmotivation und Einsatzbereitschaft der Teilnehmer die Qualität der Programmleiter
und Referenten sowie vor allem der Ausbilder in den Praktikumsbetrieben. Durch eine systematische
Programmgestaltung, entsprechend den individuellen Vorkenntnissen, Eignungen, Zielsetzungen etc.
sowie durch eine offene, hilfsbereite und motivierende Haltung der Fachvorgesetzten wird die Einstellung
der Teilnehmer und letztlich der Programmerfolg selbst stark beeinflußt. Deshalb sollte bei der Auswahl
und Schulung dieser Personen mit großer Sorgfalt vorgegangen werden.
Bei der fach- und aufgabenbezogenen Fortbildung der Teilnehmer ist die Bereitschaft der Ausbilder,
sich die Zeit zu nehmen und den Praktikanten detailliert und umfassend zu informieren, zu unterstützen,
einzusetzen etc. - kurz: Erfahrungen zu vermitteln und zu fördern - ein wichtiger Aspekt für den
Praktikumserfolg (vgl. Hungenberg, 1990, S. 459).
Obwohl der Teilnehmer in den Seminaren etwas erlernt hat und auch von dessen Nutzen überzeugt ist,
kann er u.U. beim Versuch der Umsetzung in die Praxis scheitern, wenn das Arbeitsklima sowie vor
allem der direkte Vorgesetzte und die Mitarbeiter den neuen Methoden und Verhaltensweisen skeptisch
begegnen.
Der jeweils zuständige direkte Fachvorgesetzte sollte gegen Ende der dortigen betrieblichen Tätigkeit
den Praktikanten anhand eines standardisierten Beurteilungsbogens einstufen und die Bewertung mit ihm
besprechen. Der Volontär sollte jedoch mindestens 4 Wochen in dem Betrieb tätig gewesen sein (vgl.
Olesch, 1992, S. 81).
Ferner ist es empfehlenswert, daß der Praktikant seinem Programmbetreuer regelmäßig Berichte über
Art und Effizienz seiner Tätigkeit in den Praktikumsbetrieben zukommen läßt. Dabei sollte er kurz
darlegen, wie sich seine Integration in das betriebliche Umfeld vollzogen hat. Damit ist gleichzeitig ein
Feedback für die Leitstelle auch bzgl. Korrekturen im Programmablauf und -inhalt verbunden (vgl.
Christian, 1984, S. 30).
Bisher wird in der Praxis kaum adäquat überprüft, inwieweit durch die Qualifizierungsmaßnahmen die
vorab festgelegten Lernziele erreicht wurden (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 65). Die Erfolgskontrolle gibt
- 316 -
jedoch der verantwortlichen Schulungsinstanz das notwendige Feedback für die Beurteilung und
fortlaufende Verbesserung des Qualifizierungsprogramms sowie über die weiteren
Entwicklungsbedürfnisse der jetzigen bzw. zukünftigen Absolventen. Ferner bietet sie den Teilnehmern
die Möglichkeit der Selbstkontrolle und damit einer realistischen Selbsteinschätzung (vgl. Ulrich/Fluri,
1992, S. 274).
Obwohl für gewisse, immer wiederkehrende typische Ausbildungsbedürfnisse grob standardisierte
Schulungssprogramme erstellt werden können, bedürfen sie einer ständigen Überarbeitung, damit sie so
genau wie möglich den aktuellen Arbeitsanforderungen der einzelnen Teilnehmer entsprechen (vgl.
Ulrich/Fluri, 1992, S. 272).
Bei allen noch so detailliert gestalteten Qualifikationsprogrammen darf man vor allem den wichtigsten
Aspekt nicht außer acht lassen - den Menschen. Ein noch so fundiertes Schulungsprogramm ist
weitgehendst wertlos, wenn sich der Absolvent mit seiner zukünftigen Arbeit nicht identifizieren kann, sie
ihn über- oder unterfordert, so "schmerzlich" das u.U. auch für den Seniorchef im Einzelfall sein mag.
Denn - wer ist schon gewillt, die Probleme und Existenzängste, den Arbeits- und Zeitaufwand auf sich
zu nehmen, wenn diese Anforderungen nicht seinen/ihren (beruflichen) Neigungen, Fähigkeiten,
Vorstellungen etc. entsprechen.
- 317 -
5. Gesamtresümee und kritische Würdigung der erzielten Ergebnisse sowie Empfehlungen
für eine systematische Nachfolgeregelung und für einen branchenorientierten, dualen
Studiengang
5.1. Zusammenfassung der Arbeit und kritische Betrachtung der Ergebnisse
Da in den einzelnen Kapiteln bereits umfangreiche Zusammenfassungen erstellt wurden, sollen
nachfolgend nur noch einige wichtige Aspekte hervorgehoben werden.
Die heutige und zukünftige Unternehmensführung steht vor erheblichen neuen Anforderungen. Bedingt
durch die fortlaufenden Änderungen in der Unternehmensumwelt, wie immer härterer
Verdrängungswettbewerb, steigende Kundenansprüche an höhere Qualität und besseren Service,
zunehmende Fahrzeugelektronik, größere Umweltsensibilität der Gesellschaft und Mitarbeiter, ist die
Bedeutung der strategischen Betrachtungsweise, d.h. systematisch, vorausschauend, sowie konzeptiv zu
denken und zu handeln, gestiegen. Die Konsolidierung des Unternehmenbestandes und der -entwicklung
ist ohne aufeinander abgestimmte Planung der ökonomischen, technischen und vor allem personellen
Belange nicht realisierbar (vgl. Hammer et al., 1988, S. 9). Da die Mitarbeiter zum wichtigsten,
wertvollsten und sensitivsten Produktionsfaktor werden, kann eine kurzfristige Personalarbeit den
zukünftigen, immer hochkomplexeren, unternehmerischen Herausforderungen nicht mehr genügen.
Vielmehr bedarf es eines strategisch ausgerichteten Personalmanagements, das auf umfassenden und
realistischen Prognosen über künftige Entwicklungstendenzen beruht (vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S.
226).
In vielen Klein- und Mittelbetrieben wird bisher gar nicht strategisch geplant. Je detaillierter die
strategische Planung ist, desto zielorientierter und sicherer läßt sich das Unternehmen auch zukünftig
führen. Besonders in der systematischen, proaktiven Personalplanung liegt bei vielen mittelständischen
Unternehmen noch ein deutliches Defizit (vgl. Hamer, 1990(a), S. 63).
Durch den Wandel von der Industrie- zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft treten die
eigentlichen Produkte zunehmend in den Hintergrund. Service und Dienstleistung rund um das Produkt
bzw. quasi als Produkt zur individuellen Bedürfnisbefriedigung bestimmen den zukünftigen Wettbewerb
und die Wertschöpfung (vgl. Fuchs, 1989, S. 139f).
Neben dem zunehmend ähnlicher und austauschbarer werdenden Grundprodukt des Kfz-Betriebes,
dem Automobil, müssen die Autohäuser in Zukunft zur individuellen Profilierung im Wettbewerb eine
Vielzahl an Zusatzleistungen wie Leasing- und Finanzierungsangebote, 24-Stunden-Notdienst,
Mobilitätsgarantie, Zurücknahme des Altfahrzeuges, freundlichen Service, Termintreue etc. anbieten. Es
gibt eine Vielzahl von Kunden, die an diesen Angeboten interessiert sind und denen es auch nicht an der
entsprechenden Kaufkraft fehlt (vgl. Berg, 1993, S. 20).
- 318 -
Das wichtigste Ziel und der eigentliche Sinn eines (Dienstleistungs-)Unternehmens muß künftig vorrangig
die Schaffung von überlegenem Kundennutzen gegenüber den Mitbewerbern sein. Alle
unternehmerischen Aktivitäten müssen dazu dienen, dem Kunden Produkte und Dienstleistungen
anzubieten, die ihn bei seiner individuellen Problemlösung unterstützen und ihm größeren Nutzen bieten
als Konkurrenzangebote (vgl. Spickschen, 1991, S. 241). Nur so ist der nachlassenden Kundenbindung
erfolgreich zu begegnen.
Die Kundenloyalität ist nicht mehr ausschließlich vom Preis-/Leistungs-Verhältnis bzw. dem
Nutzenstiften der Leistung für den Kunden abhängig, also von rational-kognitiven Kriterien, sondern
zunehmend von subjektiv-emotionalen Komponenten wie Kundennähe, vertraute Atmosphäre,
Stimmung und Freundlichkeit etc. (vgl. Kruse, 1990, S. 61; Meinig, 1991, S. 15).
Speziell in Dienstleistungsunternehmen wie Kfz-Betrieben bestehen (zwangsläufig) starke persönliche,
direkte Kontakte zwischen Mitarbeitern und Kunden. Dadurch können motivierte Beschäftigte
unmittelbar die Kundenwünsche und -forderungen erfahren und umsetzen. Dementsprechend hat das
Unternehmen die Chance, sich frühzeitig auf die gewandelten Anforderungen einzustellen und gegenüber
den Mitbewerbern einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen.
Eine solche Dienstleistungskultur läßt sich nicht mit starren, hierarchischen Organisationsstrukturen
umsetzen, sondern sie benötigt überschaubare, flexible organisatorische Einheiten (z.B. teilautonome
Profit Center, Arbeitsgruppen, Projektteams) mit niedrigem Formalisierungs- und Spezialisierungsgrad.
Im Zusammenhang mit dem aus Japan stammenden “Lean Management“ sind neue effiziente
Organisationsformen eingeführt worden, bei denen nicht mehr streng funktional innerhalb “bremsender“
Abteilungsgrenzen organisiert wird, sondern zunehmend anhand der kunden- und prozeßorientierten
Strukturen, um eine Schnittstellenharmonisierung entlang des Wertschöpfungsprozesses zu erreichen
(vgl. Frese/Werder, 1994, S. 14ff).
Ein offenes Kommunikationsklima mit intensivem und unbürokratischem Informationsaustausch, in dem
Mitarbeiter am “point of sale/customer“ durch eindeutige Befugnisse umgehend eigenverantwortlich
Entscheidungen treffen können (vgl. Fuchs, 1989, S. 142), wird den Beschäftigten wie den Kunden
heutiger Prägung gerecht.
Der unternehmerische Leitgedanke "clients come first", um das Wohlbefinden der Kunden, die
Befriedigung der Kundenbedürfnisse und -wünsche etc. sicherzustellen, wird in Zukunft ein äußerst
entscheidender Erfolgsfaktor sein, um sich im zunehmenden Verdrängungswettbewerb profilieren und
behaupten zu können. Jedem Beschäftigten im Unternehmen muß die Einsicht vermittelt werden, wie
wichtig seine Arbeit als Beitrag zum Kundennutzen anzusehen ist.
Dieses neue Verständnis von Dienstleistung läßt sich nur verwirklichen, wenn jeder einzelne
Beschäftigte entsprechend qualifiziert ist und eine positive Einstellung zur Dienstleistung hat (vgl.
- 319 -
Hinterhuber, 1994(a), S. 121). Jeder Mitarbeiter im Unternehmen (z.B. Azubis, Fach-, Führungskräfte)
muß sich als "Dienstleister" fühlen (vgl. Spickschen, 1991, S. 241) und auch so verhalten.
In Zeiten zunehmender Austauschbarkeit von Produkten wird die Qualifikation und Motivation der
Belegschaft und ihr Verhalten gegenüber den Kunden zu einem imitationsgeschützten Wettbewerbsfaktor (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 220; Stiefel, 1989(a), S. 38).
Die obigen Ausführungen unterstreichen, daß die Mitarbeiter zukünftig noch stärker die zentrale,
erfolgsentscheidende Ressource in Dienstleistungsunternehmen sind. Trotzdem wird diese strategische
Erfolgsposition von den wenigsten Betrieben adäquat berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund erhalten
Auswahl, Einsatz und Entwicklung des Humanpotentials eine außerordentliche strategische Bedeutung
(vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 220).
Zukünftig muß in die Mitarbeiterqualifikation genauso gezielt und geplant investiert werden wie in
Sachanlagen. In regelmäßigen Personalgesprächen müssen die Führungskräfte sicherstellen, daß die
Zielsetzung der einzelnen Mitarbeiter auf die Unternehmensstrategien abgestimmt sind. Je klarer die
Unternehmensstrategien definiert und die erforderlichen Qualifikationen der Arbeitnehmer daraus
abgeleitet sind, um so ersichtlicher wird auch, welche Mitarbeiter den Anforderungen nicht gerecht
werden können oder wollen. Eine schnelle Trennung ist dann für beide Seiten besser als ein
Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses (vgl. Walsh, 1987, S. 148).
Ob und inwieweit es einem (Dienstleistungs-)Unternehmen gelingt, erfolgreich zu sein, hängt bei
vergleichbaren, austauschbaren Produkten zunehmend von der Qualifikation, Leistungsfähigkeit und bereitschaft der einzelnen Mitarbeiter ab. Jeder Mensch denkt, fühlt, arbeitet etc. unterschiedlich und
weist individuelle Bedürfnisse, Werte und Motivationsstrukturen auf. Es ist die Aufgabe des Human
Resource Management, die sachbezogenen Unternehmensziele mit den Mitarbeiterzielen in Einklang zu
bringen. Jede Unternehmensstrategie ist mittel- bis langfristig zum Scheitern verurteilt, wenn die Planung
ohne Berücksichtigung der Mitarbeiterziele erfolgt.
Trotz aller Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung und Bedeutung des (strategischen) Human
Resource Management scheint es in der Wirtschaftspraxis und Wissenschaft Einigkeit darüber zu geben,
daß mit dieser Bezeichnung verdeutlicht werden soll, daß die Mitarbeiter eines Unternehmens nicht
länger nur im Sinne eines kostenverursachenden Produktionsfaktors betrachtet werden sollen, sondern
als ein eigenständiges, wichtiges, strategisches Erfolgs- bzw. Humanpotential (vgl. Conrad/Pieper,
1990(b), S. 255; Kobi, 1990, S. 5; Pieper, 1990(a), S. 2).
Die Diskussion zum strategischen HRM bzw. Personalmanagement erscheint noch längst nicht
abgeschlossen. Die vorliegenden Veröffentlichungen entwerfen noch keine ausgereifte und umfassende
Aussage über die genauen Inhalte, Verfahren, Methoden und Zusammenhänge zwischen den
verschiedenen HRM-Ansätzen.
- 320 -
Zukünftig wird ein noch stärkerer Auszubildenden- und Fachkräftemangel vorherrschen. Die Zahl der
Abgänger von den allgemeinbildenden Schulen wird weiterhin rückläufig sein, wodurch der bereits jetzt
schon partiell bestehende Lehrlingsmangel weiter zunimmt. Ferner wird durch die in den 90er Jahren in
vielen Betrieben anstehende Pensionierungswelle erfahrener Fach- und qualifizierter Führungskräfte ein
noch stärkerer Fachkräftemangel vorherrschen (vgl. Ackermann, 1989(b), S. 137).
Wiederum erhalten qualifizierte Arbeitskräfte zunehmend die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen
Unternehmen. Sie sind damit in der Lage, sich für das nach ihrer persönlichen, subjektiven Ansicht
"attraktivste" Unternehmen zu entscheiden (vgl. Papmehl/Borsczc, 1989, S. 293).
Deshalb kann sich eine zukunftsorientierte, planvolle Personalarbeit nicht darauf verlassen, den künftigen
Personalbedarf nur am externen Arbeitsmarkt zu decken, sondern wird primär eine gezielte, langfristig
orientierte Personalentwicklung für die vorhandenen Führungs-(nachwuchs-)
kräfte und Fachkräfte betreiben (vgl. Gaugler, 1987(b), S. 311; Mentzel, 1994, S. 15).
Die systematische Förderung qualifizierter und motivierter Mitarbeiter ist gerade in Klein- und
Mittelbetrieben eine der Schlüsselaufgaben. Sie beeinflußt entscheidend den langfristigen Fortbestand
und Erfolg des Unternehmens. Während häufig bei Sachinvestitionen (z.B. Gebäude, Anlagen,
Maschinen) sehr gewissenhaft und methodisch vorgegangen wird, werden die immer wichtigeren
Arbeitnehmer meist kurzfristig ausgewählt und eingesetzt (vgl. Borkel, 1987, S. 13; Zander, 1992, S.
392).
Aufgrund der steigenden Bedeutung der Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg darf die Aktivierung
des geistigen Humanpotentials nicht auf einzelne Abteilungen oder Mitarbeiter übertragen werden. Die
systematische, vorausschauende Förderung der Mitarbeiter - in Abstimmung mit der
Unternehmensstrategie - ist eine der wichtigsten Aufgaben des Unternehmers/Geschäftsführers.
Im Gegensatz zu früher, wo Arbeitsanweisung, Vollzugsmeldung und Kontrolle vorherrschten, müssen
Mitarbeiter heute von neuen Tätigkeiten, Leistungen, Arbeitsinhalten etc. überzeugt sowie ihnen der Sinn
und Nutzen vermittelt werden (vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 24f). Sie möchten sich mit den
übertragenen Aufgaben identifizieren können (vgl. Zander, 1992, S. 392). Die heutigen, zunehmend
qualifizierteren, kritischeren und anspruchsvolleren Mitarbeiter sind nur noch bedingt durch monetäre
Anreize zur Arbeitszufriedenheit und Leistungssteigerung zu bewegen (vgl. Rosenstiel, 1991(a), S. 12).
Die traditionellen Arbeitstugenden (z.B. Fleiß, Zuverlässigkeit, Verbundenheit zum Betrieb) verlieren
zunehmend an Bedeutung. Gerade jüngere Mitarbeiter suchen keinen Arbeitsplatz mehr, sondern eine
Wirkungsstätte mit flachen Hierarchiestrukturen, in denen sie mehr Flexibilität, individuelle
Arbeitszeitgestaltung (z.B. Gleitzeit, Teilzeitarbeit) sowie mehr Freiräume für eigene
Entscheidungsbereiche vorfinden (vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 24).
Viele dispositive Aufgaben können heute problemlos von qualifizierten Fach- und Führungskräften
eigenverantwortlich wahrgenommen werden. Dadurch hat die Unternehmensführung mehr Zeit für die
- 321 -
nicht delegierbaren Aufgaben der integrativen, proaktiven und strategischen Planung des zukünftigen
Unternehmensgeschehens sowie für die Führung, Förderung und Motivation des Personals.
Durch den systematischen Einsatz sinnvoller Motivationsfaktoren (z.B. durch die Aufgabenstellung,
Partizipation der Mitarbeiter an unternehmerischen Entscheidungen, Berücksichtigung der
Mitarbeiterziele, Mitsprachemöglichkeiten, entsprechendem situativem Führungsstil, Weiterbildungsmöglichkeiten) erhöht sich die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Arbeit und den
Unternehmenszielen (vgl. Korndörfer, 1990, S. 159). Gerade die betroffenen, engagierten Mitarbeiter
am jeweiligen Arbeitsplatz können am ehesten Verbesserungsvorschläge zur effizienteren Arbeitsplatzund Prozeßgestaltung sowie zur bestmöglichen Befriedigung der immer vielschichtigeren, sich fortlaufend
wandelnden Kundenbedürfnisse machen.
Interesse, Mitdenken und Initiative der Belegschaft hängen speziell in Klein- und Mittelbetrieben vom
Führungsstil, der Anerkennung und vor allem vom (vorbildlichen) Verhalten der Führungskräfte ab (vgl.
Zander, 1994, S. 55f).
Zukünftig sind immer weniger reine Führungstechniken notwendig, sondern vielmehr die Fähigkeit, mit
Menschen kompetent und verantwortungsbewußt umzugehen (vgl. Then, 1984, S. 89). Mit Mitarbeitern
sprechen und ihnen zuhören zu können ist eine wichtige Führungsfunktion.
Der konservative, patriarchalische (Ur-)Unternehmertyp, der seine Mitarbeiter nach dem Grundsatz
"hart aber gerecht" führt, hat ausgedient. Der zukünftige Manager, mit Vision und Vorbildfunktion
ausgestattet, muß begeisterungsfähig und begeisternd sein, ein Motivator, der seine Mitarbeiter mitreißen
kann, die optimistischen Vorstellungen des Unternehmens zu realisieren. Diese Person sollte eine
Leitfigur mit einem hohen ethischen Verantwortungsgefühl darstellen (vgl. Johansson, 1990, S. 43). Es
steckt ein großes Motivationspotential in der optimistischen, positiven Erwartungshaltung der
Vorgesetzten.
Führungsdefizite wirken sich zumeist negativ auf die Gesamtleistung des Betriebs oder einzelner
Abteilungen aus, führen zu Motivationsverlust und über die Leistungszurückhaltung bei den Mitarbeitern
("innere Kündigung") bis zum Weggang von Leistungsträgern (vgl. Schlichting, 1990, S. 4; Töpfer,
1989, S. 41).
Um den oben geschilderten, vielfältigen, sich immer schneller vollziehenden sozio-ökonomischen
Wandlungen - speziell der Kunden- und Mitarbeiterbedürfnisse - in einem Kfz-Betrieb gerecht zu
werden, bedarf es umfassend qualifizierter und motivierter Unternehmernachfolger/-innen, die in der
Lage sind, diese komplexen Management- und Führungsanforderungen zu erfüllen.
Die Nachfolgeregelung gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben und Entscheidungen, die es in einem
Unternehmen gibt. Sie entscheidet über den weiteren Erfolg oder Mißerfolg und somit über dessen
Zukunft. In Klein- und Mittelbetrieben mißlingen etwa die Hälfte der Nachfolgeregelungen; die Betriebe
- 322 -
müssen aufgegeben oder verkauft werden. Finanzielle Miseren, persönliche Schicksale etc. sind die
Folgen (vgl. Müller-Golchert, 1995, S. 62; Ophoff, 1995, S. B2). Dabei ist gerade in kleineren und
mittleren Familienunternehmen die erfolgreiche Weiterführung des Betriebes eine wichtige Säule, auf der
oftmals die Altersversorgung der Seniorfamilie beruht (vgl. Neumaier, 1991, S. 5).
"Als Unternehmer und Führungskraft wird man nicht geboren. Die Qualifikationen dazu werden in einem
lebenslangen Lernprozeß erworben" (BMW AG - Vertrieb Deutschland, 1994, S. 2).
Dieses Zitat aus der Ausbildungsbroschüre für den BMW-Händlernachwuchs beschreibt prägnant die
Problematik der Anforderungen an die Nachfolgergeneration.
Bisher wird in vielen mittelständischen Betrieben der Förderung und Pflege des Nachfolgers vom
Seniorchef nicht die Bedeutung beigemessen, die ihr gebührt. Inwieweit der hohe zeitliche und
kostenmäßige Aufwand dieses systematischen dualen Qualifizierungsprogramms im Einzelfall zu
rechtfertigen ist, müssen beide Parteien gemeinsam entscheiden. Diese Entscheidung ist mit Hilfe einer
situativen Abgrenzung der unternehmensspezifischen Erfolgsgrundlagen zu klären.
Alle Fertigkeiten, die ein Mensch m
i Laufe seines Lebens erwirbt, erhält er vorrangig durch reales
praktisches Tun und nicht nur durch das Anhören von Vorträgen oder das Lesen fachbezogener
Literatur. Die bisher angebotenen Unternehmernachfolger-Seminare konzentrieren sich vorrangig auf
zeitlich begrenzte theoretische Seminarveranstaltungen, während das in der vorliegenden Arbeit
entwickelte Programm darüber hinaus die Möglichkeit einräumt, den theoretisch vermittelten Lehrstoff in
der Praxis selbst anzuwenden. Durch diesen Praxisbezug erhält der künftige Unternehmer die
notwendige Erfahrung und Entscheidungssicherheit, die er benötigt, um selbst Anweisungen geben und
deren Umsetzung überprüfen zu können.
Um eine fortlaufende Verknüpfung zwischen Betriebspraxis sowie Forschung und Lehre herzustellen
und die kontinuierliche Weiterentwicklung des dualen Qualifizierungsprogramms nach den neuesten
wissenschaftlichen Erkenntnissen zu gewährleisten, ist es empfehlenswert, daß die Organisation und
Leitung des Programms von einem hochschulnahen Institut durchgeführt wird. Für diese vielfältigen
Aufgaben würden sich beispielsweise die bereits an die beiden Lehrstühle für Automobilwirtschaft in
Nürtingen und Bamberg angeschlossenen Institute anbieten. Sie wären bei entsprechender personeller
Aufstockung und Erweiterung in der Lage, ein wissenschaftlich fundiertes, duales
Unternehmernachfolger-Programm zu entwickeln, durchzuführen und zu kontrollieren, abgestuft auf die
individuellen
Vorkenntnisse,
Neigungen,
Entwicklungsmöglichkeiten
sowie
zukünftigen
Tätigkeitsbereiche und Anforderungen des Einzelnen.
Aufgrund der multibetrieblichen Ausrichtung der einzelnen Praktikumsabschnitte haben die Teilnehmer
im Rahmen des Programms die Chance, unterschiedliche Unternehmensgrößen, -typen und deren
spezifische Stärken und Schwächen kennenzulernen sowie mit Problemen konfrontiert zu werden, die
möglicherweise in ihrem späteren Arbeitsbereich auf sie zukommen (vgl. Hamer/
Nicolai, 1982, S. 78).
- 323 -
Durch den mehrfachen Unternehmenswechsel sind die Teilnehmer gezwungen, sich fortlaufend an
andere Betriebe, Unternehmer, Vorgesetzte, andere Belegschaften sowie an die spezifischen
Besonderheiten flexibel anzupassen.
Bei den regelmäßigen Treffen der Programmteilnehmer zu zentralen Bildungsveranstaltungen können sie
auch außerhalb der Seminare über ihre unterschiedlichen Erfahrungen berichten. Durch diese
Bekanntschaften mit Unternehmernachfolgern, die gleiche Interessen verfolgen, mit Seminardozenten
und Programmleitern kann der Erfahrungsaustausch über Entwicklungsperspektiven der Branche,
spezifische Problemlösungen etc. auch über diese Ausbildungszeit hinaus weiterbestehen (vgl.
Hamer/Nicolai, 1982, S. 79).
Gerade der informelle Kontakt zwischen den Seminarteilnehmern wird von vielen als wichtiger
Bestandteil der Schulungsmaßnahmen betrachtet. Oftmals beklagen Lehrgangsabsolventen, daß die
Seminarzeit zu lang sei, die Gruppenarbeit (z.B. Fallbeispiele, Rollenspiele) vernachlässigt werde
und/oder das Rahmenprogramm (z.B. Freizeitmöglichkeiten, Vorträge) die aktive Kommunikation
zwischen den Teilnehmern zu wenig fördere (vgl. Krenzer, 1990, S. 59f).
Vorzüge von theoretischen und praktischen dualen Qualifizierungsprogrammen ergeben sich für alle
beteiligten Interessengruppen.
a) Vorzüge für die Praktikumsteilnehmer
Durch den im Laufe der Zeit gesammelten Erfahrungszuwachs bei den Teilnehmern gewinnen sie
zunehmende Sicherheit gegenüber betrieblichen Situationen und in der Beurteilung von Betriebsproblemen. Die vielfältigen Vergleichsmöglichkeiten, die sie zwischenzeitlich kennengelernt haben, zeigen
ihnen, wie unvollkommen und dennoch äußerst erfolgreich manche Betriebe sein können. Sie erkennen,
daß sie selbst bereits manche Funktionen besser organisieren und leiten können, als dies hier oder dort
geschieht. Durch die wachsende sachliche Unternehmerautorität, verbunden mit dem Wissens- und
Erfahrungszuwachs, erfahren die Beteiligten eine deutliche Mentalitätsveränderung von der
Arbeitnehmer- zur Arbeitgebereinstellung. Damit vollzieht sich sukzessive der Prozeß der persönlichen
Einstufung von Aufgaben von einer Fremd- zu einer eigenen Aufgabe (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S.
85f).
b) Vorzüge für die beteiligten Unternehmen
Durch die Mitarbeit der Programmteilnehmer in den Praktikumsbetrieben werden Unternehmensführung
und Mitarbeiter dazu veranlaßt, bestimmte eingefahrene Betriebsabläufe zu durchdenken und über
Alternativen zu diskutieren. Durch diese externen, neutralen Praktikanten können wertvolle
Denkanstöße bis hin zu grundsätzlichen Veränderungen des Unternehmenskonzeptes, Neueinführung
einer Unternehmensplanung oder erhebliche Verbesserungen betrieblicher Teilfunktionen erfolgen und
dadurch u.U. die betriebliche Leistungskraft erhöht werden (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 86).
c) Vorzüge für den Unternehmer des Praktikumsbetriebs
- 324 -
Die Unternehmer können bei intensiver Kommunikation mit dem neutralen Betrachter wichtige
Informationen über bestimmte Einzelabläufe im Unternehmen, das Verhalten und die Zusammenarbeit
von Mitarbeitern gewinnen und so eingefahrene, vielleicht sonst nicht erkannte Probleme angehen (vgl.
Hamer/Nicolai, 1982, S. 86).
d) Vorzüge für die Belegschaft des Praktikumsbetriebs
Auch für die Mitarbeiter kann der Einsatz von Praktikanten unbestreitbare Vorzüge haben. Sie können
beispielsweise zu neuen Arbeitstechniken, zur Vereinfachung von Arbeitsabläufen oder zu einer
größeren Arbeitssystematik angeregt werden. Teilweise können die Praktikanten solche Veränderungen
ganzer Betriebsabläufe nicht nur initiieren, sondern auch vorbereiten und durchführen (vgl.
Hamer/Nicolai, 1982, S. 87).
Abschließend kann festgehalten werden, daß der Schulungsbetrieb dem Praktikanten nicht nur einen
Erfahrungszuwachs gibt, sondern auch umgekehrt der Praktikant dem Unternehmen einen
Wissenszuwachs bringt. Dabei werden die Teilnehmer i.d.R. für die einzelnen Praktikumsbetriebe um so
wertvoller, je mehr Praktikumsabschnitte sie bereits absolviert haben (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S.
86f).
Ferner wird durch diese umfassende duale Qualifizierung ein gewisser Unternehmernachfolger-Pool
entwickelt, der von der Schulungsinstitution verwaltet werden sollte. Absolventen, die u.U. aus
verschiedenen Gründen die Nachfolge im elterlichen Betrieb noch nicht umgehend antreten können oder
sollen, können dann in Notsituationen (z.B. plötzliche Krankheit bzw. Tod eines
Unternehmers/Geschäftsführers), auf Vermittlung des Instituts, die Unternehmensführung anderer
Autohäuser interimsmäßig übernehmen.
5.2. Empfehlungen für eine idealtypische, systematische Vorbereitung und Durchführung der
Unternehmernachfolge
Wie bereits erwähnt, steht nach verschiedenen Untersuchungen (z.B. Autohaus Studienabteilung (1997),
Aral AG in Verbindung mit dem Autohaus Verlag (1993)) bis zum Jahr 2002 bei etwa 25 Prozent der
fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe in Deutschland die Unternehmensnachfolge an (vgl. Autohaus
Studienabteilung, 1997, S. 5; Aral AG/Autohaus Verlag GmbH, 1993, S. 7). Die Generation, die in den
Nachkriegsjahren die Betriebe aufgebaut hat, erreicht mittlerweile das Rentenalter. Nicht jeder
Unternehmer hat einen geeigneten und gewillten Nachfolger in seiner Familie oder findet einen
entsprechenden Außenstehenden für die Betriebsfortführung (vgl. Neumaier, 1991, S. 5).
In vielen Familienbetrieben gibt es erhebliche Sorgen bei der Nachfolgeregelung. Oftmals sind damit
auch Erwartungen hinsichtlich der finanziellen Altersversorgung der Seniorfamilie (z.B. Verkauf auf
Rentenbasis, Verpachtung) verbunden (vgl. Müller-Golchert, 1995, S. 63; Neumaier, 1991, S. 10f).
- 325 -
Viele mittelständische Unternehmen(-sübergaben) sind daran gescheitert, daß durch Interessenkonflikte,
Erbstreitigkeiten etc. die Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Deshalb ist es
dringend erforderlich, frühzeitig klare Besitz- und Nachfolgeregelungen zu treffen (vgl. Neumaier, 1991,
S. 13f; Ophoff, 1995, S. B2).
Für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge gibt es eine Vielzahl von Alternativen. Die geläufigsten
Nachfolgevarianten sind:
- Übergabe an eigene Kinder, Schwiegersohn/-tochter137, Erben oder Verwandte;
- Übergabe der Geschäftsführung an einen qualifizierten Mitarbeiter oder externen Geschäftsführer (z.B.
Verpachten, Vermieten);
- Umwandlung des Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft (AG, GmbH) unter Einsetzung eines
Geschäftsführers;
- Management Buy-out138;
- Verkauf des Unternehmens (z.B. an große Ketten mit Filialbetrieben)
(vgl. Angermann, 1990, S. 414; Schmid, 1990, S. 17).
Die angeführten Möglichkeiten sind grundsätzlich nur zu realisieren, wenn die Nachfolgeregelung
frühzeitig geplant wird und somit ad hoc- und Zufallsentscheidungen vermieden werden können (vgl.
Schmid, 1990, S. 18).
Jedoch belegen mehrere diesbezügliche Untersuchungen (z.B. Studie der Aral AG und des Autohaus
Verlags, 1993), daß viele mittelständische Kfz-Unternehmensführer keine konkreten Pläne und
Vorstellungen von einer systematischen, zukunftsorientierten Nachfolgekonzeption haben.
Bei der Unternehmensübergabe im Autohaus sind nicht immer nur Vernunftgründe ausschlaggebend.
Oftmals sind die Seniorchefs aus gesundheitlichen Gründen gezwungen, die Geschäftsleitung auf einen
Familienangehörigen oder sogar auf einen Fremdmanager zu übertragen (vgl. Malter, 1984, S. 18).
Grundsätzlich gibt es für die Unternehmensübergabe kein allgemeingültiges Schema, da jeder Fall
anders gelagert ist und die Einflußfaktoren (z.B. Unternehmensgröße, Altersversorgung bzw.
Vermögensverhältnisse der Seniorfamilie, Eigentums-, familiäre Verhältnisse, Wert des Betriebes,
Steuerbelastung, Qualifikation des potentiellen Nachfolgers) zu spezifisch sind (vgl. Hilti, 1991,
137
Während die Eltern von Töchtern in Autohäusern früher vorrangig auf die Wahl des interessierten Schwiegersohnes hofften, gibt es mittlerweile einige positive Beispiele für die erfolgreiche Übernahme der Geschäftsführung durch Frauen (vgl. Malter, 1984, S. 21). Nahezu 15 Prozent der Inhaber bzw. Geschäftsführer von KfzBetrieben sind mittlerweile weiblich (Zahlenangabe laut ZDK, 1997).
138
Beim Management Buy-out (MBO) wird das mittelständische Eigentümer-Unternehmen aufgrund gesundheitlicher, familiärer, persönlicher Gründe oder Nachwuchssorgen an mehrere betriebseigene Führungskräfte
verkauft. Diese Alternative ist insbesondere dann zu erwägen, wenn der Alt-Eigentümer sein Lebenswerk
erhalten sehen möchte. Dabei ist MBO keine Möglichkeit für Unternehmer, ihren heruntergewirtschafteten
Betrieb noch kurz vor der Insolvenz zu verkaufen, da die potentiellen Käufer eingehend die Marktperspektiven
sowie die Bilanzen der vergangenen Jahre analysieren (vgl. Hartmann, 1991, S. 981; Pullig, 1993, S. 102).
- 326 -
S. 512; Neumaier, 1991, S. 9). Trotzdem gibt es gewisse allgemeingültige Komponenten, die für eine
erfolgreiche und konfliktarme Betriebsübergabe an Familienangehörige (Kinder, Erben, Verwandte etc.)
oder Außenstehende (qualifizierte Mitarbeiter, Fremdmanager usw.) berücksichtigt werden müssen.
Darauf wird nachfolgend genauer eingegangen. In Anlage 28 ist zudem ein allgemeingültiges Schema zur
systematischen Überprüfung der Nachfolgeregelung im Kfz-Betrieb abgebildet.
5.2.1. Ablaufschema einer langfristig geplanten, systematischen Nachfolgeregelung
Nachfolgend wird die systematische Vorbereitung und Durchführung der Unternehmensübergabe an
einen Familienangehörigen oder Außenstehenden dargelegt, die darauf ausgerichtet ist, die
Betriebsfortführung langfristig zu gewährleisten. Auf die vielfältigen sachlichen Fragestellungen, die mit
der Nachfolgeregelung verbunden sind, wie beispielsweise
- Testamentgestaltung,
- Fragen zur Rechtsform,
- steuerliche und erbschaftsrechtliche Fragen,
- Bestimmungen aus dem Händlervertrag und
- die finanzielle Absicherung des Seniorchefs,
kann im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen nicht näher eingegangen werden, da die Komplexität
der Thematik den Umfang dieser Arbeit übersteigen würde139.
5.2.1.1.
Grundvoraussetzungen für eine geregelte Nachfolge
a) Frühzeitiges, systematisches Planen der Unternehmernachfolge zur langfristigen Unternehmenssicherung
Zur reibungslosen Unternehmensübergabe und zur langfristigen Sicherung des Fortbestandes des
Unternehmens muß die Nachfolgefrage einschließlich personeller, betriebswirtschaftlicher und rechtlicher
Auswirkungen frühzeitig geplant und umgesetzt werden (vgl. Hilti, 1991, S. 511; Menzl, 1988, S. 30;
Neumaier, 1991, S. 9; Schwaiger, 1992, S. 43). Eine langfristige, systematische Nachfolgeregelung ist
für den weiteren Unternehmensbestand genauso wichtig wie eine umfassende Investitions- und
Finanzplanung.
Es empfiehlt sich, die Nachfolgeplanung schriftlich zu fixieren und rechtzeitig in die Unternehmensstrategie zu integrieren (vgl. Hilti, 1991, S. 512). Damit schafft die Unternehmensführung Klarheit
139
Auf die steuerlichen und rechtlichen Auswirkungen der Unternehmensnachfolge gehen u.a. folgende Publikationen ausführlich ein: Aral AG/Autohaus Verlag GmbH: Studie zur Nachfolgesituation in Autohäusern (unter
wissenschaftlicher Begleitung der Universität Bamberg), Bochum/Ottobrunn 1993; Neumaier, R. F.: Geregelte
Unternehmensnachfolge. Empfehlungen für die Betriebsübergabe, 3., überarb. u. erg. Aufl., Stuttgart 1991,
S. 22ff.
- 327 -
für Familienangehörige, Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner etc. und beugt Spekulationen und
Gerüchten vor (vgl. Menzl, 1988, S. 31; Neumann, 1991, S. 555).
Mit der Nachfolgeregelung werden gerade in Klein- und Mittelbetrieben neben betrieblichen Zielen
(z.B. Sicherung des Fortbestands des Unternehmens und somit der Arbeitsplätze und des Einkommens)
i.d.R. auch private Ziele (z.B. Sicherung des jeweiligen Vermögens, Altersversorgung der
ausscheidenden Unternehmerfamilie) verfolgt (vgl. Neumaier, 1991, S. 5; Neumann, 1991, S. 555).
In der Praxis ist leider häufig festzustellen, daß die Nachfolgeregelung aus vielen Gründen (z.B. Senior
möchte nicht abtreten) oftmals viel zu lange hinausgezögert wird (vgl. Neumann, 1991,
S. 555, Schmid, 1990, S. 16), so daß beim plötzlichen Tod oder Krankheitsfall des Seniorchefs
Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden müssen. Diese lassen meist die entsprechende
Sorgfalt bei der Auswahl des qualifiziertesten Kandidaten vermissen (vgl. Hilti, 1991, S. 514).
Da der abtretende Senior bzgl. der Unternehmernachfolgeregelung kaum eigene Erfahrung hat, ist es
ratsam, Spezialisten (z.B. Personalberater, Rechtsanwälte, erfahrene Verbandsmitglieder bzw.
Schulungsleiter) hinzuzuziehen (vgl. Menzl, 1988, S. 30f; Ophoff, 1995, S. B2).
Zur planvollen, langfristigen Unternehmenssicherung gehört auch, daß für den Notfall (z.B. unerwartete
schwere Krankheit, Unglücksfall oder Tod des Unternehmers) ein geeigneter, meist interner
Stellvertreter vorhanden ist, der kurzfristig die Unternehmensleitung eigenverantwortlich übernehmen
kann. Andernfalls können unvertretbare Gefahren für den weiteren Bestand des Betriebes und die
wirtschaftliche Existenz der Unternehmerfamilie entstehen (vgl. Neumann, 1991, S. 555).
b) Möglichkeiten zur Gestaltung der Unternehmensübergabe
Zur Gestaltung der Unternehmensübergabe an den Nachfolger gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten:
b1) Kurzfristige, abrupte Übergabe
Diese Übergabeart zeichnet sich besonders durch ihre organisatorische Einfachheit aus. Sie reduziert
den Generationskonflikt und die dadurch entstehenden Reibungsverluste (vgl. Menzl, 1988, S. 32). Bei
dieser Vorgehensweise wird dem Nachfolger in einem Zeitraum bis maximal einem Jahr die
Führungsverantwortung komplett übertragen (vgl. Hilti, 1991, S. 517). Die große Gefahr hierbei ist,
daß der Nachfolger, der kurzfristig die gesamte Verantwortung erhält, damit überfordert wird (vgl.
Menzl, 1988, S. 32).
b2) Schrittweise Einführung und Übergabe
Diese Variante ist als die beste Lösung zu bezeichnen, wenn zwischen beiden Generationen ein
ausgesprochen gutes Einvernehmen besteht. Sie verlangt von beiden Seiten Disziplin, Toleranz und
Offenheit. Vor allem muß der Senior bereit sein, auf die Einflußnahme ihm früher zugeordneter bzw.
unterstellter Bereiche und Mitarbeiter zu verzichten und diese sukzessive auf den Nachfolger übertragen
(vgl. Hilti, 1991, S. 517; Menzl, 1988, S. 32). Dabei ist schriftlich zu fixieren, welche Aufgaben und
- 328 -
Kompetenzen für in sich geschlossene Teilbereiche (z.B. Zweigbetrieb, Abteilung) der Nachfolger zu
welchem Zeitpunkt übernimmt.
Leider wird diese kontinuierliche Übergabe speziell in Familienunternehmen selten praktiziert (vgl. Hilti,
1991, S. 517).
b3) Unternehmensübergabe auf längere Sicht
Bei der in der Praxis oft vorzufindenden ungünstigsten Alternative kann der bisherige Stelleninhaber
nach eigenem Ermessen fortlaufend in die Tätigkeiten des Nachfolgers eingreifen. Der ("dominierende")
Seniorchef betrachtet sich als unersetzbar und hält den Nachfolger oft für ungeeignet, das Unternehmen
eigenverantwortlich zu führen. Somit bekommt der designierte Nachfolger keinerlei Chancen, sich selbst
zu entwickeln und zu profilieren (vgl. Hilti, 1991, S. 518; Menzl, 1988, S. 32). Bevor der Nachfolger
die volle Verantwortung übernehmen kann, ist er auf diese Weise bei den Mitarbeitern meist schon als
inkompetent abqualifiziert.
Die langfristige Übergabe von Entscheidungsmacht ist oft gleichbedeutend mit dem Unterlassen einer
planvollen, systematischen Gestaltung der Unternehmernachfolge (vgl. Menzl, 1988, S. 32).
Welche der drei angeführten Varianten im Einzelfall die geeignetste ist, hängt von der unternehmensspezifischen Situation ab. Grundsätzlich ist aber einer überlegten Gestaltung stets der Vorzug
vor einer aufschiebenden Behandlung des Problems zu geben (vgl. Menzl, 1988, S. 32).
Während bei der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten empirischen Erhebung bei dem Fragenblock
“der am geeignetsten beurteilten Art und Weise der Unternehmensübergabe“ die schrittweise
Einführung und Übergabe (innerhalb von 3-5 Jahren) - siehe auch Kapitel 4.2.5.1., Tab. 18 - von
den Befragten eindeutig präferiert wurde, überwiegt in der Praxis die langfristige (“nicht endende“)
Übertragung ohne verbindliche Terminfestlegung (vgl. Müller-Golchert, 1995, S. 64).
c) Einrichtung eines beratenden Gremiums zur Unterstützung des Nachfolgers
Bei der organisatorischen Gestaltung der Unternehmernachfolge sollte ab einer bestimmten
Unternehmensgröße, wenn sie nicht durch die Rechtsform sowieso (z.B. bei Kapitalgesellschaften wie
AG, GmbH) vorgegeben wird, ein Verbindungselement (z.B. Beirat, Aufsichts-, Verwaltungsrat)
zwischen den beiden Generationen installiert werden (vgl. Helmer, 1992, S. 9; Menzl, 1988, S. 34).
In vielen mittelständischen Betrieben ist ein solches Gremium bereits mit Erfolg eingerichtet. Dabei hat
dieser Beirat im Gegensatz zu einem Aufsichtsrat keine vorgegebenen festen Kompetenzen, sondern sie
werden, je nach Situation und Notwendigkeit, unternehmensintern frei ausgehandelt; er muß primär
durch Überzeugung wirken (vgl. Helmer, 1992, S. 9). Der Einfluß des Beirats sollte sich i.d.R.
sukzessive mit dem Hineinwachsen des Nachfolgers in das Aufgabenspektrum verringern.
Ein solches Gremium kann sich zusammensetzen aus kompetenten, nicht (mehr) aktiven Kapitalgebern
bzw. Familienangehörigen und erfahrenen, befreundeten Geschäftspartnern der eigenen Branche oder
anderer Wirtschaftszweige (vgl. Menzl, 1988, S. 34).
- 329 -
Neben der Kontrollfunktion erlangt die Beratungsfunktion dieses Gremiums zunehmende Bedeutung,
und zwar sowohl für die Nachfolgeregelung als auch bei der langfristigen Sicherung der
Unternehmenskontinuität. Nur ein Beirat, der die Unternehmensführung auch strategisch beraten kann,
ist im Notfall (z.B. Ausscheiden, Krankheit oder Tod des Seniors) in der Lage, interimsmäßig die
Kontinuität der Führung sicherzustellen, bis eine dauerhafte Lösung erarbeitet ist (vgl. Albach/Freund,
1989, S. 222).
Es darf aber auch nicht dazu kommen, daß der Senior dem Nachfolger vordergründig volle
Handlungsfreiheit einräumt und gleichzeitig einen Beirat gründet, der die Verantwortung und Kompetenz
so stark einschränkt, daß der Nachfolger nach einiger Zeit frustriert das Unternehmen verläßt. In einigen
Unternehmen endet auch die schrittweise Übergabe der Geschäftsführung damit, daß der Junior
verärgert den angestammten Betrieb verläßt und ein eigenes, häufig erfolgreiches Unternehmen gründet
(vgl. o.V., 1990, S. 58).
Ein Beirat darf allerdings nicht nur Alibifunktionen haben, sondern er muß beispielsweise bei personellen
Entscheidungen, die u.U. im Widerspruch zu den Interessen der Eigentümerfamilie stehen (z.B.
familienfremder Nachfolger), festgeschriebene, auf die Sache bezogene Kompetenzen bzw.
Einwirkungsrechte besitzen (vgl. Bucerius, 1987, S. 183).
d) Qualifikation und Neigung des Nachfolgers
Gerade in Familienunternehmen besteht seitens des Inhabers normalerweise der ("sehnlichste") Wunsch,
daß der Betrieb ("das eigene Lebenswerk") vorrangig von den Kindern, Schwiegerkindern oder
sonstigen Verwandten in der folgenden Generation fortgeführt wird (vgl. Neumaier, 1991, S. 20;
Ophoff, 1995, S. B2), allein schon um das Kapital in der Familie zu behalten. Dabei werden die
persönlichen Interessen sowie die vorhandenen Management- und Führungsqualifikationen des
Nachwuchses oft außer acht gelassen (vgl. Knebel, 1987, S. 377f; Knebel, 1988, S. 6).
Das Nachfolgeproblem läßt sich allerdings nicht mit väterlich autoritärer Erbfolgedisziplin lösen. Es
bedarf intensiver, sachlicher Gespräche zwischen beiden Generationen, evtl. unter Hinzunahme eines
externen Beraters, um die beruflichen Wünsche, die psychologischen Blockaden, die persönlichen
Neigungen sowie die tatsächlich vorhandene Begabung und Eignung bereits vor der beruflichen
Festlegung zu klären (vgl. Angermann, 1990, S. 416; Müller-Golchert, 1995, S. 64). Im Idealfall
- entscheidet sich der potentielle Nachfolger selbst rechtzeitig für eine den zukünftigen Anforderungen
entsprechende Berufsausbildung oder ein Studium,
- stimmt er seinen beruflichen Werdegang auf die später zu übernehmenden Aufgaben ab (z.B.
Volontärzeit in Fremdbetrieben) oder
- besitzt derjenige vor allem die Bereitschaft, Neigung und das Engagement für die Übernahme der
gestellten Aufgaben
(vgl. Angermann, 1990, S. 415f).
- 330 -
Falls der potentielle, geeignete Nachfolger trotz sachlicher Überzeugungsarbeit nicht gewillt ist, die
Unternehmensnachfolge anzutreten, muß frühzeitig die Besetzung der Unternehmensführung mit
qualifizierten externen Bewerbern geplant und durchgeführt werden. Somit können gerade in
Familienbetrieben aufreibende innerfamiliäre Spannungen vermieden und der Fortbestand gewährleistet
werden (vgl. Hahn, 1990(c), S. 769; Müller-Golchert, 1995, S. 65).
Wenn es bei der Nachfolgeregelung in mittelständischen Familienbetrieben vorrangig auf die Erhaltung
des investierten Kapitals, der Arbeitsplätze und die Sicherung des dauerhaften Fortbestandes des
Unternehmens (und des Familienfriedens) ankommt und nicht nur auf den Wunsch zur Erhaltung der
Erbfolge des über Generationen bestehenden Unternehmens, sollte die Überprüfung der Eignung von
natürlichen Erben mit großer Nüchternheit und Sachlichkeit erfolgen (vgl. Angermann, 1990, S. 416f).
Die Tatsache der Verwandtschaft mit dem jetzigen Unternehmer darf keine ausreichende Legitimation
für die Unternehmensnachfolge sein. Für Familienangehörige und externe Bewerber sollten die gleichen
Anforderungen (z.B. fachliche und menschliche Qualitäten) und objektiven Bewertungsmaßstäbe gelten
(vgl. Angermann, 1990, S. 415; Hilti, 1991, S. 515). Es empfiehlt sich, solche Beurteilungen nicht allein
zu treffen, sondern Geschäftsfreunde, Führungskräfte und/oder externe, dem Unternehmen verbundene
Berater bzw. Schulungsleiter einzubeziehen (vgl. Hilti, 1991, S. 515).
Aus dem bisher Angeführten wird deutlich, daß die natürliche Erbfolgeregelung u.U. viele Probleme
aufweist, die durch die Einsetzung eines geeigneten Fremdmanagers umgangen oder neutralisiert werden
können (vgl. Angermann, 1990, S. 416).
5.2.1.2.
Ablaufplan für die Einarbeitung und die Übergabe an den Unternehmernachfolger
Ein allgemeingültiger Ablauf- bzw. Zeitplan für das Einarbeiten des Nachfolgers läßt sich nicht aufstellen,
da dies von zahlreichen Einflußfaktoren abhängig ist (z.B. Gesundheit des Seniors, Vertrautheit und
Qualifikation des Nachfolgers mit den zu übernehmenden Aufgaben, Kenntnis des Beziehungsgefüges).
Auf jeden Fall sollte der Plan mit einigen Stichworten schriftlich festgehalten und verbindlich für beide
Parteien sein (vgl. Menzl, 1988, S. 38).
Die nachfolgenden Abschnitte zeigen mögliche Stufen eines solchen Ablaufplans auf:
a) Verhalten des Seniors bei der Einführung
Der Senior soll eine weitgehendst objektive Einführung des Nachfolgers anstreben, die von persönlichen
Wertschätzungen, Empfindungen und Wunschvorstellungen unbeeinflußt ist. Dabei ist es ratsam, die
junge Generation mit dem Arbeitsbereich, den einzelnen Aufgaben, den Mitarbeitern, Kunden,
Lieferanten, dem (Nicht-)Erreichten, dem Beziehungsgefüge sowie mit den Hintergründen bestimmter
Entscheidungen und Entwicklungen sukzessive vertraut zu machen (vgl. Menzl, 1988, S. 39).
Nach einer gewissen Einführungszeit soll man den Nachfolger eigenständig agieren lassen, damit er sich
entfalten (vgl. Menzl, 1988, S. 47), Erfahrungen sammeln und Sicherheit gewinnen kann.
- 331 -
b) Übergang vom aktiven Führen des Betriebes zum Begleiten des Nachfolgers
Zu dem vorher im Ablaufplan festgelegten Zeitpunkt erfolgt die vereinbarungsgemäße Übergabe der
Unternehmensführung einschließlich aller Kompetenzen, Verantwortungen etc. Je früher dies geschieht,
desto mehr wird ein fallweises Beraten (bei offensichtlichen Problemen) durch den Abtretenden
erwünscht. In dieser Situation zeigt sich auch, ob der zurückgetretene Senior wirklich in der Lage ist,
nur auf ausdrücklichen Wunsch des Nachfolgers helfend einzugreifen, oder ob er versucht, die
Unternehmensleitung wieder an sich zu reißen (vgl. Menzl, 1988, S. 39f).
Dem Junior-Unternehmer muß frühzeitig die Chance gegeben werden, dem Unternehmen durch eigene
Entscheidungen, Strukturen und Konzepte sein persönliches Profil zu geben.
Insbesondere Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und besonders aus betriebsspezifischen oder privaten
Gründen "Privilegierte" (z.B. Fuhrparkleiter bzw. Einkäufer von Großunternehmen, private Freunde des
Seniors) versuchen, den abtretenden bzw. abgetretenen Senior noch zu Entscheidungen zu veranlassen,
vor allem dann, wenn sie mit den Regelungen des Nachfolgers nicht einverstanden sind. Hier muß der
Seniorchef Konsequenz und Selbstdisziplin beweisen (vgl. Menzl, 1988, S. 40f).
Wenn der Alt-Unternehmer nicht bereit ist, sich rechtzeitig aus der Geschäftsleitung zurückzuziehen und
die Verantwortung konsequent und kontinuierlich auf den Nachfolger zu übertragen, darf es ihn nicht
verwundern, wenn das Interesse des engagierten und ehrgeizigen Jung-Unternehmers an dem Betrieb
schwindet. Die Abwanderung zu anderen, möglicherweise Konkurrenzunternehmen ist die logische
Konsequenz aus diesem Verhalten des Seniors. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sollte der SeniorUnternehmer seinen Rückzug aus der Geschäftsleitung dem Nachfolger, den leitenden Beschäftigten,
Geschäftspartnern etc. frühzeitig mitteilen und dann auch einhalten. Auf diese Weise wird der
Nachfolger konsequent an das Aufgabengebiet herangeführt und der Senior-Unternehmer moralisch
dazu verpflichtet, die Phasen des Übergangs einzuhalten (vgl. Neumann, 1991, S. 556).
Die Übergabe der Entscheidungsfunktion und Verantwortung markiert sichtbar den Abschluß der
Einarbeitungsphase (vgl. Menzl, 1988, S. 40).
5.2.1.3.
Vorgehensweise bei der Ablösung des Senior-Unternehmers durch den Nachfolger
Durch das Absolvieren umfangreicher theoretischer Schulungsprogramme (z.B. Seminare für die
verschiedenen Betriebsbereiche, Persönlichkeitsentwicklung, Führungstechnik, Rhetorik), die von den
Automobilherstellern/-importeuren und externen Bildungsinstitutionen vielfältig angeboten werden,
wachsen verständlicherweise bei den Nachfolgern auch die eigenen Vorstellungen über
Verbesserungsmöglichkeiten. Dieser "Tatendrang" beim Nachfolger erfordert vom Senior eine gewiß
nicht einfach zu praktizierende Aufgeschlossenheit und Einfühlungsvermögen bzgl. des erweiterten
Handlungsspielraumes. Er sollte nur dann in konstruktiver Weise korrigieren, wenn es sachlich
unumgänglich ist. Dazu gehört auch, daß dem Junior ein gewisser Fehlerspielraum eingeräumt wird,
- 332 -
damit der Nachfolger eigene Erfahrungen sammeln kann (vgl. Malter, 1984, S. 20). Das Unternehmen
sollte bei der Übergabe wirtschaftlich so konsolidiert sein, daß kleinere Fehler keine gravierenden
(Existenz-)Folgen haben können.
Der Senior wird schnell erkennen, daß der Junior die eine oder andere organisatorische,
führungs- und kundenspezifische Veränderung durchführen wird. Da es in der Praxis stets mehrere
Alternativen gibt, einen Betrieb erfolgreich zu führen, sollte der Senior eine großzügige Einstellung
gegenüber dem Nachfolger walten lassen. Dies ist kein Zeichen von Willensschwäche, sondern eher
Voraussetzung für die erfolgreiche Übergabe der vollen Verantwortung. Ist der Nachfolger fähig, so
wird dieser seinen individuellen Weg und Stil der Unternehmensführung finden und nicht denjenigen des
Vorgängers zu kopieren versuchen. Falls der Nachfolger der Aufgabenstellung nicht gewachsen ist, muß
spätestens zu diesem Zeitpunkt die Auswechselung erfolgen. Liegen seine Fähigkeiten zwischen diesen
beiden Extrempolen, so sollte man ihn gewähren lassen, auch wenn der Betrieb dabei nicht
außerordentlich erfolgreich ist. Dafür erlangen die Führungsnachwuchskräfte längerfristig mehr
Sicherheit und Vertrauen (vgl. Menzl, 1988, S. 40f).
Der Senior muß sich in dieser Phase zunehmend entbehrlich machen und nur noch auf (ausdrücklichen)
Wunsch des Nachfolgers mit Rat und ggf. Tat zur Seite stehen. Wie oft der Nachfolger darum bittet,
hängt sowohl von dessen Fähigkeiten, vom Charakter und Verhalten des Seniors sowie vor allem von
der Harmonie zwischen beiden ab (vgl. Menzl, 1988, S. 41).
5.2.1.4.
Richtiger Zeitpunkt für die Eigentumsübertragung
a) Eigentumsübertragung
Zur Nachfolgeregelung gehört neben der Übertragung der Verantwortung und der freien Handlungsfähigkeit ebenfalls die Regelung des Eigentumsübergangs (vgl. Albach, 1990, S. 16; Menzl, 1988,
S. 42). Daß das Eigentum eines Tages in den Besitz einer anderen Person, Personengruppe oder
Institution übergeht, ist sicher, nur der Zeitpunkt steht nicht fest. Viele abtretende Unternehmer sind zu
Lebzeiten nicht bereit, ihrem Nachfolger das Eigentum vollständig oder auch nur mehrheitlich zu
übertragen und somit einen neuen Eigentümer-Unternehmer zu schaffen (vgl. Menzl, 1988, S. 42ff); dies
geschieht oft aus Sorge um ihre finanzielle Altersversorgung. Diesen Bedenken kann durch
entsprechende Vertragsgestaltung begegnet werden.
b) Zeitpunkt für die Unternehmensübergabe bzw. -nachfolge
Es ist nicht möglich, eine generelle Altersschwelle für den Unternehmensnachfolger anzugeben, da die
individuelle Betriebs- und Nachfolgesituation zu different ist. Es gibt Beispiele, in denen Nachfolger unter
dem Druck der Verhältnisse (z.B. plötzliche, schwere Krankheit oder Tod des Seniors) bereits vor dem
30. Lebensjahr die volle Geschäftsführungsverantwortung erfolgreich übernommen haben. Generell
- 333 -
sollte spätestens bis Mitte/Ende Dreißig die gesamte Verantwortung übernommen worden sein (vgl.
Malter, 1984, S. 21).
Selten sind die Seniorchefs von sich aus bereit, die volle Verantwortung rechtzeitig auf den Nachfolger
zu übertragen. Es finden sich immer wieder Belege dafür, daß Seniorchefs im hohen Alter noch allein ihr
Unternehmen führen und auch nicht bzw. kaum bereit sind, Verantwortung an den teilweise bereits
vierzig- bis fünfzigjährigen Nachfolger abzutreten. Nach ihrer Ansicht können sie im fortgeschrittenen
Alter den Verlust an physischer und nervlicher Belastbarkeit durch Erfahrung, kluges Einteilen der
Kräfte etc. kompensieren (vgl. Malter, 1984, S. 21).
Spätestens vor Erreichen des sechzigsten Lebensjahres sollte der Senior-Unternehmer die Nachfolge
geregelt haben, da die Bereitschaft, grundlegende Entscheidungen zu fällen, danach stark nachläßt. Die
Nachfolgeregelung kann entweder die Übergabe an einen fähigen Junior oder der Verkauf sein, wobei
der Verkauf an betriebseigene Führungskräfte - nach dem mittlerweile häufig praktizierten "Management
Buy-out"-Modell - die kontinuierliche Weiterentwicklung des Unternehmens am ehesten gewährleistet
(vgl. Groeben, 1991, S. 545).
5.2.1.5.
Verminderung möglicher Generationskonflikte durch frühzeitige Planung sinngebender Freizeitaktivitäten seitens des Seniorchefs
Neben dem eigentlichen Altersunterschied zwischen Senior und potentiellem Nachfolger und dem
daraus oft entstehenden Generationskonflikt (z.B. differente Wertvorstellungen, konträre Ansichten und
Maßstäbe) kommt es auch noch zu Konflikten aufgrund der völlig unterschiedlichen Qualifikationen.
Während die Alt-Unternehmer mittelständischer Betriebe überwiegend eine praktische, handwerkliche
oder kaufmännische Vorbildung haben (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 15), hat die jüngere Generation
ihre Kenntnissse über moderne Management- und Führungsmethoden (z.B. strategische Planung,
Controlling, Personalmanagement) häufig an (Fach-)Hochschulen erworben. Somit stoßen
unternehmerischer Pragmatismus und wissenschaftliches Denken aufeinander, wodurch
Meinungsverschiedenheiten unvermeidbar sind (vgl. Schwaiger, 1992, S. 43).
Ferner sind in der Praxis die Senioren oftmals nicht bereit, dem Nachfolger gewisse Freiräume
einzuräumen, um in die Unternehmerrolle hineinzuwachsen. Sie befürchten, daß dieser "ihr Lebenswerk"
zerstört und ggf. ihre Altersversorgung gefährdet (vgl. Groeben, 1991, S. 546; Neumaier, 1991, S. 20).
Doch nur durch selbständiges, eigenverantwortliches Handeln, mit der Möglichkeit, Fehler zu machen
und so Erfahrungen zu sammeln, kann sich der Nachfolger entwickeln. Wenn der Seniorchef den
künftigen Unternehmensführer ständig korrigiert, wird dessen Autorität untergraben und er verliert den
Spaß an der Arbeit (vgl. Neumaier, 1991, S. 20f).
Aus den oben angeführten Gründen sollte sich der Seniorchef noch während seines aktiven
Berufslebens mit der Planung sinngebender, ausfüllender (Freizeit-)Aktivitäten (z.B. Ehrenämter, Reisen,
- 334 -
Photographie, Sport, Musik, Kunst) für die Zeit seines (wohlverdienten) Ruhestandes befassen.
Andernfalls besteht die große Gefahr, daß der aus dem Berufsleben ausgeschiedene Senior sich
langweilt, seine physischen und seelischen Kräfte nicht entsprechend ausgelastet sind und er versucht,
die Handlungen seines Nachfolgers aktiv zu beeinflussen oder sogar die Unternehmensführung wieder
an sich zu reißen (vgl. Menzl, 1988, S. 14f).
Seniorchefs, die sich auf diesen Lebensabschnitt innerlich frühzeitig vorbereiten, werden nach außen hin
größere Gelassenheit und Überlegenheit ausstrahlen und so aktiv mitwirken, ihr Lebenswerk zum
Nutzen aller Beteiligten zu bewahren (vgl. Malter, 1984, S. 21).
5.2.2. Resümee
Gerade in Familienunternehmen, bei denen die gesamte Verantwortungsmacht und Entscheidungsbefugnis auf den Inhaber konzentriert ist, bedeutet der Generationswechsel einen entscheidenden
Einschnitt hinsichtlich der Weichenstellung zwischen Aufgabe oder Fortführung des Unternehmens.
Eine erfolgreiche Nachfolgeregelung liegt im Interesse aller Beteiligten, um sowohl die wirtschaftliche
Existenz der Inhaberfamilie(n) als auch die Arbeitsplätze und somit das Einkommen der Belegschaft zu
sichern (vgl. Malter, 1984, S. 18). Deshalb muß eine Betriebsübergabe langfristig geplant und
durchgeführt werden sowie als vorrangiges Ziel das erfolgreiche Weiterbestehen des Unternehmens
haben. Dafür sind primär objektive Kriterien (z.B. Qualifikation, Fähigkeiten, Neigung) bei der
Nachfolgeentscheidung heranzuziehen und nicht vorrangig private, familiäre Nachfolgerpräferenzen zu
berücksichtigen (vgl. Neumaier, 1991, S. 62f; Ophoff, 1995, S. B2). Durch Fehlbesetzungen,
Interessenkonflikte, Erbstreitigkeiten etc. können irreparable Schäden entstehen, die schlimmstenfalls zur
Insolvenz des Unternehmens führen können. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, frühzeitig klare
Besitz- und Nachfolgeregelungen zu treffen (vgl. Neumaier, 1991, S. 13f).
Um einen reibungslosen Unternehmensübergang unter Vermeidung der oftmals massiven Generationskonflikte zu erreichen, empfiehlt es sich, für die Übergangsphase eine für beide Seiten tragbare und
einvernehmliche Zusammenarbeit zu verwirklichen (vgl. Malter, 1984, S. 21).
Der bisherige Unternehmensführer muß sich nach und nach immer mehr aus der eigentlichen
Verantwortung zurückziehen und dem Nachfolger nur noch bei Bedarf als erfahrener Fachmann
behilflich sein. Nur so hat der Nachfolger die Chance, eigene Ideen und neue Vorstellungen zu
verwirklichen, Erfahrungen und Entscheidungssicherheit zu erlangen, Fehler selbst zu machen und bei
Zweifeln auf den Erfahrungsschatz des Seniors zurückzugreifen.
Ein Betrieb ist nicht geeignet für die Austragung von Generationskonflikten und darf nicht zum
Betätigungsfeld zwischen Tradition, Erfahrung sowie Innovation, Kreativität etc. werden. Gegenseitiges
Verständnis, Achtung und Toleranz sind die besten Voraussetzungen für einen konfliktarmen Übergang
- 335 -
von einer Generation zur nächsten (vgl. Neumann, 1991, S. 560). Dabei kann die Unterstützung
externer Fachleute äußerst hilfreich sein.
Der Senior sollte sich frühzeitig um eine betriebsunabhängige Altersversorgung, beispielsweise durch
Vorsorgesparen, Immobilien oder andere Kapitalanlagen kümmern. Je unabhängiger die finanzielle
Absicherung vom Unternehmen ist, desto leichter fällt ihm die Betriebsübergabe (vgl. Neumaier, 1991,
S. 63).
Eigentümer-Unternehmer sollten ihre(n) Tochter/Sohn oder andere Verwandte nicht zum Nachfolger
bestimmen, wenn sie/er dazu nicht qualifiziert ist bzw. kein Interesse an den anspruchsvollen und
herausfordernden Aufgaben hat. Damit schadet der Senior sowohl dem Unternehmen als auch der
Familie und deren Besitz sowie der Belegschaft (vgl. Hilti, 1991, S. 516).
Abschließend ist festzuhalten, daß in der Kfz-Händlerschaft ein großer Informations- und Handlungsbedarf über die Vorgehensweise für einen reibungslosen Generationsübergang besteht. Die
grundsätzliche Bedeutung der Thematik wird zwar erkannt und akzeptiert, oft fehlt jedoch die Kenntnis
aller Aspekte und Zusammenhänge eines zukunftssicheren, strategischen Nachfolgekonzeptes. Meistens
wird die systematische Vorbereitung (viel) zu spät begonnen. - Dabei ist die erfolgreiche
Unternehmensübergabe eine der anspruchsvollsten unternehmerischen Aufgaben.
5.3. Vorschlag eines mittelstandsorientierten, branchenspezifischen Studiengangs für Nachwuchskräfte unter Berücksichtigung der Problembereiche der heutigen Berufs- und
(Fach-)Hochschulausbildung
5.3.1. Allgemeine Defizite der heutigen Berufs- und (Fach-)Hochschulausbildung für
zukünftige mittelständische Unternehmensführer
Ein genereller Nachteil der heutigen Berufs- und auch (Fach-)Hochschulausbildung besteht darin, daß
die künftigen Führungskräfte ausschließlich ein Fachgebiet als Techniker, Handwerker, Kaufmann etc.
erlernen oder Ingenieur-, Sozial-, Wirtschafts-, Rechtswissenschaften usw. studieren. Dadurch haben
sie vermeintlich in dem jeweiligen Fachgebiet profunde Kenntnisse. Wie man jedoch mit anderen
Menschen (z.B. Mitarbeitern, Geschäftspartnern, Kunden) umgeht und diese erfolgreich und
zielbezogen beeinflußt, wie man fachübergreifend denkt, koordiniert, zukunftsorientierte strategische
Entwürfe konzipiert, komplexe Problemstellungen strukturiert etc. ist ihnen, wenn überhaupt, nur
theoretisch vermittelt worden. Diese Führungs- und Persönlichkeitsdefizite der Nachwuchskräfte
müssen daher durch Fortbildungsmaßnahmen behoben werden (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 53).
Durch den Einsatz entsprechender praxisorientierter Lehrmethoden (z.B. Diskussionsrunden,
Fallstudien, Unternehmensplanspiele, praxisbezogene Diplomarbeiten) können die Fachhochschulen und
- 336 -
Universitäten während des Studiums auf den Praxiseintritt vorbereiten und somit den Berufseinstieg für
die Absolventen vereinfachen. Dies erscheint derzeit aufgrund der anhaltenden Überfüllung der
Hochschulen genauso wenig durchführbar wie die Persönlichkeitsformung der künftigen Führungskräfte
durch entsprechende Lehrveranstaltungen. Dafür sind individuelle Kontakte zwischen Studenten und
Hochschullehrern sowie persönliche Beeinflussung von Studierenden notwendig (vgl. Alewell, 1989, S.
102).
Dies erfordert bei den Professoren die Bereitschaft, die Studenten über den zu vermittelnden Lehrstoff
hinaus zu betreuen, zu unterstützen (coachen) und vermehrt pädagogische Fähigkeiten.
Ein weiteres wirksames Instrument, um eine engere Zusammenarbeit zwischen Hochschule und
Wirtschaft sowie einen größeren Praxisbezug der Lehre zu erreichen, ist die Einladung erfahrener
Praktiker zu speziellen Lehraufgaben an die Universität (vgl. Alewell, 1989, S. 104).
Die meisten deutschen Universitäten und Fachhochschulen sind im Gegensatz zu den amerikanischen
Studieneinrichtungen nicht in der Lage, eine umfassende Management-Ausbildung anzubieten. Einerseits
fehlt es an dem notwendigen engen Kontakt zur Praxis und andererseits werden die zur speziellen
Ausbildung benötigten Lehrmethoden, die einer aktiven Mitarbeit der Führungskräfte förderlich sind
(z.B. Rollen-, Planspiele), bisher noch zu selten eingesetzt. Größtenteils herrscht vorrangig der
dozierende Lehrstil vor (vgl. Korndörfer, 1990, S. 406).
Daß das deutsche Bildungssystem der Reform bedarf, zeigt auch der Umstand, daß ausländische
Bildungseliten zum Studium vor allem nach Amerika und immer weniger nach Deutschland gehen.
Obwohl die Führungsfähigkeit ein immer entscheidenderes Anforderungskriterium zukünftiger
Führungskräfte wird, gibt es bisher an deutschen (Fach-)Hochschulen kaum Lehrveranstaltungen zur
berufsvorbereitenden Führungsausbildung (vgl. Ackermann, 1987(b), S. 605). Die deutschen
Hochschulen sehen "nicht ihre primäre Aufgabe darin, unternehmerische Führungskräfte auszubilden"
(Korndörfer, 1990, S. 406).
Somit können erst durch den Besuch entsprechender Trainingsveranstaltungen zum Thema
Führungsverhalten, Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikation, Gruppenverhalten etc. diese
Bildungsdefizite im Umgang mit Mitarbeitern langsam abgebaut werden (vgl. Lüke, 1991, S. 45).
Spezielle Führungskräftetrainings werden in Deutschland zum einen von den Großunternehmen selbst in
Form von Trainee-Programmen, Assistenten- oder Sachbearbeitertätigkeiten sowie zum anderen von
Weiterbildungseinrichtungen der Verbände, Innungen etc. und von kommerziellen Bildungseinrichtungen
(z.B. private Unternehmens-, Personalberater) durchgeführt (vgl. Ackermann, 1987(b), S. 603; Weber,
1987, S. 316).
Ein gewisser Trend zum größeren Praxisbezug ist inzwischen ebenfalls an den meisten deutschen (Fach)Hochschulen festzustellen. Grundsätzlich wird an deutschen Fachhochschulen und auch wieder
vermehrt an Universitäten von den Studenten das Absolvieren von Praxissemestern im Rahmen des
Ausbildungskonzeptes verlangt; dieses geschieht in Anlehnung an das erfolgreiche "duale System" (Beruf
- 337 -
und Schule) der Facharbeiterausbildung und der Sonderausbildungsgänge für Abiturienten in der
Wirtschaft. An einigen europäischen Hochschulen (z.B. Wissenschaftliche Hochschule für
Unternehmensführung (WHU) in Koblenz, Private Universität Witten/Herdecke) gehören bereits
Praxissemester im In- und Ausland zum eigentlichen Lehrprogramm.
Im Gegensatz zu den meisten deutschen (Fach-)Hochschulen bieten einige US-amerikanische Business
bzw. Graduate Schools (z.B. Stanford University, Michigan University) und auch renommierte
europäische Hochschulen (St. Gallen, INSEAD-Fontainebleau, Private Hochschule für
Unternehmensführung in Koblenz usw.) neben dem eigentlichen Lehrprogramm spezifische
Bildungsangebote für derzeitige und zukünftige Manager an (vgl. Malik, 1987, S. 87; Weber, 1987, S.
316). Diese Ausbildungskonzepte sind ganzheitlich, konzeptionell und entscheidungsorientiert
ausgerichtet (vgl. Korndörfer, 1990, S. 406; Malik, 1987, S. 87), fördern das für Führungskräfte so
wichtige Führungsverhalten (vgl. Ackermann, 1987(b), S. 603), sind durch internationale
Kooperationen zwischen Campus und Wirtschaft stärker praxisorientiert und forcieren die aktive
Mitarbeit der Studenten durch den Einsatz entsprechender Lehrmethoden wie Fallstudien, Planspiele
etc. (vgl. Korndörfer, 1990, S. 40). An den meisten dieser Hochschulen sind 2-3 Auslandssemester
fester Bestandteil der Studienordnung. Ferner bieten sie fortlaufende Trainings- und
Entwicklungsveranstaltungen auch für erfahrene Führungskräfte (sog. Senior Executive Programs) an
(vgl. Mische, 1989, S. 44).
5.3.2. Fehlende systematisch abgestimmte, duale Schulungsangebote an (Fach-)Hochschulen
und anderen Bildungsinstituten für die Nachfolger
Im Gegensatz zu ihrer gesellschaftspolitischen und gesamtwirtschaftlichen Bedeutung werden
mittelständische Betriebe sowohl in der Forschung als auch in der Lehre vernachlässigt (vgl. Brinkmann
et al., 1983, S. 74; Lachnit, 1989, S. 1; Sertl, 1985, S. 127). Nahezu die gesamte wissenschaftliche
Literatur wie auch die (Fach-)Hochschulvorlesungen zur allgemeinen Betriebswirtschaftslehre und
speziell zur systematischen Unternehmensführung sind auf die Probleme großer (Industrie-)Unternehmen
ausgerichtet und nicht vorbehaltlos auf Klein- und Mittelbetriebe transformierbar (vgl. Gutersohn, 1986,
S. 35; Hamer/Nicolai, 1982, S. 10; Holzer, 1989, S. 5; Kemmetmüller, 1986, S. 52; Knebel, 1987, S.
374; Lachnit, 1989, S. 1ff; Sertl, 1985, S. 127).
Auch die personalwirtschaftliche Literatur bezieht sich vorwiegend auf die Bedingungen in Großunternehmen. Daß in kleineren und vor allem in mittleren Betrieben trotz vergleichsweise größerer
Transparenz auch Personal- und Führungsprobleme auftreten können, wird kaum erörtert. Dabei ist
gerade in dieser Unternehmensgröße die zielgerichtete Mitarbeiterführung ein wichtiger strategischer
Erfolgsfaktor (vgl. Thies/Weber, 1993, S. 314).
- 338 -
Die spezifische Unternehmensführung in mittelständischen Betrieben wird hauptsächlich in populärwissenschaftlichen Beiträgen behandelt. Bisher fehlt jedoch noch eine umfassende, detaillierte und
praxisorientierte Darstellung (vgl. Kemmetmüller, 1986, S. 52).
Die Notwendigkeit einer effektiven Unternehmensführung in mittelständischen Unternehmen ergibt sich
u.a. aus der Betrachtung der Insolvenzursachen. Neben dem oft angeführten Eigenkapitalmangel werden
insbesondere unternehmerische Führungsschwächen (z.B. Defizite in der Anwendung
betriebswirtschaftlicher Methoden und Instrumente, mangelnde Führungsinformationen, ungenügende
unternehmerische Planung, keine optimale Nutzung der EDV-Möglichkeiten, falsche Personalplanung)
als Grund angeführt (vgl. Lachnit, 1989, S. 1f; Zander, 1994,
S. 15f). Dieses ist in erster Linie damit zu erklären, daß sich mittelständische Unternehmer bzw.
Geschäftsführer oft von delegierbaren Routinearbeiten und vom operativen Tagesgeschäft zu stark
einspannen lassen und dann keine Zeit mehr für die dispositiven, eigentlichen Managementaufgaben wie
Planung, Organisation, Mitarbeiterführung und Kontrolle haben (vgl. Schmidt, 1983, S. 178f).
Anstelle der bisher vorrangig auf Großunternehmen ausgerichteten Vermittlung wissenschaftlicher
Beurteilungsfähigkeit und Wissenstiefe in den einzelnen Funktionsbereichen (z.B. Unternehmensführung,
Marketing, Personalmanagement) müssen aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung und der Vielzahl
mittelständischer Unternehmen einige deutsche (Fach-)Hochschulen dazu übergehen, vermehrt
kombinatorische Fähigkeiten zu schulen, um die Wissensbreite und praktische Entscheidungsfähigkeit
der Studenten zu fördern (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 10).
Einige wenige (Fach-)Hochschulen (z.B. Universität Lüneburg, Fachhochschule Gelsenkirchen, Private
Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz) sowie in erster Linie staatliche und kommerzielle
Bildungsinstitute (z.B. Industrie- und Handels-, Handwerkskammern, private Managementinstitute)
bieten bereits spezifische Vorlesungen, Seminare, Workshops und/oder komplette
Qualifizierungsprogramme über Management- und Führungsaufgaben speziell für Unternehmer(nachfolger), Führungs-(nachwuchs-)kräfte etc. in mittelständischen Betrieben an (vgl. Holzer, 1989, S.
1ff). Dabei ist es wünschenswert, daß (Fach-)Hochschullehrer und mittelständische Unternehmer bzw.
Geschäftsführer im laufenden Erfahrungsaustausch stehen. Nur so können eine für beide Seiten
erfolgversprechende Verbindung zwischen Wissenschaft und Betriebspraxis erreicht und die Studenten
auf ihre speziellen zukünftigen Aufgaben in Klein- und Mittelbetrieben gezielter vorbereitet werden (vgl.
Knebel, 1987, S. 375).
Gewisse Verbesserungsansätze zur praxisorientierten, branchenbezogenen Qualifizierung sind in den
letzten Jahren in verschiedenen Wirtschaftsbereichen (z.B. Automobilwirtschaft, Sportökonomie,
Touristikbranche, Versicherungswesen) u.a. durch die Einrichtung diesbezüglicher Studiengänge
gemacht worden. Dadurch versucht man, die branchenbezogene Ausbildung sowie die Zusammenarbeit
zwischen Theorie und Praxis speziell in diesen Bereichen zu intensivieren.
- 339 -
5.3.3. Vorschlag für einen dualen Studiengang zur Vorbereitung der Nachwuchskräfte auf die
Führungsaufgaben in kleinen und mittleren Kfz-Betrieben
Um die Unternehmernachfolger wie auch sonstigen Führungsnachwuchskräfte (z.B. Betriebs-,
Abteilungsleiter) in mittelständischen Unternehmen, speziell in Autohäusern, zielgerichtet auf die
zukünftigen, immer komplexeren Arbeitsanforderungen vorzubereiten, erscheint es sinnvoll,
branchenspezifische, duale Ausbildungsgänge für diese Zielgruppe einzuführen.
Diese können je nach Detaillierungsgrad, wissenschaftlicher Ausprägung etc. an einer (Fach-)
Hochschule, an einer Bundesfachschule oder an einem anderen Bildungsinstitut eingerichtet werden. Die
nachfolgenden Ausführungen gelten für ein 8-9 Semester umfassendes betriebswirtschaftliches
Fachhochschul- bzw. Universitätsstudium einschließlich verschiedener Praktika. Gerade die
Fachhochschulausbildung kann dabei einen stärkeren Praxisbezug aufweisen.
In der ersten Phase dieser Ausbildung (sog. Grundstudium) soll den Teilnehmern innerhalb von ca. zwei
Semestern (schwerpunktmäßig) ein breites Grundlagenwissen über die allgemeinen (Fach-, Sach)Aufgaben, Leistungen, Tätigkeiten etc. in mittelständischen Unternehmen vermittelt werden. Danach
können sie für ca. sechs Monate in die Betriebspraxis gehen, um Eindrücke und Erfahrungen in den
verschiedenen Unternehmensbereichen zu sammeln. Dabei können sie, entsprechend ihren persönlichen
Neigungen, Begabungen, Zielsetzungen, Kenntnissen, Fertigkeiten etc. in der Praxis feststellen, für
welche spezialisierten Tätigkeitsbereiche sie sich primär interessieren und eignen. Diese Fachbereiche
sollen sie dann im Hauptstudium als Wahlschwerpunktfächer belegen (in Anlehnung an Brinkmann et al.,
1983, S. 84).
Daran würde sich die zweite, berufsvorbereitende Ausbildungsphase (etwa ab dem 4. Semester)
anschließen, die der Anfang des periodischen Wechsels von wissenschaftlicher Ausbildung und
praktischer Berufsausübung ist (vgl. Brinkmann et al., 1983, S. 84). In diesem Bildungsabschnitt ist es
empfehlenswert, den potentiellen Nachfolgern u.a. effektive Führungs- und Arbeitstechniken von
Unternehmensführern (z.B. situatives Führungsverhalten, Kommunikationsfähigkeit, Zeit- und
Selbstmanagement, Rhetorik, Persönlichkeitstraining) zu vermitteln, die in andere Fachveranstaltungen
nicht integrierbar sind.
Gerade in Klein- und Mittelbetrieben sind aufgrund des meist engen persönlichen Kontaktes zwischen
der Unternehmensführung, den Führungskräften und sonstigen Mitarbeitern richtiges Führungsverhalten
und kommunikative Fähigkeiten entscheidende Faktoren für das Betriebsklima und letztlich für den
gesamten Unternehmenserfolg (vgl. Zander, 1994, S. 16). Untersuchungen haben ergeben, daß
beispielsweise Führungskräfte bis zu 80 Prozent ihrer Arbeitszeit mit verbaler Kommunikation im
weitesten Sinne (z.B. persönliche Gespräche, Besprechungen, Telefonate) verbringen (vgl. Rosenstiel,
1991(a), S. 4; Rosenstiel, 1991(b), S. 56). Deshalb benötigen zukünftige Unternehmensführer eine
- 340 -
intensive Schulung ihrer sozialen Kompetenzen, wie Führen von Mitarbeiter- und Kundengesprächen,
sprachliche Ausdrucksfähigkeit, Auftreten und persönliche Ausstrahlung.
Diese Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen dürfen nicht mehr vorrangig mittels der bisher
verbreiteten Einweg-Kommunikation, d.h. Vortrag, Referat etc. vermittelt werden, sondern sind durch
praxisnahes Einüben in Form moderner, aktivierender Simulationsverfahren (z.B. Rollenspiel, Fallstudie,
Gruppenarbeit) zu schulen (vgl. Brinkmann et al., 1983, S. 85). Danach ist es ratsam, diese
Qualifikationen in den Betrieben durch
- Kurzvorträge im Rahmen von (Abteilungsleiter-)Besprechungen,
- Assistentenstellen bei Fachkräften, Abteilungsleitern und/oder Geschäftsführern sowie
- Stellvertretungen des Projekt-, Qualitätszirkel- und/oder Abteilungsleiters
praxisnah anwenden zu lassen, denn die praktische Umsetzung des Gelernten gelingt am besten durch
intensives Üben (Trainieren) in der Berufspraxis.
Im vorrangig branchenspezifisch ausgerichteten Hauptstudium (etwa ab dem 5. bzw. 6. Semester) soll
der Absolvent innerhalb von ca. 2-3 Semestern in die allgemeinen Managementkenntnisse für
Unternehmensführer wie strategische Unternehmensführung, strategisches Personalmanagement,
organisatorische Gestaltung usw. speziell in mittelständischen Kfz-Betrieben eingewiesen werden.
Da mit zunehmender Komplexität der Unternehmensaufgabe die strategisch ausgerichtete Planung
immer erfolgsrelevanter wird, müssen analytisches Denken und Handeln, konzeptionelle Fähigkeiten und
Abstraktionsfähigkeit den größten Raum aller formalen Fähigkeiten im Lehrplan erhalten (vgl.
Brinkmann et al., 1983, S. 86).
Im letzten Semester ist es empfehlenswert, daß die Studenten eine praxisorientierte Examensarbeit
anfertigen, in der sie, im Einverständnis mit den Unternehmen, auf evtl. festgestellte Defizite in einem der
von ihnen besuchten Praktikumsbetriebe näher eingehen (z.B. Probleme bei der strategischen Planung,
der Ablauforganisation des Betriebes oder einzelner Abteilungen, der Leistungsmotivation der
Mitarbeiter, dem Führungsverhalten des Seniorchefs) und Verbesserungs- bzw. Lösungsvorschläge
erarbeiten. Somit erhalten diese Unternehmen für den zusätzlichen Arbeits- und Ausbildungsaufwand als
“Entschädigung“ u.U. eine gewisse Gegenleistung.
Durch diese engere Zusammenarbeit zwischen (Fach-)Hochschule und Wirtschaft entstehen anstelle
standardisierter Lehrpläne spezielle, auf die spezifischen und wechselnden Bedürfnisse der Branche
ausgerichtete Lehrangebote sowie entsprechend zielgerichtete, systematische Schulungsmaßnahmen am
Arbeitsplatz.
Die Vorlesungen, Übungen, Kolloquien etc. an der (Fach-)Hochschule sind durch regelmäßige
Vorträge von Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik zu ergänzen. Ferner ist es ratsam, Seminare
mit erfahrenen Praktikern abzuhalten, um den Studenten die Möglichkeit einzuräumen, über Probleme
- 341 -
bei der Umsetzung des Wissensstoffes in die Berufspraxis zu diskutieren und somit ein Feedback zu
erhalten.
Zur Erweiterung des Betrachtungshorizontes empfehlen sich des weiteren Auslandssemester und/
oder -praktika, um andere Ausbildungsschwerpunkte, Wettbewerbskonstellationen, Führungsverhalten/-methoden, (Lebens-)Kulturen, Kundenmentalitäten etc. kennenzulernen.
Dieser kurz erläuterte duale Studiengang soll als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Berufspraxis
fungieren sowie als Sprungbrett dienen, daß aus dem Praktikanten von heute der Arbeitgeber von
morgen wird. Ein solches zweigeteiltes Studium darf generell nicht länger dauern als das gegenwärtige,
durch Praktika kaum unterbrochene Studium.
Überlegenswert ist auch ein kooperativer, etwa 5½-jähriger dualer Studiengang, bei dem die
Absolventen nicht nur das Fachhochschuldiplom, sondern zusätzlich den Abschluß in einem anerkannten
Ausbildungsberuf (z.B. Automobilkaufmann) erwerben können. Diese neuartige Studienmöglichkeit mit
fortlaufendem Wechsel der Lernorte Fachhochschule und Betrieb während der gesamten Studienzeit
präferieren u.a. die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Industrieund Handelstag (DIHT) als zukunftsorientierte, duale Qualifizierung für Führungsnachwuchskräfte.
Nach Abschluß des Studiums ist anzuraten, daß der Nachfolger zur Vertiefung seiner praktischen
Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen sowie zur Erlangung weiterer Berufs- und
Handlungserfahrung eine mindestens 1½- bis 2-jährige berufspraktische Tätigkeit in mehreren
Autohäusern absolviert. Dabei soll es sich sowohl um Partnerhändler der gleichen Marke(n) als auch
anderer Fabrikate, wie im familieneigenen bzw. Stammbetrieb, handeln. Nach und nach kann dann die
eigenverantwortliche Übernahme von Sach- und Führungsaufgaben erfolgen.
Begleitend zu der praktischen Tätigkeit ist es vorteilhaft, wenn der Nachfolger ergänzende
Fortbildungsveranstaltungen eines kfz-handelsorientierten An-Instituts der (Fach-)Hochschulen, des
vertragsgebundenen Herstellers/Importeurs und/oder sonstiger Bildungsinstitute besucht. Innerhalb
dieser Zeit ist auch ein 3- bis 4-monatiges Auslandspraktikum in einem Kfz-Betrieb zu empfehlen.
Detaillierte Ausführungen über die mögliche Gestaltung und die Lerninhalte eines solchen dualen
Qualifizierungsprogramms - nach erfolgreich absolvierter Berufsausbildung und/
oder nach Abschluß eines Studiums - sind im vierten Kapitel dargelegt.
Im Anschluß daran ist es empfehlenswert, den Nachfolger, falls der Senior in absehbarer Zeit gewillt ist,
die Unternehmensführung abzugeben, voll verantwortlich als Abteilungsleiter oder
- falls vorhanden - als (zunächst stellvertretender) Betriebsleiter einer Filiale einzusetzen. Spätestens
nach zwei Jahren ist daraufhin die komplette Geschäftsführung einschließlich aller dispositiven Aufgaben,
Verantwortungen etc. an den Nachfolger zu übergeben. Damit wird dann der Eintritt in die
Geschäftsführung endgültig vollzogen.
- 342 -
Durch diesen systematischen, branchenspezifischen und dualen Ausbildungsweg gelangen, ähnlich wie in
den USA, theoretisch und vor allem praktisch gut vorbereitete Führungs-(nachwuchs-) kräfte
wesentlich jünger in verantwortungsvolle Positionen. Bisher herrscht in Deutschland eine allgemein recht
theoretische und lange Ausbildungskonzeption vor. Beispielsweise hat in den USA eine 27- bis 30jährige Führungsnachwuchskraft neben einem kaufmännischen oder technischen Degree eine zusätzliche
MBA- oder ähnliche Managementausbildung und ebenfalls fünf Jahre praktische Berufserfahrung (vgl.
Mische, 1989, S. 44).
Dem Verfasser dieser Arbeit ist bewußt, daß dieser Vorschlag für eine Studienreform hinsichtlich eines
systematischen, branchenbezogenen und dualen (Fach-)Hochschulstudiums mit integrierter, darauf
abgestimmter Praktikantentätigkeit in mehreren Autohäusern sowohl finanziell als auch organisatorisch
schwierig zu realisieren ist. Doch erscheint es höchst fraglich, ob den mittelständischen Unternehmen und
speziell den Kfz-Betrieben zukünftig damit geholfen ist, daß die Unternehmernachfolger und
Führungsnachwuchskräfte (z.B. Abteilungs-, Betriebsleiter) im zunehmenden Maße eine umfassende,
(wirtschafts-)theoretische Schul- und (Fach-)Hochschulausbildung absolvieren, deren Vorlesungs- und
Lerninhalte sowie -schwerpunkte jedoch nur bedingt auf die Spezifika dieser Unternehmensgröße und
Branche übertragbar sind. Die große Zahl der gescheiterten Nachfolgeregelungen unterstreicht diese
Auffassung.
Erste Schritte zu einem branchenbezogenen Studium sind bereits durch die Einrichtung des Wahlpflichtfaches “Automobilwirtschaft“ im Hauptstudium sowohl an der FH Nürtingen als auch an der
Universität Bamberg vollzogen worden. Allerdings fehlt noch die systematische, integrative Umsetzung
des theoretisch vermittelten fach- und führungsbezogenen Lehrstoffes in die berufliche Tätigkeit in einem
Kfz-Betrieb, um praktische Erfahrung, Handlungs- und Verhaltenssicherheit zu gewinnen.
Ob diese Koordinationsaufgaben zwischen Wissenschaft und Berufspraxis von den jeweiligen
Lehrstühlen organisiert werden können, erscheint zweifelhaft. Vielleicht könnte diese wichtige Aufgabe
von angeschlossenen Instituten oder vom ZDK als fabrikats- und händlerübergreifende Institution
übernommen werden.
Es ist zu überlegen, ob nicht im Rahmen der immer wieder von den zuständigen Bildungsgremien
angesprochenen Studienreform das Fachhochschulstudium generell noch stärker berufs-, wenn nicht
sogar branchenorientiert und somit praxisnäher ausgerichtet werden sollte.
Eine stärkere branchenbezogene, duale Ausbildung könnte auch durch den weiteren Ausbau der
Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft für Abiturienten forciert werden (siehe auch Kapitel 2.3.).
Dafür würde sich beispielsweise die Einrichtung einer dreijährigen Ausbildung zum Betriebswirt (BA)
anbieten, die speziell auf die Belange des Kfz-Gewerbes auszurichten wäre. Diese verkürzte
Studienform mit direkter Verzahnung zwischen theoretischen Lerninhalten, die in der Akademie
vermittelt würden, und praktischer Anwendung in den Ausbildungsbetrieben, würde insbesondere für
Führungsnachwuchskräfte kleinerer Autohäuser (weniger als 25 Mitarbeiter) eine interessante
- 343 -
Alternative darstellen. Die in dieser Arbeit ermittelten Untersuchungsergebnisse unterstreichen diese
Forderung (siehe auch Kapitel 4.2.4.1., Tab. 7: Bevorzugte Berufsausbildung). Fraglich ist nur, ob der
Staat die Entscheidungsfähigkeit und die finanziellen Mittel aufbringen kann, um diese Studienreformen
durchzuführen und damit die derzeit überfüllten Hochschulen zu entlasten.
- XX -
Anlage 1:
Übersicht zu den Ausbildungsverordnungen für
Kfz-Mechaniker/-innen und Kfz-Elektriker/-innen
Kfz-Mechaniker/-innen
Lehrzeitdauer
3,5 Jahre
Ausbildungsstätten:
a) Ausbildungsbetrieb
(Azubis werden von
Gesellen, Meistern usw.
angeleitet;
teilweise betriebsinterne
Schulungen)
b) Berufsschulunterricht
(nach bundeseinheitlichen
Rahmenlehrplänen;
wöchentlich ca. 11-13 Std.)
dto.
Praktische Vermittlung von
Kenntnissen und Fertigkeiten
über die Ausbildungsinhalte:
Instandsetzen, Inspizieren und
Warten sowie Ausrüsten von
Kraftfahrzeugen einschließlich
Anhängerfahrzeugen
· Bereichsübergreifender Bereich
(Deutsch, Politik, Religion, Sport)
· Berufsbezogener Bereich
ab 2. Ausbildungsjahr:
· Wirtschafts-u. Betriebslehre
· Fertigungs- und Prüftechnik
· Steuerungs-u. Regelungstechnik
· Technische Kommunikation
· Kraftfahrzeugsystemtechnik
· Wahlbereich (PC-/EDV-, Fremdsprachenkurse etc.) nach Bedarf
und Möglichkeiten der Schule
c) Überbetriebliche Ausbildung
(Lehrgänge)
Dauer: jeweils 1-2 Wochen
· Grundlehrgang "Einführung in
die Metallbearbeitung"
· Neuzeitliche Verfahren der Meßu. Prüftechnik an Motoren;
Diagnosearbeiten
· Neuzeitliche Prüf-, Meß- u.
Bearbeitungsverfahren der
Motorinstandsetzung: Prüfu. Einstellarbeiten an DieselAggregaten
· Neuzeitliche Verfahren der
Bremsenprüfung und -teilbearbeitung
· Dünnblechschweißen
· Grundlagen der Elektrotechnik
Zwischenprüfung
(vor Ablauf des 2. Ausbildungsjahres)
Praktische (2 Prüfungsstücke,
3 Arbeitsproben - von
jeweils maximal 3-4
Stunden) und schriftliche Prüfung
Abschlußprüfung
(=Handwerksgesellenprüfung)
a) Praktische Prüfung
b) Schriftliche Prüfung
3 Prüfungsstücke (max. 3 Std.)
4 Arbeitsproben (max. 5 Std.)
Fachbereiche:
· Technologie
· Arbeitsplanung
· Mathematik
· Wirtschafts- u.
Sozialkunde
(2 Std.)
(2 Std.)
(1 Std.)
Praktische Vermittlung von
Kenntnissen und Fertigkeiten
über die Ausbildungsinhalte:
wie links, jedoch vorwiegend an
elektronischen Systemen sowie das
Installieren elektrischer Leitungen
dto.
· Berufsbezogener Bereich
ab 2. Ausbildungsjahr:
wie links,
zusätzlich Elektrotechnik
dto.
· Grundlehrgang "Einführung in die Metallbearbeitung"
· Neuzeitliche Verfahren
der Prüf-u. Meßtechnik
für elektrische und elektronische Baugruppen,
Aggregate u. Hilfsmittel
· Neuzeitliche Verfahren
der Prüf-u. Einstelltechnik
für Zündanlagen u. Gemischaufbereitung
dto.
2 Prüfungsstücke (max. 3 Std.)
5 Arbeitsproben (max. 5 Std.)
dto.
(1 Std.)
c) Mündliche Prüfung
Nur wenn davon das Bestehen der
Prüfung abhängt
Verkürzungsmöglichkeiten
der Ausbildungszeit
(nach Absprache mit dem zuständigen
Berufsausbildungsausschuß)
· Azubis mit (Fach-)Hochschulreife u. entsprechenden Leistungen
um maximal 1-1,5 Jahre
· Azubis mit Mittlerer Reife und
entsprechenden Leistungen um
maximal 0,5 - 1 Jahr
Quellen:
Kfz-Elektriker/-innen
dto.
dto.
in Anlehnung an Der Bundesminister für Wirtschaft, 1989 (a),
S. 3ff; Der Bundesminister für Wirtschaft, 1989 (b), S. 3ff;
Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1992, S. 8ff;
ZDK, 1989, S. 38f; Gemeinschaftsinitiative der Deutschen
Automobilhersteller, Importeure und Zulieferer von Kraftfahrzeugen sowie des ZDK, 1994, S. 31 ff
· Azubis mit (Fach-)Hochschulreife und entsprechenden Leistungen um max. 1-1,5 Jahre
· Azubis mit Mittlerer Reife und entsprechenden Leistungen um max. 0,5-1 Jahr
Verkürzungsmöglichkeiten
der Ausbildungszeit
(nach Absprache mit dem
zuständigen Berufsausbildungsausschuß)
dto.
· Auftragsbearbeitung und Büroorganisation (max. 45 Min.)
· Informationsverarbeitung
(max. 105 Min.) etc.
· Bürowirtschaft
(1 Std.)
· Rechnungswesen
(1,5 Std.)
· Wirtschafts- u. Sozialkunde (1,5 Std.)
dto.
dto.
· Informationsverarbeitung (max. 105 Min.)
· Sekretariats- u. Fachaufgaben
(max. 45 Min.)
· Bürowirtschaft
(1 Std.)
· Betriebslehre
(1,5 Std.)
· Wirtschafts- u. Sozialkunde (1,5 Std.)
dto.
-
dto.
· Berufsbezogener Bereich
(Allgemeine u. spezielle Wirtschaftslehre,
Rechnungswesen, Informationsverarbeitung)
dto.
Praktische Vermittlung von Kenntnissen und
Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte:
· Betriebliche Organisation und
Leistungen
· Bürowirtschaft u. Textgestaltung,
Statistik u. EDV
· Assistenz-, Sekretariats-u. Personalverwaltungsaufgaben etc.
dto.
Kfm./Kfr. f. Bürokommunikation
(ehem. Bürogehilfe/in)
dto.
· Auftragsbearbeitung
· Branchenübliche Produktkenntnisse
· Handelsbetriebslehre
(3 Std.)
· Rechnungswesen, Organisation, Datenverarbeitung
(1 Std.)
· Wirtschafts- u. Sozialkunde
(1 Std.)
· Auftragsbearbeitung
· Branchenübliche Produktkenntnisse
dto.
-
dto.
(Betriebswirtschafts-, Volkswirtschafts-,
Organisationslehre, kaufmännisches
Rechnen, Buchführung)
· Berufsbezogener Bereich
dto.
Praktische Vermittlung von Kenntnissen und
Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte:
· Beschaffung
· Lagerhaltung
· Personal-u. Rechnungswesen etc.
dto.
Kfm./Kfr. f. Groß- und Außenhandel
in Anlehnung an Der Bundesminister für Wirtschaft, 1978, S. 3ff; Der Bundesminister für Wirtschaft, 1987, S. 3ff: Der Bundesminister für Wirtschaft, 1991 (a),
S. 3 ff; Der Bundesminister für Wirtschaft, 1991 (b), S. 3ff; Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1992, S. 15
· Auftragsbearbeitung
· Berücksichtigung branchen-/warengruppenspezifischer Besonderheiten und betriebspraktischer Problemstellungen
b) Praktische/Mündliche Prüfung
(zum Teil in Form von Prüfungsgesprächen)
Quellen:
· Betriebswirtschaftslehre I und II (1,5 Std.)
· Ware und Verkauf I
(1 Std.)
· Ware und Verkauf II
(1 Std.)
· Wirtschafts-u. Sozialkunde
(1 Std.)
Ausschließlich schriftliche Prüfung in den
berufsbezogenen Unterrichtsfächern von insgesamt maximal 3 Std.
· Fachgebiete der Büropraxis
· Rechnungswesen im Handwerk
dto.
dto.
· Berufsbezogener Bereich
(Warenverkaufskunde, allgemeine Wirtschaftslehre, Rechnungswesen, Datenverarbeitung)
· Wahlbereich (PC-/EDV,
Fremdsprachenkurse etc.) nach Bedarf
und Möglichkeit der Schule
-
dto.
Praktische Vermittlung von Kenntnissen und
Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte:
· Betriebliche Organisation und
Leistungen
· Informationsverarbeitung
· Büroorganisation, Personalwesen
und EDV
· Auftrags-u. Rechnungsbearbeitung etc.
dto.
Bürokaufmann/-frau
· Berufsübergreifender Bereich
(Deutsch, Politik, Religion, Sport)
a) Schriftliche Prüfung
Abschlußprüfung
(=Kaufmannsgehilfen-Prüfung)
Zwischenprüfung
(Mitte des 2. Ausbildungsjahres)
c) Überbetriebliche Ausbildung (Lehrgänge)
Dauer: jeweils 1-2 Wochen
b) Berufsschulunterricht (nach bundeseinheitlichen Rahmenlehrplänen;
wöchentlich ca. 11-13 Std.)
Praktische Vermittlung von Kenntnissen und
Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte:
· Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen
· Fahrzeughandel
· Teile-u. Zubehörlagerhaltung
· Betriebsorganisation,
Personalwesen u. EDV etc.
3 Jahre
Kfm./Kfr. i. Einzelhandel im
Fachbereich Kfz-Teile u. Zubehör
Übersicht zu den vier Ausbildungsverordnungen für kaufmännische Lehrlinge im Kfz-Gewerbe
Ausbildungsstätten
a) Ausbildungsbetrieb (Azubis werden
von Abteilungsleitern, Mitarbeitern etc.
angeleitet; teilweise betriebsinterne
Schulungen)
Lehrzeitdauer
Anlage 2:
-
- XXI -
- XXV -
Anlage 7:
Themen der Lehrveranstaltungen an der Northwood University im Herbst- und
Wintersemester 1991/92 mit Angabe der Semesterwochenstunden (=Credit
Hours - cr.)
Das Herbstsemester 1991 (vom 10.09. bis. 20.11.1991) umfaßte folgende Lehrveranstaltungen:
"- Business Ethics (4 cr.)
- Principles of Business Management (4 cr.)
- Merchandising New and Used Cars (4 cr.)
(Basics of advertising, sales promotion, sales facilities, inventory planning and control.
Recruiting, selection, training and directing the sales staffs. Including utilization of the ERAComputer for vehicle merchandising and vehicle inventory control; utilization of the computer as a
sales tool for finance and insurance).
- Communication and Organizational (4 cr.)
- Behavior Employment Presentation Techniques (1 cr.)"
Das Wintersemester 1991/1992 (vom 03.12.1991 bis 27.02.1992) beinhaltete folgende
Lehrveranstaltungen:
"- Applied Management (4 cr.)
- Statistics (4cr.)
- International Trade (4 cr.)
- Dealership Budgeting and Forecasting (4 cr.)
(The use of modern business management and techniques for the preparation of sales forecasting
for all departments. Establishing expense budgets to support the functions and activities needed to
achieve the forecasted objectives.)
- Introduction to Dealership Computer Systems
(Provides a basic understanding of integrated dealership computer system.)"
Quelle:
Friedel-Beitz, 1991(c), S. 164
- XXVI -
Anlage 8: Schaubild über typische kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Aus- und
Fortbildungswege für Unternehmernachfolger/-innen im Kfz-Gewerbe
Master of Business
Administration (MBA)
Northwood University
Dipl.-Betriebswirt (FH)
Bachelor of Business
Administration (BBA)
Fachhochschule Nürtingen/
Außenstelle Geislingen
Northwood University
Fachbereich
Automobilwirtschaft
Dipl.-Kaufmann (Univ.)
Universität Bamberg
Studiengang
Automobilwirtschaft
TOEFL-Test
Staatlich anerkannter
Betriebswirt
Betriebswirtschaftliche
Fachschule
Calw (BFC)
Kfz-Betriebswirt
Betriebswirtschaftliche
Fachschule
Calw (BFC)
"Automobilkaufmann"
Kaufmännische Lehre
evtl. mit begleitender
kaufmännischer
Zusatzausbildung
Fachhochschulreife
Abschluß
Zweijährige
Höhere Handelsschule
Realschulabschluß
Realschulabschluß
Abitur
geplant
Quelle:
Aktualisierte Übersicht des ZDK, 1993, S. 5
Chrysler Import
Nein, kaufmännische Schulung erst
Deutschland GmbH
im Aufbau.
Citroën Automobil AG Ja, seit Anfang der 90 Jahre.
51123 Köln
I. Fabrikatsgebundene Schulungsmaßnahmen
Audi AG
siehe Volkswagen AG
BMW AG
Ja, seit 1987 und seit 1989 in
Management Training überarbeiteter Form.
Vertrieb Mitteleuropa
80788 München
C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002
Spezielle Ausbildungs- bzw.
Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs
Seite 1
a) Schwerpunktthemen des Citroën-Juniorenkreises;
Unternehmensführung, Mitarbeiterführung,
Service-Marketing, NW-Marketing, Generationenkonflikte im Autohaus vermeiden.
b) 3- bis 5-tägige Seminare, verteilt über 2 Jahre.
c) Einmal pro Jahr trifft sich Juniorenkreis mit Mitarbeitern aus der Werkszentrale zu 1- bis 2- tägigem
Meeting unter einem zentralen Motto. Ferner finden
a) BMW unterscheidet zwischen Aus- und Weiterbildung
für den Unternehmernachwuchs. Schwerpunktthemen
in der Ausbildung: Erfolgspartnerschaften und persönliche Erfolgsfaktoren, Präsentation und Führung, Führen
erleben im Outdoortraining und Bilanzgespräche,
Erfolgsfaktoren des BMW-Händlerbetriebs und
betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente, Personalmarketing und Gebrauchtwagen, BMW-Produkte
und Wettbewerber, Marketing und Werbung, Akquisition und Bilanzgespräche, Integrations-Workshop.
Schwerpunktthemen in der Weiterbildung: Rhetorik,
Führen durch effektive Kommunikation, Unternehmensplanspiel Cockpit (computergestützte, menügesteuerte
Strategieübung innerbetrieblicher und marktbezogener
Vorgänge des BMW Händlerbetriebes), Ich als Coach,
Erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen BMW-Händler
und Werbeagentur, Personalarbeit im BMW -Händlerbetrieb.
b) Je nach Art des Seminars 3-7 Tage.
c) Laufende Aktualisierung des Ausbildungsprogrammes.
Jährliche Aktualisierung und Erweiterung des Weiterbildungsprogramms.
Jährliche Veranstaltung "Forum junger Unternehmer"
(1994 zum 4. Mal unter dem Motto "Mobilität ist
Leben" vom 23. bis 25.09.1994)
d) zentrale Veranstaltungen.
1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings
a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler
oder zentraler Veranstaltungsmodus
Junioren, die entweder bereits
eine leitende Funktion bekleiden,
und / oder in den kommenden
3 - 5 Jahren das Autohaus
übernehmen werden.
Aufnahme in das Programm
erfolgt in Abstimmung zwischen Teilnehmern, Eltern/Geschäftsführern, zuständigen
Außendienst-Mitarbeitern des
Vertriebs Deutschland und
Trainingsabteilungen.
2) Auswahlkriterien für den
Händlernachwuchs
a) Ein interner, ca. 10 externe Trainer.
b) Erfahrene Praktiker mit umfassender,
theoretischer Fundierung.
c) Trainingszentrum des BMW-Vertriebs
Deutschland, Abteilung Managementtraining.
3) Trainer für den Händlernachwuchs
a) Anzahl, b) Qualifikation,
c) zuständige Abteilung für den
Händlernachwuchs
Anlage 10: Spezielle Unternehmernachfolger-Programme der einzelnen Kfz-Hersteller/-Importeure und fabrikatsübergreifend der Autohaus Akademie
- XXVIII -
Spezielle Ausbildungs- bzw.
Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs
Das Renault-Junioren-NachwuchsFörderungsprogramm wurde 1985
gestartet. Diese Maßnahme besteht aus zwei Teilen:
Dem Basisteil mit 4 Seminaren in
2 Jahren (jedes Seminar dauert
eine Woche).
Dem Aufbauteil: Nachdem ein
"Junior" alle vier Seminare des Basisteils absolviert hat, wird er in das
Renault-Junioren-Team (RJT) übernommen. Damit hat er Anrecht auf
weitere Seminare und nimmt außerdem an regionalen RJT-Treffen und
am jährlichen (großen) RJT-Treffen
(mit Werksbesichtigung etc.) teil.
Nein.
Nein, aber geplant.
Fiat Automobil AG
Ja, seit einigen Jahren, für Töchter und
(einschl. Alfa Romeo u.Söhne von Fiat-, Alfa- und Lancia Lancia)
Händlern.
74076 Heilbronn
Daihatsu
Deutschland GmbH
Deutsche Lada
Automobil GmbH
Deutsche
Renault AG
50321 Brühl
Citroën Automobil AG
(Fortsetzung)
C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002
Seite 2
a) Aktive Mitarbeiterführung durch den RenaultJunior-Chef. Ein Generationsseminar für Senior und
Junior: Konflikte vermeiden - gemeinsam auch in
Zukunft Erfolge erzielen. Rhetorik als Kontaktund Führungsmittel in der täglichen Arbeit.
Führen und Verkaufen ist Motivieren und Überzeugen.
b) Dauer jeweils 1 Woche. Im Generationsseminar
nehmen Senior und Junior je zur Hälfte teil. Seminardauer pro Teilnehmer 2,5 Tage.
Insgesamt über 2 Jahre verteilt.
c) Sonderveranstaltungen: Jährliches RJT-Treffen,
Werksbesichtigungen. 4-mal jährlich erscheint die
Zeitschrift "Renault-Junioren-Info".
d) Alle Seminare werden unter zentraler Leitung
durchgeführt. Die Veranstaltungen selbst finden
regional statt.
a) Junioren-Seminare als Teil eines umfassenden
Weiterbildungsprogrammes der Fiat Automobil
AG.
Schwerpunktthemen: Unternehmensführung,
Neu- und Gebrauchtwagenverkauf, Transporterverkauf, Produktinformationsveranstaltungen, Finanzierung, Leasing und Versicherung, Buchhaltung,
Finanzen und Verwaltung, EDV-Schulungen.
b) Je nach Art des Seminars beträgt die Dauer
zwischen 2 und 6 Tagen; insgesamt 26 Tage.
c) Nach Abschluß der Ausbildung besteht die Möglichkeit, das Wissen in Spezialseminaren zu vertiefen. Über künftige Entwicklung des Programms
wird nachgedacht.
d) Die Veranstaltungen werden im allgemeinen
regional durchgeführt.
1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings
a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler
oder zentraler Veranstaltungsmodus
in unregelmäßigen Abständen Seminare mit begrenzter
Teilnehmerzahl über aktuelle Themen statt.
d) regionale Veranstaltungen.
Es gelten verschiedene Kriterien, maßgebend ist besonders
die Mitarbeit im Betrieb.
Mindestalter 24 Jahre.
Abgeschlossene Berufsausbildung.
Mehrjährige Erfahrung im
Betrieb (Mitarbeit).
Soll in max. 5 - 10 Jahren das
Unternehmen übernehmen.
2) Auswahlkriterien für den
Händlernachwuchs
Die Trainingsprogramme werden von einem
exklusiv für Fiat arbeitenden Institut
durchgeführt.
a) Die Seminare selbst werden von einem
externen Trainer durchgeführt.
b) Dieser war jahrelang in verantwortlichen
Positionen in der Automobilbranche tätig,
wird von den "Junioren" für alle vermittelten Themen voll akzeptiert und betreut
die "Junioren" sporadisch auch zwischen
den Seminaren.
c) Das Renault-Junioren-Nachwuchs-Förderungsprogramm wird seit Beginn (1985)
von der Abteilung "Verkaufsorganisation
und Schulung" betreut.
3) Trainer für den Händlernachwuchs
a) Anzahl, b) Qualifikation,
c) zuständige Abteilung für den
Händlernachwuchs
- XXIX -
Spezielle Ausbildungs- bzw.
Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs
Kia
Jaguar
Deutschland GmbH
Honda
Deutschland GmbH
Hyundai
Bisher noch nicht, aber Schulungsprogramm befindet sich im Aufbau.
Nein, Hyundai befindet sich erst
im Aufbau eines Händlernetzes.
Nein. Da Jaguar meistens Zweitbzw. Drittmarke ist, gibt es nur vereinzelte Schulungsmaßnahmen für
Händlernachfolger. Ansonsten ist
Jaguar im Jaguar-spezifischen Händler-/
Unternehmertraining sehr aktiv.
Nein. Händlernetz befindet sich
erst im Aufbau.
Ford-Werke AG
Ja, seit 1980 gibt es den JuniorenFord Marketing Institut kreis der Ford-Haupthändler.
50725 Köln
C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002
Seite 3
a) Schwerpunktthema: Probleme der Unternehmensnachfolge.
b) 1- bis 2- Tagesseminare.
1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings
a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler
oder zentraler Veranstaltungsmodus
a) "Ford-Haupthändler-Juniorenkreis". Außerdem gibt
es einen Kreis von Junioren der Ford-Vertragswerkstätten. Schwerpunktthemen des Ford -HaupthändlerJuniorenkreises: Persönlichkeits- und Führungstraining, Qualitätsmanagement, Unternehmensführung unter
betriebswirtschaftlichen Aspekten, der Verkauf
(Markt und Strategien) und Produkt- und Verkaufstraining für alle Bereiche. Insgesamt geht es um Vermittlung von Fachwissen sowie persönliche und
soziale Kompetenz.
Darüber hinaus gibt es eine kontinuierliche
und unterstützende Beratung des Juniors mit Einbeziehung des Seniors durch das Ford Marketing Institut
und den Ford Außendienst.
b) 1-, 2-Tages- bis Wochenseminare.
c) 1995 soll die "Ford Jung-Unternehmer-Akademie"
ins Ford-Juniorenprogramm integriert werden. Die
Ziele: z.B. systematische Qualifizierung zur Unternehmerpersönlichkeit, konfliktfreie Gestaltung der
Unternehmensübernahme u.ä. Nach Abschluß der
Akademie werden sich die Teilnehmer in "JungUnternehmerkreisen" organisieren, um regelmäßig
Erfahrungsaustausch und Weiterbildung mit Unterstützung des Ford-Außendienstes zu betreiben.
d) Zentraler Veranstaltungsmodus. Die Junioren
aus dem gesamten Bundesgebiet sollen sich
kennenlernen.
Mindestalter 18 Jahre.
Abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Studium.
Aktive Mitarbeit im elterlichen
Betrieb.
Die Übernahme des elterlichen
Betriebs ist geplant.
Das Seminarprogramm beginnt
für alle Teilnehmer mit einem
Auswahlseminar.
2) Auswahlkriterien für den
Händlernachwuchs
3) Trainer für den Händlernachwuchs
a) Anzahl, b) Qualifikation,
c) zuständige Abteilung für den
Händlernachwuchs
Die Anzahl der Trainer ist vom Seminarangebot abhängig. Der Trainer muß über eine
mehrjährige Praxis verfügen, viel Erfahrung
mitbringen und vor allem die Probleme
der Zielgruppe kennen und Lösungen anbieten können. Das Ford Marketing Institut
koordiniert, organisiert und führt die Seminare durch.
- XXX -
Spezielle Ausbildungs- bzw.
Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs
Mazda Motors
Deutschland GmbH
51371 Leverkusen/
Hitdorf
Mercedes-Benz AG
70322 Stuttgart
Ja, seit Mitte der 60er Jahre werden die zukünftigen Geschäftsführer
der Vertragspartner gezielt auf
ihre Aufgabe vorbereitet. Seit
dieser Zeit erfolgen deshalb auch
für diesen Personenkreis individuelle
Beratungen und Personalentwicklungsmaßnahmen.
Mazda bietet seit Anfang 1992
Seminare an, z.T. in Zusammenarbeit
mit der Autohaus Akademie.
C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002
Seite 4
a) Seminare "Berufliche Orientierung und Entwicklung"
sowie "Entwicklungsprogramm Unternehmernachwuchs". Neben Beratungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten hinsichtlich der Unternehmensnachfolge
wird im Rahmen des Gesamtprozesses "Unternehmernachwuchs" ein mehrstufiges Entwicklungsprogramm für den Unternehmernachwuchs (EPU)
angeboten. An diesem Programm nehmen Nachwuchsunternehmer teil, die in ca. 2-4 Jahren die Verantwortung im Unternehmen übernehmen. Das EPU ist ein
gruppenorientiertes, organisiertes Lernprogramm,
das führungsmethodische Arbeitswochen, z.B.
Strategieentwicklung im Autohaus , Führung, Personal- und Gesprächsführung , Servicemanagement
mit erfahrungsaustausch-orientierten Arbeitstreffen
kombiniert. Teilnehmer bestimmen vorwiegend
Lernziele und Lerninhalte. Ergänzt wird EPU um
fachmethodische Bausteine (z.B. Controlling für
Unternehmer, Marketing im Verkauf), die
individuelle Ergänzungsqualifizierungen ermöglichen.
b) 2-, 3-Tages- bis Wochenseminare.
c) Beratungsangebot wird professionalisiert und intensiviert, weitere Bausteine bzw. Workshops sollen
angeboten, die Vorbereitung der Teilnehmer auf das
EPU verstärkt werden, v.a. die Lernvereinbarungen
zwischen Nachwuchsunternehmer und dem derzeitigen Geschäftsführer seiner Firma. Sonderveranstaltungen aus aktuellem Anlaß, praktischer Einsatz
bei verschiedenen Vertragspartnern und auf Wunsch
auch bei Fremdfabrikatshändlern.
d) regionale und zentrale Veranstaltungen.
1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings
a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler
oder zentraler Veranstaltungsmodus
a) Schwerpunktthemen: Kommunikation, Ziel- und
Zeitmanagement, Projektmanagement.
b) 3tägige Seminare.
Der Händlernachwuchs soll
über die entsprechenden Fachkenntnisse (z.B. Kfz-Mechaniker-Ausbildung, kaufmännische
Ausbildung) sowie über genügend Methoden- und Führungskompetenz verfügen.
Die Übernahme der Geschäftsführung sollte nicht vor dem
30. Lebensjahr erfolgen.
2) Auswahlkriterien für den
Händlernachwuchs
Zuständig für das Händlernachwuchstraining ist die Abteilung MBVD/VNN. Ausschließlich mit dem Unternehmernachwuchs
befaßt sich eine Person. Die Durchführung des
Trainings erfolgt in Zusammenarbeit mit den
schulenden Fachbereichen, wie z.B. Verkaufsschulung, Kundendienst-Schulung und
dem zentralen Bildungswesen für Niederlassungen und Vertragspartner.
Die Referenten verfügen über ein hohes
Maß an Fach- und Methodenkompetenz.
3) Trainer für den Händlernachwuchs
a) Anzahl, b) Qualifikation,
c) zuständige Abteilung für den
Händlernachwuchs
- XXXI -
Spezielle Ausbildungs- bzw.
Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs
Seit 1992 ist ein spezielles
Ausbildungsprogramm für den
Händlernachwuchs eingerichtet.
Ja, seit 1988 "Nissan Jungunternehmer Management Basiswissen".
MMC Auto
Deutschland GmbH
(Mitsubishi)
65463 Trebur
Nissan Motor
Deutschland GmbH
41456 Neuss
C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002
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1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings
a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler
oder zentraler Veranstaltungsmodus
a) Junioren-Seminar unterteilt in vier Programmstufen.
Erfahrungsaustausch, Wünsche und Erwartungen der
Teilnehmer nehmen auf Konzeption der Seminare
Einfluß.
Schwerpunktthemen: Mitarbeiterführung und
Kundenbetreuung, EDV im Händlerbetrieb, Verkauf, Unternehmensfinanzierung und Umgang mit
Banken, Werbung, NW- und GW-Verkauf, Steuerrecht, Recht, Teile- und Zubehörmanagement, Betriebswirtschaft für den Jungunternehmer, Kundendienstmanagement.
b) Häufigkeit nach Bedarf. Jede der 4 Programmstufen
umfaßt ein 5-tägiges Seminar.
c) Über weiterführende Maßnahmen wird nachgedacht, z.B. eigene Interessengruppe in Händlervereinigungen und -verbänden, Integration von themenspezifischen Arbeitskreisen, Förderprogramme.
a) Jungunternehmer-Colleg. Schwerpunktthemen:
Kaufmännische Geschäftsführung (Unternehmensplanspiel), Richtlinien zur Mitarbeiterführung, Recht
und Steuern, Verkaufsförderung und Werbung, Grundlagen zur Persönlichkeitsbildung des Nissan-Jungunternehmers, Betriebsprofile (durch Übernahme von
Patenschaften werden von Kollegen die eigenen Betriebe
begutachtet und gemeinsame Maßnahmenkataloge
erarbeitet), moderne Betriebsstrukturen, Unternehmenskultur.
b) Je nach Bedarf ein bis zwei Zyklen pro Jahr.
Viermal eine Woche.
c) Das Problem des Generationenkonflikts soll durch
Zusammenführung beider Parteien mit Beraterunterstützung gelöst werden.
Gemeinsame weiterführende Veranstaltungen in
Absprache mit der jeweiligen Jahrgangsgruppe mit
Ausbildungs- und Freizeitcharakter.
d) regionale und zentrale Veranstaltungen.
Abgeschlossene kaufmännische
Ausbildung.
Mindestens zweijährige Mitarbeit im elterlichen Unternehmen.
2) Auswahlkriterien für den
Händlernachwuchs
c) die Nissan Schulungsabteilung.
a) und b)
Dipl.-Kaufmann als Referent für kaufmännische Geschäftsführung, Teile-Management,
Gebrauchtwagen-Strategie, KundendienstManagement.
Dipl.-Psychologe als Referent für Mitarbeiterführung, Persönlichkeitsbildung und
Rhetorik.
Rechtsanwalt als Referent für Rechtsfragen
im Autohaus.
Dipl.-Kaufmann als Referent für Marktinformationssysteme.
Verkaufstrainer für Verkaufsstrategie und
Marketingthemen.
Werbefachmann für Werbung im Autohaus
unter Berücksichtigung der Marken- und
Autohausinteressen.
Leitende Mitarbeiter des Hauses Nissan für
die Themen Fahrzeugdisposition; Versicherungen, Finanzierungen, Leasing sowie Mitarbeiter-Weiterbildung.
3) Trainer für den Händlernachwuchs
a) Anzahl, b) Qualifikation,
c) zuständige Abteilung für den
Händlernachwuchs
- XXXII -
Spezielle Ausbildungs- bzw.
Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs
Seit 1984 - Juniorclub
Nein.
Peugeot Talbot
Deutschland GmbH
66104 Saarbrücken
Porsche Dr.-Ing.
h.c. F. Porsche AG
Rover
Deutschland GmbH
Saab
Deutschland GmbH
Nein, befindet sich erst im Aufbau, für
1995 geplant.
Nachwuchs-Förderprogramm für
Töchter und Söhne der Vertragspartner seit Januar 1991.
Ja, Management-Grundkurs für
Junioren der Opel-Händlerbetriebe.
Adam Opel AG
65423 Rüsselsheim
C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002
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a) Workshop mit den Teilnehmern und deren Eltern
am Anfang des Trainingsprogramms. Grundlagen
der Händler-Betriebsführung. Qualität und Rentabilität der betrieblichen Abläufe. Zeit-/Selbstmanagement. Betriebswirtschaftliches Management.
Verkaufsmethodik. Marketing. Kommunikation und
Grundlagen der Führung. Rhetorik und Mitarbeitergespräche.
1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings
a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler
oder zentraler Veranstaltungsmodus
a) Schwerpunktthemen: Managementkonzept (vorhandene kaufmännische Kenntnisse sollen zu einem
anwendbaren Managementkonzept zusammengefaßt werden), Definition der Führungsaufgaben im
Betrieb, Steuerung der Vertriebsorganisation, Elemente
erfolgreicher Marktbearbeitung, Finanzen, Marketing.
Das Seminar wird abgerundet durch ein optionales
Zusatzangebot einer 2-wöchigen USA-Reise mit Jobvisits im amerikanischen Automobilhandel und einem
Intensivseminar in Zusammenarbeit mit einer amerikanischen Universität. Abschlußtreffen und Verleihung
des Abschlußzertifikats durch die Opel-Geschäftsleitung runden das Programm ab.
b) 55 Seminartage in Intervallen. Die Seminarblöcke
sind in sich abgeschlossen.
c) Forum mit Diskussionsrunden zwischen OpelManagement und -Händlern. Auch Beteiligung von
externen Referenten. Jährliches Treffen der Jahrgangsgruppen mit Ausbildungs- und Freizeitcharakter.
d) zentrale Veranstaltungen.
a) Schwerpunktthemen: Organisation, Betriebswirtschaft, Verkauf, Führung, Technik.
b) 5 x 4- bis 5-tägige Seminare.
c) Spezialseminare nach Abschluß der Ausbildung
und nach Erörterung mit den Teilnehmern.
d) zentral
Voraussetzung ist eine abgeschlossene technische oder
kaufmännische Ausbildung
(Lehre).
Nach Alter, schulischer und
beruflicher Bildung, Mitarbeit
im elterlichen Unternehmen.
Bei männlichen Teilnehmern
muß die Bundeswehr abgeleistet
sein, damit keine Unterbrechung im Ausbildungsprogramm
eintritt.
Im Normalfall haben die Teilnehmer ihre Ausbildung absolviert,
haben Praxis im elterlichen Betrieb oder ein Praktikum. Der
Kurs dient der praxisnahen
Vorbereitung für die Übernahme von Führungsverantwortung im Betrieb.
2) Auswahlkriterien für den
Händlernachwuchs
Für das Händlernachwuchs-Training ist die
Abteilung Saab-Management und Verkaufstraining zuständig.
a) 3 Trainer
b) Schulungsleiter
c) für Juniorclub - KD-Schule
3) Trainer für den Händlernachwuchs
a) Anzahl, b) Qualifikation,
c) zuständige Abteilung für den
Händlernachwuchs
Im Grundsatz referieren und trainieren die
Verantwortlichen der Fachabteilungen des
Werkes. Zuständig für das Händler-Nachwuchstraining ist die Abteilung Verkaufstraining.
- XXXIII -
Spezielle Ausbildungs- bzw.
Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs
siehe Volkswagen AG
Ja, spezielles Schulungsprogramm
für Unternehmernachfolger im Jahre
1993/94 eingeführt.
Suzuki Auto GmbH
Ja, seit 1989, größtenteils im Rahmen
Deutschland & CoKG allgemeiner Seminare.
Skoda
Subaru
Deutschland GmbH
61169 Friedberg
Seat Deutschland GmbH
64543 MörfeldenWalldorf
Saab
Deutschland GmbH
(Fortsetzung)
C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002
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a) Subaru-Junior-Unternehmer-Kolleg. Schwerpunktthemen: Betriebswirtschaft, Händlergeschäftsführung,
Unternehmensführung und Organisation, Steuern und
Recht, NW- und GW-Verkauf, KD, ET/Zubehör.
b) 3 Seminarblöcke zu jeweils 5 Tagen.
c) Nach Abschluß eines Junior-Unternehmer-Kolleg
gibt es einen Junior-Unternehmer-Kreis, in dem sich
die Teilnehmer in Wochenendveranstaltungen weiter
auf ihre künftige "Aufgabe" vorbereiten.
1989 hat Suzuki mit dem sogenannten "Schnupperkurs" für den Händlernachwuchs begonnen.
Dieser erste Schritt dient dem Kennenlernen der
Suzuki-Organisation. In einem einwöchigen Kurs
hat der Händlernachwuchs die Möglichkeit, in allen
Abteilungen Informationen zu sammeln und Fragen
zu stellen. Wesentlich ist, daß neben den Abteilungsleitern auch die Geschäftsführung als Gesprächspartner zur Verfügung steht.
1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings
a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler
oder zentraler Veranstaltungsmodus
b) 1 - 5 Tage
c) Weiterführende Seminare und jährliches Jahrgangstreffen sind geplant.
d) zentraler Veranstaltungsmodus.
a) Schwerpunktthemen: Verkauf (erfolgreiche Beratungs- und Verkaufsgespräche, Kundenbindung und
offensive Marktbearbeitung, Neukundengewinnung),
Verkäuferworkshops (Interessenten- und Kundenkartei,
Preisgespräch und Einwandbehandlung), UnternehmerWorkshops (Marketing, Zeit- und Terminplanung,
Kundenbindung als Managementaufgabe), Finanzmanagement, GW-Training: Verkauf, Kundendienst (Beraten
und Verkaufen im KD), Beratung im Betrieb (GWSofort-Check, GW-Absatzberatung, Personalberatung)
b) c) derzeit nicht.
Zu diesem Schnupperkurs
kann sich der Händlernachwuchs unabhängig von der
Vorbildung anmelden.
2) Auswahlkriterien für den
Händlernachwuchs
Dieser Kurs wird schwerpunktmäßig von den
Abteilungsleitern der Abteilungen: Finanzund Rechnungswesen, Vertrieb, Technischer
Dienst, Marketing Service durchgeführt.
3) Trainer für den Händlernachwuchs
a) Anzahl, b) Qualifikation,
c) zuständige Abteilung für den
Händlernachwuchs
- XXXIV -
Spezielle Ausbildungs- bzw.
Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs
Ja, seit 1988. Inhalt der Seminare,
"Grundausbildung für den
Händlernachwuchs".
Ja, seit 1972. Jährlich initiierte
Händlernachwuchstreffen.
Toyota
Deutschland GmbH
50858 Köln
Volkswagen AG
MMI
38104 Braunschweig
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1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings
a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler
oder zentraler Veranstaltungsmodus
a) Schwerpunktthemen: Aufgaben der Geschäftsführung im Händlerbetrieb (Verkauf, Führung, Controlling), Kundenzufriedenheit als Basis für künftige
Unternehmenserfolge, kurzfristige Erfolgsrechnung,
aktive Marktbearbeitung im Zusammenwirken von
Betriebsorganisation und Führung, GW- Management,
rechtliche Grundlagen des Verkaufs- und Werkstattgeschäfts, Werbung, Rolle des KD im Händlerbetrieb,
Marketing im Teile- und Zubehörgeschäft, Intensivtraining, Führungskräfte- und Verkaufsrhetorik,
Unternehmensplanspiel.
b) Ein Kurs wird über ein halbes Jahr in sieben Seminaren zu je 5 Tagen (Wochenseminare) sowie 2 Tagen
Praxiseinsatz durchgeführt.
c) Besuch bei der Toyota Deutschland GmbH mit
einem Gespräch mit der Geschäftsleitung. Während
der Seminare umfangreiche Freizeit- und Sportmöglichkeiten. 1- mal jährlich stattfindende weiterführende Seminare zu aktuellen Themen.
d) zentraler Veranstaltungsmodus.
a) Unternehmernachfolge-Kolleg und GF-NachfolgeKolleg. Schwerpunktthemen des Unternehmernachfolge-Kollegs: Unternehmensführung durch
betriebswirtschaftliche Analyse und Planung, EDVSysteme im Händlerbetrieb, Personalführung, Mitarbeitermotivation, Automobilmarketing, Servicegeschäft, Arbeitsrecht, Gruppendynamik.
Schwerpunktthemen des GF-Nachfolge-Kollegs:
Rechnungswesen (KER, Deckungsbeitragsprinzip,
Planung), Automobilmarketing,
Zugehörige Unterlagen
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