Titel der Arbeit: Entwicklung eines zukunftsorientierten, dualen Qualifizierungsprogramms für Unternehmernachfolger/-innen in mittelständischen Kfz-Betrieben DISSERTATION zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Dr. rer. pol.) des Fachbereiches Wirtschaftswissenschaften der Universität Hamburg vorgelegt von Dipl.-Kfm. (Univ.) Michael Piepenstock aus Lüdenscheid Hamburg, im Januar 1998 Der Promotionsausschuß setzte sich wie folgt zusammen: Herrn Univ.-Prof. Dr. G. Altrogge (Vorsitzender) Herrn Univ.-Prof. Dr. W. Küpper (Erstgutachter) Herrn Univ.-Prof. Dr. G. Czeranowsky (Zweitgutachter) Das wissenschaftliche Gespräch fand am Mittwoch, 08.07.1998 statt. -I- VORWORT Ein Großteil der mittelständischen, westdeutschen Kfz-Betriebe ist erst in den Nachkriegsjahren gegründet worden. Speziell in diesen Unternehmen steht in den 90er Jahren die Unternehmernachfolge an. In der Vergangenheit sind Generationswechsel häufig mißlungen, da es entweder keinen gewillten Nachfolger gab oder der potentielle Nachfolger nicht entsprechend qualifiziert war, um diese zunehmend komplexe und schwierige Führungsaufgabe erfolgreich übernehmen zu können. Insbesondere in mittelständischen Familienunternehmen ist die erfolgreiche Weiterführung des Betriebes oftmals ein wichtiger Bestandteil der Altersversorgung für die Seniorfamilie. Die Nachfolgeregelung gehört damit zu den anspruchsvollsten unternehmerischen Aufgaben und Entscheidungen. Sie bedarf einer langfristigen, systematischen Vorbereitung und Durchführung. Tendenziell ist festzustellen, daß sowohl im allgemeinen als auch speziell im Kfz-Gewerbe die Eltern und Kinder immer mehr erkennen, daß eine fundierte Schul-, Aus- und Fortbildung die beste Grundlage für die zukünftige (berufliche) Entwicklung ist. Nahezu alle namhaften Kfz-Hersteller/-Importeure sowie externe Schulungseinrichtungen bieten zwar umfangreiche Unternehmernachfolger-Seminare an, um den Junioren/-innen fabrikatsspezifische und kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Führungstechniken zu vermitteln. Die darauf aufbauende, systematische Umsetzung des modellhaft übermittelten theoretischen Wissens auf konkrete Fach- und Führungsaufgaben in der Berufspraxis - in Anlehnung an die duale Berufsausbildung - erfolgt jedoch kaum. Bisher gibt es für die Nachfolger/-innen keine Möglichkeiten der gezielten, praktischen Anwendung des Gelernten, um Berufserfahrung und Handlungssicherheit in fremden Kfz-Betrieben zu sammeln. Die Zielsetzung dieses Promotionsvorhabens ist es, neben der Darlegung verschiedener branchenspezifischer Aus- und Fortbildungswege, die wichtigsten Seminarthemen und -inhalte aufzuzeigen sowie - basierend auf einer schriftlichen Befragung - ein systematisches, duales Qualifizierungsprogramm mit verschiedenen Seminarbausteinen und vor allem darauf aufbauenden Betriebspraktika zu entwickeln, um die Unternehmernachfolger/-innen in mittelständischen Kfz-Betrieben gezielt auf ihre zukünftigen Aufgaben und Arbeitsanforderungen vorzubereiten. Abschließend wird ein Ablaufschema für eine systematische, langfristig geplante Unternehmensübergabe unter Vermeidung des oft auftretenden Generationskonflikts sowie ein Vorschlag für einen branchenorientierten, dualen Studiengang für Nachfolger/-innen im Kfz-Gewerbe vorgestellt. Die Anregung zur Auseinandersetzung mit dieser Themenstellung erhielt ich durch meine 16-monatige Praktikantentätigkeit in den einzelnen Abteilungen mehrerer markengebundener Kfz-Betriebe und in der Marketingabteilung der Douglas Holding, die ich im Anschluß an ein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolvierte. - II - Bei der Verwirklichung meines Promotionsvorhabens erhielt ich vielfältige Unterstützung. An erster Stelle danke ich meinem akademischen Lehrer und Doktorvater, Herrn Univ.-Prof. Dr. Willi Küpper, daß er mir die Möglichkeit eingeräumt hat zu promovieren sowie für die zahlreichen Anregungen, für seine stets konstruktive Kritik und für die Freiräume, die er mir bei der Auswahl und Bearbeitung des Themas gewährte. Herrn Univ.-Prof. Dr. Günter Czeranowsky danke ich dafür, daß er sich trotz des Umfangs der vorliegenden Arbeit bereit erklärt hat, den Mühen der Übernahme des Zweitreferats zu unterziehen. Wertvolle Anregungen zur Bewältigung der computergestützten Datenauswertung erhielt ich von Herrn Sven Saltenberger, der bei mir aufgrund seiner Überzeugungskraft manche Vorstellungen eines Betriebswirtes über statistische Methoden revidierte. Frau Regina Bergk gab mir interessante Ratschläge bei der optischen Gestaltung der Schaubilder und Übersichten. Bedanken möchte ich mich auch beim ehemaligen Präsidenten des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Herrn Bernhard Enning, für das Empfehlungsschreiben zu meiner schriftlichen Befragung, sowie bei Herrn Dipl.-Ing. Ingo Meyer - Geschäftsführer und Bildungsfachmann des ZDK - für seine praxisnahen Anregungen bei der inhaltlichen Gestaltung des Fragebogens. Des weiteren möchte ich mich bei allen Personen bzw. Institutionen bedanken, die mir durch ihre freundliche Unterstützung in Form von Unterlagen und/oder Verbesserungsvorschlägen, Ratschlägen etc. bei der Erstellung meiner Arbeit geholfen haben. Ferner danke ich ganz besonders allen im Rahmen meiner empirischen Erhebung angeschriebenen Personen, die sich die Mühe gemacht haben, meinen Fragebogen zu beantworten. Das Gelingen einer wissenschaftlichen Arbeit hängt allerdings nicht allein vom fachlichen Beistand ab, sondern auch von der menschlichen Unterstützung in der Privatsphäre. Deshalb gilt mein herzlicher Dank meinem privaten Freundeskreis, meiner Freundin Petra, meiner Familie und ganz besonders meinem Vater. Er hat mir durch seine weitere berufliche Tätigkeit in der Unternehmensführung unseres Kfz-Betriebes - über die Vollendung seines 65. Lebensjahres hinaus - die Möglichkeit geschaffen, die vorliegende Arbeit fertigzustellen. - III - INHALTSVERZEICHNIS Seite VORWORT ABBILDUNGS-, TABELLEN- UND ANLAGENVERZEICHNIS ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 0. Einführung I XIII XVII 1 0.1. Ausgangssituation und Problemstellung 1 0.2. Zielsetzung und Gegenstand der Untersuchung 7 0.3. Aufbau und methodisches Vorgehen in der Arbeit 9 1. Abgrenzung und wirtschaftliche Bedeutung mittelständischer Unternehmen und speziell des Kfz-Gewerbes 12 1.1. Unternehmen 1.2. Mittelstand 1.2.1. Qualitative Abgrenzungskriterien 1.2.2. Quantitative Abgrenzungskriterien 1.2.3. Wirtschaftliche Bedeutung von Klein- und Mittelbetrieben 1.2.3.1. Die Bedeutung aus gesellschaftspolitischer Perspektive 1.2.3.2. Volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung 12 13 13 14 15 15 15 1.3. Die Bedeutung der Automobilindustrie und vor allem des Kfz-Gewerbes für die deutsche Wirtschaft 16 1.4. Darstellung der beiden wichtigsten Vertriebswege im Automobilhandel 1.4.1. Niederlassungen 1.4.2. Vertragshändler 19 20 21 1.5. Bedeutung und Auswirkungen des sogenannten selektiven Vertriebssystems für die fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe 21 - IV - Seite 2. Erläuterung der bekanntesten branchenspezifischen Aus - und Fortbildungswege für Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe 27 2.1. Die allgemeine Schulausbildung als Grundlage weiterer Entwicklungsmöglichkeiten für die Unternehmernachfolger 28 2.2. Branchenspezifische gewerblich-technische und kaufmännische Möglichkeiten der Berufsausbildung 2.2.1. Veränderte Inhalte und Schwerpunkte der neuen Ausbildungsverordnungen 2.2.2. Handwerklich-technische Berufsausbildungsmöglichkeiten 2.2.3. Kaufmännische Berufsausbildungsalternativen 30 30 32 33 2.3. Die Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft für Abiturienten als Alternative zum Studium 35 2.4. Branchenorientierte Wirtschaftsstudiengänge 2.4.1. Betriebswirtschaftliches Fachhochschulstudium 2.4.1.1. Spezieller Studiengang für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Nürtingen 2.4.1.2. Weitere Möglichkeiten des Fachhochschulstudiums mit branchenspezifischem Wahlpflichtfach 2.4.2. Betriebs- und volkswirtschaftliches Hochschulstudium 2.4.2.1. Das Fernstudium als Alternative zum herkömmlichen Präsenzstudium 2.4.2.2. Spezieller Studiengang für Automobilwirtschaft an der Universität Bamberg 2.5. Gewerblich-technische und kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Fortbildungsmaßnahmen im Kfz-Gewerbe 2.5.1. Die berufliche Fortbildung zur ständigen Aktualisierung der benötigten Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen 2.5.2. Handwerklich-technische Fortbildungsmöglichkeiten 2.5.2.1. Das Berufsbild des Kfz-Servicetechnikers 2.5.2.2. Aufbau und Inhalt der Meisterprüfung für das Kfz-Mechaniker- und Kfz-Elektriker-Handwerk 2.5.3. Kaufmännisch-betriebswirtschaftlich ausgerichtete Weiterbildung 2.5.3.1. Die Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe 2.5.3.2. Staatliche und kommerzielle Schulungsanbieter 37 37 38 40 41 42 43 44 44 46 46 48 50 50 52 - V- Seite 2.5.4. Kombinierte, kaufmännisch und technisch orientierte Fortbildungsmaßnahmen 2.5.4.1. Fortbildung zum Betriebswirt des Handwerks 2.5.4.2. Fortbildung zur technisch-kaufmännischen Fachkraft im Handwerk 2.5.4.3. Fortbildung zum staatlich geprüften technischen Fachwirt 2.6. Internationale (Aufbau-)Studiengänge und grenzüberschreitende Studienmöglichkeiten 2.6.1. Die steigende Bedeutung des Auslandsaufenthaltes im Rahmen des Studiums 2.6.2. Automobilspezifisches Auslandsstudium an der Northwood University (USA) 2.6.2.1. Praxisorientierte Ausrichtung des Lehrplans 2.6.2.2. Studienmöglichkeiten an der Northwood University für deutsche Fachschulund (Fach-)Hochschulabsolventen 2.6.2.3. Allgemeine Regularien für dieses Studium 2.7. Spezielle Schulungsangebote der Kfz-Hersteller/-Importeure sowie fabrikatsübergreifend von der Autohaus Akademie für Unternehmernachfolger 2.7.1. Fabrikatsgebundene Händlernachwuchsprogramme der einzelnen Hersteller/ Importeure bzw. der von ihnen beauftragten externen Institute 2.7.2. Überfabrikatliche Schulungen und Vermittlung von Praktika durch die Autohaus Akademie 2.7.3. Darstellung der von den Kfz-Herstellern/-Importeuren und der Autohaus Akademie angebotenen Unternehmernachfolger-Programme 2.7.4. Beurteilung der angebotenen Schulungsmaßnahmen für den Händlernachwuchs 53 54 54 55 56 56 57 57 58 60 61 61 62 63 66 2.8. Abschließende kritische Anmerkungen zu allen angeführten typischen Qualifizierungsmaßnahmen für Unternehmernachfolger 68 3. Darlegung wichtiger Qualifikationen, Seminarthemen und -inhalte für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Unternehmen auf der Grundlage eines Human Resource Management-Ansatzes als Ordnungsschema 72 3.1. Erläuterungen zum strategischen Human Resource Management (HRM) und Darlegung der geläufigsten Konzepte sowie Begründung der Wahl des Michigan-Ansatzes 3.1.1. Geschichtliche Entwicklung 3.1.2. Erläuterung und Abgrenzung des Begriffs “strategisches HRM“ 72 72 73 - VI - Seite 3.1.3. Gründe für die Einführung des strategischen HRM 3.1.4. Kritische Betrachtung des strategischen HRM 3.1.5. Darstellung der beiden bekanntesten konzeptionellen Ansätze des strategischen HRM 3.1.5.1. Darlegung des Harvard-Ansatzes 3.1.5.1.1. Komponenten und Auswirkungen von HRM-Politiken 3.1.5.1.2. Resümee 3.1.5.2. Erläuterung des Michigan-Ansatzes 3.1.5.2.1. Strategisches Management 3.1.5.2.2. Die vier Teilfunktionen des strategischen HRM 3.1.5.2.3. Die Human Resource-Politiken 3.1.5.2.4. Resümee 3.1.6. Gegenüberstellung der beiden HRM-Ansätze und Begründung der Wahl des Michigan-Konzeptes als konzeptionelle Grundlage für die weiteren Ausführungen 3.2. Szenario über die bedeutsamsten Entwicklungsperspektiven in der Unternehmens umwelt sowie deren Auswirkungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe 3.2.1. Wirtschaftliche Einflußfaktoren 3.2.1.1. Allgemeine ökonomische Entwicklungsperspektiven 3.2.1.2. Entwicklung der Vermögensstruktur 3.2.1.3. Zunehmende Dynamik des technologischen Fortschritts 3.2.1.4. Veränderte Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter aufgrund des technischen Fortschritts und der steigenden Kundenbedürfnisse 3.2.1.5. Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch intensivere Zusammenarbeit zwischen den Kfz-Herstellern/-Importeuren und ihren Vertragshändlern 3.2.2. Politische Einflußfaktoren 3.2.2.1. Auswirkungen des zunehmenden Ökologiebewußtseins der Bevölkerung 3.2.2.2. Konsequenzen des EG-Binnenmarktes und speziell der Europäischen Währungsunion 3.2.3. Kulturelle Einflußfaktoren 3.2.3.1. Demographische Veränderungen 3.2.3.2. Wertewandel 3.2.3.3. Verändertes Konsum- und Freizeitverhalten der Bevölkerung 3.3. Die strategische Unternehmensführung in mittelständischen Kfz-Betrieben 3.3.1. Die Formulierung einer Unternehmensvision zur Konkretisierung des Zukunftsbildes 75 76 79 79 80 83 84 84 87 89 89 90 94 95 95 97 98 99 101 103 103 105 110 110 112 114 118 120 - VII - Seite 3.3.2. Die Unternehmenspolitik als Gesamtheit des unternehmerischen Leitbildes 3.3.3. Die Corporate Identity zur Profilierung gegenüber den Wettbewerbern 3.3.4. Die Unternehmenskultur als interne Handlungs- und Verhaltensleitlinie 3.3.5. Inhalt und Umfang der einzelnen Planungsbereiche 3.3.5.1. Die generelle Zielsetzung im Autohaus 3.3.5.2. Die strategische Unternehmensplanung unter besonderer Berücksichtigung der strategischen Personalplanung 3.3.5.3. Verschiedene Formen der Wettbewerbsstrategie 3.3.5.4. Die Budgetierung als Schwerpunkt der operativen Planung 3.3.6. Das Controlling als systematische Verknüpfung von Planung, Kontrolle und Information 3.3.6.1. Inhalt und Umfang des strategischen und operativen Controlling 3.3.6.1.1. Das strategische Controlling 3.3.6.1.2. Das operative Controlling 3.3.6.2. Das Target Costing und die Prozeßkostenrechnung zur Unterstützung strategischer und operativer Entscheidungen 122 123 127 129 130 3.4. Die Organisationsstruktur in mittelständischen Kfz-Betrieben 3.4.1. Die Unternehmens- und Arbeitsorganisation 3.4.1.1. Gründe für die Notwendigkeit der Aufgabenverteilung 3.4.1.2. Stellen- und Abteilungsbildung in Unternehmen 3.4.1.2.1. Horizontale Differenzierung 3.4.1.2.1.1. Die funktionale Organisationsgestaltung als bedeutendste Form der horizontalen Stellen- und Abteilungsbildung in Autohäusern 3.4.1.2.1.2. Teilautonome Profit Center als moderne Form der Abteilungsbildung 3.4.1.2.2. Vertikale Differenzierung 3.4.1.2.2.1. Die Bedeutung von Leitungs- und ausführenden Stellen in der hierarchischen Organisationsstruktur 3.4.1.2.2.2. Das Einliniensystem als häufigste Form der vertikalen Unternehmensorganisation in Kfz-Betrieben 3.4.1.3. Funktionsübergreifende, gruppenorientierte Organisationsformen zur Verbesserung der kollegialen Zusammenarbeit und der Leistungseffizienz 3.4.1.3.1. Das Team-Konzept als teilautonome Werkstattorganisation 3.4.1.3.2. Die gruppenorientierte Organisation der Verkaufsabteilung 3.4.1.4. Neue markt- und prozeßorientierte Organisationsformen zur Verbesserung der Arbeitsqualität und der Kundenzufriedenheit 3.4.1.4.1. Das Betreuungsteam zur intensiven Nutzung von Synergieeffekten 151 151 151 153 153 133 136 139 142 144 144 145 147 154 156 157 157 159 160 161 162 163 165 - VIII - Seite 3.4.1.4.2. 3.4.1.4.3. Total Quality Management und weitere (Teil-)Ansätze zur Qualitätsverbesserung Kritische Betrachtung dieser neuen Konzepte 3.5. Das strategische Personalmanagement in mittelständischen Autohäusern 3.5.1. Die zunehmende Bedeutung des strategischen Personalmanagements aufgrund sich verändernder Rahmenbedingungen 3.5.2. Darstellung der einzelnen Teilbereiche des strategischen Personalmanagements 3.5.2.1. Strategische Personalbeschaffung und -auswahl 3.5.2.1.1. Unternehmensinterne und auf dem externen Arbeitsmarkt durchgeführte strategische Personalbeschaffung 3.5.2.1.1.1. Unternehmensinterne Personalbeschaffung zur Leistungsmotivation der Mitarbeiter 3.5.2.1.1.2. Vorgehensweise für eine effektive Personalakquisition auf dem externen Arbeitsmarkt 3.5.2.1.2. Strategische Personalauswahl 3.5.2.1.2.1. Aufgaben und Inhalte der Personalauswahl 3.5.2.1.2.2. Systematische Verfahren zur Personalauswahl 3.5.2.2. Strategische Leistungsbeurteilung 3.5.2.2.1. Bedeutung und Funktionen von Mitarbeiterbeurteilungen 3.5.2.2.2. Aufbau und Inhalt von Leistungs- und Potentialbeurteilungen 3.5.2.2.3. Das Mitarbeiterfördergespräch im Anschluß an die Leistungsbeurteilung 3.5.2.3. Strategische Personalentwicklung 3.5.2.3.1. Bedeutung und Ziele der Personalentwicklung 3.5.2.3.2. Maßnahmen und Instrumente zur Personalentwicklung 3.5.2.3.2.1. Berufliche Ausbildung 3.5.2.3.2.2. Berufliche Fortbildung 3.5.2.3.2.3. Karriere- und Laufbahnplanung 3.5.2.4. Strategische Anreiz- und Belohnungssysteme 3.5.2.4.1. Bedeutung und Inhalte der materiellen und immateriellen Anreize 3.5.2.4.2. Strategische Entgeltsysteme zur Leistungsmotivation von Führungsund Fachkräften 3.5.2.4.2.1. Strategisch orientierte, variable Vergütungssysteme für Führungskräfte 3.5.2.4.2.2. Leistungsabhängige Entgeltkonzepte für Fachkräfte aufgrund neuer prozeßorientierter Organisationsformen 169 172 174 174 176 177 177 177 179 182 182 183 188 188 192 195 198 198 202 202 204 206 209 209 211 212 217 - IX - Seite 3.5.2.4.2.3. Kritische Betrachtung strategisch orientierter, finanzieller Anreize 3.6. Zusammenfassung 4. Entwicklung eines zukunftsorientierten Curriculum-Vorschlags für ein duales, ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm für die Unternehmernachfolger 220 222 226 4.1. Methodisches Vorgehen bei der empirischen Erhebung 4.1.1. Untersuchungsziel und Zielgruppe der Studie 4.1.2. Wahl der Erhebungsmethode 4.1.3. Entwicklung und Aufbau des gesamten Fragebogens 4.1.4. Vorgehensweise beim Pretest 4.1.5. Stichprobenumfang und Aussagekraft der Untersuchung 4.1.6. Grundsätzliche Erläuterungen zur Auswertung des Fragebogens 226 226 226 229 232 232 234 4.2. Auswertung der schriftlichen Befragung 4.2.1. Generelle Aussagen zu den Befragungsteilnehmern 4.2.2. Entwicklung des Anforderungsprofils für Unternehmernachfolger 4.2.2.1. Vorgehensweise zur Ermittlung der zukünftig besonders leistungswirksamen Arbeitsinhalte 4.2.2.2. Das Erfolgs-/Mißerfolgsprofil aufgrund der Befragung 4.2.2.3. Das Anforderungsprofil der zukünftigen Unternehmernachfolger 4.2.3. Beurteilung der Auswirkungen der angeführten Umwelt- und Unternehmensentwicklungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe 4.2.4. Die präferierten Qualifikationswege und relevanten Kenntnismerkmale 4.2.4.1. Allgemeine Schul- und Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und Studium 4.2.4.2. Fachwissen und -können 4.2.4.3. Spezielle, branchenbezogene Fortbildungsmaßnahmen im In- und Ausland 4.2.4.4. Erwerb praktischer (Berufs-)Erfahrungen in den einzelnen Unternehmensbereichen eines Kfz-Betriebes und in anderen Wirtschaftsbereichen 4.2.4.5. Vergleich der Antworten zum Qualifikationsweg mit den korrespondierenden Beurteilungen der besonders kritischen Arbeitsinhalte 4.2.4.6. Branchenspezifische Vorschläge über mögliche Aus- und Fortbildungswege für zukünftige Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe 235 235 237 237 240 243 244 246 246 250 250 251 253 254 -X- Seite 4.2.5. Befragungsergebnisse hinsichtlich der Bedeutung der angeführten Seminarthemen und -inhalte 4.2.5.1. Beurteilung der Notwendigkeit der angeführten Themen und Inhalte 4.2.5.2. Vergleich der Bewertungen der Seminarthemen und -inhalte mit den Beurteilungen über die korrespondierenden besonders kritischen Arbeitsinhalte 4.3. Entwicklung eines Lehrplan-Vorschlags für ein zukunftsorientiertes, duales und ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm 4.3.1. Gründe für die Einführung systematischer Schulungsprogramme für Führungsnachwuchskräfte 4.3.2. Planung der durchzuführenden Qualifizierungsmaßnahmen 4.3.3. Aufbau und Inhalt des Qualifizierungsprogramms 4.3.3.1. Festlegung der erforderlichen Lehr- und Lernziele 4.3.3.2. Bestimmung der Lerninhalte bzw. Thematik und des groben Programmaufbaus 4.3.3.3. Erläuterung der bekanntesten Lehrmethoden und -medien zur Deckung des Entwicklungsbedarfs 4.3.3.3.1. Darstellung der wichtigsten Lehrmethoden 4.3.3.3.1.1. Die wichtigsten individuellen Qualifizierungsmaßnahmen am Arbeitsplatz 4.3.3.3.1.2. Die bedeutendsten Schulungsmaßnahmen außerhalb des Arbeitsplatzes 4.3.3.3.1.3. Allgemeingültige Kriterien zur Auswahl geeigneter Lehrmethoden 4.3.3.3.2. Darstellung der gebräuchlichsten Lehrmedien 4.3.4. Möglichkeiten zur Übertragung des Gelernten in die Praxis 4.3.5. Organisatorische Leitung sowie allgemeine Ablaufbedingungen des standardisierten Qualifizierungsprogramms 4.3.5.1. Organisation und Leitung des Programms 4.3.5.2. Systematischer Wechsel zwischen Bildungsveranstaltungen und praktischen Arbeitseinsätzen 4.3.5.3. Art und Umfang der Mitarbeit in den Praktikumsbetrieben 4.3.5.4. Generelle Lehr- und Zeitplangestaltung des standardisierten Programms 4.3.5.5. Bestimmung des Lernortes und Umfeldes bei Seminaren 4.3.5.6. Qualitative Anforderungen an den Programmleiter, Trainer und Ausbilder in den Praktikumsbetrieben 4.3.5.6.1. Der Programmleiter als kontinuierlicher, zentraler Ansprechpartner und Betreuer der Teilnehmer 255 255 258 260 260 263 264 264 267 268 268 269 272 279 280 282 283 283 287 288 288 290 291 291 - XI - Seite 4.3.5.6.2. Die Anforderungen an die Trainer für einen erfolgreichen Schulungsverlauf 4.3.5.6.3. Die Bedeutung des Verhaltens der Ausbilder in den Praktikumsbetrieben für einen positiven Lerntransfer 4.3.5.7. Weitere Aspekte, die bei der Planung eines Qualifizierungsprogramms zu berücksichtigen sind 4.3.5.8. Quantitative und qualitative Anforderungen an die Teilnehmer 4.3.5.9. Individuelle Anpassung des standardisierten Programms an das Qualifikationsniveau der einzelnen Teilnehmer 4.3.5.10. Detailplanung, Durchführung und Kontrolle des Qualifizierungsprogramms 4.3.5.10.1. Ablaufplan des gesamten Programms 4.3.5.10.2. Kontrolle des Lernerfolgs 4.4. Zusammenfassung 292 293 294 296 298 303 304 308 312 5. Gesamtresümee und kritische Würdigung der erzielten Ergebnisse sowie Empfehlungen für eine systematische Nachfolgeregelung und für einen branchenorientierten, dualen Studiengang 317 5.1. Zusammenfassung der Arbeit und kritische Betrachtung der Ergebnisse 5.2. Empfehlungen für eine idealtypische, systematische Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge 5.2.1. Ablaufschema einer langfristig geplanten, systematischen Nachfolgeregelung 5.2.1.1. Grundvoraussetzungen für eine geregelte Nachfolge 5.2.1.2. Ablaufplan für die Einarbeitung und die Übergabe an den Unternehmernachfolger 5.2.1.3. Vorgehensweise bei der Ablösung des Senior-Unternehmers durch den Nachfolger 5.2.1.4. Richtiger Zeitpunkt für die Eigentumsübertragung 5.2.1.5. Verminderung möglicher Generationskonflikte durch frühzeitige Planung sinngebender Freizeitaktivitäten seitens des Seniorchefs 5.2.2. Resümee 317 324 326 326 330 331 332 333 334 - XII - Seite 5.3. Vorschlag eines mittelstandsorientierten, branchenspezifischen Studiengangs für Nachwuchskräfte unter Berücksichtigung der Problembereiche der heutigen Berufs- und (Fach-)Hochschulausbildung 5.3.1. Allgemeine Defizite der heutigen Berufs- und (Fach-)Hochschulausbildung für zukünftige mittelständische Unternehmensführer 5.3.2. Fehlende systematisch abgestimmte, duale Schulungsangebote an (Fach-) Hochschulen und anderen Bildungsinstituten für die Nachfolger 5.3.3. Vorschlag für einen dualen Studiengang zur Vorbereitung der Nachwuchskräfte auf die Führungsaufgaben in kleinen und mittleren Kfz-Betrieben 335 335 337 339 ANHANG XX ALPHABETISCHES LITERATUR- UND RECHTSQUELLENVERZEICHNIS XC TABELLARISCHER LEBENSLAUF CXXII - XIII - ABBILDUNGS-, TABELLEN- UND ANLAGENVERZEICHNIS ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb.-Nr. Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Seite Differenzierung der branchenunabhängigen Größenbereiche des Instituts für Mittelstandsforschung Lehrveranstaltungen des Wahlpflichtfaches "Automobilwirtschaft" an der Fachhochschule Nürtingen/Geislingen Lehrveranstaltungen des Wahlpflichtfaches "Automobilwirtschaft" an der Universität Bamberg Darstellung der Ausbildungsanforderungen an den Kfz-Mechaniker und den KfzServicetechniker Übersicht über die verschiedenen Studienabschlüsse an der Northwood University sowie die dafür benötigte Vorbildung und jeweilige Studiendauer Übersicht zu den einzelnen HRM-Komponenten und -Ergebnissen Human Resource System Strategisches Management und Umwelteinflüsse Der Human Resource-Kreislauf Die vier Teilfunktionen des HRM und ihre Aufgaben auf der strategischen, taktischen und operativen Entscheidungsebene (Human Resource Activities) Vorzüge einer unternehmensspezifischen Corporate Identity Gegenüberstellung des strategischen und operativen Controlling anhand charakteristischer Merkmale Darstellung der funktionalen bzw. verrichtungsorientierten Organisationsstruktur Das Einliniensystem Aufgabenbereiche und Organisationsaufbau in der Cluster-Organisation Beispiel für ein strategisch orientiertes Entgeltsystem für Führungskräfte mit fixen und variablen Vergütungsbestandteilen Korrespondierende Lernziele und Lehrmethoden Trainingsbaustein zum Thema Kritikgespräch Ablaufplan und Themenstellungen des gesamten Programms 15 40 44 48 58 80 82 85 86 87 125 145 155 159 167 215 279 280 305 - XIV - TABELLENVERZEICHNIS Tab.-Nr. Tab. 1: Tab. 2: Tab. 3: Tab. 4: Tab. 5: Tab. 6: Tab. 7: Tab. 8: Tab. 9: Tab. 10: Tab. 11: Tab. 12: Tab. 13: Tab. 14: Tab. 15: Tab. 16: Tab. 17: Tab. 18: Tab. 19: Seite Positionen der Befragungsteilnehmer in den Unternehmen Höchster Aus- und Fortbildungsabschluß der Befragungsteilnehmer (nur eine Kategorie ankreuzen) Abgeschlossene Berufsausbildungen der Befragten (Mehrfachnennungen möglich) Unternehmensgrößenklassen der Kfz-Betriebe von den Befragungsteilnehmern Wichtigkeit der Kenntnisse über Entwicklungsperspektiven in der Automobilwirtschaft und speziell im Kfz-Gewerbe Präferierte allgemeine Schulausbildung Bevorzugte Berufsausbildung Bedeutung des Fachhochschul- und Hochschulstudiums Beurteilung der Wichtigkeit eines Auslandsstudiums Gewerblich-technische und kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten Wichtigkeit der Teilnahme an Unternehmernachfolger-Seminaren Notwendigkeit eines Auslandspraktikums (etwa 2-3 Monate) Notwendigkeit der praktischen Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Abteilungen des Kfz-Betriebes Händlerbetriebe zur praktischen Erfahrungsgewinnung Befragungsergebnisse bzgl. der Bedeutung der angeführten Seminarthemen und -inhalte Kenntnisse über branchenspezifische Marketingmaßnahmen Gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur Vermeidung von Generationskonflikten bei der Unternehmensübergabe Art und Weise der präferierten Unternehmensübergabe Weitere wichtige Seminarthemen und -inhalte 236 236 236 237 245 246 247 248 249 250 251 251 252 252 256 257 257 258 258 - XV - ANLAGENVERZEICHNIS Anlage Nr. Anlage 1: Übersicht zu den Ausbildungsverordnungen für Kfz-Mechaniker/-innen und KfzElektriker/-innen Anlage 2: Übersicht zu den vier Ausbildungsverordnungen für kaufmännische Lehrlinge im Kfz-Gewerbe Anlage 3: Studienplan und (Wahl-)Pflichtfächer im Grund- und Hauptstudium an der Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen Anlage 4: Studienplan für das Fach "Automobilwirtschaft" an der Universität Bamberg Anlage 5: Entwurf einer bundeseinheitlichen Rahmenlehrplanübersicht für Vorbereitungslehrgänge zur Meisterprüfung im Kfz-Mechaniker- und Kfz-Elektriker-Handwerk vom ZDK Anlage 6: Stoffplan der beiden Bildungswege (Kfz-Betriebswirt, -Betriebsassistent) an der Betriebswirtschaftlichen Fachschule Calw (BFC) Anlage 7: Themen der Lehrveranstaltungen an der Northwood University im Herbst- und Wintersemester 1991/92 mit Angabe der Semesterwochenstunden (=Credit Hours - cr.) Anlage 8: Schaubild über typische kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Aus- und Fortbildungswege für Unternehmernachfolger/-innen im Kfz-Gewerbe Anlage 9: Gesamtübersicht über typische gewerblich-technische und kaufmännischbetriebswirtschaftliche Bildungswege für Unternehmernachfolger/-innen und teilweise auch für Führungs-(nachwuchs-)kräfte, Mitarbeiter und Azubis im Kfz-Gewerbe Anlage 10: Spezielle Unternehmernachfolger-Programme der einzelnen Kfz-Hersteller/ -Importeure und fabrikatsübergreifend der Autohaus Akademie Anlage 11: Darstellung einiger, in der Praxis häufig absolvierter Bildungswege von Unternehmernachfolgern(-innen) im Kfz-Gewerbe Anlage 12: Ausschnitt eines möglichen Formblattes für eine differenzierte Mitarbeiterbeurteilung Anlage 13: Regelkreis der Personalentwicklung Anlage 14: Fragebogen einschließlich Begleit- und Geleitschreiben Anlage 15: Erinnerungs-/Nachfaßschreiben zur empirischen Untersuchung Anlage 16: Erfolgs- und Mißerfolgsprofil zukünftiger Unternehmernachfolger im Kfzauf der Grundlage kritischer Ereignisse Anlage 17: Graphische Darstellung der kritischen Erfolgs- und Problemfaktoren zukünftiger Unternehmernachfolger Gewerbe - XVI - Anlage 18: Anforderungsprofil für zukünftige Unternehmernachfolger in mittelständischen KfzBetrieben Anlage 19: Rangfolge der zuvor ermittelten Problemfaktoren in den fünf Hauptbereichen Anlage 20: Curriculum-Vorschlag für ein zukunftsorientiertes, duales und ressortüber-greifendes Qualifizierungsprogramm für Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben Anlage 21: Fragebogen zur groben Ermittlung des individuellen Qualifikationsniveaus, der Vorkenntnisse und Berufserfahrungen der potentiellen Programmteilnehmer Anlage 22: Genereller Aufbau und Zeitplan für das 15- bis 16-monatige Qualifizierungsprogramm Anlage 23: Allgemeines Informationsblatt für die Teilnehmer an dem Qualifizierungsprogramm Anlage 24: Beurteilungsbogen für Seminare Anlage 25: Muster eines Beobachtungsbogens für ein Rollenspiel zum Thema "Kritik als Führungsmittel" (Ausschnitt) Anlage 26: Beurteilungsbogen für Praktikanten Anlage 27: Beurteilungsbericht der Praktikanten über den Praktikumsbetrieb und den Anlage 28: Schema zur systematischen Überprüfung der Nachfolgeregelung im Kfz-Betrieb Ausbilder - XVII - ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS Abkürzung Bedeutung Abb. ABS Abs. AC ADAC Aufl. AG AH amerik. Anmerk. d. Verf. Art. AW Azubi BA BAföG BBA BBiG bearb. BFC Betriebs- Abbildung Antiblockiersystem Absatz Assessment Center Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. Auflage Aktiengesellschaft Autohaus (Fachzeitschrift) amerikanische(n) Anmerkung des Verfassers Artikel Arbeitswert(e) Auzubildender (Lehrling) Berufsakademie Bundes-Ausbildungsförderungs-Gesetz Bachelor of Business Administration Berufsbildungsgesetz bearbeitet Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw (Bundesfachschule für Bd. BetrVG BMW BWL bzgl. bzw. ca. CD C.E.C.R.A. CI CIP cr. DAT DEKRA d.h. DIN Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Diss. DM Dr. rer. pol. durchgeseh. Ed. EDV EF EG wirtschaft im Kfz-Gewerbe) Band Betriebsverfassungsgesetz Bayrische Motorenwerke AG Betriebswirtschaftslehre bezüglich beziehungsweise circa Compact Disc Verband des europäischen Kfz-Gewerbes Corporate Identity Continuous Improvement credit hours Deutsche Automobil Treuhand e.V. Deutscher Kraftfahrzeug-Überwachungsverein e.V. das heißt Deutsche Industrienorm Diplom-Ingenieur Diplom-Kaufmann Dissertation Deutsche Mark doctor rerum politicarum durchgesehen Editor Elektronische Datenverarbeitung Erfolgsfaktor(en) Europäische Gemeinschaft - XVIII - EN erg. erw. et al. Abkürzung Europanorm(en) ergänzt erweitert und weitere Co-Autoren Bedeutung etc. EU e.V. EWG et cetera Europäische Union eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (heutzutage als Europäische Gemeinschaft (EG) bezeichnet) Europäische Währungsunion Europäische Zentralbank folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung (Tageszeitung) fort folgende Fachhochschule Forschung und Entwicklung Gesamthochschule Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesellschaft mit beschränkter Haftung verbunden mit einer Kommanditgesellschaft gegebenenfalls Gewinn- und Verlustrechnung Gruppenfreistellungsverordnung Heft Handelsgesetzbuch Human Resource Management Herausgeber in der Regel Industrie - und Handelskammer inklusiv(e) International Organization for Standardisation Industrie und Organisation (Management Zeitschrift) Junior Autohaus Manager (Programm) Jahrgang Jahrhundert kurzfristige Erfolgsrechnung Kraftfahrzeug Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kilometer Kombinationskraftwagen korrigiert Kontinuierlicher Verbesserungsprozeß Master of Business Administration Management Buy-Out Million(en) Massachusetts Institute of Technology (Japan) Milliarde(n) Mehrwertsteuer EWU EZB f FAZ ff FH F. u. E. GH GmbH GmbH & Co.KG ggf. G.u.V. GVO H. HGB HRM Hrsg. i.d.R. IHK inkl. ISO IO JAM Jg. Jh. KER Kfz KG KGaA km Kombi korrig. KVP MBA MBO Mio. MIT Mrd. Mwst. - XIX - n N Nr. OHG o.J. o.S. o.V. Abkürzung Stichprobenumfang Grundgesamtheit Nummer Offene Handelsgesellschaft ohne Jahr ohne Seite ohne Verfasser Bedeutung PC PF Pkw rel. ROI S. SESAM sog. SS St. Std. SWS Tab. TBA TÜV TQM u.a. u.a.m. u.ä. Univ.-Prof. unveränd. US-amerikanisch USA usw. überarb. u.U. u.v.a.m. v. VDA VDIK verantwortl. verb. vgl. vs. VW VWA VWL WHU WS z.B. ZFB ZFBF Personalcomputer Problemfaktor(en) Personenkraftwagen relative Return on Investment (=Rücklauf des eingesetzten Kapitals) Seite Students Exchange Service for Automotive Management - International sogenannte Sommersemester Sankt Stunde(n) Semesterwochenstunden Tabelle Technischer Betriebsassistent Technischer Überwachungsverein e.V. Total Quality Management unter anderem und anderes mehr und ähnliches Universitäts-Professor unveränderte bezeichnet die nordamerikanischen Staaten United States of America (=Vereinigte Staaten von Amerika) undsoweiter überarbeitete unter Umständen und vieles anderes mehr von Verband der Automobilindustrie e.V. Verband der Importeure von Kraftfahrzeugen e.V. verantwortlich verbesserte vergleiche versus Volkswagen AG Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Volkswirtschaftslehre Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (in Koblenz) Wintersemester zum Beispiel Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung - XX - ZFO ZDK zit. z.T. z.Z. zzgl. Zeitschrift für Führung + Organisation Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe zitiert zum Teil zur Zeit zuzüglich - 1 - 0. Einführung 0.1. Ausgangssituation und Problemstellung Die Arbeits- und damit einhergehend die Qualifikationsanforderungen haben sich in den letzten 40-50 Jahren in den westdeutschen Wirtschafts- und Unternehmensbereichen sowie -ebenen aufgrund des vielschichtigen Fortschritts stark verändert. Standen nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst manuelle Fertigkeiten im Vordergrund, so wandelte sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten das Anforderungsprofil hin zu intellektuellen Befähigungen, z.B. Automatisierungs-, EDV-, System-, Fremdsprachen-Kenntnissen, Controlling, planerischen Fähigkeiten etc. (vgl. Baron/Fin, 1990, S. 142; Barthold, 1986, S. 2f; Franke, 1985, S. 7). Die immer schneller fortschreitenden technologischen Entwicklungen und die veränderten Marktbedingungen, wie z.B. - der fortlaufende Strukturwandel in der Wirtschaft, - der größere Wirtschaftsraum durch das vereinte Deutschland, - die Vollendung und Erweiterung des EU-Marktes, - das wirtschaftliche Zusammenrücken aller europäischen Staaten in Ost und West, - der zunehmende internationale Wettbewerb (vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 40f), haben zu einer zunehmenden Komplexität und Instabilität des Unternehmensumfeldes geführt, in denen Produkte und berufliche Kenntnisse alsbald veralten (vgl. Hoss, 1991, S. 20). Die Anfang der 90er Jahre einsetzenden Veränderungsprozesse haben nicht nur in großen Unternehmen der seriellen Massenfertigung (z.B. Automobil-, Elektroindustrie), sondern in fast allen Branchen und Unternehmensgrößenklassen zu umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen geführt. Der steigende Konkurrenzdruck macht es erforderlich, auf die Wünsche der Kunden noch stärker als in der Vergangenheit einzugehen. Das führt u.a. zu erhöhten Anforderungen an die Arbeitsqualität und Serviceleistungen, die mit herkömmlichen Organisations- und Führungsstrukturen nicht mehr realisierbar sind (vgl. Soltwedel, 1995, S. 13). Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit müssen zukünftig in den Unternehmen die hierarchischen Strukturen abgeflacht, innovative Formen der Arbeitsorganisation über die gesamte Wertschöpfungskette etabliert und Methoden wie Betreuungsteams, Qualitätszirkel etc. ins Unternehmenskonzept aufgenommen werden. Nur durch kontinuierliche Lern- und Entscheidungsprozesse können sich die Unternehmen kurzfristig und flexibel den geänderten Marktkonstellationen anpassen. Dabei gewinnt der horizontale Informationsaustausch und die horizontale Koordination zwischen den Mitarbeitern in den oftmals abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppen zunehmende Bedeutung (vgl. Frese/Werder, 1994, S. 14ff). - 2 - Durch die stärkere Delegation von Verantwortung und Entscheidungskompetenz kommt der Einsatzbereitschaft und Motivation der Mitarbeiter (human resources) auf allen Unternehmensebenen eine immer größere Bedeutung für den Gesamterfolg des Unternehmens zu. Dabei erhält die Integration der Arbeitnehmer in den Planungs- und Gestaltungsprozeß steigende Bedeutung, um die Flexibilität des Unternehmens zu erhöhen, die Entscheidungsfindung zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die an den einzelnen Mitarbeiter gestellten Leistungsanforderungen werden dabei erheblich komplexer; Interdependenzen innerhalb von Teams und zwischen den Gruppenmitgliedern gewinnen an Bedeutung (vgl. Soltwedel, 1995, S. 13). Um den wirtschaftlichen, organisatorischen und personalpolitischen Veränderungen gewachsen zu sein, benötigen insbesondere die Führungskräfte1 entsprechende Qualifikationen2, die sie in die Lage versetzen, die zukünftigen Chancen und Risiken ihres Unternehmens zu erkennen und vorteilhaft zu nutzen (vgl. Schuchart, 1989, S. 247). Gerade in mittelständischen Unternehmen wie dem KfzGewerbe ist die Führungsbefähigung der Unternehmensleitung und der Führungskräfte entscheidend für den langfristigen Unternehmenserfolg (vgl. Gutersohn, 1985, S. 15). Dabei haben sich die Anforderungen an die Manager in den vergangenen zwei Jahrzehnten gewandelt. Neben der fachlichen Kompetenz gewinnen vor allem soziale, persönliche und konzeptionelle Fähigkeiten zunehmende Bedeutung für eine erfolgreiche mitarbeiter- und ertragsorientierte Unternehmensführung (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 21f; Wohlgemuth, 1990, S. 94). Diese allgemeinen, fachübergreifenden und langfristig einsetzbaren Qualifikationen3 können zwar in Form von Simulationsverfahren (z.B. Plan-, Rollenspiel, Fallstudie) systematisch vorbereitet werden, trotzdem können sie nur wirklich geübt, automatisiert und verstanden werden durch die praktische Anwendung in beruflichen Tätigkeiten (Lernen in Realsituationen, ganzheitliche Lernsituationen etc.) unter Einbeziehung konkret handelnder Mitarbeiter, ihrer Intentionen, Sicht- und Verhaltensweisen etc. (vgl. Brater/Bauer, 1990, S. 66f; Stein/Weitz, 1992, S. 4). 1 Führungskräfte sind diejenigen Personen im Unternehmen, die mit unterschiedlichen Macht-, Weisungsbefugnissen und Kompetenzen gegenüber anderen Personen zur Durchsetzung bestimmter Teilziele des Unternehmens ausgestattet sind (vgl. Grochla et al., 1983, S. 11; Koreimann, 1986, S. 12). Dabei handelt es sich überwiegend um qualifizierte Mitarbeiter mit erheblicher Sachverantwortung (vgl. Grochla et al., 1983, S. 11). 2 Der Begriff “Qualifikation“ wird in der Literatur oft synonym mit Eignung oder Befähigung verwendet und wird durch das individuelle Leistungspotential sowie -angebot bestimmt (vgl. Hentze, 1991(a), S. 204). 3 In der fachspezifischen Literatur werden fachübergreifende bzw. extrafunktionale (Basis - bzw. Generalisten-) Qualifikationen, wie ganzheitliches und vernetztes Denken und Handeln, Team-, Kooperations-, Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität, Persönlichkeit, Ausstrahlung, Verantwortungsbereitschaft, Arbeitsdisziplin, Fremd sprachenkenntnisse, Bereitschaft und Fähigkeit zum lebenslangen Lernen etc., oft mit dem Begriff “Schlüsselqualifikationen“ gleichgesetzt (vgl. Albers, 1988, S. 88; Berthel, 1987, S. 114; Schmiel, 1988, S. 60ff; Zander, 1994, S. 215). Auf ihre Bedeutung für die Mitarbeiterführung wird im dritten Kapitel noch näher eingegangen. - 3 - In einigen Wirtschaftsbereichen, wie beispielsweise dem Bankwesen (Deutsche Bank, Commerzbank, Hypo-Bank etc.), dem High-Tech(nology)-Sektor (Siemens, IBM, Hewlett Packard usw.) sowie bei den Automobilherstellern (Volkswagen/Audi, Ford, Mercedes-Benz etc.) hat man die Bedeutung der vielschichtigen Qualifizierung4 der Führungsnachwuchskräfte bereits erkannt und auf die späteren Arbeitsinhalte ausgerichtete theoretische (training off the job) und vor allem praktische (training on the job) Schulungen konzipiert (vgl. Göbel et al., 1988, S. 103; Lantz, 1990, S. 167). In diesen (Groß)Unternehmen gibt es spezielle Trainee-Programme5, die die Absolventen - je nach Unternehmen zwischen 12 und 18 Monaten Laufzeit - in verschiedenen Bereichen jeweils 1-3 Monate einsetzen, um ihnen einen Überblick über das gesamte Unternehmen, dessen Geschäftsbereiche und vor allem die Schnittstellen zu vermitteln (vgl. Göbel et al., 1988, S. 103). Obwohl die mittelständischen Betriebe in Deutschland mit etwa 3,2 Mio. Unternehmen und ca. 23 Mio. Mitarbeitern gegenüber den rund 10.500 Großbetrieben eindeutig überwiegen (vgl. Hamer, 1990(b), S. 14; Schmidt, 1993, S. 51ff), gibt es bei ihnen nur vereinzelt Qualifizierungskonzepte, die auf die späteren Arbeitsanforderungen der Nachwuchskräfte abgestimmt sind. Das gilt auch für das KfzGewerbe mit nahezu 50.000 in die Handwerksrolle eingetragenen freien und vertragsgebundenen KfzMeisterbetrieben, in denen ca. 530.000 Mitarbeiter einschließlich Auszubildenden und Inhabern beschäftigt sind (Zahlenangaben laut Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe6 - Stand Mitte 1997). Diese gehören zu den wirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch gesehen wichtigsten mittelständischen Unternehmensformen (vgl. Diez, 1994(a), S. 22). 4 Unter dem Begriff “Qualifizierung“ wird das individuelle oder auch das anderweitige (z.B. durch unternehmensinterne, -externe Schulungen bzw. Seminare) unterstützte Bemühen verstanden, (vorhandene) Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen durch Aus-, Fortbildung und Umschulung zu erweitern und/oder zu vertiefen, um bestimmte, bisherige oder neue Tätigkeiten (Arbeit, Leistung) erfolgreich durchführen zu können (vgl. Berthel et al., 1990, S. 78; Berthel, 1995, S. 37; Koeder/Priester, 1991, S. 118). Erst das Zusammenspiel der Komponenten bewirkt das Leistungsverhalten (vgl. Berthel et al., 1990, S. 78); es kennzeichnet die Befähigung der jeweiligen Person für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit (vgl. Mentzel, 1994, S. 169). 5 Trainee-Programme dienen der systematischen Einführung in die Arbeit mehrerer Funktionsbereiche (Verkauf, Marketing, Rechnungswesen usw.), um einerseits den Absolventen Einblick in das Unternehmen zu vermitteln und um andererseits Entscheidungshilfen zu geben, für welche spätere Tätigkeit sich die einzelnen Trainees eignen (vgl. im einzelnen Ferring/Thom, 1981, S. 6ff; Conradi, 1983, S. 53; Staufenbiel, 1994, S. 73). 6 Der "Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe" (ZDK) ist die Interessenvertretung aller Kfz-Unternehmen in Deutschland und innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EG). Er versteht sich als Dienstleister seiner Mitglieder, beispielsweise bei Betriebs-, Rechts-, Finanzierungsberatungen, zur Unterstützung bei Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie als Vermittler zwischen Automobilindustrie und -händlern (vgl. Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1990, o.S.). - 4 - Die Automobilwirtschaft7 und speziell das Kfz-Gewerbe befinden sich in einem tiefgreifenden strukturellen Wandel. Angesichts - der weltweiten Überkapazitäten in der Fahrzeugproduktion, - der Internationalisierung des Automobilhandels (z.B. EU-Importe), - der verkehrs- und umweltpolitischen Maßnahmen, die auf eine Begrenzung und Verteuerung des Individualverkehrs abzielen, - der Aufweichung vorhandener Vertriebsstrukturen, - der zunehmenden Sättigungstendenzen auf dem Automobilmarkt, - des veränderten Kundenverhaltens (Erlebniskonsum vs. Preissensitivität), - der überbesetzten bzw. ungünstig aufgeteilten Händlernetze mit zu geringen Betriebsgrößen, wird der Verdrängungswettbewerb und Kostendruck in den 90er Jahren für die deutschen KfzHersteller und insbesondere für die Kfz-Betriebe weiter zunehmen (vgl. Goeudevert, 1990, S. 12ff; Müller/Reuss, 1995, S. 11ff). Um in dem umkämpften Markt weiterhin bestehen zu können, müssen neben der kontinuierlichen Ausund Weiterbildung der Mitarbeiter in den verschiedenen Unternehmensbereichen eines Autohauses (Neu- und Gebrauchtwagenhandel, Kundendienst/Werkstatt, Teilelager, Finanzbuchhaltung etc.) vor allem die zukünftigen Unternehmer8- bzw. Geschäftsführer9/-innen eine umfassende Qualifizierung erhalten. Deren Aus- und Fortbildung beruht bisher meist auf Bildungsmaßnahmen in den traditionellen Bereichen eines Autohauses, entweder im kaufmännischen (z.B. Büro-, Groß- und Außenhandelskaufmann) oder im handwerklichen (z.B. Kfz-Mechaniker, -Meister) Sektor. Diese Schulungen beschränken sich vorrangig auf das operative Tagesgeschäft und versuchen den 7 Die Automobilwirtschaft umfaßt den kompletten Wertschöpfungskreislauf, d.h. alle Unternehmen, die mit der Herstellung, Vermarktung, Instandsetzung und Entsorgung von Automobilen und Fahrzeugteilen zur Erbringung einer kundengerechten Marktleistung (Produkt und Serviceleistung) befaßt sind. Dazu zählen u.a. Automobilzulieferer, -produzenten, Kfz-Betriebe und Entsorgungsunternehmen (vgl. Diez, 1994(a), S. 13ff). 8 Wenn der bzw. die Eigentümer zugleich auch Geschäftsführer des Unternehmens sind, bezeichnet man solche Betriebe als Eigentümer-Unternehmen (vgl. Blatt et al., 1988, S. 25; Wöhe, 1986, S. 90). Der Inhaber übt bei Betrieben dieser Art zwei Funktionen aus. Einerseits leitet er das Unternehmen und andererseits trägt er auch das Kapitalrisiko, d.h. er ist allein für die Aufstellung des Wirtschaftsplans verantwortlich und trifft alle Entscheidungen eigenständig (sog. Direktorialprinzip). Ferner trägt der Inhaber die volle Verantwortung für die (wirtschaftliche) Entwicklung des Unternehmens, von dem sowohl sein eigenes als auch das Einkommen der Mitarbeiter abhängt. Der Gewinn steht ihm allein zu, entsprechend muß auch der Verlust von ihm allein getragen werden (vgl. Hamer, 1990(b), S. 14ff). 9 Geschäftsführer bzw. (Fremd -)Manager sind - generell betrachtet - die Führungskräfte im Unternehmen, die in arbeitsteiliger Weise an der Zielerreichung beteiligt sind, mit unterschiedlichen Kompetenzen (Machtbefugnissen) ausgestattet sind sowie fachliche und disziplinarische Weisungsbefugnis gegenüber einer oder mehreren Personen haben (vgl. Hamer, 1990(b), S. 36; Koreimann, 1986, S. 11f). Sie besitzen jedoch meist keinen rechtlichen oder vermögensmäßigen Anteil am Unternehmen (vgl. Escherle/Kaplaner, 1990, S. 403). Die Geschäftsführer besitzen zwar weitgehende Verfügungsrechte, die aber i.d.R. von den Eigentumsrechten getrennt sind. Hieraus ergeben sich auch Unterschiede bzgl. der Haftung, der Identifikation mit dem Unternehmen, der Verantwortlichkeit und des Zielhorizontes von Entscheidungen (vgl. Schmidt, 1993, S. 51). - 5 - Nachfolgern in einzelnen Abteilungen des Unternehmens fundierte Kenntnisse zu vermitteln, vernachlässigen jedoch die sich fortlaufend ändernden Organisations- und Führungsstrukturen. Trotz der erheblichen Bedeutung für die deutsche Wirtschaft gibt es bisher kaum wissenschaftlich fundierte Veröffentlichungen über strategische Management- und Führungsaufgaben in kleineren und mittleren (Kfz-)Betrieben, die verständlich und praktikabel sind sowie die Unternehmensführung bei ihren langfristigen Planungen unterstützen (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 205). Meist liegen Publikationen lediglich in Aufsatzform vor und befassen sich mit Teilbereichen der vielfältigen Unternehmensführung. Die zukünftigen unternehmerischen Aufgaben erfordern nicht mehr den selbst produktiven ("schraubenden") Kfz-Meister in der Werkstatt, sondern einen mit verschiedenen Managementqualifikationen (vgl. Brachat, 1992(b), S. 18) - ähnlich denen eines Managers in Großbetrieben ausgestatteten strategischen Unternehmensführer. In Zukunft kommt es vielmehr darauf an, daß die Nachfolger in langfristigen Dimensionen denken und handeln, mögliche Entwicklungstendenzen voraussehen und ihre Planungen darauf ausrichten können. Das ist nicht zu realisieren mit einem reaktiven Verhalten, sondern nur bei vorausschauender Planung, d.h. bei einem aktiven strategischen Management. Vor allen Dingen muß der langfristigen, integrativen Planung und Abstimmung der personellen Ressourcen (Management of human resources) mit den unternehmerischen Rahmenbedingungen, Veränderungen und Zielen zentrale Bedeutung zukommen (vgl. Johansson, 1990, S. 43). Im Dienstleistungsgewerbe wie dem Kfz-Gewerbe werden die qualifizierten, motivierten Mitarbeiter, bei zunehmender Händlerdichte und (sicherheits-) technischer, preislicher sowie optischer Angleichung der einzelnen Fahrzeuge, immer stärker zum entscheidenden strategischen Erfolgsfaktor. Aufgrund der immer komplexeren Anforderungen an den zukünftigen “Autohaus-Manager“ reicht es in den 90er Jahren nicht mehr aus, wenn die Nachfolger ihre führungs- und branchenspezifischen, praktischen Erfahrungen ausschließlich im elterlichen bzw. Stammbetrieb erwerben (vgl. Finsterwalder, 1990, S. 28). Insbesondere unter dem Aspekt, daß nach verschiedenen Untersuchungen (z.B. Autohaus Studienabteilung (1997), Aral AG in Verbindung mit dem Autohaus Verlag (1993)) bis zum Jahr 2002 bei etwa 25 % der fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe in Deutschland die Unternehmensnachfolge ansteht (vgl. Autohaus Studienabteilung, 1997, S. 5; Aral AG/Autohaus Verlag GmbH, 1993, S. 7), ergibt sich ein erheblicher Qualifizierungsbedarf10. Bisher wurden zwar für die Nachfolger mittelständischer Kfz-Betriebe von den einzelnen KfzHerstellern bzw. -Importeuren sowie händlerübergreifend von der "Autohaus Akademie" bran10 Der Begriff “Qualifizierungsbedarf“ besagt, über welche Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen die potentiellen Stelleninhaber verfügen müssen, um die an sie gestellten Arbeitsanforderungen erfüllen zu können. Dabei erfolgen jedoch keine Angaben darüber, wie der Lernprozeß zu konzipieren ist (vgl. Hentze, 1991(a), S. 343). Die Ausgestaltung dieses Prozesses wird erst in der Qualifizierungsplanung durchgeführt. - 6 - chenbezogene Unternehmernachfolger11-Programme angeboten (siehe auch Anlage 10), die die Absolventen auf ihre zukünftigen Arbeitsanforderungen vorbereiten sollen. Jedoch sind diese jeweils 3bis 5-tägigen Seminare pro Themenbereich, in denen den Nachwuchskräften kfz-händlerspezifisches Wissen vermittelt werden soll, überwiegend theoretische Veranstaltungen, wie nachfolgende Auflistung der Themenschwerpunkte zeigt: - erfolgreiche Unternehmensführung und -organisation durch betriebswirtschaftliche Analyse und Planung, - spezielle Führungsseminare (Rhetorik, Zeitmanagement, Personalmanagement, aktive Mitarbeiterführung und -motivation etc.), - spezielle Fachlehrgänge (z.B. Bedeutung der Geschäftsfelder Verkauf, Kundendienst und Teilehandel; gezielte Autohaus-Werbung für die einzelnen Bereiche; Recht und Steuern; EDV-Einsatzmöglichkeiten im Händlerbetrieb; betriebswirtschaftliche Kennzahlen zur effizienten Unternehmenssteuerung, zum Teil auch unter Anwendung computergestützter Planspiele), - Bedeutung des Qualitätsmanagements als Grundlage für erfolgreiche Kundenbetreuung und -bindung sowie den zukünftigen Unternehmenserfolg, - konfliktfreie Gestaltung der Unternehmensübergabe, - Darstellung der Beziehungen zwischen Kfz-Hersteller/-Importeur und -Händler. Diese Schulungen sind als Ergänzungsprogramme für bereits im Kfz-Gewerbe arbeitende Führungskräfte sicher empfehlenswert, jedoch erscheint es darüber hinaus dringend erforderlich, daß die Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger(-innen)12 auch bei Partnerhändlern in den verschiedenen Unternehmensbereichen praktisch eingesetzt werden. Für diese Verzahnung zwischen den theoretischen Lerninhalten und der praktischen Anwendung bedarf es einer systematischen Qualifizierungsplanung13 nach dem aus der beruflichen Erstausbildung bekannten sog. “dualen System“. Bisher werden die Unternehmensnachfolger oftmals ohne ausreichend praktische Erfahrungen in Mitarbeiterführung, -motivation, Unternehmensleitung, spezifischem Marketing, Kundendienst, Rechnungswesen usw. mit einer so komplexen Führungsaufgabe konfrontiert. 11 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden unter dem Begriff “Unternehmernachfolger/-in“ alle familienangehörigen (z.B. Kinder, Schwiegersohn, -tochter, Verwandte) und -fremden (z.B. unternehmensinterne und -externe Nachwuchskräfte, Führungskräfte und Mitarbeiter) Nachfolger subsumiert, die auf die zukünftige Übernahme der gesamten Unternehmensführung im Kfz-Betrieb als Eigentümer-Unternehmer (meist Erbe) oder Geschäftsführer vorbereitet werden. Die Übertragung erfolgt mit allen persönlichen, sachlichen Führungs-, Entscheidungs- und Dispositionsbefugnissen sowie der gesamten Verantwortungsübernahme (in Anlehnung an Blatt et al., 1988, S. 160). 12 Sämtliche Ausführungen dieser Arbeit gelten selbstverständlich auch für die weiblichen Unternehmer- bzw. Geschäftsführernachfolger im Kfz-Gewerbe, auch wenn sie nicht jedesmal explizit benannt werden. 13 Unter dem Begriff "Qualifizierungsplanung" wird im Rahmen dieser Arbeit die frühzeitige, zielgerichtete, systematische und umfassende Vorbereitung der Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger durch entsprechende theoretische und praktische Aus- und Fortbildungsmaßnahmen auf die gegenwärtigen und vor allem zukünftigen Aufgaben und Arbeitsanforderungen subsumiert. - 7 - 0.2. Zielsetzung und Gegenstand der Untersuchung Obwohl - wie bereits erwähnt - in diesem Jahrzehnt bei vielen deutschen markengebundenen KfzBetrieben die Unternehmensnachfolge zu regeln ist, bietet bisher kein Kfz-Hersteller/-Importeur und auch keine externe kommerzielle Institution ein zukunftsorientiertes, systematisches Qualifizierungsprogramm für diese Zielgruppe an, das sowohl auf die späteren Arbeits- und Führungsanforderungen ausgerichtete theoretische und vor allem praktische Schulungsmaßnahmen - speziell in fremden Kfz-Betrieben - beinhaltet. Berücksichtigt man des weiteren, daß nach wissenschaftlichen Untersuchungen (z.B. Shell Junior Autohaus Manager (JAM) Profil Studie, 1997) etwa jede zweite Unternehmensnachfolge scheitert, da die Nachwuchskraft nicht die benötigten gestiegenen Qualifikationen und den Willen aufweist, das Unternehmen weiter zu führen oder da sie andere persönliche Ziele verfolgt, wird der Stellenwert dieser Thematik noch deutlicher (vgl. Meunzel, 1997, S. 20). Aufgrund dieser Mängel ist das Anliegen der vorliegenden Arbeit, basierend auf einem “Human Resource Management“-Ansatz als konzeptionelle Grundlage, darzustellen, welche vielfältigen Qualifikationen, insbesondere hinsichtlich der strategischen Unternehmens- sowie Mitarbeiterführung und -motivation, für zukünftige Unternehmensführer im Kfz-Gewerbe erforderlich sind. Dazu wurde ein Fragebogen entwickelt, der an erfahrene Inhaber-/Geschäftsführer(-innen) mittelständischer westdeutscher Kfz-Betriebe versandt wurde, um zu untersuchen, welche Schulungsmaßnahmen für Nachfolger/-innen bisher durchgeführt bzw. in Anspruch genommen worden sind und welche theoretischen und praktischen Bildungsschwerpunkte und Lerninhalte den Befragten für die zukünftigen Fach- und Führungsaufgaben erforderlich erscheinen. Basierend auf diesen Ergebnissen wird ein Lehrplan-Vorschlag für ein zukunftsorientiertes, systematisches und duales Qualifizierungsprogramm erstellt, das auf die vorhandenen Qualifikationen, persönlichen Stärken/Schwächen, Erfahrungen, Interessen, Neigungen, das jeweilige Leistungspotential, den zukünftigen Arbeitsbereich der einzelnen Teilnehmer und die Größe des Kfz-Betriebes individuell abgestimmt werden muß. Anstelle der bisher vorrangig durchgeführten funktionalen Schulungen für diese Nachwuchskräfte wird eine umfassende strategische Management- und Führungsausbildung konzipiert, die insbesondere die langfristige Planung umfaßt. Dabei werden neben den möglichen Umfeldentwicklungen auch die notwendigen flexiblen, kunden- und prozeßorientierten Organisationsstrukturen14 sowie vor allem die Qualifikation und Motivation der vorhandenen Mitarbeiter berücksichtigt, denn sie sind bei den fortlaufenden Umstrukturierungsprozessen der entscheidende Wettbewerbsfaktor. Das Programm besteht aus verschiedenen theoretischen (z.B. Seminaren, Vorträgen) und darauf aufbauenden praktischen (z.B. Betriebspraktika) Qualifizierungsmaßnahmen und soll die Unternehmer- 14 Dabei wird in den nachfolgenden Ausführungen vorrangig auf die “Organisationsgestaltung“, also die Schaffung und Veränderung von formellen systematischen Regelungen und Strukturen, eingegangen. - 8 - /Geschäftsführernachfolger gezielt und umfassend auf ihre Fach- und Führungsaufgaben in den 90er Jahren vorbereiten. Einschränkend muß herausgestellt werden, daß sich die empirische Erhebung ausschließlich auf Westdeutschland bezieht. Diese geographische Begrenzung der schriftlichen Befragung war notwendig, da zum Zeitpunkt der Untersuchung die Anschriften, Unternehmensgrößen, Mitarbeiterzahlen etc. der vertragsgebundenen, ostdeutschen Kfz-Betriebe noch nicht detailliert vorlagen. Ein weiterer Grund für die Einschränkung der Untersuchung bestand darin, daß sich zur damaligen Zeit das Vertriebsnetz in den fünf neuen Bundesländern - nach der Öffnung der Grenzen am 09. November 1989 - noch im Aufbau befand. In Ostdeutschland ist im Augenblick vorrangig fundamentale fachliche, betriebswirtschaftliche und führungsbezogene Bildungsarbeit sowie umfassende Beratung über Standortfragen, Investitions- und Baumaßnahmen, Werkstattausstattung etc. für die Unternehmensführer notwendig. Jedoch können speziell die Qualifikationsanforderungen, Seminarthemen und -inhalte, die im dritten Kapitel dieser Arbeit vorgestellt werden, auch von Interesse für viele ostdeutsche Kfz-Unternehmer/bzw. -Geschäftsführer/-innen sein. Die Schwerpunkte der Arbeit sind auf folgende Aspekte gerichtet: - Darlegung der bedeutsamsten branchenspezifischen Qualifikationswege für die Kfz-Händlernachfolger; - Auswirkungen der fortlaufenden Umfeldentwicklungen auf die Automobilwirtschaft und speziell das Kfz-Gewerbe; - Bedeutung der integrativen strategischen Unternehmens- und Personalplanung; - Beschreibung aktueller Arbeits- und Organisationsformen in Autohäusern; - Erläuterung der bedeutsamsten Subsysteme des strategischen Personalmanagements; - Darlegung der Inhalte und des Ablaufs der Seminare sowie Betriebspraktika in unterschiedlichen KfzBetrieben zur praktischen Umsetzung des Gelernten; - Bedeutung des systematischen Wechsels zwischen Seminaren und praktischen Arbeitseinsätzen, speziell in fremden Autohäusern; - Vorgehensweise für eine systematische Vorbereitung und Durchführung der Unternehmensnachfolge; - Vorstellung eines mittelstandsspezifischen, branchenorientierten Studiengangs für den KfzHändlernachwuchs. Schon an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß die folgenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Vielmehr erfolgt im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine Darlegung der wichtigsten Qualifizierungswege und -maßnahmen, Seminarthemen und -inhalte sowie des aus der Auswertung des Fragebogens entwickelten dualen, zukunftsorientierten Lehrplans (sog. Curriculum). Dabei wird u.a. auf branchenspezifische Produkt- bzw. Fachkenntnisse (z.B. bzgl. Kfz-Handel, Aufgaben im Kundendienst-/Werkstattbereich) sowie gesetzliche und steuerliche Regelungen (z.B. Arbeits-, Wettbewerbsrecht) nicht eingegangen, da dies den Umfang der vorliegenden Arbeit - 9 - übersteigen würde. Eine grobe Auflistung branchenspezifischer Fachkenntnisse - differenziert nach den Funktionsbereichen im Kfz-Gewerbe - erfolgt im Rahmen des Qualifizierungsprogramms. 0.3. Aufbau und methodisches Vorgehen in der Arbeit Die Arbeit ist in sechs Kapitel untergliedert. In der Einführung werden die Gründe für die steigende Bedeutung der Qualifizierungsplanung für Unternehmernachfolger, speziell in Kfz-Betrieben, sowie der grobe Aufbau der Arbeit und die methodische Vorgehensweise bei der Bearbeitung dargelegt. Damit werden das zentrale Anliegen der Arbeit, der Gegenstand der Untersuchung und die Abgrenzung zu benachbarten Fragestellungen erörtert. In dem sich daran anschließenden ersten Kapitel werden die wichtigsten Begriffe der Themenstellung erläutert und abgegrenzt, ein kurzer Überblick über mittelständische Unternehmen sowie über die Automobilindustrie und speziell das Kfz-Gewerbe gegeben. Dabei wird auf die verschiedenen Vetriebswege im Automobilhandel sowie auf die Bedeutung und Auswirkungen des sogenannten selektiven Vertriebssystems näher eingegangen. Im zweiten Kapitel erfolgt die Darstellung und Beurteilung typischer branchenbezogener (inter-) nationaler Qualifikationswege, um aufzuzeigen, welche vielfältigen kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen und gewerblich-technischen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für Unternehmernachfolger im KfzGewerbe zur Vorbereitung auf ihre zukünftigen Arbeitsanforderungen bestehen (=Bestands- und Bedarfsanalyse). Dabei werden vorrangig die von den Kfz-Herstellern/ -Importeuren und der externen Institution (Autohaus Akademie) angebotenen theoretischen und ggf. praktischen Schulungen detaillierter erörtert und einer kritischen Betrachtung unterzogen. Im dritten Kapitel wird auf die zunehmende Bedeutung des (strategischen) Human Resource Management als neues Etikett und/oder Paradigma der Personalwirtschaft in der Wissenschaft und Unternehmenspraxis eingegangen sowie die beiden bedeutendsten konzeptionellen Ansätze (Harvardund Michigan-Ansatz) erläutert. Auf der Grundlage des Michigan-Ansatzes von Tichy et al. als Gliederungsschema für die weiteren Ausführungen wird aufgezeigt, welche umfassenden Qualifikationen zukünftige Unternehmer/Geschäftsführer benötigen, um einen Kfz-Betrieb führen und vor allem die darin tätigen Mitarbeiter motivieren zu können. Die zentralen Elemente dieses konzeptionellen Ansatzes, und zwar Umfeldfaktoren, Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und Human Resource Management, müssen für die vorliegende Themenstellung, entsprechend den charakteristischen Besonderheiten mittelständischer Betriebe und vor allem der Autohäuser (z.B. Wirtschaftsbereich, Unternehmensgröße, Wettbewerbssituation), in einigen Bereichen angepaßt und weiter ausgeführt werden. In den vorliegenden Veröffentlichungen sind speziell die inhaltlichen Ausführungen zu den Bereichen Unternehmensstrategie und Organisationsstruktur recht gering. Neben der strategischen Betrachtungsweise, die den Schwerpunkt dieses Ansatzes bildet, werden auch mittel- und kurzfristige - 10 - (=operative) Maßnahmen in den einzelnen Bereichen berücksichtigt sowie vereinzelt Anregungen und Beispiele von erfahrenen Praktikern angeführt. Eines der großen Probleme für die Führung von Unternehmen besteht darin, daß es aufgrund der Heterogenität der Branchen und Betriebe, der ständig wechselnden Rahmenbedingungen, der unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche der Unternehmer/Geschäftsführer etc. bis heute keine hinreichende Antwort auf die Frage nach einem bestimmten Führungswissen und nach spezifischen Führungstechniken gibt, die notwendig sind, um in verschiedenen Situationen Führungsaufgaben jederzeit optimal erfüllen zu können (vgl. Korndörfer, 1989, S. 25). Da der (Miß-)Erfolg von Klein- und Mittelbetrieben im besonderen Maße durch die zentrale Entscheidungsbildung, die Persönlichkeit und Initiative des Führenden geprägt wird (vgl. Hamer, 1990(b), S. 86; Kreikebaum 1993, S. 200), ist es sehr schwierig, allgemeingültige Qualifikationsanforderungen darzustellen, die für alle Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger im Kfz-Gewerbe zutreffen. Bei der Betrachtung müssen ebenfalls sozial- und verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden. Des weiteren wird es durch betriebs- und personenbedingte Besonderheiten (z.B. Unternehmensgröße, zukünftige Arbeitsinhalte, individuelles Qualifikationsniveau und Führungsstil) sowie einer zunehmenden Komplexität und Instabilität des Unternehmensumfeldes noch schwieriger, entsprechende Anforderungen für die Zukunft festzulegen. Aufgrund dieser Aspekte werden in diesem Kapitel die zukünftigen Qualifikationsanforderungen bzw. Seminarthemen und -inhalte auf der Grundlage verschiedener Quellen exemplarisch aufgezeigt und erläutert, um den Unternehmernachfolgern in Kfz-Betrieben die wichtigsten, allgemein als notwendig angesehenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen zu vermitteln. Da es bisher - angesichts der Neuartigkeit dieser Themenstellung - über die zukünftigen Arbeitsanforderungen an Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben noch keine allgemeingültige Darstellung gibt, erfolgt im vierten Kapitel die Überprüfung der Bedeutung verschiedener Aufgabenbereiche mit Hilfe einer empirischen Untersuchung (=explorative Studie). Im ersten Teil dieses Kapitels wird anhand einer schriftlichen Befragung eruiert, welche Arbeitsanforderungen, Schul-, Ausund Fortbildung bzw. Qualifikationsschwerpunkte - von den zuvor größtenteils erörterten Themen erfahrene Unternehmensführer/-innen mittelständischer westdeutscher Kfz-Betriebe für die Nachfolger/innen für notwendig erachten. Im zweiten Teil dieses Kapitels erfolgt die Auswertung der Studie. Auf der Grundlage der hierbei erzielten Ergebnisse, unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Management- und Führungsliteratur, wird ein Lehrplan für ein duales, ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm für die Unternehmernachfolger mittelständischer Kfz-Betriebe entwickelt. Ziel des Programms ist es, dem Nachwuchs eine günstige Ausgangsposition zu schaffen, um in dem zunehmenden Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. - 11 - Das zukunftsgerichtete Qualifizierungsprogramm ist - in Anlehnung an ähnlich geartete TraineeProgramme bei Automobilherstellern, Banken, Elektronikkonzernen etc. - in sechs Programmbausteine mit theoretischen Lerninhalten und vor allem praktischen Schulungsmaßnahmen bzw. Anwendungen unterteilt, die systematisch aufeinander abgestimmt sind. Die Schwerpunkte dieses sechsstufigen Programms liegen in den Abschnitten II. bis V., in denen sowohl fachbezogene als auch fachübergreifende Qualifikationen vermittelt werden. Die äußerst wichtige vierte Stufe des Qualifizierungsprogramms ist entsprechend dem zugrunde gelegten modifizierten MichiganAnsatzes strukturiert. In diesem Programmabschnitt werden primär in Seminaren allgemeine und branchenspezifische Management- und Führungskenntnisse über zukünftige Umwelt- und Unternehmensentwicklungen, strategische Unternehmensführung, Organisationsstruktur und strategisches Personalmanagement vermittelt. Die praktische Umsetzung des vermittelten Lehrstoffes erfolgt während der Betriebspraktika in der zweiten und speziell in der vierten Stufe in gehobener Assistenten- bzw. Führungsfunktion. Anstatt auf der Grundlage einer schriftlichen Befragung wäre es auch möglich gewesen, anhand der diesbezüglichen Fachliteratur einen Curriculum-Vorschlag für ein Qualifizierungsprogramm für Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe zu entwickeln. Jedoch erschien dem Verfasser dieser Arbeit das ausschließliche Heranziehen von Sekundärquellen als zu wenig zielorientiert. Es gestattet weder die Erstellung eines vollständigen, möglichst zahlreiche Aspekte berücksichtigenden Bezugsrahmens, noch können durch die alleinige Berücksichtigung theoretischer Abhandlungen praxisnahe Entscheidungshilfen und Gestaltungsempfehlungen gegeben werden. Deshalb hielt es der Verfasser für dringend erforderlich, Informationen von erfahrenen Eigentümer-Unternehmern bzw. Geschäftsführern markengebundener Kfz-Betriebe zu eruieren, die die Spezifika und Anforderungen dieser Branche genau kennen, um darauf aufbauend einen Lehrplan-Vorschlag zu erstellen. Nur so scheint gewährleistet, daß die Unternehmernachfolger umfassend und systematisch auf ihre vielfältigen zukünftigen Aufgaben vorbereitet werden. Dieses im Rahmen der Arbeit entwickelte standardisierte Programm muß an die Voraussetzungen, Gegebenheiten, Zielsetzungen etc. des einzelnen Nachfolgers und des zukünftig tätigen Autohauses individuell angepaßt und kann nicht vorbehaltlos adaptiert werden. Im letzten Abschnitt der Arbeit, dem fünften Kapitel (=Schluß), erfolgt zunächst die Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte der Arbeit und eine kritische Würdigung der erzielten Ergebnisse. Ferner wird ein Ablaufschema zur systematischen Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge dargestellt, um größere Generationskonflikte bei der Unternehmensübergabe zu vermeiden. Den Abschluß der Arbeit bildet ein Vorschlag für ein branchenbezogenes, duales (Fach-)Hochschulstudium zur Vorbereitung des Nachwuchses auf die Unternehmernachfolge in einem mittelständischen (Kfz)Betrieb, um darzulegen, wie ein zukunftsorientierter, systematischer Bildungsweg mit wissenschaftlichen als auch berufspraktischen Komponenten speziell für diese Unternehmensgröße konzipiert sein müßte. - 12 - 1. Abgrenzung und wirtschaftliche Bedeutung mittelständischer Unternehmen und speziell des Kfz-Gewerbes 1.1. Unternehmen In der deutschsprachigen Literatur werden die Begriffe “Unternehmen“ und “Betrieb“ und ihre Beziehung zueinander nicht einheitlich verwendet (vgl. Korndörfer, 1990, S. 32). Teilweise werden mit beiden Bezeichnungen auch unterschiedliche Inhalte assoziiert. Einige Abgrenzungen stellen Über- und Unterordnungsverhältnisse heraus, wobei in den meisten Begriffsabgrenzungen das Unternehmen als rechtlich-organisatorische, selbständige Institution der umfassendere, der Betrieb hingegen der engere Begriff ist. Der Letztgenannte umfaßt meist nur den technischen Produktionsbereich bzw. die Leistungserstellung (vgl. Dichtl/Issing, 1987, S. 776; Hentze/Brose, 1985(a), S. 13; Korndörfer, 1990, S. 32; Kuhn, 1990, S. 1). Andere Abgrenzungen unterscheiden Unternehmen versus Betriebe nach der Art der Bedarfsdeckung, wobei die Erstgenannten primär den Güterbedarf fremder Betriebe decken, während Betriebe in erster Linie der allgemeinen Bedarfsdeckung dienen (vgl. Bea et al., 1988, S. 15f). Eine einheitliche Definition hat sich jedoch bisher in der Literatur nicht durchsetzen können, wie auch eine Vielzahl sprachlicher Konventionen insbesondere bei Wortzusammensetzungen belegen (z.B. Unternehmenspolitik, -kultur, -struktur, Betriebsgröße, Klein- und Mittelbetrieb). Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die beiden Bezeichnungen häufig synonym eingesetzt (vgl. Dichtl/Issing, 1987, S. 776); dieser Betrachtungsweise schließt sich auch der Verfasser im Rahmen der vorliegenden Arbeit an15. Die wichtigsten Merkmale des marktwirtschaftlichen Unternehmensbegriffs sind: - Fremdbedarfsdeckung durch materielle (z.B. Herstellung von Produkten) und immaterielle (z.B. Dienstleistungen) Güter; - selbständige Entscheidung durch den Eigentümer-Unternehmer bzw. des angestellten FremdManagers im Rahmen der geltenden Gesetze; - wirtschaftliche Unabhängigkeit; - Gewinnerzielung bzw. -maximierung (vgl. Bea et al., 1988, S. 16ff; Gutenberg, 1958, S. 190ff). 15 Im Sprachgebrauch und in einzelnen Gesetzen (z.B. Steuerrecht) werden für den Betrieb bzw. das Unternehmen verschiedene Bezeichnungen verwendet. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, einige synonym eingesetzte Begriffe: Unternehmung, Institution, Organisation, Firma, Fabrik, Werk, Geschäft, Gewerbebetrieb, gewerbliches Unternehmen. - 13 - In der modernen Betriebswirtschaftslehre wird das Unternehmen nicht mehr als ein rein ökonomisches, sondern als ein komplexes, sozio-ökonomisches Gebilde betrachtet (vgl. Krulis-Randa, 1989, S. 210) mit zielgerichteten Verhaltensweisen, deren Handlungen auf Effektivität und Effizienz ausgerichtet sind (vgl. Scholz/Hofbauer, 1990, S. 6). Dabei sind Unternehmen keine isolierten Gebilde (vgl. Staehle, 1989(a), S. 10), sondern im allgemeinen offene soziale Systeme, deren Hauptfunktionen darin bestehen, wirtschaftliche Leistungen für Dritte (z.B. private und gewerbliche Kunden) zu erbringen (vgl. Ulrich, 1990, S. 826). 1.2. Mittelstand Der Begriff “Mittelstand“ bzw. “mittelständisch“ geht auf die Zeiten einer ständischen Gesellschaftsordnung zurück und läßt sich daher nur schwer auf die soziale und wirtschaftliche Situation einer modernen Industriegesellschaft übertragen. Auf eine genaue Definition, die alle Aspekte berücksichtigt, hat man sich bisher in der fachspezifischen Literatur nicht einigen können. Übereinstimmung besteht nur insoweit, daß der wirtschaftliche Mittelstand sowohl einige quantitative als auch qualitative Komponenten umfaßt (vgl. Hamer, 1990(b), S. 19ff). 1.2.1. Qualitative Abgrenzungskriterien Faßt man aus der betriebswirtschaftlichen Literatur häufig angeführte, typische Merkmale mittelständischer Betriebe zusammen, so kann man folgende qualitative Charakteristika feststellen: - Bei den meisten Klein- und Mittelbetrieben handelt es sich um Familienunternehmen (vgl. Hamer, 1990(a), S. 47; Neumann, 1991, S. 553; Ophoff, 1995, S. B2). - Das Unternehmen und dessen (Miß-)Erfolg wird entscheidend geprägt durch die persönliche Autorität, Ausstrahlung, Einsatzbereitschaft, Führungs- und Motivationsfähigkeit des Unternehmers, der i.d.R. sowohl Eigenkapitalgeber als auch oberste Führungskraft ist. - Aufgrund ihrer überschaubareren Strukturen können sie meist wesentlich schneller und flexibler auf (veränderte) individuelle Markt- und Kundenbedürfnisse reagieren als Großunternehmen. - Als Leitungssystem findet man überwiegend das Einliniensystem vor, mit wenigen Führungskräften und i.d.R. höchstens drei hierarchischen Ebenen. - Es bestehen enge persönliche Kontakte unter den Mitarbeitern sowie zwischen ihnen und dem Unternehmer. - Mitarbeiter fühlen sich meist dem Unternehmen eng verbunden und identifizieren sich mit dem Betrieb. - Führungskräfte und sonstige Mitarbeiter haben weitergefaßte Aufgabenbereiche und damit mehr Selbständigkeit, Freizügigkeit und Verantwortung (vgl. Hamer, 1990(b), S. 29ff; Knebel, 1987, S. 375ff; Knebel, 1988, S. 5f). - 14 - - Tendenziell engagieren sich Unternehmensführer in kleineren und mittleren Betrieben sehr stark im Tagesgeschäft und verwenden nur einen geringen Teil ihrer Arbeitszeit für dispositive Tätigkeiten wie Planungs-, Führungs-, Kontrollaufgaben etc. (vgl. Fröhlich/Pichler, 1988, S. 121; Rösch, 1992, S. 3). Zu einer genaueren Bestimmung der mittelständischen Unternehmen - dies gilt vor allem für empirische Untersuchungen - müssen in erster Linie quantitative Kriterien hinzugezogen werden, da sich die oben angeführten qualitativen Eigenschaften schlecht operationalisieren lassen (vgl. Gantzel, 1962, S. 286f). 1.2.2. Quantitative Abgrenzungskriterien In früheren Untersuchungen über die Größenklassen von Unternehmen wurden verschiedene Wirtschaftsbereiche (z.B. Industrie, Handwerk, Groß-, Einzelhandel, Dienstleistungen) nach unterschiedlichen quantitativen Abgrenzungskriterien (z.B. Beschäftigtenzahl, Umsatz, Bilanzsumme) differenziert (vgl. Hamer, 1990(b), S. 32; Thürbach, 1975, S. 7). Hingegen wird in neueren diesbezüglichen Veröffentlichungen oftmals keine Branchenunterscheidung mehr vorgenommen (vgl. Ackermann/Blumenstock, 1993, S. 7; Köhler, 1988, S. 20; Thommen, 1990, S. 41; siehe auch die Unternehmensgrößenklassen für Kapitalgesellschaften - § 267 HGB). In der neueren Literatur und in der Statistik werden als quantitative Unterscheidungskriterien meist die Größen "Umsatz" und "Beschäftigtenzahl" herangezogen, die aber nur ungefähre Größenklassen darstellen können, weil branchenspezifische und regionale Unterschiede ebenso wie die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung unberücksichtigt bleiben. Ferner werden häufig nur Teilaspekte berücksichtigt. So sind beispielsweise die Beschäftigtenzahlen durch verschiedene Kapitalintensitäten zwischen und innerhalb von Branchen oder der Jahresumsatz aufgrund verschiedenartiger Produkte, Dienstleistungen, Produktivitäten und Wertschöpfungsstrukturen der Unternehmen (z.B. Lebensmittelvs. Kfz-Einzelhandel) nur bedingt aussagefähig (vgl. Lachnit, 1989, S. 17). Obwohl dadurch im Einzelfall Abweichungen möglich sind, lassen sich tendenziell deutliche Übereinstimmungen zwischen den quantitativen Abgrenzungsmerkmalen feststellen. In der folgenden Übersicht wird dargestellt, welche Größenklassen - unabhängig von der jeweiligen Branche - nach den zwei Kriterien "Beschäftigtenzahl" und "Umsatz" unterschieden werden. - 15 - Abb. 1: Differenzierung der branchenunabhängigen Größenbereiche des Instituts für Mittelstandsforschung Unternehmensgrößenklassen Kleinbetrieb Mittelbetrieb Großbetrieb Anzahl der Beschäftigten bis 49 50 bis 499 500 und mehr Umsatz (pro Jahr) bis 1 Mio. DM 1 bis 100 Mio. DM mehr als 100 Mio. DM Quelle: Der Bundesminister für Wirtschaft, 1985, S. 19 Unter "mittelständischen Betrieben" sind nach Auffassung des "Instituts für Mittelstandsforschung" (Köln) jene Unternehmen zu subsumieren, die den quantitativen Größenbereichen "kleine und mittlere Betriebe" angehören und die durch die eingangs aufgeführten qualitativen Merkmale gekennzeichnet sind (vgl. Köhler, 1988, S. 20; Hamer, 1990(b), S. 24). Um den Gegenstandsbereich dieser Arbeit abzugrenzen, erfolgt die Einteilung für Kfz-Betriebe, in Anlehnung an die Unternehmensgrößenklassen des Instituts für Mittelstandsforschung, nur nach dem Kriterium Beschäftigtenzahl, da erfahrungsgemäß einige Unternehmer/Geschäftsführer keine Auskunft über ihren Jahresumsatz geben möchten. Es ist jedoch davon auszugehen, daß sehr große Autohäuser mit mehr als 200 Mitarbeitern aufgrund der hochwertigen und -preisigen Produkte und Leistungen über 100 Mio. DM pro Jahr an Umsatzerlösen erzielen. 1.2.3. Wirtschaftliche Bedeutung von Klein- und Mittelbetrieben 1.2.3.1. Die Bedeutung aus gesellschaftspolitischer Perspektive Die Gesellschaftsordnung eines Staates wird sehr stark durch die bestehende Wirtschaftsordnung beeinflußt. In Deutschland gilt die soziale Marktwirtschaft als Grundlage der Wirtschaftsordnung. Voraussetzung zur Realisierung und Erhaltung einer Marktwirtschaft ist die Dezentralisation der unternehmerischen Entscheidungen (vgl. Staehle, 1989(a), S. 20). Dies wird in Deutschland durch die Vielzahl von Klein- und Mittelbetrieben gewährleistet, die als Stützen der existierenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung eine tragende Bedeutung haben (vgl. Hamer, 1990(b), S. 15; Neumann, 1991, S. 553; Späth, 1991, S. 141). Sie geben wichtige Impulse zur Innovation, zum wirtschaftlichen Wachstum und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze (vgl. Holzer, 1989, S. 1). 1.2.3.2. Volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung Mehr als 95 Prozent der etwa 3,2 Mio. Unternehmen in Deutschland sind Betriebe mit weniger als 500 Arbeitnehmern und einem Jahresumsatz bis zu 100 Mio. DM. In ihnen sind fast zwei Drittel (ca. 23 Mio.) der erwerbsfähigen Bevölkerung - sie beträgt in Deutschland knapp 35,0 Mio. Menschen (in 1996) - beschäftigt, und über 80 Prozent aller Auszubildenden werden dort auf die vielfältigen Berufe in - 16 - Handel, Handwerk, Industrie und Dienstleistung vorbereitet (vgl. Hamer, 1990(b), S. 66; Ophoff, 1995, S. B2; Schmidt, 1993, S. 51ff; Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997). Nahezu die Hälfte des zu versteuernden Umsatzes sowie fast 45 Prozent aller Bruttoinvestitionen der Wirtschaft werden in dieser Unternehmensgröße erzielt bzw. getätigt (vgl. Neumann, 1991, S. 553; Ophoff, 1995, S. B2; Schmidt, 1993, S. 51). Aufgrund der oben angeführten Daten kann man sagen, daß Klein- und Mittelbetriebe in der Bundesrepublik ein ganz wesentlicher Faktor im gesamtwirtschaftlichen System sind (vgl. Hamer, 1990(b), S. 15). Deshalb muß die Leistungsfähigkeit dieser Unternehmensgrößen erhalten und ständig verbessert werden (vgl. Knebel, 1987, S. 373; Knebel, 1988, S. 5). 1.3. Die Bedeutung der Automobilindustrie und vor allem des Kfz-Gewerbes für die deutsche Wirtschaft Das Automobil, dessen 100-jähriges Jubiläum im Jahre 1988 gefeiert wurde, hat zu tiefgreifenden Veränderungen im Leben der Menschen, in Staat, Gesellschaft und der Volkswirtschaft geführt; es bestimmt ganz wesentlich unseren Alltag und das wirtschaftliche Geschehen (vgl. Lang, 1989, S. 46). Galt in den 60er Jahren der private Pkw noch als Luxusgut, als Privileg der höheren sozialen Schichten, so hat sich dieser zusehends in den 70er und 80er Jahren zu einem Massenverkehrsmittel für individuelle, grenzenlose Mobilität entwickelt. Heutzutage besitzt durchschnittlich jeder zweite Bundesbürger (ca. 82,0 Mio. - Ende 1996) ein Fahrzeug; die Bevölkerung würde vollständig auf den Vordersitzen der zugelassenen Pkw und Kombi Platz finden (Ende 1996 verzeichnete das Kraftfahrzeug-Bundesamt über 41 Mio. in Deutschland) und die Sättigungsgrenze ist, wie verschiedene einschlägige Prognosen (z.B. Shell Studie von 1997) belegen, noch nicht erreicht. Für das Jahr 2000 werden nahezu 44 Mio., für das Jahr 2010 ca. 47 Mio. und für das Jahr 2020 etwa 50 Mio. Pkw/Kombi vorausgesagt. Die Automobilindustrie ist der wichtigste Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Jeder siebte Arbeitsplatz hängt direkt oder indirekt durch Produktion, Handel, Instandsetzung, Ex- und Import, Entsorgung etc. vom Kraftfahrzeug ab (vgl. Rauner/Zeymer, 1991, S. 21). An der Erwirtschaftung des Bruttoinlandsproduktes16 ist das Automobil durch Produktion, Vertrieb und Nutzung zu ca. 20 % beteiligt und somit als wichtigster volkswirtschaftlicher Faktor zu betrachten. Jede vierte Steuermark, die dem Staat zufließt, wird in irgendeinem Zusammenhang mit dem Fahrzeug erwirtschaftet (z.B. Zuliefer-, Stahlindustrie, Kunststofferzeugung, Maschinenbau). Die Automobilindustrie ist zudem mit einer Ausfuhrleistung von rund 115 Mrd. DM die wichtigste deutsche Exportbranche; nichts wird im Ausland 16 Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die Summe aller volkswirtschaftlichen Leistungen (z.B. produzierte Waren, Dienstleistungen), die innerhalb eines Jahres im Inland erbracht werden (vgl. Recktenwald, 1987, S. 91f). Es ist ein aussagefähiger Erfolgsindikator für die wirtschaftliche Entwicklung eines Staates. - 17 - so sehr mit der deutschen Industrie identifiziert wie “Autos made in Germany“. Ferner ist sie der größte Investor im Lande. Allein 1996 beliefen sich die Investitionen in Produkte und Anlagen auf etwa 14 Mrd. DM (vgl. Diez, 1994(a), S. 21f). Über die verkehrsspezifischen Steuern (Kraftfahrzeug-, Mineralölsteuer etc.) entrichten die Autofahrer mit ca. 80 Mrd. DM pro Jahr über die Hälfte des gesamten Steueraufkommens (Zahlenangaben laut Verband der Automobilindustrie e.V., 1997). Parallel zur Zunahme der Kfz-Produktion und des -bestandes entwickelte sich das für Verkauf, Wartung und Reparatur der von der Industrie gefertigten Fahrzeuge zuständige Kfz-Gewerbe (vgl. Lang, 1989, S. 46). Es setzt sich grundsätzlich aus folgenden Abteilungen (teilweise im Kfz-Gewerbe synonym verwendet mit Leistungsbereichen, Kostenstellen, Profit Center) zusammen: - Neuwagenbereich, - Gebrauchtwagenbereich, - Kundendienst-/Werkstattbereich, - (Ersatz-)Teile- und Zubehörbereich, - Buchhaltungs- und Verwaltungsbereich (teilweise nicht als eigenständige Kostenstelle geführt), - Sonstiges (z.B. Kantine, Lackiererei, Tankstelle) (vgl. Brachat, 1988, S. 163f; Brachat, 1992(a), S. 131f). Das Kfz-Gewerbe als Absatzmittler zwischen den Automobilherstellern/-importeuren sowie den privaten und gewerblichen Kunden betreut einerseits das Produkt "Auto", einschließlich Verkauf, Wartung und Reparatur, sowie andererseits den immer anspruchsvolleren Kunden (vgl. Rauner/ Zeymer, 1991, S. 13). Trotz der Heterogenität und teilweise differenten wirtschaftlichen Zielsetzungen der drei Erkenntnisobjekte - Hersteller/Importeur, Kfz-Gewerbe, private bzw. gewerbliche Kunden - sind sie aufs engste miteinander verknüpft, denn ihre wirtschaftlichen (Miß-)Erfolge bedingen sich gegenseitig (vgl. Universität Bamberg, 1994(b), o.S.). Von den insgesamt ca. 50.000 in die Handwerksrolle eingetragenen deutschen Kfz-Betrieben17, einschließlich selbständiger Kfz-Elektriker, freier Werkstätten, Karosserie- und Fahrzeugtechnik etc., führten Ende 1996 weniger als die Hälfte, nämlich etwa 24.800 (Ende 1993: 25.440) den fabrikatsgebundenen (synonym: marken-, vertragsgebundenen) Pkw-Status (vgl. Brachat, 1992(a), S. 38f; Diez,, 1994(d), S. 106), davon allein ca. 19.500 in Westdeutschland. Sie beschäftigten insgesamt knapp 530.000 Mitarbeiter (ca. 20.000 Erwerbstätige weniger als 1993), einschließlich Inhaber und mehr als 100.000 Lehrlinge, wovon etwa 30 % in kaufmännischen und ca. 70 % in gewerblichtechnischen Berufszweigen ausgebildet werden. Der Jahresumsatz des Kfz-Gewerbes belief sich auf über 250 Mrd. DM. Damit gehört es zu den wirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch gesehen wichtigsten mittelständischen deutschen Unternehmensformen (vgl. Diez, 1994(a), S. 22; Zahlenangaben laut ZDK - Stand: Ende 1996). 17 Die Bezeichnungen Kfz-Betrieb, -Unternehmen, -Gewerbe, -Handel und Autohaus werden im Rahmen dieser Arbeit gleichbedeutend eingesetzt. - 18 - Die Kfz-Betriebe sind bisher zu etwa 90 Prozent typische mittelständische Familienunternehmen18 mit einem oder mehreren Beteiligten sowie (in-)direkter Gewinnbeteiligung, in denen betriebliches, familiäres und persönliches Schicksal eng miteinander verbunden sind (vgl. Brachat, 1992(c), S. 3; Friedel-Beitz, 1991(d), S. 3). Sie treten entweder als Einzelunternehmungen oder bei mehreren Beteiligten als Personengesellschaften (z.B. Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts, OHG, KG), Kapitalgesellschaften (z.B. AG, GmbH) sowie als Mischformen19 (z.B. GmbH & Co. KG, KGaA) der beiden letztgenannten privatrechtlichen Rechtsformen20 auf (vgl. Autohaus Studienabteilung, 1997, S. 5). Durch den Strukturwandel in dieser Branche scheint sich seit Mitte der 90er Jahre der Einstieg kapitalstarker Unternehmen und Konzerne (z.B. Versicherungen, Autovermietungen) zu verstärken (vgl. Simon, 1997, S. 2), so daß zukünftig ein Konzentrationsprozeß auf größere Händlergruppen (sog. Kettenbetriebe) zu erwarten ist. Gerade mittelständische Familienbetriebe sind stark geprägt durch die persönliche Ausstrahlung, Autorität und Tatkraft der/des Eigentümer-Unternehmer/s und zeichnen sich durch große Kundennähe, hohe Dienstleistungsbereitschaft sowie große Flexibilität aus (vgl. Zander, 1994, S. 230). Das Kfz-Gewerbe ist ein typisches Dienstleistungsgewerbe, in dem Leistungen bereitgestellt und angeboten werden. Der (Miß-)Erfolg steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem angebotenen (Kunden-)Service (vgl. Brachat, 1988, S. 69). Da sich die Automobile immer mehr hinsichtlich Qualität, technischer Ausstattung, passiver Sicherheit, Leistung, Optik, Design etc. angleichen und für den Kunden die Unterschiede kaum noch wahrzunehmen sind, wird sich der zukünftige Wettbewerb verstärkt auf nicht preisgebundene Faktoren verlagern, und zwar vom eigentlichen ("nackten") Produkt auf die Kombination von Sach- und Dienstleistungen. Vor allem die Aktivitäten und Serviceleistungen der Händler (z.B. Kfz-Leasing, Finanzierung, Telefonreport, Hol- und Zustellservice, Leihwagen, 24 Stunden Notdienst, Zurücknahme von Schrottfahrzeugen, Event-Veranstaltungen) sind Profilierungsmerkmale, um sich von Mitbewerbern positiv abzuheben (vgl. Alfs, 1992, S. 13). 18 Familienunternehmen sind meist Klein- und Mittelbetriebe, die überwiegend im Besitz von einer oder einigen wenigen Personen, also Familienangehörigen sind (vgl. Ahrens, 1989, S. 256; Hahn, 1990(c), S. 755; Menzl, 1988, S. 3). Dabei führt und prägt der Inhaber in den meisten Fällen selbst aktiv das Unternehmensgeschehen. Ferner sind sie vorrangig persönlich in den (täglichen) Arbeitsprozeß involviert (vgl. Hahn, 1990(c), S. 755; Menzl, 1988, S. 3). 19 Diese Mischformen aus Personen- und Kapitalgesellschaften weisen zwei Gruppen von Eigentümern auf. Zum einen handelt es sich um Eigentümer, die nur Kapitalgeber (=Kommanditisten) sind, und zum anderen um solche, die Kapitalgeber und Geschäftsführer (=Komplementär) sind (vgl. Blatt et al., 1988, S. 161; Wöhe, 1986, S. 90f). 20 Unter "Rechtsform" versteht man alle gesetzlichen Regelungen, die einen Betrieb über seine Eigenschaft als Wirtschaftseinheit hinaus zu einer rechtlich faßbaren Einheit machen (vgl. Schierenbeck, 1989, S. 28). - 19 - Der Kfz-Handel hat eine Vielzahl von persönlichen Kontakten mit den Kunden, speziell im Verkauf und Kundendienst, um sie positiv auf das vertriebene Fabrikat und vor allem den Kfz-Betrieb einzustellen (vgl. Alfs, 1992, S. 14). Die Qualität der Autohäuser und bei diesen speziell die Qualifikation und Motivation der Beschäftigten, die intensive Verkaufsberatung und Kundenbetreuung in Pre- und After-sales services sowie die Befriedigung der immer individuelleren Kundenbedürfnisse und -wünsche werden zukünftig zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren der unternehmensspezifischen Profilierung gehören. Dabei muß das Nutzenstiften und die Problemlösung für den Kunden zukünftig noch stärker im Zentrum aller gemeinsamen Bemühungen des Kfz-Herstellers/-Importeurs, des -Betriebes und vor allem der betreffenden Mitarbeiter stehen. Das Autohaus muß sich zum Dienstleister in allen Fragen rund um die individuelle Mobilität entwickeln. 1.4. Darstellung der beiden wichtigsten Vertriebswege im Automobilhandel Bei den fabrikatsgebundenen Kfz-Betrieben in Deutschland unterscheidet man bisher hauptsächlich zwei Vertriebskanäle für Automobile; zum einen den Absatz über werkseigene (Verkaufs-) Niederlassungen (z.B. bei BMW, Mercedes-Benz, Renault) und ihren angeschlossenen Handelsvertretern sowie zum anderen ausschließlich über selbständige Vertragshändler (z.B. bei VW, Opel, Mazda, Nissan). Im Gegensatz zum amerikanischen Automobilmarkt, wo es u.a. eine große Anzahl von Mehrfabrikatshändlern (sog. Mega-Dealer) gibt (vgl. Creutzig, 1991, S. 20), streben die in Deutschland vertretenen Kfz-Hersteller/-Importeure i.d.R. bei den ihnen angeschlossenen Vertragshändlern Markenexklusivität an. Allein in Deutschland sind über 80 Prozent der etwa 24.800 markengebundenen Kfz-Händler an ein einziges in- oder ausländisches Fabrikat (z.B. BMW, Chrysler, Fiat, Ford, Honda, Peugeot, Toyota) exklusiv gebunden, und die Tendenz ist steigend (vgl. Diez, 1994(d), S. 109ff). Bei den Vertragshändlern und Werksniederlassungen wird unterschieden zwischen Haupthändlern (synonym: Direkt-, A-Händlern) und Unterhändlern (synonym: B-Händlern, Vertragswerkstätten), einschließlich Zweigbetrieben bzw. Filialen, angeschlossenen Servicebetrieben, Agenturen etc. (vgl. Diez, 1994(d), S. 109). Die Einteilung in eine der beiden Kategorien erfolgt nach verschiedenen, von Hersteller-/Importeurseite vorgegebenen Kriterien wie Unternehmensgröße, Jahresumsatz, NeuwagenVerkaufszahlen, Größe des Marktverantwortungsgebiets, Anzahl der ortsansässigen Markenhändler etc. Die Haupthändler übernehmen i.d.R. gewisse logistische und administrative Funktionen (z.B. Neuwagen-Bestellung, -Lagerhaltung) für die Unterhändler, dafür erhalten die Letztgenannten auch nicht - 20 - die volle Neuwagenmarge21. Im Zuge der nachfolgend näher erläuterten modifizierten KfzGruppenfreistellungsverordnung (siehe Kapitel 1.5.) und der damit einhergehenden Anpassung bzw. Neugestaltung der Händlerverträge ist ein Großteil der Kfz-Hersteller/-Importeure bemüht, diese zweistufige vertikale Händlerstruktur abzuschaffen. Zu diesen beiden Vertriebssystemen gehören sowohl Kfz-Hersteller/-Importeure mit einem bundesweit sehr dichten Händlernetz (z.B. VW/Audi - etwa 3.000, Opel und Ford - jeweils über 2.000 KfzHändler bzw. -Werkstätten, Mercedes-Benz mit fast 1.000 Vertragspartnern (Niederlassungen, Großvertreter, Agenten, Vertragswerkstätten)) als auch weniger stark präsente Hersteller/Importeure (z.B. Chrysler, Rover, Saab mit jeweils ca. 250 angeschlossenen Autohäusern) in Deutschland (vgl. Diez, 1994(d), S. 111; Zahlenangaben laut ZDK, 1997). 1.4.1. Niederlassungen Ursprünglich war die Daimler Benz AG - seit ihrer Umstrukturierung am 01. Juli 1990 zur MercedesBenz AG umbenannt - die einzige Händlerorganisation, die ihre Fahrzeuge in Deutschland primär über diese Vertriebsschiene absetzte. Seit geraumer Zeit kommen insbesondere in Großstädten auch Niederlassungen anderer Kfz-Produzenten hinzu, wie z.B. BMW, Peugeot, Renault und Saab. (Verkaufs-)Niederlassungen (synonym: werkseigene Vertretungen bzw. Filialen) sind ein vom KfzHersteller selbst errichtetes und eigenverantwortlich betriebenes Händlernetz (vgl. Diez, 1994(e), S. 157). Der Grad der wirtschaftlichen Selbständigkeit dieser werkseigenen Vertretungen, also die Entscheidungsfreiheit oder Weisungsgebundenheit ihrer Leiter ist ebenso wie die Rechtsform recht unterschiedlich geregelt (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 387). Beispielsweise handelt es sich bei den werkseigenen Niederlassungen der Mercedes-Benz AG um herstellereigene Vertriebsorgane, die wirtschaftlich und rechtlich unselbständig sind, während für die Großvertreter, Vertragspartner und werkstätten genau das Gegenteil zutrifft. Die beiden Letztgenannten sind freie Handelsvertreter (=Agenten)22, die Neufahrzeuge im Namen und auf Rechnung des Herstellers/ Importeurs vertreiben. Der Vertragsabschluß erfolgt bei diesen Betriebstypen zwischen dem Werk und den Kunden. 21 Die Marge ist die Differenz zwischen der unverbindlichen Preisemp fehlung (UPE) für den Endverbraucher und dem Neufahrzeugpreis ab Werk, d.h. die Gewinnspanne des Kfz-Händlers. Mit der durchschnittlich 16- bis 17prozentigen Händlermarge - je nach Fabrikat - müssen sämtliche Vertriebs-, Gebäude-, Personal- und Werbekosten gedeckt werden. 22 Bei dieser indirekten Vertriebsform über Agenten ist der Automobilhersteller/-importeur befugt, seinen Handelsvertretern ein striktes Konkurrenzverbot aufzuerlegen (vgl. Ebel, 1992, S. 56ff). - 21 - Die Hersteller/Importeure erhoffen sich durch diesen gebundenen Vertriebsweg einen direkteren Einfluß auf das jeweilige Autohaus und somit einen ansprechenderen, kundenfreundlicheren und schnelleren Service. 1.4.2. Vertragshändler Bei der Distribution von Neuwagen dominiert in Deutschland eindeutig bei den Kfz-Herstellern/ -Importeuren (z.B. VW/Audi, Opel, Nissan, Fiat, Chrysler) der indirekte vertikale Vertrieb in Form vertraglicher Vertriebssysteme (vgl. Meinig/Heß, 1992, S. 370; Simon, 1992(b), S. 17). Bei (markengebundenen) Vertragshändlern handelt es sich um wirtschaftlich und rechtlich selbständige Absatzmittler, d.h. Kfz-Betriebe (vgl. Diez, 1994(e), S. 157; Nieschlag et al., 1991, S. 5), die aufgrund eines Vertrages damit betraut sind, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Waren zu vertreiben und verpflichtet sind, sich für deren Absatz nach der Vorgabe des Herstellers einzusetzen (vgl. Reuss, 1995, S. 45). Die vertraglich verbundenen Unternehmungen nehmen auf der Hersteller- und Handelsseite spezifische absatzwirtschaftliche Aufgaben wahr. Die vertikal kooperierenden Unternehmen sind durch ihre Funktionsteilung einerseits bestrebt, durch ein kollegiales Verhalten einen angemessenen Gewinn für beide Marktpartner zu erzielen. Andererseits resultieren aus den wechselseitigen Interdependenzen auch Interessenkonflikte, da beide Seiten eigene Zielvorstellungen verfolgen (vgl. Meinig/Heß, 1992, S. 370). 1.5. Bedeutung und Auswirkungen des sogenannten selektiven Vertriebssystems für die fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe Der Automobilabsatz in der Europäischen Union (EU) wird über einen ausgewählten, also selektiven Kreis von Automobilhändlern durchgeführt (vgl. Diez, 1994(d), S. 105). Fast alle Verträge zwischen Kfz-Herstellern/-Importeuren und ihren -Händlern basieren auf der KfzGruppenfreistellungsverordnung (GVO) für Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen für Kraftfahrzeuge23 - kurz selektives Vertriebssystem genannt (vgl. Simon, 1992(b), S. 18). Diese 1985 erstmalig in Kraft getretene Verordnung umfaßt den EU-weit rechtlichen Rahmen und regelt u.a. die Zusammenarbeit zwischen Hersteller/Importeur und ihren vertragsgebundenen Händlern (z.B. hinsichtlich Laufzeit, Kündigungsfrist, Leistungsanforderungen) und besagt, daß die einzelnen KfzHersteller/-Importeure ihre Kunden, d.h. Kfz-Händlerbetriebe, nach ihren individuellen Anforderungen 23 In der Kfz-GVO ist festgehalten, welche wettbewerbsbeschränkenden bzw. -behindernden Klauseln in den EUeinheitlichen Automobilhändlerverträgen enthalten sein dürfen (vgl. Brachat, 1991(a), S. 36; Diez, 1994(d), S. 113) und somit den freien Wettbewerb nach Artikel 85 Abs. 1 und 2 des EWG-Vertrages aufheben. Diese EUweite Rechtsgrundlage für Automobilhändlerverträge zeigt Minimumstandards auf, die selbstverständlich von den Vertragsparteien überschritten werden können (vgl. Creutzig, 1995, S. 23). - 22 - selektieren, also auswählen dürfen (vgl. Brachat, 1991(a), S. 36; Creutzig, 1995, S. 19; Ebel, 1992, S. 54ff; Simon, 1992(b), S. 17). Aufgrund der hohen qualitativen Ansprüche an das immer komplexer werdende Produkt Automobil bzgl. Verkehrssicherheit, Wartung, Instandsetzung, kompetenter Beratung oder Gewährleistungsabwicklung gehört die Automobilwirtschaft zu den wenigen Branchen, in denen das selektive Vertriebssystem noch existiert (vgl. Brachat, 1991(a), S. 36; Creutzig, 1995, S. 19). Somit sind die Automobilhersteller/-importeure teilweise von den allgemeinen Wettbewerbsvorschriften der EG - Freistellung vom Kartellverbot des Artikels 85 Abs. 1 EWG-Vertrag - befreit (vgl. Diez, 1994(d), S. 113; Creutzig, 1995, S. 19; Ebel, 1992, S. 54ff; Simon, 1992(b), S. 17). Die unabhängigen markengebundenen Vertragshändler verpflichten sich aufgrund des Händlervertrages, grundsätzlich nur die Erzeugnisse (z.B. Neuwagen, Original-Ersatzteile) ihres vertragsgebundenen KfzHerstellers/-Importeurs zu führen, Werkstätten für Kundendienstleistungen und Reparaturen sowie Ersatzteil- und Zubehörlager zu unterhalten und Garantiearbeiten gemäß den Werksvorgaben durchzuführen (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 387; Thommen, 1990, S. 171). Die angeschlossenen Vertragshändler dürfen nach Art. 3 Nr. 10 der GVO Neuwagen, Eigenkonstruktionsteile (capative parts) und (Original-)Ersatzteile grundsätzlich nicht an nicht autorisierte Wiederverkäufer (sog. graue oder freie Händler) absetzen. Eine Ausnahmeregelung dieser sog. Wiederverkäuferklausel besteht für Ersatzteile; sie dürfen auch an freie Reparaturwerkstätten zur Instandsetzung und Wartung von Kraftfahrzeugen verkauft werden (vgl. Creutzig, 1995, S. 21; Ebel, 1992, S. 56). Des weiteren verpflichtet sich der gebundene Absatzmittler zur Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards (z.B. Serviceniveau) und eines einheitlichen Erscheinungsbildes im Rahmen der “Corporate Identity“ des Herstellers/Importeurs (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 387; Thommen, 1990, S. 171). Dafür werden den einzelnen fabrikatsgebundenen Händlern vom Hersteller/Importeur lokale Verkaufsbezirke bzw. -regionen24 (sog. Marktverantwortungsgebiete) übertragen, in denen sie das exklusive Alleinvertriebsrecht für das/die jeweilige(n) Fabrikat(e) (z.B. BMW, Ford, VW/Audi) und die Ersatzteile erhalten (vgl. Meinig/Heß, 1992, S. 376; Nieschlag et al., 1991, S. 387f). Da die einzelnen Vertragshändler jedoch normalerweise keinen Gebietsschutz haben - gewisse Ausnahmen bestehen bei Mercedes-Benz und Porsche - können die Kunden frei entscheiden, wo sie ihr Neufahrzeug, ihre Ersatzteile etc. erwerben (vgl. Horn/Alfs, 1992, S. 196). Im Gegenzug sind die Kfz-Hersteller/-Importeure vertraglich verpflichtet, die Neufahrzeuge und Ersatzteile ausschließlich über ihre angeschlossenen Vertragshändler zu vertreiben und dürfen nicht 24 Die Kfz-Hersteller/-Importeure erwarten von ihren autorisierten Kfz-Händlerbetrieben, daß diese mindestens den bundesweiten Marktanteil im jeweils zugewiesenen Gebiet erreichen, oftmals ohne Berücksichtigung individueller Marktbesonderheiten wie z.B. Mitbewerberdichte, Großkundenpotential und Werksverkauf (vgl. Horn/ Alfs, 1992, S. 195ff). - 23 - direkt an andere Interessenten, z.B. Großhandelsketten, Supermärkte, freie Kfz-Händler etc. liefern (vgl. Creutzig, 1995, S. 27; Simon, 1992(b), S. 17). Gegen diesen Passus wird teilweise durch Direktverkäufe, d.h. Neuwagenverkäufe am fabrikatsgebundenen Handel vorbei (jährlich ca. 15 % des gesamten Pkw-/Kombi-Neuwagenvolumens), an bestimmte Abnehmergruppen wie Autovermiet- und Leasinggesellschaften, Wiederverkäufer sowie Werksmitarbeiter verstoßen und dadurch ein zusätzlicher Vertriebsweg aufgebaut (vgl. Simon, 1992(b), S. 17). Die im Jahre 1994 von einigen Mitgliedern der zuständigen EU-Kommission in Betracht gezogene Aufhebung der GVO hätte den Markt für alle geöffnet, die sich als Automobilhändler hätten betätigen wollen. Da freie, markenungebundene Händler generell keine Garantie-, Kulanz- und vor allem Serviceverpflichtungen (24 Stunden Notdienst, Hol- und Bringservice, Mobilitätsgarantie usw.) gegenüber dem Hersteller/Importeur und den Kunden zu erfüllen haben, hätten sie die Möglichkeit gehabt, auf der Grundlage wesentlich geringerer Margen als die Vertragshändler zu agieren. Eine Folge hiervon wäre aller Voraussicht nach ein sukzessiver Trend der Betriebsaufgabe bei fabrikatsgebundenen Autohäusern oder eine erhebliche Reduzierung der Investitionen in Anlagen, Ausrüstungen (z.B. markenspezifische Diagnosegeräte und Spezialwerkzeuge, hochwertige Ersatzteile) sowie in die Ausund Fortbildung qualifizierter Mitarbeiter gewesen. Die ungebundenen Händler präferieren verständlicherweise nur die Modelle der verschiedenen Fabrikate, die leicht verkäuflich sind (sog. "Verkaufsschlager" bzw. "Selbstläufer"). Schwer verkäufliche Fahrzeuge sowie uninteressante Nischenmodelle und Spezialfahrzeuge werden von ihnen kaum vertrieben. Inzwischen hat die Europäische Kommission nach langwierigen Verhandlungen die Neufassung der am 30.06.1995 abgelaufenen Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung verabschiedet und damit der Verlängerung des selektiven Vertriebs in der Automobilbranche25 zugestimmt. Damit wurde einem besonderen Anliegen des Kfz-Gewerbes sowie der meisten Kfz-Hersteller/-Importeure entsprochen. Die wichtigsten Änderungen dieser modifizierten Verordnung gegenüber der bisherigen Fassung sind: - Erleichterung der Aufnahme von Konkurrenzmarken für Vertragshändler (Art. 3 Nr. 3); - Zulassung überregionaler Werbung für markengebundene Autohäuser (Art. 3 Nr. 8); - Vereinbarungen über die Jahresziele dürfen nicht mehr einseitig von den Herstellern/Importeuren festgesetzt werden (Art. 4 Abs. 1 Nr. 3); - Aufforderung an die vertragsgebundenen Kfz-Händler, Neufahrzeuge der gleichen Marke preisgünstiger aus anderen EU-Staaten einzuführen (sog. Parallelimporte), um so die Vorzüge des EGBinnenmarktes effizient zu nutzen (Art. 6 Abs. 1 Nr. 7); 25 Auf die Bedeutung des selektiven Vertriebssystems wird im Zusammenhang mit den Auswirkungen des EGBinnenmarktes auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe noch näher im Kapitel 3.2.2.2. eingegangen. - 24 - - Zulassung des Teilevertriebs für Vertragshändler von (hersteller-)unabhängigen Ersatzteilen, wenn sie qualitätsgleich mit denen vom Kfz-Hersteller/-Importeur sind (Art. 6 Abs. 1 Nr. 9); - Freigabe der technischen Kfz-Daten für nicht zu dem Fabrikat gehörende (freie) Werkstätten (Art. 6 Abs. 1 Nr. 12); - Legalisierung der Direktlieferungen von Neuwagen und Ersatzteilen an staatliche Institutionen (z.B. Feuerwehr, Krankenhäuser, Polizei) durch die Hersteller/Importeure (vgl. Mitteilung der Europäischen Kommission, 1995, S. 7ff). Die modifizierte GVO Nr. 1475/95 ist am 01.07.1995 in Kraft getreten und ist gültig bis zum 31.09.2002. Mit dieser neuen Verordnung soll zum einen die bisher dominierende Position der KfzHersteller/-Importeure zugunsten eines größeren Gleichgewichts in der Hersteller-Händler-Beziehung eingeschränkt und damit die Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit der Kfz-Händler26 gestärkt (vgl. Creutzig, 1995, S. 27; o.V., 1995(c), S. 17) sowie zum anderen die Märkte stärker zugunsten der Verbraucher geöffnet werden. Nach der Vorstellung der EU-Kommission soll zukünftig jeder Hersteller die Vorteile der Freistellung vom allgemeinen Kartellverbot automatisch verlieren, wenn er gegen den einen oder anderen Passus der neuen GVO verstößt. Sie will streng darüber wachen, daß die Bedingungen dieser modifizierten Freistellungsverordnung eingehalten werden (vgl. Creutzig, 1995, S. 24; o.V., 1995(c), S. 17). Während der ZDK und auch die nationalen Verbände des Kfz-Gewerbes in den anderen EU-Staaten sowie der größte deutsche Verbraucherverband für Autofahrer, der ADAC, ebenso die meisten Hersteller/Importeure (z.B. Honda, Opel, Renault, VW/Audi) die Verlängerung der GVO positiv beurteilen, äußern sich der Europäische Verbraucherverband (Beuc) und die Vereinigung freier Autohändler kritisch. Nach deren Ansicht würden sich die markengebundenen Kfz-Händler weiterhin in eine zu große Abhängigkeit ihres Werkes begeben. Des weiteren könnten die Neuwagenpreise in Europa durch die Aufhebung des selektiven Vetriebssystems und damit der wettbewerbsbeschränkenden Exklusivrechte um durchschnittlich 10 % reduziert werden. Genauso sind auch andere Absatz- und Vertriebsstrukturen denkbar, wie z.B. der Einstieg branchenfremder und finanzstarker Unternehmen in das Automobilgewerbe (Kaufhäuser, Verbrauchermärkte usw.), das Agenten-Vertriebssystem (siehe Mercedes-Benz oder BMW in Ostdeutschland), das Franchise-System oder Mehrmarkenhändler (vgl. Diez, 1994(d), S. 113f; Finsterwalder/ Brachat, 1989, S. 30ff). 26 Die neue GVO stellt nach Art. 10 Nr. 9 deutlich heraus, daß der rechtliche Rahmen nicht nur für Haupt-, sondern auch für Unterhändler zutrifft (vgl. Mitteilung der Europäischen Kommission, 1995, S. 23). - 25 - Auf der Grundlage der neuen GVO mußten die einzelnen Kfz-Hersteller/-Importeure bis Ende September 1996 neue EU-einheitliche Rahmen-Händlerverträge27 abschließen. In diesem Zusammenhang haben einige Organisationen eine z.T. erhebliche Reduzierung ihres Händlernetzes vollzogen. Durch erhöhte, kostenintensive bauliche, organisatorische und personelle Auflagen, die überwiegend von kleineren, finanzschwächeren Kfz-Betrieben nicht mehr erfüllt werden können, trennen sie sich. Darüber hinaus ist von den meisten namhaften Herstellern/Importeuren zur Reduzierung der Vermarktungskosten geplant, eine an unterschiedlichen quantitativen und vor allem qualitativen Leistungsstandards (z.B. Ergebnis der Marktausschöpfung und der Kundenzufriedenheits-Analyse, Zustand und Ausstattung der betrieblichen Anlagen, Leistungsspektrum und Qualität im Servicebereich, Nachfolgeregelung) gestaffelte Neuwagenmarge einzuführen, also eine niedrigere Grundmarge zuzüglich (Leistungs-)Boni und Zusatzhandelsspanne für die Erfüllung vorgegebener Kriterien. Durch die Reduzierung der Grundrabatte muß sich der Händler nunmehr die maximal mögliche Gesamtprovision durch (zusätzliche) Leistungen “verdienen“. Das erfordert i.d.R. Investitionen in das Sach- und Humankapital (vgl. Diez, 1997(a), S. 15ff). Weniger professionell geführte Autohäuser werden zukünftig eine z.T. erheblich geringere Marge erhalten als bisher, wodurch sie langfristig nicht mehr existenzfähig sind. Die Hersteller/Importeure erhoffen sich durch die Ausdünnung ihres Vertriebsnetzes eine Verringerung des ruinösen Preiswettbewerbs zwischen den Kfz-Händlern des gleichen Fabrikats (sog. Intra-BrandWettbewerb), eine verbesserte markenspezifische Präsentation vor Kunden und eine Renditeerhöhung bei den angeschlossenen Vertragspartnern. Aus Sicht der Kfz-Händler zeigen hingegen sämtliche der bisher bekannt gewordenen, veränderten Vertriebssysteme und vor allem Margenregelungen keine hinreichenden Ansätze, die sicherstellen, daß zukünftig der Preis-Verdrängungswettbewerb abgebaut werden kann. Neue attraktive Handelsstrukturen müssen zukünftig geschaffen werden, um dem Niedergang der deutschen Automobilhändler gegenzusteuern. Viele Vertragshändler wünschen sich mittlerweile - wie bei Mercedes-Benz seit Jahrzehnten auf dem deutschen Markt erfolgreich praktiziert - ein Agentursystem, damit sie im Namen und auf Rechnung des Herstellers/Importeurs Neufahrzeuge vermarkten können. Das für dieses Vetriebssystem zuständige sog. Handelsvertreter-Gesetz kollidiert nicht mit der neuen GVO und wird auch über das Jahr 2002 hinaus Gültigkeit haben. Nach Ansicht der autorisierten Kfz-Händler könnte dadurch der ruinöse Verdrängungswettbewerb speziell zwischen den Markenkollegen unterbunden und endlich wieder ansprechendere Renditen erzielt werden. 27 Im Händlervertrag sind die vertragsrechtlichen Regelungen (Alleinvertriebsrecht für das Fabrikat im Marktverantwortungsgebiet, Anforderungskatalog bzgl. genereller Serviceleistungen und Teilebevorratung etc.) zwischen dem Kfz-Hersteller/-Importeur und den angeschlossenen -Händlern festgehalten. - 26 - Nachdem in der Einleitung und in diesem Kapitel ein Überblick über das zu behandelnde Thema, die zentrale Problematik der Arbeit als auch zum Aufbau, zum konzeptionellen Ansatz und zur methodischen Vorgehensweise dargelegt sowie die Grundlagen der mittelständischen Unternehmen und der Automobilwirtschaft erläutert wurden, erfolgt im kommenden Abschnitt die Beschreibung und abschließende kritische Betrachtung der geläufigsten (inter-)nationalen Aus- und Fortbildungswege für Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe zur Vorbereitung auf ihre zukünftigen Aufgaben. - 27 - 2. Erläuterung der bekanntesten branchenspezifischen Aus - und Fortbildungswege für Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe Viele mittelständische westdeutsche Unternehmen und speziell Autohäuser, in denen in diesem Jahrzehnt die Unternehmernachfolge ansteht, sind in der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs (=Nachkriegszeit) in den 50er und 60er Jahren gegründet worden (vgl. Brachat, 1992(b), S. 18; Hamer/Nicolai, 1982, S. 15). Damals machten sich viele gelernte Kfz-Mechaniker bzw. -Meister selbständig, betrieben u.U. anfänglich eine Tankstelle oder Reparaturwerkstatt evtl. mit (Gebraucht-)Fahrzeughandel bzw. vermittlung, bevor sie nach einigen Jahren einen markengebundenen Händlervertrag abschlossen. Diesen nach Schumpeter (1958) ureigenen "Entrapreneur“ wird es zukünftig im Kfz-Gewerbe kaum noch geben. Durch die fortlaufend komplexeren unternehmerischen Anforderungen genügt nicht mehr der selbst in der Werkstatt produktive Kfz-Handwerksmeister, vielmehr wird ein mit umfangreichen Managementqualitäten, ähnlich einem Manager in Großunternehmen, ausgestatteter strategischer Unternehmensführer mit fundierten betriebswirtschaftlichen Kenntnissen (z.B. über strategische Planung, Mitarbeiterführung, -motivation, Rechnungswesen, Marketing, etc.) benötigt. Dabei erlangt zunehmend die langfristige Personalplanung zentrale Bedeutung (vgl. Brachat, 1992(b), S. 18). In mittelständischen Dienstleistungsbetrieben wie dem Kfz-Gewerbe werden die qualifizierten Mitarbeiter immer stärker zum kritischen Erfolgsfaktor bei zunehmender Händlerdichte sowie technischer und optischer Angleichung der Automobile. Aufgrund der vielfältigen Qualifikationen, die ein zukünftiger erfolgreicher Unternehmer bzw. Geschäftsführer eines Kfz-Betriebes benötigt, wäre dieser auch in der Lage, größere Wirtschaftsunternehmen zu führen (vgl. Malter, 1984, S. 20). Wie aktuell für viele Autohäuser die Nachfolgefrage ist, zeigen unabhängig voneinander durchgeführte Untersuchungen der Autohaus Studienabteilung (1997) und der Aral AG in Zusammenarbeit mit dem Autohaus Verlag (1993). In etwa 25 % der derzeit ca. 24.800 fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe ist bis zum Jahr 2002 die Unternehmensnachfolge zu regeln (vgl. Aral AG/ Autohaus Verlag GmbH, 1993, S. 7; Autohaus Studienabteilung, 1997, S. 5). Das moderne Berufs- bzw. Hochschulsystem bietet für den einzelnen Unternehmernachfolger im KfzGewerbe, je nach Kenntnissen, Fähigkeiten, Neigungen, Interessen etc., eine Vielzahl gewerblichtechnischer und kaufmännisch-betriebswirtschaftlicher Aus- und Fortbildungswege, um sich auf die zukünftigen, komplexen Arbeits- und Führungsanforderungen vorzubereiten. Die Beschreibung der verschiedenen Qualifizierungswege, die Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe zur Vorbereitung auf ihre zukünftigen Aufgaben absolvieren können, ist Gegenstand dieses zweiten Kapitels. Aufgrund der Fülle der in Deutschland angebotenen Bildungsinstitutionen und -alternativen beschränkt sich die nachfolgende Schilderung auf die geläufigsten Möglichkeiten. Deshalb erheben diese - 28 - Ausführungen auch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Die Darstellungen sollen eher informativen Charakter haben sowie Alternativen aufzeigen und Anregungen vermitteln. Da viele der angeführten gewerblich-technischen und kaufmännischen Aus- und Fortbildungsgänge (z.B. Kfz-Mechaniker, -Meister, Kaufmann für Bürokommunikation, Betriebswirt des Handwerks) auch von Auszubildenden, Mitarbeitern, Führungskräften und (qualifizierten) Nachwuchskräften im Kfz-Gewerbe wahrgenommen werden, treten gewisse Synergieeffekte durch den gleichen Bildungsweg wie den des Unternehmernachfolgers auf. Im Rahmen des strategischen Personalmanagements, speziell bei der Darlegung der Instrumente der strategischen Personalentwicklung (Aus-, Fortbildung, Karriere- und Laufbahnplanung), wird auf weitere Bildungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmer sowie die Förderung qualifizierter Nachwuchskräfte eingegangen. 2.1. Die allgemeine Schulausbildung als Grundlage weiterer Entwicklungsmöglichkeiten für die Unternehmernachfolger Lange bevor die Berufsentscheidung für den zukünftigen Kfz-Unternehmer ansteht, erhebt sich die Frage, welche allgemeinbildende Schulform (Haupt-, Real-, Fachschule, Fachoberschule, Gymnasium bzw. vergleichbare staatlich anerkannte Schuleinrichtungen) zu besuchen ist. Entsprechende Begabung vorausgesetzt, empfiehlt es sich, einen möglichst qualifizierten Schulabschluß anzustreben. Einerseits hält man sich damit Alternativen für spätere Berufsentscheidungen offen, andererseits vermitteln diese Schulen eine Allgemeinbildung, die bereichert, Selbstsicherheit gibt sowie zum logischen und kritischen Denken anleitet (in Anlehnung an Staufenbiel, 1994, S. 24ff; Volkswagen AG - Vertrieb Inland/Personalentwicklung und Schulung, 1972, S. 4). Grundsätzlich ist eine Tendenz zum höherwertigen Schulabschluß festzustellen. Dies belegen die rückläufigen Schülerzahlen auf Real- und vor allem Hauptschulen zugunsten der (Fach-)Oberschulen. Mittlerweile schließt im Bundesdurchschnitt jeder dritte Schulabgänger eines Altersjahrganges mit dem Reifezeugnis ab, drei Viertel davon auf den allgemeinbildenden Schulen, die übrigen auf Fachoberschulen oder über den zweiten Bildungsweg. Dadurch ergibt sich ein noch vor Jahren von den zuständigen Bildungsgremien nicht für möglich erachteter Studentenandrang an deutschen (Fach)Hochschulen, insbesondere in den Wirtschafts-, Medizin- und Jurastudiengängen (vgl. Knust, 1991, S. 45; o.V., 1992(a), S. 41ff). Für das Jahr 2000 prognostiziert das Schul- und Bildungsministerium den Anteil der Studienberechtigten mit etwa 40 Prozent der Schulabgänger (vgl. Reumann, 1993, S. 1). Seit Herbst 1991 übersteigt in Deutschland fortlaufend die Anzahl der Fachhochschul- bzw. Hochschulstudenten (über 1,8 Mio.) die der Auszubildenden in den Bereichen Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistungen (ca. 1,6 Mio.); beide Studienformen sind durchschnittlich um jeweils mindestens 150 Prozent überbelegt. Die Anzahl der Studenten wird sogar weiterhin zunehmen, da in jedem Altersjahrgang der Anteil an studierwilligen (Fach-)Abiturienten - er liegt im Augenblick bei etwa - 29 - zwei Drittel - steigt (vgl. Reumann, 1992, S. 14). Angesichts der hohen Studienabbrecherquote von etwa 25 % kann man durchaus fragen, ob dies für alle die richtige Entscheidung ist. Auch die berufliche Bildung eröffnet engagierten Nachwuchskräften interessante Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, wie nachfolgend noch genauer aufgezeigt wird. Aufgrund des zunehmenden Studentenandrangs und den damit verbundenen, an vielen Universitäten kaum noch tragbaren Zuständen, wird in den zuständigen Gremien über eine Verschärfung der Abiturrichtlinien, eine Verkürzung der Gymnasialzeit um ein Jahr sowie eine Anhebung der Zulassungsbedingungen für (Fach-)Hochschulen (z.B. Numerus Clausus) intensiv nachgedacht. Ferner wird die Einführung von Sanktionen für das Überschreiten der Regelstudienzeit (z.B. Gebühren, Exmatrikulation) in Erwägung gezogen (vgl. Deutsche Presse Agentur, 1992, S. 1; o.V., 1992(a), S. 41ff). Weitere Lösungsvorschläge sind die Zweiteilung des Universitätsstudiums in ein verkürztes berufsorientiertes Grundstudium für die breite Masse und ein Aufbaustudium für einige wissenschaftlich Begabte sowie der Ausbau der Fachhochschulen (vgl. Reumann, 1993, S. 1). Darüber hinaus ist die Bundesregierung bemüht, zukünftig die berufliche Bildung durch größere Unterstützung und Aufstiegschancen attraktiver zu gestalten (z.B. finanzielle Förderung der Meisterausbildung, Studienberechtigung für qualifizierte Absolventen einer Meisterprüfung), um damit die Hochschulen ebenfalls zu entlasten. Nach ihrer Vorstellung sollten sich etwa zwei Drittel eines Jahrgangs über eine berufliche Ausbildung qualifizieren (vgl. o.V., 1995(a), S. 17). Speziell mittelständische Unternehmen berücksichtigen oftmals zu wenig die Veränderungen der vergangenen zwei Jahrzehnte im Bildungssystem. Der Schülerstrom hat sich von der Haupt- auf die Realschule und vor allem, in niemals für möglich gehaltenem Maße, auf die Gymnasien verlagert (vgl. Eckardstein, 1988, S. 64). Allein in Westdeutschland hatte im Jahre 1996 durchschnittlich jeder fünfte Lehrling die allgemeine Hochschulreife (Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997). Dadurch erhöht sich in den kommenden Jahren das Bildungsniveau der meisten Mitarbeiter und stellt wesentlich höhere Anforderungen an die zukünftigen Unternehmer/ Geschäftsführer und sonstigen Führungskräfte hinsichtlich Mitarbeiterführung, -information und -kommunikation. Bereits das allgemeinbildende Schulsystem soll den Schülern ein breites Grundlagenwissen (sog. Generalistenwissen) verschaffen, aber auch jene fachübergreifenden Qualifikationen wie beispielsweise die Fähigkeit zu logischem Denken, Initiative, Kontaktfreudigkeit, Mut zu neuen Aufgaben oder Herausforderungen sowie die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen vermitteln. Diese Fähigkeiten und Fertigkeiten benötigen die Schüler in steigendem Maße im späteren Berufsleben, um sich schnell, flexibel und von sich aus interessiert auf die sich ständig verändernden Anforderungen bezüglich Ausbildung und Beruf einstellen zu können (vgl. Franke, 1985, S. 12; Schmahl, 1987, S. 14). - 30 - 2.2. Branchenspezifische gewerblich-technische und kaufmännische Möglichkeiten der Berufsausbildung Grundsätzlich wird die Ausbildung in zwei Bereiche aufgeteilt. Zum einen umfaßt sie die berufliche Erstausbildung, auf die im folgenden Abschnitt eingegangen wird, und zum anderen die Ausbildung an Fachhochschulen, Universitäten, Berufsakademien etc. (vgl. RKW, 1990, S. 272), die in den darauffolgenden Abschnitten näher erläutert werden. 2.2.1. Veränderte Inhalte und Schwerpunkte der neuen Ausbildungsverordnungen Die berufliche Bildungsarbeit in Deutschland beruht auf dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) von 1969, das somit eine umfassende und bundeseinheitliche Grundlage schuf. Unter dem Oberbegriff "Berufsbildung" subsumiert das Gesetz die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung28 in Unternehmen des öffentlichen Dienstes, in der Wirtschaft und bei Angehörigen freier Berufe (vgl. Conradi, 1983, S. 32; Dichtl/Issing, 1987, S. 205). Unter der Bezeichnung "Berufsausbildung" lassen sich alle Maßnahmen und Tätigkeiten zusammenfassen, die die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse sowie entsprechende Berufserfahrungen in einem geordneten Ausbildungsgang vermitteln (§ 1 Abs. 2 BBiG). Sie unterteilt sich in die berufliche Grund- und berufliche Fachausbildung (vgl. Berthel, 1995, S. 259; Dichtl/Issing, 1987, S. 205; Freund et al., 1981, S. 118; Hentze, 1991(a), S. 331). Im Rahmen der beruflichen Grundausbildung wird dem Auszubildenden ein möglichst breites Grundlagenwissen vermittelt, während bei der beruflichen Fachausbildung die zur Ausübung einer qualifizierten Berufstätigkeit erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten geschult werden (vgl. Hentze, 1991(a), S. 333f). Dabei erfolgt die berufliche Qualifizierung in zwei Stufen, die sich gegenseitig ergänzen. Die praktische Unterweisung erfolgt im Ausbildungsbetrieb (training on the job, learning by doing), die theoretische Vertiefung in der Berufsschule (training off the job) als Teilzeit- oder Blockunterricht (vgl. Heider, 1990, S. 47; Hentze, 1991(a), S. 334; Hoss, 1991, S. 18). Dieses umfassende, sog. duale System der Berufsausbildung in Deutschland, also die kooperative Verbindung der beiden Lernorte, der staatlichen Berufsschule und des ausbildenden Betriebs, galt jahrzehntelang im Vergleich zu anderen Industrienationen (z.B. USA, Japan, Großbritannien, Frankreich) als besonders effektiv, um den Azubis 28 Die berufliche Umschulung führt entweder zu einem neuen Beruf oder zu einer anders qualifizierten beruflichen Tätigkeit. Hierbei werden Personen, die - aus welchen Gründen auch immer - ihren Beruf nicht mehr ausüben können (z.B. aus gesundheitlichen Gründen, Arbeitsplatz wurde wegrationalisiert) oder wollen (z.B. Arbeitnehmer suchen eine anspruchsvollere, leichtere bzw. neue berufliche Tätigkeit), für einen anderen Beruf qualifiziert (vgl. Freund et al., 1981, S. 119; Hentze, 1991(a), S. 338; Thom, 1987, S. 46f). Da die Umschulungen für die Betrachtungen im Rahmen dieser Arbeit unbedeutend sind, soll hierauf nicht näher eingegangen werden. - 31 - eine qualifizierte Erstausbildung zu vermitteln (vgl. Posth, 1992, S. 176). Aufgrund der veränderten Arbeitsanforderungen benötigen sie künftig neben der fachlichen Kompetenz auch weitere Schlüsselqualifikationen (vgl. Heider, 1990, S. 48). Jeder Jugendliche, der noch nicht volljährig ist und keine weiterführende Schule besucht, muß die Berufsschule absolvieren, auch wenn er keine Lehrstelle hat (vgl. Hentze, 1991(a), S. 334). Die berufliche Erstausbildung schließt bei einer gewerblich-technischen Lehre mit der Facharbeiter/Gesellenprüfung bzw. bei einer kaufmännischen Ausbildung mit der Kaufmannsgehilfenprüfung vor der zuständigen Handwerksinnung bzw. Industrie- und Handelskammer ab (vgl. Litzenberg, 1987, S. 214). Welche beruflichen Anforderungen der Auszubildende, die Fach- oder Führungskraft in 20 oder 30 Jahren erfüllen muß, ist aufgrund der fortschreitenden ökonomischen, technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen heute noch nicht genau abzusehen. Fest steht aber, daß es für die zukünftige berufliche Laufbahn immer entscheidender wird, dem Azubi bereits im Rahmen der beruflichen Erstausbildung Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, die es ihm ermöglichen, sich auf die häufig verändernden, speziellen Aufgaben schnell und flexibel einzustellen sowie fortlaufend um- und dazuzulernen. Dafür benötigen die Schüler eine breit angelegte Grundausbildung, auf die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten permanent aktuelles Spezialwissen aufgebaut werden kann (sog. Primat des lebenslangen Lernens) (vgl. Hoss, 1991, S. 18; Meyer-Dohm, 1985, S. 29; Schmahl, 1987, S. 15f). Aufgrund der oben geschilderten veränderten Anforderungen an die berufliche Erstausbildung entsprachen die meisten der Berufsausbildung zugrunde liegenden Ausbildungsverordnungen29 nicht mehr den heutigen und zukünftigen Arbeitsanforderungen. Deshalb werden sie seit Mitte der 80er Jahre für verschiedene handwerkliche und kaufmännische Ausbildungszweige (z.B. Metall- und Elektroberufe, Einzelhandels-, Büro-, Reisekaufleute) vom "Bundesminister für Wirtschaft", in Zusammenarbeit mit den zuständigen Bildungsgremien, aktualisiert (vgl. Heider, 1990, S. 49). Jedoch können neue Ordnungsmittel in der Berufsausbildung für sich allein nicht den Anspruch erheben, Basis für eine gute Aus- und Weiterbildung zu sein. Generelle Voraussetzung dafür sind geeignete Ausbildungsbetriebe, motivierte Auszubildende und Ausbilder (vgl. Stoy/Binnenbrücker, 1989, S. 3). 29 In den Ausbildungs-(ver-)ordnungen sind die Ausbildungsziele und -inhalte für die Berufsausbildung in den Betrieben festgehalten. Sie geben einen Mindeststandard vor und binden als Rechtsverordnung die an der betrieblichen Berufsausbildung beteiligten Personen (vgl. Berthel, 1995, S. 259). - 32 - 2.2.2. Handwerklich-technische Berufsausbildungsmöglichkeiten Ende der 80er Jahre traten die neuen Regelungen zum Berufsbild und zur Meisterprüfung für das KfzMechaniker- und Kfz-Elektriker-Handwerk30 in Kraft. Eine Neustrukturierung der alten Ausbildungsordnungen von 1973 war notwendig geworden, da die heutige und zukünftige Automobiltechnik, mit komplexer Elektronik und Systemtechnik sowie modernen Einstell-, Prüf- und Diagnoseverfahren neue, anspruchsvollere Qualifikationen von den Auszubildenden verlangt (vgl. Stoy/Binnenbrücker, 1989, S. 3; Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 6f). Sowohl in die Ausbildung als auch in die Meistervorbereitung sind neue, zeitgemäße Lerninhalte aufgenommen worden. Themen wie Umweltschutz, Arbeitsplanung, Karosserietechnik, Elektronik, Pneumatik und Hydraulik gehören heutzutage gleichermaßen zum Aus- wie zum Weiterbildungsprogramm. Neben den Ausbildungsverordnungen sind parallel dazu neue bundeseinheitliche Rahmenlehrpläne für den Berufsschulunterricht verabschiedet worden, so daß im Kfz-Handwerk die Abstimmung zwischen den beiden Partnern im dualen Berufsbildungssystem verbessert wurde (vgl. Stoy/Binnenbrücker, 1989, S. 3; Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 7ff). Die Übersicht in Anlage 1, genauso wie die über die kaufmännischen Berufsbilder in Anlage 2, gibt grob vereinfachte, komprimierte Informationen für den Unternehmernachfolger als auch für den interessierten Berufsanfänger über die neuen handwerklich-technischen bzw. kaufmännischen Ausbildungsverordnungen (z.B. Lehrzeitdauer, Ausbildungsstätten und -inhalte, Zwischen- und Abschlußprüfungsmodalitäten, Prüfungsinhalte, Verkürzungsmöglichkeiten der Ausbildung). Die in der Praxis weit fortgeschrittene Angleichung der Berufe Kfz-Mechaniker und -Elektriker wird durch die neue Verordnung vollständig erfaßt. In der Praxis bedeutet dies, daß Kfz-Elektriker bis auf die Kernreparatur von Antriebsaggregaten (z.B. Motor und Kraftübertragung) und die KarosserieInstandhaltung die gleichen Tätigkeiten ausüben können wie Kfz-Mechaniker31 (vgl. Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 117). Voraussichtlich bis zum Jahr 2000 werden, nach der Genehmigung der neuen Ausbildungsverordnung durch die zuständigen Ministerien, diese beiden Ausbildungsberufe in dem gemeinsamen Berufsbild “Kfz-Techniker“ zusammengefaßt, da zukünftig eine strikte Trennung von Mechanik und Elektrik/Elektronik bei der Reparatur und Wartung der modernen Fahrzeuge kaum noch möglich ist. 30 Als dritten Ausbildungsberuf im Kfz-Handwerk ist der Vollständigkeit halber noch der Beruf des Karosserie- und Fahrzeugbauers anzuführen. Diese Berufsausbildung wird im Rahmen dieser Arbeit völlig außer acht gelassen, da sie für die Qualifizierung der Unternehmernachfolger nur in speziellen, meist fabrikatsungebundenen Karosseriewerkstätten von Bedeutung ist. 31 Der Beruf des Kfz-Mechanikers ist seit Jahrzehnten der Berufszweig mit den meisten Auszubildenden und auch der am weitesten verbreitete Monoberuf in Westdeutschland (vgl. Rauner, 1991, S. 179; Rauner/Zeymer, 1991, S. 8f). - 33 - Die Werkstattmitarbeiter müssen zunehmend beide Bereiche der Fahrzeug- und Reparaturtechnik beherrschen. In ähnlicher Form werden auch die beiden Fortbildungszweige auf Meisterebene zusammengefaßt (vgl. o.V., 1997(b), S. 10). Inwieweit für den Unternehmernachfolger speziell eine handwerklich-technische Lehre parallel zum (Fach-)Hochschulstudium möglich ist (z.B. in den Semesterferien), hängt einerseits von der Genehmigung des zuständigen Berufsausbildungsausschusses (z.B. verantwortliche Handwerkskammer) und andererseits von den eigenen Fähigkeiten, Neigungen sowie vor allem vom persönlichen Engagement des Studenten ab. 2.2.3. Kaufmännische Berufsausbildungsalternativen Ursprünglich war die kaufmännische Ausbildung im Kfz-Gewerbe in vier verschiedene Berufsbilder zersplittet, und zwar in die Berufe "Einzelhandelskaufmann", "Bürokaufmann", "Bürogehilfe" und "Kaufmann für Groß- und Außenhandel". Den letztgenannten Ausbildungsberuf dürfte es eigentlich im Kfz-Gewerbe gar nicht geben, da Autohäuser in diesen beiden Geschäftszweigen nicht tätig sind. Jedoch gilt dieses Berufsbild bei vielen Azubis als attraktiver, moderner und imageträchtiger. Deshalb wird dieser kaufmännische Ausbildungsberuf in einigen Kfz-Betrieben noch angeboten (vgl. Meyer, 1988, S. 2). a) Novellierung der Ausbildungsverordnung zum "Kaufmann/-frau im Einzelhandel" Anfang 1987 trat die überfällig gewordene Neuordnung des Berufes "Einzelhandelskaufmann/ -frau" mit speziellem, branchenbezogenem Ausbildungsrahmenplan u.a. für den Fachbereich 8 "Kraftfahrzeug, Teile und Zubehör" in Kraft (vgl. Meyer, 1988, S. 2f; Rinn, 1988(a), S. 7). Die wesentlichen Veränderungen des neuen Berufsbildes lauten: - Schaffung eines eigenen Fachbereiches für das Kfz-Gewerbe; - Schwerpunktsetzung auf die Warenverkaufskunde, -wirtschaft und Datenverarbeitung; - praktische Erprobung moderner Kommunikationspsychologie im Berufsschulunterricht; - Schulungen über die steigende Bedeutung von Kundenkontakt und -pflege; - Vermittlung von Schlüsselqualifikationen (z.B. Selbständigkeit, Kreativität, Kommunikations-, Kooperationsfähigkeit); - Neukonzipierung des Berufsschulunterrichts entsprechend den zukünftigen Arbeitsanforderungen (z.B. Unterricht in Projektform, Lernstatt) (vgl. Meyer, 1988, S. 3). Vom ZDK wurden für den Ausbildungsberuf Einzelhandelskaufmann im Fachbereich "Kfz, Teile und Zubehör" spezielle Ausbildungspläne erstellt, die auf die Bedürfnisse der Praxis zugeschnitten sind; sie vereinfachen die Strukturierung der Ausbildung (vgl. Meyer, 1988, S. 3). - 34 - Kritisch anzumerken ist, daß es trotz der etwa 24.800 markengebundenen Kfz-Betriebe in Deutschland bisher keine eigenständige, völlig separate berufliche Erstausbildung im kaufmännischen Sektor gibt, die speziell auf die Belange dieser Branche ausgerichtet ist. Der ZDK hofft, mit Unterstützung der Gewerkschaften und der Mitglieder des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), bis zum Beginn des Lehrjahres am 01.08.1998 die erstellte Ausbildungsordnung für den neuen Beruf “Automobilkaufmann/-frau“ durch die zuständigen Ministerien genehmigt zu bekommen. Die kaufmännischen Auszubildenden sollen in der dreijährigen Ausbildungszeit in eigenen Berufsschulfachklassen unterrichtet werden. Das neue Berufsbild zeichnet sich insbesondere dadurch aus, daß branchentypische kaufmännisch-verwaltende Tätigkeiten einschließlich der umfassenden Zusatzdienstleistungen vermittelt werden sollen. Dazu gehören z.B. Kfz-Versicherung, -Finanzierung und -Leasing, Gebrauchtwagenbewertung, Kundendienst und Gewährleistungsbearbeitung sowie EDVEinsatz bei der Materialversorgung, Auftragserfassung, Bestellung von Neufahrzeugen und Ersatzteilen (vgl. Mohr, 1995, S. 47; o.V., 1997(d), S. 13). Aufgrund dieses bisherigen Mankos besteht seit Anfang 1995 in einigen Bundesländern für die Handelsbetriebe im Kfz-Gewerbe die Möglichkeit, ihre kaufmännischen Lehrlinge in diesem Ausbildungsberuf durch eine ergänzende Bildungsmaßnahme bei der regionalen Industrie- und Handelskammer (IHK) zum “Automobilkaufmann/-frau“ mit IHK-Zertifikat qualifizieren zu lassen (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 80; o.V., 1995(b), S. 10). Im Rahmen dieser Kurse werden Themen vermittelt, die über die gesetzlichen Ausbildungsinhalte hinausgehen bzw. in der Berufsschule nicht angesprochen werden, wie beispielsweise Verhalten und Auftreten gegenüber Kunden, Verkaufstraining und Auswertung des betriebswirtschaftlichen Zahlenmaterials. Diese Kurse umfassen etwa 100 Unterrichtsstunden und finden zweimal wöchentlich nach der Arbeit sowie regelmäßig samstags statt. Die Kosten betragen knapp 1.000,- DM (vgl. o.V., 1995(b), S. 10f). Die abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung ist Voraussetzung für die Teilnahme am Abschlußtest des Zertifikatskurses (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 80; o.V., 1995(b), S. 11) 32. b) Novellierung der Ausbildungsverordnungen für Bürokaufleute Zum 01. August 1991 sind nach 50- bzw. 28-jähriger Zuständigkeit die neuen Ausbildungsverordnungen für die Büroberufe "Kaufmann/Kauffrau für Bürokommunikation" - ersetzt die 2-jährige Ausbildung als “Bürogehilfe/-in“ - und die novellierte Fassung des 3-jährigen Ausbildungsgangs zum/zur "Bürokaufmann/-frau" in Kraft getreten. Beim Erstgenannten haben sich die Anforderungen im Vergleich zum alten Berufsbild durch die Aufnahme kaufmännisch-verwaltender 32 Genauere Auskünfte über diesen IHK-Zertifikatskurs “Automobilkaufmann/-frau“ erteilen die regionalen IHKs. - 35 - Funktionen sowie Sekretariats- und Assistenzaufgaben wesentlich verändert. Daraus ergibt sich auch die nunmehr 3-jährige Ausbildungsdauer (vgl. o.V., 1991(c), S. 984). Beim Ausbildungsberuf "Bürokaufmann/Bürokauffrau" wurden die Ausbildungsverordnung überarbeitet und die Inhalte an die veränderten Arbeitsbedingungen und -techniken des modernen Büros angepaßt (vgl. o.V., 1991(c), S. 984). Ursprünglich war geplant, den Ausbildungsberuf "Bürokaufmann/-frau" umzubenennen in "Kaufmann/-frau für (Büro-)Organisation". Diese neue Bezeichnung konnte sich jedoch in der Praxis nicht durchsetzen und somit wurde die alte Berufsbezeichnung beibehalten. Eine Übersicht über Inhalte, Schwerpunkte, Ausbildungszeit etc. der vier Ausbildungsverordnungen für kaufmännische Azubis im Kfz-Gewerbe gibt Anlage 2. Die Attraktivität der Ausbildung außerhalb der (Fach-)Hochschulen gewinnt aufgrund ihrer Verwertbarkeit im späteren Berufsleben zunehmend an Bedeutung. Ungefähr 30 Prozent der betrieblich ausgebildeten Studienberechtigten sehen in der beruflichen Ausbildung ihre erste Phase der umfassenden Gesamtausbildung und nehmen später noch ein Studium auf (vgl. Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991, S. 377). 2.3. Die Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft für Abiturienten als Alternative zum Studium Aufgrund des fortschreitenden Trends zu immer höherqualifizierten Schulabschlüssen und des damit einhergehenden ständig zunehmenden Anteils der Studienberechtigten, die Alternativen zum (Fach)Hochschulstudium suchen, kommt den Ausbildungsaktivitäten der Wirtschaft eine besondere Bedeutung zu. Neben der Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (z.B. Bank-, Industrie-, Groß- und Außenhandelskaufmann/-frau) können sich die Abiturienten in einem der Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft die Basis für eine qualifizierte Tätigkeit und einen entsprechenden beruflichen Aufstieg erarbeiten (vgl. Meyer-Riedt, 1988, S. 20). Gründe für die Einrichtung der Sonderausbildungswege für Abiturienten liegen in den bereits angeführten, veränderten Berufsanforderungen und in einem Mangel an praxisorientiert ausgebildeten Fachhochschul-Betriebswirten (vgl. Kramer/Landsberg, 1981, S. 19). Verglichen mit der traditionellen beruflichen Erstausbildung (sog. Lehre) sind die Sonderausbildungsgänge für Abiturienten, aufgrund des höheren Eignungsniveaus, durchweg anspruchsvoller (vgl. Kramer/Landsberg, 1981, S. 20). Zwar sind seit Mitte der 80er Jahre auch die herkömmlichen (klassischen) Berufsausbildungen, entsprechend den veränderten Arbeitsanforderungen, qualitativ angehoben worden (siehe die Novellierung der Ausbildungsverordnung für Einzelhandelskaufleute, KfzMechaniker etc.), aber insgesamt enthalten die Sonderausbildungsgänge wesentlich mehr (wirtschaftsbezogene) Lehrinhalte, die auf zukünftige Führungsaufgaben vorbereiten. - 36 - Als besondere Vorzüge dieser Sonderausbildungsgänge gelten der starke Praxisbezug des Lehrstoffs, die größere Verzahnung von Theorie und Praxis und die verkürzte Ausbildungszeit. Kritisch an diesen dualen Ausbildungsformen für Abiturienten wird oftmals die starke Ausrichtung nach dem Bedarf des Arbeitgebers und die überwiegende Vermittlung von kurzfristigem Anwendungswissen angesehen. Ferner gelangt man nur über einen privaten Arbeitsvertrag zu dieser Berufsausbildung (vgl. Kramer/Landsberg, 1981, S. 39ff). Die wichtigsten Sonderausbildungsgänge führen zu folgenden Abschlüssen: a) Betriebswirt (VWA = Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie) Hierzu bilden Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien in Verbindung mit ihnen angeschlossenen Unternehmen des Einzugsgebietes aus. Die dreijährige Ausbildung - Zulassungsvoraussetzung ist Abitur oder Fachhochschulreife - erfolgt im ständigen Wechsel zwischen theoretischer (Besuch der Studieninstitution meist 2-3 Tage pro Woche) und praktischer (3 Tage pro Woche im Betrieb) Ausbildung. Sie zeichnet sich durch eine Verbindung von wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Theorie mit praxisbezogener Anwendung aus. Nach 1,5-2 Jahren kann durch Zwischenprüfung die Ausbildung als Industriekaufmann abgeschlossen sowie in der verbleibenden Zeit der Betriebswirt (VWA) absolviert werden (vgl. Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991, S. 380; Kramer/Landsberg, 1981, S. 22; Meyer-Riedt, 1988, S. 20; Staufenbiel, 1994, S. 112; Thom/Meyer-Riedt, 1991, S. 41). b) Diplom-Betriebswirt (BA = Berufsakademie)33 Dieses Ausbildungsprogramm weist erhebliche Übereinstimmungen mit dem des Betriebswirtes (VWA) auf. Es ist ebenfalls in zwei Stufen unterteilt und dauert drei Jahre. Die Vermittlung von Theorie und Praxis in der Berufsakademie erfolgt im zeitlichen Wechsel an der Studienakademie (9-12 Wochen je Halbjahr) und im Betrieb (12-15 Wochen pro Halbjahr). Im zweijährigen ersten Abschnitt werden kaufmännisches und wirtschaftswissenschaftliches Grundwissen vermittelt; er führt zum berufsbefähigenden staatlichen Abschluß des Wirtschaftsassistenten (BA). Die folgende Ausbildungsstufe erstreckt sich über ein weiteres Jahr und dient vornehmlich der Vertiefung wissenschaftlicher Arbeitsweisen in den Grundlagenfächern (z.B. Marketing, Personalwesen, Rechnungswesen) und der Verbesserung branchenspezifischer Kenntnisse (Bank, Industrie, Spedition usw.). Der zweite Abschnitt endet mit der Prüfung zum Betriebswirt (BA) (vgl. Bund-LänderKommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991, S. 33 Der Sonderausbildungsgang für Abiturienten zum Diplom-Betriebswirt (BA) wurde anfänglich nur an Berufsakademien in Baden-Württemberg angeboten. Zur Entlastung der (Fach-)Hochschulen sollen nach Ansicht des Bildungsministeriums und Hochschulverbands zukünftig diese Akademien auf alle Bundesländer ausgeweitet werden (vgl. Reumann, 1992, S. 14). - 37 - 380ff; Kramer/Landsberg, 1981, S. 22ff; Meyer-Riedt, 1988, S. 20f; Thom/Meyer-Riedt, 1991, S. 41). Des weiteren bietet beispielsweise die "Akademie des Handwerks in Hamburg" Abiturienten einen 3,5jährigen dualen kaufmännisch-technischen Ausbildungsgang zum "Technischen Betriebsassistenten" (TBA) an. Er umfaßt neben der Kfz-Mechaniker- bzw. -Elektriker-Gesellenprüfung auch eine spezielle kaufmännische Schulung. Dadurch soll der Absolvent künftig in der Lage sein, Führungsaufgaben im Kfz-Betrieb zu übernehmen (vgl. Lange, 1989, S. 173; Rinn, 1988(b), S. 15). Zusammenfassend ist zu sagen, daß der besondere Vorzug der verschiedenen Sonderausbildungsgänge für Abiturienten in der Wirtschaft in der engen Verbindung von Praxisnähe und Wissenschaftsbezug liegt. Die Auszubildenden lernen den Betrieb von der Basis aus kennen und erhalten zusätzlich eine betriebswirtschaftliche Qualifizierung (vgl. Conradi, 1983, S. 53; Meyer-Riedt, 1988, S. 21; Thom/Meyer-Riedt, 1991, S. 41). Dadurch tragen diese Ausbildungsgänge erheblich dazu bei, einen vorhandenen Bedarf an gleicherweise praxisnah und doch wissenschaftsbezogen ausgebildeten Fachund Führungs-(nachwuchs-)kräften zu decken (vgl. Kramer/Landsberg, 1981, S. 21). Aus diesen Gründen nutzen seit einigen Jahren nicht nur Großbetriebe, sondern zunehmend auch mittelständische Unternehmen wie beispielsweise Kfz-Betriebe dieses Konglomerat aus inner- und überbetrieblicher Ausbildung (vgl. Meyer-Riedt, 1988, S. 19ff) für Führungsnachwuchskräfte, potentielle Geschäftsführer und Unternehmernachfolger. 2.4. Branchenorientierte Wirtschaftsstudiengänge Die Grenzen zwischen Aus- und Fortbildung sind oftmals fließend; ein (Fach-)Hochschulstudium kann beispielsweise sowohl der Aus- (=Erststudium) als auch der Fortbildung (=Aufbau-, Ergänzungs-, Vertiefungsstudium) zugerechnet werden (vgl. Sommer, 1989, S. 10; Winkelhofer, 1989, S. 54f). 2.4.1. Betriebswirtschaftliches Fachhochschulstudium Als Alternative zum mindestens 8-semestrigen Universitätsstudium, bei dem viele mittelständische Unternehmen die Praxisferne beklagen, bieten über 80 staatliche Fach- (FH) und Gesamthochschulen (GH) in Deutschland ein 6- bzw. 7-semestriges, praxisbezogenes Betriebswirtschaftsstudium an. Die Praxisorientiertheit wird dadurch forciert, daß viele Dozenten über praktische Erfahrungen in der Wirtschaft verfügen. Neben dem 3- bis 3,5-jährigen Studium müssen die Studenten je nach Bundesland bzw. Studienordnung zusätzlich ein bis zwei Praxissemester absolvieren, falls sie nicht bereits vorab eine kaufmännische Lehre abgeschlossen haben (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 17f; Staufenbiel, 1994, S. 108). - 38 - Die Zulassung zum Fachhochschulstudium setzt mindestens das Fachabitur, die Fachhochschulreife oder einen adäquaten staatlich anerkannten Abschluß (z.B. Höhere Handelsschule im kaufmännischen Bereich) voraus (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 108)34. Das Fachhochschulstudium gliedert sich grundsätzlich in ein 4-semestriges Grund- und ein 2- bzw. 3semestriges Hauptstudium. Das Ausbildungsangebot im Grundstudium ist ziemlich einheitlich und umfaßt in der Regel sechs bis acht Pflichtfächer: Betriebs-, Volkswirtschaftslehre, Mathematik, Statistik, Wirtschaftsrecht, Steuerlehre, Rechnungswesen, Organisation und EDV. An vielen Fachhochschulen wird das Grundstudium mit einer schriftlichen Zwischenprüfung abgeschlossen. Im Hauptstudium erfolgt eine Vertiefung des BWL-Studiums durch die Wahl von Schwerpunkt- und Wahlpflichtfächern35. Die Examensprüfung umfaßt neben der schriftlichen und mündlichen Prüfung eine meist 3-monatige Abschluß- oder Diplomarbeit (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 108). Nach bestandenem Examen erhält der Absolvent den Titel Diplom-Betriebswirt (FH) bzw. DiplomÖkonom (FH)36. 2.4.1.1. Spezieller Studiengang für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Nürtingen Seit September 1991 wird an der Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen als Wahlpflichtfach im Hauptstudium die Lehrveranstaltung "Automobilwirtschaft"37 angeboten (vgl. Brachat/Diez, 1991, S. 4; Steiner, 1991(b), S. 28). Die speziellen Merkmale der eigenständigen Konzeption für den Studiengang Betriebswirtschaft an dieser Fachhochschule sind im Studienaufbau und in den -inhalten begründet. Besonderes Gewicht wird auf die Vermittlung umfassender wissenschaftlicher als auch praxisgerechter Qualifikationen für Nachwuchskräfte der überwiegend mittelständischen Unternehmen des Kfz-Gewerbes gelegt. Das Betriebswirtschaftsstudium ist hier auf acht Semester ausgelegt mit zwei integrierten Praxissemestern (3. und 6. Semester). Dabei soll im ersten Praktikum eine möglichst breit angelegte Ausbildung in 34 Aufgrund der Vielzahl von Regelungen über Erwerb und Anerkennung der Fachhochschulreife ist es empfehlenswert, sich frühzeitig an der jeweiligen FH zu informieren, da u.a. je nach Art der Fachhochschulreife unterschiedliche Regularien über vor Studienbeginn zu absolvierende Praktika bestehen (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 108). 35 Die Belegung von selbstgewählten Wahlpflichtfächern im Hauptstudium ermöglicht dem Studierenden eine eigenständige Gestaltung seines Studienaufbaus entsprechend seinen individuellen Neigungen und Fähigkeiten. 36 Für ausführlichere Informationen über Zulassungs-, Anmeldemodalitäten und verschiedene Studienorte für das (Fach-)Hochschulstudium siehe im einzelnen: "Staufenbiel, J. E./Koetz, A. G./Ferring, K.: Die Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten. Studiengänge und Berufsfelder für Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftsingenieure, Köln" (erscheint jährlich neu). 37 Anfang 1995 wurde dieser Studiengang im Hauptstudium an der FH Nürtingen/Außenstelle Geislingen von “Kraftfahrzeugwirtschaft“ in “Automobilwirtschaft“ umbenannt, da unter der ursprünglichen Bezeichnung viele Interessenten eine vorrangig gewerblich-technisch orientierte Ausrichtung subsumierten. - 39 - verschiedenen Unternehmensbereichen erfolgen. Das zweite Praxissemester zielt auf eine vertiefende Ausbildung in einem speziellen betrieblichen Funktionsbereich ab, damit die Studenten die erworbenen Kenntnisse praktisch einsetzen und ihre beruflichen Fähigkeiten und Neigungen genauer feststellen können (vgl. Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, 1994, S. 3ff; Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 87f). Das Grundstudium umfaßt das 1. und 2. Semester sowie das sich daran anschließende Praxissemester und endet mit der Vordiplomprüfung. Das Hauptstudium I beinhaltet das 4. und 5. Semester sowie ein weiteres Praxissemester. In diesen beiden Teilabschnitten wird zunächst ein breites Basiswissen in allen betriebswirtschaftlichen Bereichen vermittelt. Dabei wird besonderer Wert auf die Fächer Elektronische Datenverarbeitung (EDV), Technik und Fremdsprachenkenntnisse (z.B. Wirtschaftsenglisch, französisch) gelegt. Aufbauend auf diesen Grundlagen kann sich der Student im Hauptstudium II (7. und 8. Semester) neben dem obligatorischen Fachgebiet "Unternehmensführung" entweder für das Wahlpflichtfach "Logistik" oder "Automobilwirtschaft“ entscheiden; eines dieser beiden Fächer ist Pflicht (vgl. Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, 1994, S. 5f; Steiner, 1991(b), S. 28; siehe auch Anlage 3). Das Schwerpunktfach "Automobilwirtschaft" umfaßt in den beiden Semestern insgesamt 24 Semesterwochenstunden (SWS), wobei i.d.R. jeweils zum Wintersemester (Oktober des jeweiligen Jahres) ein Einstieg möglich ist (vgl. Brachat/Diez, 1991, S. 4; Fachhochschule Nürtingen/ Außenstelle Geislingen, 1994., S. 5ff; Fachhochschule Nürtingen Fachbereiche Betriebswirtschaft, o.J., S. 43ff). Dieses Wahlpflichtfach bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Industrie und Handel. Das Management dieser Schnittstelle ist bzgl. der zukünftigen Markt- und Wettbewerbssituation von zunehmender Bedeutung, denn es gilt, die Marktausschöpfung mit effizienten Vetriebsstrukturen und Marketingkonzepten zu optimieren. Die Absolventen sind daher sowohl für den zukünftigen Einsatz in den zentralen Vertriebsbereichen der Automobilhersteller/-importeure als auch für Führungsaufgaben in Autohäusern qualifiziert (vgl. Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, 1994, S. 2f; siehe auch Abb. 2). - 40 - Abb. 2: Lehrveranstaltungen des Wahlpflichtfaches "Automobilwirtschaft" an der Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen Lehrveranstaltungen - Marketing in der Automobilwirtschaft - Controlling in der Automobilwirtschaft - Management im Autohaus - Automobiltechnik - Recht in der Automobilwirtschaft - Dienstleistungsmarketing in der Automobilwirtschaft - Ausgewählte Themen aus der Automobilwirtschaft - Seminar: Autombilwirtschaft - Gesamt: Semesterwochenstunden 2 SWS 2 SWS 6 SWS 4 SWS 2 SWS 2 SWS 2 SWS 4 SWS 24 SWS Quellen: in Anlehnung an Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, 1994, S. 6 Als Zusatzkurs wird eine Einstiegsveranstaltung "Grundlagen der Verkehrs- und Automobilwirtschaft" (2 SWS) im 5. Semester des Hauptstudiums I angeboten (vgl. Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, 1994, S. 6)38. 2.4.1.2. Weitere Möglichkeiten des Fachhochschulstudiums mit branchenspezifischem Wahlpflichtfach Die im August 1992 neu errichtete Fachhochschule Gelsenkirchen (Nebenstellen Recklinghausen, Bocholt) bietet seit 1996 u.a. den Studiengang Betriebswirtschaftslehre an. Dieser unterteilt sich in ein 4-semestriges Grundstudium sowie ein 4-semestriges Hauptstudium einschließlich einem Praxissemester. Im Hauptstudium kann der Studierende neben dem Pflichtfach "Unternehmensführung" weitere Vertiefungsfächer belegen (z.B. Logistik, Rechnungswesen, Steuern, Kultur- und Freizeitwirtschaft, Handel) (vgl. o.V., 1992(c), S. 9). Das letztgenannte Fach "Handel" wird an (praxisnahen) Beispielen der Kraftfahrzeugwirtschaft (Preis- und Rabattpolitik, Kundendienst und Service etc.) gelehrt. Dieser Studiengang kann auch in berufsbegleitender Form absolviert werden, um u.a. interessierten Mitarbeitern im Kfz-Gewerbe zu ermöglichen, Beruf und Studium miteinander zu verbinden und damit eine Kombination aus praktischer und wirtschaftstheoretischer Qualifizierung zu erreichen. Zulassungsvoraussetzungen sind mindestens die Fachhochschulreife oder die Meisterprüfung in einer beliebigen Fachrichtung. Das berufsintegrierte Studium setzt sich zusammen aus vier Tagen im 38 Genauere Auskünfte zu diesem Studiengang erhält man durch die Informationsbroschüre und die zentrale Studienberatung der FH Nürtingen/Außenstelle Geislingen unter folgender Adresse: Studienberatung, c/o. Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen, Bahnhofstr. 62, 73312 Geislingen. - 41 - Ausbildungsbetrieb und zwei Studientagen, ergänzt durch Wochenendseminare (vgl. o.V., 1995(d), S. 47). Ferner ist an der FH Braunschweig/Wolfenbüttel zum Wintersemester 1997/98 ein neuer Studiengang „Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Automobilwirtschaft“ eingerichtet worden. Dieses Studium kann ebenfalls als Vollzeitstudium oder berufsbegleitend an drei Wochentagen absolviert werden, jeweils mit einem engen Praxisverbund. Damit können nicht nur (Fach-)Abiturienten, sondern auch qualifizierte Handwerksmeister neben ihrem Beruf an diesem Studium teilnehmen (vgl. o.V., 1997(c), S. 19). 2.4.2. Betriebs - und volkswirtschaftliches Hochschulstudium Generelle Voraussetzung für die Zulassung zu einem Hochschulstudium an einer deutschen Universität ist der Nachweis der allgemeinen, einschlägigen oder fachgebundenen Hochschulreife. Das in der Regel 4semestrige Grundstudium wird mit der Vordiplomprüfung abgeschlossen. Sie beinhaltet an den meisten Universitäten schriftliche Prüfungen in den vier Hauptfächern Volks-, Betriebswirtschaftslehre, Statistik und Rechtswissenschaft. Ferner müssen in den sogenannten propädeutischen Fächern (z.B. Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, betriebliche Buchführung und Rechnungswesen, Kosten- und Leistungsrechnung, EDV) Leistungsnachweise (sog. Scheine) erworben werden. Form und Aufbau der Zwischenprüfung sind dabei unterschiedlich geregelt. An einigen Universitäten werden sämtliche Zwischenprüfungen als Block nach dem 4. Semester absolviert; zunehmend ist es jedoch auch möglich, die Prüfungen gleitend während des gesamten Grundstudiums abzulegen. Primäres Ziel des Grundstudiums ist die Vermittlung eines möglichst breiten wirtschaftswissenschaftlichen Allgemeinwissens (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 98; Staufenbiel et al., 1991, S. 104; Universität Bamberg, 1994(a), S. 1ff). Das laut Studienordnung 4-semestrige Hauptstudium der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre umfaßt im allgemeinen folgende Bereiche: - Sockelfächer (allgemeine Betriebswirtschaftslehre und allgemeine Volkswirtschaftslehre), - ein Wahlpflichtfach aus dem Sektor der speziellen Betriebs- bzw. Volkswirtschaftslehre, - ein bis zwei weitere Wahlpflichtfächer entsprechend der jeweiligen Studienordnung. - Ein betriebs- oder volkswirtschaftliches (Auslands-)Studienpraktikum wurde in den letzten Jahren wieder vermehrt in die Studienordnungen aufgenommen (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 98ff; Universität Bamberg, 1994(a), S. 4). Im Hauptstudium soll der Student durch Seminare, Übungen, Referate und die Anfertigung von Hausarbeiten (Zeitrahmen meist 4-6 Wochen) zu eigenständigen produktiv-wissenschaftlichen Leistungen angeleitet werden. Die Bedeutung der Vorlesung tritt im Zuge des Hauptstudiums zunehmend in den Hintergrund (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 100; Staufenbiel et al., 1991, S. 106). - 42 - Die Examens- oder Diplomprüfung setzt sich in der Regel aus drei Teilen zusammen, deren Reihenfolge je nach Universität bzw. Prüfungsordnung differiert: 1) 3- bis 6-monatige wissenschaftliche Arbeit (Diplomarbeit). 2) 4- bis 6-stündige Klausuren in allen 5 Prüfungsfächern, die jedoch an einigen Hochschulen in zwei Abschnitten geschrieben werden können. 3) Mündliche Prüfungen in den Prüfungsfächern sind an einigen Universitäten zwingend, an anderen nur unter bestimmten Umständen (z.B. Ausgleich der schriftlichen Note, uneinheitliche Note) oder gar nicht notwendig (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 102ff). Zur Examenszulassung sind an den meisten Universitäten zusätzlich einige Leistungsnachweise in Form von Klausuren, Referaten, Hausarbeiten etc. zu erbringen, die teilweise mit in die Examensnote eingehen (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 104). Nach erfolgreichem Examensabschluß erhält der Absolvent den Titel Diplom-Kaufmann/-frau (Univ.), Ökonom/-in (Univ.), -Wirtschaftswissenschaftler/-in (Univ.), -Volkswirt/-in (Univ.). 2.4.2.1. Das Fernstudium als Alternative zum herkömmlichen Präsenzstudium Eine besondere Form des Fachhochschul- als auch des Universitätsstudiums ist das Fernstudium an der Fernuniversität/Gesamthochschule Hagen. Es ist für viele, denen aus unterschiedlichen Gründen ein herkömmliches Studium an einer (Fach-)Hochschule nicht möglich ist, eine Alternative, um Bildungsziele des Hochschulstudiums zu erreichen. Im Gegensatz zum sog. "Präsenzstudium" wird den Studenten beim Fernstudium ein Studienangebot gemacht, das primär über schriftliche, audiovisuelle und zunehmend über computerunterstützte (Lern-)Medien (z.B. Studienbriefe, Kassetten, Videos, PC-Disketten, Multimedia) geleitet, teilweise durch Präsenzveranstaltungen ergänzt und von regional stationierten Mentoren betreut wird. Somit sind Fernstudenten weitgehend von zeitlichen und räumlichen Bedingungen unabhängig. Alle (Fach-) Hochschulstudiengänge (z.B. Wirtschafts-, Sozial-, Rechtswissenschaften) werden in Voll- und Teilzeitform (=gleiches Programm zeitlich gestreckt) offeriert (vgl. Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991, S. 41f). Speziell durch die Wahl der langsameren und somit langfristigeren Studienform besteht die Möglichkeit, ein Studium parallel zur (halbtägigen oder teilweisen) beruflichen Tätigkeit bzw. zur Kindererziehung zu absolvieren. Der Studienaufbau und die Ausbildungsinhalte, die Fächer im Grund- und Hauptstudium sowie die Zulassungs-, Prüfungsmodalitäten etc. entsprechen in etwa denen der Fachhochschulen bzw. Universitäten, je nach Studienform. - 43 - 2.4.2.2. Spezieller Studiengang für Automobilwirtschaft an der Universität Bamberg Anfang April 1989 wurde an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg die Stiftungsprofessur für Automobilwirtschaft neu eingerichtet. Dieses Studienfach stellt eines von etwa 20 Wahlpflichtfächern für die Studiengänge Betriebs- und Volkswirtschaftslehre im Hauptstudium dar (vgl. o.V., 1991(b), S. 112; o.V., 1991(e), S. 30). Es setzt sich mit den spezifischen betriebswirtschaftlichen Problemen dieses Wirtschaftszweiges auseinander; daher versteht sich dieses Fach als "spezielle Betriebswirtschaftslehre" (vgl. o.V., 1991(b), S. 112; Universität Bamberg, 1994(b), o.S.). Die Schwerpunkte dieses Studiengangs sind primär auf die zukünftige berufliche Praxis in der Automobilwirtschaft ausgerichtet. Insbesondere sollen Kenntnisse über folgende Themen vermittelt werden: - Zielsysteme für die mit Entwicklung, Herstellung, Distribution und Wartung von Kfz befaßten Unternehmen, - wechselseitige wirtschaftliche Abhängigkeiten der drei Erkenntnisobjekte dieses Wirtschaftszweiges (Automobilindustrie, Kfz-Gewerbe, Kunden), - vielschichtige Transaktionsprozesse zwischen den drei Bereichen, - besondere Methoden und Probleme innerhalb der betrieblichen Funktionsbereiche (z.B. Beschaffung, Organisation, Personalwesen, Marketing), - Kaufverhalten der privaten und gewerblichen Klientel und deren Akzeptanz für KundendienstInanspruchnahme (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 90; o.V., 1991(b), S. 112; Universität Bamberg, 1994(b), o.S.). Der Mindestumfang für das viersemestrige Wahlpflichtfach beträgt insgesamt 12 Semesterwochenstunden (Vorlesungen, Übungen, Kolloquien), deren Rahmen von der Fakultät vorgegeben wird. Das Konzept sieht vor, daß i.d.R. alle zwei Semester (jeweils zum Wintersemester - Beginn Anfang November des jeweiligen Jahres) der Einstieg in dieses Schwerpunktfach möglich ist (vgl. o.V., 1991(b), S. 112; siehe auch Abb. 3 und Anlage 4). - 44 - Abb. 3: Lehrveranstaltungen des Wahlpflichtfaches "Automobilwirtschaft" an der Universität Bamberg Lehrveranstaltungen - Semesterwochenstunden Einführung in die Automobilwirtschaft Kundendienst-Management in der Automobilwirtschaft Distribution in der Automobilwirtschaft Seminar zur Automobilwirtschaft Organisation und Leitung eines Kraftfahrzeugbetriebes Forschungs- und Entwicklungspolitik der Hersteller und Zulieferer - Gesamt: 2 SWS 2 SWS 2 SWS 2 SWS 2 SWS 2 SWS 12 SWS Quellen: in Anlehnung an Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 91; Universität Bamberg, 1994(b), o.S. Ziel dieses Wahlpflichtfaches ist es, durch die Ausrichtung auf die betriebswirtschaftlichen Probleme der Automobilwirtschaft die Absolventen auf einen späteren Einstieg in kaufmännische Berufsfelder bei Automobilherstellern und Kfz-Handels- und Handwerksbetrieben vorzubereiten (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 90; o.V., 1991(e), S. 30)39. 2.5. Gewerblich-technische und nahmen im Kfz-Gewerbe kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Fortbildungsmaß- 2.5.1. Die berufliche Fortbildung zur ständigen Aktualisierung der benötigten Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen Die zweite Stufe der Berufsbildung ist die berufliche Fortbildung40. Sie knüpft an die berufliche Erstausbildung an (vgl. Berthel, 1995, S. 263; Hentze, 1991(a), S. 337). Unter Fortbildung werden nach § 1 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) Maßnahmen und Tätigkeiten verstanden, die bereits für einen Arbeitsplatz oder Beruf vorhandenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen eines Mitarbeiters erhalten, erweitern und/oder vertiefen (vgl. Berthel, 1995, S. 263; Dichtl/Issing, 1987, S. 205; Hentze, 1991(a), S. 337). Mit Hilfe der Fortbildung soll sichergestellt werden, daß die Beschäftigten den sich wandelnden Anforderungen am Arbeitsplatz (z.B. steigender Einsatz von EDV- 39 Nähere Informationen zu diesem Studiengang erhält man durch den Studienführer und die zentrale Studentenberatung der Universität Bamberg unter folgender Anschrift: Zentrale Studentenberatung, c/o. Otto-FriedrichUniversität Bamberg, Heumarkt 2, 86045 Bamberg. 40 In Anlehnung an die neuere fachspezifische Literatur, dem allgemeinen Sprachgebrauch sowie den veränderten Qualifikationstendenzen werden im Rahmen dieser Arbeit die Begriffe Fort- und Weiterbildung ebenfalls synonym verwendet (vgl. Hentze, 1991(a), S. 337; Staehle, 1990, S. 812; Weber, 1987, S. 317). - 45 - Anlagen und elektronischen Diagnose-, Prüf-, Testgeräten) jederzeit gerecht werden können (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 621; Freund et al., 1981, S. 119; siehe auch §1 Abs. 3 BBiG). Der Bereich der betrieblichen Fort- bzw. Weiterbildung unterscheidet sich von der beruflichen Erstausbildung besonders dadurch, daß dieser i.d.R. nicht an einheitliche Lehrpläne (=Curricularien), vergleichbar den beruflichen Ausbildungsordnungen, gebunden ist. Dies führt einerseits zu hoher Flexibilität, die die Anpassung an die nachgefragten Qualifikationen erlaubt (z.B. Spezialqualifikationen). Andererseits hat es aber den Nachteil, daß es zu einer quantitativen Beeinträchtigung der auf dem Gesamtarbeitsmarkt verfügbaren allgemeingültigen (Basis-) Qualifikationen führt. Nur durch überbetriebliche Maßnahmen wie Tarifverträge und staatliche Ordnungsmittel ließen sich sowohl die Vorzüge einer qualifizierten Berufsbildungsplanung, wie sie für die duale Berufsausbildung gilt, als auch eine hohe Flexibilität bei hoher Qualifikation der Beschäftigten erzielen (vgl. Rauner, 1991, S. 178). Die Fortbildung läßt sich nach dem Berufsbildungsgesetz in zwei Ausprägungen unterscheiden: a) Anpassungsfortbildung (=horizontale Mobilität) Dazu zählen alle ergänzenden Schulungsmaßnahmen, die die Mitarbeiter in die Lage versetzen, veränderte Anforderungen an ihrem bisherigen Arbeitsplatz zu erfüllen (vgl. Funk, 1989, S. 15; Echterhagen, 1989, S. 28; Hentze, 1991(a), S. 337; Novak, 1986, S. 249f; Thom, 1987, S. 43). b) Aufstiegsfortbildung (=vertikale Mobilität) Ziel dieser Fortbildungsart ist es, das Leistungspotential der Mitarbeiter so zu entwickeln, daß sie zur Übernahme neuer, komplexerer und verantwortungsvollerer Aufgaben im Unternehmen (=beruflicher Aufstieg) in der Lage sind (vgl. Funk, 1989, S. 15; Echterhagen, 1989, S. 28; Hentze, 1991(a), S. 337; Novak, 1986, S. 249f; Thom, 1987, S. 43)41. Eine exakte Trennung und Zuordnung der Lerninhalte zwischen beiden Fortbildungsmöglichkeiten ist oftmals in der Praxis nicht möglich, da zu viele wechselseitige Dependenzen bestehen (vgl. Hentze, 1991(a), S. 337). Die Fortbildungsmaßnahmen können sowohl praktische als auch theoretische Veranstaltungen oder beides sein. Ferner können sie betriebsintern oder -extern (z.B. durch öffentlich-rechtliche Institutionen oder kommerzielle Managementinstitute) erfolgen sowie wiederum beides kombinieren (vgl. Litzenberg, 1987, S. 214). Früher konnte auf einmal Erlerntes während des gesamten Berufslebens zurückgegriffen und davon in der gesamten Zeit profitiert werden. Vergegenwärtigt man sich, daß die Geschwindigkeit, mit der 41 Funk (1989, S. 15) und Thom (1987, S. 43) bezeichnen die zwei Arten der Fortbildung als Anpassungs- bzw. Aufstiegsweiterbildung, obwohl beide Autoren sinngemäß das gleiche meinen. - 46 - heutzutage neue Technologien implementiert werden, dauernd zunimmt, und daß die Halbwertzeit von Produkten und beruflichem Wissen sich fortlaufend reduziert, so wird deutlich, wie unabdingbar die Forderung nach lebenslangem Lernen ist. Ständige, nicht nur berufs- bzw. fachbezogene Weiterbildungsaktivitäten stellen den Weg zu individueller, betrieblicher und volkswirtschaftlicher Existenzsicherung dar (vgl. Hoss, 1991, S. 18f). Aus diesem Grunde erfolgt seit Mitte der 80er Jahre in der beruflichen Bildung, speziell für Führungs(nachwuchs-)kräfte, neben der rein berufsfachlichen Wissensvermittlung in zunehmendem Maße die Vermittlung sozialer Kompetenzen42 (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 621). 2.5.2. Handwerklich-technische Fortbildungsmöglichkeiten 2.5.2.1. Das Berufsbild des Kfz-Servicetechnikers Zur Attraktivitätssteigerung des Berufsbildes in der Kfz-Werkstatt ist die von der Branche selbst entwickelte Qualifikationsstufe des/der "Kfz-Servicetechnikers/-in" eingerichtet worden (vgl. Meyer, 1992(a), S. 43). Diese seit Ende 1992 angebotene mittlere Karrierestufe ist zwischen dem Berufsfeld des Kfz-Mechanikers und -Meisters installiert worden, um die große Spanne zwischen der Gesellenund Meisterprüfung hinsichtlich Zeitraum, Entgelt und Karriereaspekt zu überbrücken. Mit Hilfe des neu geschaffenen bundeseinheitlichen Berufsbildes sollen qualifizierte Berufsbewerber akquiriert sowie qualifizierten Azubis, Mechanikern und Elektrikern interessante (Aufstiegs-)Perspektiven geboten werden (vgl. Bachter, 1993, S. 354f; Meyer, 1992(b), S. 62). Im Gegensatz zur Kfz-Meisterprüfung, die eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit vorschreibt, kann mit der Fortbildung zu diesem neuen Berufsfeld unmittelbar nach bestandener Gesellenprüfung im KfzMechaniker-, -Elektriker- bzw. Automobilmechaniker-Handwerk begonnen werden (vgl. Bachter, 1993, S. 355; Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 43; Meyer, 1992(b), S. 62). Die Ausbildung und Prüfung beinhalten: - Ausbildungszeit: ca. 280 Stunden (inklusive Abschlußprüfung); - Fortbildungsinhalte: a) 4 technische Lehrgänge: fahrzeugtechnische Grundlagen, Grundlagen Kfz-Elektrik/ -Elektronik, Gemischaufbereitung/Zündung, Komfort-/Sicherheitselektronik; b) Service-Kommunikation (z.B. richtige Gesprächsführung mit dem Kunden bei der KfzDiagnose; Kommunikation im Betrieb; Service-Qualität); 42 Soziale Kompetenz (z.B. Kooperations-, Team-, Konflikt- und Konsensfähigkeit) ist die Entwicklung der Fähigkeit, mit anderen Menschen kompetent und verantwortungsbewußt umzugehen sowie eine selbstverantwortliche und sozial integrierte Persönlichkeit zu werden (vgl. Heider, 1990, S. 48). - 47 - - Ausbildungsorte und -zeit: Die Ausbildung kann entweder berufsbegleitend in den Kundendienstschulen der Pkw-, Nutzfahrzeug- und Motorradhersteller und -Importeure sowie der Zulieferer (z.B. Firma Robert Bosch GmbH) über einen Zeitraum von maximal drei Jahren oder in ausgesuchten Berufsbildungszentren des Handwerks als Tages-, Abend- sowie Wochenendlehrgänge in etwa einem halben Jahr absolviert werden (vgl. Bachter, 1993, S. 355; Meyer, 1992(a), S. 42; Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 44). - Abschlußprüfung: Sog. integrierte Gesamtprüfung; dabei wird nur noch das schriftlich geprüft, was auch im beruflichen Alltag schriftlich erledigt wird (z.B. Erstellen von Prüfprotokollen, Hinweise für die Kunden). Nach bestandener Prüfung erhalten die Absolventen das bundesweit einheitliche Zertifikat "Kraftfahrzeug-Servicetechniker/-in" (vgl. o.V., 1997(a), S. 14). - Ausbildungskosten: etwa 2.000,- DM (vgl. Bachter, 1993, S. 355). Die Aufgabenbereiche des Kfz-Servicetechnikers umfassen: - Komplexe Diagnose- und Instandhaltungsarbeiten, primär an elektronisch, pneumatisch und hydraulisch gesteuerten Systemen; - Unterstützung des Kundendienstberaters im Bedarfsfall; - Unterstützung des Werkstattleiters bei der Schulung der Azubis und bei der Kundenberatung; - Unterstützung des Werkstattleiters bei der technischen Kommunikation mit dem Hersteller (Reparaturhinweise, Gewährleistungsabwicklung usw.) (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 44; Meyer, 1992(a), S. 43). Stellt man die einzelnen Ausbildungsanforderungen für Kfz-Mechaniker und -Servicetechniker einander gegenüber, so zeigt sich, daß die erstgenannte Berufsgruppe vorrangig nach genauen Arbeitsanweisungen arbeitet (z.B. Montieren, Prüfen und Messen anhand des Inspektionsberichts), während die Servicetechniker verstärkt Tätigkeiten ausführen, die höhere Abstraktionsfähigkeiten (z.B. Bewerten, Beraten, Erklären) verlangen (vgl. Meyer, 1992(a), S. 41; siehe auch Abb. 4). - 48 - Abb. 4: Darstellung der Ausbildungsanforderungen an den Kfz-Mechaniker und den KfzServicetechniker Grundsätzliche Anforderungen an den Kfz-Mechaniker: - Montieren - Prüfen - Messen - Zerlegen - Biegen - Richten - Schweißen - Planen, Analysieren = laut neuer Ausbildungsordnung ab 1989 Zusätzlich hat der Kfz-Servicetechniker noch folgende Aufgaben: - Bewerten - Erklären - Übertragen - (Transferieren) - Beraten Quelle: Meyer, 1992(a), S. 42 Der ZDK ist bemüht, für dieses von der Branche selbst geschaffene Berufsbild des Kfz-Servicetechnikers eine staatliche Anerkennung des Abschlusses und damit eine weitere Aufwertung zu erhalten. Die Prüfung würde dann auf einer Handwerksordnung basieren und der Status der sich fortbildenden Mitarbeiter wäre auch tariflich abgesichert. Mit dem staatlich anerkannten Abschluß würden sich die Fortbildungsinhalte nicht ändern. Ferner könnte die Prüfung wie bisher sowohl bei Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammern als auch in den Kundendienstschulen der Automobilhersteller/importeure und -zulieferer durchgeführt werden (vgl. o.V., 1997(a), S. 14). 2.5.2.2. Aufbau und Inhalt der Meisterprüfung für das Kfz-Mechaniker- und Kfz-ElektrikerHandwerk Nach 25 Jahren wurden Anfang März 1989 die alten Vorschriften für die Meisterprüfung43 durch die neuen Verordnungen über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Kraftfahrzeugmechaniker-Handwerk und für das Kfz-Elektriker-Handwerk abgelöst. Als wesentliche Änderungen der beiden neuen Meisterverordnungen sind zu nennen: - Sehr allgemeine und damit zukunftsgerichtete Beschreibung der Tätigkeitsbereiche sowie der zugeordneten Fertigkeiten und Kenntnisse. 43 Handwerker, die in Deutschland ein eigenständiges Unternehmen führen und Lehrlinge ausbilden möchten, müssen dafür die Meisterprüfung ablegen; sie wird auch als "Großer Befähigungsnachweis" bezeichnet (vgl. Creutzig, 1993, S. 22). - 49 - - Stärkere Orientierung der Meisterprüfungen an der Arbeitspraxis im Kfz-Handwerk. - Aufnahme des Faches "Kalkulation", um die besonderen administrativen und organisatorischen Bedingungen von Kfz-Betrieben abzudecken. - Neben der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre werden nun auch kfz-spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten der BWL verlangt. - Die in der Praxis weit fortgeschrittene Angleichung der Berufe Kfz-Mechaniker und -Elektriker wird durch die neue Verordnung berücksichtigt (vgl. Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 115ff). Die Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk ist bislang nicht bundeseinheitlich geregelt, wie dies bei den Ausbildungsverordnungen durch die -rahmenpläne der Fall ist. Der ZDK hat daraufhin - in Anlehnung an die neuen Meisterverordnungen - einen Rahmenlehrplan zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung entworfen, der allen beteiligten Stellen der Handwerksorganisation als bundeseinheitlicher Rahmenlehrplan zugegangen ist (vgl. Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 115f; siehe auch Anlage 5). Die Stundenverteilungspläne zur Kfz-Mechaniker- und -Elektriker-Meisterprüfung umfassen: - Lehrgangsdauer: insgesamt ca. 1.600 Stunden, sowohl als berufsbegleitende Lehrgänge (z.B. Wochenend-, Abendkurs) als auch als Vollzeitkurs; - Schulungsinhalte sind: Teil I: Fachpraxis (z.B. Werkstattübungen hinsichtlich Motorkunde, Karosserietechnik, Gemischaufbereitung); Teil II: Fachtheorie (z.B. Fachrechnen,- zeichnen, Kfz-Mechanik, -Elektrik, Grundberechnung für die Angebotskalkulation); Teil III: Wirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse (z.B. Buchhaltung und Bilanz, Kostenrechnung, Personalorganisation); Teil IV: Berufs- und arbeitspädagogische Kenntnisse (z.B. Planung und Durchführung der Ausbildung, Jugendliche in der Ausbildung, praktische Unterweisungsprobe); - Lehrgangsgebühr: ca. 8.000,- DM; - Prüfungsgebühr: ca. 800,-DM; - Zulassungsvoraussetzungen zur Meisterprüfung: a) Bestandene Gesellenprüfung oder entsprechende Abschlußprüfung. b) Bisher noch eine mindestens 3-jährige Berufstätigkeit, wobei berufsnaher Fachschulbesuch angerechnet wird (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 49ff; Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1989, S. 119)44. Durch die Reform der Handwerksordnung Anfang 1994 können die einzelnen Prüfungsteile auch getrennt abgelegt werden. Generell ist der Prüfungskandidat von der Ablegung der Teile III und IV 44 Genauere Auskünfte über Schulungen zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk erteilt die jeweils zuständige Handwerkskammer. - 50 - befreit, wenn er die Meisterprüfung bereits in einem anderen Handwerk erfolgreich abgelegt hat. Weiterhin kann der Prüfling auf Antrag von gleichartigen Prüfungsfächern freigestellt werden, wenn er die Meisterprüfung bereits in einem anderen Beruf bestanden hat (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 50). Zur Attraktivitätssteigerung der kombinierten Berufs- und Studienbildung ist in fast allen Bundesländern zukünftig geplant, besonders qualifizierte und erfahrene Berufstätige mit Meisterbrief auch ohne (Fach)Abitur das Fach- bzw. Gesamthochschulstudium in ihrem Fachbereich zu ermöglichen. Zur Erreichung der Zulassung muß bisher je nach Bundesland entweder ein Auswahlgespräch, eine Eingangsprüfung oder ein zwei- bis viersemestriges Probestudium erfolgreich absolviert werden (vgl. Rinn, 1995, S. 2). Um diesen Bildungsweg durchlässiger und attraktiver zu gestalten, plant das Bundesbildungsministerium, bundesweit einheitliche Kriterien für den Hochschulzugang dieser Zielgruppe einzuführen (vgl. o.V., 1995(a), S. 17). Dieses sog. Meister-Abitur wertet die Qualifizierungschancen des Meisterbriefes weiter auf (vgl. Rinn, 1995, S. 2). Die neue Regelung schafft zukünftig vermehrt Hochschulabsolventen mit fundierten branchenspezifischen Kenntnissen und Erfahrungen, die sowohl wissenschaftliche als auch berufspraktische Qualifikationen vorweisen können. In diesem Zusammenhang steht auch die zum 01.01.1996 in Kraft getretene finanzielle Förderung der Meisterausbildung45 (sog. Meister-BAföG), gestaffelt nach dem bisherigen Monatseinkommen, Familienstand etc. Diese finanzielle Unterstützung der beruflichen Fortbildung für Fachkräfte erfolgt in Anlehnung an das Bundes-Ausbildungsförderungs-Gesetz (BAföG) für Schüler und Studenten, also eine Kombination aus zinsgünstigem Bankdarlehen und staatlichem Zuschuß (vgl. o.V., 1996, S. 12). Die Bundesregierung strebt durch diese Bildungsreformen die Gleichwertigkeit und -behandlung von beruflicher und akademischer Bildung an (vgl. o.V., 1995(a), S. 17). 2.5.3. Kaufmännisch-betriebswirtschaftlich ausgerichtete Weiterbildung 2.5.3.1. Die Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe Die Tatsache, daß Kenntnisse, Fähigkeiten etc. entscheidende Voraussetzungen zur Unternehmenssicherung bedeuten, veranlaßte bereits 1963 führende Repräsentanten des Kfz-Handels (z.B. Vorstandsmitglieder des ZDKs) eine ergänzende, branchenbezogene und auf betriebswirtschaftlicher Basis tendierende Weiterbildungsmöglichkeit zu schaffen (vgl. Rinn, 1988(b), S. 15). Ursprünglich nur in Calw (Baden-Württemberg), in der Nähe von Pforzheim, und seit September 1994 auch in Northeim (Südniedersachsen), in der Nähe von Göttingen, wird in betriebswirtschaftlichen Fachklassen der KfzUnternehmernachwuchs auf die vielfältigen zukünftigen Arbeitsanforderungen im Autohaus vorbereitet 45 Gefördert werden berufliche Fortbildungsmaßnahmen, die in einem nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberuf auf anerkannte Fortbildungsprüfungen oberhalb einer Gesellen-, Facharbeiter-, Gehilfenprüfung oder eines Berufsfachschulabschlusses vorbereiten. Die Fortbildung muß mindestens 400 Unterrichtsstunden umfassen (vgl. o.V., 1996, S. 12). - 51 - (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1995, o.S.). Für beide Einrichtungen gelten die gleichen Bildungsangebote, Zulassungsvoraussetzungen, Prüfungsregularien, Schulungsinhalte etc., die nachfolgend näher erläutert werden. Die 10-monatige Ausbildung an der "Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe" (BFC) soll zum Verständnis der gesamtwirtschaftlichen Vorgänge und Zusammenhänge führen. Ferner wird angestrebt, daß die Teilnehmer auf der Grundlage wirtschaftswissenschaftlicher und -praktischer Schulungen eigene Ideen entwickeln und Konzepte für eine zukunftssichere Strategie des eigenen oder Stammbetriebs erarbeiten (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1995, o.S.). Diese Bildungsmaßnahmen sollen die Absolventen künftig befähigen, als gehobene Fach-, Führungskräfte oder Unternehmensleiter kaufmännische Tätigkeiten selbständig und eigenverantwortlich wahrzunehmen (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1990, S. 1). Aufnahmevoraussetzung für diese Bundesfachschule ist generell eine abgeschlossene gewerblichtechnische oder kaufmännische Berufsausbildung im Kfz-Gewerbe. In Ausnahmefällen reicht auch eine erfolgreich absolvierte Ausbildung in anderen Branchen (z.B. Bank- und Steuerwesen) aus. Praktische Berufserfahrung wird seit kurzem nicht mehr zwingend verlangt. Diese Fachschule vermittelt in zwei Semestern (1. Semester von Anfang September bis Ende Januar, 2. Semester von Anfang Februar bis Ende Juni) in 33-36 Unterrichtsstunden pro Woche eine breite betriebswirtschaftlich-unternehmerische Qualifizierung für die Nachwuchskräfte im Kfz-Gewerbe. Den unterschiedlichen Bildungswegen, Vorerfahrungen und Neigungen entsprechend bietet diese Schule Weiterbildungsmöglichkeiten für Bewerber mit einer handwerklichen (z.B. Kfz-Mechaniker, Elektriker) - sie werden geschult als Kfz-Betriebsassistent - und einer gewerblichen-technischen Vorbildung (z.B. Einzelhandelskaufmann, Kfz-Meister) - sie werden qualifiziert als Kfz-Betriebswirt (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1990, S. 2; Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1995, o.S.; Rinn, 1988(b), S. 15). Der Unterricht richtet sich nach den von der Schule erarbeiteten Stoffplänen der beiden Bildungswege Kfz-Betriebsassistent und -Betriebswirt (siehe auch Anlage 6). Der Stoffplan gliedert sich in einen Pflichtbereich mit den Kernfächern wie Betriebswirtschaftslehre, Rechnungswesen, Wirtschaftsrecht und den sonstigen maßgeblichen Fächern wie Arbeits- und Steuerrecht, Organisation/EDV, Personalführung, Marketing etc. sowie einen Wahlbereich, der Maschinenschreiben, Automobiltechnik usw. beinhaltet. Eine Besonderheit stellt das Fach "KfzUnternehmenspraxis" dar. Dabei werden einzelne konkrete Probleme aus dem Kfz-Betrieb von erfahrenen Praktikern der Branche (z.B. Unternehmern, Verbandsmitarbeitern, Unternehmensberatern, Fachautoren, -redakteuren) dargestellt sowie ggf. Betriebsbesichtigungen, Kolloquien, Planspiele etc. durchgeführt (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1990, S. 1; Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1995, o.S; Rinn, 1988(b), S. 15). - 52 - Während der zwei Semester muß der Absolvent in den Pflicht- und Wahlfächern mehrere schriftliche Klausuren, kleinere Haus- und Gruppenarbeiten erstellen und/oder Kurzreferate vortragen. Neben einer schriftlichen Zwischenprüfung am Ende des 1. Semesters muß der Teilnehmer am Ende des 2. Semesters im Rahmen der Abschlußprüfung eine schriftliche (umfaßt die Pflichtfächer und das Fach Kfz-Unternehmenspraxis) sowie eine mündliche (umfaßt das Fach Kfz-Unternehmenspraxis und einen fächerübergreifenden Teil - jeweils maximal 20 Minuten) Prüfung ablegen. Die erfolgreichen Absolventen erhalten ein Abschlußzeugnis und ein Diplom mit der Berufsbezeichnung "KfzBetriebsassistent" bzw. "Kfz-Betriebswirt", je nach beruflicher Erstausbildung (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1990, S. 4ff; Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1995, o.S). Die Lehrgangsgebühr, einschließlich Aufnahme-, Prüfungsgebühren und Kosten für Lernmittel (Bücher, Hefte etc.), beträgt für die zwei Semester insgesamt über 11.000,- DM. Die Lehrgangsteilnehmer können entweder in Einzelzimmern im Wohnheim bzw. in angeschlossenen Appartementhäusern wohnen oder bekommen Unterkünfte von privaten Vermietern vermittelt. Die monatlichen Unterkunftskosten (inklusive Heizung, Strom, Reinigung, Kfz-Stellplatz) betragen, je nach Größe und Ausstattung, zwischen 220,- und 500,- DM (vgl. Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., 1995; o.S.; Preise gelten für das Schuljahr 1997/98)46. Seit dem Schuljahr 1995/96 haben die Absolventen der beiden Fachschulen die Möglichkeit, im Anschluß an das Schuljahr an einem dreiwöchigen Intensivkurs des Ausbildereignungslehrgangs teilzunehmen, einschließlich offizieller IHK-Prüfung. Ferner ist in den nächsten Jahren geplant, neben der bisher einjährigen Fortbildungsmaßnahme zum KfzBetriebswirt bzw. -Assistent, eine darauf aufbauende, insgesamt zweijährige Veranstaltung anzubieten, die mit dem staatlich anerkannten "Betriebswirt im Kfz-Gewerbe" abschließt. 2.5.3.2. Staatliche und kommerzielle Schulungsanbieter Für die Unternehmernachfolger, die eine handwerklich-technische Berufsausbildung (z.B. KfzMechaniker, -Elektriker) absolviert haben, empfiehlt es sich auf jeden Fall, zusätzlich kaufmännische und führungsspezifische Grundkenntnisse zu erwerben. Eine kaum überschaubare Anzahl staatlicher und privater Institutionen bieten Bildungsmaßnahmen u.a. für mittelständische Unternehmen und speziell für Unternehmernachfolger an, wie beispielsweise: 46 Detailliertere Informationen und Unterlagen über die Fortbildungsmöglichkeiten an der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) erhält man unter folgenden Anschriften: Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., Walkmühleweg 6, 75353 Calw oder Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw e.V., Am Gesundbrunnen 3, 37154 Northeim. - 53 - - Öffentlich-rechtliche Institutionen: Kammern und Verbände (z.B. Bildungsträger der Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Wirtschaftsjunioren/-kreise), (Fach-, Volks-) Hochschulen und staatliche Akademien; - gemeinnützig arbeitende berufsbezogene Weiterbildungseinrichtungen: Spitzen- und Fachverbände; Bund, Länder, Gemeinden; Firmen- und Einzelmitglieder; Stiftungen; - kommerzielle Managementinstitute: Unternehmensberatungen (z.B. Bad Harzburger Managementschule) (vgl. Ackermann/Rothenberger, 1987, S. 26; Engler/Kinzinger, 1984, S. 4; Holzer, 1989, S. 1; Strombach/Thom, 1983, S. 11). Zusammenfassend läßt sich sagen, daß es für das einzelne mittelständische Unternehmen einen kaum überschaubaren Markt an kommerziellen und staatlichen Anbietern von Seminaren, Kurzlehrgängen, Trainings, Workshops, spezifischen Unternehmernachfolger-Programmen etc. gibt, die in ihrer Zielsetzung, Thematik und Qualität sehr unterschiedlich sind (vgl. Engler/Kinzinger, 1984, S. 4). Deshalb ist eine eingehende Beratung durch (neutrale) Fachverbände, Innungen, Beiräte, Fabrikatsorganisationen etc. über die Leistungsfähigkeit, Seminarinhalte und Zielgruppen dringend erforderlich. Im folgenden Abschnitt wird nur auf die drei, von Unternehmernachfolgern teilweise absolvierten, staatlich anerkannten Fortbildungsmaßnahmen zum "Betriebswirt des Handwerks", zur "Technischkaufmännischen Fachkraft im Handwerk" und den primär kfz-spezifisch ausgerichteten “Staatlich geprüften technischen Fachwirt“ näher eingegangen47, die eine mögliche Alternative bzw. Ergänzung zur Kfz-Meisterprüfung darstellen. Eine vollständige Darlegung der vielfältigen Qualifizierungsmöglichkeiten speziell kommerzieller Institutionen würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit übersteigen. 2.5.4. Kombinierte, kaufmännisch und technisch orientierte Fortbildungsmaßnahmen Speziell Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern offerieren eine Vielzahl branchenübergreifender Weiterbildungsveranstaltungen zu den Themen Mitarbeiterführung, Finanzbuchhaltung, Rechnungswesen, Arbeits- und Steuerrecht sowie komplette Nachwuchsprogramme. Damit besteht auch für Gesellen bzw. Meister in handwerklich-technischen Berufen (z.B. KfzMechaniker, -Elektriker) die Möglichkeit, zusätzliche kaufmännische Qualifikationen zu erlangen, die angesichts der steigenden Bedeutung kaufmännischer Kenntnisse und moderner Führungstechniken für die zukünftigen Fach-, Führungskräfte und vor allem für die Unternehmernachfolger sehr wichtig sind. 47 Nähere Auskünfte über die drei kaufmännisch-technisch orientierten Fortbildungsmöglichkeiten erteilt die jeweils zuständige Kammer. - 54 - 2.5.4.1. Fortbildung zum Betriebswirt des Handwerks Die Fortbildung und Prüfung zum "Betriebswirt des Handwerks" umfaßt folgende Schwerpunkte: - Lehrgangsdauer: etwa 480 Stunden - sowohl als berufsbegleitende Lehrgänge (Teilzeitform) und als Kompaktlehrgänge (Vollzeitform) als auch als Kurzzeit-Lehrgänge (Wochenendform); - Zielgruppe: Inhaber/-innen, Führungsnachwuchs, leitende Mitarbeiter/-innen; - Schulungsinhalte: Betriebs-, Volkswirtschaft, Personalführung, Recht und Steuern; - Zulassungsvoraussetzungen: Meisterqualifikation, Betriebsinhaberschaft oder Führungsfunktion im Unternehmen; - Seminargebühr: ca. 3.950.- DM, zzgl. Prüfungsgebühr; - Lehrgangsunterlagen: ca. 400.- DM (vgl. Akademie des Handwerks - Handwerkskammer Rhein-Main, 1997, S. 7ff). Der Besuch des gesamten Lehrgangs, der aus in sich abgeschlossenen Seminaren besteht, die auch einzeln besucht werden können, schließt mit der im Handwerk bundesweit anerkannten Prüfung zum "Betriebswirt des Handwerks" ab (vgl. Akademie des Handwerks - Handwerkskammer Rhein-Main, 1997, S. 7). 2.5.4.2. Fortbildung zur technisch-kaufmännischen Fachkraft im Handwerk Die Schulung zur "Technisch-kaufmännischen Fachkraft im Handwerk" beinhaltet folgende Komponenten: - Lehrgangsdauer: etwa 400 Stunden in berufsbegleitender Form an zwei Abenden pro Woche; - Zielgruppe: Inhaber/-innen, Führungsnachwuchs, leitende Mitarbeiter/-innen; - Schulungsinhalte: Personalwesen, Arbeits- und Vertragsrecht; Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre und Büroorganisation; betriebliches Rechnungswesen; Daten- und Textverarbeitung; - Zulassungsvoraussetzungen: bestandene Gesellenprüfung im Handwerk oder bestandene Abschlußprüfung in einem gewerblichen Ausbildungsberuf sowie mindestens 1-jährige Berufspraxis in einem Handwerksberuf; - Seminargebühr: ca. 2.950.- DM, zzgl. Prüfungsgebühr; - Lehrgangsunterlagen: ca. 400.- DM (vgl. Akademie des Handwerks - Handwerkskammer Rhein-Main, 1997, S. 10f). Nach bestandener schriftlicher und mündlicher Abschlußprüfung erhält der Absolvent den bundesweit anerkannten Abschluß als "Technisch-kaufmännische Fachkraft im Handwerk" (vgl. Akademie des Handwerks - Handwerkskammer Rhein-Main, 1997, S. 10). - 55 - 2.5.4.3. Fortbildung zum staatlich geprüften technischen Fachwirt Eine weitere Möglichkeit, auch mit einer technischen Berufsausbildung in die Führungsebene eines KfzBetriebes zu gelangen, bietet eine dreisemestrige Zusatzausbildung mit einem betriebswirtschaftlichen Schwerpunkt an der “Akademie für Kraftfahrzeug-Technik“ in Heilbronn. Aufnahmevoraussetzung für diesen Bildungszweig ist die Meisterprüfung in einem einschlägigen Beruf des Kfz-Gewerbes. Diese Fortbildung baut auf den bereits vermittelten Kenntnissen der Meisterschulen auf. Ziel dieser Akademie ist es, die Kfz-Meister in allgemeinbildenden, volks- und betriebswirtschaftlichen sowie technischen Gebieten auf gehobene Führungsaufgaben (z.B. Abteilungs-, Betriebsleiter) in dieser Branche vorzubereiten (vgl. Kaiser, 1994, S. 21f). Der Unterricht unterteilt sich in drei Hauptbereiche: 1) Betriebswirtschaftlicher Teil mit den Fächern: - Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Rechnungswesen, Marketing, Arbeitsstudien, Investierung, Finanzierung, Versicherung, Datenverarbeitung, Rechtslehre, Betriebsgründung, -organisation, Managementlehre, Buchführung und Bilanzierung. 2) Allgemeinbildender Teil mit den Fächern: - Deutsch, Englisch, Mathematik, Physik, Chemie und Rhetorik. 3) Fachlicher Teil mit den Fächern: - Technologie einschließlich Laborarbeit, Kfz-Betriebstechnik und Technologie-Praktikum (vgl. Kaiser, 1994, S. 21f). Für die Teilnehmer besteht während der 1,5 Jahre Vollzeitfortbildung die Möglichkeit, eine zweite Meisterprüfung, und zwar zum Kfz-Elektrikermeister, zu absolvieren. Ferner können sie durch sechs zusätzliche Wochenstunden die staatlich anerkannte Fachhochschulreife erlangen, die sie u.a. zum Fachhochschulstudium befähigt (vgl. Kaiser, 1994, S. 22)48. 2.6. Internationale (Aufbau-)Studiengänge und grenzüberschreitende Studienmöglichkeiten 2.6.1. Die steigende Bedeutung des Auslandsaufenthaltes im Rahmen des Studiums Den Nutzen einer gezielten Ausbildung von Führungsnachwuchskräften mit internationaler Ausrichtung haben insbesondere die Fachhochschulen, private Managementinstitute und private Hochschulen in Deutschland (z.B. Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Koblenz, Internationale Managementschule (IMS) in Lippstadt, European Business School (EBS) in OestrichWinkel) erkannt und bieten spezifische Studienprogramme mit internationaler Ausrichtung an. Diese 48 Weitere Informationen über diese Kfz-Akademie Heilbronn sind unter folgender Anschrift zu beziehen: KfzAkademie an der Wilhelm-Maybach-Schule, Gewerbliche Schulen I, Paulinenstr. 38, 74076 Heilbronn. - 56 - Studiengänge zeichnen sich insbesondere durch Praxisorientierung sowie die Hervorhebung von Fremdsprachen- und völkerspezifischen Kenntnissen durch die Integration von meist 1-2 Auslandssemestern aus. Je nach Zulassungsvoraussetzung (z.B. Vordiplom erforderlich, Eignungsklausur) dauern diese bi- bzw. trinationalen Studiengänge49 zwischen 4 und 8 Semestern (vgl. Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991, S. 42f; Staufenbiel, 1994, S. 110). Die einzelnen Studienkonzeptionen unterscheiden sich generell durch die Anzahl - und Dauer der (Auslands-)Praktika, - der Auslandssemester sowie - der Partnerländer (vgl. Staufenbiel, 1994, S. 110). Die Notwendigkeit der Internationalisierung der Ausbildung speziell für Kfz-Händlernachwuchs ergibt sich aus folgenden Gründen: - fortschreitende Öffnung der europäischen Grenzen durch den EG-Binnenmarkt 1993 (siehe ReImporte von Neufahrzeugen); - zunehmende Markttransparenz erfordert überregionale Markt-(er-)kenntnisse; - Verständnis für verschiedene Kulturen und Lebensgewohnheiten bekommen (vgl. Brachat, 1991(c), S. 210). Speziell der amerikanische Automobilmarkt, in dem sich die amerikanischen und japanischen KfzHersteller und -Händler - die europäischen haben nur periphere Bedeutung - im härtesten Wettbewerb um die Kundenbetreuung und -loyalität befinden, kann interessante Anregungen für den deutschen Markt vermitteln. Obwohl sich nicht alle Erkenntnisse auf die deutsche Automobilbranche übertragen lassen, kann die detaillierte Analyse der dort in einem gesättigten Markt getroffenen Verhaltensweisen helfen, die zunehmende Bedeutung des Pre- und After-sales services für den langfristigen Unternehmenserfolg zu verstehen (vgl. Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe, 1993, S. 1). Ähnliches gilt für den französischen und britischen Automobilmarkt. 49 Detaillierte Erläuterungen zu diesen international bzw. europäisch ausgerichteten Studiengängen der Betriebswirtschaftslehre an privaten und staatlichen Universitäten und Fachhochschulen erfolgen in der Publikation: "Staufenbiel, J. E. (Hrsg.): Europäische Studiengänge und MBA-Programme in Europa, Köln" (erscheint jährlich neu). - 57 - 2.6.2. Automobilspezifisches Auslandsstudium an der Northwood University (USA) 2.6.2.1. Praxisorientierte Ausrichtung des Lehrplans Der ZDK bietet seit Mitte 1992 in Zusammenarbeit mit der "Northwood University"50 an drei Standorten in den USA, und zwar in Michigan, Texas und Florida, die Möglichkeit eines Studienaufenthaltes an (vgl. Brachat, 1991(b), S. 1; ZDK, 1993, S. 1). Dieses College legt großen Wert auf einen besonders branchenspezifischen und praxisnahen Lehrplan. Neben Studiengängen wie beispielsweise Rechnungswesen, Business Management, Mode Marketing und Handel wird seit Mitte der 60er Jahre auch der Bereich "Automotive Marketing" angeboten (vgl. Friedel-Beitz, 1991(a), S. 3; Friedel-Beitz, 1991(c), S. 160f). Dieser Studiengang umfaßt solche automobilspezifischen Themenbereiche wie Neuwagen- und Gebrauchtwagen-, Teileverkauf, KfzLeasing und -Finanzierung, Serviceleistungen im Autohaus etc. (vgl. Friedel-Beitz, 1992, S. 3; ZDK, 1993, S. 1). Die "Northwood-Philosophie" ist es, die Lehrpläne so praxisnah wie möglich an den späteren Berufsanforderungen auszurichten und bereits während des Studiums durch "field projects" (z.B. jährliche selbstgestaltete Automobilausstellung auf dem Universitätsgelände mit Kundengesprächen) und "field trips" zu Händlerbetrieben (z.B. Betriebsbesichtigungen) zu ergänzen. In den Ausschüssen zur Erstellung des "Automotive Marketing-Lehrplanes" sitzen u.a. amerikanische Automobilhändler und Vertreter der "National Automobile Dealers Assoziation" (NADA). Die Dozenten rekrutieren sich primär aus der Wirtschaft (vgl. Friedel-Beitz, 1991(a), S. 3; Friedel-Beitz, 1991(c), S. 161f). Ein Beispiel für die praxisnahen Themen der Lehrveranstaltungen an der heutigen Northwood University wird in Anlage 7 dargestellt. Die Ausbildung kann durch praktische Arbeit in einem ortsansässigen Händlerbetrieb (Post-Completion Practical Training Program) ergänzt werden (vgl. ZDK, 1993, S. 1). Ein Schuljahr besteht aus neun Monaten, welches in drei Abschnitte (terms) unterteilt ist. Die Studenten haben durchschnittlich 16 Vorlesungsstunden pro Woche; diese beziehen sich meist auf ein Lehrbuch. Während der Trimester werden laufend Tests geschrieben und am Ende des jeweiligen Abschnittes erfolgt eine Abschlußprüfung (final), deren Ergebnis 50 Prozent der Gesamtnote ausmacht. In den Vorlesungen sind zwischen 30 und 45 Studenten im Hörsaal. Dabei besteht generell an amerikanischen Universitäten Anwesenheitspflicht. Das Studium ist stark verschult, was wiederum den Vorzug hat, daß man fortlaufend über seinen aktuellen Leistungsstand informiert ist (vgl. Pöheim/Behrens, 1994, S. 119). Das Studium an der Northwood University schließt i.d.R. mit dem "Bachelor of Business Administration" (BBA) ab; Zulassungsvoraussetzung ist grundsätzlich mindestens die Fachhochschulreife. 50 U.a. durch die Einführung des zusätzlichen Studienabschlusses "Master of Business Administration" (MBA) Anfang 1993 wurde das ursprüngliche "Northwood Institute" in "Northwood University" umbenannt. - 58 - Zudem besteht seit Januar 1993 die Möglichkeit, einen "Master of Business Administration" (MBA) zu erlangen. Dieses sog. "Northwood Executive MBA-Programm" ist nicht auf den Fachbereich "Automotive Marketing" beschränkt, sondern beinhaltet vertiefende bereichsübergreifende Managementfähigkeiten. Voraussetzung für die Zulassung zu diesem 1,5-jährigen Studiengang (einschließlich evtl. praktischer Arbeiten) ist mindestens das deutsche Fachhochschuldiplom oder der amerikanische BBA Degree (vgl. ZDK, 1993, S. 2f; siehe auch Abb. 5). Abb. 5: Übersicht über die verschiedenen Studienabschlüsse an der Northwood University sowie die dafür benötigte Vorbildung und jeweilige Studiendauer A. BBA-Abschluß Vorbildung - Abitur und abgeschlossene kaufmännische Lehre - Mittlere Reife, kaufmännische Lehre sowie Kfz-Betriebswirt (Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw bzw. Northeim) - Abitur, kaufmännische Lehre und Kfz-Betriebswirt (Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw bzw. Northeim) Dauer 2 Jahre 1 Jahr 9 Monate B. MBA-Abschluß Vorbildung - Deutsches Fachhochschuldiplom - Amerikanischer BBA Degree Dauer 1,5 Jahre 1,5 Jahre Quelle: in Anlehnung an Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 105; ZDK, 1993, S. 2 Des weiteren kann man auch ohne formellen Abschluß (z.B. bei kürzeren Aufenthaltszeiten) Leistungsnachweise (sog. Scheine) über eine erfolgreiche Teilnahme an bestimmten Kursen erlangen, die dann in Deutschland als Studien- oder Praxissemester bzw. Studienaufenthalt anerkannt werden können (vgl. ZDK, 1993, S. 2). 2.6.2.2. Studienmöglichkeiten an der Northwood University für deutsche Fachschul- und (Fach-)Hochschulabsolventen Die Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe sowie die Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen haben mittlerweile mit der Northwood University feste Kooperationen vereinbart (vgl. Friedel-Beitz, 1992, S. 3; ZDK, 1993, S. 2). Damit ist die Möglichkeit der gegenseitigen Anerkennung von Studienleistungen (Anerkennung von sog. "Credit Hours" für die Erlangung des BBA in den USA, Einstieg in ein höheres Semester in Deutschland nach einem Semester an der Northwood University etc.) gegeben (vgl. ZDK, 1993, S. 2). Die sich daraus für die - 59 - Absolventen dieser Bildungsinstitutionen ergebenden Studien- bzw. Aufenthaltsmöglichkeiten werden nachfolgend näher dargestellt. a) Für Absolventen der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe: Die Absolventen der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe in Calw bzw. Northeim (Kfz-Betriebswirt bzw. -Betriebsassistent; siehe auch Kapitel 2.5.3.1.) erhalten dort die Möglichkeit, in einem etwa dreivierteljährigen Studium (üblicherweise von Anfang September bis Ende Mai des Folgejahres) den akademischen Grad eines "Bachelor of Business Administration" (BBA) zu erlangen. Dabei genügt ausnahmsweise als Zulassungsvoraussetzung ein Realschulabschluß. Dieser BBAAbschluß entspricht in etwa dem hiesigen Dipl.-Betriebswirt (FH) (vgl. Brachat, 1991(c), S. 210; ZDK, 1993, S. 2). b) Für Absolventen der Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen: Zwischen der Fachhochschule Nürtingen - sie bietet u.a. den Studiengang Automobilwirtschaft an (siehe auch Kapitel 2.4.1.1.) - und der Northwood University wurden Kooperationen in den folgenden Bereichen getroffen: - Austausch von Studenten und Hochschullehrern, - Austausch von Lehr- und Lernmaterialien, - Hilfe bei der Vermittlung von Praktikantenplätzen, - Durchführung praxisbezogener Forschungsprojekte (vgl. Friedel-Beitz, 1991(b), S. 3). Die Zusammenarbeit der beiden Bildungseinrichtungen bezieht sich somit nicht nur auf den Studiengang "Automobilwirtschaft ", sondern auf das gesamte Lehrangebot der Fachhochschule. Interessant für die Absolventen ist, daß ihnen der Auslandsaufenthalt voll angerechnet wird. Dabei kann der Student aus vier möglichen Alternativen auswählen. Während des 3. oder 6. Semesters kann er ein sechsmonatiges Sonderstudium (=2 terms) absolvieren, das von der Fachhochschule als Praktikum anerkannt wird, oder er erwirbt innerhalb eines Jahres den BBA. Nach bestandenem Examen kann der Studierende ein zwei Semester umfassendes Studium mit dem Abschluß BBA oder ein drei bis vier Semester dauerndes Studium zum MBA anschließen (vgl. Friedel-Beitz, 1991(b), S. 3). c) Für Absolventen der Universität Bamberg: Die Kooperation zwischen der Northwood University und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg steht noch aus und soll die ZDK-Gesamtstrategie für sämtliche deutsche Ausbildungsebenen vervollständigen (vgl. Brachat, 1991(d), S. 8). d) Studienmöglichkeiten für (Fach-)Abiturienten: Neben den Absolventen der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe und der Fachhochschule Nürtingen können auch Interessenten mit (Fach-)Hochschulreife innerhalb von ca. 24 Monaten den BBA Degree erreichen (vgl. Friedel-Beitz, 1992, S. 3). - 60 - 2.6.2.3. Allgemeine Regularien für dieses Studium a) Allgemeine Zulassungsvoraussetzungen Voraussetzung zur Erlangung eines Studentenvisums für die USA ist generell die erfolgreiche Teilnahme am "TOEFL-Test" (=Test of English as a Foreign Language) zum Nachweis ausreichender Englischkenntnisse. Die Northwood University bietet zuvor entsprechende Sprachkurse zur Vorbereitung auf diese Prüfung an (vgl. Friedel-Beitz, 1991(a), S. 3; Friedel-Beitz, 1991(c); S. 164; Brachat, 1991(c), S. 214). Interessenten können den Test u.a. bei der zentralen Koordinierungsstelle "SESAM" in Bonn absolvieren (vgl. ZDK, 1993, S. 4). b) Informationsmöglichkeiten Der ZDK hat eigens ein Projekt (SESAM - "Students Exchange Service for Automotive Management" - International) initiiert, um die Ausbildung des Händlernachwuchses durch die Koordination eines Studiums bzw. Aufenthaltes in den USA zu unterstützen. Diese Koordinierungsstelle mit kompetenten Ansprechpartnern berät vor allem bei Fragen bzgl. der Studienmöglichkeiten an der Northwood University und gibt Detailinformationen über Immatrikulationsformalitäten (=Einschreibformalitäten) an der Universität, Visumbeschaffung, Krankheits- und Unfallversicherung, Arbeitserlaubnis usw. (vgl. Friedel-Beitz, 1992, S. 3; ZDK, 1993, S. 3f) 51. Ausführliche Informationen sind auch bei der Fachhochschule Nürtingen und der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe in Calw erhältlich (vgl. ZDK, 1993, S. 1). c) Studiengebühren, Aufenthalts- und sonstige Kosten Für ein akademisches Jahr (ca. 9 Monate) sind für Studiengebühren, Literatur, Lehrgänge, Unterkunft, Verpflegung u.a.m. etwa 30.000,- DM aufzuwenden, wobei ungefähr die Hälfte der Kosten für die Studiengebühren anfallen. Studenten können wahlweise inner- oder außerhalb des Universitätsgeländes wohnen und verpflegt werden (vgl. Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller et al., 1994, S. 105; ZDK, 1993, S. 3). Zusammenfassende Übersichten über die meisten erläuterten, typischen Aus- und Fortbildungswege für Unternehmernachfolger(-innen) im Kfz-Gewerbe sind in den Anlagen 8 und 9 dargestellt52. 51 Anschrift dieser Koordinierungsstelle für Auslandsstudienmöglichkeiten: Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK), - Projekt: SESAM -, Franz-Lohe-Str. 21, 53129 Bonn. 52 Umfangreiche Informationen über die meisten der oben angeführten Bildungsmaßnahmen, einschließlich der Ausbildungsvoraussetzungen, -inhalte, -dauer, benötigten Nachweise und Prüfungen, Tätigkeitsfelder etc., beinhaltet u.a. folgende Broschüre: Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller, der Importeure und Zulieferer von Kraftfahrzeugen sowie des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbes (Hrsg.): Karriere mit Lehre. Perspektiven rund ums Automobil, Bonn 1994. - 61 - 2.7. Spezielle Schulungsangebote der Kfz-Hersteller/-Importeure sowie fabrikatsübergreifend von der Autohaus Akademie für Unternehmernachfolger Um die Kfz-Unternehmer bzw. -Geschäftsführer bei der Unternehmensnachfolge zu unterstützen und die nachfolgende Generation im Kfz-Gewerbe auf die zukünftigen Aufgaben der Unternehmensführung gezielt vorzubereiten, bieten fast alle namhaften Kfz-Hersteller/-Importeure und fabrikatsübergreifend die "Autohaus Akademie" entsprechende Nachwuchsförderprogramme an. Dabei werden bei den wenigsten Kfz-Herstellern/-Importeuren differenzierte, separate Programme für Familienangehörige (Kinder, Neffen/Nichten usw.) als sog. "Newcomer" sowie für Geschäftsführernachfolger, hervorgegangen aus erfahrenen Führungskräften, angeboten. Die Ausbildungsinhalte sind größtenteils identisch, wobei in differenzierten Schulungen für die praxiserfahrenen Führungskräfte oftmals verstärkt auf kaufmännische Kenntnisse (z.B. Rechnungswesen, Kennzahlen) sowie zeitgemäße Mitarbeiterführung und -motivation eingegangen wird. Ziel der angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen ist es, den Unternehmernachfolgern gezielt und umfassend das notwendige Grundlagenwissen (z.B. Fachkenntnisse, Führungsverhalten, Managementwissen, Kommunikationsfähigkeit) zur Sicherung des Fortbestandes des Kfz-Betriebes zu vermitteln (vgl. o.V., 1991(a), S. 102). Die meist über ein Jahr laufenden Trainingsprogramme richten sich generell an Nachfolger, - die bereits eine berufspraktische und/oder wissenschaftliche Ausbildung absolviert haben, - die in letzter Zeit bereits Leitungsfunktionen im Kfz-Betrieb übernommen haben und/oder - die innerhalb der kommenden 2-3 Jahre für entsprechende Führungsaufgaben vorgesehen sind und sich entsprechend auf die zukünftigen Arbeitsanforderungen vorbereiten möchten. 2.7.1. Fabrikatsgebundene Händlernachwuchsprogramme der einzelnen Hersteller/ Importeure bzw. der von ihnen beauftragten externen Institute Aufgrund umfangreicher Recherchen bei den meisten auf dem deutschen Markt vertretenen Automobilherstellern/-importeuren ist festzuhalten, daß auch sie erkannt haben, daß die gesammelten Erfahrungen der Unternehmernachfolger im elterlichen bzw. Stammbetrieb allein nicht mehr ausreichen, um die steigenden Anforderungen an den zukünftigen Jung-Unternehmer bzw. -Geschäftsführer bewältigen zu können. Das ist vor allem der Grund dafür, warum immer mehr Hersteller und Importeure wie z.B. BMW, Fiat, Mercedes-Benz, Nissan, Peugeot, Saab, Toyota, Volkswagen/Audi oder Volvo für ihre Vertragshändler spezielle Nachwuchsförderprogramme anbieten. Über solche Veranstaltungen wird auch bereits bei einigen Organisationen nachgedacht (z.B. Daihatsu, Hyundai, Lada), die bisher solche Qualifizierungsmaßnahmen noch nicht anbieten (können). Nur durch intensive und umfangreiche Schulungen - so die Erkenntnis - können die Nachwuchskräfte auf ihre - 62 - zukünftigen unternehmerischen Aufgaben in dem sich wandelnden wirtschaftlichen und sozialen Umfeld vorbereitet werden. Neben den von den einzelnen Kfz-Herstellern/-Importeuren angebotenen Qualifizierungsprogrammen für den Händlernachwuchs ihrer jeweiligen Vertragshändler, -werkstätten bzw. Vertretungen bietet auch noch die Autohaus Akademie branchenspezifische, fabrikatsübergreifende Schulungsprogramme für die Nachfolger an. 2.7.2. Überfabrikatliche Schulungen und Vermittlung von Praktika durch die Autohaus Akademie Anfang der 70er Jahre gründete der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe die "Akademie für Unternehmensführung im Kfz-Gewerbe" (vgl. o.V., 1989(a), S. 49). Seit 1990 firmiert diese branchenbezogene Bildungseinrichtung des ZDKs und Autohaus Verlags unter dem Namen "Autohaus Akademie" (vgl. Finsterwalder-Reinecke, 1991, S. 240). Das Aufgabenspektrum dieser fabrikatsübergreifenden Institution erstreckt sich von der Schulung der (zukünftigen) Inhaber über die der Führungskräfte und Mitarbeiter aller Unternehmensbereiche, wie beispielsweise Verkaufsleiter, Finanzbuchhalter, Verkäufer, Kundendienstberater, Mitarbeiter der Kfz-Hersteller/-Importeure etc. (vgl. o.V., 1989(a), S. 49; Autohaus Akademie, 1992, o.S.). Ziel dieser Schulungseinrichtung bei den Unternehmernachfolger-Kollegs ist die Vermittlung des Basiswissens mit den inhaltlichen Schwerpunkten strategische Unternehmensführung, kundenorientiertes Verhalten, erfolgreiche Autohauswerbung, aktives Umweltmanagement, Steuerrecht und Finanzierung, Personalmanagement (vgl. Finsterwalder-Reinecke, 1993, S. 218). Begleitend werden Produkttrainingsseminare, Unternehmensberatung einschließlich Unternehmensplanspielen und Studienreisen angeboten. Die Schulungen finden dezentral in ganz Deutschland statt (vgl. FinsterwalderReinecke, 1991, S. 241). Nach Beendigung des gesamten Grundlehrgangs besteht die Möglichkeit, daß sich die jeweilige Kolleggruppe in der gleichen Zusammensetzung regelmäßig zu "Kfz-Junior-Unternehmer-Konferenzen" (meist einmal im Jahr) und zu Aufbauseminaren (jeweils aus aktuellem Anlaß) trifft. Über die Zusatzveranstaltungen wird nach Ablauf des Schulungsprogramms in der jeweiligen Gruppe entschieden (vgl. Autohaus Akademie, 1991, o.S.; Finsterwalder-Reinecke, 1992, S. 64). Der besondere Vorteil dieser überfabrikatlichen Bildungsinstitution besteht in der markenübergreifenden Betrachtungsweise. Dies ermöglicht den Absolventen einen umfassenderen Erfahrungsaustausch über Probleme, Vorzüge, Vorgehensweisen und Strukturen anderer Fabrikatsorganisationen mit den Kollegmitgliedern auch nach Beendigung des eigentlichen Programms. Nachteilig wirkt sich wiederum aus, daß keine fabrikatsgerichtete, organisationstypische Detailschulung bzgl. werksspezifischer - 63 - Gegebenheiten wie EDV-Anlagen, Marketingmaßnahmen, Hersteller-/ Unternehmensidentität, -philosophie etc. erfolgen kann. Darüber hinaus bietet diese Akademie in Zusammenarbeit mit der Fachzeitschrift “Autohaus“ seit 1990 die "Autohaus-Praktikantenbörse" an. Sie vermittelt Unternehmernachfolger während jeder Phase des Qualifizierungsweges, d.h. nach abgeschlossener Berufsausbildung, während des Praxissemesters an der Fachhochschule oder im Laufe der Semesterferien, an die jeweiligen Markenkollegen53 und Fremdfabrikatshändler im In- und Ausland. Damit haben die Nachfolger die Möglichkeit, Betriebsabläufe, Probleme, Führungsverhalten etc. auch in anderen als dem elterlichen bzw. Stammbetrieb praktisch kennenzulernen. Diese Entwicklung ist auch seit Mitte der 80er Jahre in anderen Wirtschaftsbereichen festzustellen, beispielsweise die Renaissance des "Wanderschaftsjahres" im Handwerk (z.B. bei Zimmerleuten) (vgl. Brachat, 1991(b), S. 1; Enning, 1991, S. 57; FinsterwalderReinecke, 1991, S. 240). Anlage 10 enthält eine zusammenfassende Synopse mit den speziellen Nachwuchsförderprogrammen differenziert nach mehreren Untersuchungskriterien -, die die einzelnen Kfz-Hersteller/ -Importeure bzw. von ihnen beauftragte externe Institutionen sowie fabrikatsübergreifend die Autohaus Akademie den Kfz-Unternehmernachfolgern anbieten. 2.7.3. Darstellung der von den Kfz-Herstellern/-Importeuren und der Autohaus Akademie angebotenen Unternehmernachfolger-Programme Die Analyse der von den Herstellern/Importeuren sowie der Autohaus Akademie angebotenen Händlernachwuchsförderprogramme orientiert sich an den Kriterien, die den Spaltenbezeichnungen in Anlage 10 zugrunde liegen; eine Ausnahme bildet Punkt 8), der in der vorliegenden Arbeit als zusätzliches wichtiges Kriterium behandelt werden soll. 1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings Die umfangreiche Themenpalette der Nachwuchsförderprogramme bei den einzelnen Kfz-Herstellern/Importeuren und der Autohaus Akademie umfaßt die Darstellung der Beziehungen zwischen Werk und Handel, Generationsseminare für Senior und Junior, Persönlichkeits- sowie spezielle Fachseminare über betriebswirtschaftliche Unternehmensführung, Mitarbeiterführung und -motivation, Kundendienst, Recht und Steuern, Marketing, Verkaufstraining etc. Ferner sollen Sonderveranstaltungen wie Diskussionsforen mit Vertretern der Konzernleitung bzw. erfahrenen Praktikern, Werksbesichtigungen 53 Unter Markenkollegen werden diejenigen Kfz-Betriebe bzw. Partnerhändler zusammengefaßt, die das gleiche Fabrikat (z.B. VW/Audi, Ford, Mercedes-Benz) vertreiben. Fremdfabrikatshändler sind demnach Betriebe, die andere Fahrzeugmarken als der eigene bzw. Stammbetrieb vertreten. - 64 - oder auch Studien- und Auslandsreisen den Weitblick sowie das Zusammengehörigkeitsgefühl der Junioren/-innen forcieren im Sinne der Schaffung von "inner relations" für die Fabrikatsorganisation. Auch speziell auf den Händlernachwuchs zugeschnittene Broschüren bieten Informationsmöglichkeiten für die Junioren. So gibt die Renault-Organisation viermal jährlich die Renault-Junioren-Info heraus. Dort werden Seminarthemen wiederholt, es gibt Buchtips zur Ergänzung des erlernten Wissens, Führungstechniken im Testverfahren, ebenso Berichte der Sprecher des Junioren-Teams und auch aktuelle Hinweise zur Mitarbeiterführung, zum Fahrzeugverkauf bis hin zu Seminarterminen, Anregungen, Vorschlägen, Treffen u.ä. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich auch die im Rahmen der meist 3- bis 5-tägigen Seminare abgehaltenen abendlichen (informellen) "Kamingespräche" mit führenden Repräsentanten der Hersteller/Importeurseite. Diese Veranstaltungen, wie sie beispielsweise bei Opel, Saab, VW/Audi durchgeführt werden, gehen oft über den Bereich des Kfz-Geschäftes hinaus und dienen unter anderem dazu, den Blick für neue oder andere Entwicklungen zu sensibilisieren und daraus zu lernen (sog. "Blick über den eigenen Tellerrand"). Die meisten größeren deutschen Hersteller (z.B. BMW, Mercedes-Benz, Opel, VW/Audi) betreiben werkseigene Schulungszentren, in denen die, meist über ein bis eineinhalb Jahre verteilten, Schulungsprogramme für den Händlernachwuchs zentral durchgeführt werden. Die anderen Organisationen wie auch die Autohaus Akademie bieten den Interessenten entweder regionale Schulungen in speziellen Seminarhotels und/oder - falls vorhanden - in werkseigenen Schulungszentren des Kundendienstes an. 2) Auswahlkriterien für den Händlernachwuchs Generelle Voraussetzung, um an einem Händlernachwuchsprogramm teilnehmen zu können, ist im allgemeinen ein ungekündigter Händlervertrag und die geplante Übernahme des Betriebes. Darüber hinaus sollten die Absolventen über eine abgeschlossene technische oder kaufmännische Ausbildung (Lehre oder Studium) verfügen und schon im elterlichen bzw. Stammbetrieb oder anderen Autohäusern praktisch gearbeitet haben. Einige Hersteller/Importeure (z.B. Renault, Ford, Toyota) verlangen zusätzlich ein gewisses Mindestalter der Teilnehmer. Speziell bei BMW erfolgt die Aufnahme in das Programm grundsätzlich in Abstimmung zwischen Teilnehmer, Eltern/Geschäftsführer, zuständigen Außendienstmitarbeitern des Vertriebs Deutschland und den Trainingsabteilungen. Bei einigen Schulungsanbietern werden mittlerweile auch Eingangstests (z.B. bei VW/Audi) durchgeführt, um im vorhinein die generelle Befähigung und das Leistungspotential zu ermitteln. 3) Trainer für den Händlernachwuchs Die größeren deutschen Automobilhersteller setzen in ihren werkseigenen Schulungszentren zur Durchführung der Nachfolgeprogramme sowohl eigene Trainer und Verantwortliche der einzelnen Fachabteilungen des Werks als auch externe Referenten (z.B. Unternehmensberater, (Fach-) - 65 - Hochschuldozenten) sowie erfahrene Praktiker (z.B. erfolgreiche Kfz-Unternehmer) ein. Die mit einem kleineren Vertriebsnetz in Deutschland präsenten Importeure (z.B. Fiat, Renault, Nissan, Peugeot) haben oft eine zentrale Koordinationsstelle für die Schulungsveranstaltungen des Händlernachwuchses eingerichtet. Sie arbeiten überwiegend mit externen Bildungsinstitutionen zusammen, rekrutieren externe Referenten und/oder erfahrene Praktiker mit umfassender theoretischer Fundierung. Bei der Autohaus Akademie rekrutieren sich die Referenten aus eigenen und externen Trainern, erfahrenen Praktikern aus der Automobilbranche sowie Dozenten und ordentlichen Professoren. Zuständig für die Koordination der Veranstaltungen ist die Geschäftsleitung dieser Bildungsinstitution. 4) Kooperationen auf dem Ausbildungssektor Einige Kfz-Hersteller/-Importeure betreiben Ausbildungskooperationen mit Universitäten (z.B. BMW mit der Universität Hamburg und der Hochschule St. Gallen, Ford mit der Universität zu Köln) und externen kommerziellen Bildungsinstitutionen (z.B. Mazda mit der Autohaus Akademie). 5) Teilnahmekosten für den Händlernachwuchs In vielen Fällen trägt das Werk bzw. der Importeur (z.B. BMW, Ford, Peugeot) den Großteil der Kosten für die Qualifizierungsmaßnahmen. Lediglich die Kosten für Arbeitsausfall, An- und Abreise sowie Übernachtung und Verpflegung sind vom Händler bzw. Teilnehmer zu tragen. Andere Hersteller/Importeure verlangen wiederum anteilige Kostenpauschalen (z.B. Fiat, Nissan, Suzuki, VW/Audi). Da es sich bei der Autohaus Akademie um eine kommerzielle Bildungseinrichtung handelt, müssen die drei jeweils 5-tägigen Teillehrgänge vollständig selbst getragen werden. Inwieweit sich die KfzImporteure, die bisher noch keine Nachwuchsprogramme für ihre Vertragspartner anbieten, an den Lehrgangsgebühren zuzüglich Übernachtungskosten beteiligen, ist nicht bekannt. 6) Abschluß-Qualifikation Nach bestandener Abschlußprüfung (z.B. bei Renault, Toyota) bzw. für die bloße Teilnahme an dem Nachwuchsprogramm erhalten die Absolventen bei fast allen Herstellern/Importeuren und auch bei der Autohaus Akademie (hauseigene) Zertifikate, Diplome, Teilnahmebestätigungen oder ähnliche Schulungsnachweise. 7) Anzahl der Seminarteilnehmer und der jährlichen Programme Die Anzahl der jährlichen Teilnehmer an den Nachwuchsprogrammen bei den einzelnen Herstellern/Importeuren steht in Relation zur Dichte des jeweiligen Händlernetzes. Durchschnittlich umfassen die einzelnen Kurse 12-17 Teilnehmer und werden speziell von kleineren Organisationen alle ein bis zwei Jahre angeboten. Hersteller/Importeure mit einem großen Vertriebsnetz und eigenen Schulungszentren sowie die Autohaus Akademie bieten jährlich, je nach Bedarf, ein oder mehrere - 66 - Nachwuchsförderprogramme an. Die Kurse beginnen meist im Spätsommer bzw. Herbst, bei der Autohaus Akademie überwiegend im Mai. 8) Betreuung des Händlernachwuchses nach Abschluß des Programms Die meisten Hersteller/Importeure, ebenso wie die Autohaus Akademie, haben die Wichtigkeit der Zusammenarbeit und des Erfahrungsaustausches der zukünftigen Kfz-Unternehmer bzw. -Geschäftsführer erkannt und initiieren seit einigen Jahren auch nach Abschluß des Nachwuchsprogramms aktiv Jahrgangsgruppen-Treffen. Bei Ford heißen diese Veranstaltungen z.B. "FordHaupthändler-Juniorenkreis", bei Renault "Renault-Junioren-Team" bzw. bei VW/Audi Unternehmer(Nachfolger-)"Konferenzgruppen". Die einzelnen Gruppen wählen meist für zwei Jahre ihren Sprecher, der dann u.a. für die Koordination der Veranstaltungstermine und das Themenspektrum sowie die Schulungs- und Freizeitaktivitäten (z.B. Gebrauchtwagen-Handel, Kfz-Finanzierung und -Leasing, Rhetorik-Kurse, Selbst- und Zeitmanagement als auch Fahr- und Sicherheitstraining, Werksbesichtigungen, Studienreisen ins In- und Ausland) zuständig ist. Ziel dieser 2- bis 5-tägigen jährlichen Treffen ist es, neben der Aktualisierung des Fach- und Führungswissens ein kooperatives, partnerschaftliches Miteinander der einzelnen Händler innerhalb der eigenen Marke zu erreichen und somit den Erfahrungs- und Gedankenaustausch sowie die Hilfsbereitschaft untereinander über diese Veranstaltungen hinaus zu forcieren, d.h. ein "Wir-Gefühl" innerhalb des Fabrikatsverbundes zu erzeugen. 2.7.4. Beurteilung der angebotenen Schulungsmaßnahmen für den Händlernachwuchs Obwohl es recht schwierig ist, eine Beurteilung der einzelnen Nachwuchsprogramme anhand der werksseitig zur Verfügung gestellten Schulungsunterlagen, Broschüren sowie einiger Gespräche mit Schulungsleitern, Referenten, Trainern und Absolventen solcher Veranstaltungen vorzunehmen, sollen nachfolgend zumindestens einige kritische Aspekte angeführt werden. Einschränkend ist anzuführen, daß sie nicht unbedingt für alle Programmanbieter zutreffen. Des öfteren wird von den Trainern bzw. Absolventen beklagt, daß die Nachwuchsförderprogramme mit bis zu 20 und mehr Teilnehmern (über-)belegt sind und somit kein Eingehen auf die individuellen Stärken und Schwächen des Einzelnen möglich ist. Dadurch müssen zeitintensive, aktive Lehrmethoden (z.B. Gruppenarbeit, Rollenspiele, computergestützte Planspiele) verkürzt und können nur unzureichend nachbearbeitet werden, so daß das nötige Feedback für den einzelnen Teilnehmer zu gering ausfällt. Ferner haben die Nachwuchskräfte oft recht heterogene Aus- und Fortbildungswege absolviert; einige haben eine stark praxisorientierte, handwerkliche Qualifizierung, während andere wiederum eine kaufmännische oder sogar universitäre Ausbildung vorweisen. Diese Zusammensetzung der Gruppen bringt einerseits den Vorteil mit sich, daß bei möglichen Gruppenarbeiten und Diskussionen über fachbezogene Themen (z.B. Verkauf, Teile- und Kundendienst, Finanzbuchhaltung) ein breites - 67 - praxisorientiertes und wissenschaftliches Spektrum zusammenkommt. Andererseits besteht die große Gefahr, daß sich die einen oder anderen bei den für sie bekannten Themenbereichen unterfordert fühlen und sich langweilen. Teilweise kommt es auch zu Streitigkeiten oder Eifersüchteleien zwischen den berufserfahrenen Nachwuchskräften, den sog. "Praktikern", und den vorrangig wissenschaftsorientierten Hochschulabsolventen, den sog. "Theoretikern". Des weiteren sind in den gleichen Seminaren oftmals Unternehmernachfolger von recht kleinen (z.B. weniger als 10 Mitarbeiter) und großen (z.B. 100 und mehr Beschäftigte) Kfz-Betrieben zusammengefaßt. Während der Nachfolger eines Kleinbetriebes stark im operativen Tagesgeschäft eingespannt ist, besteht die zukünftige Aufgabe des Nachfolgers in einem größeren Autohaus überwiegend darin, dispositive strategische Tätigkeiten (z.B. Management-, Führungsaufgaben) zu erledigen. Dadurch ergeben sich zwangsläufig für den Einzelnen ganz andere Schulungsschwerpunkte. Bisher bieten nur einige Hersteller/Importeure (z.B. BMW, Mercedes-Benz, Opel, Saab, VW/Audi, Volvo) den Unternehmernachfolgern auf ihren eigenen Wunsch hin die Möglichkeit, seminarbegleitend Betriebspraktika bei Markenkollegen oder vereinzelt auch bei fabrikatsfremden Autohäusern zu absolvieren, um das theoretisch Gelernte praktisch umzusetzen. Jedoch ist - zumindest anhand der Unterlagen - bei keiner Organisation ein detailliert ausgearbeitetes Schulungsprogramm vorzufinden, das eine abgestimmte theoretische und praktische Schulung der Nachfolger bei Partnerhändlern des gleichen Fabrikats sowie Fremdfabrikatshändlern umfaßt, wie man es bei der dualen Berufsausbildung mit der Ausbildungsverordnung und den Rahmenlehrplänen vorfindet. Den Teilnehmern der Autohaus Akademie wird zwar angeboten, daß sie zwischen den drei Seminarblöcken im Rahmen der "Autohaus Praktikantenbörse" bei anderen Kfz-Händlern volontieren können; festumrissene Betriebspraktika, systematisch abgestimmt auf den vermittelten Lehrstoff, bietet diese Schulungsinstitution jedoch bisher auch nicht an. Nach Aussagen der einzelnen Gesprächspartner der Schulungsabteilungen ist insgesamt die Resonanz des Händlernachwuchses auf die Förderprogramme der Hersteller/Importeure durchweg positiv. Bisher gibt es keine vergleichbaren Einrichtungen, in denen man jederzeit seine Erfahrungen mit Gleichgesinnten austauschen und in Seminaren schon frühzeitig enge Branchenpartnerschaften knüpfen kann. Auch die meisten Absolventen beurteilen die Schulungsmaßnahmen recht positiv. Nach ihrer Ansicht vermitteln die Nachfolgerseminare im Kfz-Gewerbe zwar generelle branchenspezifische und fachliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen, wie Probleme in der Praxis angegangen und bewältigt werden können; sie reichen aber nicht aus, die eigene praktische Erfahrung zu ersetzen, selbständig Schwierigkeiten im Betriebsgeschehen festzustellen und zu beseitigen. Vielmehr sollte im Rahmen der Veranstaltungen bereits vorhandenes Fach- und Managementwissen aufgefrischt, vertieft und erweitert werden. - 68 - Es ist festzuhalten, daß vor allem die Unternehmernachfolger-Programme der großen deutschen Automobilhersteller, allen voran Mercedes-Benz, BMW, VW/Audi und Opel, sehr komplex und fundiert erscheinen. Sie beinhalten sowohl recht umfassende, abgerundete theoretische Programme als auch ansatzweise praktische Schulungen bei verschiedenen Autohäusern. Zudem bieten sie teilweise Auslandsaufenthalte bzw. -praktika an. Doch auch die erst in den letzten Jahren initiierten Nachwuchsförderprogramme einiger Importeure (z.B. Volvo, Saab, Renault, Toyota) und das nach der Umfirmierung überarbeitete Schulungsprogramm der Autohaus Akademie weisen eine detaillierte Konzipierung auf. In einer Zeit, in der die Anforderungen an die Unternehmensführung ständig zunehmen und damit die Aus- und Fortbildung zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor geworden ist, sollten auch solche Organisationen schnellstens Nachwuchsprogramme offerieren, die dieses bisher aus unterschiedlichen Gründen noch nicht oder nur begrenzt anbieten (z.B. Citroën, Daihatsu, Honda, Yugo). Falls es ihnen aufgrund ihres kleinen Händlernetzes unrentabel erscheint, ein eigenes Programm zu entwickeln und durchzuführen, sollten sie über Kooperationen mit externen Anbietern nachdenken, wie es auch einige andere kleinere Hersteller/Importeure bereits erfolgreich durchführen (z.B. Fiat, Mazda). 2.8. Abschließende kritische Anmerkungen zu allen angeführten typischen Qualifizierungsmaßnahmen für Unternehmernachfolger Eine umfassende und valide Beurteilung aller bisher dargestellten gewerblich-technischen und kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Qualifizierungswege sowie die Bestimmung eines allgemeingültigen, optimalen Aus- und Fortbildungsweges für die oder den einzelnen Unternehmernachfolger ist aufgrund - der Heterogenität und situativen Besonderheiten der einzelnen Autohäuser (z.B. Unternehmensgröße, Rechtsform), - der Komplexität der Arbeitsinhalte, - der unterschiedlichen Neigungen und Fähigkeiten der Unternehmernachfolger/-innen, - des differenten Bildungsniveaus der Nachwuchskräfte und - der jeweiligen Familientradition und des -ehrgeizes bzw. Einflusses der Eltern unmöglich (vgl. Malter, 1984, S. 20). Generell ist jedoch zu sagen, daß in den novellierten Ausbildungsverordnungen sowie in den mannigfaltigen Fortbildungsmaßnahmen neben der Vermittlung fachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten vermehrt auch auf das Aneignen fachübergreifender Qualifikationen (z.B. Kommunikations-, Teamfähigkeit, bereichsübergreifendes Denken, Bereitschaft zum lebenslangen Lernen) hingewirkt wird, die speziell für zukünftige Führungs-(nachwuchs-)kräfte große Bedeutung haben. - 69 - Bisher gibt es auch keine gesicherten Untersuchungen darüber, wie systematisch und effektiv die seit langem absolvierten (z.B. Betriebswirtschaftliche Fachschule in Calw, UnternehmernachfolgerProgramme der Hersteller/Importeure) und die neueren (z.B. Fachhochschule Nürtingen, Universität Bamberg) Bildungseinrichtungen bzw. -maßnahmen auf die Übernahme der Unternehmensnachfolge im Kfz-Gewerbe vorbereiten. Da die beiden automobilspezifischen Studiengänge erst Ende der 80er bzw. Anfang der 90er Jahre eingerichtet worden sind und die ersten Absolventen erst vor kurzem in den elterlichen oder Stammbetrieb eingetreten sind, kann erst in einigen Jahren eine detaillierte, ex post durchzuführende Beurteilung erfolgen. Zudem wäre es vermessen, bei dem heutigen umfangreichen, modernen Berufs- und Hochschulsystem, den einen oder anderen Bildungsgang als das Optimum zu deklarieren. Tendenziell ist festzustellen, daß sowohl im allgemeinen als auch speziell im Kfz-Gewerbe die Eltern und Kinder vermehrt erkennen, daß eine fundierte Aus- und Fortbildung die beste Grundlage für die zukünftige (berufliche) Entwicklung ist. Grundsätzlich benötigt der Unternehmernachfolger aufgrund der veränderten Umfeldbedingungen neben praktischer Berufserfahrung eine wesentlich fundiertere betriebswirtschaftliche Qualifikation. Der zukünftige Autohaus-Manager braucht umfassende Kenntnisse in der Kosten- und Leistungsrechnung, muß Betriebsergebnisse analysieren können, strategisch, integrativ Denken und Handeln können, systematische Maßnahmen zur Verkaufsförderung ergreifen und vor allem die Mitarbeiter motivieren und führen können. Dabei ist es ratsam, daß die Ausbildung in den verschiedenen Abteilungen und Leitungsstellen in erster Linie bei Markenkollegen als auch bei Fremdfabrikatshändlern absolviert wird. Damit bekommt der Nachfolger ein weiteres Betrachtungsspektrum, kann sich so freier entfalten und muß auch bei laienhaften Fehlern keinen Gesichtsverlust befürchten. Ferner werden dem zukünftigen Unternehmer bzw. Geschäftsführer im eigenen bzw. Stammbetrieb gewisse fragwürdige ("delikate") Internas, Vorgänge bzw. Abläufe, beispielsweise in der Finanzbuchhaltung, dem Verkauf oder der Werkstatt vorenthalten. Dort wird speziell der Juniorchef von den Vorgesetzten bei begangenen Fehlern nur im äußersten Notfall gemaßregelt, weil diese u.U. spätere Sanktionen befürchten, wenn der Nachfolger die Unternehmensführung übernimmt. Sowohl von Seiten des Lehrstuhlinhabers des Fachbereichs "Automobilwirtschaft" an der FH Nürtingen/Außenstelle Geislingen, Prof. Dr. W. Diez, als auch vom ehemaligen Präsidenten des ZDKs, B. Enning, wird neben einer fundierten theoretischen betriebswirtschaftlichen Ausbildung vor allem ein hohes Maß an Praxisbezug für äußerst relevant erachtet. Nach abgeschlossener Berufs- bzw. Hochschulausbildung soll dem Nachfolger im Rahmen eines sog. Wanderschafts- bzw. Praktikantenjahres die Möglichkeit eingeräumt werden, im In- und Ausland praktische Erfahrungen zu sammeln (vgl. Enning, 1991, S. 57; Steiner, 1991(b), S. 29). Anstelle eines wirtschaftlich orientierten Studiums könnte auch die Möglichkeit eines technischen (Fach) Hochschulstudiums (z.B. Fachrichtung Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Wirtschaftsingenieur) in - 70 - Betracht kommen (vgl. Volkswagen AG - Zentralbereich Kundendienst, 1991, S. 26). Die Zulassungsbedingungen dafür entsprechen in etwa denen der betriebswirtschaftlichen (Fach-) Hochschulstudiengänge. Für das Verständnis der handwerklich-technischen Seite eines Händlerbetriebes scheint dieser Studienzweig allerdings zu umfassend und zu wenig fachspezifisch zu sein. Ferner wird bei diesem Studium die benötigte kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Qualifizierung vernachlässigt. Aufgrund des fortlaufend veränderten sozio-ökonomischen Umfelds wäre es für Wirtschaftsstudenten ratsam, neben den Vorlesungen mit fachbezogenem Inhalt im Hauptstudium (z.B. Unternehmensführung, Finanzierung, Kostenrechnung, Marketing) auch solche zu belegen, die zum sog. "Querdenken" aktivieren (z.B. Sozialpsychologie, Pädagogik, Philosophie) und die außerfachlichen Qualifikationen (z.B. Kommunikations-, Teamfähigkeit, situatives Führungsverhalten) fördern. Da speziell in mittelständischen Unternehmen durch die wesentlich flacheren Unternehmenshierarchien, verbunden mit der engen Zusammenarbeit zwischen Unternehmensführung, Führungskräften und Mitarbeitern sowie der besonderen Bedeutung der Humanressourcen für den langfristigen Unternehmenserfolg, die Menschenführung und Leistungsmotivation ein entscheidender Erfolgsfaktor ist, erhalten zukünftig diese sog. weichen Faktoren (soft facts) dort eine mindestens genauso große Bedeutung wie in Großunternehmen. Anstelle eines branchentypischen Bildungsweges absolvieren auch einige Unternehmernachfolger/ -innen nach der Mittleren Reife oder dem (Fach-)Abitur eine Lehre als Bankkaufmann/-frau oder Steuergehilfe/-in. Nach mindestens einjähriger praktischer Tätigkeit in einem Autohaus besuchen sie dann die Fachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) und evtl. daran anschließend ein hersteller-(un-)gebundenes Unternehmernachfolger-Kolleg. Andere Nachfolger studieren nach dem Abitur Rechtswissenschaften und besuchen darauffolgend zur branchenbezogenen Qualifikation ebenfalls ein fabrikats-(un-)gebundenes Nachfolgerprogramm. In Anlage 11 sind einige typische Bildungswege dargelegt, die von Hochschulprofessoren, erfahrenen Kfz-Unternehmern bzw. -Verbandsmitgliedern präferiert und auch in der Praxis häufig absolviert werden. Zusammenfassend ist zu sagen, daß mehr und mehr Autohaus-Inhaber erkannt haben, wie wichtig eine umfassende, systematische Ausbildung für die potentiellen Nachfolger ist. Diese absolvieren daher seit einigen Jahren tendenziell höherwertige Berufs- bzw. Hochschulausbildungen, entweder an der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe in Calw bzw. in Northeim, ein betriebswirtschaftliches Studium an der Fachhochschule Nürtingen mit dem mehr praxisorientierten Fach Automobilwirtschaft oder an der Universität Bamberg, wo der Lehrstuhl für Automobilwirtschaft vertreten ist. Verstärkt nutzen auch einige Absolventen der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe bzw. der Fachhochschule Nürtingen die neugeschaffene Möglichkeit, in einem etwa 1 bis - 71 - 1,5 Jahre umfassenden Aufbaustudium den BBA bzw. den MBA an der Northwood University (USA) zu erlangen. Inwieweit die bisher angebotenen Bildungsmaßnahmen ausreichen, um die Unternehmernachfolger auf die zukünftigen Arbeits- und Führungsanforderungen in einer sich fortlaufend wandelnden Umwelt vorzubereiten, erscheint fraglich. Zum erfolgreichen Führen, Steuern und Beeinflussen komplexer Unternehmen sowie insbesondere von Mitarbeitern reichen rein theoretische Schulungsmaßnahmen und/oder laborähnliche Lern- und Einübungssimulationen (z.B. Fallmethode, Rollen-, Planspiel) keinesfalls aus. Sie können die praktische Erfahrungsgewinnung durch “learning by doing“ bzw. “training on the job“ nicht ersetzen. Denn was Unternehmensführung beinhaltet, welche Verantwortung sie umfaßt und was sie menschlich bedeutet, kann nur derjenige beurteilen, der sie selbst praktiziert hat (vgl. Rieckmann, 1988, S. 55). - 72 - 3. Darlegung wichtiger Qualifikationen, Seminarthemen und -inhalte für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Unternehmen auf der Grundlage eines Human Resource Management-Ansatzes als Ordnungsschema 3.1. Erläuterungen zum strategischen Human Resource Management (HRM) und Darlegung der geläufigsten Konzepte sowie Begründung der Wahl des Michigan-Ansatzes 3.1.1. Geschichtliche Entwicklung Während ursprünglich in der Theorie der wissenschaftlichen Unternehmensführung, die Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde, der Mitarbeiter als ein arbeitsscheuer, verantwortungsloser und kostenverursachender "Produktionsfaktor" betrachtet wurde, der zu kommandieren, kontrollieren und korrigieren ist, wandelte sich diese Auffassung zu Beginn der 20er Jahre dieses Jahrhunderts im Zuge des Human Relation-Modells. Dieses Konzept ging davon aus, daß Arbeitnehmer das Bedürfnis haben, als bedeutend und nützlich zu gelten und deshalb Zuneigung und Anerkennung seitens der Vorgesetzten erfahren möchten. Dies sei für ihre Motivation wichtiger als monetäre Anreize (vgl. Kienbaum, 1992, S. 4). Bereits Ende der 50er Jahre wurden erstmals von Yoder (1959) Human Resource-Schwerpunkte moderner Prägung skizziert. Erste größere Beachtung erlangte das Human Resource Management (HRM) allerdings erst durch die Veröffentlichung von Miles (1965) im “Harvard Business Review“ mit dem Titel: “Human Relations or Human Resources?“ Daraufhin wurde der Ansatz von dem Autor weiter popularisiert, ausgebaut und differenziert. Der Bezeichnungswechsel deutete auf eine gewandelte Betrachtungsweise hin; Mitarbeiter sollten nicht länger als ein kostenverursachender Produktionsfaktor betrachtet werden, sondern als ein strategischer, autonomer Erfolgsfaktor (vgl. Conrad/Pieper, 1990(a), S. 117; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 255), der gefördert und gefordert werden muß. Seit Anfang der 80er Jahre erlangen der Begriff, die Betrachtungsweise und verschiedene konzeptionelle Ansätze bzw. Modelle des (strategischen) HRM (z.B. Harvard-Ansatz von Beer et al., 1985; Michigan-Ansatz von Tichy et al., 1981/1982/1984; INSEAD-Ansatz von Evans 1986/1987; Züricher-Ansatz von Rühli/Wehrli, 1986 und Krulis-Randa, 1988; entscheidungsorientierter StuttgarterAnsatz von Ackermann, 1987)54 zunächst in den USA und daran anschließend in den meisten westeuropäischen Staaten und speziell in Deutschland steigende Bedeutung in der wissenschaftlichen Forschung und der Unternehmenspraxis (vgl. Conrad, 1991, S. 413; Pieper, 1990(a), S. 3; Staehle, 1989(b), S. 388). 54 Zusammenfassende Darstellungen der oben angeführten, bekanntesten (strategischen) HRM-Ansätze sind beispielsweise in folgenden Publikationen vorzufinden: Ackermann, 1987(a), S. 41ff; Conrad, 1991, S. 421ff; Drumm, 1992, S. 478ff; Krulis -Randa, 1987, S. 6f; Staehle, 1989(b), S. 391ff; Staehle, 1990, S. 727ff. - 73 - Diese über die eigentliche Personalarbeit bzw. -verwaltung hinausgehenden Modelle (vgl. Conrad, 1991, S. 413; Pieper, 1990(a), S. 3) unterscheiden sich teilweise erheblich hinsichtlich der Zielsetzung und Fragestellung, der Wahl des Bezugsrahmens, der theoretischen Fundierung und anderen Kriterien (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 40). 3.1.2. Erläuterung und Abgrenzung des Begriffs “strategisches HRM“ Wie für ein junges Forschungsgebiet nicht anders zu erwarten, wurde bisher weder in Deutschland noch international eine zweckmäßige, möglichst präzise, prägnante und wissenschaftlich sowie praktisch anerkannte Begriffserläuterung des (strategischen) Personalmanagements bzw. (strategischen) HRM formuliert (vgl. Ackermann, 1991, S. 18; Krulis-Randa, 1995, S. 21). Unter dem Begriff "Human Resources" bzw. Humanpotential wird "die Gesamtheit der gegenwärtig oder zukünftig nutzbaren menschlichen Arbeitskraft der Unternehmung verstanden. Hierzu zählen sowohl Wissen (kognitive Ebene), als auch Können (technische Fähigkeiten), Verhaltenskompetenz (soziale Fähigkeiten wie Kommunikation, Führung, Teamarbeit) und Wollen (Motivation, Einstellung) der Mitarbeiter" (Pieper, 1990(b), S. 273). Das in dem einzelnen Mitarbeiter verborgene Leistungsvermögen bedarf es durch entsprechende Maßnahmen zu fördern (vgl. Wohlgemuth, 1987, S. 87; Wohlgemuth, 1990, S. 85). Obwohl die Begriffe “Human Resource“ als auch “(strategisches) Human Resource Management“55 bzw. “Development“ in der Fachliteratur nicht einheitlich definiert sind, scheint damit die herausragende Bedeutung des Faktors Mensch für den langfristigen Unternehmenserfolg sowohl in der Wissenschaft als auch in der Berufspraxis sichtbar geworden zu sein und das Bedürfnis nach anwendbaren Erkenntnissen stark zugenommen zu haben (vgl. Wohlgemuth, 1987, S. 86). Staehle beschreibt mit der neuen Terminologie des Human Resource Management "eine Neuorientierung hin zu einer integrativen, proaktiven und strategischen Sichtweise des Faktors Arbeit in der Unternehmung" (Staehle, 1989(b), S. 388; Staehle, 1990, S. 719)56. Der ursprünglich aus dem militärischen Bereich stammende Begriff "Strategie" - Mittelwahl zur Erreichung vorgegebener Ziele - hat in den vergangenen Jahren eine erhebliche Bedeutungsausweitung erfahren (vgl. Staehle, 1989(a), S. 114; Staehle, 1990, S. 563). Strategien bezeichnen heutzutage ein 55 Die Übersetzung der Bezeichnung “HRM“ bedeutet “Management der personellen Ressourcen“ (vgl. Johansson, 1990, S. 43) oder allgemeiner formuliert “zielgerichtete Führung des vorhandenen Humanpotentials“ (vgl. Flippo, 1984, S. 1; Remer, 1978, S. 16). 56 Ackermann beschreibt in seiner Begriffsbestimmung sinngemäß das gleiche, bezeichnet dies aber als strategisches Personalmanagement (vgl. Ackermann, 1991, S. 22). - 74 - unternehmerisches Handeln, das durch Merkmale wie "systematisch, ganzheitlich, integrativ, umweltbezogen, langfristig und antizipativ gekennzeichnet ist" (Weber, 1990, S. 10). Am ehesten entspricht der Begriff HRM der in der deutschen personalwirtschaftlichen Literatur seit 1978 bekannten Bezeichnung “Personalmanagement“ (vgl. Flippo, 1984, S. 5; Remer, 1978, S. 16). Verbindendes Element der verschiedenen Publikationen zum (strategischen) HRM ist der Versuch, bisher primär voneinander getrennt behandelte Forschungsresultate der verhaltenswissenschaftlichen Orientierung mit strategischen und mikroökonomischen Konzepten zu verknüpfen (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 255). Gerade in Deutschland haben sich viele Veröffentlichungen mit dem Neuigkeitswert sowie der Leistungsfähigkeit von (strategischen) HRM-Konzeptionen im Vergleich zu vorhandenen Arbeiten in der Personalwirtschaftslehre beschäftigt (z.B. Ackermann, 1987(a), S. 40ff; Conrad, 1991, S. 412ff; Drumm, 1992, S. 472ff; Marr; 1987; S. 13ff; Staffelbach, 1987, S. 179ff). Der derzeitige Diskussionsstand ist durch folgende Merkmale geprägt: - Bisher gibt es trotz umfangreicher internationaler Literatur keine genaue Begriffsbestimmung und abgrenzung beispielsweise gegenüber den Bezeichnungen “Personalmanagement“ und “Personalwirtschaftslehre“. Es fehlt auch noch ein überall anerkannter HRM-Ansatz einschließlich seiner strategischen Ausprägungen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 40; Ackermann, 1989(a), S. 2; Ackermann, 1991, S. 17; Conrad, 1991, S. 419; Pieper, 1990(a), S. 3; Storey, 1991, S. 3). - Bei genauerer Betrachtung der unterschiedlichen (strategischen) HRM-Ansätze findet man sowohl traditionelle Konzepte bzw. Sachverhalte mit neuen Bezeichnungen als auch wirkliche Neuentwicklungen (vgl. Conrad, 1991, S. 419; Pieper, 1990(a), S. 3). - Ausgefeilte theoretische Ableitungen oder stützende empirische Belege fehlen noch weitgehend (vgl. Conrad, 1991, S. 440). Vielmehr zeichnen unterschiedliche Problemstellungen, Konzeptionen, Forschungsmethoden, theoretische Ansatzpunkte und Gestaltungsempfehlungen ein uneinheitliches Bild (vgl. Eckardstein/Elsik, 1990, S. 485). Das spezifisch Neue und die besonderen Vorzüge des (strategischen) HRM sind: - Die Personalfunktion soll strategisch ausgerichtet und mit der Unternehmensstrategie (integrativ) abgestimmt werden (=integrative Betrachtung der umwelt- und marktorientierten strategischen Unternehmensplanung sowie der ressourcenorientierten Personalplanung), statt reagierend und verwaltend zu arbeiten. - Mitarbeiter sollen nicht länger als kostenverursachender Faktor betrachtet werden, sondern als Humanressource, deren Leistungsbereitschaft und -vermögen durch entsprechende Aus- und vor allem Fortbildungsmaßnahmen zu fördern ist. - Personalaufgaben sollen aufgrund ihrer großen Bedeutung für den Unternehmenserfolg als erfolgswirksame Managementaufgabe (sog. "Chefsache") angesehen und nicht an (untergeordnete) Stabsabteilungen delegiert werden - 75 - (vgl. Conrad/Pieper, 1990(a), S. 118; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 256; Esser/Donk, 1991, S. 257ff; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990, S. 727; Wächter, 1992,S. 319). Den weiteren Ausführungen liegt folgende Definition des Begriffs “(strategisches) Human Resource Management“ bzw. “(strategisches) Personalmanagement“ zugrunde: Unter den angeführten Bezeichnungen wird das strategische Denken und Handeln im Sinne des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen, Wünsche, Kenntnisse etc. des (vorhandenen) Humanpotentials subsumiert. Das strategische Denken ist durch die proaktive, langfristige, umweltorientierte und ganzheitlich-konzeptionelle Betrachtungsweise gekennzeichnet. Dieser Ansatz bedeutet eine Abkehr von der ehemals isolierten Betrachtung der einzelnen Funktionsbereiche und speziell der Personalarbeit. 3.1.3. Gründe für die Einführung des strategischen HRM Sowohl in der wissenschaftlichen Forschung als auch in der Betriebspraxis wird das strategische HRM bzw. strategische Personalmanagement zunehmend behandelt. Neben der wachsenden Zahl entsprechender Kongresse und Seminare ist auch eine steigende Zuwachsrate wissenschaftlicher und praktischer Publikationen zu diesem Thema, vorrangig in Form von Zeitschriftenartikeln und in neueren Lehrbüchern zur Personalwirtschaftslehre bzw. zum -management, zu konstatieren (vgl. Eckardstein/Elsik, 1990, S. 485). So erhielt die deutsche Fachzeitschrift “Personal“ mit der ersten Ausgabe 1995 (47. Jg.) den neuen Untertitel “Zeitschrift für Human Ressource Management“, da nach Ansicht des Herausgebers den mit diesem Ansatz verbundenen Ideen, Philosophien und Programmen bei der zukünftigen Gestaltung der Personalwirtschaft und -politik eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Gaugler/Weber, 1995, S. 4). Die Ansichten bzgl. der Gründe für die Einführung des strategischen HRM bzw. Personalmanagements sind sehr vielschichtig. Einerseits wird sie als Reaktion auf die Fehlleistungen des traditionellen Personalwesens in der Praxis und auf das Fehlen von HRM in der Literatur über Unternehmensstrategie gesehen. Andererseits werden die veränderten Umfeldfaktoren, wie beispielsweise technologische und demographische Veränderungen, die Suche von Wettbewerbsvorteilen durch HRM sowie der Wertewandel bei den Arbeitskräften und die gestiegenen Arbeitsanforderungen angeführt (vgl. Esser/Donk, 1991, S. 257). Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die gewachsenen Anforderungen der Kunden an die Produkt- und Servicequalität (vgl. Conrad/ Pieper, 1990(b), S. 255). Aufgrund der gestiegenen Wertschätzung der Mitarbeiter beschränkt sich die Personalarbeit nicht mehr auf die reine Anwendung von Personaltechniken wie Personalplanung, -einsatz, -entwicklung und entlassung durch hochspezialisierte Mitarbeiter in der Personalabteilung, sondern sie ist eine nicht delegierbare Aufgabe der Unternehmensleitung. Da der Erfolg eines Unternehmens in besonderem Maße von der richtigen Auswahl, Entwicklung, Entlohnung sowie vom richtigen Einsatz und der - 76 - Qualifikation des Personals abhängt, ist eine frühzeitige integrative Abstimmung mit der Unternehmensstrategie notwendig (vgl. Staehle, 1989(b), S. 388, Staehle, 1990, S. 718f). Dabei stellt die Personalentwicklung (Personnel Development) einen der wichtigsten Bereiche des HRM dar. Aufgrund der mit zunehmender Dynamik erfolgenden Veränderungen der Umfeldfaktoren kommt es zu andersartigen Arbeitsanforderungen. Da die erforderlichen Arbeitskräfte mit benötigten Qualifikationen kaum noch vom externen Arbeitsmarkt ad hoc rekrutiert werden können, wird die anforderungsindividuelle Schulung zu einer dringenden Notwendigkeit. Ferner ist seitens der Unternehmensleitungen ein Einstellungswandel gegenüber den Arbeitskräften festzustellen. Vor allem aufgrund der fortlaufenden Knappheit an hochqualifizierten Fach- und Führungskräften und der zentralen Bedeutung des Stammpersonals für den Unternehmenserfolg wird heutzutage das Personal bis auf eine beliebig disponierbare Randbelegschaft, die in aller Regel keine Zielgruppe betrieblicher Qualifikation ist - als Pool von Ressourcen angesehen, die es gezielt aufzubauen, pfleglich zu erhalten und anforderungsgerecht fortzubilden gilt (vgl. Staehle, 1989(b), S. 389, Staehle, 1990, S. 720). 3.1.4. Kritische Betrachtung des strategischen HRM Wie alle Neuerungen stößt auch das (strategische) HRM bzw. Personalmanagement auf gewisse Vorbehalte. Während einige Wissenschaftler die Relevanz und praktische Bedeutung bezweifeln (z.B. Marr, 1986, S. 105: "alter Wein in neuen Schläuchen!"; Marr, 1987, S. 22: "des Kaisers neue Kleider"; Wunderer, 1984, S. 506ff; "... akademisches Schlagwort ohne praxisrelevante Bedeutung"), heben die meisten Veröffentlichungen dessen herausragende Bedeutung hervor, um die zukünftig immer vielfältigeren, komplexeren und problematischeren Personalaufgaben erfüllen zu können. Bisher ungelöst ist die bestmögliche Ausgestaltung, Instrumentierung und Anwendung des Konzepts unter Berücksichtigung der jeweiligen unternehmensspezifischen Umfeldfaktoren. Zur Lösung dieses Problems bedarf es der intensiven Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis (vgl. Ackermann, 1991, S. 31). Kritisch angemerkt wird weiterhin zu den Human Resource-Ansätzen, daß - ähnlich wie bei den Human Relations-Ansätzen - auch hierbei nur ein einseitiger organisatorischer Zusammenhang betrachtet wird. Effiziente Unternehmensführung wird gleichgesetzt mit effizienter Mitarbeiterführung. Man geht davon aus, daß die beste Leistung für das Unternehmen aus der Perspektive der Arbeitgeber- bzw. Managementinteressen auch dem einzelnen Mitarbeiter ein Höchstmaß an Zufriedenheit gibt (vgl. Kuhn, 1990, S. 125). Die Interessenkonflikte zwischen den verschiedenen Unternehmensteilnehmern (Anteilseignern, Mitarbeitern etc.) bleiben i.d.R. aus der konzeptionellen Sichtweise ausgeblendet. Man geht vielmehr von einem einträchtigen Nebeneinander verschiedener Interessengruppen aus (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 50; Wächter, 1992,S. 327ff). - 77 - Die Arbeitnehmerinteressen werden meist nur peripher berücksichtigt. Diese Betrachtungsweise ist verständlich, wenn man den Kontext der industriellen Beziehungen in den USA betrachtet, wo das Management versucht, durch HRM-Aktivitäten die Gewerkschaftseinflüsse in den Unternehmen weitgehend auszuschalten. Dies ist allerdings nicht problemadäquat auf den europäischen und speziell deutschen Bedingungsrahmen zu übertragen, da dort traditionell ein starker Einfluß der Gewerkschaften und des Betriebsrates sowie eine erhebliche Berücksichtigung der Erwerbstätigen vorherrscht (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 50; Pieper, 1990(a), S. 8). Ferner wird kritisch angeführt, daß die Strategieentwicklung vorrangig aus der Sicht des Unternehmens bzw. des Managements geschieht. Dementsprechend erfolgt dann der zielgerichtete, systematische Einsatz von HRM-Instrumenten in ihre Richtung, die nicht unbedingt mit der der Arbeitnehmer übereinstimmt (vgl. Conrad, 1991, S. 431; Oechsler, 1994(b), S. 50). Des weiteren werden bei diesen Ansätzen die zukünftigen Umfeld- und Marktfaktoren sowie deren Konsequenzen für die Wirtschaft, die Unternehmen etc. zu wenig berücksichtigt (vgl. Conrad, 1991, S. 431; Oechsler, 1994(b), S. 50). Die oben angeführten Schwächen der HRM-Ansätze verdeutlichen, daß diese - will man sie auf europäische Verhältnisse transformieren - nur unter Berücksichtigung der industriellen Beziehungen (industrial relations) konzeptioniert werden können (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 51). Im Gegensatz zu den amerikanischen HRM-Ansätzen, die zwar aufgrund der Ausrichtung auf die strategische Betrachtung und die systematische Abstimmung der Instrumente problemadäquat sind, müssen die Ansätze im europäischen Kontext die traditionellen, ausgeprägten strukturellen Partizipationsmuster der Arbeitnehmer berücksichtigen (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 51). Neben dem Entwurf des “strategic choice“-Ansatzes im Rahmen der new “industrial relations“ (siehe Kochan et al., 1986), der versucht, traditionelle Theorieansätze zu den industriellen Beziehungen mit Ansätzen des strategischen Managements zu verbinden, hat Oechsler (1993) einen weiter gefaßten konzeptionellen Ansatz entwickelt, der es erlaubt, HRM-Aktivitäten unter Berücksichtigung der industriellen Beziehungen darzulegen. Ebenso wie der “strategic choice“-Ansatz basiert dieser Ansatz auf dem “input-conversion-output“-Modell der industriellen Beziehungen. Das Besondere an diesem Ansatz ist, daß der Kontext in mehrere Regelungsebenen (z.B. International, National, Tarifvertrag, Unternehmen, Arbeitsplatz, -vertrag) unterteilt ist und damit auch einen europäischen Vergleich der Systeme der industriellen Beziehungen (z.B. harmonie-, verhandlungs- und konfliktorientierte Systeme) zulassen. Dadurch wird ermöglicht, nationale (europäische) Systeme der industriellen Beziehungen anhand spezifischer Umweltsituationen (z.B. ökonomische, technische, politische Verhältnisse) zu vergleichen (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 53). Ohne näher auf die Einzelheiten einzugehen, zeigt dieser Ansatz, daß Entscheidungsparameter, strategische Optionen und Instrumenteneinsatz des HRM nur dann sinnvoll konzipiert werden können, - 78 - wenn dies im Kontext der industriellen Beziehungen abläuft (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 56)57. Insgesamt ist festzuhalten, daß durch die zunehmende Angleichung der Produkte und die fortlaufenden Veränderungen der sozio-ökonomischen Umfeldbedingungen sowohl in der Wissenschaft als auch in der Wirtschaft Einigkeit über die steigende Bedeutung der Mitarbeiter für den langfristigen Unternehmenserfolg besteht (vgl. Conrad, 1991, S. 412f). Leistungsmotivation und nicht Kontrolle ist das entscheidende Instrument des HRM (vgl. Walsh, 1987, S. 146). Bisher ist (strategisches) HRM kein ausgereiftes Endprodukt, sondern eine sich im Wandel befindliche Bezeichnung, die im Zeitablauf größere und kleinere Veränderungen erfährt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es unmöglich, präzise und allgemein verbindlich die späteren Ausprägungen zu prognostizieren (vgl. Ackermann, 1989(a), S. 3; Conrad/Pieper, 1990(a), S. 117; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 255; Pieper, 1990(a), S. 3; Storey, 1991, S. 6). Die obigen Ausführungen verdeutlichen, daß “im deutschen Kontext diese Ressourcenorientierung vielleicht eine Akzentuierung, aber keine völlige Neubesinnung der Personalpolitik bedeutet“ (Wächter, 1992, S. 331). Aufgrund spezifischer institutioneller Bedingungen (z.B. duale Berufsausbildung, Gewerkschaftseinfluß, Mitbestimmungs- und Betriebsverfassungsgesetz) ist in den meisten deutschen Unternehmen bereits seit jeher eine eher ressourcenorientierte Personalpolitik betrieben worden (vgl. Staehle, 1988, S. 576; Wächter, 1992, S. 330f). Das Charakteristische am strategischen HRM sehen die meisten Autoren in der Integration des Personalmanagements in das strategische Management, d.h. in der Abkehr von der separaten Personalfunktion sowie in der Herausstellung der besonderen Bedeutung der personellen Ressourcen für den langfristigen Unternehmenserfolg (vgl. Conrad/Pieper, 1990(a), S. 132f; Esser/Donk, 1991, S. 257; Oechsler, 1994(b), S. 50). Das Humanpotential als wichtiger Erfolgsfaktor muß - in Abstimmung mit den übrigen Unternehmensressourcen - vorausschauend und systematisch geführt, motiviert und entwickelt werden, so daß es direkt zum Erreichen der Unternehmensziele beiträgt. Den Schwerpunkt bildet dabei die Überwindung qualifikatorischer Engpässe (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 37ff; Pieper, 1990(a), S. 2). Die Aktivierung des geistigen Potentials im Unternehmen ist vordringlichste Aufgabe des TopManagements und darf nicht einzelnen Abteilungen oder Mitarbeitern überlassen werden (vgl. Laukamm, 1989(a), S. 112; Laukamm, 1989(b), S. 280). 57 Detaillierte Ausführungen zu diesem konzeptionellen Ansatz findet man u.a. in: Oechsler, 1994(b), S. 54ff. - 79 - 3.1.5. Darstellung der beiden bekanntesten konzeptionellen Ansätze des strategischen HRM Im Zusammenhang mit den immer komplexeren Anforderungen an die moderne Personalwirtschaft im Unternehmen sind in den vergangenen Jahren eine Reihe wissenschaftlicher und praxisorientierter konzeptioneller Ansätze zum (strategischen) HRM entwickelt worden, die über die eigentliche Personalarbeit bzw. -verwaltung hinausgehen (vgl. Conrad, 1991, S. 413; Pieper, 1990(a), S. 3). Da es sich hierbei noch um eine in der Entwicklung befindliche Forschungsrichtung handelt, ist es nicht überraschend, daß bislang unterschiedliche Konzeptionen für die Verbindung von Unternehmens- und Personalstrategie nebeneinander bestehen (vgl. Staehle, 1990, S. 731). Generell ist zu den verschiedenen Human Ressource-Modellen zu sagen, daß sie von einem positiven Menschenbild ausgehen, bei dem der Einzelne als ein verborgenes Humanpotential betrachtet wird, der geführt, motiviert und entwickelt werden muß. Durch mehr Partizipation am Planungs- und Entscheidungsprozeß, größere Delegation von Aufgaben sowie die dafür notwendigen Kompetenzen und die benötigte Verantwortung kann eine größere Arbeits- und Leistungszufriedenheit erzielt und die gesamten menschlichen Ressourcen wesentlich besser genutzt werden. Daher besteht die zentrale Aufgabe der Unternehmensführung, solche Arbeitsbedingungen zu schaffen, bei denen die Mitarbeiter ihre Kompetenzen voll entfalten können und motiviert sind, ihr individuelles Leistungspotential ("Zufriedenheit durch Leistung") vollkommen zu aktivieren (vgl. Kienbaum, 1992, S. 5; Kuhn, 1990, S. 125). Die beiden besonders bekannt gewordenen strategischen HRM-Ansätze der "Harvard School of Business Administration" (Beer und Kollegen, 1985) und der "University of Michigan" (Tichy und Kollegen, 1981/1982/1984) werden nachfolgend dargelegt und deren generelle Unterschiede aufgezeigt. Ferner wird erläutert, warum der Michigan-Ansatz als konzeptioneller Ansatz bei der vorliegenden Arbeit herangezogen wird. 3.1.5.1. Darlegung des Harvard-Ansatzes Im Jahre 1981 wurde aufgrund gewandelter Rahmenbedingungen (z.B. zunehmender Wettbewerbsdruck, gesellschaftlicher Wertewandel, steigende Bedeutung der Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg) ein neuer MBA-Pflichtkurs "Human Resource Management" an der "Harvard Business School" (USA) eingerichtet sowie ein neues Lehrbuch von Beer/Spector/Lawrence/Mills (1985) erstellt (vgl. Beer et al., 1985, S. ixff). Der, gemäß der Tradition der Universität sehr praxisnahe Kurs und das vorlesungsbegleitende Buch gehen von einer "general management"-Perspektive aus; das Human Resource Management wird integrativ mit Unternehmensstrategien und verschiedenen Umfeldbedingungen betrachtet (vgl. Beer et al., 1985, S. xi; Conrad, 1991, S. 421; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 290; Staehle, 1989(b), S. 392; Staehle, 1990, S. 728). - 80 - Die Personalentscheidungen sollen nicht mehr isoliert in speziellen, autonom arbeitenden Personalabteilungen getroffen werden, sondern zusätzlich in den Aufgabenbereich des "general manager" übergehen und mit der Wettbewerbsstrategie und anderen Politiken direkt abgestimmt werden (vgl. Beer et al., 1985, S. 2). 3.1.5.1.1. Abb. 6: Komponenten und Auswirkungen von HRM-Politiken Übersicht zu den einzelnen HRM-Komponenten und -Ergebnissen Stakeholder Interests Shareholders Management Employee groups Government Communi t y Unions HRM Policy HR Outcomes Long-term Choices Commitment Consequences Employee Competence Individual Situational Factors influence Human resource Work force flow Reward characteristics Congruence Cost effectiveness systems Work systems well-being Organizational effectiveness Societal well-being Business strategy and conditions Management philosophy Labor market Unions Quelle: Beer et al., 1985, S. 17 Die obige Abbildung verdeutlicht, daß die konkrete HRM-Politik und -Ergebnisse des Unternehmens durch die Interessen der internen (z.B. Mitarbeiter, Management) und externen (z.B. Staat, Kommunen) Interessengruppen (Stakeholder Interests) sowie durch situative Einflußfaktoren (z.B. Unternehmensstrategie, Arbeitsmarktbedingungen, gesellschaftliche Werte) geleitet werden (vgl. Beer et al., 1985, S. 16; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 290; Oechsler, 1994(b), S. 38; Staehle, 1989(b), S. 392; Staehle, 1990, S. 729). Umgekehrt werden auch die situativen Einflußfaktoren von kreativen Politiken beeinflußt; dieses gilt langfristig für alle, kurz- und mittelfristig für einige Komponenten. Ebenso beeinflussen die situativen Faktoren die internen und externen Interessengruppen (vgl. Beer et al., 1985, S. 24; Oechsler, 1994(b), S. 38). Ihre Interessen prägen wiederum die Wahl der nachfolgend erläuterten, zentralen Politikfelder des Human Resource Management (HRM Policy Choices). Da HRM-Politiken (Arbeitnehmereinfluß und Mitbestimmungsmöglichkeiten, Human Resource-Bewegungen, Anreiz- und Belohnungssysteme, Arbeitsorganisationen) direkt das unmittelbare Unternehmensergebnis (HR Outcomes) beeinflussen und darüber hinaus langfristige Auswirkungen (Long-term Consequences) haben, sind sie eine wichtige - 81 - Aufgabe des General Managers (vgl. Beer et al., 1985, S. 16f; Staehle, 1989(b), S. 392; Staehle, 1990, S. 729). Bei der Erstellung der HRM-Politiken hat der General Manager die wichtige Aufgabe, die vielfältigen Interessenlagen sinnvoll miteinander zu kombinieren (vgl. Beer et al., 1985, S. 22). Beer et al. schlagen vor, diese vielfältigen Personal- und Arbeitsbeziehungen unter folgende vier HRMPolitikfelder zu subsumieren (vgl. Beer et al., 1985, S. 7; siehe auch Abb. 7): - Employee influence (Einfluß- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer) Dieser Politikbereich befaßt sich mit der freiwilligen Delegation von Verantwortung und Autorität auf bestimmte Unternehmensmitglieder. Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und Problemstellungen müssen beispielsweise den Arbeitnehmern zukünftig begrenzte Mitbestimmungs- und Einflußmöglichkeiten eingeräumt sowie unterschiedliche Ziele (z.B. Unternehmensziele, Arbeitsplatzbedingungen, -sicherheit, Karriereplanung) berücksichtigt werden (vgl. Beer et al., 1985, S. 8). Die Einfluß- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer sind richtungsweisend für die Formulierung aller HRM-Politiken (vgl. Beer et al., 1985, S. 10f). - Human resource flow (Human Resource-Bewegungen; Personalbeschaffung, -einsatz,-freistellung) Diese Teilpolitik betrifft den Verantwortungsbereich aller Führungskräfte und bezieht sich darauf, den Fluß von Menschen aller hierarchischen Ebenen zu betreuen. Dabei hat insbesondere der General Manager, in Abstimmung mit der Personalabteilung, durch verschiedene traditionelle und moderne Personalmaßnahmen (z.B. Beschaffung, Beurteilung, Entwicklung, Beförderung, Karriereplanung) dafür zu sorgen, daß im Unternehmen fortlaufend genügend Arbeitnehmer mit der benötigten Qualifikation vorhanden sind, um die langfristigen strategischen Erfordernisse realisieren zu können (vgl. Beer et al., 1985, S. 9). - Reward systems (Anreiz- und Belohnungssysteme) Materielle und sonstige Anreize sollen den Beschäftigten eine nachvollziehbare Auskunft darüber geben, welche Zielsetzung das Unternehmen anstrebt sowie welches Verhalten es von den Arbeitnehmern fordert. Dabei ist von den Managern festzulegen, welche Art und Ausgestaltung der Anreizinstrumente (z.B. materielle oder immaterielle Anreize, Einzel- oder Gruppenprämien, Gewinnbeteiligungen) zur gerechten Leistungsmotivation eingesetzt werden sollen (vgl. Beer et al., 1985, S. 9). Diesbezügliche Entscheidungen haben gravierende Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen dem Unternehmen und der Belegschaft. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Mitarbeiter- und/oder Unternehmensziele im Managementprozeß berücksichtigt werden (vgl. Beer et al., 1985, S. 10). - Work systems (Arbeitsstrukturierung/-organisation) Auf allen Unternehmensebenen müssen sich Manager damit befassen, Menschen, Informationen, Tätigkeiten und die Technologie in eine (bestimmte) Ordnung zu bringen. Beispielsweise sind durch die Einführung neuer Technologien oder Produktionsabläufe Veränderungen in der Arbeitsorganisation - 82 - möglich. Dies kann Auswirkungen auf die Entscheidungsqualität, den Koordinationsumfang, die Leistungsbereitschaft, den Schulungsumfang der Mitarbeiter und letztlich auf die Qualität des Arbeitslebens haben (vgl. Beer et al., 1985, S. 10). Diese Aufgaben können nicht auf spezialisierte (Personal-)Bereiche/-Abteilungen vollständig übertragen werden. Die vier zusammengefaßten Politiken sind keinesfalls ausreichend, um die Effektivität des HRM zu ermitteln. In besonderen Fällen kann es ohne weiteres möglich sein, daß andere oder weitere Kriterien herangezogen werden müssen (vgl. Beer et al., 1985, S. 17). Abb. 7: Human Resource System Work System Employee Influence Humann Resouce Rewards Flow Quelle: Beer et al., 1985, S. 12 Nur sinnvoll miteinander verknüpfte und abgestimmte HRM-Politikfelder können zu angestrebten Human Resource-Ergebnissen führen. Die unmittelbaren Ergebnisse sind: - Commitment (Verpflichtung und Engagement) Durch das Übertragen von Teilaufgaben und der entsprechenden Verantwortung erhöht sich die Loyalität, die Leistungsbereitschaft für das Unternehmen sowie das Selbstwertgefühl der Arbeitnehmer (vgl. Beer et al., 1985, S. 20). - Competence (Kompetenz) Durch das Erhalten bzw. Fördern derzeit bzw. zukünftig benötigter Kenntnisse und Fertigkeiten kann zum einen die Leistungsfähigkeit des Unternehmens sowie zum anderen die Steigerung des Selbstwertgefühls und des wirtschaftlichen Wohlergehens beim Arbeitnehmer erreicht werden (vgl. Beer et al., 1985, S. 20). - Congruence (Übereinstimmung) Die fehlende Übereinstimmung zwischen dem Management und den Arbeitnehmern, den unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen, dem Unternehmen und den Kommunen, den Arbeitnehmern und ihren Familien sowie zwischen den einzelnen Mitarbeitern kann kostenintensiv sein durch - Vergeudung von Zeit, Geld, Energie, - 83 - - geringes Vertrauen und fehlendes gemeinsames Engagement sowie - Streß und andere daraus resultierende psychologischen Probleme (vgl. Beer et al., 1985, S. 20). - Cost effektiveness (Wirtschaftlichkeit der Leistung) Die Wirtschaftlichkeit einer vorgegebenen Politik kann für das Unternehmen, die einzelne Person sowie die ganze Gesellschaft nach bestimmten Kriterien (z.B. Gehälter, unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz, Streiks) betrachtet werden (vgl. Beer et al., 1985, S. 20). Die Effektivität der vier HRM-Politiken läßt sich zwar auch nicht exakt mit Hilfe der unmittelbaren Ereignisse messen, dennoch sind sie sehr wichtig, da sie helfen, die Leistungs- und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens, die Service- und Preisleistungen sowie die (kurz- und langfristigen) Unternehmensergebnisse zu verbessern (vgl. Beer et al., 1985, S. 19). Nur durch fortlaufendes Bemühen, die vier Politikfelder zu verbessern, ergeben sich die angestrebten vorteilhaften, langfristigen (mittelbaren) Auswirkungen wie - individuelle Zufriedenheit (Individual well-being), - unternehmensbezogene Effizienz (Organizational effectiveness) und - gesellschaftlicher Wohlstand (Societal well being) (vgl. Beer et al., 1985, S. 17). 3.1.5.1.2. Resümee Der Harvard-Ansatz besteht aus einer umfangreichen Auflistung von Komponenten und Auswirkungen von HRM-Politiken, die im Sinne einer "general management"-Betrachtung zum Qualifizierungsprogramm aller Manager gehören sollten. Die Hauptaufgabe des HRM besteht darin, die vier zentralen Politikfelder sinnvoll aufeinander abzustimmen (vgl. Beer et al., 1985, S. 10; Gaugler/Weber, 1995, S. 7). Die grundsätzliche Annahme lautet bei diesem Ansatz, daß effektive HRM-Politiken und -Entscheidungen zu einer zunehmenden Anpassungfähigkeit des Unternehmens führen. Sie zeichnen sich durch wechselseitigen Einfluß zwischen dem Management und den Arbeitnehmern aus und sind durch großes Vertrauen, Kompetenz, Wirtschaftlichkeit und Übereinstimmung geprägt (vgl. Beer et al., 1985, S. 36f). Letztendlich ergeben die vier zentralen HRM-Politiken unmittelbare Ergebnisse (Verpflichtung/ Engagement, Kompetenz, Übereinstimmung und Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung), die helfen, die drei angestrebten langfristigen Auswirkungen (Wohlergehen der Arbeitnehmer, des Unternehmens und der Gesellschaft) zu bestimmen. Am Erfüllungsgrad der angestrebten Wirkungen sollten die General Manager die Effektivität der HRM-Politiken bewerten. Die Schlußfolgerung daraus lautet, daß der General Manager nach Politiken suchen sollte, die das Wohlbefinden aller drei beteiligten Gruppen - 84 - verbessern und nicht, wie früher des öfteren geschehen, lediglich die Vorzüge für das Unternehmen beachten (vgl. Beer et al., 1985, S. 39). 3.1.5.2. Erläuterung des Michigan-Ansatzes Zu Beginn der 80er Jahre wurde von Tichy/Devanna/Fombrun (1981, 1982, 1984) an der "University of Michigan" (USA) auf der Grundlage einer empirischen Bedarfsanalyse (Beteiligung der Personalfunktion an der Strategieentwicklung und -umsetzung) das Konzept eines strategischen HRM entwickelt (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 41; Conrad, 1991, S. 421; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990, S. 727). Dabei lautete die zentrale Frage, wie das strategische Human Resource Management zu gestalten sei, um zur effizienten Implementierung der Unternehmungsstrategie beizutragen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 42; Conrad, 1991, S. 421). Die zunehmenden Turbulenzen im externen Unternehmensumfeld (z.B. ökonomische, politisch-rechtliche und kulturelle Entwicklungsperspektiven und Problemstellungen) erfordern vom Management zusehendst eine integrative, strategische Betrachtung der Arbeitnehmer, um eine effiziente Gestaltung und Umsetzung der Unternehmensstrategie zu unterstützen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 50; Tichy et al., 1982, S. 47). 3.1.5.2.1. Strategisches Management Im Michigan-Ansatz hat das strategische Management eine zentrale Bedeutung; deshalb wird nachfolgend zuerst die generelle Sichtweise dieses Managementsystems und daraufhin die des Michigan-Ansatzes näher dargestellt. Die drei generellen, effizienzbestimmenden Hauptelemente des strategischen Managements lauten: a) Mission and Strategy (Unternehmensauftrag und -strategie) Das Unternehmen muß eine Art Existenzberechtigung (basic mission), einen Sinn bzw. Auftrag innerhalb der Gesellschaft haben. Dieses Unternehmensbild wird von den Mitarbeitern nach außen vermittelt (vgl. Tichy et al., 1982, S. 47; Devanna et al., 1984, S. 34). b) Organization Structure (Organisationsstruktur) Im Rahmen der gegebenen Organisationsstruktur verfolgen Arbeitnehmer die ihnen übertragenen Aufgaben (vgl. Tichy et al., 1982, S. 47; Devanna et al., 1984, S. 34). c) Human Resource Management Die Arbeitnehmer verrichten die jeweils arbeitsteilig festgelegten Tätigkeiten. Die erbrachte Leistung muß überprüft und entsprechende Anreize bzw. Belohnungen müssen zur individuellen Leistungssteigerung eingerichtet werden (vgl. Tichy et al., 1982, S. 47; Devanna et al., 1984, S. 34). - 85 - Abb. 8: Strategisches Management und Umwelteinflüsse Politi cal Economic Forces Cultur Mi s s i o n al & Firm Human Organizati on Resouce Management Quellen: Devanna et al., 1984, S. 35; Tichy et al., 1982, S. 48 Die obige Abbildung verdeutlicht das fundamentale Problem des strategischen Managements. Es gilt die drei integrativ verknüpften Erfolgskomponenten (Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und Human Resource Management) im Unternehmen (firm), umgeben von den drei Umweltbereichen (Wirtschaft, Politik und Kultur), möglichst effizient aufeinander abzustimmen (vgl. Devanna et al., 1984, S. 35; Tichy et al., 1982, S. 48), also einen sog. "best fit" zu erreichen. Dabei hat die Unternehmensstrategie zeitliche und inhaltliche Priorität; Organisationsstruktur und Human Resource Management richten sich danach aus (vgl. Conrad, 1991, S. 421; Conrad/ Pieper, 1990(b), S. 290; Gaugler/Weber, 1995, S. 6; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990, S. 727)58. Beim Michigan-Ansatz werden die drei effizienzbestimmenden Erfolgskomponenten folgendermaßen betrachtet: - Strategy (Strategie) Die Strategie ist definiert als ein Vorgang, durch den der Unternehmensauftrag dargelegt und die -ziele gesetzt werden sowie durch das Vorgehen, mit dem das Unternehmen seine Ressourcen zur Zielerreichung einsetzt (vgl. Devanna et al., 1984, S. 36; Tichy et al., 1982, S. 47f). 58 Im Michigan-Ansatz wird die Chandler'sche Hypothese (1962) - die Strategie bestimmt die Struktur (structure follows strategy) - durch die Forderung insoweit ergänzt und erweitert, daß auch die Organisationsstruktur und das Human Resource Management aufeinander abgestimmt werden sollten, um die Umsetzung positiv zu beeinflussen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 47; Devanna et al., 1984, S. 36; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990, S. 727; Tichy et al., 1982, S. 48). - 86 - - Structure of the organization (Organisationsstruktur) Sie umfaßt den grundsätzlichen Unternehmensaufbau, die Arbeitsteilung, beschreibt die Art der auszuführenden Tätigkeiten und faßt diese zu Gruppen, Funktionen und Geschäftsbereichen zusammen. Ferner erläutert die Organisationsstruktur den Grad der zentralen Überwachung der einzelnen Funktionsbereiche seitens der Unternehmensführung (vgl. Devanna et al., 1984, S. 36; Tichy et al., 1982, S. 48). - Human Resource Management Der Michigan-Ansatz geht von einem eng gefaßten Funktionsbereich des HRM aus. Es werden vier Teilfunktionen (Personalauswahl, Leistungsbeurteilung, Anreiz- und Belohnungssysteme, Personalentwicklung) unterschieden und nach strategischen (strategic), taktischen (managerial) und operativen (operational) Aufgaben unterteilt. Im Sinne des Michigan-Ansatzes wird der Schwerpunkt auf das, bisher in vielen Unternehmen unterentwickelte, strategische HRM gelegt (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 43). Bedeutsam für die Formulierung und Durchführung ist die systematische Abstimmung der angeführten Teilbereiche in einem Human Resource-Kreislauf (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 39; Tichy, 1982, S. 50; siehe auch Abb. 9). Abb. 9: Der Human Resource-Kreislauf Rewards Selectio Performance Appraisal Development Quellen: Devanna et al., 1984, S. 41; Tichy et al., 1982, S. 50 Betrachtet man die Pfeile im "Human Resource Cycle", so ist zu erkennen, daß die Leistung (Performance), damit ist sowohl die gesamte Unternehmens- als auch die individuelle Leistung gemeint, eine Funktion aller vier Human Resource-Komponenten, also die abhängige Variable des Human Resource-Kreislaufs ist (vgl. Devanna et al., 1984, S. 41; Tichy et al., 1982, S. 50). Ferner beeinflussen die Unternehmensstrategie und Organisationsstruktur die Leistung dadurch, wie die Tätigkeiten gestaltet sind, wie das Unternehmen formal strukturiert ist und wie gut Dienstleistungen oder Produkte geplant sind, um den Umweltbedrohungen und -gelegenheiten entgegenzutreten (vgl. Devanna et al., 1984, S. 41f; Tichy et al., 1982, S. 50f). - 87 - Welche Leistung im konkreten Fall erbracht werden soll sowie die Inhalte der einzelnen Teilfunktionen hängen von der jeweiligen Unternehmensstrategie und anderen Kontextfaktoren ab. Bei diesem Ansatz steht Leistung stellvertretend für das übergeordnete Ziel, die Implementierung der gewählten Unternehmensstrategie bestmöglich zu unterstützen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 47). 3.1.5.2.2. Die vier Teilfunktionen des strategischen HRM Die vier Teilfunktionen des HRM werden aus der Unternehmensstrategie abgeleitet und nach strategischen, taktischen und operativen Entscheidungsebenen unterschieden. Dabei legt dieses Konzept den Schwerpunkt auf das strategische Human Resource Management (vgl. Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990, S. 728; siehe auch Abb. 10). Abb. 10: Die vier Teilfunktionen des HRM und ihre Aufgaben auf der strategischen, taktischen und operativen Entscheidungsebene (Human Resource Activities) Management Selection Appraisal Level Strategie Rewards (Compensation Development and Fringe Benefits) Developing characteristics of people needed to run business in long term Designing internal and external systems to refiect future businesses In long term, what should be valued Developing means to appraise future dimensions Early identification of In world as it might be Planning developmental in long term, how will experiences for people force be rewarded? running business of Linking rewards to the long-term business strategy potential the future Designing systems with flexibility to adjust to change Developing career paths Managerial Validation of selection criteria Development of recruit ment marketing plan New markets Designing systems to link current and future potential Assessment centers for Five-year compensation plans for individuals Cafeteria-style fringe packages development Organizing management development program Organization development activities Fostering self-development Operational Staffing plans Recruitment plans Annual appraisal system(s) Day-to-day control systems Quelle: Devanna et al., 1984, S. 44 Wage and salary administration Benefit plans Delivering job skill training On-the-job training - 88 - Die vier Funktionen bedeuten im Einzelnen: - Strategic Selection (strategische Personalauswahl) Die strategische Personalauswahl umfaßt die Gestaltung eines Auswahlsystems, das den durch die geplante Strategie entstehenden qualitativen und quantitativen Personalbedarf durch interne sowie externe Personalbeschaffung und -auswahl zu decken hilft. Insbesondere die Auswahl und der Einsatz (zukünftiger) Führungskräfte soll auf die geplante Strategie abgestimmt werden (vgl. Devanna et al., 1984, S. 46f; Eckardstein/Elsik, 1990, S. 485; Tichy et al., 1982, S. 51); es besteht die Forderung nach integrierter Investitions- und Personalplanung. - Strategic Appraisal (strategische Leistungsbeurteilung) Die präzise strategische Leistungsbeurteilung nimmt eine Schlüsselposition im Human ResourceKreislauf ein, da die Erfüllung und Qualität der anderen drei Teilfunktionen (Auswahl, Anreize/Belohnungen, Entwicklung) im gewissen Maße von ihr abhängen (vgl. Devanna et al., 1984, S. 46; Tichy et al., 1982, S. 57). Sie zielt darauf, frühzeitig Humanpotential mit zukünftig erforderlichen Anforderungen zu ermitteln (vgl. Eckardstein/Elsik, 1990, S. 486). - Strategic Rewards (strategische Anreiz- und Belohnungssysteme) Auf der Grundlage einer exakten Leistungsbeurteilung sollen für die Mitarbeiter materielle (z.B. Entgelt, Sozialleistungen) und immaterielle (z.B. Anerkennung, Aufstiegschancen, Bildungsmaßnahmen) Anreize/Belohnungen geschaffen werden. Dabei bestehen Probleme bei der Festlegung geeigneter Meßgrößen für die zu belohnende Leistung sowie der Auswahl verhaltenswirksamer Anreize für die einzelnen Mitarbeiter(gruppen) (vgl. Devanna et al., 1984, S. 48f). Speziell für Führungskräfte sollen entsprechende Anreize/Belohnungen geschaffen werden, damit sie neben kurzfristigen auch verstärkt langfristige strategische Unternehmensziele verfolgen (vgl. Devanna et al., 1984, S. 49; Eckardstein/Elsik, 1990, S. 486; Tichy et al., 1982, S. 54). - Strategic Development (strategische Personalentwicklung) Eine der wichtigsten Aufgaben der Unternehmensführung ist es, durch entsprechende Bildungsmaßnahmen dafür zu sorgen, daß die Mitarbeiter über die benötigten Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen. Neben der beruflichen Ausbildung und verschiedenen zukunftsorientierten unternehmensinternen und -externen Fortbildungsmaßnahmen (z.B. training on the job, Lehrgänge, job rotation) beinhaltet die Personalentwicklung auch noch Maßnahmen zur Arbeitsplatzgestaltung und -verbesserung sowie die individuelle, strategisch ausgerichtete Karriere- und Nachfolgeplanung, das Mentoring etc. (vgl. Devanna et al., 1984, S. 49; Tichy et al., 1982, S. 55). Die sich wechselseitig beeinflussenden Teilfunktionen sollen so miteinander verknüpft werden, daß eine möglichst hohe Effizienz des Systems entsteht, um das strategisch vorgegebene Ziel, die Leistung, zu erreichen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 46f; Devanna et al., 1984, S. 41f; Tichy et al., 1982, S. 50). - 89 - Die Personalauswahl erfolgt nach dem Prinzip der Bestenauslese, da diese als wichtigste Voraussetzung für hohe Leistung betrachtet wird. Die Leistungsbeurteilung liefert die benötigten Informationen für die leistungsorientierte Anreiz- und Belohnungsgestaltung sowie für die Personalentwicklung. Durch Leistungsentlohnung werden die motivationalen, durch Personalentwicklung die kognitiven Voraussetzungen für hohe Leistung erzeugt (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 47; Devanna et al., 1984, S. 41; Tichy et al., 1982, S. 50). 3.1.5.2.3. Die Human Resource-Politiken Aufgrund der oben angeführten vier Teilfunktionen des HRM müssen mehrere, grundsätzliche Unternehmens- bzw. Bereichspolitiken (policies) entsprechend der vorliegenden Gegebenheiten formuliert und berücksichtigt werden. Sie sind unternehmensindividuell und begrenzen die Gestaltung des HRM (vgl. Conrad, 1991, S. 421; Tichy et al., 1982, S. 48). Die drei bedeutendsten Politiken sind: a) Managementphilosophie Die Managementphilosophie eines Unternehmens ist eine grundlegende Politik, die die gesamte Gestaltung eines Human Resource-Systems beeinflußt. Sie dient einerseits zur Festlegung des grundlegenden psychologischen Kontrakts mit den Mitarbeitern hinsichtlich unternehmensinterner grundlegender Werte, Einstellungen etc. Andererseits umfaßt sie das Ausmaß der Hierarchiestufen im Unternehmen, also den Grad der (De-)Zentralisierung der Kernfunktion des HRM (vgl. Tichy et al., 1982, S. 48ff). b) Rekrutierungs- und Förderungspolitik Die Rekrutierungs- und Förderungspolitik eines Unternehmens spiegelt sich in der Prioritätensetzung von Personalentwicklung und -auswahl oder eines bestimmten Mischungsverhältnisses dieser beiden Teilfunktionen des HRM wider (vgl. Tichy et al., 1982, S. 50). c) Anreiz- und Entgeltpolitik Die Anreiz- und Entgeltpolitik kann entweder auf Gruppen- oder auf Individualleistungen angewendet werden. Liegt der Schwerpunkt auf der Gruppenarbeit, so muß die Personalauswahl die soziale Vereinbarkeit berücksichtigen. Die gruppenorientierte Leistungsbeurteilung muß dabei spezifische Anreize für die Arbeitsgruppen liefern (vgl. Tichy et al., 1982, S. 50). 3.1.5.2.4. Resümee Das Ziel des Michigan-Ansatzes ist die optimale Abstimmung zwischen Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und HRM. Der Schwerpunkt liegt auf der Gestaltung des strategischen HRM, bei dem im Rahmen des "Human Resource Cycles" zwischen vier Teilfunktionen (Personalauswahl, Leistungsbeurteilung, Anreize/Belohnungen, Personalentwicklung) unterschieden wird. Sie gilt es vorrangig effizient aufeinander abzustimmen, damit sie zur Implementierung der Unternehmensstrategie beitragen (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 42; Krulis-Randa, 1987, S. 7; Staehle, 1989(b), S. 391; - 90 - Staehle, 1990, S. 727). Dabei erhält insbesondere die langfristige Betrachtungsperspektive des Managements und die Fähigkeit, Menschen zu führen, eine steigende Bedeutung. Diese beiden Anforderungen können nur durch erhebliche Veränderungen der Human Resource-Aktivitäten im Unternehmen realisiert werden und erfordern eine Veränderung des Denkens und des Verhaltens seitens der Menschen (vgl. Tichy et al., 1982, S. 60). Da sich der Michigan-Ansatz insbesondere auf die Human Resource-Aktivitäten konzentriert, besteht die Gefahr, daß die Festlegung langfristiger strategischer Zielsetzungen zu wenig umwelt- und marktorientiert ist (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 50). Abschließend vier bedeutende Punkte des HRM: - Die Human Resource-Aktivitäten beziehen sich in erster Linie auf individuelle Leistungen und somit ebenfalls auf Produktivität und Unternehmensleistung. - Die Innovationsfähigkeit von Unternehmen hängt von einer innovationsfördernden Organisationsstruktur ab und auch von der Art und Weise, wie innovative Mitarbeiter geführt werden. - Die Qualität der im Unternehmen getroffenen strategischen Entscheidungen ist verbunden mit der Qualität der Human Resource-Daten, die in den Entscheidungsprozeß einfließen. - Die erfolgreiche Durchsetzung strategischer Ziele hängt insbesondere davon ab, wie gut das Unternehmen seinen "Human Resource Cycle" umsetzt, also die richtigen Mitarbeiter auswählt, das richtige (Leistungs-)Verhalten mißt, den Fortschritt bzgl. der strategischen Ziele belohnt und die benötigten Fertigkeiten weiterentwickelt, um den strategischen Erfolg zu sichern. (vgl. Devanna et al., 1984, S. 51). 3.1.6. Gegenüberstellung der beiden HRM-Ansätze und Begründung der Wahl des MichiganKonzeptes als konzeptionelle Grundlage für die weiteren Ausführungen Ein Vergleich sowie eine realistische Beurteilung der beiden Ansätze wird dadurch erschwert, daß dafür die notwendigen eindeutigen Definitionskriterien für den Begriff “Human Resource Management“ fehlen und die im Rahmen dieser Ansätze involvierten Personen- und Interessengruppen (z.B. Führungskräfte, Personalabteilung, Mitarbeiter(-vertretungen), staatliche Organe) unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe und Schwerpunkte zugrunde legen. Ferner existieren Abhandlungen über den Michigan-Ansatz bisher nur in Form von Zeitschriftenaufsätzen, während es über den Harvard-Ansatz bereits umfassendere Literatur - u.a. Lehrbücher - gibt. Manche Aspekte, die derzeit noch als wesentliche Unterscheidungskriterien erscheinen, werden sich im Laufe der Weiterentwicklung nivellieren und evtl. in einen integrativen Ansatz des (strategischen) HRM einmünden. Während der Harvard-Ansatz im Prinzip eine umfangreiche Auflistung von Determinanten und Folgen von HRM-Politiken ist, die vom Top-Management selbst aktiv beeinflußt werden müssen, steht beim Michigan-Ansatz die strategische Betrachtungsweise insbesondere des HRM im Vordergrund. Dabei - 91 - werden zwar die drei Hauptbereiche und der Human Resource Cycle angeführt, jedoch erfolgt keine systematische Anwendungsbeschreibung. Als kritisch wird beim Michigan-Konzept angesehen, daß der Unternehmensstrategie zeitlich und inhaltlich Vorrang eingeräumt und die Organisationsstruktur und das HRM daraus abgeleitet werden. Durch die Unterordnung des HRM verkümmert die Mitarbeiterführung und wird zu einer abgeleiteten Aufgabe (vgl. Gaugler/Weber, 1995, S. 6). Dieser Ansatz bleibt auf dem klassischen Implementationsund Anpassungsdenken des Personalmanagements beschränkt und unterschätzt bzw. übersieht den Einfluß früherer personalpolitischer Maßnahmen auf die zukünftige Strategieformulierung (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 290; Staehle, 1989(b), S. 392; Staehle, 1990, S. 728). Zudem wird die Formulierung der Unternehmensstrategie kaum berücksichtigt (vgl. Ackermann, 1987(a), S. 42; Staehle, 1989(b), S. 391; Staehle, 1990, S. 727). Im Harvard-Konzept stellt die Unternehmensstrategie nur einen von mehreren situativen Faktoren dar. Personalpolitische Maßnahmen werden als Folge und Ursache von strategischen Entscheidungen betrachtet (vgl. Staehle, 1990, S. 730). Dieses Konzept sieht in den Arbeitnehmern die wichtigsten Organisationsteilnehmer und betont deren entscheidende Stellung im betrieblichen Leistungsprozeß. Ihre Partizipation bildet die Grundlage für alle Aktivitäten des HRM. Daher gilt die aufgabenbezogene Qualifizierung und Entwicklung der Mitarbeiter als eine entscheidende Aufgabe des betrieblichen HRM (vgl. Gaugler/Weber, 1995, S. 7). Da die zentralen Politikfelder nur durch das Top-Management formuliert werden können und nicht durch den Personalmanager, verliert die HRM-Strategie ihre funktionale Bedeutung (vgl. Conrad, 1991, S. 421). Zusammenfassend ist festzuhalten, daß zwischen den beiden bedeutendsten amerikanischen HRMAnsätzen eine Reihe von Unterschieden bestehen, die sich einerseits auf die personalpolitischen Handlungsfelder und andererseits auf die prinzipielle Zuordnung der Personalpolitik zum strategischen Management beziehen (vgl. Gaugler/Weber, 1995, S. 7). Stellt man den Harvard- und den Michigan-Ansatz gegenüber, so fällt auf, daß die erstgenannte Konzeption wesentlich komplexer, umfassender und vorrangig auf Großunternehmen mit verzweigten Organisationsstrukturen, eigenständigen Personalressorts und vielfältigen Interessengruppen ausgerichtet ist. Bei den meisten Autohäusern handelt es sich um kleine und mittlere, eigentümerzentrierte Familienunternehmen, die keine eigenständige Personalabteilung besitzen. Genauso wie die - oft als klassischer Managementansatz bezeichnete - von Koontz/O'Donnell entwickelte Konzeption mit den fünf Funktionen Planung, Organisation, Führung, Personaleinsatz(wesen) und Kontrolle, erscheint der klar strukturierte Michigan-Ansatz von Tichy et al. als Gliederungsschema für die nachfolgenden Ausführungen des dritten Kapitels und für die sich daran anschließende empirische Untersuchung im vierten Kapitel besser geeignet. Er ist wesentlich - 92 - übersichtlicher und eher auf die praxisorientierte Unternehmensführung in mittelständischen KfzBetrieben übertragbar. Da vor allem die strategische Betrachtungsweise des Human Resource Management in den Vordergrund gestellt wird - nur in wenigen mittelständischen (Kfz-)Betrieben wird überhaupt strategisch geplant, insbesondere im Personalbereich -, ergibt sich aus dem Michigan-Ansatz diese erweiterte Sichtweise. Dabei kann die langfristig orientierte Förderung und Motivation qualifizierter Mitarbeiter stärker zum Tragen kommen. Sie erhält bei dem zunehmenden Nachwuchs- und Fachkräftemangel in mittelständischen Betrieben steigende Bedeutung. Gerade in Dienstleistungsbranchen wie dem Kfz-Gewerbe, die als lokale Absatzmittler und Serviceprovider ihre Produkte und Leistungen unmittelbar dem dort ansässigen Kundenkreis anbieten, wird bei zunehmender Angleichung der Produkte, ihrer Präsentation etc. das motivierte und leistungsorientierte Personal in dem jeweiligen Unternehmen zum entscheidenden Wettbewerbs- und Erfolgsfaktor. Nur sie können durch freundliche, kompetente und individuelle Beratung bzw. Betreuung das Vertrauen der Kunden gewinnen und sie an das Autohaus binden. Deshalb wird zukünftig die Entwicklung qualifizierter Führungskräfte und Mitarbeiter einer der wichtigsten Aufgaben zur Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolges. Wie bereits in Kapitel 0.3. erwähnt, muß dieser konzeptionelle Michigan-Ansatz für die vorliegende Themenstellung, entsprechend den Besonderheiten mittelständischer Betriebe (z.B. Wirtschaftsbereich, Unternehmensgröße, Wettbewerbssituation) und vor allem der Autohäuser in einigen Bereichen modifiziert werden. Die zentralen Elemente des Michigan-Ansatzes, und zwar Umfeldfaktoren, Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und Human Resource Management werden dabei nacheinander behandelt. Die Umfeldfaktoren werden auf die Entwicklungsperspektiven der Automobilwirtschaft und speziell die des Kfz-Gewerbes ausgerichtet. Entsprechend dem Michigan-Ansatz werden die prognostizierten Veränderungen in der externen und internen Unternehmensumwelt nach folgenden Einflußfaktoren unterschieden: wirtschaftlich: ökonomische, technologische und qualifikatorische Wandlungen, Vermögensstruktur, Verhältnis Kfz-Hersteller/-Importeur und -Händler; politisch: ökologische Perspektiven, Auswirkungen des EG-Binnenmarktes und speziell der Europäischen Währungsunion; kulturell: demographische Veränderungen, Wertewandel, verändertes Konsum- und Freizeitverhalten. Denn zur effektiven, integrierten Unternehmensführung benötigen zukünftige Unternehmer/ Geschäftsführer detaillierte Kenntnisse über mögliche Umfeldveränderungen, um zielorientiert, planvoll und konsequent denken und handeln zu können und ihr Unternehmen frühzeitig auf diese sich in immer kürzeren Zeitabständen fortschreitenden Entwicklungen auszurichten. - 93 - Die im Michigan-Ansatz kaum näher erläuterte Unternehmensstrategie wird ausgeweitet zur strategischen Unternehmensführung und beinhaltet u.a. Unternehmensvision, -politik, -kultur, -ziele, strategische und operative Planung59, Controlling etc. Die Organisationsstruktur, deren inhaltliche Ausgestaltung die Autoren in den vorliegenden Publikationen wenig präzisieren, umfaßt nachfolgend die Schaffung und Veränderung formeller systematischer Regelungen und Leitungssysteme im Unternehmen, also die “Organisationsgestaltung“, sowie neue Formen der Unternehmens- und Arbeitsorganisation bzw. -strukturierung (z.B. Total Quality Management, Profit Center, Team-Konzept, Betreuungsteams). Beim Human Resource Management bzw. Personalmanagement werden gemäß dieses Ansatzes die vier Teilbereiche - strategische Personalbeschaffung/-auswahl, - strategische Leistungserfassung und -beurteilung, - strategische Personalentwicklung (Aus- und Fortbildung, Karriere- und Laufbahnplanung) und - strategische Anreiz-/Belohnungssysteme (z.B. Arbeitsentgelt, Führungsstil und -mittel) sowie deren inhaltliche Ausgestaltung schwerpunktmäßig erläutert. Darüber hinaus werden z.T. auch die operativen Maßnahmen in den einzelnen Bereichen dargelegt, da speziell in vielen mittelständischen Unternehmen die vielfältigen Möglichkeiten dieser Instrumente zur Leistungsmotivation und Mitarbeiterzufriedenheit kaum systematisch und zielgerichtet eingesetzt werden. Entsprechend der Zielsetzung des Michigan-Ansatzes wird die in vielen Kfz-Betrieben stark vernachlässigte strategische Betrachtungsweise besonders herausgestellt. Gerade in der systematischen, vorausschauenden und ganzheitlichen Unternehmensplanung bestehen bei vielen mittelständischen (Kfz-) Unternehmen erhebliche Defizite. Problematisch ist dabei, daß es bisher kaum fachspezifische Literatur zum integrativen, strategischen Personalmanagement speziell in Klein- und Mittelbetrieben gibt. Dabei erheben die nachfolgenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die umfassende Darlegung aller Qualifizierungsmaßnahmen, Seminarthemen und -inhalte den Umfang der vorliegenden Arbeit übersteigen würde. Insbesondere auf branchenspezifische Produkt- bzw. Fachkenntnisse (z.B. bzgl. Kfz-Handel, Aufgaben im Kundendienst-/Werkstattbereich), spezielle Arbeitstechniken zukünftiger Unternehmensführer (z.B. Rhetorik, Zeit- und Selbstmanagement) sowie gesetzliche und steuerliche Regelungen wird in diesem Kapitel nicht näher eingegangen (z.B. Arbeits-, Wettbewerbsrecht). 59 In vielen neueren betriebswirtschaftlichen Publikationen wird keine detaillierte Unterscheidung zwischen mittelund kurzfristiger Planung vorgenommen, sondern aufgrund des fließenden Übergangs der beiden Planungsbereiche einheitlich von operativer Planung gesprochen (vgl. Korndörfer, 1989, S. 110). Speziell in mittelständischen Unternehmen empfiehlt es sich, die operative Planung mit der taktischen/dispositiven (=kurzfristigen) Planung (z.B. Planungsrechnung) zusammenzufassen (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 128; Horváth/Weber, 1990, S. 300). Diesem Ratschlag wird auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit entsprochen und - in Abweichung zum Michigan-Ansatz - lediglich zwischen strategischen und operativen Maßnahmen unterschieden. - 94 - Die nachfolgenden Ausführungen folgen einer Betrachtung von außen nach innen, d.h. die möglichen Probleme werden von ihrer Entstehung in der Umwelt von Unternehmen bis hin zu ihrer Bewältigung in den einzelnen arbeitsteilig organisierten Funktionsbereichen innerhalb der Unternehmung aufgezeigt (vgl. Staehle, 1989(a), S. 113). Der strategischen Unternehmensführung kommt dabei die Aufgabe des Brückenschlages zwischen der externen Umwelt und den (internen) unternehmerischen Aktivitäten zu. Generelle Ziele und strategische Pläne werden dann in den einzelnen Funktionsbereichen in konkrete Handlungsprogramme (bzgl. Inhalt, Ausmaß, zeitlichem Bezug, Ressourcenerfordernis) umgesetzt (vgl. Staehle, 1989(a), S. 113). 3.2. Szenario über die bedeutsamsten Entwicklungsperspektiven in der Unternehmens umwelt sowie deren Auswirkungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe Bei der strategischen Analyse der Umwelt- und Unternehmenssituation geht es um eine möglichst umfassende Beurteilung des Unternehmens sowie der gegenwärtigen und zukünftigen Möglichkeiten im Markt unter besonderer Berücksichtigung der zu erwartenden Umweltentwicklungen (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 35). Umwelt und Unternehmen beeinflussen ihr jeweiliges Umfeld und prägen sich gegenseitig (vgl. Thommen, 1990, S. 95). Diese Beziehungen sind nicht statisch, sondern unterliegen ständigen Diskontinuitäten aufgrund nicht vorhersehbarer, unerwünschter Verhaltensweisen ganzer Systeme (vgl. Ulrich, 1990, S. 829). Oft bestehen Interdependenzen zwischen den einzelnen Umweltbedingungen (z.B. gesetzliche Auflagen haben Auswirkungen auf den technologischen Bereich und auch umgekehrt). Welche speziellen Umweltbedingungen im Einzelfall als relevant einzustufen und genauer zu analysieren sind, hängt von einer Vielzahl von Einflußfaktoren (z.B. Branche, Unternehmensgröße) ab (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 35). Im nachfolgenden Grobszenario60 sind die wichtigsten, prognostizierten Umfeldentwicklungen und veränderungen für die Automobilwirtschaft und speziell für das Kfz-Gewerbe dargestellt, die direkte oder indirekte Auswirkungen auf die strategische Unternehmensführung, die Organisationsstruktur und das strategische Personalmanagement sowie auf die zukünftige Geschäftsführung haben. Welche speziellen Bedingungen im Einzelfall zutreffen, ist von einer Vielzahl von Einflußfaktoren (z.B. Unternehmensgröße, geographische Lage) abhängig. Diese sich fortlaufend wandelnden Zukunftsbilder 60 Szenarien sind Entwürfe und Vorstellungen über mögliche Entwicklungen, die sich heute bereits in ihren Ansätzen andeuten. Alternative Entwicklungstendenzen werden aufgezeigt und historische Vernetzungen herausgestellt, so daß man eine bewußtere Vorstellung von möglichen Entwicklungsperspektiven hat (vgl. Staehle, 1990, S. 597; Welge, 1992, S. 139). - 95 - schaffen veränderte Rahmenbedingungen und Problemstellungen, auf die die Unternehmen frühzeitig, flexibel und aktiv ausgerichtet werden müssen61. 3.2.1. Wirtschaftliche Einflußfaktoren 3.2.1.1. Allgemeine ökonomische Entwicklungsperspektiven Die wirtschaftliche Situation in Deutschland ist seit Mitte 1992 in einer kritischen Phase. Der seit 1985/86 anhaltende wirtschaftliche Aufschwung ist nach Beendigung der Sonderkonjunktur 1990/91, bedingt durch die Öffnung der innerdeutschen Grenzen, (vorerst) beendet und die Wachstumsdynamik ist stagnierend bis rückläufig. Der starke Anstieg der Produktionskosten - zurückzuführen auf die fortlaufende Erhöhung der Lohn- und Lohnnebenkosten62, weitere Arbeitszeitverkürzungen, zunehmend höhere Steuern und Sozialabgaben, anhaltend hohes Zinsniveau, zunehmende Belastungen durch Umweltschutzauflagen, Kosten der deutschen Einheit etc. - bleibt wirtschaftlich nicht ohne Folgen. Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen sowie der private Verbrauch ist, wie die Wirtschaftsprognosen der verschiedenen Forschungsinstitute belegen, rückläufig und deutliche Konjunkturimpulse fehlen. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist u.a. aufgrund der verschlechterten Ertragsperspektive skeptisch und führt zu steigenden Produktionsverlagerungen in sog. Billiglohnländer (vgl. Eekhoff, 1995, S. 179f). Zwischen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Automobilwirtschaft in Deutschland bestehen starke Interdependenzen. Dies zeigt sich u.a. in dem engen Zusammenhang zwischen den Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und den Zulassungen fabrikneuer Fahrzeuge in Deutschland. Die gegenseitige Beeinflussung spiegelt sich deutlich im weitgehend synchronen Verlauf von Gesamt- und Automobilkonjunktur wider. Die konjunkturellen Einbrüche der Gesamtwirtschaft in den Rezessionsjahren 1966/67, 1972/73, 1980/81 und 1992/93 haben sich auch unmittelbar auf den Konjunkturverlauf im Automobilmarkt ausgewirkt (vgl. Diez, 1994(a), S. 18ff). 61 In der diesbezüglichen Fachliteratur wird zwischen generellen (z.B. ökonomische, technologische, soziodemographische Umwelt) und speziellen (z.B. Mitarbeiter, Kunden, Verhältnis Hersteller zu ihren Absatzmittlern) Umwelteinflüssen auf das Unternehmen unterschieden. Während die letztgenannte Wettbewerbsumwelt die für jeden Wirtschaftszweig differenten, unmittelbaren externen Einflußkräfte und Interaktionssysteme wiedergibt, befaßt sich die globale Umweltbetrachtung mit allgemeinen, mehr indirekt auf die Branche wirkenden Komponenten. Dabei sind die Grenzen zwischen beiden fließend (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 613f; Staehle, 1990, S. 582; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 152f). In anderen Publikationen wird die generelle Umwelt (vgl. Staehle, 1990, S. 582) oftmals als externe (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 35), mittelbare (vgl. Staehle, 1989(a), S. 115f) Unternehmensumwelt oder Makro-Umwelt (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 614) bezeichnet, während die spezielle Umwelt (vgl. Staehle, 1990, S. 582) auch als interne (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 199), unmittelbare (vgl. Staehle, 1989(a), S. 115f) oder Mikro-Umwelt (vgl. Nieschlag et al., 1991, S. 613) tituliert wird. 62 Lohnneben- bzw. Personalzusatzkosten bezeichnen den Geldbetrag, den ein Unternehmen für seine Arbeitnehmer zusätzlich zum Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit aufwenden muß. Sie umfassen u.a.: Arbeitgeberanteil an Sozialversicherungsbeiträgen (Renten-, Kranken-, Arbeitslosen-, Pflegeversicherung, Beiträge für Berufsgenossenschaft etc.), Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, Urlaubsgeld, bezahlte Feiertage, vermögenswirksame Leistungen (vgl. Berthel, 1995, S. 383f). - 96 - Während im Konjunkturabschwung und in einer Rezession zunehmend auf den Gebrauchtwagenmarkt zurückgegriffen wird, wird beim Konjunkturaufschwung wieder auf den Neuwagenmarkt übergewechselt. Der Gebrauchtwagenmarkt weist damit eine insgesamt viel stetigere, teilweise sogar antizyklische Entwicklung zum Neuwagenmarkt auf, weil die sinkende Nachfrage der eigentlichen Gebrauchtwagenkäufer durch übergewechselte traditionelle Neuwagenkäufer zumindest kompensiert wird. Dies ist ein wichtiger Aspekt, der für ein verstärktes Engagement des fabrikatsgebundenen Automobilhandels auf dem Gebrauchtwagenmarkt spricht, da so die Konjunkturanfälligkeit gemildert werden kann (vgl. Diez, 1994(c), S. 54). Ähnliche Tendenzen sind auch im Wartungs- und Werkstattbereich zu verzeichnen. In Abschwung- und rezessiven Phasen werden Fahrzeuginstandsetzungen entweder gar nicht ausgeführt oder verlagert auf Bekanntenhilfe, Eigenarbeit, vermeintlich preisgünstigere, freie Werkstätten etc. Eine durch längere Haltedauer erhöhte Reparaturanfälligkeit kommt den fabrikatsgebundenen Werkstätten nicht zu Gute. In den kommenden zwei Jahrzehnten werden sich nach der Shell Studie (1997) die bundesweiten jährlichen Neuwagenzulassungen zwischen 3,2 und 3,6 Mio. (= etwaiger jährlicher Ersatzbedarf) Einheiten bewegen. Davon werden zwischen 580.000 und 650.000 Neuwagen in den neuen Bundesländern vermarktet. Im Zusammenhang mit einem Konjunkturaufschwung, Modellneuvorstellungen und sonstigen verkaufsfördernden Impulsen (z.B. Inzahlungnahmeprämien, SonderFinanzierungsangeboten, -Leasingaktionen) sind vereinzelt auch wieder Zulassungsjahre mit knapp 4 Mio. Einheiten zu erwarten. Diese Absatzzahlen werden von mehreren Automobilverbänden (VDA, VDIK, ZDK) und Marktforschungsinstituten (z.B. Marketing Systems) für das Ende der 90er Jahre prognostiziert. Die Zahl der Gebrauchtwagen-Besitzumschreibungen liegt heute um den Faktor 2,0 bis 2,5 höher als die Zahl der Neuwagenzulassungen. Während 1970 pro Jahr etwa 3,6 Mio. Gebrauchtfahrzeuge verkauft wurden, waren es 1980 bereits 5 Mio. und 1996 sogar über 7,5 Mio. Für das Jahr 2000 werden mehr als 8 Mio. und für das Jahr 2005 sogar nahezu 9 Mio. Besitzumschreibungen prognostiziert (vgl. Diez, 1997(b), S. 38). Die oben angeführten Verflechtungen verdeutlichen, daß die Automobilwirtschaft in vielfacher Hinsicht eine Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft darstellt. Bei der Zukunft des Automobils handelt es sich nicht allein um die Zukunft der angeschlossenen Branchen (z.B. Automobilzulieferer, Kfz-Betriebe), sondern um das künftige Einkommens- und Beschäftigungsniveau der gesamten deutschen Wirtschaft. Während erfahrene Kfz-Unternehmer schon mehrere Auf- und Abschwungphasen in den Konjunkturzyklen erlebt haben, besteht für den Unternehmernachfolger, insbesondere wenn er in einer Phase länger anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwungs die Unternehmensführung übernimmt, die Gefahr, daß er bei der Investitions-, Marktanteils-, Umsatz-, Personalplanung etc. mögliche rezessive Phasen nur unzureichend berücksichtigt. Wenn in einer Aufschwungphase Investitionen in Immobilien, Anlagen, Maschinen und Mitarbeiter erfolgen, die in rezessiven Zeiten nicht finanziert werden können, führt dies zu Liquiditätsengpässen und schlimmstenfalls zum Konkurs des Unternehmens. - 97 - 3.2.1.2. Entwicklung der Vermögensstruktur Trotz des weiterhin sinkenden Realeinkommens der Arbeitnehmer weisen vor allem die westdeutschen Haushalte eine bisher nicht dagewesene Kaufkraftstärke auf. Das monatlich verfügbare (ausgabefähige) Nettoeinkommen der "Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalte mit mittlerem Einkommen"63 belief sich im Jahre 1995 auf knapp über 5.350,- DM. Das Geldvermögen der privaten Haushalte (z.B. Bankguthaben, Bausparverträge, Wertpapiere) war im gleichen Betrachtungszeitraum mit etwa 135.000,- DM zu veranschlagen und das wirtschaftliche Wachstum wird sich laut Prognosen der führenden Marktforschungsinstitute fortsetzen. Bis zum Jahr 2000 wird das verfügbare NettoEinkommen der Arbeitnehmerhaushalte real, also preisbereinigt, auf mehr als 6.100,- DM im Monat ansteigen; das Geldvermögen wird dann im Durchschnitt pro Privathaushalt bei rund 150.000,- DM liegen (vgl. Berg, 1993, S. 9f; Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997). Noch rascher stiegen in den vergangenen zehn Jahren die ungemessenen Einkommen, wie die relative Einkommenserhöhung durch die Nutzung eigener Immobilien sowie das zunehmende Einkommen aus Geldvermögen (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 18). Die Zinserträge und Dividenden der privaten Haushalte aus Geldvermögen betrugen 1995 in Westdeutschland durchschnittlich 6.650,- DM. Von jeweils 100,- DM verfügbarem Einkommen spart der Deutsche durchschnittlich 12,70 DM (Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997). Ein Vier-Personen-Haushalt mit durchschnittlichem Einkommen gab in 1996 pro Monat in Westdeutschland über 800,- DM (1991: 510,- DM) und in Ostdeutschland ca. 650,- DM (1991: 320,DM) für das Vergnügen nach der Arbeit aus (z.B. für Urlaub, Auto, Freizeit- und Vereinsaktivitäten, Sport, Hobbys) und dieser Wert wird weiterhin zunehmen. Zwei Jahre zuvor waren es noch etwa 40,DM weniger (Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997). Um diesen frei verfügbaren Teil des (Haushalts-)Einkommens64 konkurrieren eine große Anzahl von Anbietern unterschiedlicher Wirtschaftsbereiche bzw. Sortimente wie Boutiquen, Tourismusbranche, Juweliere, Antiquitätenhändler, Delikatessengeschäfte, Autohäuser usw. Die Kfz-Betriebe müssen durch attraktive Angebote - Werterhaltung des Automobils bzw. Wertsteigerung durch höherwertige Ausstattung (Autotelefon, Airbags, CD-Player, Speziallackierungen etc.) - Nachfragemotive bei den verschiedenen Zielgruppen entwickeln (vgl. Berg, 1990(b), S. 92f). 63 Das monatliche Nettoeinkommen der 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalte setzt sich aus dem Brutto-Einkommen aller Haushaltsmitglieder, abzüglich Steuern und Sozialabgaben und zuzüglich Transferleistungen und staatlicher Zuschüsse (z.B. Vermögenserträge, Kindergeld, Wohngeld, BAföG) zusammen. 64 Mit dem frei verfügbaren (disponiblen) Einkommen ist der Teil des Einkommens gemeint, "der den Haushalten verbleibt, wenn alle kontinuierlich anfallenden "festen" Ausgaben (Miete, Telefon, Krankenversicherung, Haushaltsgeld usw.) geleistet worden sind" (Berg, 1990(b), S. 92). - 98 - 3.2.1.3. Zunehmende Dynamik des technologischen Fortschritts Der zunehmende technologische Fortschritt (z.B. steigender Einsatz der Mikroelektronik, vernetzte Informations-, Kommunikations- und EDV-Technologie) hat in allen Wirtschaftsbereichen zu tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitsabläufe und -anforderungen geführt. Um zukünftig einen zeitgemäßen und bezahlbaren Service des “Elektronik-Automobils“ sicherzustellen, bedarf es einer umfassenden EDV-technisch vernetzten Datenkommunikation zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen im Autohaus. Die technische Komplexität des Automobils ist so weit vorangeschritten, daß eine genaue Fehlerdiagnose ohne computergestützte, elektronische Meß- und Testgeräte bei den meisten High-Tech-Fahrzeugen kaum noch möglich ist. Betrug der reine Elektronikanteil eines Pkws Ende der 60er Jahre durchschnittlich weniger als ein Prozent der Herstellungskosten, entfielen bereits 1990 etwa 15 % sowie 1995 ca. 25 % der Wertschöpfung darauf und die Tendenz ist weiter steigend. Insbesondere hochpreisige Fahrzeuge verfügen inzwischen über eine umfangreiche Bordelektronik mit einer Vielzahl an Elektromotoren, Sensoren und (Mikro-)Computerchips (z.B. elektronische Bauteile, Fehlerspeicher, Steuergeräte) zur Steuerung - der Einspritzung, Zündung, Aufladung, - des Getriebes, der Bremse und Lenkung sowie - der vernetzten Systeme (Antiblockiersystem, elektronische Differentialsperre, Antischlupfregelung, Airbags, Bordcomputer, Vierradantrieb, -lenkung, Sitzbelegungserkennung usw.) mit der Zielsetzung, das Fahren sicherer, komfortabler, umweltverträglicher und ökonomischer zu gestalten (vgl. Verband Deutscher Elektrotechniker, 1995, S. 11; Meyer, 1992(a), S. 41). Bereits im Jahre 2000 werden etwa 35-40 Prozent des Neufahrzeugpreises auf Elektronikbauteile entfallen. Diese sog. dritte Generation der Kfz-Elektronik wird durch weitere elektronisch vernetzte Bauelemente im Fahrzeug (z.B. Abstands- und Fahrdynamikregler, Kollisionsvermeidungs-, SatellitenNavigationssystem, Road Pricing, Fehlerspeicher mit Wartungs- und Reparaturhinweisen für den Monteur) geprägt sein, die das menschliche Urteilsvermögen ergänzen und unterstützen (vgl. Verband Deutscher Elektrotechniker, 1995, S. 13). Die kommenden elektronischen Werkstattaggregate (z.B. Bremsenprüfstand, Emissionstester, Fahrwerksvermessung) umfassen keine großen Einzelgeräte (sog. Stand-alone-Lösungen) mehr, sondern es handelt sich dabei um computergestützte, untereinander vernetzte, dezentrale "intelligente" Diagnose- und Prüfgeräte. Sie sind sowohl mit dem Fahrzeug selbst kommunikationsfähig wie auch mit dem Monteur und über die EDV-gestützte Großrechenanlage können sie außerdem noch mit dem Zentralcomputer des Herstellers/Importeurs verbunden werden. Die "mechanischen" Reparaturen beschränken sich vorrangig auf Wartung, Verschleißteileaustausch und Blech- bzw. Karosseriearbeiten und gehen immer mehr zurück. Demgegenüber nimmt der Anteil an Meß- und Diagnosearbeiten der Motorfunktion, Bordelektrik, Bremssysteme, des Fahrwerks etc. sowie das Tauschen elektronischer Komponenten erheblich zu (vgl. Bosch GmbH, 1995, S. 14; Sparrer, 1993, S. T3). - 99 - Durch den steigenden Umfang an Service-Informationen und -Literatur für die Fachkräfte werden zunehmend die heute üblichen Handbücher, Kataloge, Broschüren, Leitfäden und/oder Micro-Fiches ersetzt durch elektronische Teilekataloge (Elektronic Parts Catalog) im Ersatzteillager und elektronische Reparaturleitfäden im Werkstatt- und Kundendienstbereich (vgl. Meyer, 1992(a), S. 41; Sparrer, 1993, S. T3). In der Werkstatt wie auch im Lager können zukünftig direkt Informationen über Einbauanweisungen und Teilelisten abgerufen sowie Bestellungen aufgegeben werden. Softwareänderungen und Reparaturanleitungen sowie Änderungen an Fahrzeugkomponenten werden zukünftig umgehend und direkt (on line) vom Automobilhersteller/-importeur in das Werkstattinfonetz eingegeben. Ferner werden die technischen Werksberater bei komplexen Reparaturproblemen direkt per on line-Verbindung helfen können (vgl. Bosch GmbH, 1995, S. 9). Auch in der Verwaltung besteht die Möglichkeit des direkten Zugriffs auf alle Vorgänge. Das vereinfacht nicht nur die automatische Rechnungserstellung, sondern auch betriebswirtschaftliche Berechnungen wie Auslastung der technischen Einrichtungen, Arbeitszeiten, -produktivität etc. Die Vernetzung einzelner Werkstattbereiche mit der Verwaltung und vor allem den Herstellern/ Importeuren schafft eine zunehmende Gesamtintegration (vgl. Sparrer, 1993, S. T3). Für die Kfz-Betriebe bedeutet dieser zunehmende Einsatz hochkomplexer Diagnosegeräte erhebliche Investitionen. Bei teuren Spezialgeräten erscheint eine gemeinsame Anschaffung mit Partnerhändlern überlegenswert, um diese Geräte besser auszulasten und die Anschaffungskosten aufzuteilen. Eine Alternative wäre auch die Konzentration auf bestimmte Arbeiten bei größeren Autohäusern (z.B. Karosserie-, Klimaanlagen-, ABS-Instandsetzung und Fahrzeugvermessung), wie es schon jetzt z.T. von Fabrikatshändlern erfolgreich praktiziert wird. Zum effektiven Einsatz der modernen, computergesteuerten Werkstattaggregate benötigen die Mitarbeiter im Kundendienst-, Werkstatt-, Teile- und Zubehörbereich regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen. Dabei können die Qualifikationen nicht mehr durch ad hoc-Schulungen vermittelt werden, da die technische Komplexität der Automobile und damit auch der Meß- und Testgeräte weiter zunimmt. Eine detaillierte und frühzeitige Abstimmung zwischen Investitions- und Personalentwicklungsplanung ist daher unerläßlich. Auf die daraus resultierenden zukünftigen Qualifikationsanforderungen für die Beschäftigten wird im folgenden Abschnitt noch ausführlicher eingegangen. 3.2.1.4. Veränderte Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter aufgrund des technischen Fortschritts und der steigenden Kundenbedürfnisse Neue Technologien, Funktionen, Systeme und der steigende Einsatz von vernetzten EDV-Anlagen haben zu erheblich veränderten Berufsinhalten der Kfz-Mechaniker und -Elektriker, des Kundendienstpersonals, der Verkäufer und in der Verwaltung geführt (vgl. Meyer, 1992(a), S. 41). - 100 - Oftmals wird jedoch die Qualifikation der Mitarbeiter nicht im entsprechendem Maße gewürdigt. Die technische Weiterbildung allein genügt nicht. Entscheidende Bedeutung erhält der kommunikative Umgang mit den Kunden, denn die Dienstleistungsgesellschaft der 90er Jahre im Kfz-Gewerbe ist geprägt durch die Werte Beraten, Betreuen und Verkaufen. Deshalb wird der künftige Wettbewerb primär durch die Qualität der Belegschaft entschieden. Nicht nur die im direkten täglichen Kundenkontakt befindlichen Abteilungen bzw. Mitarbeiter (z.B. Verkäufer, Kundendienstpersonal), sondern alle Bereiche (Werkstatt und Teilelager, Rechnungswesen etc.) sollten ihre Arbeit unter der Prämisse verrichten, daß das Erkennen und die Befriedigung der individuellen Kundenbedürfnisse eines der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Erfolgsfaktor für die Unternehmenszukunft bedeutet. Die Auswirkungen der Tätigkeiten auf den Kunden sollten stets berücksichtigt werden (vgl. Görg, 1989, S. 175). Kundenzufriedenheit und damit der Aufbau einer langfristig angelegten Kundenpartnerschaft/ -beziehung ist zum entscheidenden Erfolgsfaktor der Branche geworden. Voraussetzung dafür sind persönliche Kommunikation auf qualitativ hohem Niveau (vgl. Dudenhöffer, 1996, S. 35). Die Fach- und Führungskräfte im direkten Kundenkontakt benötigen neben detaillierten fachlichen Kenntnissen insbesondere persönliche und soziale Kompetenz, um auf die einzelnen Belange, Probleme, Wünsche etc. der Kollegen, Mitarbeiter und Kunden entsprechend eingehen zu können. Zur Verbesserung dieser Fähigkeiten brauchen sie individuell abgestimmte Fortbildungsmaßnahmen mit Themen wie Kommunikationsverhalten, Mitarbeiterführung, abteilungsübergreifendem Denken und Handeln, Kundenumgang, gezieltem Verkaufstraining etc., um die immer individuelleren Kunden- und Personalbedürfnisse erkennen und befriedigen zu können (vgl. Loo/ Radl, 1992(b), S. 72). Den meisten Mitarbeitern im direkten Kundenkontakt fehlen häufig die dazu nötigen fachlichen, persönlichen und Entscheidungs-Kompetenzen zur unmittelbaren, eigenverantwortlichen und individuellen Dienstleistung in komplexen Kundensituationen (vgl. Fuchs, 1989, S. 142f). Entsprechend den veränderten Qualifikationsanforderungen muß für die einzelnen Mitarbeiter in den verschiedenen Unternehmensbereichen jährlich ein persönlicher Weiterbildungsplan erstellt werden. Bedingt durch die demographische Entwicklung, die gestiegenen intellektuellen Arbeitsanforderungen und des schlechten Berufsimages (körperlich belastende, “schmutzige“ Arbeit) wird es zunehmend schwieriger, für das Kfz-Gewerbe qualifizierte und motivierte Auszubildende bzw. Mitarbeiter für die Werkstatt zu finden und zu halten (vgl. Dohrmann, 1990, S. 51; Siewert, 1989, o.S.). Deshalb können trotz vorhandener Arbeitslosenquote die benötigten, qualifizierten Fachkräfte nicht problemlos vom externen Arbeitsmarkt durch Neueinstellungen beschafft werden (vgl. Ackermann, 1989(b), S. 137; Ackermann/Rothenberger, 1987, S. 13). Ein möglicher Lösungsansatz für das Finden und langfristige Binden qualifizierter Fachkräfte liegt in der Entwicklung einer motivierenden Unternehmenskultur und der Formulierung von motivierenden Unternehmenszielen, die nicht nur quantitativ umsatz- bzw. gewinnorientiert sind, sondern die auch - 101 - qualitativ ergebnis- und erlebnisorientiert sind. Anhand solcher Identifikationsaspekte im Unternehmen kann ein echtes "Wir-Gefühl" aufgebaut werden. Nur zufriedene und aufgeschlossene Mitarbeiter können dem Kunden und der Öffentlichkeit glaubhaft vermitteln, wie kunden-, problemorientiert, zuverlässig, freundlich etc. der Betrieb ist. Damit schließt sich der Kreis vom internen zum externen Marketing (vgl. Loo/Radl, 1992(b), S. 75). Aufgrund der oben geschilderten Bedeutung des vorhandenen Personals ist deren Qualifikation und Leistungsmotivation eine der wichtigsten zukünftigen unternehmerischen Aufgaben zur Sicherung des Unternehmenserfolges. 3.2.1.5. Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durch intensivere Zusammenarbeit zwischen den Kfz-Herstellern/-Importeuren und ihren Vertragshändlern Da jahrelang bei einigen Kfz-Herstellern/-Importeuren zur Erreichung eines flächendeckenden Händlernetzes Verträge nach dem sog. “Gießkannenprinzip“ vergeben wurden, kommt es in vielen Ballungszentren zu ruinösen Preiswettbewerben zwischen den einzelnen, speziell markengleichen Autohäusern. In letzter Zeit beginnen einige Fabrikate wie BMW/Rover, VW/Audi, Ford, Opel, und Fiat zur Senkung der erheblichen Vertriebskosten - sie betragen etwa 30 % des Neufahrzeugpreises das Händlernetz zu reduzieren, also "Lean Distribution" zu betreiben. "Schlankere bzw. abgemagerte" Vertriebsnetze - im Zuge von "Lean Management" auf der Herstellerseite - forcieren primär die Bildung größerer Händlerbetriebe (vgl. Simon, 1992(a), S. 44ff). In Ostdeutschland wurden nach Öffnung der innerdeutschen Grenze Anfang der 90er Jahre die gleichen Fehler von den meisten Kfz-Herstellern/-Importeuren wiederholt und zu viele Händler- bzw. Unterhändlerverträge vergeben, obwohl dort die einmalige Chance bestand, ein völlig neues Vertriebsnetz nach strategischen Kriterien aufzubauen (vgl. Simon, 1992(a), S. 48). Einige Automobilproduzenten forcieren die Verkleinerung und qualitative Aufwertung ihres Vertriebsnetzes, indem sie im Zusammenhang mit der neuen GVO und der damit verbundenen Anpassung der Händlerverträge wesentlich höhere Leistungsstandards an die personelle, technische und bauliche Ausstattung der angeschlossenen Kfz-Betriebe setzen. Die damit für viele Autohäuser einhergehenden Investitions- und Umbauaufforderungen können speziell von - meist kleineren Finanzschwächeren nicht mehr erfüllt werden, die dann ausscheiden müssen. Nach Schätzungen des ZDKs werden bis zum Auslauf der GVO im Jahr 2002 etwa 6.000 fabrikatsgebundene Kfz-Betriebe aufgrund von Nachfolge- oder Liquiditätsproblemen aus dem Markt ausscheiden. Allerdings wird sich an der Zahl der für den Kunden sichtbaren Servicepunkte nur wenig ändern. Die Auslese wird vorrangig auf der Eigentümerseite vollzogen, d.h. weniger Unternehmer werden mehrere Autohäuser besitzen (vgl. Creutzig, 1995, S. 37). - 102 - Bei dem weiterhin zu erwartenden Überangebot an Neu- und Gebrauchtwagen sowie aktiver Verkaufsförderung seitens der Kfz-Hersteller/-Importeure (z.B. Inzahlungnahme-/Verschrottungsprämie, Sondermodelle, günstige Leasingangebote) wird es auch in den kommenden Jahren zu erheblichen Preiszugeständnissen kommen. Auf Dauer wird es voraussichtlich den kleineren, kapitalschwächeren Unternehmen kaum alleine (z.B. ohne Kooperationspartner) gelingen, den zunehmend EU-weit geführten Wettbewerb zu überstehen (vgl. Simon, 1992(a), S. 48). Es ist fraglich, ob die heutige Vertriebsform, vorrangig über Vertragshändler, langfristig bestehen bleibt oder ob zukünftig andere Absatzwege wie beispielsweise Vertriebsgesellschaften, Agentursysteme oder sogar Franchising-Ketten eingerichtet werden. Die Kfz-Hersteller/-Importeure müssen erkennen, daß die Kfz-Vertragshändler rechtlich und wirtschaftlich selbständige, unabhängige Unternehmen sind und für beide Seiten eine effektive Zusammenarbeit und Nutzung von Synergieeffekten nur bei optimaler Kombination von Leistung und Gegenleistung gelingen kann (vgl. Creutzig, 1991, S. 24ff). Es darf nicht weiterhin möglich sein, daß die Hersteller/Importeure den Kfz-Betrieben zusätzliche Dienstleistungs- und Serviceangebote zur erhöhten Kundenzufriedenheit aufoktroyieren (z.B. 24 Stunden-Notdienst, Mobilitätsgarantie, kostenlose Ersatzwagen bei Garantiearbeiten, Bring- und Holservice bei Fahrzeugreparaturen), ohne sich an den erheblichen Kosten zu beteiligen. Die von der Forschungsstelle für Automobilwirtschaft der Universität Bamberg seit 1995 jährlich durchgeführte fabrikatsübergreifende Untersuchung der Zufriedenheit im deutschen Automobilhandel kurz: Händlerzufriedenheitsstudie65 (Dealer Satisfaction Index) - belegt, daß das Verhältnis zwischen vielen Kfz-Händlern und ihrem Hersteller/Importeur gespannt ist. Die Studie zeigt auf, daß Händler, die von ihrem Hersteller besonders unterstützt werden i.d.R. mit überdurchschnittlicher Motivation am Markt agieren und sich vorbehaltlos und besonders kundenorientiert für die Produkte des Herstellers/Importeurs einsetzten. Es ist unbestritten, daß durch eine höhere Händlerzufriedenheit die Kunden positiv beeinflußt werden können (vgl. Meunzel, 1995, S. 16). Nur bei vertrauensvoller, loyaler Zusammenarbeit sind die angeschlossenen Vertragshändler auch bereit, ihrem Kfz-Hersteller/-Importeur in rezessiven Zeiten zu helfen. Dies könnte beispielsweise durch zusätzliche Abnahme von Neufahrzeugen über das vertraglich festgelegte Bevorratungskontingent an Ausstellungs- und Vorführwagen hinaus bei zu geringer Produktionsauslastung, Lagerüberhang etc. geschehen. 65 Händlerzufriedenheit repräsentiert die Einstellung des Händlers zu seinem Hersteller/Importeur bzgl. verschiedener Aspekte der Hersteller-Händler-Beziehung. - 103 - Meinig/Heß sehen in den bisherigen Vertriebsverträgen einen Machtüberhang der Hersteller, da die meisten Händlerverträge nur die Pflichten des Vertragshändlers und die Rechte der Kfz-Hersteller/Importeure beinhalten (vgl. Meinig/Heß, 1992, S. 375). Abschließend kann man festhalten, daß die angeschlossenen Händlerbetriebe frühzeitige und umfassende Informationen über die Strategien ihres Herstellers/Importeurs benötigen, wie beispielsweise über künftige Corporate Identity-Programme, EDV-Politik, Gebrauchtwagenstrategien, Teile-, Zubehör- und Kundendienstperspektiven (vgl. Diez, 1994(d), S. 136; Brachat, 1992(a), S. 41), Vertriebsnetzgestaltung, Margenregelung, Leistungsanforderungen etc., um ihre langfristige Unternehmens-, Investitions-, Personalplanung usw. darauf abstimmen zu können. Grundvoraussetzung für diese Effizienzsteigerungen sind Offenheit, Loyalität und die Fähigkeit zu Kritik und Selbstkritik zwischen den beiden vertikalen Vertragsparteien. 3.2.2. Politische Einflußfaktoren 3.2.2.1. Auswirkungen des zunehmenden Ökologiebewußtseins der Bevölkerung Die soziale Verträglichkeit von Produkten bekommt in unserer heutigen Gesellschaft steigende Bedeutung. Unternehmen sehen sich zunehmend gefordert, ihre Produkte und deren Auswirkungen auf die Umwelt zu legitimieren sowie den veränderten Ansprüchen ihrer Mitarbeiter an die Arbeitswelt zu entsprechen (vgl. Krenzer, 1990, S. 15). Noch zu Beginn der 80er Jahre bestand in vielen Gesellschaftsteilen die Ansicht, daß die "grüne Welle" nur eine kurzfristige Zeiterscheinung sein würde und früher oder später von anderen Modethemen abgelöst würde. Meinungsumfragen haben ergeben, daß Umweltprobleme seit Jahren in allen Bevölkerungsschichten eine hohe Priorität einnehmen, unabhängig von der Entwicklung der Arbeitslosigkeit und anderen sozio-ökonomischen Problemen (vgl. Held, 1991, S. 541). Bedingt durch den gesellschaftlichen Wertewandel und die damit einhergehenden verstärkten Diskussionen über Umwelt und Sicherheit lauten seit Anfang der 90er Jahre die vier wichtigsten Anforderungen an den Straßenverkehr und vor allem an das Automobil der Zukunft: a) Optimierter Verkehrsablauf durch "intelligente" Fahrzeugtechniken, Verkehrsleitsysteme, Stauwarnanlagen und Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs (mit Bussen, Bahnen etc.); b) Alternative Antriebssysteme zur Reduzierung der Fahrzeugemissionen (z.B. Abgase, Lärm, Staub) und zur Schonung von Rohstoffen und Ressourcen; c) Vollkommene Wiederverwertbarkeit (Recycelbarkeit) von Altfahrzeugen; d) Verbesserte Sicherheit für Fahrzeuginsassen und Fußgänger. Trotz zunehmender Autofeindlichkeit in der Bevölkerung (“Umweltverschmutzer Nr. 1“, “Dreckschleuder“), steigender Verkehrsdichte, fortlaufend höheren direkten Kfz-Steuern, knapperen und immer teurer werdenden Parkraums, zunehmender Fahrraumbegrenzung bis zu Fahrverboten für - 104 - Innenstädte und Wohngebiete etc. wird es nach dem derzeitigen Stand der Forschung und Entwicklung auch in absehbarer Zeit keine adäquate Alternative zum konventionell angetriebenen Automobil mit Verbrennungsmotor geben. Nur das eigene Automobil erlaubt die gewünschte unbegrenzte Mobilität für unsere freizeitorientierte Gesellschaft. Praktisch steht die Automobilindustrie im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie. Zukünftig muß ein tragbarer Kompromiß zwischen Mobilität, Sicherheit und Umweltbelastung gefunden werden (vgl. Seifert, 1992, S. 88). Jedoch ist evident, daß die Entscheidung der Kunden, einen bestimmten Autotyp zu erwerben, zunehmend in Relation zur Umweltverträglichkeit (z.B. Höhe des Treibstoffverbrauches, recycelbare Materialien) getroffen wird. Das Kaufverhalten wird staatlich forciert durch die Mitte 1997 eingeführte emissionsabhängige Kfz-Steuer, die den Einsatz abgas- und verbrauchsarmer, moderner Kfz mit geregeltem Katalysator nach Euro-Norm gezielt begünstigt. Denkbar ist auch, daß in Zukunft - speziell im Nahverkehrsbereich - anstelle des Automobils auf attraktivere und staatlich noch stärker subventionierte öffentliche Verkehrsmittel gewechselt werden kann oder neue Konzepte wie Car Sharing66, Mobilitätsleasing67 etc. zur Entlastung des Straßenverkehrs und damit der Umwelt stärker zum Tragen kommen. Ob der Fahrzeugabsatz und damit einhergehend das After-sales-Geschäft im Kundendienst-/ Werkstattbereich bundesweit in den kommenden Jahren zurückgeht, stagniert oder sogar ansteigt, hängt neben der ökonomischen Entwicklung in Deutschland insbesondere von den zukünftigen staatlichen Eingriffen durch Verkehrs- und Umweltgesetze (z.B. Verkehrswegeplan der Bundesregierung bis zum Jahr 2010, Höhe der Mineralöl- und Kfz-Steuer) ab (vgl. o.V., 1992(b), S. 1). Die Herausforderung, sich auch als Autohaus dem gestiegenen Umweltbewußtsein der Kunden zu stellen und Lösungen anzubieten, wird in Zukunft das Image68 der Branche und des einzelnen KfzBetriebes entscheidend beeinflussen. Dazu gehört vorrangig der Umgang mit der Vielzahl von Abfällen, Abwässern, Gefahrstoffen etc., die vor allem in der Werkstatt auftreten. 66 Beim Car Sharing, also der gemeinschaftlichen Nutzung eines Fahrzeug-Pools durch mehrere Personen, teilen sich mehrere Mitglieder einer entsprechenden Organisation eine Anzahl von Fahrzeugen, die je nach Bedarf genutzt werden können. Die Kosten für die Anschaffung sowie bestimmte (fixe) Betriebskosten (z.B. Kfz-Steuer, Versicherung, Garagenmiete) können dadurch für den Einzelnen erheblich reduziert werden. Nach ersten Erfahrungen ist das Autoteilen insbesondere für Autofahrer interessant, die ihr Automobil nicht regelmäßig benötigen und jährlich maximal 7.000 km zurücklegen (vgl. Diez, 1994(g), S. 269f; Woyke, 1991, S. T3). Mittlerweile planen auch die meisten namhaften Autovermietgesellschaften (z.B. Europcar, Hertz, Sixt) sowie der ADAC, das Car Sharing in ihr Angebotsprogramm aufzunehmen. 67 Beim Mobilitätsleasing kann der Autofahrer mit Hilfe einer Chip-Karte (unterschiedliche Kategorien wie Standard, Silber, Gold sind denkbar) entweder eine komfortable Reiselimousine, einen Stadtwagen mit Elektroantrieb mieten oder die U-Bahnkarte bezahlen. Somit würden die Mobilitätskosten verursachungsgerecht verteilt, und man kann das jeweils verwendungsoptimale Verkehrsmittel benutzen. Ferner gäbe es praktisch kein Parkplatzproblem, da die Fahrzeuge speziell in Großstädten zentral wieder abgegeben werden könnten (vgl. Feth, 1991, S. T3). 68 Ein Image gibt die subjektiven Ansichten und Vorstellungen in den Köpfen von Personen über Produkte, Gegenstände oder Leistungen wieder. Es wird gebildet aus einzelnen Einstellungen gegenüber bestimmten Produkten, Meinungsgegenständen usw. (vgl. Kroeber-Riel, 1984, S. 190). - 105 - Aufgrund der Komplexität der verschiedenen Rechtsvorschriften zur umweltgerechten Sammlung und Entsorgung von Abfällen und Reststoffen, die im Kfz-Gewerbe Anwendung finden, benötigen die KfzBetriebe die Beratung und Unterstützung der Innungen, Verbände, der Technischen Überwachungsvereine (TÜV) oder anderer diesbezüglich tätiger Institutionen (z.B. Aral/Lueg Umweltschutz GmbH). Allein auf sich gestellt sind die Kfz-Unternehmer mit dieser Vielzahl an Verordnungen meist überfordert (vgl. o.V., 1991(d), S. 1612); zudem werden die Vorschriften ständig novelliert und geändert. Die systematische Überprüfung aller Einkaufspositionen im Kfz-Betrieb und ihr Ersatz durch umweltfreundlichere Verfahren und Produkte ist eine der essentiellen Forderungen für die kommenden Jahre. In vorbeugenden Schadstoffmessungen und sicheren Entsorgungen sowie in der Verpflichtung, Umweltschutz als Herausforderung aufzufassen, und in allen Unternehmensbereichen ökologische Aspekte zu berücksichtigen, besteht zukünftig ein besonderer Profilierungsbereich. Der Schutz des natürlichen Lebensraums, der Schutz von Boden, Wasser und Luft ist inzwischen allen Menschen ein besonderes Anliegen. Ein entscheidender Aspekt ist dabei die Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeiter für betriebliche Umweltprobleme. Von der Führungsebene bis zum Praktikanten ist ein durchgängiges Verständnis für die Bedeutung des konsequenten Umweltschutzes für Unternehmen und Gesellschaft erforderlich (vgl. Gege, 1991, S. B8). Dem Kfz-Unternehmer und seinen Mitarbeitern obliegt es, den Kunden aufzuzeigen, was in dem Betrieb in den einzelnen Abteilungen - nicht nur im Werkstattbereich - für den Umweltschutz geleistet und wie umweltorientiert gearbeitet wird. Zur Darstellung gegenüber den Kunden, Lieferanten, Behörden etc. empfehlen sich das Qualitätssicherungssystem nach DIN ISO 9000 ff und die Öko-Auditierung zu absolvieren; nähere Erläuterungen zu diesen Zertifizierungen siehe Kapitel 3.4.1.4.2. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der betriebliche Umweltschutz in den kommenden Jahren aufgrund des gestiegenen Ökologiebewußtseins der Bevölkerung ein besonderer Profilierungsaspekt der Kfz-Betriebe sein wird. Umweltorientierung wird demnach als eine weitere wichtige Managementfunktion mit wachsender Bedeutung für den Unternehmenserfolg angesehen (vgl. Bennigsen-Foerder, 1988, S. 41; Held, 1991, S. 540f; Kreikebaum, 1993, S. 40). 3.2.2.2. Konsequenzen des EG-Binnenmarktes und speziell der Europäischen Währungsunion Von den über 280 Gesetzesvorhaben des sog. Weißbuches69 haben die Mitgliedsländer bis Anfang 1995 etwa 90 % der gemeinsam beschlossenen “europäischen Gesetze“ in nationales Recht umgesetzt. Während im Bereich Kraftfahrzeuge und Verkehr die entsprechenden Regelungen EU-weit in Kraft 69 Durch die Richtlinien im Weißbuch identifiziert die EG-Kommission die Bereiche, die für die Erstellung eines gemeinsamen Europäischen Binnenmarktes von ausschlaggebender Bedeutung sind (vgl. Kayser, 1992, S. 244). - 106 - gesetzt worden sind (vgl. Mitteilung der Europäischen Kommission, 1995, S. 12), bestehen immer noch einige Hemmnisse bei der Harmonisierung des EG-Binnenmarktes, wie die gemeinsame Währungs- und Wirtschaftsunion (voraussichtlich ab Januar 1999), einheitliche Besteuerung (z.B. Mehrwert-, Einkommens-, Verbrauchssteuer), äquivalente Arbeitgeber-/Arbeitnehmer-Beziehungen, die unterschiedlichen Regelungen bei der Mitbestimmung der Mitarbeiter bzw. des Betriebsrates, abweichende Umweltvorschriften, Abbau bestehender Marktzugangsbeschränkungen u.a.m. (vgl. Drumm/Böcker, 1990, S. 1; Stabenow, 1992, S. 15). Eine Sonderregelung der Besteuerung gilt für Kraftfahrzeuge, Teile und Zubehör. Danach unterliegt beim grenzüberschreitenden Handel mit Neuwagen, sowohl für gewerbliche Abnehmer als auch für Privatpersonen, die Umsatzsteuer dem Bestimmungsland-Prinzip. Sie gilt auch für Gebrauchtwagen70, wenn der Käufer ein Unternehmer ist. Beim privaten Gebrauchtwagen- sowie Teile- und Zubehörkauf kommt hingegen das Ursprungsland-Prinzip - entsprechend dem dort gültigen nationalen Umsatzsteuersatz - zum Tragen (vgl. Fuchs, 1992, S. 10; Simon, 1993, S. 13). Die bestehenden Preisdifferenzen nutzen Grauimporteure71 und fabrikatsungebundene EU-Autovermittler72 (legalerweise) aus zu Re-Importen (vgl. Creutzig, 1993, S. 19). Allein im Jahre 1993 wurden ca. 200.000 sowie 1995 etwa 300.000 Neuwageneinheiten in Deutschland wieder eingeführt und für 1997 werden ähnliche Stückzahlen prognostiziert (Zahlenangaben laut ZDK, 1997). Wiederum sind alle autorisierten Kfz-Betriebe (Vertragshändler, Niederlassungen etc.) nach Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 der neuen GVO verpflichtet, auch bei grauimportierten Neufahrzeugen aus einem EUMitgliedsland jegliche Garantie-, Kundendienstleistungen und Rückrufaktionen durchzuführen (vgl. Mitteilung der Europäischen Kommission, 1995, S. 15). Die Mitte 1995 in Kraft getretene modifizierte GVO empfiehlt den einzelnen fabrikatsgebundenen KfzHändlern nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 7 durch Neuwagen-Quereinkäufe (sog. Eigenimporte) bei Markenkollegen im EU-Ausland (z.B. Dänemark, Italien, Spanien), ebenfalls die unterschiedlichen Werksabgabepreise der Automobilhersteller zu nutzen. Auch der Händlervertrag berechtigt sie dazu, bei Partnerbetrieben innerhalb der EG einzukaufen, wo es für sie am preisgünstigsten ist. 70 Die EU-Kommission hat als Bewertungsgrundlage für Gebrauchtwagen folgende Kriterien festgelegt: Das Kfz muß wenigstens sechs Monate zugelassen (gewesen) sein oder einen Mindestkilometerstand von 6.000 km aufweisen. Andernfalls gilt das Fahrzeug als Neuwagen und wird dann entsprechend dem Bestimmungslandprinzip besteuert. 71 Bei (illegalen) Grauimporteuren handelt es sich um markenungebundene Händler, die gewerbsmäßig im eigenen Namen und auf eigene Rechnung fabrikneue Kraftfahrzeuge von fabrikatsgebundenen Händlern im EU-Ausland erwerben und sie an Endverbraucher in einem anderen Land weiterverkaufen (vgl. ZDK, 1994, S. 87). 72 Die freien EU-Autovermittler bzw. -makler wurden durch die EG-Kommission aufgrund der "Klarstellungen über die Tätigkeit von Kraftfahrzeugvermittlern" legitimiert. Diese markenungebundenen Händler kaufen im Einzelfall oder gewerbsmäßig im Namen und auf Rechnung eines Endverbrauchers fabrikneue Fahrzeuge im EG-Ausland von einem fabrikatsgebundenen Händler (vgl. ZDK, 1994, S. 87). - 107 - Dieses für viele herstellertreue Autohäuser ruinöse Re-Importgeschäft könnte weitgehend von den Fahrzeugherstellern/-importeuren eingedämmt werden, wenn die Ursache für die Parallelimporte, nämlich die unterschiedlichen Händlereinstandspreise vor Umsatzsteuer in den einzelnen EU-Staaten speziell für Neuwagen sowie die Fahrzeugüberproduktion eingedämmt würde. Kein Kfz-Händler würde Neufahrzeuge mit einer geringeren Marge ins Ausland exportieren, wenn er nur mit so vielen Fahrzeugen beliefert würde, wie er in seinem Marktverantwortungsgebiet absetzen kann. Der EUKommission ist diese Überbelieferung der Märkte recht, denn sie bietet dem Verbraucher preisgünstige Neufahrzeuge, ohne daß die Sicherheitsinteressen der Kunden angesichts des vorhandenen dichten Servicenetzes gefährdet werden. Gerade für Unternehmer-/Geschäftsführer(-nachfolger) ist es wichtig, sich frühzeitig mit dieser veränderten Wettbewerbskonstellation im EU-Markt auseinanderzusetzen, denn wenn sich die politischen (z.B. Eindämmung der Währungsturbulenzen innerhalb der EU, Übergang zum Bestimmungslandprinzip auch bei der Umsatzsteuer für Neuwagen) und hersteller-/importeurseitigen Rahmenbedingungen nicht kurzfristig ändern - damit ist im Augenblick nicht zu rechnen - bedarf es u.a. einer Internationalisierung des Einkaufs. Dies kann entweder, bei entsprechender Unternehmensgröße und Kapitalausstattung, allein erfolgen oder als Mitglied in einem international tätigen Einkaufsverbund. Dabei muß sich der Zukauf nicht nur auf Neu- und Gebrauchtwagen beschränken, sondern kann ausgeweitet werden auf Ersatzteile, Reifen, Zubehör etc., die oftmals in anderen EU-Ländern oder als sog. Zweitmarke bei Automobilzulieferern wesentlich preisgünstiger bezogen werden können. Diesbezügliche interessante Ansätze gibt es bereits seit einigen Jahren in einigen Händlerorganisationen (z.B. Techno Einkaufsverbund für Automobilzubehör, VolkswagenAudi-Partner-Service GmbH (VAPS) für EDV-Ausrüstung, Büroeinrichtungen, Mineralöl und Autovermietung). Grundlage für die Europäische Währungsunion (EWU) ist der Maastrichter Vertrag, der im November 1991 von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) geschlossen wurde und der eine stufenweise Einführung einer einheitlichen europäischen Währung, dem “Euro“ (ursprünglich “ECU“), zwischen 1996 und 2002 vorsieht (vgl. Bilitza, 1996, S. 9f). Danach beginnt am 01. Januar 1999 die Europäische Währungsunion, wenn mindestens zwei Länder die Eintrittsvoraussetzungen, die sog. “Konvergenzkriterien“73 erfüllen. Sie gelten als Meßlatten für eine solide Wirtschaftspolitik, die den Finanzmärkten die Stabilität des künftigen Euro signalisieren und die den reibungslosen Beginn der Währungsunion sicherstellen sollen. Zur Beurteilung werden im Bezugsjahr 1997 drei monetäre (Inflationsrate, langfristiger Zinssatz, Wechselkursstabilität) und zwei fiskalische (staatliche Neuverschuldung, Schuldenstand) Kriterien herangezogen. Außerdem hat der Europäische 73 Mit dem Begriff “Konvergenz“ wird sich (an)nähern, zusammenlaufen, denselben Zielen zustreben oder übereinstimmen bezeichnet (vgl. Bilitza, 1996, S. 41 oder allgemeiner ausgedrückt, das Annähern der volkswirtschaftlichen Ergebnisse (vgl. Weixner/Wimmer, 1997, S. 37). - 108 - Rat bei seiner Entscheidung einige Ermessensspielräume, insbesondere bei den kritischen fiskalischen Kriterien (vgl. Bilitza, 1996, S. 41ff; Diez/Körber-Weik, 1996, S. 25). Die Kriterien dürfen nicht nur die Zulassungsbedingung zur gemeinsamen Währung sein, sondern es muß danach fortlaufend überprüft werden, ob die Mitglieder sie weiterhin einhalten. Von der Bundesregierung wurde vorgeschlagen einen sog. “Stabilitätspakt“ einzurichten, in dem detailliert festgehalten wird, welche Restriktionen Länder zu erwarten haben (z.B. Strafabgaben), die die Kriterien nicht mehr erfüllen (vgl. Bilitza, 1996, S. 41; Hochrebe, 1996, S. 10; Weixner/Wimmer, 1997, S. 50). Den endgültigen Beschluß über den Beginn der EWU fällt der Europäische Rat im Frühjahr 1998 (vgl. Bilitza, 1996, S. 53; Weixner/Wimmer, 1997, S. 50). Bisher ist keinesfalls gesichert, ob bis 1999 tatsächlich genügend Teilnehmerländer die insgesamt fünf Zulassungskriterien für das Bezugsjahr 1997 erfüllen, um eine Währungsunion sinnvoll zu gestalten und ob sich bis dahin die EU-Bürger mit dem neuen Eurogeld einverstanden erklären (vgl. Weixner/Wimmer, 1997, S. 10). Das Vertrauen in die Währungsunion darf nicht untergraben werden, wenn sie funktionieren soll. Deshalb wird die Währungsunion mit einem relativ kleinen Kreis stabiler Länder starten. Aus wirtschaftlichen und politischen Gründen müssen ihm - neben dem Hauptkandidaten Luxemburg - sowohl einige große Länder (z.B. Deutschland, Frankreich) als auch kleinere und mittlere Staaten (z.B. Niederlande, Belgien, Österreich, Finnland) angehören. Nach dem Start ist es dringend erforderlich, daß die Europäische Zentralbank (EZB) eine stabilitätsorientierte Geldpolitik betreibt (vgl. Diez/KörberWeik, 1996, S. 25f). Es wird bezweifelt, daß das europäische Zahlungsmittel so stabil sein wird wie bisher die D-Mark (vgl. Bilitza, 1996, S. 9; Weixner/Wimmer, 1997, S. 74). Mit der einheitlichen Währung entfallen die Umtauschkosten und die Wechselkursrisiken, die den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen im EU-Binnnemarkt derzeit noch erheblich einschränken. Dadurch kommt es zu Kostenreduktionen, Effizienzsteigerungen durch eine vertiefte internationale Arbeitsteilung, verschärftem Wettbewerb mit Preissenkungen sowie Steigerungen von Qualität und Innovation. Ferner wird eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der EU, besonders gegenüber Japan und den USA, prognostiziert. Außerdem entstehen leistungsfähigere Finanzmärkte mit niedrigeren Zinsen, die Investitionen und Wachstum fördern. Zudem steigt das europäische Gewicht in internationalen Verhandlungen, je mehr Länder sich für die Währungsunion qualifizieren (vgl. Bilitza, 1996, S. 25ff; Diez/Körber-Weik, 1996, S. 26; Weixner/Wimmer, 1997, S. 64ff). Durch die Festlegung des Umrechnungskurses der D-Mark zum Euro wird ab 1999 in gemeinsamer Währung gerechnet; ab diesem Zeitpunkt gelten feste Wechselkurse. Von da ab müssen übergangsweise doppelte Preisauszeichnungen erfolgen (vgl. Bilitza, 1996, S. 55; Weixner/ Wimmer, 1997, S. 7). - 109 - Mit der marktgesteuerten Umstellung des Buchgeldes vom 01.01.1999 bis 01.01.2002 geht gleichzeitig die Verantwortung für die gemeinsame Geldpolitik von den nationalen Notenbanken auf die unabhängige Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main über. Alle geldpolitischen Transaktionen werden dann in Euro gerechnet (vgl. Weixner/Wimmer, 1997, S. 50). Im Zeitraum von 6 Monaten, d.h. vom 01.01. bis 30.06.2002 erfolgt die endgültige Einführung der neuen Währung (vgl. Bilitza, 1996, S. 57). Das bedeutet: - Banknoten und Münzen werden ausgetauscht, - der Euro wird zum alleinigen Zahlungsmittel, - die Umstellung der Banken und des Finanzsystems ist abgeschlossen. Alle Zahlungsmittel (Überweisungen, Schecks, Kreditkarten) werden zusammen mit den inländischen Zahlungsverkehrssystemen auf den Euro eingestellt, - der private Nichtbankensektor verwendet bei allen Transaktionen nur noch den Euro (vgl. Bilitza, 1996, S. 57ff). Mit dem Abschluß der Währungsumstellung bis spätestens 01. Juli 2002 erfolgt die endgültige Umstellung der öffentlichen und privaten Haushalte sowie der Unternehmen auf den Euro (vgl. Weixner/Wimmer, 1997, S. 51) und die vielfältigen nationalen Währungen innerhalb der EU werden abgelöst. Ab dem 01.07.2002 hat dann die D-Mark keine (Zahlungs-)Funktion mehr. Nach einer Untersuchung der EU-Kommission haben sich bis Mitte 1997 maximal 10 % der mittelständischen Unternehmen in den Mitgliedsländern der Europäischen Union auf die Einführung der Währungsunion am 01. Januar 1999 vorbereitet (vgl. o.V., 1997(e), S. 17). Für mittelständische Unternehmen, die primär im Inland tätig sind, empfiehlt sich die vollständige Umstellung erst ab 2002, wenn die einheitliche europäische Währung eingeführt wird. Dadurch können die Kosten für Übergangslösungen eingespart werden (z.B. gleichzeitige Verwendung der nationalen und europäischen Währung) (vgl. Bilitza, 1996, S. 68). Aus diesem o.a. volkswirtschaftlichen Szenario lassen sich folgende Konsequenzen für die Automobilwirtschaft ableiten: Für die an der Währungsunion beteiligten Ländern, den sog. “Ins“, wird es zu einer Preisharmonisierung kommen. Preisdifferenzen zwischen den Mitgliedsländern wären allenfalls noch in Höhe der Transportkosten möglich. Somit könnte es in der EU bzgl. des Werksabgabepreises den vom Vertragshandel lange geforderten einheitlichen “Euro-Preis“ für Automobile mittelfristig tatsächlich geben, wodurch das Grau-Importgeschäft unwirtschaftlich und stark eingedämmt würde. Dafür spricht auch die Tendenz zur Vereinheitlichung der Steuersätze, die sich mit der Währungsunion noch verstärken wird. Zwar ist es möglich, daß es in einem einheitlichen Währungsgebiet unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gibt, wie das Beispiel der Vereinigten Staaten zeigt. Mit einer einheitlichen Währung steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit an, daß der Konsumtourismus bei sehr stark abweichenden Bruttopreisen erheblich zunimmt. Daher gibt es dann nur zwei Alternativen: Entweder - 110 - Übergang zum Ursprungslandprinzip, was Länder mit einem hohen Mwst.-satz im internationalen Wettbewerb behindert oder eben Angleichung der Mwst.-sätze (vgl. Diez/Körber-Weik, 1996, S. 26). Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Harmonisierung der Fahrzeugpreise auf dem niedrigsten Niveau der beteiligten Länder stattfinden wird. Dafür spricht die Intensität des Wettbewerbs, die auch in einer europäischen Währungsunion bestehen wird. Kein Hersteller wird aufgrund der Marktanteilsverluste willens und in der Lage sein, die Preise in den Niedrigpreismärkten anzuheben. Umgekehrt werden aus dem gleichen Grund aber alle Hersteller Preissenkungen in den Hochpreisländern durchführen müssen (vgl. Diez/Körber-Weik, 1996, S. 26f). Für die deutschen Automobilhändler bedeutet dies als Hochpreismarkt eine z.T. erhebliche Reduzierung der Einstandspreise. Im gleichen Maße sinken allerdings auch die Gebrauchtwagenpreise. Deshalb sollte jeder deutsche Kfz-Händler vor der Realisierung der Währungsunion Rückstellungen für vorhandene Neu- (Ausstellungs-, Lagerwagen) und Gebrauchtwagenbestände bilden (vgl. Diez/Körber-Weik, 1996, S. 27). Zusammenfassend ist festzuhalten, daß sich die Situation auf dem deutschen Automobilmarkt mit der Realisierung der EWU verbessert und der Grau-Importmarkt stark rückläufig sein dürfte. Problematisch ist allerdings während der Umstellungsphase, das sie mit Preissenkungen in Deutschland verbunden sein wird, die Wertberichtigungen auf beiden Seiten erforderlich machen. Nur durch eine rechtzeitige Anpassung der vorhandenen Software und eine gründliche Qualifizierung der Mitarbeiter werden sich auftretende Probleme bei der Währungsumstellung reduzieren lassen (vgl. Bilitza, 1996, S. 67). 3.2.3. Kulturelle Einflußfaktoren 3.2.3.1. Demographische Veränderungen Während der Anteil der jungen Menschen in Westdeutschland aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge seit Mitte der 60er Jahre (sog. Pillenknick) stark rückläufig ist, erhöht sich aufgrund der wesentlich besseren Ernährung, Gesundheits-, Kranken-, Altersversorgung etc. die Lebenserwartung der älteren Bevölkerung (derzeitige durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen fast 80 Jahre und für Männer über 73 Jahre) fortlaufend. Ferner ist durch die zunehmende Zahl der Einwanderer aus verschiedenen Ländern (seit Anfang 1990 etwa 3,4 Mio. Menschen) ein nicht erwarteter Anstieg der Privathaushalte zu verzeichnen (vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 32ff; Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997). Inwieweit sich diese Entwicklungen fortsetzen, hängt u.a. von den staatlichen Eingriffen und Reglementierungen (Gesetze über Einwanderungsbedingungen, Ausländerfragen usw.) ab. Diese veränderten Konstellationen führen längerfristig zu einer zwar weitgehend konstanten, aber älteren und multikulturellen Bevölkerung (vgl. Weber, 1990, S. 14). Im Jahre 1995 betrug der Anteil der Bevölkerung über 50 Jahre etwa 45 % der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung (ca. 82,0 Mio.) und - 111 - dieser Anteil steigt in den kommenden Jahren weiter an (Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997). Der hohe Anteil der Bevölkerung über 50 Jahre stellt aufgrund ihrer Kaufkraft eine besonders zu beachtende Zielgruppe dar. Sie wird wegen ihrer hohen Einkünfte aus Renten und Versicherungen sowie ihres erheblichen Sparvermögens von allen Wirtschaftszweigen (z.B. Tourismus-, Automobilbranche) zunehmend umworben (Stichwort: Senioren-Marketing). Um bei diesen sog. Senioren/innen erfolgreich zu sein, genügt es nicht, wenn die Kfz-Hersteller/-Importeure besonders komfortable, leise, sichere und leicht bedienbare Fahrzeuge produzieren, vielmehr müssen die einzelnen Kfz-Betriebe ihre Verkaufs- und Kundendienstberater so auswählen, daß sie auch älteren Menschen Verständnis entgegenbringen und sich auf deren Wünsche und Bedürfnisse einstellen können. Das geschieht am besten dadurch, daß im direkten Kundenkontakt auch ältere Mitarbeiter eingesetzt werden, denn es fällt zwischen etwa Gleichaltrigen sicher leichter, Kontakte zu knüpfen, als zwischen Menschen mit großem Altersunterschied. Für langfristige Personalplanungen sollte deshalb auf die unterschiedliche Altersstruktur der Mitarbeiter in den kundennahen Bereichen besonders geachtet werden. Ähnliches gilt für Ausländer als Zielgruppe. Bei einem starken ausländischen Kundenstamm ist es durchaus hilfreich, wenn mindestens ein Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt gleicher Nationalität ist, deren Sprache spricht und Kultur kennt. Demgegenüber hat der sinkende Anteil der Erwerbsfähigen zwischen 15 und 25 Jahren an der Gesamtbevölkerung (1987 ca. 10 Mio. = 13 %, 1992 etwa 8,5 Mio. = 10 % und für das Jahr 2000 nahezu 7 Mio. prognostiziert = ca. 9 % - Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997) zu einer zunehmenden Verknappung qualifizierter Auszubildender auch im Kfz-Gewerbe geführt. Um die Nachwuchssorgen zu reduzieren, werden beispielsweise seit Ende der 80er Jahre zunehmend Betriebspraktika und -besichtigungen für Schüler angeboten sowie weibliche Azubis in der Werkstatt, im Teilelager und Verkauf eingestellt. Im Augenblick befindet sich die Bundesrepublik in einer gespaltenen Arbeitsmarktsituation. Trotz der bundesweit in 1996/97 je nach Jahreszeit zwischen 4,0 und 4,5 Mio. Arbeitslosen - neben den ca. 3 Mio. im erwerbsfähigen Alter, die staatlich geförderte, befristete Umschulungs-, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen absolvieren, sich im Vorruhestand befinden oder bereits von der Sozialfürsorge getragen werden (vgl. Kaps, 1997, S. 13) - besteht ein ständiger Arbeitskräftemangel bei Fach- und anderen umfassend ausgebildeten Arbeitskräften. Den meisten Erwerbslosen fehlen die am Arbeitsmarkt nachgefragten Qualifikationen, deren Anforderungen aufgrund des Einsatzes neuer Technologien in vielen Berufsfeldern noch zunehmen werden (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 263). Deshalb wird es trotz der relativ hohen Arbeitslosigkeit zukünftig noch schwieriger, qualifizierte Kräfte vom externen Arbeitsmarkt zu rekrutieren (vgl. Ackermann, 1989(b), S. 137). Aufgrund dieser demographischen und Arbeitsmarkt-Entwicklungstendenzen wird zukünftig die erwerbstätige Bevölkerung, die 1997 im Jahresdurchschnitt in Deutschland nahezu 35 Mio. Menschen - 112 - betrug, einschließlich ca. 3,0 Mio. ausländischer Arbeitnehmer (Zahlenangaben laut Statistischem Bundesamt, 1997), im Durchschnitt älter. Sie wird qualifizierter sein und der Frauen-, als auch der Ausländeranteil an den Erwerbstätigen wird weiter ansteigen (vgl. Weber, 1990, S. 14). Diese prognostizierte Alters- und Erwerbsstruktur in Deutschland kann sich allerdings durch einen weiter anhaltenden Zustrom junger, erwerbsfähiger Ausländer verschieben. Durch diese erwarteten Veränderungen sind die Unternehmen gezwungen, im Rahmen der Personalentwicklung den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften durch betriebliche Bildungsmaßnahmen auszugleichen. Dies erfordert spezielle Angebote seitens der Arbeitgeber, z.B. durch Qualifizierung der Älteren, Frauen und Ausländer, familiengerechte Arbeitszeiten, Einbeziehung der Mitarbeiter in die berufliche Weiterbildung und berufliche Entwicklung etc. (vgl. Engelen-Kefer, 1990, S. 48). 3.2.3.2. Wertewandel Seit Mitte der 60er Jahre haben sich im Zusammenhang mit den ökonomischen, demographischen und technologischen Wandlungen sowie der dadurch bedingten veränderten Lebenssituation erhebliche Verschiebungen in den Denkstrukturen und im Wertgefüge der Menschen in allen hochentwickelten westlichen Industrienationen ergeben (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 265). Die traditionellen (bürgerlichen) Werte und Tugenden (z.B. Disziplin, Fleiß, Pflichterfüllung, Pünktlichkeit, Ordnungs-, Leistungs-, Anpassungsbereitschaft) haben bei vielen Arbeitnehmern an Bedeutung verloren. Insbesondere höherqualifizierte, besserverdienende Erwerbstätige präferieren sog. postmaterialistische Werte wie Arbeitsfreude ("Spaß-Arbeit"), gutes Betriebsklima74, anregende und abwechslungsreiche Tätigkeit, Mitsprache und -bestimmung, Teamarbeit, lebenswürdige Umwelt, Freizeitorientierung, Selbstverwirklichung, Identifikationsmöglichkeiten mit den Produkten und Leistungen, Sinnhaftigkeit der übertragenen Aufgaben etc. (vgl. Berthel, 1995, S. 110; Töpfer, 1989, S. 43; Wagner, 1991, S. 27; Zander, 1992, S. 389f). Die Unternehmen müssen sich verstärkt bemühen, auf die (individuellen) Bedürfnisse und Wünsche der Arbeitnehmer aktiv einzugehen (z.B. flexible Arbeitszeiten, umfassende Informationen, flachere Hierarchiestrukturen, Freiräume für eigene Entscheidungsbereiche, partizipatives Führungsverhalten) und sie weitgehend mit den sachlichen Unternehmenszielen abstimmen. Nur so kann die Wirtschaft flexible Beschäftigte erhalten, die in der Lage und bereit sind, traditionelle Werte und Tugenden mit Neuem zu verknüpfen und die lernbereit und motiviert sind, sich den fortlaufenden Änderungen zu stellen (vgl. Opaschowski, 1991, S. 50; Zander, 1992, S. 390). 74 Das Betriebsklima bezeichnet die Einstellungen und Bewertungen der Belegschaft gegenüber dem Unternehmen. Es wird stark geprägt durch den Führungsstil, das Informationswesen, die Arbeitsmotivation, -zufriedenheit, das Verhältnis der Kollegen untereinander, die Karriere-, Fortbildungsmöglichkeiten etc. (vgl. Rosenstiel, 1990(a), S. 18). Es gehört zu dem unschätzbaren Kapital eines Unternehmens und erlebt im Zuge der wachsenden Bedeutung der Unternehmenskultur eine Renaissance. - 113 - Insbesondere qualifizierte, engagierte Arbeitnehmer möchten nicht als "Untergebene" im Sinne von Befehlsempfängern, sondern im eigentlichen Sinne des Wortes als "Mit-Arbeiter" behandelt werden. Dafür benötigen sie aber zunächst einmal umfassende Informationen, um mitdenken und mitentscheiden zu können (vgl. Töpfer, 1989, S. 42). Andernfalls können sie sich nicht mit den übertragenen Aufgaben identifizieren und somit keine optimale Leistung erbringen (vgl. Wagner, 1991, S. 30). Entscheidungen müssen heutzutage für die Untergebenen sachlich begründet und nachvollziehbar sein (vgl. Krenzer, 1990, S. 15f). Denn nur zufriedene, motivierte und engagierte Mitarbeiter sind in der Lage, die immer anspruchsvolleren Kunden zufriedenzustellen. Vor allem junge Menschen neigen dazu, in ihrem Arbeitsbereich selbständiger und eigenverantwortlicher tätig zu sein, ohne jeden Einzelschritt ihres Handelns gegenüber Vorgesetzten begründen und absichern zu müssen (vgl. Berthel, 1995, S. 111; Zander, 1992, S. 392). Die Einstellung der Mitarbeiter zur Arbeitswelt wird stark geprägt durch die fortlaufend veränderten Arbeitsplatzanforderungen. Während früher vorrangig handwerkliche Kenntnisse und Fertigkeiten notwendig waren, um überwiegend Routineaufgaben zu erfüllen, benötigen die heutigen Führungskräfte, Mitarbeiter und Azubis - durch den zunehmenden Einsatz moderner Technologien und Organisationsformen - höhere, fachübergreifende Qualifikationen wie Flexibilität, Kreativität, Verantwortungsbereitschaft, Teamfähigkeit etc. Ungelernte Personen haben es zunehmend schwerer, einen Arbeitsplatz zu bekommen (vgl. Zander, 1992, S. 391; Zander/Glaubrecht, 1987, S. 5). Durch die zunehmend komplexeren Tätigkeiten kann der Vorgesetzte viele Vorgänge in seinem Bereich gar nicht mehr im Detail kennen und beurteilen. Er muß sich auf seine Spezialisten verlassen und die Teilaufgaben sowie die dafür notwendigen Kompetenzen und die Verantwortung delegieren. Somit schafft der Vorgesetzte gewisse Freiräume zur persönlichen Entfaltung und Selbstverwirklichung der Mitarbeiter. Dies stellt jedoch größere Anforderungen an die Personalführung des Vorgesetzten (vgl. Soltwedel, 1995, S. 13; Zander, 1992, S. 392). Für Führungskräfte hat dies zur Folge, daß die reine formale Autorität zugunsten von Sachkunde und Persönlichkeit in den Hintergrund tritt; ohne diese Kompetenzen wird der Vorgesetzte auf Dauer nicht in der Lage sein, die ihm unterstellten Beschäftigten zu motivieren (vgl. Berthel, 1995, S. 110f; Krenzer, 1990, S. 15f; Zander, 1992, S. 392). Dadurch ergeben sich gewandelte Anforderungen an die Führungsverantwortlichen. Sie müssen den Mitarbeitern im Rahmen der heutigen postmaterialistischen Wertestruktur Arbeitsinhalte anbieten, die ihnen zum einen Spaß und Freude bereiten und in denen sie eine Sinngebung sehen und die zum anderen im direkten Wettbewerb und in Konkurrenz zu Freizeitangeboten stehen (vgl. Opaschowski, 1991, S. 56). Die gleichen Anforderungen, die an die Freizeit gestellt werden (z.B. Abwechslung, Herausforderung, Erfolgserlebnisse), sollen heutzutage auch in der Arbeitswelt vorzufinden sein. Andernfalls sinkt die Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten (vgl. Rosenstiel, 1990(b), S. 137). - 114 - Veränderte Wertvorstellungen stellen auch umfangreiche neue Anforderungen an das Personalmanagement, das ebenfalls in den einzelnen Teilbereichen an die Wandlungen angepaßt werden muß. Standardisierte Motivations-, Entlohnungs-, Führungs- und Personalentwicklungskonzepte sind damit nicht mehr einsetzbar. Personalführung muß damit stärker mitarbeiterorientiert ausgerichtet werden (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 265). Unternehmen, die in der Lage sind, qualifizierten Fachkräften diese Wünsche weitgehend zu erfüllen, haben erhebliche Wettbewerbsvorteile bei der Mitarbeiterakquisition (vgl. Rosenstiel, 1991(d), S. 224). Für das Kfz-Gewerbe bedeutet dieser gesellschaftliche Wertewandel, sich verstärkt zum Dienstleistungsanbieter zu entwickeln. Da sich die Technik und Verarbeitungsqualität der Automobile (z.B. technische Standards, Sicherheitsausstattung, Optik) immer weiter annähern und der einzelne Konsument kaum noch Unterschiede ausmachen kann, verliert das ursprüngliche Produkt an Bedeutung (vgl. Loo, 1991, S. 97). Die Kunden verlangen nicht mehr ausschließlich das eigentliche ("nackte") Produkt, sondern zunehmend die Kombination von Sach- und Dienstleistungen, die ihnen eine individuelle, komplette Problemlösung bietet. Das Unternehmen, das dem Verbraucher den größten Nutzen liefert, wird im härter werdenden Konkurrenzkampf erfolgreich sein. Diese Wettbewerbsvorteile lassen sich allerdings nur erzielen, wenn man die Kundenbedürfnisse frühzeitig erkennt und darauf konsequent reagiert (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 10ff; Lukas, 1991, S. 52). Entscheidender Erfolgsfaktor in Dienstleistungsunternehmen wie Kfz-Betrieben sind die Mitarbeiter. Ihre Ausstrahlung auf die immer anspruchsvolleren Kunden und ihre Dienstleistungsbereitschaft sind ausschlaggebend für die Kundenzufriedenheit und -bindung. Der Wertewandel spiegelt sich auch im Nachfrageverhalten der Fahrzeugkunden wieder. Anstelle der klassischen Automobilwerte wie Vorzeigen von Statussymbolen, Protzigkeit, Großzügigkeit etc. treten vermehrt kompakte Fahrzeuge mit optischer Unauffälligkeit und luxuriöser Ausstattung (z.B. Cabriolets, Mittelklassewagen mit 6 Zylinder-Motor) sowie spezielle Fahrzeuge (z.B. Micro-/Compact Cars für den Stadtverkehr, Großraumlimousinen, Geländewagen) für Beruf und Freizeit. Der Trend geht zum "automobilen Understatement" (vgl. Peters, 1991, S. T4). Der Privatkunde sieht sein Fahrzeug immer stärker als Untermauerung seiner Persönlichkeit, seiner Lebensart bzw. -philosophie ("lifestyle") und damit als “Individualisierungshilfe“. Wesentlich bedeutender als die Bindung bzw. der physische Besitz an einem statusträchtigen Fahrzeugfabrikat ist künftig die Erfüllung konkreter Nutzenerwartungen (vgl. Heß, 1996, S. 55). 3.2.3.3. Verändertes Konsum- und Freizeitverhalten der Bevölkerung Das Konsumentenverhalten hat sich seit den 60er Jahren aufgrund tiefgreifender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Strukturverschiebungen entscheidend gewandelt (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 12; Kruse, 1990, S. 63). - 115 - Die im Durchschnitt sehr wohlhabenden Konsumenten der 90er Jahre sind zunehmend anspruchsvoll und verwöhnt. Sie sehen sich von einer kaum überschaubaren Vielzahl attraktiver Angebote umworben. Ihre Wünsche zielen primär auf etwas Anderes, auf etwas Neues und weniger auf schlichte Gegenstände. Ihre Präferenzen richten sich vornehmlich auf gesteigerte Qualität, höhere Wertigkeit, mehr Komfort und auf die Annehmlichkeiten eines attraktiven Dienstleistungsangebots (vgl. Berg, 1990(a), S. 21). Begehrt werden (individuelle) Erlebnis- und Genußwerte, wie Atmosphäre, Zerstreuung, Ambiente etc. Der Kunde versucht in zunehmendem Maße, sich auch durch die Art seines Konsums als Persönlichkeit darzustellen und zu verwirklichen (vgl. Berg, 1990(a), S. 21). Hier zeigen sich wichtige Trends des Zeitgeistes und Verbraucherverhaltens, auf die sich die Autohäuser zukünftig intensiv einstellen müssen (vgl. Kruse, 1990, S. 63). Die sog. Zusatznutzen (z.B. gediegene Ausstellungsräume, optisch ansprechende Präsentation, kompetente, freundliche und vertrauensvolle Beratung sowie Pröblemlösung) gewinnen bei zunehmender Austauschbarkeit der einzelnen Fabrikate und meist großer Händlernetzdichte als Kaufmotiv und Bestimmungsgrund für die Wahl des Kfz-Betriebes bei steigendem Einkommen und wachsender Freizeit vermehrt an Entscheidungsgewicht (vgl. Berg, 1990(c), S. 54). Das Autohaus muß sich zum Dienstleister in allen Fragen rund um die individuelle Mobilität entwickeln. Die Kundenloyalität, also die Einkaufsstättentreue wird zunehmend geringer, wenn das Unternehmen als "Me-too-Anbieter" angesehen wird bzw. immer größer, wenn es durch individuelle Nutzenstiftung bzw. Bedürfnisbefriedigung rund um das Basisprodukt eine "Unique Selling Proposition" (USP) einnehmen kann (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 29). Die Anforderungen der Kunden an ein Fahrzeug und den Service sind nicht statisch, sondern unterliegen einem ständigen Veränderungsprozeß, je nach aktuellen Bedürfnissen und Wertvorstellungen (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 21f). Beispielsweise unterliegen Serviceleistungen wie Ersatzwagen, Holund Bringservice, angebotene Zeitung oder Kaffee einem Abnutzungs- und Gewöhnungsprozeß und verlieren dadurch auf Dauer ihre (Profilierungs-)Wirksamkeit. Sie werden mit der Zeit zum erwarteten Bestandteil der Gesamtleistung und forcieren dadurch neue Konsumentenansprüche. Die Verbraucher und ihre Präferenzen werden aufgrund ihres Individualisierungsstrebens zukünftig noch unberechenbarer und es wird immer schwieriger, eindeutige Verbraucherverhalten und Kundensegmente festzulegen. Jede Zielgruppe (z.B. junge Käufer, Frauen, Senioren) benötigt eine individuelle Ansprache (vgl. Heß, 1996, S. 54ff). Das erfordert eine weitere Individualisierung und Differenzierung des Angebots durch spezielle (betriebseigene) Sondermodelle, Tuning, Ausstattungspakete, Zubehör, Finanzierungs- und Leasingangebote etc. Durch die sich immer weiterentwickelnden Kommunikationstechnologien bzw. Neuen Medien, wird zukünftig speziell die jüngere, höher qualifizierte Generation, vermehrt Online-Dienste (z.B. Internet, - 116 - Electronic Shopping) nutzen, um sich umfassend über neue Fahrzeuge zu informieren, Preisvergleiche durchzuführen und Probefahrten abzustimmen (vgl. Harbour, 1996, S. 30). Statistisch erfaßbare Größen wie individuelle Kaufkraft oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Bevölkerungsschicht geben heutzutage immer weniger zuverlässige Informationen über die präferierten Produkte und Leistungen dieser Personen. Der Konsument ist vielschichtiger, die Motive seiner Produkt- und Dienstleistungswahl sind häufig unterschiedlich, komplexer und oftmals kaum nachvollziehbar (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 14). Einerseits kauft ein und derselbe Kunde Güter des täglichen Bedarfs (z.B. Lebensmittel, Gebrauchsgüter) überwiegend in großen, niedrigpreisigen, serviceextensiven und anonymen SB- und Verbrauchermärkten auf der Grundlage rationaler Nutzenargumente - Stichwort: Kostensensibilität (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 73; Rubbel, 1991, S. 40). Andererseits erwirbt dieser Kunde hochwertige, erlebnisorientierte, erklärungsbedürftige (Luxus)Güter und Dienstleistungen (z.B. Antiquitäten, Designermöbel, Porzellan, Catering-Service) zunehmend nach den Kriterien Beratungsqualität und Service, wobei der Preis nur sekundäre Bedeutung hat75 Stichwort: Erlebnis-/Luxuskonsum (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 73). Generell ist der heutige Konsument - auch aufgrund der Neuen Medien - wesentlich informierter und preissensibler als früher; er wünscht hohe Qualität zu günstigen Preisen. Die sog. “Schnäppchenjagd“ erfaßt alle sozialen Schichten und immer mehr Branchen (z.B. Elektronik, Mode, Sportartikel, Automobile). Ein Indiz dafür ist auch die steigende Beliebtheit der Bevölkerung für Fabrikverkauf (sog. factory outlets). Nach einer Untersuchung der "Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz" hängt die Kundenzufriedenheit76 mit einem Autohaus nur noch zu 40 Prozent von der Qualität und dem Preis des gekauften Pkws, dafür aber zu 60 Prozent von der Servicequalität77 ab. Insbesondere qualitativ hochwertige Serviceleistungen sind in zunehmendem Maße entscheidend für die subjektiv empfundene Kundenzufriedenheit und schaffen somit einen wichtigen Wettbewerbsvorteil für den jeweiligen Kfz-Betrieb (vgl. Bauer/Müller, 1992, S. 76). 75 Meffert bezeichnet diese stark differenzierten Verbraucheransprüche als “hybrides Konsumentenverhalten“ (vgl. Meffert, 1989, S. 10). 76 Kundenzufriedenheit (consumer/customer satisfaction) ist ein nicht eindeutig quantifizierbarer Faktor, der aus einem Bündel von Einzelfaktoren besteht, die der einzelne Kunde individuell empfindet wie Qualität, Freundlichkeit, Preis -/Leistungsverhältnis etc. (vgl.Bauer/Müller, 1992, S. 78f). Ob ein Kunde zufrieden ist, richtet sich vorrangig nach seinem subjektiven Empfinden, inwieweit seine jeweiligen Erwartungen erfüllt wurden. Kundenzufriedenheit steht im direkten Zusammenhang mit Kundenloyalität (vgl. Müller, 1991, S. 42). 77 Servicequalität setzt sich aus Nutzen- und Kostendimensionen zusammen. Bleiben die subjektiv wahrgenommenen Serviceleistungen hinter den Kundenerwartungen zurück, entsteht Unzufriedenheit. Eine erwartungsentsprechende Leistung bewirkt Zufriedenheit; demgegenüber bewirkt ein deutliches Übertreffen der Kundenerwartungen erhöhte Kundenzufriedenheit (vgl. Müller, 1991, S. 42). - 117 - Erstklassige Wartungen und Reparaturen werden vom Kunden mittlerweile vorausgesetzt. Erst die Service- und Prozeßqualität sind entscheidende Kriterien für die Kundenzufriedenheit und -bindung. Fabrikatshändler benötigen innerhalb ihrer Organisation klar strukturierte, stringente Konzepte, die von allen Markenkollegen bzgl. persönlicher Kontaktqualität, Standardgesprächsführung und -begrüßung, Einrichtungs- und Gestaltungsbereich etc. auf gleichbleibend hohem Qualitätsniveau und zu gleichen Preisen bei allen Vertragspartnern (sog. markenspezifisches Produkt-Dienstleistungsbündel) umgesetzt werden (vgl. Dudenhöffer, 1996, S. 34ff). Nicht die Differenzierung der Partnerhändler ist entscheidend, sondern die Differenzierung der Händler unterschiedlicher Fabrikate (vgl. Dudenhöffer, 1996, S. 38). Unabhängig von den mittlerweile von fast allen Kfz-Herstellern/-Importeuren für die ihnen angeschlossenen Vertragshändler durchgeführten Kundenzufriedenheitsstudien sollte jeder Kfz-Betrieb ein aktives Kundenbeschwerden-Management einrichten. Obwohl diese Beschwerden kein repräsentatives Bild der Kunden-(un-)zufriedenheit vermitteln, sind sie doch als mögliche Frühindikatoren für eine Verschlechterung der Kundenzufriedenheit von Bedeutung. Nach dem Kauf eines Neu- oder Gebrauchtwagens oder nach einem Werkstattbesuch sollte der Kunde angerufen und auf mögliche Mängel oder Unzufriedenheiten angesprochen werden (Stichwort: Telefonreport) (vgl. Diez, 1994(d), S. 147). Wichtig für die Unternehmensführung ist, daß aus den Ergebnissen dieser Kundenbefragungen eine umsetzungsorientierte Ursachenforschung zur verbesserten Kundenzufriedenheit durchgeführt wird, um das Dienstleistungsbewußtsein und die Kundenorientierung der Mitarbeiter zu verbessern. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muß ein Unternehmen in der Lage sein, neue Kunden hinzuzugewinnen und vor allem Stammkunden zu binden. Die Unternehmen können die steigenden Ansprüche nur erfüllen, wenn sie kontinuierliche Prozeßverbesserung betreiben und alle nicht wertsteigernden Tätigkeiten der Wertschöpfungskette beseitigen (vgl. Hinterhuber, 1993, S. 14). Zusammenfassend kann man festhalten, daß alle unternehmerischen Aktivitäten dazu dienen müssen, dem Kunden Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die ihn bei seiner individuellen Problemlösung unterstützen und ihm größeren Nutzen bieten als Konkurrenzangebote (vgl. Spickschen, 1991, S. 241). Eine zentrale Rolle bei der Befriedigung der steigenden Kundenbedürfnisse spielen die Mitarbeiter. Ihr persönliches Verhalten und ihr Auftreten gegenüber den Kunden hat neben fundierten fachlichen Kenntnissen entscheidende Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Auf die Bedeutung der qualifizierten und motivierten Fachkräfte im Autohaus als strategischer Erfolgsfaktor wurde bereits im Kapitel 3.2.1.4. näher eingegangen. Die nachfolgend angeführten Seminarthemen und -inhalte - differenziert nach den zentralen Elementen des zugrunde liegenden Michigan-Ansatzes - sollen exemplarisch aufzeigen, welche vielfältigen Qualifikationen Unternehmernachfolger/-innen in Kfz-Betrieben laut betriebswirtschaftlicher Literatur für eine zukunftsorientierte Unternehmensführung benötigen. Besonders berücksichtigt werden dabei die - 118 - Mitarbeiter als zukünftig immer wichtiger werdendem Wettbewerbsfaktor, den es zu fördern und zu fordern gilt. Dabei wird die strategische Management- und Führungsliteratur nicht in Frage gestellt und kritisch analysiert, sondern als allgemeingültiges, prozessuales Managementwissen betrachtet. Andernfalls bestünde die erhebliche Gefahr, daß sich die Nachwuchskräfte in mittelständischen Kfz-Betrieben weiterhin nicht mit strategischen Problemstellungen befassen (wollen), da sie davon ausgehen, daß sie sich aufgrund der Unwägbarkeit und Unsicherheit einiger theoretischer Ansätze und Methoden der Managementlehre gar nicht damit auseinandersetzen brauchen. 3.3. Die strategische Unternehmensführung in mittelständischen Kfz-Betrieben Die Antizipation relevanter unternehmensinterner und -externer Entwicklungen sowie die rechtzeitige Ausrichtung des Verhaltens auf diese Veränderungen zeichnet insbesondere erfolgreiche Unternehmen aus. Während in Klein- und zum Teil auch in Mittelbetrieben oftmals im gedanklichen Alleingang der Unternehmensführung - evtl. auf Intuition78 bzw. "Erfahrung" basierend - über zukünftiges Verhalten entschieden wird, müssen angesichts der immer komplexeren Verhältnisse derartige Entscheidungen systematisch vorbereitet werden (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 107). Da Planung79, also die systematische, gedankliche Vorwegnahme und Durchführung zukünftigen Tuns, Handelns etc. (vgl. Welge, 1992, S. 35) allein nicht ausreicht, sondern die geplanten Strategien in konkrete Aktionen umgesetzt werden müssen und die Zielerreichung auch auf strategischer Ebene laufend zu kontrollieren ist, wurde das Konzept der strategischen Planung in der neueren betriebswirtschaftlichen Literatur ausgeweitet zum strategischen Management (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 116). Strategische Unternehmensführung, auch als strategisches Management bezeichnet, strebt die integrative Planung, Steuerung, Kontrolle, Koordination und zukünftige Gestaltung der Unternehmensentwicklung an. Dabei werden die Änderungen der Umwelt nicht nur reaktiv verarbeitet, sondern eine proaktive, bewußt problemvorgreifende Denkhaltung angestrebt, um schneller und besser als die Mitbewerber auf Umfeldveränderungen antworten zu können und damit Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Es beschäftigt sich neben den externen Umweltbeziehungen auch mit der Organisationsgestaltung und den personellen 78 Intuitives Führen bedeutet, sich verstärkt mit vagen und "weichen" Informationen zu befassen (z.B. mit den Gedankengängen, Bedürfnissen, Wünschen etc. der Kunden und der Belegschaft), anstelle ausschließlich seine Entscheidungen von realen "harten" Daten und Fakten (z.B. von Managementsystemen oder -techniken) abhängig zu machen (vgl. Görg, 1989, S. 96). 79 Die Planung im Unternehmen hängt sowohl von der Entwicklung der Umwelt, als auch von der Situation des Unternehmens ab (vgl. Hahn, 1994, S. 56). Diese Umfeldveränderungen sind bei der strategischen Unternehmensplanung fortlaufend zu berücksichtigen (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 33). - 119 - Interaktionen im Unternehmen. Strategisches Management beinhaltet somit im Kern diejenigen Prozesse und Aktivitäten, mit denen Zwecke, Missionen und Grundsätze, Ziele, Strategien, Politiken und Handlungsprogramme des Unternehmens formuliert, evaluiert, gesteuert und kontrolliert werden. Es versucht, systematisch von abstrakten zu konkreten Handlungsvorstellungen zu gelangen (vgl. Hentze/Brose, 1985(b), S.223; Hinterhuber, 1994(b), S. 36). Ferner unterstützt es nicht nur die Steuerung, sondern vor allem die Umsetzung der Pläne (vgl. Hentze/Brose, 1985(b), S. 223; Laukamm/Steinthal, 1986, S. 29). Dabei ist es keine neue Variante der Unternehmensplanung, sondern ein Konzept, das die externe Orientierung der strategischen Planung und die interne Kompetenz des Unternehmens als äquivalente und interdependente Bereiche integriert (vgl. Staehle, 1989(a), S. 49; Staehle, 1990, S.571). Die größte Problematik im Rahmen des strategischen Managements ist es, die turbulenten Umfeldveränderungen auf den Märkten, in der Gesellschaft und auf Seiten der Wettbewerber vorherzusehen (vgl. Krulis-Randa, 1989, S. 212) und das Unternehmen frühzeitig darauf auszurichten. Je größer und komplexer Unternehmen werden und je dynamischer ihre Umweltbeziehungen sind, um so weniger lassen sich jedoch Entscheidungen über Ziele und Maßnahmen ad hoc improvisieren und um so größer wird die Notwendigkeit der Entwicklung und Einführung eines integrierten Systems der Planung und Kontrolle (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 108). Obwohl im folgenden einzelne Teilbereiche eines prozeßorientierten Ansatzes des strategischen Managements nacheinander und getrennt behandelt werden, um die spezifischen Aufgaben und typischen Eigenarten besser herausarbeiten zu können, muß schon jetzt darauf hingewiesen werden, daß in der Praxis die Entscheidungen in den einzelnen Bereichen niemals isoliert voneinander getroffen werden können, da es sich um voneinander abhängige Entscheidungen handelt. Die Aufgaben und Inhalte dieses Systems der strategischen (Unternehmens-)Führung sind: - Formulierung der Unternehmensvision (Leit-, Zukunftsbilder), - Festlegung der Unternehmenspolitik, - Bedeutung der unverwechselbaren Corporate Identity, - Entwicklung der Unternehmenskultur, - Bestimmung der generellen Unternehmensziele, - Festlegung der strategischen Planung (z.B. Abteilungs-, Potential-, Informations-, Programm-, Organisationsplanung, Anpassung der konzeptionellen Gesamtsicht etc.), - Bedeutung der operativen Planung (z.B. kurzfristige Aktionen, Programme, direkte Umsetzung, Projekt-, Budgetplanung usw.) sowie - Erstellung des strategischen und operativen Controlling (z.B. Prozeßkostenrechnung) (in Anlehnung an Hinterhuber, 1994(b), S. 36; Hahn, 1994, S. 107). - 120 - 3.3.1. Die Formulierung einer Unternehmensvision zur Konkretisierung des Zukunftsbildes Mit dem Begriff “Vision“ werden meist bahnbrechende Innovationen wie bei Ford, Grundig, Nixdorf und faszinierende Inhalte (z.B. Fließbandfertigung, Mondlandung, Hifi-, Softwaresysteme) assoziiert. Jedoch beruhen 90 Prozent der Erfolge in Unternehmen auf kleinen, weniger spektakulären Verbesserungen. In vielen Unternehmen wird vorrangig aus dem Alltagsgeschäft heraus reaktiv gesteuert und es fehlt eine Vision (vgl. Simon/Tacke, 1990, S. 12f). Dabei bezeichnet das Wort “Vision“ die geistige Vorwegnahme einer konkreten Vorstellung von einer denkbaren Situation bzw. Entwicklung, die in der Zukunft eintreten oder herbeigeführt werden könnte (vgl. Bleicher, 1991, S. 75). Man könnte sie auch als Bewußtwerden eines Wunschtraumes bezeichnen. Visionen haben somit szenarischen Charakter (vgl. Bleicher, 1989, S. 221). Gerade in dem heutigen Verdrängungswettbewerb ist eine unternehmerische Vision, die eine Richtung angibt und Sinn vermittelt, besonders wichtig (vgl. Hinterhuber, 1995, S. 88). Bei der Konzipierung von Visionen sollte zuerst die zukünftige Idealsituation, die man sich vorstellen kann, dargestellt werden, für die der konkrete Weg noch unbekannt sein kann. Die Möglichkeit der Realisation wird dabei hintenangestellt (vgl. Schmid, 1990, S. 17). - “Eine gute Vision stellt eine delikate Balance zwischen Realität und Utopie dar. Sie umfaßt gerade noch das Machbare“ (Simon/Tacke, 1990, S. 13). Nicht nur (inter-)national operierende Groß-, sondern auch mittelständische Unternehmen benötigen eine unternehmerische Vision. Arbeitnehmer in allen Bereichen möchten wissen, - welche generelle Zielsetzung das Unternehmen verfolgt, - den tieferen Sinn und die Ziele von Veränderungsprozessen verstehen, - deren Vor- und Nachteile nachvollziehen können sowie - über die persönlichen Auswirkungen informiert werden (vgl. Hinterhuber/Popp, 1994, S. 124), damit sie sich damit identifizieren und sie mittragen und unterstützen können. Gerade im Dienstleistungs- wie dem Kfz-Gewerbe benötigt man zukünftig unternehmerische Visionen, um die sich fortlaufend wandelnden Marktkonstellationen, Interessen der Konsumenten, Unternehmenssowie Mitarbeiterziele vorauszuahnen und erfolgreich miteinander zu verbinden. Eine Unternehmensvision muß folgende Bedingungen erfüllen, damit sie langfristig Bestand haben kann: - Sie darf nicht zu langfristig orientiert sein (vgl. Simon/Tacke, 1990, S. 12). - Sie muß realisierbar und darf keine Utopie sein. - Sie muß die persönliche Überzeugung des Unternehmensführers widerspiegeln. - Sie muß den bisherigen Zustand nachhaltig wandeln (vgl. Henzler, 1990, S. 813; Simon/Tacke, 1990, S. 12f). - Sie muß in einem Wettbewerbsbereich mit wirtschaftlichem Erfolgspotential angesiedelt sein. - 121 - - Sie muß angeben, in welchem Wettbewerbsfeld sich ein Betrieb in Zukunft bewegen und welche Position er dort erlangen will (vgl. Henzler, 1990, S. 813f). Visionen zu finden ist meistens ein mühsamer Weg, der viel Ausdauer, Durchsetzungsvermögen, Flexibilität, Kreativität, Innovationsfreude, genügend Zeit und Muße erfordert sowie den Glauben an das Gelingen stellt (vgl. Magyar, 1990, S. 30). Daraus folgt, daß die Formulierung und Verkörperung einer Vision eine nicht delegierbare Aufgabe des Top-Managements ist (vgl. Simon/Tacke, 1990, S. 13). Visionären gelingt es mit ihren “Zukunftsbildern“ immer wieder, die Interessen ihrer Kunden und des Marktes mit ihren eigenen Interessen und denen des Unternehmens zu verbinden (vgl. Magyar, 1990, S. 29). Jedoch sollten spätestens bei der Festlegung ausgewählte Führungskräfte und Beschäftigte einbezogen werden, da zwischen den verschiedenen Interessengruppen unterschiedliche Vorstellungen bestehen (vgl. Diez, 1994(f), S.233). Mögliche Inhalte einer (Unternehmens-)Vision können sein: - Führerschaft bzgl. Qualität, Service, Kundendienst, Kosten usw. (Hierunter fällt das Streben nach der Position des Besten, Ersten oder Schnellsten in einem bestimmten Bereich, Segment.) - Über- bzw. Einholen marktbeherrschender Konkurrenten (Kaum etwas motiviert stärker als der Wettbewerb mit einem größeren Wettbewerber.) - Mitarbeiterorientierung (Bei dieser Vision steht das Wohlergehen und die Förderung des Personals im Vordergrund. Dadurch erreichen diese Unternehmen bei ihren Mitarbeitern eine besonders hohe Identifikation mit entsprechender Motivationswirkung.) - Ethische Werte (Während in Wirtschaftsunternehmen ethische Werte bisher selten als Visionsinhalte vorzufinden sind, basieren die Visionen von Non-Profit-Organisationen wie z.B. Amnesty International, Kirchen, Rotes Kreuz meist auf diesen Werten.) (vgl. Simon/Tacke, 1990, S. 14). Nach der Entwicklung einer Vision muß diese erfolgswirksam mitgeteilt werden, damit sie in der Praxis umgesetzt werden kann. Hierbei ist weniger wichtig, daß sie schriftlich vorliegt, als daß sie aktiv kommuniziert und vorgelebt wird. Die Übereinstimmung von Wort und Tat bestimmt, ob sich die Mitarbeiter mit ihr identifizieren und sie unterstützen (vgl. Henzler, 1990, S. 816; Simon/Tacke, 1990, S. 13). Aus einer Vision können langfristig strategische Ziele hervorgehen, wenn sie die Gegebenheiten des Marktes, des Produktes und der Mitarbeiter einbezieht. Die festgelegten Unternehmensziele und Zielpräferenzen münden dann in eine Strategie. Sie muß die Einflüsse des Marktes, die über Jahre gewachsene Organisationsstruktur und die Mitarbeiter, als zunehmend wichtige Ressource und als Erfolgsfaktor für die Zukunft berücksichtigen (vgl. Schmid, 1990, S. 17). - 122 - 3.3.2. Die Unternehmenspolitik als Gesamtheit des unternehmerischen Leitbildes Die Unternehmenspolitik ist die Gesamtheit von Unternehmensgrundsätzen, die in einem Leitbild80 schriftlich festgehalten oder mündlich weitergegeben werden. Sie regelt das Verhalten und Handeln unternehmensintern und gibt u.a. an, welcher unternehmerischen Vision, welchen Werten, Normen, (Denk-)Haltungen und Idealen sich das Unternehmen verpflichtet fühlt. Damit versucht die Unternehmensleitung die Unternehmung als Ganzes ordnend zu gestalten (vgl. Hinterhuber, 1990(b), S. 71). Sie stellt den generellen Rahmen für Entscheidungstatbestände dar, die in nachgelagerten Phasen geplant, realisiert und kontrolliert werden (vgl. Welge, 1992, S.45). Sie ist nicht wertfrei, sondern enthält die subjektive Präferierung eines bestimmten Verhaltens, welches sogar zu Lasten des ökonomischen Resultates gehen kann (vgl. Krulis-Randa, 1990, S.7). Zunehmend spielen auch noch ethische, moralische und sittliche Werte des Unternehmens, also die Grundeinstellung und das Verhalten zu internen und externen Interessengruppen (z.B. Umwelt, Öffentlichkeit, Staat, Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Mitbewerbern), eine prägende Rolle (vgl. Volk, 1991, S. 50). Die Auseinandersetzung mit diesen Gruppen gewinnt in jüngster Zeit an Bedeutung, da die Unternehmen einer steigenden Anzahl von Grundproblemen in ihrem Umfeld ausgesetzt sind (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 77ff). Aufgabe der Unternehmenspolitik ist es, den Grundzweck (=Leistungsbereiche), die langfristigen Ziele und Verhaltensgrundsätze des Unternehmens gegenüber den Interessengruppen festzulegen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 77; Welge, 1992, S. 47f). Dabei gibt der Grundzweck die Produkt-Markt-Kombination des Unternehmens an (Business Mission). Diese beantwortet die Frage nach dem Sinn bzw. Auftrag innerhalb der Gesellschaft, d.h. deren Existenzberechtigung (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 94; Welge, 1992, S. 47). Die Präzisierung der Mission erfolgt durch Angaben über: - die Art der Güter und Dienstleistungen, welche das Unternehmen erbringen will, - die besonderen Eigenschaften dieser Leistungen, - die anzusprechenden Abnehmer und - die räumliche Abgrenzung des Marktes (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 94). Die obersten Unternehmensziele werden in einem Zielkatalog nach ihrer Bedeutung geordnet und hinsichtlich des Anspruchsniveaus der Zielerfüllung definiert. Auf die konkreten Inhalte der strategischen 80 In der fachspezifischen Literatur werden für den Begriff “unternehmerisches Leitbild“, meist synonym, Bezeichnungen wie Unternehmenskonzeption, -philosophie, -grundsätze, -richtlinien oder -leitlinien (vgl. Lettau, 1982, S. 171; Staehle, 1990, S. 573; Volk, 1991, S. 50), Geschäftsauftrag, -tätigkeit (vgl. Berschin, 1985, S. 77) verwendet. - 123 - Zielsetzung wird nachfolgend noch detaillierter eingegangen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 97; Welge, 1992, S. 48). Verhaltensgrundsätze stellen oberste Richtlinien hinsichtlich des Verhaltens gegenüber den Mitarbeitern (z.B. Führungsstil, Aus- und Fortbildung, Lohn- und Gehaltspolitik, Sozial- und andere Leistungen) und den Marktpartnern (z.B. Qualitätsgrundsätze, Preispolitik, Prinzipien des Kundendienstes und der Information) dar (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 99; Welge, 1992, S. 48). Die Unternehmenspolitik darf kein starres System von Unternehmensgrundsätzen sein. Sie muß zu einer Denkmethode werden, mit deren Hilfe man unternehmensexterne und -interne Entwicklungen erfassen, sie ihrer Bedeutung für Motivation und Engagement der Mitarbeiter nach ordnen und entsprechend der Strategie festlegen und überprüfen kann. Die irrationalen Elemente, die in der Unternehmenspolitik eine bedeutende Rolle spielen, müssen rational betrachtet werden, wenn ihr Primat über die Strategien allgemein verbindlich sein soll (vgl. Hinterhuber, 1990(b), S. 71). Dabei entwickeln sich sog. Leitbilder in Abhängigkeit von der jeweiligen Zeit und deren Besonderheiten (vgl. Gabele/Oechsler, 1983, S. 227). Bei der Formulierung von Unternehmensgrundsätzen, insbesondere im Dienstleistungssektor wie dem Kfz-Gewerbe, ist es zweckmäßig, die Kundenbedürfnisse in den Vordergrund zu stellen (z.B. Qualität, Service, Zuverlässigkeit, Sicherheit). Steht der Nutzen für den Kunden im Mittelpunkt der Betrachtungen, so verringert sich das Risiko, daß der Geschäftsauftrag nicht zielgerichtet formuliert wird (vgl. Berschin, 1985, S. 77f). Ziel ist es, für den einzelnen Kfz-Betrieb ein eigenes, individuelles Profil zu entwickeln, um sich positiv von den Mitbewerbern abzusetzen und damit eine “Unique Selling Proposition“ (USP) zu erreichen. Das Leitbild muß so formuliert werden, daß es für jeden Mitarbeiter im Betrieb verständlich ist, die gesamte Belegschaft sich damit identifizieren kann und eine gemeinsame Wertebasis geschaffen wird (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 54). Mitarbeiter erkennen die Unternehmensgrundsätze, (ethischen) Werte und Normen nur an, wenn sie durch die Vorgesetzten (z.B. Unternehmer/Geschäftsführer, Führungskräfte) aktiv vorgelebt werden (vgl. Bleicher, 1989, S. 48; Krenzer, 1990, S. 29). Eine Konzeption, die von den Beschäftigten nicht getragen wird, ist zum Scheitern verurteilt (vgl. Berschin, 1985, S. 79). 3.3.3. Die Corporate Identity zur Profilierung gegenüber den Wettbewerbern In einem dichtbesetzten Markt besteht bei austauschbaren Produkten und Leistungen für Unternehmen die Gefahr, anonym zu bleiben und als sog. (ersetzbarer) “me too“-Anbieter von den privaten und gewerblichen Kunden angesehen zu werden. Obwohl Corporate Identity-Aktivitäten von vielen Unternehmern und Führungskräften als unnütze Modeerscheinung bezeichnet werden, haben sie - richtig - 124 - eingesetzt - einen erheblichen Einfluß auf den strategischen Wettbewerbs- und Unternehmenserfolg (vgl. Birkigt et al., 1993, S. 10). Deshalb ist es auch für mittelständische Unternehmen wie ein Autohaus wichtig, sich neben einer hohen Qualität der angebotenen Produkte und Serviceleistungen eine eigene, wohldurchdachte, marktgerechte und vor allem unverwechselbare Corporate Identitiy (CI)81 aufzubauen (vgl. Brachat, 1991(a), S. 174; Ohlsson, 1990, S. 40). Je deutlicher die Unterschiede, d.h. wahrnehmbare Vorzüge zu anderen Unternehmen sind, um so mehr besitzt das Unternehmen eine eigene Persönlichkeit. In vielen Großunternehmen (z.B. Volkswagen/Audi, Toyota; Sparkasse, Deutsche Bank; Microsoft) und Franchise-Ketten (z.B. McDonald´s, OBI) wird die konsequente Umsetzung der CI bereits seit Jahren erfolgreich betrieben. Im Kfz-Gewerbe wird der Erfolgswirksamkeit dieses Profilierungsinstruments bisher wenig Bedeutung beigemessen. Während die ersten CI-Programme noch stark von der marketingorientierten Imageforschung beeinflußt waren (vgl. Staehle, 1990, S. 614), zielen neuere Konzepte zum einen auf die Schaffung eines einheitlichen Images gegenüber der Öffentlichkeit und zum anderen auf den Aufbau von Identifikationsmöglichkeiten für die Mitarbeiter mit dem Unternehmen und seinen Zielen. Die modernere CI-Politik82 versucht, durch eine unverwechselbare Unternehmenspersönlichkeit eine klare und eindeutige Profilierung der Gesamtheit des Unternehmens nach innen und außen zu erreichen, die schnelle und ständige (Wieder-)Erkennbarkeit des Leistungsangebotes zu gewährleisten sowie das WirGefühl, den Firmenstolz und sämtliche Synergieeffekte zu forcieren (vgl. Ohlsson, 1990, S. 40; Staehle, 1990, S. 614f). Dabei handelt es sich beim CI nicht um Einzelaktivitäten (z.B. Werbung, Public Relations, Mitarbeiterinformation), sondern um die Gesamtkommunikation und -präsentation eines Betriebes (vgl. Birkigt et al., 1993, S. 18; Ohlsson, 1990, S. 40). Um bei CI-Bemühungen ein hohes Maß an Klarheit, Eindeutigkeit und Konsistenz der Unternehmensidentität zu erlangen, darf zwischen den strategischen Komponenten eines Unternehmens nicht nur eine Stimmigkeit vorgetäuscht, sondern sie muß überzeugend dargestellt werden (vgl. Staehle, 1990, S. 615). Verschmutzte Arbeitskleidung der Monteure, schmutzige, unordentliche Werkstatthallen und ungepflegtes Kundenkontaktpersonal passen nicht zu einem Kfz-Betrieb, der Sauberkeit und Ordnung ausstrahlen will. Nur die Unternehmenspersönlichkeit, die intern gelebt wird, kann nach außen reflektiert werden (vgl. Koch, 1989, S. 26). Corporate Identity bedeutet, so verstanden, daß Inhalte, Aussagen und Verhalten übereinstimmen sollten (vgl. Achterholt, 1991, S. 46). Dabei ist CI nichts Statisches, sondern ist 81 Ins Deutsche übersetzt bedeutet der US-amerikanische Begriff "Corporate Identity" (CI) Unternehmensidentität oder sinngemäß unverwechselbare Unternehmenspersönlichkeit (vgl. Ohlsson, 1990, S. 40) bzw. noch freier ausgelegt, das unverkennbare, unverwechselbare, eindeutige Erscheinungsbild des Unternehmens. 82 "Corporate Identity-Politik ist die strategisch geplante und operativ eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise eines Unternehmens nach innen und außen" (Volk, 1991, S. 52). - 125 - fortschreitend, dynamisch und verändert sich bzw. muß gezielt geändert werden, ohne daß sie als Gesamtheit auseinanderfällt (vgl. Birkigt et al., 1993, S. 18). Das strategische CI-Konzept umfaßt das unternehmensspezifische “Mix“ der CI-Instrumente und unterstützt die Durchführung der Unternehmenspolitik (vgl. Volk, 1991, S. 52; siehe Abb. 11). Abb. 11: Vorzüge einer unternehmensspezifischen Corporate Identity CORPORATE IDENTITY Attraktivität Effizienz Unverwechselbarkeit Ausnutzung vorhandenen Potentials Bindung ans Unternehmen Marktpräsenz Stimulation des Arbeitsklimas Leistungsfähigkeit Image-Bonus Quelle: Loo/Radl, 1992(a), S. 38 Die Instrumente der CI-Politik umfassen folgende Komponenten: a) Corporate Design (Unternehmenserscheinungsbild) Das visuelle Erscheinungsbild soll das Unternehmen nach innen und außen als Einheit erscheinen lassen, vor allem durch formale Gestaltungskonstanten, wie z.B. Firmenzeichen (synonym: Firmensymbol, signet, -logo, Attika etc.), Schriftzüge und Farbauswahl (vgl. Achterholt, 1991, . 47; Diez, 1994(e), S. 164f). Bei der Gestaltung der Gebäude, Ausstellungshalle, Werkstatt etc. haben markengebundene Autohäuser genaue Regularien bzw. Vorgaben seitens der Hersteller/Importeure zu beachten (z.B. bzgl. Markenzeichen, -symbole, Hausfarbe, -schrift, Gebäudedesign, Attika, Formulare). Das Ziel ist es, ein einheitliches, unverwechselbares Erscheinungsbild ihrer Repräsentanten und damit eine hohe Wiedererkennungsrate des jeweiligen Fabrikats sowie letztlich ein Höchstmaß an Markenloyalität zu erreichen (vgl. Brachat, 1991(a), S. 175; Diez, 1994(e), S. 164). b) Corporate Attitude (Unternehmensverhalten) Eine wichtiger CI-Baustein ist die konsequente “Corporate Attitude/Behavior“, d.h. das eindeutige Unternehmensgesamtverhalten gegenüber den Interessengruppen. Es bezeichnet die Einstellungen und das Verhalten jedes einzelnen Unternehmensangehörigen sowohl im innerbetrieblichen Umgang (z.B. Arbeitsklima, Mitarbeitermotivation, -fluktuation, Führungsstil) als auch die daraus resultierende Außenwirkung der Beschäftigten auf vorhandene bzw. potentielle Kunden, Mitbewerber, Lieferanten etc. (z.B. freundlich, hilfsbereit oder unsympathisch). Somit findet ein direkter Übergang von der - 126 - internen zur externen Unternehmenskommunikation statt (vgl. Escherle/Kaplaner, 1990, S. 87; Volk, 1991, S. 52). c) Corporate Communication (Unternehmenskommunikation) Die Unternehmenskommunikation ist die Summe aller Botschaften eines Unternehmens an die Öffentlichkeit (vgl. Escherle/Kaplaner, 1990, S. 88) und umfaßt u.a. die Werbewirkung der Mitarbeiter und Führungskräfte sowie die der Geschäftsleitung in ihrem sozialen Umfeld. Ihre Äußerungen und Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit schaffen die Grundlage für ein positives oder negatives Image (=Fremdbild). Des weiteren gehören noch zur externen Unternehmenskommunikation alle Möglichkeiten des Unternehmens, mit der Öffentlichkeit in Verbindung zu treten (Public Relations, Personalakquisition, Sport- oder Kultur-Sponsering etc.). Vorrangiges Ziel dieser Kommunikation ist es, neben einem Bekanntheitsgrad auch Verständnisbereitschaft für unternehmensspezifische Vorgehensweisen zu erreichen sowie die Glaubwürdigkeit und auch den Goodwill des Betriebes zu forcieren (vgl. Achterholt, 1991, S. 49ff). Stimmt das von der Unternehmensführung angestrebte Gesamtbild des Unternehmens aufgrund von Umfeldeinflüssen nicht mit dem tatsächlichen Image überein, kann ggf. mit Unterstützung der drei Bausteine entsprechend dem langfristig betrachteten, strategiegerechten Zielimage gegengesteuert und korrigiert werden (vgl. Volk, 1991, S. 52). Da zukünftig Vertriebswege denkbar sind, in denen es aufgrund der Modifizierung bzw. des Wegfalls des selektiven Vertriebssystems möglich sein könnte, Neuwagen verschiedener Fabrikate als sog. Mega-Dealer zu vermarkten oder die Werke ihre Fahrzeuge über eigene Niederlassungen vertreiben, kommt es für den einzelnen Kfz-Betrieb schon jetzt darauf an, sich ein eigenständiges, unverwechselbares Erscheinungsbild zu schaffen, das seine Identität unabhängig von der CI des Herstellers/Importeurs hervorhebt. Zwar ist es für fabrikatsgebundene Autohäuser schwierig, eine unternehmensindividuelle, umfassende und ausgefeilte CI zu entwickeln, da ihnen insbesondere hinsichtlich des Corporate Designs vieles vom Hersteller/Importeur vorgeschrieben wird. Jedoch belegen einige Beispiele in der Praxis, daß durch entsprechende Schriftzüge, Firmenlogos, Werbemaßnahmen, Verhaltensweisen etc. die Möglichkeit besteht, eine unternehmensspezifische Identity zu betonen, um sich aus der anonymen Masse der Mitbewerber positiv hervorzuheben und einen strategischen Wettbewerbsvorteil zu erreichen. Gerade die Grundhaltung des Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitern, dem Markt und der gesamten Öffentlichkeit ist ein entscheidendes Kriterium zur unternehmensindividuellen, umfassenden und ausgefeilten Unternehmensprofilierung, die von den Mitbewerbern nicht einfach kopiert werden kann wie ein Schriftzug oder ähnliches. - 127 - 3.3.4. Die Unternehmenskultur als interne Handlungs- und Verhaltensleitlinie In der Fachliteratur wird unter dem Begriff "Unternehmenskultur" (corporate culture) die Gesamtheit der in einem Unternehmen real vorliegenden (ethischen) Werte und Zielsetzungen, Normen, Traditionen, Denk- und Verhaltensweisen, Art des Zusammenlebens zwischen Unternehmensführung, Führungskräften und Mitarbeitern subsumiert, die den Beschäftigten auf allen hierarchischen Stufen Sinn und Richtlinien für ihr Verhalten vermitteln (vgl. Hentze/Brose, 1990, S. 239; Hinterhuber, 1990(b), S. 77; Ulrich/Fluri, 1992, S. 129). Die Unternehmenskultur ist etwas kontinuierlich Gewachsenes, die zwar über einen langen Zeitraum aufgebaut wird, aber in kurzer Zeit zerstört werden kann. Sie wird ganz wesentlich durch die Vision und durch das Vorbild der Unternehmensleitung und der Führungskräfte geprägt (vgl. Hinterhuber, 1990(b), S. 77). Sie formt die individuelle Unternehmenspersönlichkeit und vermittelt sie nach außen, so daß sich das Unternehmen von seinen Mitbewerbern absetzen kann (vgl. Beyer, 1990, S. 368). Die Notwendigkeit für eine eigenständige Unternehmenskultur ergibt sich aus der zunehmenden Austauschbarkeit der Produkte und der Gefahr der einzelnen Betriebe, in einem dichtbesetzten Markt anonym zu bleiben. Damit wird die Unternehmenskultur zu einem kritischen Erfolgsfaktor. Inhalte der Unternehmenskultur beziehen sich auf folgende Faktoren: Mitarbeiter, Kunden, Hersteller/Importeur und sonstige Lieferanten, Eigentümer/Gesellschafter, Banken, Tätigkeitsfeld des Unternehmens, Wachstums- und Expansionspolitik, Finanz-, Absatzpolitik, Beziehungen zur Öffentlichkeit, zu Verbänden und staatlichen Institutionen (vgl. Diez, 1994(e), S. 224). Die Resultate, die sich mit einer bestimmten Unternehmenskultur erzielen lassen, sind um so günstiger, je besser es der Unternehmensleitung gelingt, die Strategien im Einklang mit der Unternehmenskultur zu formulieren oder die Kultur den Strategien anzupassen. Im günstigsten Fall, wenn sich Strategie und Unternehmenskultur gegenseitig stützen und ergänzen, entsteht ein führender Wettbewerber (vgl. Hinterhuber, 1990(b), S. 77). Viele gut konzipierte Strategien und Aktionspläne scheitern in der Praxis, weil sie nicht mit der in dem Unternehmen vorherrschenden Unternehmenskultur übereinstimmen (vgl. Hinterhuber, 1990(b), S. 77; Welge, 1992, S. 394). Die Unternehmenskultur muß sich an die fortlaufenden Umfeldveränderungen anpassen und durch Werte wie Schnelligkeit, Einfachheit, Flexibilität, prozeßorientierte, nicht-hierarchische Strukturen gekennzeichnet sein. Der Änderungsprozeß muß von der Geschäftsführung und den Führungskräften aktiv vorgelebt und auf alle Verantwortungsbereiche übertragen werden. Diese veränderte Betrachtungsweise erfordert von allen Arbeitnehmern ein erhebliches Umdenken (vgl. Hinterhuber/Popp, 1994, S. 129). - 128 - Die Entstehung einer individuellen, positiven Unternehmenskultur ist das Resultat eines komplizierten Vorgangs, der nicht hergestellt bzw. angeordnet, sondern der nur in bewußten und gezielten Lernprozessen aller Mitarbeiter entwickelt werden kann (vgl. Münch/Müller, 1988, S. 29). Aufgabe einer strategisch ausgerichteten Führung muß es daher sein, die Unternehmenskultur als ein eigenständiges Phänomen anzusehen, sie behutsam auszubauen und zukunftsorientiert zu entwickeln (vgl. Krystek/Zur,1990, S. 17). Bei der Formulierung der Unternehmenskultur müssen gerade in Kfz-Betrieben die Mitarbeiter als entscheidender Erfolgsfaktor besonders herausgestellt werden. Denn nur zufriedene Mitarbeiter können zufriedene Kunden schaffen und sie freundlich, kompetent und fachgerecht bedienen. Entsprechend müssen die Mitarbeiter fortlaufend geschult werden, damit sie sich immer auf dem aktuellen Wissensstand befinden. Sie sollen Sinn- und Selbstverwirklichung in ihren Aufgaben finden. Dabei fördert ein großer Entscheidungsspielraum die Kreativität und schöpferische Kraft der Mitarbeiter(innen). Unternehmer, die ihre betriebsindividuelle Unternehmenskultur beeinflussen möchten, dürfen die leitenden Werte, Normen und Ideen nicht nur ansprechen, sondern sie müssen von ihnen vielmehr durch Symbole, Gegenstände, Informationsverhalten und durch eigenes Handeln aktiv vermittelt werden. In mittelständischen Unternehmen ist es durch den meist direkten persönlichen Kontakt mit einer Mehrzahl der Beschäftigten wesentlich einfacher möglich, eine widerspruchsfreie Unternehmenskultur zu entwickeln als in Großbetrieben (vgl. Kahle, 1989, S. 91). Kulturen können allerdings auch der Gefahr unterliegen, sich durch immer wieder stattfindende Selbstbestätigung und Rückgriff auf bewährte Problemlösungen so zu verfestigen, daß Notwendigkeiten einer Anpassung an veränderte Umweltbedingungen nicht oder nicht mehr rechtzeitig wahrgenommen werden (vgl. Krystek/Zur, 1990, S. 17). Das kann bei allem Wohlbefinden der Mitarbeiter zur Existenzgefährdung des Unternehmens führen. Deshalb darf das angestrebte Harmoniebedürfnis, das auch in einer Unternehmenskultur steckt, nicht dazu führen, Ziele und Handlungen des Unternehmens nicht mehr fortlaufend zu überprüfen und in Frage zu stellen. Eine in sich geschlossene, widerspruchsfreie Unternehmenskultur ist eine individuelle und nicht kurzfristig imitierbare, übertragbare und/oder käufliche Eigenschaft des Unternehmens. Sie verleiht ihm einen gewissen Wettbewerbsvorsprung (vgl. Krystek/Zur, 1990, S. 17; Rückle, 1992, S. 136; Simon/Tacke, 1990, S. 10) und ist damit ein wichtiges und wirksames Profilierungsinstrument für das einzelne Unternehmen (vgl. Rückle, 1992, S. 136). - 129 - 3.3.5. Inhalt und Umfang der einzelnen Planungsbereiche Je größer und unüberschaubarer die Unternehmen und die zu bearbeitenden Märkte für den Einzelnen werden, je heterogener der Personalstamm wird, desto größere Bedeutung bekommt eine detaillierte, vorausschauende, zukunfts- und zielorientierte Planung (vgl. Kirsch, 1983, S. 155). Heutzutage wird die Planung allgemein als die wichtigste Aufgabe im Management- bzw. Führungszyklus - bestehend aus Planung, Steuerung und Kontrolle - eingestuft (vgl. Hahn, 1990(b), S. 401). Aufgabe der Planung ist es, die generellen unternehmenspolitischen Zielsetzungen unter Beachtung externer und interner Gegebenheiten und Entwicklungstendenzen zu konkretisieren, Teilziele für die Subsysteme sowie die zur Zielerreichung notwendigen und geeigneten Maßnahmen und Mittel festzulegen. Notwendige Ergänzung dieser eigentlichen Planungsaufgabe bildet die fortwährende Kontrolle der Zielerreichung, aufgrund derer evtl. erforderliche Ziel- und Plankorrekturen rechtzeitig veranlaßt werden können (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 108). Die Planung bedeutet in diesem Sinne kein starres Festsetzen von und Festhalten an Zielen und Aktionen, sondern sie ist ein ständiger Prozeß von Anpassungs- und Korrekturmaßnahmen. Dies ist aber nur dann durchführbar, wenn regelmäßige Soll-/Ist-Vergleiche die entsprechenden Daten liefern. Die Planung ist somit auf allen Ebenen durch Kontrollen (Prämissen-, Konsistenz-, Ergebniskontrollen) zu erweitern. Voraussetzung dafür ist ein funktionierendes, entscheidungsorientiertes Rechnungswesen (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 126f; Horváth/Weber, 1990, S. 297f). Jedoch soll nicht darunter verstanden werden, daß im Unternehmen grundsätzlich alles geplant werden muß. Dies wäre ein außerordentlich aufwendiger und komplizierter Prozeß und der Aufwand würde in keinem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen stehen. Notwendig ist eine Schwerpunktplanung, die einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Elementen des Planungssystems schaffen muß (vgl. Malik, 1981(b), S. 56f). Planung ist deshalb hochrangige Führungsarbeit, weil dadurch das Unternehmensschicksal für mehrere Jahre im voraus festgelegt wird. Da dem Unternehmensführer einerseits das detaillierte Know-how in allen Unternehmensbereichen fehlt und er andererseits durch diesen Arbeitsumfang meist überlastet wäre, erfordert Planung die zusätzliche Einschaltung von Führungskräften und erfahrenen Mitarbeitern. Durch die multipersonale Planung können neben Ziel- und Bewertungskonflikten auch sonstige divergente Auffassungen entstehen. Dies erfordert eine besondere Sorgfalt bei der Abstimmung der einzelnen Teilpläne (vgl. Kuhn, 1990, S. 77f). Gerade in mittelständischen Betrieben sind aufgrund der Unternehmensgröße und der damit verbundenen Überschaubarkeit sowie dem direkteren, persönlicheren und hierarchieübergreifenderen Kontakt die Voraussetzungen günstiger, die von den Plänen betroffenen Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung partizipieren zu lassen. Dafür muß der Unternehmer bereit sein, die oftmals autoritäre und patriarchalische Grundhaltung aufzugeben. Das klassische formale Organisationsprinzip - 130 - muß mehr und mehr durch informelle Kontakte im Rahmen von Qualitätszirkeln, Lernstatt, TeamKonzepten etc. durchbrochen werden (vgl. Knebel, 1987, S. 383; Knebel, 1988, S. 9). Je nach zeitlicher Reichweite der Zukunftsbetrachtung sind unterschiedliche Arten, Horizonte und Akzentuierungen der Planung zu berücksichtigen83: - Generelle Zielplanung bzw. langfristige Rahmenplanung (Werte-, Sach-, Sozialzielplanung; etwa 5-12 Jahre, teilweise darüber hinausreichend); - Strategische Planung (Geschäftsfeldplanung, Organisations-, Führungskräfteplanung; ca. 3-5 Jahre); - Operative Planung (Programm-, Funktionsbereichsplanung sowie gesamtunternehmens-bezogene Ergebnis- und Finanzplanung; ungefähr bis zu 3 Jahren) (vgl. Hahn, 1994, S. 107); - Strategisches und operatives Controlling (z.B. Target Costing, Prozeßkostenrechnung). Bei dieser zeitlichen Abgrenzung ist zu berücksichtigen, daß sie nicht für alle Wirtschaftszweige verallgemeinert werden kann. Der Planungszeitraum der einzelnen Planungsphasen wird bestimmt von der Produktlebensdauer und/oder von der Lebensdauer der wesentlichen kapazitätsbestimmenden Investitionen (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 148). Generell werden die Pläne um so detaillierter, je geringer die zeitlichen Abstände zur angestrebten Verwirklichung sind, also um so kurzfristiger die Planungsbereiche sind. Damit nicht unterschiedliche Planungssysteme nebeneinander herlaufen, muß die kurz- und mittelfristige Planung immer in die langfristige Planung systematisch integriert werden (vgl. Korndörfer, 1989, S. 109ff). 3.3.5.1. Die generelle Zielsetzung im Autohaus Ausgangspunkt einer jeden Planung und des später noch zu behandelnden Controlling ist die generelle Zielsetzung des Unternehmens (vgl. Berschin, 1985, S. 74; Korndörfer, 1990, S. 376). Ziele sind die vom Unternehmen selbst formulierten Vorstellungen über erwünschte organisatorische Zustände bzw. Verhaltensweisen wie Stabilität, Wachstum, Effizienz etc. (vgl. Staehle, 1990, S. 406). Ohne genaue Zielvorgaben wird jede Planung zur bloßen Fortschreibung aus der Vergangenheit und somit zur Statistik (vgl. Korndörfer, 1989, S. 104). Bei der Formulierung der langfristigen Ziele und bei den daraus abgeleiteten strategischen Entscheidungen ist das Unternehmen mit vielfältigen Anforderungen unterschiedlicher Interessengruppen (z.B. Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden, Mitbewerber, Betriebsrat) konfrontiert. Die oft gegensätzlichen Interessen sind zu identifizieren, zu gewichten und in den langfristigen Zielkatalog aufzunehmen (vgl. Welge, 1992, S. 51). 83 Über Inhalt und Umfang der einzelnen Planungsarten gibt es in der einschlägigen betriebswirtschaftlichen Literatur keine einheitliche Auffassung (vgl. Korndörfer, 1989, S. 108). - 131 - Dabei ist zu berücksichtigen, daß Unternehmensziele nicht nur eine Orientierungs-, sondern vor allem eine Motivationsfunktion für die Mitarbeiter haben sollen. Sie sollen nicht nur die geplante Zielsetzung des Unternehmens beinhalten, um evtl. Abweichungen frühzeitig feststellen und gegensteuern zu können, sondern vor allem die Arbeitnehmer motivieren, diesen Weg mitzugehen und zu unterstützen. Dafür ist es notwendig, daß die festgelegten Ziele für die Mitarbeiter verständlich und nachvollziehbar sind (vgl. Diez, 1994(f), S. 232). Das Ziel der grundlegenden Rahmenplanung ist die langfristige Sicherung der Existenz und des Wachstums des Unternehmens, der Arbeitsplätze und eine angemessene Verzinsung des investierten Kapitals (vgl. Korndörfer, 1989, S. 35). Durch das unternehmerische Leitbild und die langfristige Unternehmenspolitik wird dabei ein globaler Rahmen geschaffen, mittels dessen die Kontinuität und Konsistenz der Unternehmensentwicklung über Leit- und Oberziele gewährleistet ist. Die Leit- und Oberziele für das gesamte Unternehmen werden für etwa 5-12 Jahre festgelegt (vgl. Coenenberg/Baum, 1987, S. 27). Daraus lassen sich für ein Autohaus vielfältige Teilziele ableiten, wie beispielsweise84: - optimale wie maximale Gewinnerzielung, - ausreichende Liquidität, - hohe Mitarbeiterzufriedenheit, - Sicherung der Arbeitsplätze, - höchste Kundenzufriedenheit, - freundliche Atmosphäre, - interessante Produkte, - moderne Ausstattung und Geräte, - gute Marktanteile, - Problemlöser rund um das Automobil. (in Anlehnung an Korndörfer, 1990, S. 157). Die aufgestellten Zielsetzungen dürfen keine Leerformeln oder unverbindliche Unternehmensleitsätze sein, sondern sie müssen als Anspruch an das Unternehmen aktiv umgesetzt werden. Wenn ein Unternehmen beispielsweise das Ziel hat, “Ansprechpartner in allen Fragen rund um das Automobil“ zu sein, dann muß es auch die wachsenden Kundenbedürfnisse bzgl. des Automobils erkennen und befriedigen. Dies könnte im einzelnen bedeuten, daß dieser Betrieb neben dem Verkauf und Kundendienst von Fahrzeugen auch noch Versicherungen, Service-Leasing, Mobilfunk, Mietwagen, Hol- und Bringservice etc. anbietet. Das Ziel muß also in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden (vgl. Diez, 1994(f), S. 232). Durch das Untergliedern der generellen Zielsetzung in operationale Teilziele entsteht im Unternehmen ein Zielsystem. Da die Teilziele auf den unterschiedlichen Unternehmensebenen als Zwischen- und Unterziele auftreten, bezeichnet man das Ergebnis als Zielhierarchie. Die Teilziele sollten nicht autoritär von der Führungsspitze vorgegeben werden, sondern in einer Art Zielbildungsprozeß kooperativ mit den 84 Die allgemeingültige Darstellung eines generell gültigen, logisch geschlossenen Zielsystems ist aufgrund der vielschichtigen Kombinationsalternativen kaum lösbar (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 97). - 132 - zuständigen Führungskräften und Mitarbeitern erarbeitet werden. Aufoktroyierte Ziele motivieren bzw. verpflichten moralisch nicht unbedingt die Mitarbeiter zur Zielerreichung (vgl. Hahn, 1994, S. 20). Entstehende Zielkonflikte sind durch die Unternehmensleitung, gemeinsam mit den Entscheidungsträgern, durch Gewichtung der konkurrierenden Ziele zu lösen (vgl. Thommen, 1990, S. 108). Im Rahmen der generellen Zielsetzung werden in Abstimmung zwischen der Unternehmensführung sowie den Führungskräften und Mitarbeitern quantitative und vor allem qualitative Ziele und Vorstellungen über erwünschte zukünftige (Ideal-)Zustände oder Verhaltensweisen formuliert, die das Unternehmen erreichen möchte (vgl. Hahn, 1990(a), S. 5; Hahn, 1990(b), S. 402). Qualitative (soziale) Ziele (z.B. Arbeitsplatzsicherheit, hohe Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, gerechte Entlohnung, Teamarbeit, Weiterbildungsmöglichkeiten) sollen eine Antwort auf die Frage geben, welche Kunden- und Mitarbeiterwünsche das Unternehmen mit welchen spezifischen Stärken gegenüber den Mitbewerbern befriedigen will (vgl. Diez, 1994(f), S. 232). Neben den sinnvermittelnden, qualitativen Zielen umfaßt die Zielplanung auch die Festlegung bestimmter quantitativer Sach- und Leistungsziele (Gewinn-, Umsatz- und andere Wertziele). Sie geben eine Antwort auf die Frage, welche meßbaren Ziele das Unternehmen zur langfristigen Existenzsicherung anstrebt (vgl. Diez, 1994(f), S. 233; Hahn, 1994, S. 14). Bei diesen wert- und mengenmäßíg bestimmbaren Zielen kann - im Gegensatz zu den qualitativen Zielen - der Zielerfüllungsgrad präzise und für jeden transparent angegeben werden (vgl. Hahn, 1994, S. 93). Mögliche quantitative Ziele in einem Kfz-Betrieb sind: - Wir wollen bis zum Jahr 2000 ein Umsatzvolumen von 40 Mio. DM erzielen! - Wir möchten in den kommenden 10 Jahren ein jährliches Umsatzwachstum von 5 % erreichen! - Wir wollen langfristig eine Umsatzrendite vor Steuern von 4 % erzielen! Als realistische Basiswerte zur Festlegung quantitativer Zielsetzungen dienen z.B. Vergangenheitswerte, Vergleichszahlen gegenüber den Wettbewerbern (Marktanteile, Marketingerfahrung etc.), Vergleichswerte der Branche und gesamtwirtschaftliche Daten (vgl. Berschin, 1985, S. 76). Mögliche qualitative (soziale) Ziele in einem Autohaus sind: - Wir wollen unseren Stammkunden individuelle Leistungen offerieren, die sie woanders nicht bekommen! - Wir möchten für unsere Kunden ein modernes, kompetentes und freundliches Dienstleistungsunternehmen rund um das Kraftfahrzeug sein! - Wir wollen, daß sich unsere Mitarbeiter im Unternehmen wohl fühlen und sich mit den Unternehmenszielen identifizieren können! - 133 - Speziell die sozialen Ziele erhalten durch den gesellschaftlichen Wertewandel steigende Bedeutung (vgl. Thommen, 1990, S. 103). Die Formulierung von Zielen ist keine einmalige Unternehmensaufgabe, sondern ein fortlaufender Prozeß. In dem Maße, in dem sich die externe und interne Unternehmenssituation wandelt, werden u.U. auch Zielerneuerungen notwendig (vgl. Staehle, 1990, S. 410). Jedem Mitarbeiter im Unternehmen muß bewußt gemacht werden, welche Aufgaben ihm im Rahmen der unternehmerischen Gesamtkonzeption zukommen und welche Bedeutung die Erfüllung seines Teilziels für das Gelingen der Gesamtzielsetzung hat. Die Identifikation der gesamten Belegschaft mit den Zielen ist ein wichtiger Motivationsfaktor für die individuelle Arbeitsleistung (vgl. Diez, 1994(f), S. 232f; Korndörfer, 1989, S. 43). Abschließend ist anzuführen, daß nur wenige Betriebe über konkrete Zielsetzungen verfügen. Die Formulierung von Unternehmenszielen und ihre laufende Weiterentwicklung ist eine Hauptaufgabe der Unternehmensführung und der Führungskräfte. Für die einzelnen Funktionsbereiche sind daraufhin auf der Ebene des Gesamtunternehmens im Rahmen der Maßnahmenplanung Strategien zu erstellen, die miteinander harmonieren (vgl. Laukamm/Steinthal, 1986, S. 27). 3.3.5.2. Die strategische Unternehmensplanung unter besonderer Berücksichtigung der strategischen Personalplanung Die Hauptaufgabe bei der sich an die generelle Zielsetzung anschließenden strategischen Planung (=Geschäftsfeldplanung) liegt in der Schaffung, Analyse und Erhaltung von Erfolgsquellen und Ertragspotentialen. Sie erfordert eine Abgrenzung von Produkten, Märkten, Potentialen, Handlungsprogrammen und soll Anpassungen an den strukturellen Wandel gewährleisten. Zentrales Anliegen ist die Entwicklung längerfristiger Konzeptionen zur erfolgreichen Zukunftssicherung des Unternehmens im Hinblick auf Planungsstrategien, die auf bis zu fünf Jahren ausgelegt sind (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 160; Lachnit, 1989, S. 11)85. Auf dieser Planungsebene werden die primär allgemein gehaltenen Inhalte der generellen Unternehmenszielsetzung in Verbindung mit der Vision und Unternehmenskultur konkretisiert und einzelne Teil- und Zwischenziele daraus abgeleitet. Die sich daraus weiterhin ableitende Strategie umfaßt dann die genauen Analysen, Wege, Pläne und Maßnahmen, wie diese Ziele realisiert werden sollen (vgl. Simon/Tacke, 1990, S. 15). Die zentrale Aufgabe einer jeden Strategie besteht in der Schaffung von langfristigen Wettbewerbsvorteilen gegenüber den Konkurrenten, mit denen im Idealfall eine monopolähnliche Stellung im 85 Die Unternehmensstrategie zeigt auf, welches Geschäft das Unternehmen betreibt bzw. betreiben soll (vgl. Staehle, 1989(a), S. 114). - 134 - Markt erreicht werden kann. Solche Wettbewerbsvorteile, mit denen eine Position der Einzigartigkeit aufgebaut werden kann, beziehen sich z.B. auf das Preis-/Leistungsverhältnis, den Service, die Dienstleistungsqualität, d.h. auf Faktoren, die den Kunden bewegen, diese Marktleistung einer anderen vergleichbaren vorzuziehen (vgl. Hinterhuber, 1990(a), S. 159). Je besser es dem Unternehmen gelingt, die Interessengruppen zufriedenzustellen, desto nachhaltiger kann es seine langfristigen Gewinnaussichten verbessern und damit seinen Wert erhöhen (vgl. Hinterhuber, 1994(a), S. 105). Die strategische Planung erstreckt sich zum einen auf das gesamte Unternehmen und zum anderen basiert sie auch auf sämtlichen unternehmerischen Teil- bzw. Funktionsbereichen. Aufgrund der Wichtigkeit der strategischen Entscheidungen muß die Unternehmensführung selbst umfangreich involviert und direkt verantwortlich sein sowie von ihr die strategischen Entscheidungen verabschiedet werden. Andernfalls bestehen nur geringe Chancen, daß im Rahmen der strategischen Planung erfolgsträchtige Strategien entwickelt und danach mit der notwendigen Konsequenz umgesetzt werden (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 98f). Das Ergebnis der strategischen Planung wird in dem sog. strategischen Plan als formalem Dokument festgehalten (vgl. Berschin, 1985, S. 49). Er sollte auf der Grundlage einer Analyse der gegenwärtigen Situation des Betriebes (z.B. unternehmensexterne Chancen-/Risiken-, unternehmensinterne Stärken/Schwächen-Analyse), die grundlegenden Zielsetzungen, (z.B. Umsatz, Marktanteil, Gewinn, Deckungsbeitrag, Kapitalstruktur) in möglichst meßbarer und nachprüfbarer Form beinhalten und zusätzlich Strategien zu ihrer Realisierung (z.B. bzgl. Leistungsprogramm, Projekten) angeben. Dieser Plan sollte jährlich überarbeitet und aktualisiert werden, damit für alle Interessengruppen nachvollziehbar ist, in welche Richtung sich das Unternehmen in den kommenden Jahren entwickeln möchte (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 127; Horváth/Weber, 1990, S. 299f). Aufgrund der hohen inhaltlichen Anforderungen, Komplexität und mangelnden Verfügbarkeit von Daten und Methoden sind die primär für Großunternehmen entwickelten strategischen Planungsverfahren (z.B. Theorie der Erfahrungskurve, Analyse der Branchenstruktur, Anwendung des PIMS-Programms, Portfolio-Analyse) für die meisten Klein- und Mittelbetriebe zu umfangreich und anspruchsvoll. Ein Planungssystem für diese Unternehmensgrößen muß einfach handhabbar und praxisnah sein, um die Unternehmensführung bei ihren langfristigen Entscheidungsaufgaben effektiv zu unterstützen. Doch auch sie sind genauso wie Großunternehmen vermehrt dazu gezwungen, sich ein genaues Bild von ihren gegenwärtigen und zukünftigen Produktmärkten und Mitbewerbern zu verschaffen (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 205f). Dabei wird es immer notwendig sein, zunächst die Schlüssel- bzw. Engpaßstrategie festzulegen. Speziell bei den meisten mittelständischen Unternehmen, wie auch im Kfz-Gewerbe, ist der Absatz der Schlüsselbereich, so daß zuerst dort verschiedene Strategien für die einzelnen Produkte und Leistungsbereiche zu entwickeln und gegeneinander abzuwägen sind. Daraufhin werden die Strategien - 135 - für die übrigen Funktionsbereiche (Kundendienst, Teilelager) erstellt. Die Anzahl der Teilstrategien hängt primär von den spezifischen Unternehmensvoraussetzungen (z.B. Unternehmensgröße, Wettbewerbsposition, Zielsetzungen, Führungsstil) ab (vgl. Bussiek, 1985, S. 122). Letztendlich geht es also um das Herausfinden von strategischen Erfolgsfaktoren86, also um das Finden solcher Produkte und Leistungen, die zukünftig den Erfolg ermöglichen und sichern. Dies kann nur auf der Grundlage entsprechender Sach- und Humanpotentiale geschehen. Da die operative Planung hierauf aufbaut, kommt der sorgfältigen Bearbeitung von Analysen, Prognosen und Frühinformationen sowie der Darstellung der Wirkungen von strategischen Alternativen in der mehrperiodigen Ergebnis- und Finanzplanung größte Wichtigkeit zu (vgl. Hahn, 1990(b), S. 403). Die strategische Betrachtungsweise darf jedoch nicht nur auf die Unternehmensplanung ausgerichtet sein, sondern es muß vielmehr eine simultane und interaktive Entwicklung der Strategie, Organisation und des Humanpotentials erfolgen. Hier treffen drei bisher getrennt behandelte Komponenten aufeinander, und zwar die marktorientierte strategische Unternehmensplanung, die strukturorientierte Organisationsentwicklung sowie die ressourcenorientierte Personalplanung (vgl. Staehle, 1989(a), S. 50). Strategische Vorüberlegungen müssen direkt mit den Auswirkungen auf die vorhandenen personellen Ressourcen untersucht werden. Jede Investition ist schon im frühen Planungsstadium in ihren Auswirkungen auf die veränderten Arbeitsinhalte und -anforderungen hin zu analysieren, damit frühzeitig entsprechende personalpolitische Maßnahmen ergriffen werden können (vgl. Staehle, 1989(a), S. 50). Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer langfristigen, integrativen Investitions- und Personalplanung. Andernfalls können Strategien u.U. nicht realisiert werden, da die vorhandenen Führungskräfte und Mitarbeiter nicht rechtzeitig in der Lage sind, sie umzusetzen (vgl. Riekhof, 1989(a), S. 51ff). Da speziell die qualifizierten Mitarbeiter zunehmend als wichtigstes Unternehmenspotential angesehen werden, müssen im Zusammenhang mit der Entwicklung der Unternehmensstrategie auch die Zielsetzungen der einzelnen Mitarbeiter berücksichtigt werden. Je präziser die Unternehmensstrategien und die notwendigen Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter abgestimmt werden, desto genauer ist zu erkennen, welche Beschäftigten willens und in der Lage sind, den zukünftigen Anforderungen zu entsprechen (vgl. Walsh, 1987, S. 148). Deshalb ist die langfristige Beschaffung und Entwicklung qualifizierter Mitarbeiter ein wesentlicher Aspekt jeder Unternehmensstrategie; die Bereitstellung eines zielorientierten quantitativ und qualitativ ausreichenden Mitarbeiterpotentials ist generelle Voraussetzung für die Umsetzung von Strategien (vgl. Papmehl/Borsczc, 1989, S. 291). 86 Strategische Erfolgsfaktoren/-potentiale werden auch als strategische Geschäftsfelder, -einheiten bzw. strategische Schlüssel-, Wettbewerbsfaktoren (Strategic Business Units) eines Unternehmens bezeichnet (vgl. Ulrich/ Fluri, 1992, S. 125). - 136 - Insgesamt wird bisher in den wenigsten mittelständischen Unternehmen und speziell Kfz-Betrieben strategisch geplant. Strategische, also vorausschauende, systematisch erstellte, in formalisierter Form durchgeführte Konzepte fehlen meist gänzlich bei diesen Unternehmensgrößen. Dabei lassen sich Unternehmen um so zielorientierter und sicherer führen, je detaillierter die strategische Planung erfolgt. Insbesondere in der (strategischen) Personalplanung liegt bei Klein- und Mittelbetrieben ein deutliches Defizit (vgl. Hamer, 1990(a), S. 63). Damit die Strategien umgesetzt werden können, müssen sie in einem Zeitplan mit konkreten Maßnahmen belegt werden. Die Maßnahmen- und Umsetzungsplanung einschließlich Wirtschaftlichkeitsanalyse (z.B. Break-even-Analyse, Planungsrechnung) und Festlegung des Realisierungsprozesses bedarf eines systematischen Vorgehens (vgl. Diez, 1994(f), S. 237f). 3.3.5.3. Verschiedene Formen der Wettbewerbsstrategie Angesichts weitgehend konstanter Geschäftsfelder, Marktsegmente und Vertragsgebiete prägt insbesondere die Form der Marktbeeinflussung (z.B. Preis vs. Leistung) und die Marktposition den handelsseitigen Wettbewerbsstil. Die meisten Unternehmen verhalten sich als Mitläufer, die allerdings durch den zunehmenden Preiskampf und aufgrund von Profilierungsdefiziten zunehmende Probleme aufweisen. Der leitende Gedanke einer Wettbewerbsstrategie besteht darin, mit Hilfe von langfristig orientierten, vom Kunden (deutlich) wahrnehmbaren und für ihn wichtigen Wettbewerbsvorteilen in jedem Marktsegment, in dem das Unternehmen tätig ist oder sein will, die wichtigsten Interessengruppen (z.B. Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden) besser und schneller zufriedenzustellen, als dies die Mitbewerber durchführen können, und damit eine Position der “Einzigartigkeit“ einzunehmen (vgl. Hinterhuber, 1994(a), S. 104). Die Bewertung der Zufriedenheit dieser Gruppen im Vergleich zu den Mitbewerbern stellt eine zentrale Frage für die Beurteilung der eigenen Marktposition dar. Eine effektive Wettbewerbsstrategie umfaßt offensive (zielgerichtetes Nutzen eigener Vorzüge, positive Veränderungspotentiale zur Verbesserung der eigenen Position usw.) und defensive (Bewahren des vorhandenen Status quo etc.) Maßnahmen, um eine verteidigungsfähige Position gegenüber den Wettbewerbern zu erreichen (vgl. Becker, 1993, S. 331; Welge, 1992, S. 230). Grundsätzlich gibt es zwei gegensätzliche Pole von Wettbewerbsvorteilen, und zwar niedrige Kosten oder Differenzierung. Kombiniert man diese beiden Grundtypen mit der Breite des Betätigungsfeldes des Unternehmens (Gesamt- vs. Teilmarkt), so ergeben sich nach Porter (1985, 1987) drei Typen von Strategien: Kostenführerschaft, Differenzierung und Nischenanbieter (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 26). Die Strategie der Kostenführerschaft beruht auf Verdrängung über den Preis, d.h. es wird im Vergleich zu den Konkurrenten eine bessere Kostenposition angestrebt, z.B. durch einfachere Produkte und Abdeckung eines größeren Marktes (vgl. Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 63). - 137 - Die Kostenminimierung muß sich auf alle Bereiche, also auf die Produktion, den Service, die Distribution, Verkaufsförderung (z.B. Werbung), Verwaltung usw. erstrecken. Grundlage der Kostenführerschaft ist eine detaillierte Kostenanalyse. Verfolgen diese extrem einseitige Position mehrere Wettbewerber im gleichen Geschäft, so wird sich im allgemeinen eine immer unprofitabler werdende Konkurrenzsituation ergeben (vgl. Welge, 1992, S. 231ff), die im Neuwagengeschäft der Autohäuser evident ist. Die Strategie der Differenzierung entwickelt Leistungsmerkmale bzw. Präferenzen über rationale und/oder emotionale Anmutsleistungen oder Kundenpartnerschaft, um sich dadurch von den Mitbewerbern unterscheiden zu können (vgl. Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 63). Diese Möglichkeit der strategischen Ausrichtung zielt darauf ab, bzgl. eines wichtigen Kundennutzens eine überlegene Leistung - im Sinne von Produkten oder Dienstleistungen - anzubieten, um eine Sonderstellung im Markt zu erreichen. So kann z.B. eine Führungsposition des Unternehmens in bezug auf Service, Garantieleistungen oder Qualität angestrebt werden. Es ist jedoch kaum möglich, auf allen angeführten Gebieten gleichzeitig die führende Position zu erreichen (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 191; Welge, 1992, S. 236ff). Zielt ein Kfz-Betrieb beispielsweise auf Qualitätsführerschaft bei Fahrzeugwartungen und instandsetzungen, muß er die neuesten Prüf- und Testaggregate vorhalten, die besten Ersatzteile vorrätig haben bzw. kurzfristig besorgen können und sie durch ständig geschulte, hochqualifizierte, engagierte Mitarbeiter einbauen und die Arbeit überprüfen lassen etc. Das Unternehmen kann somit im Markt eine Position erreichen, die dazu führt, daß der Kunde seine Leistungen den Konkurrenzangeboten vorzieht. Allerdings dauert es geraume Zeit, bis sich ein entsprechendes (Leistungs-, Qualitäts-)Image im Markt durchsetzt. Dabei ist zu beachten, daß Differenzierungsvorteile nur temporäre Vorzüge sind, die eine ständige Anpassung an veränderte Wettbewerbsbedingungen erfordern (vgl. Welge, 1992, S. 239). In einer defensiven, aber aktiven Marktposition befinden sich (Klein-)Anbieter, die sich auf Marktnischen mit Spezialitäten konzentrieren, die für größere Konkurrenten unattraktiv sind. In diesem Fall beschränkt sich das Unternehmen auf ein oder mehrere klar umrissene Marktsegmente statt auf den Gesamtmarkt. Es spezialisiert sich auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe(n) und strebt im dortigen Wettbewerb entweder die Kostenführerschaft oder eine Differenzierung an (vgl. Welge, 1992, S. 239). Im Kfz-Gewerbe kann das z.B. durch freie Spezialwerkstätten für ältere Fahrzeuge geschehen. Unprofilierte Unternehmen versuchen in allen strategischen Dimensionen gut zu sein, doch da dies unterschiedliche, oft sogar gegensätzliche organisatorische und personelle Voraussetzungen erfordert, können sie letztlich auf keinem Gebiet besondere Erfolge verzeichnen (vgl. Kotler, 1992, S. 79). Einem Unternehmen bzw. Geschäftsbereich, dem es nicht gelingt, seine Strategie in eine der drei Richtungen konsequent zu entwickeln, befindet sich nach Porter in einer ungünstigen Situation, die als “stuck in the middle“ bezeichnet wird (vgl. Welge, 1992, S. 240). - 138 - Dabei können ohne weiteres mehrere Konkurrenten innerhalb eines Marktes durchaus unterschiedliche Strategien verfolgen, die jeweils auf den individuellen Zielvorstellungen, Chancen und Ressourcen des einzelnen Unternehmens beruhen (vgl. Kotler, 1992, S. 78). Bei der heutigen Marktkonstellation sollten sich jedoch die beiden gegensätzlichen Pole ergänzen. Untersuchungen der empirischen Relevanz der Wettbewerbsstrategien von Porter haben ergeben, daß sich die gleichzeitige Verfolgung von Differenzierungs- und Kostenführerschaft nicht ausschließen, sondern beide als komplementäre Strategien anzusehen sind (vgl. Becker, 1993, S. 330; Welge, 1992, S. 240ff). Einerseits gibt es in der Praxis mehrere Beispiele dafür, daß Unternehmen verschiedene Marktsegmente mit unterschiedlichen Strategien angehen. Während in einem Marktsegment eine Kostenführerschaft angestrebt wird, wird in einem anderen Bereich eine Strategie der Leistungsführerschaft verfolgt. Diese selektive strategische Vorgehensweise ist vor allem in der Automobilwirtschaft bei Mehrmarkenhändlern festzustellen, die einzelne Segmente bei verschiedenen Fabrikaten mit jeweils eigenständigem Profil bearbeiten (z.B. VW, Audi, Seat, Skoda; Opel, General Motors, Isuzu). Andererseits stellen die Ergebnisse der Studie des “Massachusetts Institute of Technology“ (MIT) über “Die Zweite Revolution in der Autoindustrie“ (1992) die Unterscheidung zwischen Kosten- und Leistungsführerschaft in Frage. Während Porter davon ausgeht, daß zwischen hoher Produktivität und hoher Qualität ein Zielkonflikt besteht, hat die in diesem Industriezweig vielbeachtete US-amerikanische MIT-Studie belegt, daß die japanischen Automobilproduzenten in der Lage sind, überdurchschnittliche Fertigungsqualität mit überdurchschnittlicher Produktivität zu verbinden. Dies erklärt, warum die Japaner als Kostenführer einzustufen sind, gleichzeitig aber auch leistungsbezogen bzgl. Qualität und Technik eine Spitzenposition einnehmen (in Anlehnung an Diez, 1994(b), S. 39f). Folgt man diesen Überlegungen, dann gibt es heute auf dem Automobilmarkt nicht mehr die strategische Option Leistungs- oder Kostenführerschaft. Notwendig ist vielmehr eine jeweils marktsegmentspezifische Kombination beider Ansätze. Das neue strategische Paradigma dafür lautet “Lean Management“. Dieses Konzept wurde aus einer Analyse und Verallgemeinerung japanischer Produktions- und Managementmethoden entwickelt. Es steht in einem bewußten Gegensatz zu dem früher vor allem in den USA dominierenden Konzept der Massenproduktion tayloristischer Prägung (vgl. Diez, 1994(b), S. 40f; Kuhn, 1995, S. 383ff). “Lean Management“ bedeutet die konsequente Ausrichtung sämtlicher Unternehmensfunktionen am Wertschöpfungsprozeß. Das setzt voraus, daß alle Bereiche und Arbeitnehmer nach ihrem Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens bewertet werden. Das Ziel dieses Ansatzes ist u.a. die verstärkte Teamausrichtung, Dezentralisierung von Aufgaben und Verantwortungsbereichen, intensivere Kommunikation, fortlaufende Markt- und Wettbewerbsorientierung (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 217ff; Wunderer/Kuhn, 1993, S. 178ff) sowie die Optimierung des Preis-Leistungs-Verhältnisses aus Kundensicht. - 139 - Auf die Bedeutung des Lean Management und die damit einhergehende Reorganisation der Unternehmen zur effizienten Gestaltung der Wertschöpfungskette wird noch ausführlicher in Kapitel 3.4.1.4. über neue markt- und prozeßorientierte Organisationsformen eingegangen. Nur durch eine Differenzierung des Leistungsangebots und der Marktbearbeitung, unter Berücksichtigung des Kostenaspektes, erscheint es für den einzelnen Kfz-Betrieb möglich, in dem zunehmenden Intra-Brand-Wettbewerb eine prosperierende Unternehmensentwicklung herbeizuführen und sich positiv vom Branchendurchschnitt abzuheben. Dabei sind zwei wichtige Ausgangsüberlegungen zu beachten: - Welche Leistungen bieten den größten Nutzen bei gegebenen Kosten? - Welche Leistungskette führt zur höchsten Wertschöpfung bzw. den höchsten Deckungsbeiträgen? Für den einzelnen Kfz-Betrieb bedeutet das beispielsweise, daß erfolgreiche Differenzierung im Verkauf (Finanz- und Versicherungsangebote, Car Sharing etc.) und Service (Kundenkarte, zeitwertgerechte Reparaturangebote, Hol- und Bringservice usw.) profunde Kenntnisse über die Kundenbedürfnisse voraussetzt. Darauf aufbauend müssen spezielle Leistungsangebote entwickelt werden, die den Kunden Nutzenstiften bieten und sie aktiv an das Unternehmen binden. Die Entwicklung eines eigenen, unverwechselbaren Leistungsprofils erfordert damit die Verknüpfung von Kostenführerschaft und Differenzierung zu einer kostenoptimalen Differenzierung. Entscheidender Erfolgsfaktor ist ein hohes Maß an Dienstleistungsbereitschaft seitens der Mitarbeiter. Dafür benötigt das Unternehmen mitdenkende, kreative und im Team arbeitende Fach- und Führungskräfte, die sich auf die vielfältigen Bedürfnisse der Kunden einstellen können und wollen. Kritisch ist an dem Ansatz von Porter zu vermerken, daß er vorrangig absatzmarktorientiert ist und die internen Strukturen und Prozesse des Unternehmens, sei es die Ressourcenausstattung oder das Verhalten der Mitarbeiter, deutlich vernachlässigt werden. Ferner fehlen wesentliche Aspekte einer gesellschaftsbewußten Unternehmensführung (vgl. Rühli, 1995, S. 93f). 3.3.5.4. Die Budgetierung als Schwerpunkt der operativen Planung An den Maßnahmenkomplex der strategischen Planung schließt sich i.d.R. die operative Planung übergangslos an (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 160; Hentze/Brose, 1985(b), S. 131). Sie orientiert sich an den vorgegebenen langfristigen Zielen und Strategien des Unternehmens, präzisiert sie und leitet daraus für die kommenden 1-3 Jahre konkretere mittelfristige Pläne (z.B. Zielvorgaben, Programme, Projekte, Maßnahmen, Mittel) sowie detaillierte (kurzfristige) Monats-, Halbjahres- und Jahrespläne (sog. dispositive/taktische Planung) sowohl für die einzelnen betrieblichen Teilbereiche als auch für das gesamte Unternehmen ab (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 239; Ulrich/Fluri, 1992, S. 132). Im Gegensatz zur problemorientierten strategischen Planung ist die operative Planung zeitraumbezogen und muß somit in regelmäßigen Abständen (meist jährlich) aktualisiert werden (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S.239; Ulrich/Fluri, 1992, S.132). - 140 - Der Ablauf des operativen Planungsprozesses wird damit eingeleitet, daß die Unternehmensleitung mittelfristige Ziele vorgibt, besondere Akzente für die nächste Planungsperiode setzt und Annahmen über die relevanten Umweltbedingungen darlegt (z.B. Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen und branchenspezifischen Konjunktur, politische Rahmenbedingungen). Aufgrund dieser Vorgaben erstellen die einzelnen Funktionsbereiche zunächst provisorische Teilpläne, die Ziele, Maßnahmenpläne, Personalbedarf und Bedarf an Anlageinvestitionen umfassen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 135f). Durch die mittel- bis kurzfristige Planung wird im Groben bestimmt: - Wer (Entscheidungsträger), - was (qualitative und quantitative Zielvorgaben), - wann (Zeitplan für die Erreichung der festgelegten Ziele) und - womit (Mitteleinsatz, z.B. Personal- und Kapitalressourcen) durchzuführen hat, um die Zielsetzungen der strategischen Unternehmensplanung zu erfüllen. Das im strategischen Plan vorgegebene operative Programm wird hierbei weiter präzisiert (vgl. Berschin, 1985, S. 184). Im operativen Planungssystem sind grundsätzlich alle Teilpläne miteinander verknüpft. Da aufgrund der Komplexität die Teilpläne nicht simultan geplant werden können, wird in den Vorüberlegungen antizipiert, welcher Funktionsbereich für die Planungsperiode voraussichtlich zum Engpaßfaktor werden könnte. Unterstellt man für seine angebotenen Güter einen Käufermarkt, so wird das - neben den Beschäftigten - in erster Linie der Absatzsektor sein (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 250). Der Absatzplan beinhaltet Informationen über die angestrebten Absatzmengen und die dazu erforderlichen Maßnahmen. Der daran anschließende Finanz- und Investitionsplan setzt sich mit den geplanten Investitionen und der Liquiditätsentwicklung auseinander (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 128; Horváth/Weber, 1990, S. 300). Vor allem müssen bei der Programmplanung auch die Auswirkungen auf den Personalbedarf, das vorhandene Qualifikationsniveau sowie die organisatorischen Veränderungen berücksichtigt werden. Die Planung der konkreten Maßnahmen, d.h. die Planung derjenigen Vorgänge, die zur Durchführung von Strategien erforderlich sind, findet ihre konkrete Fortsetzung im Budget87. Dort wird detailliert nach Kostenstellen differenziert aufgeführt, welche Abteilung welche Mittel für welche Aktionen einsetzen wird, um z.B. bestimmte Umsatzerlöse und Ertragsziele zu realisieren (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 59). Damit erfüllen Budgets eine Prognose-, Überwachungs-, Kontroll- sowie eine Motivations-, Koordinations- und Integrationsfunktion (vgl. Welge, 1992, S. 442f). 87 Das Budget bezeichnet die zahlenmäßige Zusammenfassung (z.B. Kosten, Ertrag, Gewinn) aller kurzfristig angestrebten Pläne eines Unternehmens innerhalb einer festgesetzten Zeitperiode. Damit läßt sich der geplante Periodenerfolg (meist ein Jahr) eines Unternehmens im Vorhinein festlegen (vgl. Hentze/Brose, 1985(b), S. 31). - 141 - Die Budgetplanung erfolgt meist im sog. Gegenstromverfahren, d.h. in “top down“-Richtung wird von der Unternehmensführung eine Vorbudgetierung erstellt, die im Anschluß im “bottom up“-Verfahren von den Abteilungsleitern ergänzt bzw. präzisiert wird (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 361). Diese mittelfristigen Pläne für die einzelnen Bereiche und für das gesamte Unternehmen sollten zur Vergleichbarkeit und aus Praktikabilitätsgründen gleich aufgebaut und strukturiert sein (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 134f). Die Erstellung eines Budgets für die einzelnen Funktionsbereiche und die Zusammenfassung in einem Gesamtbudget bilden den notwendigen Abschluß jeder operativen Planungsarbeit. Darauf aufbauend können budgetierte Erfolgsrechnung und budgetierte Bilanz für das Unternehmen entwickelt werden. Damit ist eine provisorische Gesamtübersicht über die geplante Unternehmensentwicklung erstellt, aufgrund derer die Teilpläne und operativen Teilbudgets aufeinander abgestimmt und letztendlich der endgültige operative Gesamtplan festgelegt werden können (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 115ff). Resultat der Budgetierung88 ist die wertmäßige Zusammenfassung der geplanten Unternehmensentwicklung in der zukünftigen Geschäftsperiode (vgl. Steinmann/ Schreyögg, 1993, S. 333). Die Unternehmensleitung wird durch die Budgetierung verpflichtet, die angestrebten Ziele und Maßnahmen soweit zu präzisieren, daß sie in quantitativen Größen (z.B. Kosten, Ertrag, Gewinn) dargestellt werden können. Deshalb geben Budgets einen wichtigen Anstoß für die Realisierung von Plänen in konkreten Maßnahmen (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 333). Viele Unternehmensführer, speziell in mittelständischen Betrieben, sind der Ansicht, daß die Erstellung von Budgets und deren Kontrolle bei ihrer Unternehmensgröße nicht notwendig sei. Dabei verkennen sie, daß Budgets nicht nur eine Ermächtigung zum Ausgeben darstellen, sondern sie dienen in erster Linie als Steuerungsinstrument. Sie sind als meßbare Werte aufzufassen, die ein Unternehmen in einem vorgegebenen Zeitrahmen mit bestimmten Mitteln erreichen möchte (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 129; Horváth/Weber, 1990, S. 300). Im Verlauf des Planjahres sind kontinuierlich (z.B. monatlich, vierteljährlich) Budgetkontrollen durchzuführen, in Form von Soll-/Ist-Vergleichen sowie ggf. den daraus resultierenden Abweichungsanalysen. Dabei sind folgende Fragen zu berücksichtigen: - Was sind die Gründe für die Abweichung? - Wer trägt die Verantwortung? - Welche Maßnahmen sind zur Behebung zu ergreifen? (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 132; Horváth/Weber, 1990, S. 305). 88 Die Budgetierung umfaßt alle Aufgaben, die zur Erstellung, Verabschiedung und Kontrolle von Budgets gehören (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 326). - 142 - Es bleibt allerdings festzuhalten, daß solche Budgetierungssysteme kein "Allheilmittel" für krisenhafte Unternehmen darstellt. Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Einsatz solcher Systeme ist, das sie von allen Hierarchiestufen mitgetragen und unterstützt werden (vgl. Horváth/ Seidenschwarz, 1990, S. 134; Horváth/Weber, 1990, S. 306f). Oftmals wird die Leistungsfähigkeit der Budgetplanung überschätzt, da zwar die Einhaltung der festgelegten Budgetsätze überwacht werden, selten jedoch deren sinnvolle Verwendung kontrolliert wird (vgl. Kuhn, 1990, S. 91). 3.3.6. Das Controlling als systematische Verknüpfung von Planung, Kontrolle und Information In einem modernen, entscheidungsorientierten Rechnungswesen89 sind Daten erforderlich, die Planung und Kontrolle ermöglichen, die über die wichtigsten Plan-/Zielgrößen (z.B. Rentabilität, Wirtschaftlichkeit, Liquidität) zur Unternehmenssteuerung informieren sowie Verantwortlichkeiten herausstellen (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 122; Horváth/Weber, 1990, S. 293). Um den Mangel der vergangenheitsorientierten Betrachtung der Finanzbuchhaltung abzubauen, gewann Ende der 60er Jahre die aus dem US-amerikanischen stammende Funktion des Controlling auch in Europa zunehmend an Bedeutung (vgl. Berschin, 1985, S. 193; Horváth/Weber, 1990, S. 290; Wagner, 1987, S. 52). Der Begriff "Controlling" und dessen Aufgaben führen bis in die Gegenwart zu unterschiedlichen Interpretationen. Controlling bedeutet nicht ausschließlich Kontrolle, wie vielfach fälschlich angenommen wird. Die Bezeichnung stammt von dem englischen Wort "to control" ab, und die korrekte Übersetzung lautet “steuern, lenken, regeln“ (vgl. Hahn, 1994, S. 167; Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 120; Horváth/Weber, 1990, S. 290). Anfänglich wurde das Controlling nur als Weiterentwicklung des Rechnungswesen angesehen. Zunehmend erstreckt es sich über alle Funktionsbereiche (z.B. Personal-, Vertriebs-Controlling) und Führungsebenen (vgl. Ebert, 1989, S. 52). Die grundlegenden Aufgaben des Controlling sind: 1) Planung (Vorgabe von Soll-Größen) Mittels Planung werden die Unternehmensziele, die zu ihrer Erreichung notwendigen Maßnahmen und der erforderliche Einsatz von Mitteln festgelegt und aufeinander abgestimmt. Nur durch Planung ist die Möglichkeit gegeben, sich mit den Umweltveränderungen kontinuierlich auseinanderzusetzen und somit 89 Das moderne betriebliche Rechnungswesen gilt heutzutage als das bedeutendste entscheidungsorientierte Führungs- und Steuerungsinstrument im Unternehmen. Es ist als zentrales Instrument zur Informationsgewinnung und -verarbeitung ein wesentlicher Teil des "Management-Informations-Systems" (MIS) (vgl. Korndörfer, 1990, S. 354). - 143 - langfristig existenzfähig zu bleiben. Planung bedeutet daher kein starres Festsetzen von Zielen und Aktionen, sondern sie ist ein fortlaufender Prozeß von Anpassungs- und Korrekturmaßnahmen. 2) Kontrolle (Durchführung von Soll-Ist-Vergleichen) Um regelmäßig notwendige Anpassungs- und Korrekturmaßnahmen durchführen zu können, müssen laufende Soll-Ist-Vergleiche die entsprechenden Informationen liefern. Dies setzt insbesondere ein funktionierendes entscheidungsorientiertes Rechnungswesen voraus (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 126f; Horváth/Weber, 1990, S. 297f). 3) Informationssystem (Erfassung und Aufbereitung aller führungsrelevanten Informationen) Zweckorientiertes Wissen muß vor dem Treffen von Entscheidungen vorliegen; deshalb benötigt man eine entscheidungsbezogene Verdichtung der Informationen (vgl. Reichmann, 1995, S. 3). “Das Controlling, als innerbetriebliches Planungs-, Informations- und Kontrollsystem, bildet die Nahtstelle zwischen der extern orientierten strategischen Planung und der intern orientierten operativen Planung und Kontrolle“ (Staehle, 1990, S. 623). Das neue an diesem geläufigen Managementkonzept ist die integrative Verknüpfung, also die führungsunterstützende Koordinationsfunktion, der drei klassischen Führungsaufgaben (Planung, Kontrolle, Information) sowie deren inhaltliche Neubestimmung. Diese drei Funktionen vollzogen sich im veralteten Führungskonzept hauptsächlich im Rahmen des internen Rechnungswesens durch Fortschreibung der Planung, Kontrolle zum Auffinden des Verursachers und Hierarchiedenken (vgl. Ebert, 1989, S. 54; Horváth, 1994, S. 144). Somit ist Kontrolle nur ein kleiner Bereich des Controlling (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 120; Horváth/Weber, 1990, S. 290). Die grundlegende Aufgabenstellung des Controlling liegt im frühzeitigen Aufzeigen von Gefahren und Chancen (Umweltänderungen) für die Erreichung der Unternehmensziele sowie in der Entwicklung und Durchsetzung von Maßnahmen zur erfolgreichen Unternehmenssteuerung. Es kann als eine funktionsübergreifende, ergebnisorientierte Führungskonzeption verstanden werden, deren Instrumentarium dazu beitragen soll, die festgelegten Ziele (z.B. Ertrags- und Existenzsicherung) zu erreichen (vgl. Horváth, 1994, S. 144f; Reichmann, 1995, S. 3f). An den Controllingaufgaben sind nicht die einzelnen Instrumente und die Einzelaufgaben neu, sondern deren integrative Verknüpfung und ihre organisatorische Zentralisation (vgl. Horváth, 1994, S. 73). Erst seit einigen Jahren werden speziell in größeren Autohäusern das Zahlenmaterial des Rechnungswesens systematisch analysiert, Pläne erstellt und die notwendigen Schlußfolgerungen - teilweise in Workshops mit den Abteilungsleitern - gezogen sowie Ziele abgestimmt, um eine effizientere Unternehmensführung zu erreichen (vgl. Diez, 1994(f), S. 243). Einen allgemeingültigen Katalog des Controlling in mittelständischen Unternehmen kann man nicht festlegen. Die Ausgestaltung des "betriebswirtschaftlichen Gewissens" ist u.a. abhängig vom situativen Kontext, von der funktionellen Eingliederung, den Ansprüchen und den Bedürfnissen an das System (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 121; Horváth/Weber, 1990, S. 291). Damit die - 144 - Unternehmensführung komprimierte, entscheidungsorientierte Informationen zur Unterstützung des Führungsprozesses erhält, um Abweichungen von den Zielvorgaben frühestmöglich zu erkennen und diese Differenzen noch während des Planungszeitraums berücksichtigen zu können, bieten sich die nachfolgend näher erläuterten, kurz- bis langfristigen Analyseinstrumentarien an. 3.3.6.1. Inhalt und Umfang des strategischen und operativen Controlling Im Zuge der steigenden strategischen Anforderungen, Sichtweisen und Analyseinstrumentarien ist Anfang der 80er Jahre das operative Controlling durch die strategische Betrachtungsweise erweitert worden. Ursache für diese Ausweitung war insbesondere die Erkenntnis, daß der Gewinn lediglich eine operative Größe darstellt, die ihrerseits entscheidend durch die strategische Größe "Erfolgspotentiale" (z.B. Qualifikation der Beschäftigten, Know-how im Betrieb, Unternehmenskultur) beeinflußt wird (vgl. Ebert, 1989, S. 54; siehe auch Abb. 12). 3.3.6.1.1. Das strategische Controlling Das strategische Controlling umfaßt etwa einen Zeitrahmen von drei bis fünf Jahren und beinhaltet die Koordination von strategischer Planung und Kontrolle mit der strategischen Informationsversorgung (vgl. Horváth, 1994, S. 239; Scherm, 1994, S. 656). Das strategische Controlling hat die Aufgabe, die Unternehmensführung bei der langfristigen Existenzsicherung sowie beim Auf- und Ausbau langfristiger Erfolgspotentiale zu unterstützen. Durch die Bereitstellung von Informationen zur Strategieüberwachung leistet das strategische Controlling einen wesentlichen Beitrag für ein ganzheitlich orientiertes Führungskonzept im Rahmen der strategischen Unternehmensführung (vgl. Korndörfer, 1989, S. 187). Es ist stark (extern) umweltorientiert, während das operative Controlling vorrangig (intern) auf das Unternehmen ausgerichtet ist, um die Wirtschaftlichkeit der betrieblichen Prozesse sicherzustellen (vgl. Reichmann, 1995, S. 373). Das strategische Controllingsystem orientiert sich also nicht an kurzfristigen monetären Zielen, sondern an bestehenden und zukünftigen Erfolgspotentialen und soll dazu beitragen, Strategien zu entwerfen, zu koordinieren und ihre Umsetzung zu unterstützen (vgl. Scherm, 1994, S. 651ff). Problematisch ist, daß der längerfristige Planungshorizont und die Orientierung an strategischen Erfolgspotentialen statt an Gewinngrößen insbesondere bei der Kontrolle strategischer Pläne Schwierigkeiten bereitet. Zielvorgaben in Form von Erfolgspotentialen sind nur sehr eingeschränkt operationalisierbar. Schwierig ist es auch, im Sinne einer feed-forward-Kontrolle den strategisch wichtigen Plan-Plan-Vergleich durchzuführen, d.h. erwartete, auf Vorausschätzungen beruhende Zielerreichungsgrade den Zielvorgaben, die im Rahmen der Planung gewonnen werden, gegenüberzustellen. Eine Ergebniskontrolle in Form eines Soll-Ist-Vergleichs ist aufgrund der Zukunftsorientierung der strategischen Planung zumindest nicht rechtzeitig durchführbar (vgl. Scherm, 1994, S. 656). Dadurch sind keine fundierten Rückschlüsse auf die unzureichende Implementierung - 145 - einer an sich guten Strategie oder der Nachweis essentieller strategischer Fehleinschätzungen (frühzeitig) abzuleiten. Abb. 12: Gegenüberstellung des strategischen und operativen Controlling anhand charakteristischer Merkmale Merkmale Operatives Controlling Strategisches Controlling Orientierung Unternehmen und unternehmensinterne Prozesse operative Planung monatliche Planung, Jahresplanung bis zu 3 Jahren Ausgaben/Einnahmen, Aufwand/Ertrag, Kosten/Leistungen Liquidität, Gewinn, Wirtschaftlichkeit/Rentabilität Unternehmen und Umwelt Planungsarten Planungshorizont Dimensionen Zielgrößen strategische Planung Jahresplanung bis zu fünf Jahren unternehmensinterne Stärken/Schwächen, umweltbedingte Chancen/Risiken Existenzsicherung, Erfolgspotentiale Quelle: in Anlehnung an Horváth, 1994, S. 239 3.3.6.1.2. Das operative Controlling Das operative Controlling umfaßt eine Zeitspanne von bis zu drei Jahren. Die entscheidungsrelevanten, quantitativen Daten stammen primär aus dem betriebsinternen Finanz- und Rechnungswesen. Es unterstützt die Unternehmensleitung bei der mittel- und kurzfristigen liquiditäts- und ergebnisorientierten Steuerung des Betriebes (vgl. Reichmann, 1995, S. 373). Dafür benötigt die Unternehmensleitung einen sicheren Einblick in komplexe betriebliche Sachverhalte (z.B. Wirtschaftlichkeit, Rentabilität, Ertrags-, Finanzlage). Ein wichtiges Hilfsmittel, um rationell wichtiges Datenmaterial für Führungsinformationen zu eruieren, sind betriebsinterne Unternehmensanalysen auf der Grundlage von Kennzahlen, -ziffern und -systemen (vgl. Hummel, 1981, S. 70; Reichmann, 1995, S. 18f). Kennzahlen geben Auskunft über betriebswirtschaftlich relevante Daten bzw. Sachverhalte und vermitteln so einen schnellen und zuverlässigen Einblick in das gesamtbetriebliche Geschehen oder in Teilbereiche (vgl. Hummel, 1981, S. 70; Reichmann, 1995, S. 19). Sie haben somit eine große Bedeutung für die Führung von Unternehmen (vgl. Korndörfer, 1990, S. 371). Durch regelmäßiges, sachkundiges Aufbereiten, Kontrollieren und vor allem Analysieren entsprechender (Check-)Listen erhält man ein effizientes Instrument der Unternehmensführung, um frühzeitig negativen Entwicklungen (z.B. Rentabilitätseinbußen) entgegensteuern zu können. Über Arten und Gliederungsmöglichkeiten betrieblicher Kennzahlen gibt es in der Praxis und in der betriebswirtschaftlichen Literatur keine Übereinstimmung (vgl. Korndörfer, 1989, S. 88). Sie müssen vielmehr im Kontext der jeweiligen Branche, Unternehmensgröße und deren individuellen Anforderungen betrachtet werden. - 146 - Generell eignen sich folgende Controlling-Instrumente für mittelständische (Kfz-)Unternehmen, um einen Überblick über die wirtschaftliche Lage, Entwicklung, Abweichungen von den Zielvorgaben etc. zu bekommen sowie ggf. frühzeitig gegensteuern zu können: - kurzfristige Erfolgsrechnung (z.B. Umsatz, Vertriebs-, Verwaltungskosten, Betriebsergebnis); - Leistungskennzahlen (z.B. Produktivität, Leistungsgrad, Jahresleistung, Soll-/Ist-Vergleich); - Kostenübersicht (z.B. Kostenartengruppen, variable und fixe Kosten, Kennzahlen); - Planungsrechnung (z.B. Umsatz-, Kosten-, Gewinnplanung); - Personalkennzahlen (z.B. Beschäftigungsstand, Lohn- und Gehaltskosten, Fluktuation); - Betriebsvergleich (überbetrieblich und zwischenfabrikatlich); - Berichterstattung (z.B. Checklisten). Ein einfaches System der Deckungsbeitragsrechnung auf Plankostenbasis ist zur Realisierung eines Controllingsystems auch in mittelständischen Unternehmen künftig unerläßlich. Für eine entscheidungsorientierte Kosten- und Leistungsrechnung ist es notwendig, die Kosten und Leistungen kontinuierlich (monatlich, viertel-, halb-, ganzjährlich) einander gegenüberzustellen. Die daraus resultierende kurzfristige Erfolgsrechnung (=Kostenträgerzeitrechnung) liefert wichtige Informationen bezüglich der Erfolgssituation einzelner Produkte, Abteilungen und des gesamten Betriebes (vgl. Horváth/Seidenschwarz, 1990, S. 125; Horváth/Weber, 1990, S. 296). Die verantwortlichen Abteilungsleiter müssen unbedingt in die Planung und monatliche Berichterstattung einbezogen werden, da sie evtl. auftretende Abweichungen aus eigenem Wissensstand schnell erklären können. Aufgrund ihres abteilungsspezifischen Fachwissens erkennen sie oftmals sofort realisierbare Korrekturmöglichkeiten, um das Unternehmensziel für ihren Verantwortungsbereich umsetzen zu können (vgl. Steiner, 1991(a), S. 23). Es ist festzuhalten, daß die Verzahnung zwischen strategischem und operativem Controlling von großer Bedeutung ist. Damit kann frühzeitig erkannt werden, ob operative Ergebnisabweichungen ausschließlich auf der mangelhaften Umsetzung einer an sich guten Strategie oder auf temporäre situative Störfaktoren zurückzuführen sind, oder ob sie Ausdruck essentieller strategischer Fehlentscheidungen sind, die nur auf der entsprechenden Entscheidungsebene behoben werden können (vgl. Horváth, 1994, S. 241; Reichmann, 1995, S. 373). Die nachfolgend dargestellten Ansätze des Controlling befassen sich vorrangig mit der Erfassung der in den indirekten Leistungsbereichen von Unternehmen anfallenden Gemeinkosten und deren weitgehendst verursachungsgerechten Zurechnung auf Kostenträger, um sowohl unwirtschaftliche Prozesse sichtbar zu machen als auch die leistungsfähigsten zu identifizieren. - 147 - 3.3.6.2. Das Target Costing und die Prozeßkostenrechnung zur Unterstützung strategischer und operativer Entscheidungen Während herkömmliche Kostenrechnungssysteme von den entstehenden Produktkosten90 ausgehen (“Was wird uns ein Produkt kosten?“), erfolgt bei dem in den 70er Jahren in Japan entwik??kelten Target Costing bzw. Zielkostenmanagement die Kostenkalkulation anhand einer strikten Marktorientierung (“Was darf uns ein Produkt höchstens kosten?“) (vgl. Horváth, 1994, S. 478; Reichmann, 1995, S. 410). Dabei handelt es sich nicht um ein Kostenrechnungsverfahren, sondern um einen umfassenden Kostenplanungs-, -steuerungs- und Kontrollprozeß, integriert in den Gesamtprozeß (vgl. Horváth, 1994, S. 477). Gerade in stark wettbewerbsintensiven Märkten sind die einzigen Kosten, die für ein Unternehmen relevant sind, die Kosten, die der Markt erlaubt. Zielsetzung des Target Costing ist es, ein Produkt oder eine Leistung zu einem marktgerechten Qualitäts-Preis-Verhältnis zum richtigen Zeitpunkt am Markt anzubieten. Das setzt voraus, die Faktoren Qualität, Zeit und Kosten als Paket besser zu beherrschen als die Konkurrenz (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 50ff). Kernelement dieser Betrachtungsweise ist die Ausrichtung der Aktivitäten an den vom Markt gewünschten Produktmerkmalen und -eigenschaften, die sich wiederum in Produktfunktionen darstellen lassen (vgl. Horváth, 1994, S. 479). Eine wesentliche Schwachstelle von Unternehmen ist oftmals die Erfüllung nicht gewünschter (Zusatz-)Kundenanforderungen, verschwenderisches Design und die Ausstattung von Produkten und/oder Leistungen mit vom Kunden gar nicht gewünschten Funktionen (sog. over engineering), z.B. aufgrund einer zu starken High-Tech-Orientierung (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 53). Ausgangspunkt ist die Zielkostenfindung in Abhängigkeit zur Unternehmenssituation und -strategie. Je marktnäher diese erfolgen kann, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Mit diesen Zielkosten setzt Target Costing eine Art Klammer um das Unternehmen und richtet durch seine aus dem Markt abgeleitete Kostenplanung die gesamten Unternehmensaktivitäten auf die Marktanforderungen aus - ganz im Sinne der Wertkette von Porter. Nur erfolgt hier eine strikte Kundenorientierung nicht nur mit qualitativen Zielkriterien, sondern mit Hilfe konkret faßbarer, wertmäßiger Steuerungskriterien, mit Zielkosten (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 59; Reichmann, 1995, S. 423). Bei der Reinform der Zielkostenfestlegung (Market into Company) wird ausgehend von dem Preis (ohne gesetzliche Mwst.), den die Kunden bereit sind, am Markt zu bezahlen, vermindert um die gewünschte Gewinnspanne, errechnet, wie hoch die sog. “vom Markt erlaubten Kosten“ sein dürfen. Technologische und personelle Überlegungen haben in dieser ersten Phase nur eine untergeordnete Bedeutung (vgl. Horváth, 1994, S. 480; Seidenschwarz, 1991, S. 61). 90 Unter dem Begriff “Produkte“ werden in diesem Fall folgende Marktleistungen subsumiert: Hard- und Softwareprodukte, Stück- und Massengüter, Dienstleistungen und auch Kombinationen aus diesen Kategorien. - 148 - Die Produktstandardkosten bilden im Target Costing-Prozeß den Fixpunkt aller weiteren Bemühungen zur Umsetzung des “Kundenwunsches“ (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 66). Insbesondere für Unternehmen, die üblicherweise durch einen hohen Gemeinkostenanteil gekennzeichnet sind, ist es empfehlenswert, neben dem Target Costing auch die Prozeßkostenrechnung einzuführen (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 50). Die Mitte der 80er Jahre in den Vereinigten Staaten entwickelte Prozeßkostenrechnung ist eine Methodik, mit deren Hilfe vor allem die Kosten der indirekten Bereiche des Unternehmens (=Gemeinkostenbereiche) besser geplant, gesteuert bzw. auf das Produkt verrechnet werden können (vgl. Mayer, 1991, S. 75). Sie betrachtet die grobstrukturierte Abfolge der durchgeführten Tätigkeiten (=Wertkette), mit denen ein Unternehmen in einem Geschäftsbereich seine Güter und Dienstleistungen produziert und den Kunden anbietet. Dabei werden nicht nur die Aktivitäten auf der Kostenseite berücksichtigt, sondern diese auch auf den Bereich der Leistungen ausgedehnt (vgl. Gutschelhofer/ Riegler, 1994, S. 62f). Mit der Erweiterung der funktionalen Sichtweise durch eine prozeßorientierte Betrachtung wird angestrebt, die Prozesse besser zu beherrschen, den Fluß der Auftragserfüllung vor allem an den Schnittstellen zu vereinfachen, zu beschleunigen und durch ein prozeßorientiertes Kostenmanagement einen Beitrag zur größeren Kostentransparenz zu leisten (vgl. Kunesch, 1993, S.17), um damit Einsparungspotentiale zu ermitteln. Damit führt die Prozeßkostenrechnung in konsequenter Weise die Prinzipien der Prozeßorientierung auch im Rechnungswesen weiter. Sie ist vorrangig auf eine detaillierte Erfassung und Verrechnung der (fixen) Gemeinkosten ausgerichtet, die in den sog. indirekten Leistungsbereichen bzw. Kostenstellen anfallen, sowie deren (weitestgehend) verursachungsgerechte Zurechnung auf Kostenträger (vgl. Glaser, 1992, S. 276; Horváth, 1994, S. 488; Mayer, 1991, S. 75). Nur ein verursachungsgerechtes Einbeziehen der relevanten Gemeinkosten(prozesse) zeigt auf, ob das Unternehmen an einer Variante verdient, ein Marktsegment Überschuß bringt, Kleinaufträge sich lohnen oder Fremdbezug der Eigenfertigung vorzuziehen ist (vgl. Mayer, 1991, S. 75). Die Prozeßkostenrechnung erfüllt bereits bei der Überprüfung der Unternehmenskostensituation für das zu realisierende Produkt eine wichtige Basisfunktion, und zwar die “richtigen“ Kosten darzustellen, richtig im Sinne der verursachungsgerechten Zuordnung der für das Produkt zu erwartenden Gemeinkosten (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 66). Damit unterstützt dieser neue Ansatz der Kostenrechnung die Unternehmensführung bei der operativen und strategischen Kalkulation und Entscheidungsfindung. Voraussetzung für den Aufbau einer Prozeßkostenrechnung ist eine Analyse und Strukturierung aller in den involvierten Unternehmensbereichen durchgeführten Tätigkeitsbereiche. Die im Rahmen der Tätigkeits- bzw. Prozeßanalyse ermittelten vielfältigen Teilprozesse sind zweidimensional zuzuordnen, - 149 - zum einen der durchzuführenden Kostenstelle und zum anderen dem abteilungsübergreifenden Hauptprozeß (vgl. Horváth, 1994, S. 489). Dabei handelt es sich um abteilungsübergreifende Vorgänge (z.B. Arbeitsvorbereitung, Auftragsabwicklung, Händlerbetreuung, Qualitätssicherung, Vertrieb, Rechnungswesen, Serviceleistungen), die das Gemeinkostenvolumen beeinflussen. Die Bestimmungsgröße hierfür sind die Kosteneinflußgrößen (vgl. Mayer, 1991, S. 75). Das eigentlich Neue, der zentrale Punkt der Prozeßkostenrechnung und zugleich der wesentliche Unterschied zur flexiblen Plankostenrechnung ist das Zusammenfassen von Teilprozessen zu wenigen abteilungsübergreifenden Hauptprozessen, die über ihre Kostentreiber (Cost Driver) das Gemeinkostenvolumen bestimmen (vgl. Mayer, 1991, S. 79). Dies ermöglicht einen detaillierten Einblick in kostenstellenübergreifende Zusammenhänge (vgl. Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 65) und liefert damit Anhaltspunkte für kostensenkende Maßnahmen im Prozeßbereich. Die Verknüpfung schafft erst die Möglichkeit, über die Planung weniger Hauptprozesse und deren Anzahl an Kostentreibern den Kapazitätsbedarf und die Plankosten auf alle Kostenstellen herunterzurechnen. Sie ermöglicht Simulationen, mit deren Hilfe aufgezeigt werden kann, welche Gemeinkostensequenzen aus Alternativen der Vertriebsstruktur, des Vertriebs und Produktionsprogramms, der Beschaffungsstruktur etc. zu erwarten sind. Darüber hinaus läßt sich die Anzahl durchgeführter Hauptprozesse und deren Kosten auch tatsächlich ermitteln, so daß auch Soll-IstAbweichungen durchgeführt werden können (vgl. Mayer, 1991, S. 80). Für jede Kostenstelle der indirekten Bereiche wird also eine Art Bezugsgrößendenken eingeführt. Teilprozesse in einer Kostenstelle sind damit nichts anderes als verschiedene Tätigkeitsbereiche, die mengen- und wertmäßig erfaßt werden (vgl. Mayer, 1991, S. 80). Zur Optimierung der Struktur der indirekten Leistungsstellen ist im Rahmen der Prozeßanalyse zu klären, welche Aufgaben bzw. Prozesse für die Erreichung der Unternehmensziele zwingend erfüllt werden müssen und welche bisher verrichteten Tätigkeiten unnötig sind (vgl. Glaser, 1992, S. 277; Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 65). Im Anschluß an die Identifizierung aller Prozesse innerhalb einer Kostenstelle sind diese daraufhin zu überprüfen, ob sie sich in Abhängigkeit von dem in der Kostenstelle zu erbringenden Leistungsvolumen jeweils mengenvariabel oder -fix verhalten. Dementsprechend erfolgt die Unterscheidung in “leistungsmengeninduzierte“ und “leistungsmengenneutrale“ Prozesse (vgl. Horváth, 1994, S. 489; Glaser, 1992, S. 278; Mayer, 1991, S. 87). Bei den Erstgenannten handelt es sich um repetitive Aufgaben weitgehend gleichen Inhalts, die in den (traditionellen) Kostenstellen ablaufen. Für diese Prozesse sind zur Quantifizierung des jeweiligen Prozeßumfangs geeignete Maß- bzw. Prozeßgrößen festzulegen (vgl. Glaser, 1992, S. 278; Ossadnik/Maus, 1995, S. 147f). - 150 - Für die leistungsmengenneutralen Prozesse benötigt man wiederum keine Maßgrößen, da sie kaum analytisch planbar sind und i.d.R. auch nicht budgetiert werden (vgl. Horváth, 1994, S. 490; Mayer, 1991, S. 87). Dazu gehören Tätigkeiten wie Personalführung, interne Kommunikation usw., die als leistungsmengenneutraler Teilprozeß “Abteilung leiten“ zusammengefaßt werden (vgl. Mayer, 1991, S. 87). Insgesamt wird mit einer Gemeinkostenverrechnung mittels Prozeßkostenrechnung im Vergleich zu traditionellen Kostenrechnungssystemen ein höheres Maß an Verursachungsgerechtigkeit erreicht, da die indirekten Kosten nicht mehr als pauschale Zuschläge zu den Produktionseinzelkosten, sondern entsprechend den sie auslösenden Leistungsprozessen zugerechnet werden. Dies kann zu erheblichen, gegenüber klassischen Kalkulationen abweichenden Kostenwerten mit Folgen für strategische Entscheidungen führen. Die Prozeßkostenrechnung vermag aufgrund ihrer prozeßorientierten Betrachtungsweise unwirtschaftliche Aktivitäten im Wertschöpfungsprozeß aufzudecken und damit Anhaltspunkte für kostensenkende Maßnahmen im Prozeßbereich geben (vgl. Ossadnik/Maus, 1995, S. 150). Sie weist auf die (Nicht-)Ausnutzung vorhandener Kapazitäten hin und liefert Signale für die mittel- und langfristige Planung. Ferner schafft sie durch die richtige Ermittlung des Ressourcenverbrauchs und dessen Zuordnung auf die Produkte auch entscheidende Informationen für die langfristige und strategische Marktpositionierung und damit auch für Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen. Prozeßkostenrechnungen ergänzen und detaillieren also den Informationsoutput für Investitionsrechnungen (Investitionsrechnungen sind ressourcenorientiert, Prozeßkostenrechnungen sind prozeß- bzw. produktorientiert) (vgl. Horváth, 1994, S. 497f). Dadurch wird sie zu einem wichtigen Auslöser für strategische Entscheidungen, auch wenn Strategien sich nicht ausschließlich auf Kosten stützen können (vgl. Ossadnik/Maus, 1995, S. 150). Das Zusammenspiel der Prozeßkostenrechnung und des Target Costing kann die Unternehmensführung unterstützen, unwirtschaftliche Prozesse sichtbar zu machen sowie die leistungsfähigsten herauszufinden (vgl. Hinterhuber/Matzler, 1995, S. 135), da sowohl die Unternehmens- als auch die Markt- und Kundenanforderungen berücksichtigt werden. Damit wird eine Gemeinkostentransparenz geschaffen, die es zum einen ermöglicht, in Abhängigkeit unterschiedlicher Produktausgestaltungen Kalkulationen über zu erwartende Prozeßkosten zu liefern und zum anderen auch gemeinkostenträchtige Rationalisierungspotentiale aufzuzeigen (vgl. Seidenschwarz, 1991, S. 68). Sowohl in Industrie- als auch in Dienstleistungsunternehmen werden beide Ansätze mittlerweile erfolgreich eingesetzt (vgl. Diez, 1996, S. 48) und haben z.T. erhebliche Rationalisierungs- und Einsparungsmöglichkeiten aufgedeckt, verbunden mit veränderten Produktionsmethoden, Organisationsabläufen, Qualifikationsanforderungen, Personalabbau etc. - 151 - Seit Mitte der 90er Jahre hat das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) an der Fachhochschule Nürtingen sukzessive Prozeßkostenrechnungen für die verschiedenen Leistungsbereiche von KfzBetrieben (Neu- und Gebrauchtwagenverkauf, Service, Teilebereich) entwickelt. Diese umfassende prozeßorientierte Kalkulation soll die Kfz-Händler auf ihre vielfältigen kostenintensiven indirekten und abteilungsübergreifenden Leistungen (z.B. zahlreiche Vorführwagen, kostenlose KundendienstErsatzfahrzeuge, Hol- und Bringservice) hinweisen sowie mögliche Kostensenkungspotentiale bzgl. Personalkosten, Nachlaßverhalten, kostenlosen Zugaben etc. aufzeigen. Die Einführung einer Prozeßkostenrechnung in einem Kfz-Betrieb stellt hohe Anforderungen an das Finanz- und Rechnungswesen. Ferner bedarf es u.a. detaillierter Tätigkeitsanalysen, die in den wenigsten Autohäusern vorliegen (vgl. Diez, 1996, S. 48). 3.4. Die Organisationsstruktur in mittelständischen Kfz-Betrieben Während im ersten Teil der nachfolgenden Ausführungen auf die bisher überwiegend vorzufindenden horizontalen und vertikalen Unternehmens- und Arbeitsorganisationen in kleineren und mittleren Autohäusern eingegangen wird, beinhaltet der zweite Abschnitt die im Zusammenhang mit Lean Management eingeführten neuen markt- und prozeßorientierten Organisationsformen, die sich direkt an der Wertschöpfungskette ausrichten und eine verstärkte Fokussierung auf die Kunden- und Mitarbeiterbedürfnisse aufweisen. 3.4.1. Die Unternehmens - und Arbeitsorganisation 3.4.1.1. Gründe für die Notwendigkeit der Aufgabenverteilung Die in den Unternehmenszielen (z.B. Gewinnerzielung, Rentabilität, umfassender Service) fixierte und in Strategien konkretisierte Gesamtaufgabe (z.B. Produktion, Handel, Dienstleistung) eines Unternehmens ist grundsätzlich so umfangreich, daß sie von einer Person nicht allein ausgeführt werden kann (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 382). Aus diesem Grunde müssen in Unternehmen, in denen mit Hilfe von Menschen, Maschinen, Werkstoffen etc. arbeitsteilig Leistungen erbracht werden, die zu erfüllenden Aufgaben - einerseits sinnvoll in Teilaufgaben aufgeteilt und unterschiedlichen Aufgabenträgern (z.B. Führungskräften, Mitarbeitern) zugeordnet werden (Differenzierungsfunktion = Arbeitsteilung und Spezialisierung) und - andererseits die separat erledigten Aufgaben wieder zusammengeführt werden (Integrations-/ Koordinationsfunktion = Zusammenführung und Steuerung) (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 188; Liebel/Oechsler, 1994, S. 122; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 382; Ulrich/Fluri, 1992, S. 171). - 152 - Die beiden Betrachtungsweisen Differenzierung und Koordination bedingen sich gegenseitig. Die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichtes zwischen den beiden komplementären Aufgabenbereichen bezeichnet das organisatorische Grundproblem (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 382; Ulrich/Fluri, 1992, S. 171). Je umfassender die Arbeitsteilung gewählt wird, desto komplexer sind auch die Anforderungen an die Organisation (vgl. Kayser, 1990, S. 76). Unter dem hier betrachteten instrumentellen Organisationsbegriff91 versteht man die Gesamtheit aller formalen Regelungen (z.B. Aufgabenverteilung, Koordination, Kompetenzabgrenzungen, Weisungsbefugnisse), die den Zweck haben, die geplanten Unternehmensziele durch optimale Kombination der einzelnen Leistungsträger (Menschen, Maschinen, Werkstoffe, Werkzeuge etc.) zu erreichen. Organisatorische Regelungen zielen vorrangig auf das Verhalten und die Aktivitäten der Belegschaft, um deren Handlungsweisen zu bestimmen und damit vorhersehbar zu machen. Sie geben Ordnung, strukturieren Situationen und geben Anweisungen, wie in bestimmten Situationen vorzugehen ist (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 379ff). Die Organisation als Führungsinstrument hat ganz allgemein die Aufgabe, die Unternehmensleitung bei der Realisierung der von ihr geplanten Ziele und Maßnahmen zu unterstützen (vgl. Korndörfer, 1990, S. 386). Organisieren ist dabei kein rein statischer Vorgang im Sinne einer einmaligen, formalen Strukturierung des Betriebes. Es ist vielmehr ein permanentes Problem, das Diagnosefähigkeiten, gestalterische Phantasie und das Vermögen, organisatorische Veränderungen durchzuführen, verlangt, um die Ziele, Personen und Sachmittel, die mit dem Unternehmen verbunden sind, miteinander zu verknüpfen (vgl. Kayser, 1990, S. 75; Steinmann/ Schreyögg, 1993, S. 378). Unter Verwendung der instrumentellen Sichtweise nennt man die durch (systematische) Regeln aufgestellte Ordnung des Gesamtunternehmens sowie der einzelnen Funktionsbereiche “Organisationsstruktur“ bzw. “Organisationsgestaltung“ (vgl. Malik, 1981(a), S. 21; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 379). Sie dient der Umsetzung der sachlich und zeitlich vorgelagerten Planung (vgl. Korndörfer, 1989, S. 157). Die Organisationsgestaltung darf jedoch kein starres Korsett sein, sondern sie muß den wandelnden Markt- und Kundenbedürfnissen flexibel angepaßt werden und die zunehmenden Interdependenzen zwischen einzelnen Funktionsbereichen und Teams berücksichtigen. Durch die zunehmend von Unternehmen geforderte Flexibilität und Schnelligkeit der Entscheidungsfindung, verbunden mit stärkerer 91 Der Begriff “Organisation“ wird grundsätzlich in drei verschiedenen Bedeutungen eingesetzt. Zum einen als soziales Gebilde (das Unternehmen selbst), zum anderen als sozio-technisches System (verhaltenswissenschaftliche, soziologische Betrachtungsweise) sowie als Instrument (vgl. Staehle, 1990, S. 627; Thommen, 1990, S. 549). Die letztgenannte, instrumentelle Betrachtungsweise, die in der vorliegenden Arbeit zugrundegelegt wird, befaßt sich mit den Mitteln zur Umsetzung von Strategien und zur Erreichung von Unternehmenszielen (vgl. Staehle, 1990, S. 627). - 153 - Delegation von (Teil-)Verantwortung auf die zuständigen Mitarbeiter, sowie veränderten innerbetrieblichen Informations- und Kommunikationsstrukturen besteht eine starke Tendenz, Hierarchien abzuflachen und zu dezentralisieren (vgl. Soltwedel, 1995, S. 13). 3.4.1.2. Stellen- und Abteilungsbildung in Unternehmen Unter Stellen- bzw. Abteilungsbildung wird die Zuordnung von Teilaufgaben auf Aufgabenträger verstanden. Sie kann entweder auf Dauer oder auch nur für begrenzte Zeit erfolgen (vgl. Staehle, 1990, S. 654). Eine Stelle ist die kleinste organisatorische Einheit, die sich aus mehreren Teilaufgaben (z.B. Schreiben, Telefonieren, Daten eingeben) zusammensetzt (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 193; Wagner, 1991, S. 83). Sie wird grundsätzlich unabhängig vom jeweiligen Stelleninhaber konzipiert (vgl. Staehle, 1989(a), S. 79; Staehle, 1990, S. 654). Die Zusammenfassung mehrerer Stellen, die gemeinsame oder direkt zusammenhängende Aufgaben erfüllen, unter eine einheitliche, verantwortliche Leitungsstelle (sog. Instanz), d.h. unter eine Stelle mit Anordnungsbefugnis in der Unternehmenshierarchie, wird als Abteilung bezeichnet (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 198; Staehle, 1989(a), S. 79f; Staehle, 1990, S. 654; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 383). Die Bildung von Abteilungen beinhaltet die Entscheidungen über Aufgaben-, Informations- und Machtzuteilungen. Sie bilden die Nahtstelle zwischen den grundlegenden Konzepten Differenzierung und Koordination (vgl. Staehle, 1989(a), S. 83). Die Art der Organisation der Unternehmensleitung hat direkt keinen Einfluß auf die eigentlichen Unternehmensziele. Indirekt strahlt sie auf den Grad der Erreichbarkeit der Zielsetzung aus, da von der Ausgestaltung der Unternehmensführung positive oder negative Auswirkungen auf die Arbeitnehmer ausgehen können, die durch ihre Motivation und Arbeitsfreude die Unternehmensleistung wesentlich beeinflussen können (vgl. Deckert et al., 1979, S. 10). Deshalb muß eine möglichst verständliche, also von den Beteiligten akzeptierte und als gerecht angesehene Gestaltung der Zusammenarbeit, der Kompetenzen und Weisungsbefugnisse zwischen der Unternehmensführung und den einzelnen Funktionsbereichen (=vertikal), und innerhalb der Abteilungen (=horizontal) gefunden werden. Andernfalls können Diskrepanzen zwischen den einzelnen Abteilungen entstehen, die den Betriebsablauf nachhaltig stören. Auf die verschiedenen Gestaltungsvarianten, d.h. wie der Ablauf zwischen der Unternehmensleitung, den nachgeordneten Abteilungen sowie den Abteilungen und den dazugehörigen Stellen untereinander geregelt werden kann (vgl. Deckert et al., 1979, S. 10f), wird nachfolgend genauer eingegangen. 3.4.1.2.1. Horizontale Differenzierung Im Rahmen der organisatorischen Gestaltung sind die einzelnen Teilaufgaben zu Aufgabenkomplexen, in Stellen bzw. Abteilungen, möglichst zweckmäßig zusammenzufassen und den einzelnen Aufgabenträgern - 154 - zuzuordnen. Bei der Aufgabenverteilung ist nach den beiden alternativen Strukturierungsprinzipien Zentralisation bzw. Dezentralisation vorzugehen (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 205). Dabei bedeutet Zentralisation, daß Teilaufgaben hinsichtlich eines bestimmten Kriteriums zu einer Stelle oder Abteilung zusammengefaßt werden und diese die gleichgearteten Aufgaben erledigt. Bei der Dezentralisation der Aufgabenverteilung werden hingegen gleichartige Aufgaben verschiedenen Stellen oder Abteilungen im Unternehmen zur Erfüllung übertragen. In der Praxis werden beide Prinzipien nebeneinander eingesetzt (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 206; Staehle, 1989(a), S. 80; Staehle, 1990, S. 654). In welchem Ausmaß die Unternehmensführung Verantwortung und Selbständigkeit an nachgeordnete Instanzen überträgt, hängt von der jeweiligen Branche, Unternehmensgröße und vor allem den personellen Gegebenheiten sowie anderen, internen Entscheidungskriterien ab. Ab einer bestimmten Unternehmensgröße wird eine begrenzte Delegation der Aufgaben unumgänglich sein. Die durch dezentrale Aufgabenverteilung möglichen Kompetenzstreitigkeiten können dadurch eingeschränkt werden, daß die Unternehmensführung bestimmte Rahmenordnungen festsetzt, die von den nachgeordneten Instanzen einzuhalten sind (vgl. Korndörfer, 1990, S. 392f). Die Spezialisierung, d.h. die Aufteilung der betrieblichen Gesamtaufgabe in komplexe Teilaufgaben unterschiedlicher Art, Schwierigkeit, Zeitdauer etc., auf die dafür qualifizierten Mitarbeiter ist in Kleinund Mittelbetrieben nur begrenzt, im funktionsbezogenen Maß (z.B. Verkauf, Kundendienst, Werkstatt) vorzufinden (vgl. Kayser, 1990, S. 83f). 3.4.1.2.1.1. Die funktionale Organisationsgestaltung als bedeutendste Form der horizontalen Stellen- und Abteilungsbildung in Autohäusern Die horizontale Differenzierung der verschiedenen, nebeneinander arbeitenden Aufgabenträger erfolgt auf der zweiten hierarchischen Ebene alternativ nach den folgenden drei Merkmalen: - Funktion bzw. Verrichtung, - Objekt, - Region. Da in mittelständischen Betrieben und vor allen Dingen in Autohäusern primär die verrichtungsorientierte bzw. funktionale Organisationsstruktur vorliegt (siehe Abb. 13), wird auf die anderen beiden geläufigen Formen der Stellenbildung nach Objekten bzw. Regionen92 nicht näher eingegangen. Sie eigenen sich vorrangig für international tätige Großunternehmen, die gleichzeitig über eine Geschäftsbereichs- oder Spartenorganisation verfügen (vgl. Staehle, 1990, S. 693ff). 92 Umfangreiche Ausführungen über objektorientierte und regionale Stellen- und Abteilungsbildung befinden sich u.a. in: Staehle, 1989(a), S. 85f; Staehle, 1990, S. 694ff; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 385ff; Thommen, 1990, S. 570ff. - 155 - Abb. 13: Darstellung der funktionalen bzw. verrichtungsorientierten Organisationsstruktur Unternehmensleitung Fahrzeughandel Neu- Gebrauchtwagen wagen Kundendienst-/Werkstattbereich Kundendienst- Reparaturannahme werkstatt Ersatzteile- und Zubehörhandel Teileverkauf Teilelager Finanzbuchhaltung Rechnungswesen Kosten- u. Erlösrechn. Quelle: in Anlehnung an Staehle, 1990, S. 693 Bei dieser verbreitetsten Form der organisatorischen Arbeitsteilung erfolgt die Spezialisierung nach Verrichtungen oder betrieblichen Funktionen (z.B. Absatz, Rechnungswesen) ab der zweiten Hierarchieebene. Gleichartige Verrichtungen - dies gilt sowohl für die Stellen- als auch für die Abteilungsbildung - werden in Aufgabenkomplexe zur Verrichtungszentralisation zusammengefaßt (vgl. Staehle, 1989(a), S. 84; Staehle, 1990, S. 693; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 384; Wagner, 1991, S. 89). Auf der dritten Hierarchieebene werden die organisatorischen Einheiten typischerweise nach Produkten (z.B. Neu-, Gebrauchtwagen, Ersatzteile und Zubehör) geordnet (vgl. Staehle, 1989(a), S. 84; Staehle, 1990, S. 693). Die bei der Abteilungsbildung nach verschiedenen Verrichtungen entstehenden hierarchischen Strukturen bieten sich gleichzeitig als Koordinationsinstrument an (vgl. Staehle, 1989(a), S. 83; Staehle, 1990, S. 630). Das Verrichtungsmodell findet am häufigsten Anwendung in Klein- und Mittelbetrieben mit einem homogenen Leistungsprogramm (vgl. Staehle, 1989(a), S. 84; Staehle, 1990, S. 693; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 385) und einer relativ stabilen Umwelt, "wo durch funktionale Spezialisierung hohe Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung und -verwertung angestrebt wird" (Staehle, 1990, S. 693). Insbesondere aufgrund der vorhandenen Schnittstellen, also der Verknüpfungen, an denen besonders eng zusammengearbeitet werden muß, ist es dringend erforderlich, die Aufgaben präzise aufzuteilen und festzustellen, welche Stelle bzw. Abteilung welche Aufgaben zu erfüllen hat. Speziell die Aufgabenabgrenzung muß möglichst detailliert sein. Sonst tritt das ein, was unbedingt vermieden werden soll, nämlich Doppelarbeit, Unsicherheit über Zuständigkeiten und Absicherungstaktiken sowie Verschiebung von Verantwortlichkeiten, weil keiner genau weiß, wer was zu erledigen hat (vgl. Wagner, 1991, S. 91). - 156 - Ferner besteht die Gefahr, daß die organisatorisch separierten Einheiten lediglich ihre speziellen (Teil-) Aufgaben und -Ziele betrachten, ohne den engen sachlichen Zusammenhang zwischen allen Aufgaben und dem Gesamtziel zu berücksichtigen (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 395). Gerade in größeren Autohäusern kann die funktionale Organisation zu Schwierigkeiten bei der Kundenbetreuung führen, da zwischen Verkauf und Kundendienst häufig eine Rivalität besteht. Nur mit bereichsübergreifenden Konzepten (z.B. Team-Konzept, Betreuungsteam), auf die nachfolgend eingegangen wird, ist es möglich, eine integrierte Kundenkommunikation zu erreichen. Um diese Schwächen der funktionalen Organisation zu kompensieren, empfiehlt sich u.a. eine stärkere horizontale Abstimmung bzw. bereichsübergreifende Koordination zwischen den einzelnen Funktionsbereichen (z.B. Verkauf, Kundendienst/Werkstatt, Verwaltung). Dazu sind beispielsweise regelmäßige Komitees und Koordinationssitzungen (z.B. einmal pro Woche) der Abteilungsleiter und/oder Führungskräfte einzurichten (vgl. Staehle, 1990, S. 694), in denen eine größere Sensibilisierung für die Probleme der einzelnen Funktionsbereiche bzw. deren Führungskräfte und ein ressortübergreifendes, partizipatives Denken, Handeln und Zusammenarbeiten erreicht werden soll. 3.4.1.2.1.2. Teilautonome Profit Center als moderne Form der Abteilungsbildung In vielen Großunternehmen und zusehends auch in mittelständischen Betrieben wie Autohäusern mit verrichtungsorientierter Organisationsgestaltung werden seit einigen Jahren die einzelnen Abteilungen (z.B. Verkauf, Kundendienst, Verwaltung) als eigenständige "Profit Center" betrachtet. Dabei handelt es sich um kleinere, flexiblere Einheiten im Gesamtunternehmen, die quasi als teilautonome, dezentralisierte Subunternehmen geführt werden (vgl. Mohn, 1985, S. 18; Staehle, 1989(a), S. 87; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 385ff; Ulrich/Fluri, 1992, S. 179). Das Profit Center wird grundsätzlich von einem oder mehreren Führungskräften weitgehend eigenverantwortlich geleitet. Das Hauptziel dieser quasi eigenständigen Subunternehmen ist die Erzielung eines vorgegebenen Gewinnes, Deckungsbeitrages usw. (vgl. Staehle, 1989(a), S. 87; Staehle, 1990, S. 696). Darüber hinaus müssen vorgegebene Nebenbedingungen (z.B. Qualität der Produkte, Serviceleistungen) eingehalten werden (vgl. Thommen, 1990, S. 581). Um eine Rentabilitätskontrolle der einzelnen Profit Center zu erhalten, ist es notwendig, daß fremde Leistungen von anderen Abteilungen bzw. Betrieben gekauft und eigene Erzeugnisse an andere verkauft werden dürfen, und zwar zu den Preisen, die auf einer eigenständigen Kalkulation des Subunternehmens basieren (vgl. Staehle, 1989(a), S. 87; Staehle, 1990, S. 696). I.d.R. bieten die zentralen Dienststellen im Unternehmen als sog. Service Centers ihre Leistungen den Profit Centers zu internen Verrechnungspreisen an (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 183). Die Vorzüge dieser Profit Center-Organisationsform sind: - 157 - - Die Delegation von Entscheidungen und Verantwortung speziell im operativen Geschäft entlastet die Unternehmensführung und gibt den Abteilungsleitern in etwa die Handlungsfreiräume weitgehend selbständiger Manager (vgl. Mohn, 1985, S. 18) und erhöht so die Arbeitsmotivation. - Die einzelnen Subunternehmen vereinen alle Vorzüge kleiner, überschaubarer Organisationseinheiten hinsichtlich Anpassungsfähigkeit, Durchsetzungskraft und Überschaubarkeit. Kritisch ist bei der Organisationsform der teilautonomen Profit Center zu betrachten, daß dadurch teilweise gesamtunternehmerische und abteilungsübergreifende Interessen und Ziele hinter den Bestrebungen der einzelnen Bereiche zurückbleiben. Jedoch ist es verständlich, daß sich beispielsweise der Kundendienst-/Werkstattbereich in einem Autohaus bei Kulanzregelungen im Interesse seines Gewinnes weniger großzügig verhält und dies wiederum mittel- bis langfristig negative Konsequenzen für den Fahrzeugverkauf hat. Aufgrund dieser Schwächen werden im Zuge der aktuellen Reorganisation der Unternehmensstrukturen die Profit Center nicht mehr ausschließlich innerhalb der einzelnen Abteilungsgrenzen organisiert, sondern zunehmend bereichsübergreifend anhand der prozeß- und kundenorientierten Strukturen, um eine Schnittstellenharmonisierung entlang der Wertschöpfungskette zu erreichen (vgl. Frese/Werder, 1994, S. 13f). Auf diese neueren Organisationsformen wird noch detaillierter in Kapitel 3.4.1.4. eingegangen. Nur wenn es gelingt, das Gesamtinteresse des Unternehmens als oberste Priorität zu erhalten, können sich die Vorzüge des Profit Centers positiv auswirken. Deshalb gewinnen bei dieser Organisationsform der bereichsübergreifende Informationsaustausch und die Koordination der zuständigen Führungskräfte zur gemeinsamen Verfolgung der Unternehmensziele erhebliche Bedeutung. 3.4.1.2.2. Vertikale Differenzierung Neben der Gliederung eines Unternehmens in horizontale Bereiche - Abgrenzung der verschiedenen nebeneinander arbeitenden Aufgabenträger - muß auch eine vertikale Differenzierung (=hierarchische Rangordnung), also eine Abgrenzung gegenüber den vorgeordneten (Auftraggeber) und den nachgeordneten (Beauftragten) Personen, Stellen bzw. Abteilungen durchgeführt werden (vgl. Korndörfer, 1990, S. 387). 3.4.1.2.2.1. Die Bedeutung von Leitungs- und ausführenden Stellen in der hierarchischen Organisationsstruktur Arbeitsteilige Aufgabenerfüllung erfordert grundsätzlich eine unterschiedliche Ausstattung der Stellen mit entsprechenden Kompetenzen, d.h. Rechten und Befugnissen, die zur sinnvollen Aufgabenerfüllung notwendig sind (z.B. Informations-, Mitspracherechte, Entscheidungs-, Anordnungsbefugnisse) (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 197; Staehle, 1989(a), S. 81f; Staehle, 1990, S. 657; Thommen, 1990, S. 554). Der Umfang und das Ausmaß der Kompetenzen richtet sich nach der Bedeutung der Aufgabe, - 158 - dem Funktionsbereich, der Sozialisation und Qualifikation der Mitarbeiter etc. (vgl. Staehle, 1989(a), S. 81f). Daraus ergeben sich im Rahmen der betrieblichen Organisationsgestaltung sog. Leitungs- und ausführende Stellen. Leitungsstellen zeichnen sich dadurch aus, daß sie anderen Stellen hierarchisch übergeordnet und mit gewisser Kompetenz, Entscheidungsbefugnis und Verantwortung ausgestattet sind; sie können aber ihrerseits auch wiederum einer oder mehreren Instanzen unterstellt sein (vgl. Hentze/Brose, 1985(a), S. 195f; Thommen, 1990, S. 553). Leitungsbefugnisse zu haben bedeutet, im Rahmen der übertragenen Entscheidungsbefugnisse unterstellten Personen Anweisungen und Direktiven geben zu dürfen (vgl. Kuhn, 1990, S. 168)93. Diese Positionen sind meist in der mittleren bis oberen Ebene der ManagementPyramide angeordnet (vgl. Staehle, 1989(a), S. 82; Staehle, 1990, S. 657). Grundsätzlich reduzieren sich mit zunehmender Hierarchiestufe die rein ausführenden Tätigkeiten immer mehr zugunsten dispositiver, strategischer Aufgaben bzw. Entscheidungen (vgl. Kuhn, 1990, S. 169). Die Anzahl und Verteilung von Leitungsstellen hängt von einer Vielzahl, teilweise interdependenter Faktoren ab, wie beispielsweise Unternehmensgröße, Branche, Produkte, Ausmaß der Diversifizierung und Grad der Internationalität (vgl. Kuhn, 1990, S. 169f). Ausführende Stellen sind hingegen einer oder mehreren Entscheidungs- bzw. Leitungsstellen unterstellt und haben keine eigenen Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Stellen (vgl. Thommen, 1990, S. 553). Sie sind meist an der Basis der Hierarchiepyramide angeordnet. Das Ergebnis der vertikalen Differenzierung ist eine Hierarchie von Stellen, die in ein System der Über-, Unter- und Nebenordnung gebracht wird. Dadurch ist die Koordination arbeitsteiliger Stellen und die Gewährleistung einer einheitlichen Willensdurchsetzung von oben nach unten gesichert (vgl. Staehle, 1989(a), S. 82; Staehle, 1990, S. 656f). Gerade in mittelständischen Unternehmen mit ihren wesentlich flacheren Hierarchien liegt selten eine zentralgesteuerte Organisationsstruktur vor, sondern ein überschaubares, flexibles System mit niedrigem Formalisierungsgrad, in denen die Mitarbeiter größere Handlungs- und Entscheidungsspielräume mit mehr Verantwortung und Kompetenzen haben. Zwischen den ausführenden Stellen und Leitungsebenen bestehen meist formlose, persönliche Informationsbeziehungen, die u.a. dazu beitragen, daß Entscheidungsbefugnisse, Weisungsrechte, Aufgaben und Kompetenzen bekannt sind, ohne das eine schriftliche Fixierung dieser organisatorischen Merkmale besteht (vgl. Kayser, 1990, S. 87f). Diese informellen Kommunikationswege spielen in der Praxis oft eine bedeutendere Rolle als die Befehlswege, weil über sie Internas verbreitet und Vorgänge indiziert werden. 93 Abteilungsleiter bzw. Meister werden von der Unternehmensleitung mit Weisungsbefugnissen ausgestattet, wodurch für sie die Möglichkeit besteht, die Durchführung der auf sie übertragenen Aufgaben an ihnen formal unterstellte Mitarbeiter zu delegieren (vgl. Deckert et al., 1979, S. 13). - 159 - 3.4.1.2.2.2. Das Einliniensystem als häufigste Form der vertikalen Unternehmensorganisation in Kfz-Betrieben Zur Vermeidung von Abstimmungsproblemen, Kompetenzüberschneidungen und den daraus resultierenden Streitigkeiten besteht in der Praxis die Schwierigkeit eine genaue Kompetenzabgrenzung der einzelnen Instanzen, d.h. der mit Befehlsgewalt ausgestatteten Abteilungen, festzulegen (vgl. Korndörfer, 1989, S. 167; Korndörfer, 1990, S. 387f; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 396). In der Literatur haben sich drei idealtypische Formen von Leitungssystemen herauskristallisiert, und zwar das Einlinien-, das Mehrliniensystem sowie das Stab-Linien-System. Gemeinsam ist den drei klassischen Stellenverbindungen, daß sie alle streng hierarchisch aufgebaut sind (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 182). Abb. 14: Das Einliniensystem - - - Fayolsche Brücke usw. Quelle: Staehle, 1990, S. 660 Auf das Mehrlinien- und Stab-Linien-System soll hier nicht näher eingegangen werden, da beide in kleineren und mittleren Kfz-Betrieben nur in seltenen Fällen angewandt werden94. Das Einliniensystem ist das in den meisten mittelständischen Betrieben und auch im Kfz-Gewerbe vorzufindende Leitungssystem zwischen Instanzen und ausführenden Stellen. Es geht auf den Franzosen Fayol (1916) zurück (vgl. Kuhn, 1990, S. 171; Thommen, 1990, S. 574; siehe auch Abb. 14). Das Charakteristische an diesem System ist, daß die einzelnen Abteilungen eines Unternehmens in einen einheitlichen Instanzenweg eingebunden sind. Die Ziele, Anweisungen und Aufgaben werden hierarchisch (stufenweise) an die jeweils untergeordnete Stelle weitergeleitet, bis ein Auftrag den vorgesehenen Empfänger erreicht hat (z.B. Unternehmensführer - Abteilungsleiter - Meister Ausführender). Dabei kann die Anweisung auf ihrem Instanzenwege zum ausführenden Mitarbeiter 94 Literatur zu den unterschiedlichen Stellenverbindungen findet man u.a. in: Hentze/Brose, 1985(a), S. 213ff; Korndörfer, 1990, S. 388ff; Kuhn, 1990, S. 172ff; Staehle, 1989(a), S. 89ff; Staehle, 1990, S. 661ff; Steinmann/ Schreyögg, 1993, S. 396ff; Thommen, 1990, S. 575ff; Ulrich/Fluri, 1992, S. 182ff. - 160 - fortlaufend konkretisiert werden, damit sie für denjenigen, der sie letztlich auszuführen hat, verständlicher ist (vgl. Deckert et al., 1979, S. 11). Die unteren Stellen melden hingegen die für Entscheidungen relevanten Informationen bzw. den Vollzug nach oben (vgl. Staehle, 1990, S. 660). Somit entstehen einheitliche, hierarchisch gegliederte Befehls-, Beschwerde- und Informationswege von der obersten bis zur untersten Instanz (vgl. Korndörfer, 1989, S. 167; Staehle, 1989(a), S. 88f). Daraus resultiert das klassische Bild einer Pyramide mit einem kleinen Entscheidungszentrum an der Spitze und einer breiten Basis untergeordneter Mitarbeiter (vgl. Staehle, 1990, S. 660). Eine wichtige Prämisse der hierarchischen Koordination besteht darin, daß einer hohen Position in der Hierarchie mit umfassender formeller Autorität auch ein höheres Maß an entscheidungsrelevantem (Fach-)Wissen, Verantwortung und Führungsqualität zugetraut wird als einer Position auf einer niedrigeren Ebene (vgl. Staehle, 1990, S. 661). Entscheidungsrelevante Informationen und Kenntnisse sind zunehmend auch auf unteren Hierarchieebenen nötig und vorhanden. Häufig fehlt höheren Instanzen das für die Entscheidungsfindung notwendige Fach-/Spezialwissen, was wiederum zu zeitaufwendigen Rückfragen bei den hierarchisch niedrigeren Ebenen führt (vgl. Staehle, 1990, S. 661). Gerade in kleineren und mittleren Betrieben ist selten ein strenger hierarchischer Aufbau vorzufinden. Üblicherweise werden einzelne Instanzen übersprungen, sind nicht vorhanden, oder die Anweisungen erfolgen in einer mehr partnerschaftlichen als hierarchischen Form. Trotzdem sollten die Vorgesetzten auf die Einhaltung bestimmter organisatorischer Grundsätze drängen, um mögliche Störungen im Betriebsablauf von Anfang an zu vermeiden (vgl. Deckert et al., 1979, S. 11ff). Die stärkere Delegation von Verantwortung und Entscheidungskompetenz bis in die untersten Hierarchieebenen sowie der Einsatz multifunktionaler Teams erfordern jedoch auch in Klein- und Mittelbetrieben eine Umstrukturierung der Unternehmensorganisation, der innerbetrieblichen Arbeitsteilung sowie der Informations- und Kommunikationsstrukturen, wie nachfolgende Ausführungen zu neueren Organisationsformen belegen. 3.4.1.3. Funktionsübergreifende, gruppenorientierte Organisationsformen zur Verbesserung der kollegialen Zusammenarbeit und der Leistungseffizienz Mit wachsenden Unternehmensgrößen, die eine gewisse Trägheit im Entscheidungsprozeß, mangelnde Flexibilität und Reaktionsfähigkeit sowie Probleme in der Unternehmenssteuerung und -kontrolle zur Folge haben, sind in der Praxis Kombinationen aus horizontaler und vertikaler Abteilungsbildung entstanden. Sie können als Ansätze zur Überwindung einiger Schwächen hierarchischer Koordination verstanden werden (vgl. Korndörfer, 1990, S. 388ff; Staehle, 1989(a), S. 88). - 161 - Ohne auf die Vielzahl der in der Praxis vorzufindenden modernen mehrstufigen Organisationsformen (z.B. Sparten- bzw. divisionale Organisation, Matrixorganisation)95 einzugehen, werden nachfolgend die in mittelständischen Kfz-Betrieben geläufigsten funktionsübergreifenden, gruppenorientierten Arbeitsorganisationen erläutert. Die dauerhaft installierten, teilautonomen Arbeitsgruppen streben als Alternative zu traditionellen Formen der Arbeitsorganisation die Flexibilisierung von Arbeitsstrukturen und -prozessen an. Dadurch soll eine größere Leistungsmotivation der Mitarbeiter und damit letztlich eine Erhöhung der Produktivität und Wirtschaftlichkeit erreicht werden (vgl. Staehle, 1990, S. 679). Flexiblere, bereichsübergreifende Organisationsstrukturen bedeuten jedoch nicht, wie von Praktikern gelegentlich behauptet wird, die Abschaffung der gesamten hierarchischen Unternehmensstrukturen, sondern vielmehr die Aufsplittung und Neugestaltung der veralteten, hierarchisch-bürokratischen strukturellen Regelungen, um den heutigen integrativen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. Wagner, 1991, S. 102). 3.4.1.3.1. Das Team-Konzept als teilautonome Werkstattorganisation Hervorgerufen durch die Diskussion über schlankere Unternehmensstrukturen und flachere Hierarchien hat der Gedanke der Team-Arbeit eine Renaissance erfahren. Während in den 70er und 80er Jahren diese Tätigkeitsform vorrangig unter dem Aspekt der “Humanisierung der Arbeit“ betrachtet wurde, stehen heutzutage Effizienzaspekte im Mittelpunkt der Betrachtung. Das Ziel ist es, die individuelle Leistungsbereitschaft und Verantwortung der Teammitglieder zu forcieren (vgl. Kuhn, 1995, S. 387f). Der Grundgedanke des (Fertigungs-)Team-Konzepts96 ist, die gesamte Auftragsabwicklung von der Auftragsentgegennahme, über die Reparatur und Wartung bis zur Fahrzeugrückgabe an den Kunden auf einen qualifizierten Mitarbeiter zu übertragen. Bei der herkömmlichen Leitstanddisposition, ausgestattet mit einem zentralen Werkstatt-Disponenten, ist dieser Vorgang auf drei bis vier Stellen verteilt. Ziel ist es, durch eine höhere Arbeitsqualität, Termintreue und Zentralisierung des Kundenkontaktes auf einen Mitarbeiter eine größere Kundenzufriedenheit zu erreichen. Das Team-Konzept kehrt in gewisser Hinsicht zum Urtyp der Werkstattorganisation zurück und unterteilt den größeren Betrieb - einsetzbar ab etwa 25 Werkstattdurchgängen pro Arbeitstag - in mehrere Kleinbetriebe mit Gruppendisposition. Grundsätzlich setzt sich jedes Team aus einem Service-/Teammeister (=Fachvorgesetzter des Teams), evtl. einem Gruppenführer und einer Anzahl von Kfz-Mechanikern bzw. -Elektrikern sowie 95 Literatur über speziell in Großunternehmen vorzufindende mehrstufige Organisationsmodelle findet man u.a. in: Korndörfer, 1989, S. 161ff; Kuhn, 1990, S. 179ff; Staehle, 1990, S. 695ff; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 408ff; Thommen, 1990, S. 582ff; Ulrich/Fluri, 1992, S. 183ff. 96 Das (Fertigungs-)Team-Konzept im Kfz-Gewerbe wird in der wissenschaftlichen Literatur überwiegend unter der Bezeichnung “teilautonome Arbeitsgruppen“ behandelt. - 162 - Auszubildenden zusammen. Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, daß die ideale Teamgröße nicht über fünf produktiven Kräften liegen sollte (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(c), S. 59). Der Aufgabenbereich des Servicemeisters entspricht zum einen dem des Kundendienstberaters traditioneller Prägung, d.h. er ist für die Auftragsentgegennahme, -bearbeitung und Fahrzeugrückgabe an den Kunden verantwortlich. Zusätzlich hat er noch auf die Disposition und Auslastung, Termineinhaltung, Arbeitsorganisation und -qualität zu achten, sowie Führungsverantwortung für sein Team zu tragen, d.h. seine Aufgaben und Verantwortung sind beim Team-Konzept wesentlich größer als vorher. Der Gruppenführer ist wiederum zuständig für die Auftragsverfolgung in der Werkstatt. Die Verantwortlichkeit für die Arbeiten am Fahrzeug bleibt generell bei der Gruppe (vgl. Brachat, 1988, S. 244f; Dämmig, 1995, S. 66ff). Mittlerweile wurde aufgrund von Qualitätsmängeln in den meisten Autohäusern mit Team-Konzept der übergeordnete Werkstattmeister zur Überprüfung der durchgeführten Arbeiten wieder eingeführt. Dafür wurde die Position des Gruppenführers in den einzelnen Teams aufgelöst und die Person wieder vollständig produktiv eingesetzt. Die Spezialisierung der Monteure, die in Großbetrieben teilweise recht weit fortgeschritten ist, wird im Team-Konzept weitgehend aufgehoben. Jede Gruppe führt alle gängigen Wartungs- und Reparaturarbeiten eigenverantwortlich durch. Die Arbeits- und Aufgabenverteilung sowie die Kontrolle des Arbeitsergebnisses erfolgt ebenfalls selbständig im Rahmen der Gruppe. Lediglich Karosserie- und Lackarbeiten, komplizierte Elektronik- und Aggregatearbeiten (z.B. Einspritz-, Klima-, Abstandswarnanlagen, Navigationssysteme) bleiben meist Spezialisten überlassen (vgl. Brachat, 1988, S. 245; Dämmig, 1995, S. 67). Eine so organisierte Werkstatt baut sich permanent ihre Nachwuchskräfte auf. Die Monteure können sukzessive bei der Arbeit in verantwortlichere Positionen hineinwachsen. Dies wirkt sich motivierend auf die Mitarbeiter aus. Während bei der traditionellen Werkstattorganisation in großen Betrieben deutliche Schnittstellenprobleme zwischen Kundendienstannahme, Werkstatt, Werkstattmeister und Leitstand bestehen, kann durch diese Organisationsform ein Großbetrieb in mehrere Kleinbetriebe aufgeteilt werden, wobei die Vorzüge des großen Unternehmens, und zwar die Spezialisten für komplizierte Arbeiten, nicht aufgegeben werden. 3.4.1.3.2. Die gruppenorientierte Organisation der Verkaufsabteilung Die Verkaufsabteilungen in den meisten Autohäusern mit mehreren (Neuwagen- und/oder Gebrauchtwagen-)Verkaufsberatern sind streng hierarchisch organisiert. Je nach Unternehmensgröße, Absatzzahlen und Anzahl der Mitarbeiter gibt es einen Verkaufsleiter für den gesamten Fahrzeugverkauf oder je einen für den Neu- und Gebrauchtwagenhandel. Ihm bzw. ihnen sind dann mehrere Verkaufsberater unterstellt, die entweder nur Neu- oder Gebrauchtwagen bzw. beides zusammen - 163 - verkaufen. Die einzelnen Verkäufer arbeiten weitgehend unabhängig voneinander, meist auf Einzelprovisionsbasis (z.B. Umsatz-, Bruttoertragsprovision). Durch die Einführung von Gruppenarbeit und damit verbundener Team-Provisionsregelung könnte eine intensivere Zusammenarbeit und größere Hilfsbereitschaft untereinander erreicht und der Angst des gegenseitigen Kundenabwerbens entgegengetreten werden. Damit könnte die Verkaufsberatung zum Wohl des Autohauses, der Mitarbeiter und vor allem der Kunden verbessert werden. In dem Zusammenhang wäre es erstrebenswert, neben den bisher rein quantitativen Kriterien zukünftig auch qualitative Aspekte, wie beispielsweise Akquisitionstätigkeit, Neukundengewinnung, Kundenzufriedenheit etc. bei der Staffelung der Verkäuferprovisionen zu berücksichtigen. Hinzuweisen ist darauf, daß neben den unbestreitbaren Vorzügen dieser teilautonomen Arbeitsgruppen, wie beispielsweise höhere Qualität, geringere Fluktuation und Krankenstand, größerer Gruppenzusammenhalt und Zufriedenheit sich auch negative Effekte ergeben können, die überwiegend aus dem Abbau hierarchischer Koordinations- und Kontrollmechanismen resultieren. Die Selbstkontrolle und selbstgesetzten Gruppennormen (z.B. Qualitätsstandards in der Werkstatt, Absatzzahlen im Verkauf) können anspruchsvoller als die ursprünglich vorgegebenen sein und somit zur Diskriminierung von leistungsschwächeren und weniger beliebten Mitarbeitern führen (vgl. Staehle, 1990, S. 679). Teilautonome Arbeitsgruppen sind somit eine Form innovativer Flexibilisierung, die hohe Anforderungen an das Verantwortungsbewußtsein und die Kommunikationsbereitschaft der Gruppenmitglieder stellt (vgl. Beyer/Henningsen, 1989, S. 60ff). Ferner ist eine umfassende Qualifikation und große Flexibilität der Mitarbeiter erforderlich, damit sie sich gegenseitig vertreten können. 3.4.1.4. Neue markt- und prozeßorientierte Organisationsformen zur Verbesserung der Arbeitsqualität und der Kundenzufriedenheit Anfang der 90er Jahre ist in der Managementliteratur vor allem durch die Veröffentlichung von Hammer/Champy (1993) das “Business Reengineering“ bekannt geworden. Dieser Ansatz geht von einer radikalen, funktions- und hierarchieübergreifenden Neugestaltung der Unternehmensorganisation (=Verbesserungen um “Größenordnungen“) - vorrangig durch das Top-Management - aus, um eine Kostenreduzierung und Qualitätssteigerung zu erreichen (vgl. Hammer/Champy, 1994, S. 32f). Es steht also nicht die Frage nach der Verbesserung bestehender Prozesse im Mittelpunkt, wie bei der prozeßorientierten Betrachtungsweise, sondern es wird untersucht, warum ein Prozeß überhaupt nötig ist oder wie er idealerweise strukturiert sein müßte. Nach anfänglicher Begeisterung für diese völlige Neugestaltung mehren sich mittlerweile auch Zweifel an der Wirksamkeit dieses Konzeptes (vgl. Kamiske/Füermann, 1995, S. 144; Wunderer/ Kuhn, 1995, S. 4). Bei Klein- und Mittelbetrieben erscheint es äußerst fraglich, ob bei dieser Unternehmensgröße für eine komplette Neustrukturierung die entsprechend qualifizierten Mitarbeiter - 164 - vorhanden sind und ob die Unternehmensleitung bereit und in der Lage ist, eine solche Reorganisation durchzuführen. Hinzu kommt, daß dieses Konzept in erster Linie eine Veränderung, ausgelöst von der obersten Hierarchieebene, anstrebt, und damit das Know-how und die Fähigkeiten der Beschäftigten hinten anstellt. Eine mitarbeiterorientierte Sichtweise entspricht mehr dem hier zugrunde gelegten Michigan-Ansatz. Deshalb wird nachfolgend die markt- und prozeßorientierte Organisationsgestaltung in den Vordergrund gestellt. Dieses vorrangig langfristig orientierte Konzept berücksichtigt die vorhandenen Strukturen, Umfeldentwicklungen und Kundenanforderungen. Ferner sind bei diesem als partizipativ zu bezeichnenden Konzept die Arbeitnehmer an der nachhaltigen Verbesserung der Abläufe frühzeitig beteiligt; ihre Erfahrungen und ihr Wissen ist ein entscheidender Erfolgsgarant für die kontinuierliche Verbesserung innerhalb vorgegebener Aufgabenbereiche (vgl. Kamiske/Füermann, 1995, S. 144f). Dies soll jedoch nicht die vollständige Ablehnung des Business Reengineering bedeuten. Das Grundprinzip des Überdenkens eingefahrener Prozesse soll vielmehr mit der markt- und prozeßorientierten Sichtweise verschmelzen (vgl. Kamiske/Füermann, 1995, S. 148). Im Zusammenhang mit dem aus Japan stammenden “Lean Management“ ist es auch in Deutschland zu vielfältigen Umstrukturierungen der Unternehmensorganisation gekommen. Die Grundprinzipien dieses Konzeptes lauten: Bildung überschaubarer Bereiche, Abflachung von Hierarchien, Delegation von Verantwortung von höheren auf niedrigere Ebenen, Teamorientierung, Überwindung von Bereichsgrenzen, prozeß- bzw. produkt- und kundenorientierte Sichtweise (vgl. Frese/Werder, 1994, S. 6ff). Auf die sich daraus ergebenden, veränderten Denkprinzipien, Methoden und Vorgehensweisen zur effizienten Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette wird nachfolgend ausführlicher eingegangen. Veränderungen in den Marktbedingungen bzw. Kundenansprüchen wie größere Qualitätsanforderungen, günstigere Preise, “individuellere“, zumindest stärker differenzierte Produkte einerseits und verbesserte Lieferfähigkeit und höhere Angebotsflexibilität andererseits fokussieren insgesamt die produktionswirtschaftlichen Zielgrößen neu und erfordern eine verstärkte Integration der vor- und nachgelagerten Bereiche zur Straffung der Prozeßketten über die Unternehmensgrenzen hinaus. In die Analyse müssen u.a. die Lieferanten, Kunden, Absatzmittler usw. einbezogen werden (vgl. Becker, 1993, S. 648f). Einen differenzierten Ansatz stellt die Analyse der Wertschöpfungsketten als Voraussetzung für eine strategische Ressourcenanalyse dar. Sie zielt auf das Aufdecken von Rationalisierungsmöglichkeiten in allen Funktionsbereichen und allen Ressourcen (z.B. Mitarbeiter, Anlagen, Maschinen, Werkstoffe, Systeme). Damit soll die interne und externe Kosten- und Wertschöpfungsstruktur des Unternehmens nach (potentiellen) Stärken und Schwächen untersucht werden (vgl. Staehle 1990, S. 606f). - 165 - Dabei dürfen die Aktivitäten nicht nur auf die Kostenseite beschränkt werden, sondern sie sind auch auf den Bereich der Leistungen auszudehnen. Die Analyse umfaßt somit die grobstrukturierte Abfolge der Schritte, mit denen ein Unternehmen in einem Geschäftsbereich seine Güter und Dienstleistungen produziert und an den Kunden bringt (vgl. Gutschelhofer/Riegler, 1994, S. 62f). Das Unternehmen muß dafür die Kosten und Leistungen jeder Wertbeitragsaktivität analysieren und nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen. Es sollte als Orientierungspunkt auch Schätzungen über vergleichbare Leistungen und Kosten seiner stärksten Mitbewerber anstellen (vgl. Kotler, 1992, S. 458). Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern mit gleicher Fertigungstiefe bestehen dann, wenn Wertschöpfungsaktivitäten von dem eigenen Unternehmen besser und/oder preisgünstiger durchgeführt werden können. Darüber hinaus ist jede Aktivität daraufhin zu überprüfen, ob sie nicht (noch) kostengünstiger in einem anderen eigenen oder fremden Betrieb (sog. Make or buyEntscheidung) erbracht werden kann (vgl. Staehle, 1990, S. 607). Die Wertkette bietet dem Unternehmen damit einen umfassenden Analyserahmen für die systematische Suche nach Möglichkeiten, den Kunden ein überlegenes Wertangebot anzubieten (vgl. Kotler, 1992, S. 458). Manche Unternehmen werden zahlreiche kleine Wettbewerbsvorteile entdecken, doch die meisten sind leicht imitierbar und daher sehr kurzlebig. Deshalb müssen die Unternehmen kontinuierlich neue potentielle Wettbewerbsvorteile herausfinden und sukzessive einsetzen, um fortlaufend einen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern zu haben (vgl. Kotler, 1992, S. 459). Dementsprechend müssen die bestehenden Prozesse kontinuierlich verbessert werden. 3.4.1.4.1. Das Betreuungsteam zur intensiven Nutzung von Synergieeffekten Während in kleineren Autohäusern aufgrund der wenigen Hierarchiestufen und geringen Mitarbeiterzahl mehrere Aufgabenbereiche von ein- und derselben Person abgedeckt werden, herrscht in mittelgroßen Kfz-Betrieben oft (noch) starres Abteilungsdenken. Meist besteht vor allem zwischen Fahrzeugverkauf und Kundendienst nur eine mangelhafte Zusammenarbeit und Abstimmung anstelle einer markt- und kundenorientierten Prozeßbetrachtung. Gerade die Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt entscheiden über und sind verantwortlich für die Kundenzufriedenheit und letztlich für die Kundenbindung. Dabei ist die Intensität der Kundenbindung ein entscheidender Erfolgsfaktor. Jedoch sind bei der klassischen, funktionalen Autohaus-Organisation die Mitarbeiter, an denen der Kunde sein Vertrauen festmachen möchte, mit den geringsten Entscheidungskompetenzen ausgestattet. Beispielsweise benötigen Kundendienstberater vorgegebene Entscheidungsspielräume, um sich beim Kunden Kompetenz und Vertrauen zu verschaffen, damit sie ohne Rückfrage bei der Geschäfts- und Kundendienstleitung, eigenständig Kulanzentscheidungen (z.B. Übernahme der Reparaturkosten vom Werk bzw. Händler, kostenloser Leihwagen) treffen können (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(a), S. 65f). - 166 - Abhilfe können z.B. bereichsübergreifende Beratungsteams (sog. Cluster) schaffen, die multifunktionell und kundenorientiert zusammenarbeiten, damit dem Kunden kompetente Entscheidungsträger gegenüberstehen. Der US-amerikanische Begriff “Cluster“ bezeichnet eine Organisationsstruktur, bei der Arbeitsgruppen gebildet werden, die die Funktions- und Verrichtungsspezialisierung der traditionellen Hierarchie reduzieren. Das Cluster wird zur Basiseinheit, denn es verringert die funktionale Spezialisierung durch die Verbindung von Komponenten, die für die Realisierung der Zielsetzungen relevant sind (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(a), S. 66). Die Abteilungs- bzw. Gruppenbildung erfolgt entsprechend dem kundenbezogenen Geschäftsablauf, d.h. streng prozeßorientiert. Auch die Aufgaben der Beschäftigten werden prozeßorientiert strukturiert und erweitert. Bei dieser neuen Organisationsform dominieren die horizontalen Funktionen; die Teamautonomie ist sehr weitreichend. Dabei haben die Teams eine starke Gruppenorientierung mit umfassender Kompetenz und Verantwortung für die ihnen übertragenen Aufgaben (vgl. Beyer/Stöcker, 1994, S. 23), was wiederum eine große Motivationswirkung hat. Sollen beispielsweise im Kfz-Betrieb Synergien aus Verkauf und Kundendienst genutzt werden, dann müssen Verkaufs- und Serviceberater ein Beratungsteam für den Kunden bilden. Dabei werden die “Spezialisten“ als “Generalisten“ zur Erreichung der Zielsetzung zusammengeführt. Dieses Team trägt ohne Einschränkungen die Verantwortung für das operative Geschäft. Sämtliche Mitarbeiter arbeiten als Dienstleistungsgemeinschaft nach Weisung des Teams. Dafür benötigen die klassischen Berufsfelder eine Modifizierung. Auch die bestehenden Tarifverträge erfassen solche Beraterteams bisher nicht (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(a), S. 66; siehe Abb. 15). - 167 - Abb. 15: Aufgabenbereiche und Organisationsaufbau in der Cluster-Organisation KUNDE “point of action“ Beratungsteam bestehend aus: Cluster mit operativer Verantwortung arbeitet weitestgehend autonom. Verkaufs- und Kundendienstberater Dienstleistungsgemeinschaft Autohaus (dazu gehören: Fahrzeugdisposition, -annahme und -reparatur, Finanzierung, Versicherung, Garantieabwicklung, Verwaltung, Controlling) Arbeitet nach Weisung des Beratungsteams. Unternehmensführung Plant Unternehmenszukunft , setzt Visionen und delegiert Verantwortungen. (=Prozeß-Moderator zur fortlaufenden Verbesserung der Kooperation und Kommunikation im Unternehmen) Quelle: in Anlehnung an Friedel-Beitz/Heu, 1994(a), S. 66 Jedes Teammitglied ist in der Lage, die Aufgaben in der Kundendienst- und Reparaturannahme sowie im Neuwagenverkauf zu übernehmen. Dazu gehören auch administrative Tätigkeiten, die in direktem Zusammenhang mit dem Kundenservice stehen. Dieses konsequente “job enrichement“ erfordert nicht nur von der Geschäftsführung, sondern auch von den Verkaufs- und Kundendienstberatern ein erhebliches Umdenken sowie ein hohes Maß an Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz. Da solche Kundenbetreuer je nach Berufsausbildung und bisherigem Tätigkeitsbereich keine umfassenden Fachkenntnisse sowohl in technischen als auch in kaufmännischen Bereichen (Fahrzeugverkauf, disposition, Finanzierung, Versicherung, Kundendienst, Fehlerdiagnose etc.) besitzen, benötigen sie Spezialisten wie z.B. Finanzierungsfachleute, Kfz-Meister, Disponenten, auf die sie bei Bedarf zurückgreifen können. Diese Funktionsbereiche sind dezentrale Einheiten und sie kümmern sich genauso wie das Betreuungsteam eigenverantwortlich um ihre Aufgabengebiete. Dabei betrachtet jede Abteilung jede andere als ihren Kunden, für den auch intern höchster Nutzen zu schaffen ist (vgl. Beyer/Stöcker, 1994, S. 23ff). Mit den Betreuungsteams wird eine ganzheitliche Betreuung des Kunden durch einen Kundenbetreuer bzw. ein Kundenteam von der ersten Anfrage über den Vertragsabschluß und die Endabrechnung bis hin zur After-sales-Betreuung verfolgt. So wird vermieden, daß der Kunde wie bisher immer wechselnde Gesprächspartner unterschiedlicher Funktion und Kompetenz hat. Er wird nicht mehr - 168 - innerhalb der Organisation “weitergereicht“, sondern durch die ihm persönlich bekannten Ansprechpartner im Betreuungsteam umfassend bedient (vgl. Beyer/Stöcker, 1994, S. 23). Ziel der Cluster-Organisation ist es, die “natürlichen“ Kundenkontakte zu erhöhen und damit Vertrauen zwischen Kunden und Beratungsteam aufzubauen, um die Kundenbindung und damit das Loyalitätsverhalten der Kunden zum Betrieb zu verbessern. Dabei ist die Tätigkeit des Clusters konsequent an der Wertschöpfungskette auszurichten (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(b), S. 158). Die anderen Funktionsbereiche besitzen eine ähnliche Organisationsstruktur wie das Betreuungsteam und folgen dem gleichen Unternehmensleitbild. Während in der klassischen, hierarchischen Autohaus-Organisation von den Arbeitnehmern vorrangig Gehorsam und Konformität verlangt wird, benötigen sie aufgrund der veränderten Arbeitsinhalte in der Cluster-Organisation Innovationsfähigkeit, Sensibilität für die sich fortlaufend wandelnden Kundenbedürfnisse, Eigenverantwortung sowie Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Das Betreuungsteam muß lernen, miteinander zu arbeiten (Kooperation) und die Kundenreaktionen und -verhaltensweisen an die Dienstleistungsgemeinschaft und Unternehmensleitung weiterzuleiten (Kommunikation) (vgl. Friedel-Beitz/Heu, 1994(b), S. 159). In Zusammenhang mit der Reorganisation des Kfz-Betriebes ändern sich auch die Anforderungen an das Management. Durch die umfangreichen Verhaltensänderungen und gewandelten Kommunikationsstrukturen wird speziell von der Unternehmensführung eine sachorientierte Partnerschaft, eine klare Zielorientierung und eine kooperative Kommunikation mit allen am Wertschöpfungsprozeß Beteiligten gefordert. Die auf formaler Autorität basierende Führung im Unternehmen wird von den Mitarbeitern nicht mehr akzeptiert. Um diesen veränderten Anforderungen gerecht zu werden, muß vom Management ein adäquates Unternehmensleitbild entwickelt (vgl. Beyer/Stöcker, 1994, S. 27) und die Mitarbeiter müssen entsprechend geschult werden. Durch den Einsatz von Betreuungs- und den bereits weiter vorne behandelten Werkstatteams (siehe Kapitel 3.4.1.3.1.), kombiniert mit entsprechenden Spezialisten, entsteht ein “leanes“ Autohaus, das den veränderten Anforderungen und den gehobenen Mitarbeiter- und Kundenbedürfnissen gerecht wird. Aufgrund der geänderten Aufgabenstellungen müssen auch die Entlohnungsmodelle für Automobilverkäufer und Serviceberater insoweit angepaßt werden, daß sie die Nutzung von Synergien aus dem Service für den Fahrzeugverkauf und umgekehrt berücksichtigen. Dabei müssen diese Modelle neben quantitativen Aspekten (z.B. Stückzahlen, Bruttoerträge) vor allem auch qualitative Kriterien (z.B. Neukundengewinnung, Kundenzufriedenheit) bewerten. Beispielsweise würde sich eine gemeinsame Kundenbindungsprämie für Stammkunden eignen, die aufgrund der guten Betreuung durch das Team die Leistungen des Autohauses regelmäßig in Anspruch nehmen. - 169 - 3.4.1.4.2. Total Quality Management und weitere (Teil-)Ansätze zur Qualitätsverbesserung Angeregt von japanischen Unternehmen, ein dauerhaftes, ganzheitliches und führungsorientiertes Qualitätsbewußtsein einzuführen, erhält “Total Quality Management“ (TQM) auch in deutschen Kleinund Mittelbetrieben steigende Bedeutung. TQM reicht über die traditionelle - rein technik- oder fertigungsorientierte (funktionale) Qualitätssicherung hinaus und spiegelt einen Ansatz wider, der sich in der Unternehmensphilosophie wie auch in der Mitarbeiterführung niederschlägt. Mit diesem Ansatz werden permanentes produkt- und prozeßorientiertes Qualitätsstreben in allen Phasen der Wertschöpfungskette sowie fortlaufende Verbesserungsbemühungen - auf der Grundlage von “Continuous Improvement“ (CIP), “Kaizen“ bzw. “Kontinuierlicher Verbesserungsprozeß“ (KVP) - zum bedeutsamsten Kriterium unternehmerischer Effizienz erklärt (vgl. Limpens, 1995, S. 183; Töpfer/Mehdorn, 1994, S. 11f). Damit wird ein Prozeß der Fehlervermeidung in Gang gesetzt. Zielrichtung und Gradmesser der Tätigkeiten aller Mitarbeiter sind dabei der Kundennutzen und der Unternehmenserfolg. Ein zukunftsorientiertes Qualitätsmanagement (QM)-System beinhaltet neben der Prozeßbeherrschung auch Aspekte wie Umweltschutz, Arbeitssicherheit, Kostenmanagement und marktwirksame Kriterien wie Preis-Leistungs-Verhältnis. “Somit verbirgt sich hinter dem Stichwort TQM eine strategisch ausgerichtete, langfristige, bewußtseinsmäßige Formierung des Unternehmens, fortwährend auf allen Aktionsfeldern “Qualität zu leben“ und in diese Lebensart sämtliche Unternehmensmitglieder einzubeziehen“ (Limpens, 1995, S. 183). Dabei wird im Sinne eines effizienten Qualitätsmanagements empfohlen, die Abteilungs- und auch Unternehmensgrenzen zu überwinden und die Elemente einer konsequenten Qualitätsausrichtung auch auf die vor- und nachgelagerten Unternehmensbereiche bzw. -partner (z.B. Absatzmittler, Zulieferer) zu übertragen (vgl. Limpens, 1995, S. 183; Scherm, 1994, S. 647). TQM ist nicht nur Methodenbündel, sondern auch eine Grundeinstellung zur Arbeit im Unternehmen. Es verpflichtet alle Mitarbeiter zu qualitätsvollem Handeln und gibt ihnen auch die Möglichkeit dazu. Es sieht sich nicht nur den Kunden gegenüber verpflichtet, sondern ebenfalls den Mitarbeitern und letztlich der Allgemeinheit. Qualität, d.h. die Erfüllung der Erwartungen bzw. Anforderungen der Kunden an ein Produkt oder an eine Dienstleistung (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 3; Töpfer/Mehdorn, 1994, S. 8f), ist ein entscheidendes Verkaufsargument und damit ein wichtiger unternehmerischer Erfolgsfaktor. Mangelhafte Qualität führt zum Verlust der Kundenloyalität und damit zu Umsatz- und Gewinneinbußen. Entsprechend muß den Beschäftigten in Seminaren aufgabenbezogenes, qualitätsorientiertes Denken und Wissen vermittelt werden, damit sie ein Qualitätsbewußtsein entwickeln, das sie befähigt, engagiert Qualitätsverantwortung zu übernehmen, aktiv an qualitätsfördernden Team-Konzepten mitzuarbeiten und Eigenverantwortung für die übertragenen Aufgaben zu übernehmen (vgl. Limpens, 1995, S. 184). - 170 - Damit wird deutlich, daß TQM ein ganzheitliches System ist, das weit mehr umfaßt als die reine Qualitätsverbesserung; als strategisches Konzept zielt es darauf ab, das Unternehmen konsequent auf die wandelnden Marktanforderungen auszurichten (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 383). Die Zertifizierung von QM-Systemen nach der internationalen Industrienorm DIN97 ISO98 9000 - 9004 (entspricht den Europanormen (EN) 29000 - 29004), die derzeit eine steigende Bedeutung in der europäischen Wirtschaft erfährt, steht mit TQM nicht in Konkurrenz. Vielmehr ist die Zertifizierung eine vertrauensfördernde Maßnahme. Ein QM-System in Produktion, Montage und Kundendienst nach dem Anforderungsstandard DIN ISO 9002 - er hat sich für das Kfz-Gewerbe als der zutreffendste erwiesen - legt für ein Unternehmen ein kontrolliertes Qualitätssicherungssystem fest. Zudem erzeugt das Streben nach dem Zertifikat einen oft notwendigen Anpassungsdruck (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 12ff). Der dazu benötigte Aufbau vernetzter Regelkreise im Betrieb schafft die Voraussetzungen für die kontinuierliche Verbesserung der Produkte und Leistungen. Das Zertifikat bescheinigt, daß alle Arbeitsabläufe im Unternehmen den Anforderungen der ISO-Norm entsprechen. Neben der recht umfangreichen Qualitätsprüfung auf der Grundlage einer sog. Auditfragenliste inklusive Prüfkriterien des ZDKs bieten beispielsweise auch die Volkswagen AG und die Mercedes-Benz AG ihren angeschlossenen Vertragspartnern sog. Sammel-/Gruppen-Zertifizierungen an. Bei diesen verkürzten Versionen wird ein vorhandenes QM-System auf einen weiteren Geltungsbereich übertragen (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 24). Im Zuge der Auditierung werden alle wesentlichen Abläufe im Betrieb in den einzelnen Abteilungen sowie die Bereiche Umweltschutz und Arbeitssicherheit durch speziell geschulte Auditoren überprüft (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 4). Die jeweiligen Zuständigkeiten der Funktionsträger werden klar definiert, und durch die straffe Organisationsstruktur wird der betriebliche Ablauf kontinuierlich verbessert. Dadurch werden mögliche Doppelarbeiten und Schwachstellen im Informationsfluß aufgedeckt. Nach einem erfolgreichen Händleraudit wird mit der Zertifizierung durch die unabhängige akkreditierte Zertifizierungsstelle des TÜV oder der DEKRA eine auf 3 Jahre befristete Bestätigung vergeben. Jährlich wird stichprobenartig der Qualitätsstandard in Überprüfungsaudits kontrolliert (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 4). Gegenüber den Kunden soll mit dieser Auditierung dokumentiert werden, daß in dem Betrieb alles dafür getan wird, um höchste Arbeitsqualität und damit verbundene Kundenzufriedenheit zu erreichen. Kritische Kunden, Großabnehmer und Behörden machen schon heute darauf aufmerksam, daß sie nur 97 DIN=Deutsche Industrienorm 98 Die ISO-Serie 9000 ff wurde bereits 1987 von der “International Organization for Standardisation“ (ISO) veröffentlicht (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 4). - 171 - noch Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen beziehen, die nach ISO 9000 ff zertifiziert sind; ein Trend, der anhält und sich zusehends verstärkt (vgl. Autohaus Akademie, 1995, S. 3; Kassebohm/Malorny, 1994, S. 701; Volkswagen AG, 1994, S. o.S.). Zertifikate entfalten u.U. eine erhebliche Marketingwirkung. Gegenüber einem nicht zertifizierten Mitbewerber entsteht der subjektive Eindruck eines leistungsfähigeren Unternehmens. Insofern können diese Auszeichnungen als vertrauensfördernde Maßnahmen angesehen werden (vgl. Kassebohm/Malorny, 1994, S 708). Es ist davon auszugehen, daß eine Vielzahl von Automobilherstellern/-importeuren (z.B. BMW, VW/Audi, Ford, Opel) in die neuen Händlerverträge markenindividuelle Standards mit ISONormierungen aufnehmen werden. Insgesamt ist nur durch die regelmäßige Überprüfung des QM-Systems, der Verfahren, Produkte und Dienstleistungen die Effizienz gewährleistet. Durch fortlaufendes Hinterfragen lassen sich Korrekturmaßnahmen und Mängelbeseitigung und damit Qualitätsverbesserungen erzielen. Ursprünglich zielte der Ansatz des “Kaizen“ bzw. “Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses“ (KVP) auf industrielle Fertigungsstrukturen. Da sich trotz anderer Führungs-, Mitarbeiter- und Abteilungsstrukturen in den mittelständischen Händlerbetrieben auch alle Abläufe als Prozeßkette darstellen lassen, ist dieser Ansatz ebenfalls auf diese Unternehmensgrößen übertragbar. Dieser Begriff bezeichnet eine fortlaufende Verbesserung der Produkte, Dienstleistungen und Prozesse in kleinen Schritten, damit sie den wandelnden Vorstellungen der internen und externen Kunden entsprechen. Diese Qualitätsverbesserung und -sicherung im Wertschöpfungsprozeß wird durch die eigenverantwortliche Lösung von Problemen und Behebung von Mängeln durch den einzelnen Mitarbeiter oder die Gruppe, ggf. auch teamübergreifend, sowie deren zukünftige Vermeidung auf der Grundlage einer systematischen Ursachenanalyse erreicht (vgl. Scherm, 1994, S. 647; Japan Human Relations Association, 1994, S. 39ff). Zielsetzung der KVP-Workshops ist es, wertschöpfende Aktivitäten sukzessive in allen Unternehmensbereichen zu fördern und Verschwendung, d.h. Vorgänge und Leistungen, die nur Kosten verursachen und keine Wertschöpfung bringen, zu reduzieren: “Eine Strategie ohne Ende“, deshalb die Bezeichnung “kontinuierlicher Verbesserungsprozeß“99 (vgl. Fuchs, 1994, S. 50; Japan Human Relations Association, 1994, S. 52). Bei diesen Veranstaltungen geht es also darum, den betroffenen Mitarbeitern vor Ort Zeit zu geben, ihre Kreativität einzubringen, um ihre Tätigkeiten besser und damit effizienter - auch im Sinne der Kundenbedürfnisse und Unternehmensziele - erfüllen zu können. Gerade die betroffenen Mitarbeiter 99 Während Qualitätszirkel sog. temporäre, d.h. nur für begrenzte Zeit eingerichtete Projektgruppen sind, handelt es sich bei den KVP-Workshops um fortlaufende Veranstaltungen, die sukzessive die Defizite und Verschwendungen in allen Unternehmensbereichen aufdecken und beseitigen sollen. - 172 - kennen am besten die Stärken und Schwächen des Prozesses und wissen am genauesten, welche Arbeitsbereiche verbesserungsbedürftig sind (vgl. Fuchs, 1994, S. 50; Japan Human Relations Association, 1994, S. 51). Da die Beteiligten bereits bei der Ideenfindung aktiv beteiligt und von ihrem selbst entwickelten Vorschlag überzeugt sind und ihnen die Veränderungsmaßnahmen nicht von außen aufoktroyiert werden, werden diese auch wesentlich schneller von den Mitarbeitern angenommen und umgesetzt. Der anfänglich durch die gemeinsame Ideensammlung und -strukturierung größere Zeitaufwand wird anschließend bei der Realisierung meist mehr als ausgeglichen (vgl. Fuchs, 1994, S. 51; Japan Human Relations Association, 1994, S. 48). Beispielsweise bietet die Volkswagen AG ihrer Vertriebsorganisation seit Ende 1994 - in Anlehnung an die KVP 2-Workshops, die die Arbeitsabläufe der Produktionsprozesse im Werk untersuchen betriebsinterne Workshops an, die mit KVP 8 bezeichnet werden. Mögliche Themen einer solchen Veranstaltung sind: - Ablauforganisation von der Neuwagen-Anlieferung durch den Spediteur bis zur Auslieferung an den Kunden. - Überprüfung der Teile- und Zubehörwege vom Lager bis zum Werkstattarbeitsplatz. - Auftragsverfolgung im Kundendienst von der Terminvereinbarung bis zur Kfz-Rückgabe an den Kunden. In den meist 1- bis 2-tägigen Workshops werden mit Unterstützung von sog. externen (unabhängigen) Moderatoren von den aus unterschiedlichen Funktionsbereichen stammenden Mitarbeitern Verschwendungspunkte bzw. Schwachstellen in den betriebsinternen Arbeitsabläufen sowie mögliche Verbesserungsmaßnahmen herausgearbeitet. Diese werden in einem ersten Schritt konkretisiert und in die Verantwortlichkeit von Gruppenteilnehmern gelegt und mit festen Umsetzungsterminen versehen. Die Ergebnisse werden daraufhin allen Mitarbeitern und der Geschäftsführung präsentiert. Nachgespräche verfolgen die Termineinhaltung und den Grad der Umsetzung (vgl. Fuchs, 1994, S. 50ff). 3.4.1.4.3. Kritische Betrachtung dieser neuen Konzepte Obige Ausführungen verdeutlichen, daß der TQM-Ansatz große Interdependenzen zum “Lean Management“ aufweist. In beiden Konzepten dominieren die Elemente Kunden-, Prozeßorientierung sowie bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Kostenminimierung. Deshalb ist es ratsam, bei der Einführung von TQM ebenfalls die Komponenten und Grundsätze von Lean Management zu berücksichtigen (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 383). Erfolgt die Umsetzung der TQM-Idee ohne intensiven Informations- und Überzeugungsprozeß, so führen die im Unternehmen durchzuführenden technischen, organisatorischen und personellen Neuerungen u.U. zu schwerwiegenden gesamtbetrieblichen Irritationen, die sich für den einzelnen durchaus zu einer Belastung entwickeln. Ein wirkungsvolles TQM kann nur unter Einbeziehung aller - 173 - Arbeitnehmer durchgeführt werden und sich damit langfristig zu einer neuen Herausforderung für die gesamte Belegschaft entfalten (vgl. Limpens, 1995, S. 185). Einerseits stützt sich das TQM ablauforganisatorisch auf Normenbilder, die von kollektiver Seite geprägt werden. Andererseits werden aus personalpolitischer Sicht die Wertschöpfungsbeiträge der betroffenen Mitarbeiter oder Gruppen über Qualitätsentlohnungs- oder Profit Center-Konzepte erfaßt, die zwar das Leistungsbewußtsein fördern, gleichzeitig aber im Sinne individueller Normenpräzisierungen zu einem Ressortegoismus führen, der den geforderten qualitätsorientierten Gemeinschaftsgeist behindert. Es bleibt zweifelhaft, ob das angestrebte unternehmerische Gesamtergebnis aufgrund einer derartigen Individualausrichtung der vorhandenen Entlohnungskonzepte stets positiv beeinflußt wird (vgl. Limpens, 1995, S. 185). Kritiker geben auch zu bedenken, daß das Zertifikat über Qualität nichts aussagt. Es werden vielmehr unternehmensinterne Mindeststandards definiert und Kontrollprozesse idealtypisch beschrieben. Das gesamte Qualitätsmanagement ist hierarchisch und bürokratisch mit einer Vielzahl von Vorschriften und Normen (z.B. Anweisungen, Checklisten, Einzigartigkeiten) versehen und steht damit im Gegensatz zur heute in Unternehmen geforderten Flexibilität, Eigenverantwortung, Kreativität und zum unternehmerischen Denken der Mitarbeiter entlang der horizontalen Prozeßketten. Im Rahmen der Zertifizierung nach DIN ISO 9000 ff werden vorrangig die internen Abläufe des Unternehmens überprüft; dabei wird die kundenorientierte Prozeßqualität als wichtiger Wettbewerbsvorteil eines Kfz-Betriebes in den Normlisten außer acht gelassen. Deshalb fehlt für eine vollständige Vertrauensbildung am Markt die Bestätigung, daß auch die vom Unternehmen erbrachten Leistungen und Produkte den Kundenerwartungen entsprechen. Diesen “Gap“ gilt es zukünftig kontinuierlich zu verkleinern, unter Berücksichtigung aller Wirtschaftlichkeits- und Wettbewerbsaspekte. Die durch die Zertifizierung zum Ausdruck gekommene Qualitätsfähigkeit des Unternehmens bedeutet lediglich eine Momentaufnahme. Produkt-, Prozeß- und Unternehmensqualität bedürfen hingegen ständiger Verbesserungen. Das Anpassen des QM-Systems an die alle 5-7 Jahre überarbeitete Normenreihe DIN ISO 9000 ff reicht bei der heutigen Umfelddynamik nicht aus (vgl. Kassebohm/Malorny, 1994, S. 708). Die Gefahr bei kontinuierlichen Verbesserungsaktivitäten besteht darin, daß sie zwar punktuell die Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen fördern, jedoch insbesondere bei den operativ tätigen Mitarbeitern langfristig zu einer Lethargie führen können, wenn diese es zwischenzeitlich durch Überforderung aufgeben, vereinbarte Veränderungen ernst zu nehmen und kurzfristig umzusetzen. Diese Schwierigkeit wird um so eher akut, je kürzer die Veränderungsintervalle und desto unsteter die daraus resultierenden Normen und Strukturen sind (vgl. Limpens, 1995, S. 184). - 174 - Abschließend ist festzuhalten, daß auch für Kfz-Betriebe das Thema Qualitätsmanagement ein immer entscheidenderer Erfolgsfaktor wird. Der Nutzen für die Unternehmen liegt in der ständigen Verbesserung von Produkten, Prozessen, der Leistungen, Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterorientierung sowie der Produktivitätssteigerung. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Umsetzung der in der Normenreihe festgelegten Qualitätssicherungssysteme. Viele zertifizierte Unternehmen nutzen ihr QM-System nach DIN ISO 9000 ff auch als Ausgangspunkt für weiterführende TQM-Aktivitäten, beispielsweise hinsichtlich Abfallvermeidung (EU-Umwelt-Siegel) oder Reduzierung des Energieverbrauchs (EU-Energie-Siegel) und damit letztlich zur Kosteneinsparung. Der Umweltcheck in Verbindung mit dem Energiecheck und die Einrichtung eines Qualitätsmanagementsystems laufen nach der gleichen Methodik ab und lassen sich ohne weiteres miteinander verknüpfen. Ohne abgestimmtes Gesamtkonzept und intensive Partizipation der Mitarbeiter bringen jedoch (operative) Teilansätze wie Lean Management, Total Quality Management, kontinuierliche Verbesserungsprozesse mit Teamarbeit oder auch Kundennähe zwar kurzfristige Verbesserungen, garantieren aber keine dauerhaften positiven Synergieeffekte, die in einer Welt der Diskontinuitäten und des Übergangs notwendig sind (vgl. Hinterhuber, 1994(b), S. 36f). 3.5. Das strategische Personalmanagement in mittelständischen Autohäusern 3.5.1. Die zunehmende Bedeutung des strategischen Personalmanagements aufgrund sich verändernder Rahmenbedingungen Wie bereits im Zusammenhang mit den Ausführungen zum konzeptionellen Human Resource Management-Ansatz erläutert, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit unter dem Begriff “strategisches Personalmanagement“ bzw. “strategisches Human Resource Management“ die proaktive, langfristig orientierte, ganzheitlich-konzeptionelle (integrative) Sichtweise der Mitarbeiter im Unternehmen subsumiert (vgl. Ackermann, 1991, S. 22; Krulis-Randa, 1995, S. 21; Staehle, 1989(b), S. 388; Staehle, 1990, S. 719; siehe auch Kapitel 3.1.2.). Das Human Resource Management hat nicht nur Servicefunktionen im Betrieb zu übernehmen, sondern aufgrund sich fortlaufend wandelnder, höherer Anforderungen an die Personalarbeit prospektiv (vorausschauend) zukünftige Unternehmensentwicklungen aktiv mitzugestalten, unter Berücksichtigung sozio-ökonomischer Ziele (vgl. Ackermann, 1989(b) S. 142; Ackermann/ Blumenstock, 1993, S. 12; Hentze, 1991(a), S. 20). Entscheidungen über Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und das HRM müssen simultan getroffen werden (vgl. Krulis-Randa, 1995, S. 23; Oechsler, 1994(a), S. 18). - 175 - Obwohl in vielen personalwirtschaftlichen Veröffentlichungen, Kongressen, Vorträgen etc. immer wieder herausgestellt wird, daß das Humanpotential zunehmend das wichtigste Kapital des Unternehmens ist, werden Arbeitnehmer in der Praxis meist als Betriebs- oder Personalkosten und nicht als erfolgsrelevante Investitionsgröße betrachtet (vgl. Sattelberger, 1989(a), S. 16). Wie in den meisten Klein- und Mittelbetrieben gibt es auch im Kfz-Gewerbe keinen anderen Unternehmensbereich, in dem so wenig planvoll und zielorientiert gearbeitet und in dem so vieles dem Zufall überlassen wird wie im Personalbereich (vgl. Dubbert, 1990, S. 97). Die Personalarbeit wird häufig kurzfristig (aktionistisch) in Form von Beschäftigungsplanung betrieben, dort, wo direkter Mangel erkennbar ist. Systematische strategische Planung der Humanressourcen wird in den meisten Unternehmen vernachlässigt (vgl. Sattelberger, 1989(a), S. 16). Eine integrative Personal- und Unternehmensplanung ist jedoch unerläßlich, weil auch die beste Unternehmensstrategie erfolglos bleiben muß, wenn sie mangels qualifizierter und motivierter Arbeitnehmer nicht realisiert werden kann. Neben den im Kfz-Betrieb alles beherrschenden Funktionsbereichen Verkauf, Kundendienst/Werkstatt und Finanzen wird das Personalmanagement weitgehend als Randproblem angesehen und dementsprechend gehandhabt. Hohe Fehlzeiten und Fluktuation der Belegschaft, schlechtes Betriebsklima, niedrige Produktivität etc. sind die Folgen der Mißachtung der Arbeitnehmer als erfolgsrelevantes Unternehmenskapital. Nur zufriedene, loyale und hochqualifizierte Mitarbeiter sind zukünftig in der Lage, die zunehmend anspruchsvolleren Kunden adäquat zu betreuen. Aus diesem Grunde wird nachfolgend die strategische Personalentwicklung und die leistungsmotivierende Mitarbeiterführung im Zentrum der Betrachtung stehen. Nur in sehr großen Autohäusern mit etwa 150 und mehr Mitarbeitern gibt es oftmals eine eigene Personalabteilung. In den meist wesentlich kleineren Kfz-Betrieben hat die Personalfunktion eher eine untergeordnete, meist verwaltungstechnische Bedeutung. Sie wird entweder dezentral von den einzelnen Abteilungsleitern, zentral vom Finanzleiter - falls diese Stellen im Unternehmen überhaupt vorhanden sind - oder vom Unternehmer/Geschäftsführer persönlich (nebenbei) wahrgenommen. Bekannte Instrumentarien der Personalarbeit (z.B. Stellenbeschreibung, Bedarfspläne, Fragebögen, Beurteilungsverfahren) sind in diesen Betrieben nur vereinzelt vorzufinden (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 13). Da durch die ständig steigenden Arbeitsanforderungen und die gewandelte Arbeitsmarktsituation insbesondere qualifiziertes und motiviertes Personal kaum problemlos ad hoc extern zu rekrutieren ist, kann diese Knappheit nur durch langfristig orientierte - Beschaffung von Arbeitnehmern auf dem externen oder ggf. internen Arbeitsmarkt, - Ausbildung, - Fortbildung noch nicht genügend qualifizierter Beschäftigter sowie (vgl. Drumm, 1992, S. 161) - 176 - - Karriere- und Laufbahnplanung für geeignete Nachwuchskräfte überwunden werden. Die Personalbeschaffung, -auswahl, Aus- und Weiterbildung beanspruchen Zeit. Die Betriebe sind deshalb quasi gezwungen, sich frühzeitig mit der Ermittlung zukünftig erforderlicher Mitarbeiterqualifikationen (qualitativer Aspekt) und mit der Bestimmung der Menge (quantitativer Aspekt) der zur Leistungserstellung benötigten Mitarbeiter zu befassen (vgl. Drumm, 1992, S. 162). Eine erfolgreiche Personalpolitik wird auf Dauer nur das Unternehmen betreiben, das die Personalaufgaben aktiv angeht und nicht nur (zwangsweise) reagiert (vgl. Zander, 1994, S. 235). Aufgrund der oben geschilderten Bedeutung der Arbeitnehmer für den langfristigen Unternehmenserfolg wird die strategische Personalplanung auch im Kfz-Gewerbe immer mehr zur Aufgabe der Unternehmensführung. Investitionen in das Mitarbeiterpotential sind für eine erfolgreiche Zukunftssicherung mindestens genauso bedeutend wie langfristig wirkende Investitionen in Gebäude und technische Ausstattungen. 3.5.2. Darstellung der einzelnen Teilbereiche des strategischen Personalmanagements Von der Vielzahl der funktionellen Subsysteme des Personalmanagements - sie haben Planungscharakter (vgl. Dubbert, 1990, S. 107) wie z.B. die Personalbedarfsanalyse, -beschaffung/ -auswahl, -entwicklung, -freistellung - soll nachfolgend ausschließlich auf vier Teilfunktionen entsprechend dem Michigan-Ansatz - eingegangen werden. Dabei handelt es sich um die - strategische Personalbeschaffungs-/Personalauswahlplanung, - strategische Leistungsbeurteilung, - strategische Anreiz- und Belohnungssysteme sowie - strategische Personalentwicklung. Dabei werden nachfolgend sowohl die operativen als auch die strategischen Maßnahmen des Personalmanagements, die Letztgenannten bilden den Schwerpunkt dieses Ansatzes, nicht getrennt voneinander dargestellt, da die Übergänge meist fließend sind. Speziell in vielen mittelständischen Unternehmen werden die umfangreichen Möglichkeiten zur Entwicklung und Leistungsmotivation der Erwerbstätigen bisher kaum effektiv eingesetzt werden. Die vier abgegrenzten Bereiche lassen sich in der Praxis nicht genau voneinander trennen, weil sie eng miteinander vernetzt sind und sich gegenseitig beeinflussen (vgl. RKW, 1990, S. 18). Zur vereinfachten Darstellung sollen sie im folgenden nacheinander erläutert werden. - 177 - 3.5.2.1. Strategische Personalbeschaffung und -auswahl Zur Umsetzung der geplanten Unternehmens- und Wettbewerbsstrategien ist primär die Beschaffung und Auswahl der dafür benötigten Arbeitnehmer erforderlich (vgl. Elsik, 1992, S. 132). Die Aufgabe der Personalbeschaffung ist es, die in der Personalbedarfsplanung festgestellte personelle Unterdeckung (z.B. Neu-, Ersatzbedarf) auszugleichen, damit zu einem bestimmten Zeitpunkt genügend qualifizierte Mitarbeiter für bestimmte Aufgaben vorhanden sind. Dafür gibt es zwei Beschaffungsalternativen. Zum einen die unternehmensinterne (=Rekrutierung von Mitarbeitern aus dem eigenen Unternehmen durch Beförderung, Versetzung etc.) sowie zum anderen die unternehmensexterne (=Neueinstellung von Personen, die bisher nicht im Unternehmen tätig waren, z.B. durch Vermittlung über Arbeitsämter, Stellenanzeigen, Personalberater) Suche, Auswahl und Bereitstellung geeigneter Personen (vgl. Berthel, 1995, S. 166ff; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 273; Drumm, 1992, S. 241; Dubbert, 1990, S. 113). Die Schwerpunkte der Personalbeschaffung sind die beiden Bereiche Personalwerbung/-akquisition und -auswahl (vgl. Thommen, 1990, S. 491), auf die nachfolgend näher eingegangen wird. 3.5.2.1.1. Unternehmensinterne und auf dem externen Arbeitsmarkt durchgeführte strategische Personalbeschaffung 3.5.2.1.1.1. Unternehmensinterne Personalbeschaffung zur Leistungsmotivation der Mitarbeiter Wenn bei der Personal-(bedarfs-)planung die Notwendigkeit eines Neu- oder Ersatzbedarfs festgestellt wird, so sollte primär eine innerbetriebliche Besetzung erörtert werden, zumal auch das Betriebsverfassungsgesetz die innerbetriebliche Stellenausschreibung auf Verlangen des Betriebsrates (§ 93 BetrVG von 1972) vorsieht. Vorhandene Mitarbeiter haben jedoch keinen Anspruch auf die zu besetzende Stelle (vgl. Berthel, 1995, S. 167; Zander, 1994, S. 63). Ohne interne Ausschreibung kann der Betriebsrat nach § 99 BetrVG bei der Einstellung externer Bewerber die Zustimmung verweigern (vgl. Berthel, 1995, S. 198). Die internen Beschaffungsmaßnahmen unterteilen sich - in (kurzfristige) Mehrarbeit - vor allem in mittelständischen Betrieben vorzufinden (vgl. Dubbert, 1990, S. 113) -, in Form von Ausweitung der vertraglichen Arbeitszeit (Überstunden), Urlaubsverschiebung in geschäftsschwache Zeiten etc. sowie - in Aufgabenumverteilung, verbunden mit Beförderungen und Versetzungen (vgl. Berthel, 1995, S. 167). Zur Überbrückung der kurzfristigen Mehrarbeit wird gerade in Klein- und Mittelbetrieben der kurzfristige Einsatz von Springern (z.B. Familienangehörige, kurzfristig abrufbare ehemalige Mitarbeiter/innen bzw. Rentner/-innen) und Teilzeitarbeitskräften angewendet (vgl. Dubbert, 1990, S. 113). Eine - 178 - weitere Möglichkeit ist die Einstellung von Mitarbeitern mit befristeten Arbeitsverträgen. Dabei sind die Bestimmungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes (BeschFG) zu berücksichtigen (vgl. Kador, 1990, S. 12). Schließlich bietet sich bei saisonalen Schwankungen bzw. temporärer Mehrauslastung auch die Zusammenarbeit mit Zeitarbeitunternehmen (sog. Personalleasing i.S.d. Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vom 07.08.1972) an (vgl. Kador, 1990, S. 12). Die Aufgabenumverteilung führt in kleineren und mittleren Unternehmen meist zur indirekten Personalbestandserhöhung. Das Beschaffungsproblem wird nicht abschließend gelöst, sondern oftmals auf eine andere bzw. niedrigere Hierarchieebene verlagert, für die dann Neubedarf an externen Arbeitskräften besteht (vgl. Dubbert, 1990, S. 113; Maier/Fröhlich, 1992, S. 22). Die langfristig orientierte, interne Beschaffungsplanung ist eine wichtige Aufgabe der Unternehmensführung. Sie erfolgt meist in Verbindung mit strategischer Personalentwicklung. Durch vorausschauende Fortbildungsmaßnahmen und Karriereplanung schafft sich das Unternehmen ein Reservoir an qualifizierten Mitarbeitern, die den zukünftigen Arbeitsanforderungen der Unternehmensstrategie entsprechen (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 274). Grundsätzlich sollte vor Inanspruchnahme des externen Arbeitsmarktes die unternehmensinterne Personalbeschaffung überprüft werden. Sie bietet u.a. folgende Vorzüge: - Risiko von Fehlbesetzungen wird durch langfristige Beobachtung des Sozial- und Leistungsverhaltens, der Eigeninitiative, des Engagements sowie des Entwicklungspotentials minimiert; - kaum Integrationsprobleme, da der Beschäftigte mit den betrieblichen Gegebenheiten (“Internas“), organisatorischem Aufbau und Arbeitsplatzanforderungen vertraut ist; - größere Motivation und Zufriedenheit bei den Mitarbeitern durch interne Aufstiegsmöglichkeiten bei entsprechenden Leistungen und somit auch Verbesserung des Betriebsklimas; - Kosteneinsparung aufgrund wegfallender Akquisitionskosten und Einarbeitungszeiten sowie möglicher Fehlbesetzung(en) (vgl. Berthel, 1995, S. 177; Oechsler, 1994(a), S. 138; Liebel/Oechsler, 1994, S. 51). Gerade in mittelständischen Betrieben werden aus den angeführten Gründen qualifizierte und motivierte Fach- und Führungskräfte häufig aus dem eigenen Betrieb rekrutiert. Dies geschieht meist durch eine innerbetriebliche Stellenausschreibung. Sie umfaßt Beschreibungen über die vakante Position, die Arbeitsanforderungen und wird den Beschäftigten durch Anschlag, Handzettel, Anzeige in der firmeninternen Zeitung oder in anderer geeigneter Form mitgeteilt (vgl. Berthel, 1995, S. 168). Weitere Möglichkeiten zur internen Beschaffung sind Vorschläge von Vorgesetzten, Versetzungen und vor allem eine gezielte Personalentwicklung, evtl. verbunden mit einer Nachfolgeplanung (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 22) im Rahmen der strategischen Personalentwicklung. - 179 - Die oben angeführten Vorzüge interner Rekrutierung schließen allerdings nicht aus, daß es im Einzelfall ratsamer sein kann, auch Fach- und Führungskräfte vom externen Personalmarkt einzustellen, wenn das benötigte Know-how im Unternehmen nicht vorhanden ist, oder um neue Ideen von außen einfließen zu lassen (vgl. Burgard, 1988, S. 318; Liebel/Oechsler, 1994, S. 51). Zu beachten ist, daß es bei interner Personalbeschaffung zu Spannungen bei den nicht berücksichtigten Bewerbern kommen kann, daß das Risiko der Betriebsblindheit besteht und daß es Schwierigkeiten bei der Korrektur von Fehlbesetzungen geben kann (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 138). 3.5.2.1.1.2. Vorgehensweise für eine effektive Personalakquisition auf dem externen Arbeitsmarkt Die externe Beschaffung am Arbeitsmarkt100 ist dann notwendig, wenn die Mehrauslastung auf Dauer nicht über kurzfristige interne Maßnahmen kompensiert werden kann und Mitarbeiter bzw. Führungskräfte mit dem benötigten Leistungspotential, Know-how etc. im Unternehmen nicht vorhanden sind (vgl. Dubbert, 1990, S. 113; Mag, 1986, S. 67). Die besonderen Vorzüge dieser Beschaffungsart liegen zum einen darin, daß man Bewerber mit einem breiteren Erfahrungsspektrum aus anderen Unternehmen rekrutieren kann und zum anderen, daß man Ausbildungskosten spart (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 138). Bei der Suche nach potentiellen Beschäftigten auf dem externen, speziell für qualifizierte Fach- und Führungskräfte angespannten Arbeitsmarkt, stehen die Klein- und Mittelbetriebe in direkter Konkurrenz zu Großunternehmen (vgl. Dubbert, 1990, S. 113; Maier/Fröhlich, 1992, S. 23). Aufgrund des Mangels an qualifizierten Kräften sind aktive Methoden erforderlich, wie die am häufigsten eingesetzten Stellenanzeigen in (über-)regionalen Tageszeitungen und Fachzeitschriften, die gezielte Ansprache von Bewerbern oder Informationsveranstaltungen im Betrieb und in (Berufs-, Hoch)Schulen. Eine weitere Möglichkeit bietet die Vermittlung von interessierten Bewerbern aus dem sozialen Umfeld der Betriebsangehörigen (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 23). Eine sehr gute Möglichkeit, um speziell Führungsnachwuchskräfte anzuwerben, bildet das aus den USA entlehnte “Campus-recruiting“. Bei diesen Firmenkontaktgesprächen für Nachwuchskräfte werden z.T. mit Unterstützung der Lehrkräfte oder Studentenorganisationen Berufsbörsen an den Hochschulen durchgeführt, bei denen Studenten, Absolventen und junge Berufstätige die Möglichkeit haben, sich bei 100 Da Betriebe im Zuge der sich verschärfenden Knappheit qualifizierter Arbeitnehmer wesentlich aktiver auf dem Arbeitsmarkt tätig werden müssen, um besonders geeignete Bewerber überhaupt für das Unternehmen interessieren und evtl. gewinnen zu können, wird die aktiv-werbende Personalbeschaffung seit geraumer Zeit mit dem Begriff “Personalmarketing“ bezeichnet (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 638). Dabei umfaßt das (strategische) Personalmarketing nicht nur das nach außen gerichtete Werben um neue Mitarbeiter, sondern auch die nach innen gerichtete Betrachtung, um langfristig zufriedene und motivierte Mitarbeiter zu schaffen (vgl. Drumm, 1992, S. 254; Töpfer/Poersch, 1989, S. 132f; Weber, 1990, S. 14). - 180 - den Personalmanagern der beteiligten Unternehmen vorzustellen und über Einstiegsmöglichkeiten zu informieren (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 139). Diese Methode zur Beschaffung höher qualifizierter Berufseinsteiger ist mittlerweile auch in Deutschland bei vielen Großunternehmen (z.B. Deutsche Bank, Mercedes-Benz, Mannesmann, Siemens) üblich, z.T. in Verbindung mit Universitätspräsentationen, austellungen etc. Für das Kfz-Gewerbe bietet sich speziell eine diesbezügliche Ansprache der Fachschulen für Kfz-Betriebswirtschaft in Calw und Northeim, der Fachhochschule Nürtingen sowie der Universität Bamberg mit den jeweiligen Lehrstühlen für Automobilwirtschaft an. Diese Art der Akquisition von Führungskräften geschieht bisher bei mittelständischen (Kfz-)Unternehmen nur vereinzelt. Als weitere Beschaffungsquellen sind schließlich noch die Hinzuziehung von Personalberatern oder professionellen Headhuntern zu erwähnen. Hiervon machen aufgrund der erheblichen Kosten jedoch nur sehr große Autohäuser bei der Suche nach Geschäftsführern oder sonstigen leitenden Angestellten Gebrauch. Für eine kurzfristige, flexible Bedarfsdeckung bietet sich die Arbeitnehmerüberlassung (sog. Personalleasing) an (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 139), auf die bereits weiter vorne eingegangen wurde. Voraussetzung für eine erfolgreiche Personalanwerbung ist die detaillierte Beschreibung der Arbeitsinhalte der zu besetzenden Stelle, der benötigten (Qualifikations-)Anforderungen (vgl. Zander, 1994, S. 63) sowie der realen Gegebenheiten (Stärken, Defizite) in dem Unternehmen. Aufbau, Inhalt und optische Gestaltung sind neben der richtigen Medienwahl wichtige Kriterien für die Wirksamkeit des Stellenangebotes. Dabei sollte eine zielgruppenorientierte, moderne Gestaltung und entsprechende Textformulierung erfolgen (vgl. Zander, 1994, S. 64). Sie soll nicht nur veränderungswillige Arbeitskräfte, sondern auch solche ansprechen, bei denen der Wunsch nach Veränderung erst geweckt werden muß (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 26). Unter Bewerbern - insbesondere unter (Fach-)Hochschulabsolventen als potentiellem Führungsnachwuchs und berufserfahrenen Führungskräften - bestehen oftmals größenbedingte Ressentiments gegenüber Klein- und Mittelbetrieben, wie beispielsweise niedrigeres Vergütungsniveau, eher autoritärer Führungsstil, geringe Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten (vgl. Dubbert, 1990, S. 114), die bereits in der Stellenausschreibung ausgeräumt werden sollten. Obwohl es grundsätzlich schwieriger geworden ist, geeignete Auszubildende zu finden und nach abgeschlossener Berufsausbildung zu halten, sollten nicht vorrangig junge Menschen eingestellt werden, nur um eine vakante Lehrstelle zu besetzen. Ein ungeeigneter Bewerber stellt langfristig für den Betrieb eher eine Belastung als eine wertvolle Arbeitskraft dar. Deshalb sollten sich Unternehmensführer auch mit veränderten bzw. erweiterten Zielgruppen (z.B. weibliche Azubis, ausländische Jugendliche, (Fach-) Abiturienten) befassen (vgl. Teichmann, 1992, S. 915). - 181 - Schulabsolventen präferieren anstelle der ehemals stark bevorzugten Ausbildung im Kfz-Handwerk zunehmend eine Lehre als Bank-, Versicherungs-, Bürokaufmann oder in großen Industrieunternehmen. Deshalb ist es notwendig, den Berufsanfängern zu verdeutlichen, daß der “ölverschmierte Schrauber“ im heutigen Berufsalltag in den Kfz-Betrieben nur noch bedingt vorzufinden ist. Bei den modernen HighTech-Automobilen benötigt das Werkstattpersonal zur Wartung und Instandsetzung zunehmend handwerkliche Kenntnisse und Fertigkeiten in unterschiedlichen Bereichen der Automobiltechnik, wie Elektrik, Elektronik, Hydraulik, Pneumatik, Werkstoffkunde, Informationsverarbeitung etc. Eher passive Maßnahmen zur externen Beschaffung sind beispielsweise die Inanspruchnahme der Arbeitsämter, die Auswertung von Stellengesuchen in Zeitungen und der Rückgriff auf unaufgefordert zugesandte Bewerbungen. Aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels und der in den 90er Jahren auf den Arbeitsmarkt tretenden geburtenschwachen Jahrgänge wird diese Art der Personalbeschaffung zukünftig wenig Erfolg versprechen (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 22f). Speziell Klein- und Mittelbetriebe suchen unternehmensexterne Führungs-(nachwuchs-)kräfte in erster Linie auf informellen Wegen über (persönliche) Empfehlungen von Freunden, Bekannten und über Kunden, Mitbewerber, Zulieferer (vgl. Dubbert, 1990, S. 113), Verbände, Innungen etc. Insgesamt ist die Personalbeschaffung keine einmalige, kurzfristige ad hoc-Aufgabe. Sie hat vielmehr langfristigen Charakter und muß in die Unternehmensplanung integriert sein, unter besonderer Berücksichtigung zukünftiger strategischer und struktureller Anforderungen. Solche Personalpläne sind jedoch kaum in mittelständischen Unternehmen vorzufinden (vgl. Dubbert, 1990, S. 107). Während bis Mitte/Ende der 80er Jahre in vielen Autohäusern über den Regenerationsbedarf ausgebildet wurde, um der hohen Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken, sind die Betriebe mittlerweile gezwungen, den engagierten Nachwuchs aktiv zu akquirieren (vgl. Volkswagen AG Zentralbereich Kundendienst, 1991, S. 12). Entwicklungsfähiges Nachwuchspotential mit Abitur oder (Fach-)Hochschulabschluß darf nicht länger allein von Großunternehmen rekrutiert werden, sondern auch die mittelständischen Betriebe müssen sich aktiv darum bemühen (vgl. Eckardstein, 1988, S. 64). Dabei ist das Image des Betriebes ein entscheidender strategischer Erfolgsfaktor für die Personalakquisition auf dem externen Arbeitsmarkt (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 25; Liebel/Oechsler, 1994, S. 53). Inwieweit Bewerber aus dem eigenen Unternehmen oder vom externen Arbeitsmarkt präferiert werden sollen, kann nicht generell gesagt werden. Die Entscheidung, in welchem Umfang interne oder externe Stellenbesetzung erfolgen soll, steht im engen Zusammenhang mit der Personalentwicklungspolitik (Ausbildungs- und Fortbildungs-, Laufbahn-, Karriereplanung usw.). Im einzelnen sind die Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abzuwägen, wobei nicht quantifizierbare Faktoren berücksichtigt werden müssen (vgl. Korndörfer, 1990, S. 165f; Thommen, 1990, S. 491). - 182 - Zu bemerken ist jedoch, daß Unternehmen, die bewußt freie Stellen vorrangig mit Betriebsangehörigen besetzen, meist auch gezielte langfristige Qualifizierungsmaßnahmen - von der Berufsausbildung über gezielte Fortbildungsmaßnahmen bis zu einem gelenkten Arbeitsplatzwechsel (job rotation) durchführen (vgl. Korndörfer, 1990, S. 166). An den Einsatz von Instrumentarien der Personalbeschaffung, die auf dem Arbeitsmarkt eine Akquisitionswirkung haben sollen, schließt sich die Personalauswahl unter den Bewerbern an (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 141). 3.5.2.1.2. Strategische Personalauswahl 3.5.2.1.2.1. Aufgaben und Inhalte der Personalauswahl Die Aufgabe der Personalauswahl besteht darin, aus den zur Verfügung stehenden unternehmensinternen oder -externen Bewerbern den- oder diejenigen auszuwählen, die für die Anforderungen der vakanten Stelle am geeignetsten erscheinen (vgl. Berthel, 1995, S. 181; Drumm, 1992, S. 259), d.h. einen Abgleich zwischen der Bewerbereignung und dem Anforderungsprofil der zu besetzenden Position mit Hilfe bestimmter Auswahlinstrumente durchzuführen (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 141). Die Auswahl des "Bestqualifizierten" erfordert die Feststellung der Bewerberqualifikation, detaillierte Kenntnisse über die derzeitigen und zukünftigen Stellenanforderungen und die Abstimmung der Informationsbasis und Auswahlregeln (vgl. Berthel, 1995, S. 181; Drumm, 1992, S. 259). Die strategische Personalauswahl unterscheidet sich von der “herkömmlichen“ Variante weniger durch die eingesetzten Analyseinstrumente, sondern in erster Linie durch die aus den strategischen Umsetzungserfordernissen abgeleiteten Selektionskriterien, um eine Übereinstimmung zwischen Strategie und Person(en) zu erreichen. Sie wird vorrangig bei Führungskräften der obersten hierarchischen Ebenen (z.B. Geschäftsführer, Betriebs-, Abteilungsleiter) verwandt (vgl. Elsik, 1992, S. 132). Die Instrumentenwahl hängt u.a. davon ab, ob es sich bei den Bewerbern um vorhandene Mitarbeiter oder externe Kräfte handelt. Bei internen Bewerbungen können hilfreiche Informationen z.B. aus den Leistungsbeurteilungen, Beobachtungen von Vorgesetzten oder Personalgesprächen für die Auswahl herangezogen werden. Eine Analyse der Bewerbungsunterlagen wird bei ihnen nicht notwendig sein (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 141). In der Fachliteratur werden einige Modelle zur strategischen Personalauswahl (z.B. von Laukamm/Walsh (1986), Stybel (1982)) dargelegt. Gemeinsam ist diesen Konzepten, daß eine normative Zuordnung von unterschiedlichen Strategietypen, die in den strategischen Geschäftseinheiten oder auf Unternehmensebene verfolgt werden und die sich im Zeitablauf auch ändern können, auf die einzelnen Strategieumsetzungen speziell ausgerichtete Managertypen erfolgen sollen. Aufgrund methodischer Unzulänglichkeiten z.B. bzgl. der Bezeichnungen, Anforderungen, - 183 - Persönlichkeitsmerkmale, Meßprobleme etc. werden sie nicht näher erläutert. Kritisch wird an diesen Methoden zur strategischen Personalauswahl vor allem die Zuordnung von Managern zu Strategien, meist auf der Grundlage des Produktlebenszyklusses, als auch die damit verfolgte Idee der Übereinstimmung von Strategien und Managern betrachtet (vgl. Elsik, 1992, S. 133ff). Gerade Kleinund Mittelbetriebe weisen meist nur eine geringe Anzahl an qualifizierten Führungskräften auf, so daß kein interner Austausch von Managern mit unterschiedlichen Kenntnissen, Fertigkeiten und Verhaltensweisen zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern erfolgen kann, die für die einzelnen Strategien bzw. Phasen am geeignetsten erscheinen. Verantwortlich für die Personalauswahl sind je nach zu besetzender Stelle entweder die Fachvorgesetzten bzw. Abteilungsleiter, meist bei der Einstellung von Azubis, Fachkräften etc. oder die Unternehmensleitung, speziell bei Führungskräften wie Abteilungs-, Betriebsleitern usw. Das Schwierigste bei der Personalauswahl ist die Prognose, wie vor allem externe Bewerber mit den Anforderungen des Arbeitsplatzes und dem vorhandenen sozialen Umfeld in der Firma (z.B. Unternehmenskultur, Mitarbeiter, interne Hierarchie) zurechtkommen (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 640). Aufgrund dieser Unwägbarkeiten bleiben Personalauswahlentscheidungen immer mit einem gewissen Risiko behaftet (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 36). Fehlbesetzungen führen meist zu erheblichen Folgekosten, sei es durch Fehlentscheidungen seitens der (fälschlicherweise) Eingestellten oder aber aufgrund erheblicher Persönlichkeitsmängel, Fähigkeitsund/oder Fertigkeitslücken, die nur durch teure Personalentwicklungsmaßnahmen behoben werden (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 637) oder zur Entlassung während oder am Ende der Probezeit führen können. Gerade in Klein- und Mittelbetrieben können einige wenige personelle Fehleinstellungen u.a. das Betriebsklima in ganzen Abteilungen nachhaltig verschlechtern. Mit Hilfe der nachfolgend dargestellten Verfahren zur Personalauswahl soll ein sogenanntes Fähigkeitsprofil der Betreffenden aufgestellt werden, das über Fähigkeiten, Kenntnisse, Leistungspotential und Entwicklungsperspektiven des Einzelnen Aufschluß geben soll. Aus der Gegenüberstellung von Anforderungs- und Fähigkeitsprofil ergibt sich das Eignungsprofil des jeweiligen Bewerbers (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 639). 3.5.2.1.2.2. Systematische Verfahren zur Pers onalauswahl Für eine fundierte Informationsgewinnung über die Bewerber werden in der Praxis vorrangig systematische Verfahren zur Personalauswahl eingesetzt. Dabei sind die nachfolgend dargestellten Auswahlverfahren nicht als einander ausschließende Informationsquellen bzw. Instrumentarien zu betrachten, sondern als Auswahlprozesse, die miteinander kombiniert werden können. Umfang und Detailliertheit solcher mehrstufiger Personalauswahlverfahren steigen mit den Qualifikationsanforderungen und der Bedeutung der vakanten Stelle (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 640). - 184 - Gerade die beiden erstgenannten Methoden werden häufig bei gewerblich-technischen und kaufmännischen Auswahlentscheidungen im Kfz-Gewerbe genutzt. Auf die einzelnen Verfahren wird im folgenden näher eingegangen: a) Analyse der Bewerbungsunterlagen Ausgangspunkt eines typischen Personalauswahlprozesses - unabhängig vom Einsatz weiterer eignungsdiagnostischer Instrumentarien - ist die Analyse der Bewerbungsunterlagen, um einen ersten Eindruck über den/die Bewerber zu erhalten. Die Bewerbungsunterlagen beinhalten: Bewerbungsschreiben, Lebenslauf mit Lichtbild und beruflichem Werdegang, Schul-, Ausbildungsabschluß-, Berufs-, Arbeits-, ggf. Gesundheitszeugnisse, Referenzen, u.U. Arbeitsproben, standardisierter Personalfragebogen speziell in größeren Betrieben usw. (vgl. Berthel, 1995, S. 185; Drumm, 1992, S. 261; Schuler, 1991, S. 108; Zander, 1994, S. 72). Durch diese Basisinformationen des Bewerbungsschreibens und der beigefügten Unterlagen sind anhand vorher festgelegter Kriterien in einer ersten Vorselektion völlig ungeeignete Bewerber auszusortieren (=Grobselektion). Anhaltspunkte für eine Qualifikationsbeurteilung und evtl. über die zukünftigen Entwicklungsvorstellungen des Einzelnen sowie offene Fragen für ein Vorstellungsgespräch, sind schon ansatzweise daraus zu erkennen und schriftlich festzuhalten (vgl. Berthel, 1995, S. 185; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 641). Allerdings darf die Aussagekraft der Bewerbungsunterlagen und speziell der Zeugnisse nicht überbewertet werden, da Beurteilungsstandards unterschiedlich gehandhabt werden (vgl. Berthel, 1995, S. 187; Drumm, 1992, S. 261f, Oechsler, 1994(a), S. 142). Die Analyse der Bewerbungsunterlagen kann lediglich erste Anhaltspunkte über bestimmte Ausbildungs- und Berufsabschlüsse, über erforderliche Mindestkenntnisse und -fähigkeiten geben und als Gesprächsgrundlage für u.U. zu führende Auswahlgespräche dienen (vgl. Drumm, 1992, S. 262; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 642). Aufgrund der oben genannten Schwächen der Beurteilung von Bewerbern allein anhand von Bewerbungsunterlagen, sollte ein Gespräch obligatorischer (Mindest-)Bestandteil aller Bewerberauswahlverfahren sein (vgl. Drumm, 1992, S. 262). b) Vorstellungsgespräch Das verbreitetste Instrument im Rahmen der Bewerberauswahl sind im Anschluß an die Grobselektion die Vorstellungsgespräche (synonym: Auswahl-, Bewerbungsgespräche, -interviews etc.) zwischen einem oder mehreren Bewerbern sowie einem oder mehreren Mitgliedern des personalsuchenden Betriebes (vgl. Berthel, 1995, S. 188; Drumm, 1992, S. 262; Schuler, 1991, S. 109f). Für eine effektive Gesprächsführung empfiehlt sich vorab eine intensive Analyse der eingereichten Unterlagen (z.B. Lebenslauf, Zeugnisse, Tätigkeitsnachweise) und die Erstellung eines strukturierten, schriftlichen Interviewleitfadens, der vor allem auch strategisch orientierte Auswahlkriterien (z.B. - 185 - zukünftig erforderliche Fach- und/oder Führungsfähigkeiten) beinhaltet. Anhand der Dokumente erhalten die Beurteiler bereits im Vorfeld einige Aufschlüsse und erkennen offene Fragen und kritische Aspekte für das Gespräch mit den einzelnen Bewerbern (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 45). Die Bewerber sollten zum Sprechen ermuntert werden; denn nur Probanden die selber sprechen, können beurteilt werden. Deshalb ist ein Gesprächsklima zu erzeugen, das die Kommunikation fördert und nicht ein Frage-Antwort-Spiel (Ja/Nein) beinhaltet (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 48). Durch dieses relativ einfache und kostengünstige Instrumentarium können recht viele Informationen ermittelt werden, die auf anderem Wege nur sehr schwer oder sogar überhaupt nicht zu eruieren sind, wie z.B. Aufschluß über individuelle Motive, Einstellungen, Verhaltensweisen, Interessen, Erwartungen und Entwicklungs-, Berufs-, Karriereziele sowie charakterliche Merkmale des Bewerbers (vgl. Berthel, 1995, S. 188). In der Unternehmenspraxis wird die Qualität der aus einem Einstellungsgespräch gewonnenen Informationen häufig überbewertet. Zahlreiche Studien belegen, daß die prognostische Validität von Auswahlentscheidungen auf der Basis von Interviews stark vom tatsächlichen Sachverhalt abweicht, da Befragungen einer Vielzahl von potentiellen Informationsverzerrungen, Irrtümern und Vorurteilen ausgesetzt sind (vgl. Berthel, 1995, S. 188). Der gravierendste Nachteil von Bewerbungsgesprächen ist die mögliche Verfälschung der Beurteilung durch das subjektive Empfinden des Interviewers. Dieser ignoriert oftmals wichtige Informationen und läßt sich viel stärker durch subjektive Empfindungen leiten, die aus seiner persönlichen Entwicklung und Erfahrung resultieren (z.B. Kleidung, Sprachstil, physische Attraktivität, Körpersprache etc.) (vgl. Berthel, 1995, S. 188). Diesem Defizit kann entgegengewirkt werden, indem mindestens noch ein erfahrener Abteilungsleiter und Mitarbeiter sowie eine Frau als Beurteiler hinzugezogen werden, die die einzelnen Kandidaten zunächst unabhängig voneinander beurteilen. Gerade Frauen haben oftmals das Einfühlungsvermögen, Verhaltensweisen, Einstellungen, persönliche Stärken und Schwächen, Eitelkeiten etc. der Probanden zu erkennen. Insgesamt ist zu sagen, daß das Bewerberinterview ein vielfältig einsetzbares Instrument ist, das sich durch große Flexibilität bezüglich der Informationsgewinnung auszeichnet. Dem Probanden wird dabei erschwert, seine persönlichen Eigenarten zu verbergen, da er oftmals auf unvorbereitete und überraschende Situationen reagieren muß (vgl. Thommen, 1990, S. 497). c) Arbeitsproben als gebräuchlichste Testverfahren zur Überprüfung einfacher, berufsspezifischer Fähigkeiten Da in mittelständischen Betrieben wie auch im Kfz-Gewerbe zur Personalauswahl hauptsächlich die Analyse von Bewerbungsunterlagen mit anschließendem Auswahlgespräch und/oder die nachfolgend - 186 - erläuterten Arbeitsproben eingesetzt werden, aber kaum psychologische Tests101 wie z.B. Intelligenzoder Persönlichkeitstests (vgl. Zander, 1994, S. 73), wird auf diese in der Wissenschaft umstrittenen Selektionsverfahren (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 650f) nicht näher eingegangen. Verfahren zur Personalauswahl sollten eine empirische Grundlage haben. Nur wenn beispielsweise über Arbeits- oder Prozeßanalysen eruiert wurde, welche besonders leistungswirksamen Ereignisse in einem Tätigkeitsbereich vorliegen, kann man Erkenntnisse über Anforderungsprofile ermitteln, die sich u.a. für den Aufbau von Testbatterien eignen (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 147). Die Arbeitsproben (synonym: allgemeine Kenntnis-, Funktions- oder Fähigkeitstests) stellen einfache und gebräuchliche Verfahren dar zur Überprüfung einfacher Tätigkeiten (vgl. Drumm, 1992, S. 263). Es werden standardisierte Aufgaben gestellt, die berufsspezifische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten (z.B. Orthographie, technisches Verständnis, motorische Fähigkeiten, Konzentrationsvermögen) überprüfen und die das derzeitige fachliche Wissen und Können des einzelnen Bewerbers aufzeigen sollen (vgl. Wagner, 1991, S. 249). Somit erhält man inhaltlich valide und erkennbar gleiche Stichproben des erfolgsrelevanten beruflichen Verhaltens der einzelnen Probanden (vgl. Schuler, 1991, S. 115). d) Assessment Center (AC) Alternativ zu Testbatterien haben sich in der Praxis sog. Assessment Center herausgebildet, die in erster Linie auf einer empirischen Grundlage entwickelt werden (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 148). Dabei handelt es sich um systematische, mehrstufige Testverfahren zur differenzierten Ermittlung gegenwärtiger Kompetenzen, Verhaltensweisen, Neigungen sowie zur Prognose künftiger beruflicher Entwicklungsperspektiven und Leistungen (vgl. Schuler, 1991, S. 115f). Im Mittelpunkt der meist 1- bis 3-tägigen Veranstaltungen stehen Übungen, mit denen typische Anforderungen der vakanten Stelle oder des Aufgabenbereiches wie auch zukünftige Szenarien simuliert werden können (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 287; Mentzel, 1994, S. 116; Pieper, 1990(b), S. 284f). Typisch für ein AC ist, daß 6-12 Probanden bei den verschiedenen Aufgabensimulationen (Arbeitsproben), Rollenspielen, Fallbeispielen, Einzel- und Gruppengesprächen etc. von mehreren unabhängigen Beurteilern (z.B. bereichsspezifische Führungskräfte, Unternehmens-/Geschäftsführung, professionelle Personalberater) anhand vorgegebener standardisierter Beurteilungskataloge und -kriterien (z.B. bzgl. Entscheidungsfreudigkeit, analytischem Denkvermögen, Durchhaltevermögen, Kommunikations-, Gruppenverhalten) eingeschätzt werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 117ff; Schuler, 1991, S. 115ff). Dadurch soll den Beobachtern 101 Unter psychologischen Tests bei der Personalauswahl versteht man standardisierte, routinemäßig anwendbare Verfahren, mit deren Hilfe die Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen, Motive, Interessen, Verhaltensweisen usw. der Bewerber ermittelt werden sollen (vgl. Berthel, 1995, S. 189). Methodisch problematisch ist bei den in der Praxis oft vorzufindenden Persönlichkeitstests, daß die Objektivität, Validität (Gültigkeit) und Reliabilität (Zuverlässigkeit) häufig unzureichend ist (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 147). Auch rechtlich ist bedenklich, inwieweit durch Tests, speziell durch projektive Verfahren, die Persönlichkeitsrechte der Probanden verletzt werden (vgl. Berthel, 1995, S. 189). - 187 - ermöglicht werden, die Teilnehmer ex ante zu beurteilen, ob sie für die Übernahme der überprüften Aufgaben(-felder) geeignet sind oder nicht (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 287; Pieper, 1990(b), S. 284f). AC werden auch häufig in Großunternehmen zur Potentialbeurteilung eingesetzt, um darauf aufbauend eine Karriere- und Laufbahnplanung zu entwickeln; siehe dazu Kapitel 3.5.2.2.2. Aufgrund der hohen Kosten und des erheblichen formalen Aufwandes (z.B. arbeitsanalytische Ermittlung von Auswahldimensionen und deren Implementierung in Laborsituationen) wird die Personalauswahl mit Hilfe eines ACs (vgl. Drumm, 1992, S. 263; Oechsler, 1994(a), S. 149) nur vereinzelt in größeren mittelständischen Unternehmen und speziell Autohäusern primär bei Führungs(nachwuchs-)kräften (z.B. für die Auswahl eines Geschäftsführers, Betriebsleiters) durchgeführt. Einige Kfz-Hersteller/-Importeure bieten dabei auch die Unterstützung durch konzerneigene oder externe, speziell ausgerichtete Unternehmens- und Personalberatungen an. Ob sich aus den Ergebnissen valide Prognosen ableiten lassen, ist nicht immer sicher, ebenso wenig, inwieweit die Beurteiler zu gleichen Ergebnissen kommen. Wichtig ist jedoch, daß Bewertungsdimensionen angesprochen werden, die Aufschluß über interpersonelle Fähigkeiten und damit verbundene Leistungspotentiale geben können (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 149). Zu beachten ist, daß nach Abschluß eines AC ein Feedback-Gespräch vor allem mit den abgelehnten Bewerbern erfolgen sollte, um sie in angemessener Form über ihre Stärken und Schwächen zu informieren (vgl. Mentzel, 1994, S. 117; Oechsler, 1994(a), S. 149). Zusammenfassend ist zu sagen, daß bei der Auswahl von Bewerbern einerseits rationale Entscheidungsregeln konstruiert werden können, die den Bewerber mit der höchsten Eignung für eine Stelle identifizieren. Die Ermittlung dieser Informationen über Kenntnisse und Fertigkeiten darf nicht ausschließlich auf die Auswertung von Bewerbungsunterlagen und ein persönliches Gespräch mit dem Bewerber beschränkt sein. Speziell die Auswahl von Führungs-(nachwuchs-) kräften muß möglichst auch auf komplexen (Labor-)Tests und ggf. Arbeitsproben aufbauen, Verhaltensund Entwicklungselemente des Bewerbers einbeziehen und somit zu einem umfassenden Bild vom Bewerber und seinem Fähigkeits- und Leistungspotential führen. Andererseits darf beim Einsatz solcher Auswahlverfahren und Regeln nicht vernachlässigt werden, daß man einen Menschen, der durch persönliche Werthaltungen, Ziele und emotionale Wirkungen geleitet wird, und keine Maschine einzustellen hat. Diese bei den Testverfahren gewonnenen Verhaltensfaktoren sind bei der Auswahlentscheidung unbedingt zu berücksichtigen. Das Risiko von Beurteilungsfehlern kann reduziert werden, wenn das Bewerbungsgespräch von mehreren Personen in Form von standardisierten Jury- und Gruppeninterviews durchgeführt und protokolliert wird. Dadurch erfolgt eine objektivere Auswertung des Gesprächs nach Verhaltens-, Kenntnis- und Fähigkeitsmerkmalen (vgl. Drumm, 1992, S. 262f). - 188 - Durch die Einbeziehung derjenigen Mitarbeiter und vor allem Führungskräfte in die Auswahlverfahren, die zukünftig mit dem neuen Beschäftigten zusammenarbeiten, können die spezifischen Anforderungen des zu besetzenden Arbeitsplatzes genauer abgegrenzt und somit eine größere Validität hinsichtlich des späteren Berufserfolges der Probanden erreicht werden. Ferner erhöht sich durch deren Partizipation die Identifikation mit der Entscheidung und somit die Einsatzbereitschaft und das Verantwortungsgefühl beim Eingliederungsprozeß (vgl. Berthel, 1995, S. 196). Eine weitere Möglichkeit, sich über die Bewerber zu informieren, sind Gespräche mit ehemaligen Arbeitgebern, Vorgesetzten und/oder Arbeitskollegen sowie sonstigen Referenzpersonen. Die Gefahren externer Rekrutierung können die Unternehmen dadurch reduzieren, daß sie Nachwuchskräfte in hinreichender Zahl und Qualität selber ausbilden. Während der mehrjährigen Lehrzeit läßt sich ein sehr genaues Bild von den Kenntnissen, Fertigkeiten und Verhaltensweisen ermitteln102. Der Unternehmensleitung sollte bewußt sein, daß sie durch die Auswahl der Auszubildenden sowie der Fach- und Führungskräfte eine Vorentscheidung über die künftige Qualität betrieblicher Leistungen trifft. 3.5.2.2. Strategische Leistungsbeurteilung 3.5.2.2.1. Bedeutung und Funktionen von Mitarbeiterbeurteilungen Menschenführung ist ohne Beurteilung nicht vorstellbar, denn zum effizienten Einsatz und zur Förderung der Beschäftigten benötigt man Kenntnisse über ihre Leistung und ihr Verhalten (vgl. Zander, 1994, S. 112) sowie über ihr Entwicklungspotential. Aufgrund der vielfältigen Bedeutung im Rahmen des “Human Resource Cycles“ kommt diesem Teilbereich des Personalmanagements eine zentrale Rolle zu (vgl. Devanna et al., 1984, S. 33ff). Die Leistungsbeurteilung ist eine wichtige Aufgabe personalverantwortlicher Führungskräfte, die nicht an spezialisierte Personalressorts delegiert werden kann (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 226). Das gebräuchlichste und zuverlässigste Instrument zur Feststellung des individuellen Qualifikationspotentials sind systematische und kontinuierliche Mitarbeiterbeurteilungen103 (vgl. Mentzel, 1982, S. 357; Mentzel, 1994, S. 81). Sie sollen zu einer Aussage führen, in welchem Umfang der Beurteilte den Leistungserwartungen und den Anforderungen, die seine Arbeitsaufgabe an ihn stellt, gerecht wird. 102 Im Kfz-Handwerk betragen nach Angaben des ZDKs die jährlichen Netto-Ausbildungskosten pro Azubi durchschnittlich 20.000,- DM. Aufgrund dieser hohen Aufwendungen ergibt sich ebenfalls die wirtschaftliche Notwendigkeit einer gezielten Bewerberauswahl. Durchschnittlich jeder vierte Azubi im Kfz-Handwerk bricht seine Lehre vorzeitig ab (Zahlenangaben laut ZDK, 1997). 103 Die Ergiebigkeit der menschlichen Arbeit wird durch objektive, also sachliche Bedingungen der Arbeitswelt wie z.B. vorhandene Maschinen, technische und elektronische Geräte und subjektive - sie liegen in der Person des arbeitenden Menschens begründet - Leistungsbedingungen bestimmt. Auf die Beurteilung der subjektiven Leistungsbedingungen (z.B. mittels Leistungs-, Potentialbeurteilung und teilweise Personalentwicklung) ist die Mitarbeiterbeurteilung ausgerichtet (vgl. Korndörfer, 1990, S. 158). - 189 - Dies erfordert präzise Vorstellungen über Art und Höhe der erwarteten Leistungen und zukünftigen Anforderungen, die sich am einfachsten durch frühzeitig vereinbarte Zielsetzungen und Aufgaben gewinnen lassen (vgl. Kador, 1990, S. 84). Strategisch betrachtet hat die Personalbeurteilung grundsätzlich drei Funktionen zu erfüllen, auf die nachfolgend näher eingegangen wird: a) Informationsfunktion: Strategisch relevante personalwirtschaftliche Daten werden für den Prozeß der Strategieformulierung bereitgestellt. Zur Strategieformulierung ist es für Unternehmen u.a. erforderlich, möglichst umfassende Informationen über die Stärken und Schwächen der Beschäftigten sowie vor allem über vorhandene und/oder entwicklungsfähige Qualifikationen auf individuellem oder aggregiertem Niveau zu besitzen. Der strategischen Mitarbeiterbeurteilung kommt die Aufgabe zu, diese Daten zu generieren und bereitzustellen, um die strategische Entscheidungsfindung zu vereinfachen. Informationen über die vorhandenen Mitarbeiter können einerseits als Beschränkungen bei der Bewertung und Auswahl strategischer Entscheidungen dienen. Andererseits können sie aber auch Wettbewerbsvorteile aufzeigen, die in der Belegschaft begründet sind und damit den Personalbereich zur Basis strategischer Überlegungen machen (vgl. Elsik, 1992, S. 145f). Wesentliche Voraussetzung dafür, daß die strategische Mitarbeiterbeurteilung diese personalbezogenen Informationen erbringen kann, ist die Wahl geeigneter Beurteilungskriterien. Sie bestimmen jedoch nicht nur die Aussagekraft der gewonnenen Informationen, sondern sie üben auch einen massiven Einfluß auf das (Leistungs-)Verhalten und die -Motivation derjenigen aus, für deren Bewertung sie zugrunde gelegt werden (vgl. Elsik, 1992, S. 146). Als geeignete, beeinflußbare Leistungsmaßstäbe zur Beurteilung zukünftiger Ereignisse können beispielsweise herangezogen werden: - strategisch orientierte, meß- und abrechenbare (quantitative) Kennziffern (Unternehmensgewinn, Marktanteil, Produktivität etc.), - strategisch orientierte, verbale (qualitative) Ziele (Kundenzufriedenheit, Arbeitsqualität, Problemlösungsfähigkeit, Belastbarkeit, Initiative, soziale Aufgeschlossenheit bzw. Kooperation, Führungsverhalten usw.) (vgl. Krull, 1992, S. 39f). b) Steuerungsfunktion: Über die verwendeten Leistungskriterien werden zum einen das für die Strategieumsetzung erforderliche Leistungsverhalten induziert und zum anderen auch weitere Strategiegenerierungsprozesse gesteuert. Sind mit einer Leistungsbeurteilung Konsequenzen verbunden, die von den Betroffenen als relevant beurteilt werden, so steuert das Beurteilungssystem deren Verhalten und beeinflußt damit auch die Leistungsergebnisse. Diese Signalwirkungen gehen vor allem von den Beurteilungskriterien aus (vgl. Elsik, 1992, S. 146). - 190 - In der Beurteilungspraxis existiert eine Vielzahl von Verfahren zur Leistungsbeurteilung (z.B. Einstufungs-, Zielsetzungsverfahren) der Mitarbeiter. Da es sich bei dieser Beurteilung um einen komplexen, mehrere Stufen umfassenden Prozeß handelt, sind die Gestaltungsalternativen relativ groß. Dies verstärkt sich durch die mit der Beurteilung verfolgten vielfältigen Ziele, die jeweils unterschiedliche verfahrenstechnische Konsequenzen nach sich ziehen (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 228f). Zur Ermittlung konkret beobachtbarer Arbeitsverhalten wird für die Verwendung von Verhaltenskriterien plädiert. Voraussetzung dafür ist die Ermittlung der erwünschten Verhaltensweisen durch verschiedene Formen der Arbeitsanalyse (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 671). Dabei stehen in einer strategischen Betrachtungsweise die zukünftig erwarteten Arbeitsanforderungen im Mittelpunkt, die durch die Sammlung unterschiedlicher Einschätzungen durch Stelleninhaber, Vorgesetzte, strategische Planer etc. ermittelt werden sollen (vgl. Elsik, 1992, S. 148). Zur Leistungsbeurteilung bietet sich z.B. die Methode der kritischen Arbeitsinhalte (critical job elements) an. Sie basiert auf arbeitsanalytischen Untersuchungen, um die besonders kritischen Erfolgs- und Problemfaktoren zu ermitteln, zu gewichten und damit wirklich nur leistungsrelevantes Handeln in die Beurteilung einzubeziehen (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 325ff; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677). Die Aufgabe des Beurteilers besteht darin, den Untergebenen hinsichtlich dieser kritischen Arbeitsinhalte zu beobachten und besonders positive wie auch negative Ergebnisse - möglichst umgehend festzuhalten. Die über einen gewissen Zeitraum beobachteten kritischen Ereignisse (critical incidents) werden nach Häufigkeit und Bedeutung geordnet und bilden so die Grundlage für eine abschließende Beurteilung (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677). Der Vorzug dieser Verfahren liegt darin, daß durch die kontinuierliche Protokollführung die Beurteilung über einen größeren Zeitraum erfolgt und das der Vorgesetzte die Einstufung an konkreten, besonders kritischen Arbeitsinhalten durchzuführen hat (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677). Der gravierendste Nachteil dieser Methode ist zum einen der extrem hohe Zeitaufwand für den Vorgesetzten durch die fortlaufende Bewertung der Untergebenen sowie zum anderen die Gefahr, daß Mitarbeiter permanent kontrolliert werden und es dadurch zu Spannungen zwischen beiden Seiten kommt (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677). Des weiteren ist es bei diesen verhaltensorientierten Verfahren recht schwierig und vor allem arbeitsaufwendig, situationsspezifisch oder individuell zugeschnittene, besonders kritische Arbeitsinhalte zu ermitteln, die gültige, zuverlässige und objektive Urteile zulassen (vgl. Berthel, 1995, S. 144f). Aufgrund obiger Einschränkungen erscheint diese Methode zur strategischen Leistungs- und Entwicklungsbeurteilung für die meisten mittelständischen Autohäuser zu komplex, so daß sie in diesem Bereich nicht näher ausgeführt wird. Auf diese Methode wird ausführlicher in Kapitel 4.2.2.1. im Zusammenhang mit der empirischen Erhebung besonders kritischer Tätigkeitsinhalte für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben eingegangen. - 191 - Im strategischen Kontext sollen Beurteilungskriterien die Verwirklichung des gewünschten Leistungsverhaltens bzw. die Erreichung der angestrebten Ergebnisse bzw. Ziele sowohl bei der Formulierung, als auch bei der Umsetzung von Strategien fördern. Dabei wird eine Kombination von Verhaltens- und Ergebniskriterien unter Berücksichtigung situativer Leistungsbedingungen empfohlen (vgl. Becker, 1987, S. 167f). Bei der Strategieformulierung wird als Resultat die Qualität der geplanten Strategie beurteilt. Dies kann z.B. anhand folgender Kriterien erfolgen: Konsistenz, Kompetenz, Vorteilhaftigkeit, Angemessenheit (vgl. Elsik, 1992, S. 148). Vor allem bei langfristigen strategischen Projekten und/oder dem Eintritt erwarteter (Umwelt-) Entwicklungen wird es sinnvoll und notwendig sein, neben einer reinen Ergebnisorientierung auch das Verhalten bei der Strategieformulierung zu beurteilen. Dies betrifft z.B. die individuell vorhandene und mit den Zielen übereinstimmende Risikofreudigkeit, Art und Ausmaß der Informationssuche oder das Einbringen innovativer Ideen in den Planungsprozeß. Zur effektiven Gesamtbewertung von Leistungsverhalten und -ergebnissen bei der Strategieformulierung bietet sich ein Fragenkatalog an (vgl. Elsik, 1992, S. 148f). Im Rahmen der Strategieumsetzung soll die Personalbeurteilung die Implementierungsanforderungen auf die Ebene der einzelnen Stelle operationalisieren und die dafür notwendige Leistungsbereitschaft hervorrufen bzw. erhalten (vgl. Elsik, 1992, S. 149). Werden dafür Ergebniskriterien herangezogen, so erfolgt ein Soll-Ist-Vergleich der erzielten Resultate mit den zuvor festgelegten oder vereinbarten Plan- und Budgetzahlen. Dieses Vorgehen ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden. Häufig handelt es sich dabei um operative, kurzfristige Erfolgsgrößen, deren Verfolgung in Widerspruch zu den strategischen Vorstellungen stehen kann (vgl. Elsik, 1992, S. 149). So empfiehlt sich auch in der Phase der Strategiedurchführung die Verwendung von Verhaltenskriterien bei der Personalbeurteilung. Sie geben an, welches Verhalten für eine erfolgreiche Implementation erwartet wird. Welche Verhaltensweisen dies im einzelnen sind, hängt von der jeweiligen Strategie ab (vgl. Elsik, 1992, S. 151). Gerade die Art und Weise, wie Ziele und Aufgaben von der Führungskraft erfüllt oder Resultate erzielt wurden, sind besonders relevant für die Beurteilung, denn es macht einen Unterschied, ob ein bestimmtes Leistungsergebnis mit rüdem Führungsverhalten und damit einhergehender Unzufriedenheit der Mitarbeiter oder bei freundlichem und hilfsbereitem Arbeitsklima erreicht wird (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 332). Ein weiteres Problem bei einer rein ergebnisorientierten Leistungsbeurteilung liegt darin, daß das (Nicht)Erreichen strategischer Ziele nicht gleichbedeutend mit persönlich zurechenbarem (Miß-) Erfolg ist. Nur die Berücksichtigung der Leistungsbedingungen, insbesondere Umfeldveränderungen (z.B. rezessive Wirtschaftsphase, Produktrelaunch der Mitbewerber) und des Anspruchsniveaus der - 192 - durchzuführenden Strategie führen zu einer aussagefähigen Beurteilung der betroffenen Führungskräfte. So kann z.B. das Nicht-Festhalten an überholten strategischen Vorgaben eine sinnvolle und positiv zu beurteilende Leistung sein (vgl. Elsik, 1992, S. 151). Als Methode zur Beurteilung strategisch-relevanter, stellenbezogener Verhaltensweisen (z.B. Zusammenarbeit mit Kollegen) bieten sich verhaltensorientierte Beurteilungsskalen an (vgl. Elsik, 1992, S. 151). c) Integrationsfunktion: Übernimmt Teilfunktionen im Personalmanagement-System, in dem sie eine wichtige Grundlage für Auswahl-, Entwicklungs-, Entlohnungs- und Einsatzentscheidungen darstellt. Aufgrund der vielfältigen Verbindungen mit anderen Teilbereichen des Personalmanagements kommt der strategischen Leistungsbeurteilung eine zentrale, integrative Rolle zu. Grundsätzlich können die Ergebnisse für drei unterschiedliche Anlässe eingesetzt werden: - Grundlage für Personalentscheidungen (z.B. Versetzung, Freistellung, bedingt zur Beförderung); - Ermittlung des individuellen Aus- und Fortbildungsbedarfs sowie als Instrument zur Laufbahn- und Karriereplanung/-beratung; - mit gewissen Einschränkungen zur Festlegung der Entgelthöhe/-zulagen (stellt dann erhebliche methodische Anforderungen bzgl. der Vergleichbarkeit, Gerechtigkeit etc. an das Beurteilungssystem und verschlechtert die Chance eines konstruktiven, offenen Mitarbeitergesprächs) (vgl. Stehle, 1991, S. 164f). Durch diese zentrale Position kann die strategische Leistungsbeurteilung eine Abstimmung der einzelnen personalwirtschaftlichen Aufgabenfelder im Sinne einer horizontalen Integration übernehmen. Über einheitliche, konsistente und transparente Beurteilungskriterien können Personalentwicklungs-, Personaleinsatz- und Anreizaktivitäten miteinander koordiniert und auf strategisch gewünschte Ziele hin ausgerichtet werden (vgl. Elsik, 1992, S. 153). 3.5.2.2.2. Aufbau und Inhalt von Leistungs- und Potentialbeurteilungen Generelles Ziel der Mitarbeiterbeurteilung ist es, die Leistungsfähigkeit und -ergebnisse zu verbessern (vgl. Zander, 1994, S. 116). Sie ist ein wichtiges Führungsinstrument zur Mitarbeiterförderung und gibt Aufschluß, ob der Arbeitnehmer richtig eingesetzt ist und keine Über- oder Unterforderung vorliegt. Für die Führung des einzelnen Mitarbeiters ist es notwendig, seine Leistungen differenziert zu beurteilen, zu loben und konstruktiv zu kritisieren, wo es angebracht ist. Vorgesetzte, die ihre Mitarbeiter gar nicht oder unsorgfältig beurteilen, unterstützen diese nicht bei der Beseitigung von Schwächen, unterlassen notwendige Hinweise für die Weiterentwicklung ihrer Stärken (vgl. Burgard, 1988, S. 320) und schaden letztlich dem Unternehmen. An ein effektives (strategisches) Beurteilungssystem werden folgende Anforderungen gestellt: Es - soll sich an den strategischen Unternehmenszielen ausrichten; - 193 - - soll jetzige und zukünftige (Entwicklungs-)Potentiale der Mitarbeiter erfassen (vgl. Oechsler, 1994(b), S. 41; Tichy et al., 1982, S. 52); - muß systematisch (schriftlich) nach den wesentlichen Merkmalen der betrieblichen Arbeit (=Arbeitsplatzanforderungen) aufgegliedert werden; - soll gerecht und nachvollziehbar nach einheitlichen Maßstäben und Verfahrensregeln erfolgen; - soll vom direkten Vorgesetzten regelmäßig durchgeführt werden, da dieser die Leistungen seiner Mitarbeiter am besten kennt. - Die Ergebnisse der Beurteilung sollen mit den Beschäftigten besprochen werden (vgl. Zander, 1994, S. 114f). Für die Messung und Bewertung unterschiedlicher individueller Leistungen gibt es eine Vielzahl von freien (z.B. freie Eindrucksschilderung) und gebundenen (z.B. Rangreihen-, Einstufungsverfahren) Verfahren. Gerade das am häufigsten angewendete Einstufungsverfahren, bei dem i.d.R. mehrere Aspekte arbeitsrelevanten Handelns sowie Leistungsprofile auf einer Einstufungsskala (z.B. RatingSkala) beurteilt werden, hat aufgrund seiner Formalisierung und damit gewissen Vergleichbarkeit von Beurteilungen in der Wirtschafts- und Verwaltungspraxis größere Verbreitung gefunden (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 319f). Die Mitarbeiterbeurteilung im Einstufungsverfahren erfolgt durch den Vorgesetzten mittels eines standardisierten Fragebogens, der meist in folgende zwei Bereiche untergliedert ist: a) Leistungs- bzw. Tätigkeitsbeurteilung Sie bezieht sich auf Aussagen über konkret erbrachte oder zumindest beobachtbare quantitative und qualitative Arbeitsergebnisse (z.B. Arbeitsmenge, -qualität, Termingerechtigkeit) anhand vorher festgelegter, bekannter Kriterien (vgl. Olesch, 1989, S. 308; Stehle, 1991, S. 165; Zander, 1994, S. 116). Ziel der Leistungsbeurteilung ist es, die Leistungsfähigkeit und -ergebnisse zu verbessern (vgl. Zander, 1994, S. 116). Leistungsbeurteilungen sind auch geeignete Grundlagen für ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, auf das die Arbeitnehmer einen Anspruch haben (vgl. Zander, 1994, S. 123). b) Eignungs-, Entwicklungs- bzw. Potentialbeurteilung Die umfassendere Entwicklungsbeurteilung hat anders als eine reine Leistungsbeurteilung auch Prognosecharakter. Sie stellt auf die Einschätzung der Entwicklungsfähigkeit eines Mitarbeiters ab und erlaubt es, individuelle Stärken und Schwächen (z.B. Sozialverhalten, Persönlichkeit, Integrität, Belastbarkeit, Zielstrebigkeit, Führungspotential) bzgl. ihres Entwicklungsvermögens zu erfassen. Daraus können mögliche berufliche Entwicklungsperspektiven abgeleitet werden (vgl. Hauser, 1991, S. 354; Loschert, 1992, S. 44; Stehle, 1991, S. 165). Die Prognosedaten müssen kontinuierlich überprüft und ggf. aktualisiert werden (vgl. Loschert, 1992, S. 44). Das Ziel der Potentialeinschätzung ist es, Informationen über die optimalen zukünftigen Einsatzbereiche der Arbeitnehmer zu erhalten (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 313). - 194 - Um die generelle Vergleichbarkeit der Entwicklungsbeurteilungen über unterschiedliche Mitarbeitergruppen, Hierarchiestufen und Tätigkeitsfelder abteilungsübergreifend zu gewährleisten, müssen sie auf einheitlichen, vorher festgelegten Kriterien (z.B. Problemlösungsfähigkeit, praktische Urteilsfähigkeit, Belastbarkeit, Initiative, soziales und Führungsverhalten) basieren. Zur größeren Tansparenz werden meist standardisierte Checklisten eingesetzt (vgl. Loschert, 1992, S. 44). Beim Einsatz dieser Instrumente ist zu berücksichtigen, daß die Checklisten nur eine begrenzte Aussagekraft haben. Sie sollen vorwiegend dazu dienen, daß der Vorgesetzte den Mitarbeiter unter verschiedenen Aspekten betrachtet, um eine vorschnelle Einstufung zu revidieren, und ein weitgehendst vollständiges Bild vom Entwicklungspotential des Mitarbeiters zu erhalten (vgl. Hauser, 1991, S. 354f). Dabei sollen neben fachlichen Qualifikationen speziell bei Führungskräften auch soziale und kommunikative Fähigkeiten festgestellt werden, auf die es zukünftig aufgrund der gewandelten Arbeitsund Mitarbeiteranforderungen entscheidend ankommt. Teilweise enthalten die Fragebögen zur Mitarbeiterbeurteilung als weiteren Bereich die Laufbahnplanung zur Planung individueller Schulungsmaßnahmen mit dem notwendigen Zeitrahmen. Dazu werden zusätzlich Informationen über die Bedürfnisse des Beurteilten bzgl. Aufstiegsambitionen, Neigungen, Bereitschaft etc. abgefragt (vgl. Olesch, 1989, S. 308). Ein Beispiel für ein standardisiertes Beurteilungsformblatt mit Leistungs-, Potentialbeurteilung und Laufbahnplanung ist in Anlage 12 abgebildet. Als geeignete Methode zur Potentialeinschätzung speziell für Führungs-(nachwuchs-)kräfte bietet sich das in der Praxis häufig angewandte, verhaltens- bzw. tätigkeitsorientierte Assessment CenterVerfahren an, auf das bereits im Zusammenhang mit der strategischen Personalauswahl in Kapitel 3.5.2.1.2.2. eingegangen wurde. Mit Hilfe des ACs können Verhaltensstärken und -schwächen der Probanden, anhand vorher genau festgelegter Anforderungen (z.B. Teamfähigkeit, Diskussionsverhalten, Überzeugungskraft) bei unterschiedlichen Aufgaben und Übungen, durch mehrere Beobachter überprüft werden (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 314f). Kritisch ist bei diesem Verfahren anzumerken, daß je nach Zusammensetzung der Teilnehmer (z.B. dominantes Auftreten einzelner Probanden, Kommunikationsvermögen) eine gruppendynamische Anfälligkeit entstehen kann, die die Verhaltensweisen beeinflussen. Ferner werden Eigenschaften von den Beurteilern ermittelt, die abhängig sind von den vorgegebenen (Labor-) Situationen, wobei man beachten muß, inwieweit man die Eigenschaften losgelöst von den Situationen den Probanden zuordnen kann (vgl. Schmale, 1995, S. 114). Des weiteren kann die Meinungsbildung der Bewerter an Objektivität einbüßen, da sich meist die ranghöchste Führungskraft bei der Entscheidungsfindung bzw. Auswahl für den geeignetsten (gewünschten) durchsetzt. Die Bedeutung einer umfassenden Potentialbeurteilung wird abschließend an einer im Kfz-Gewerbe häufig anzutreffenden Vorgehensweise deutlich: Ein sehr guter Verkaufsberater wird zum Verkaufsleiter - 195 - befördert, ohne vorher eingehend zu überprüfen, ob er dafür die dringend erforderliche soziale Kompetenz bzw. Führungseignung besitzt. Schlechtestenfalls hat diese Fehlentscheidung für das Unternehmen zwei negative Folgen: Zum einen verliert es einen herausragenden Verkäufer, zum anderen bekommt es eine schlechte Führungskraft, was sich wiederum negativ auf das gesamte Verkaufsteam und dessen Absatzleistung auswirkt. Die Schuld für die mangelnde Beurteilungskompetenz liegt nicht nur bei dem jeweiligen Vorgesetzten, sondern auch an den unzureichenden Möglichkeiten, mit Hilfe der klassischen Potentialbeurteilung konkrete, zukünftig relevante Verhaltenskriterien zu überprüfen (vgl. Stehle, 1991, S. 165f). Während in Großunternehmen verschiedenartige, umfangreiche und komplizierte Systeme angewendet werden, bevorzugen mittelständische Betriebe in erster Linie einfachere Verfahren, die nicht zwischen Leistungs- und Potentialbeurteilung differenzieren (vgl. Zander, 1994, S. 115). In der Praxis dominieren vergangenheitsbezogene Aussagen zur Leistungserfüllung (vgl. Mentzel, 1994, S. 100). Aufgrund verschiedener methodischer Bedenken, speziell bei dem am weitesten verbreiteten Einstufungsverfahren (z.B. Beobachter betrachtet nur einen bestimmten Handlungsausschnitt, mangelnde Differenzierung der Beurteiler, Beschönigungstendenz, Hierarchieeffekt, geringe Gültigkeit, Zuverlässigkeit und Unterscheidungskraft), sind die Beurteilungsverfahren nur bedingt zum Feststellen individueller Leistungsunterschiede geeignet, um darauf aufbauend entweder finanzielle Leistungszulagen zu verteilen und/oder Karriereentscheidungen zu treffen. Sie eignen sich eher als Einstieg in ein Beratungs- und Fördergespräch, bei dem sich Vorgesetzter und Mitarbeiter über die Leistung in einem abgelaufenen Zeitraum unterhalten und sich kritisch mit Art und Weise sowie Ergebnis der Aufgabenerfüllung auseinandersetzen (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 320). 3.5.2.2.3. Das Mitarbeiterfördergespräch im Anschluß an die Leistungsbeurteilung An die Leistungsbeurteilung sollte sich i.d.R. ein Beurteilungs- bzw. Fördergespräch speziell mit den Mitarbeitern anschließen, die über das Potential für einen beruflichen Aufstieg verfügen. Durch die umfassenderen Kenntnisse über die Verhaltensweisen und Leistungen des Mitarbeiters kann der Vorgesetzte mit mehr Offenheit auf die Bedürfnisse und Vorstellungen des Mitarbeiters eingehen (vgl. Hauser, 1991, S. 355). Wenn Mitarbeiter - der heutigen Auffassung entsprechend - als verantwortungsbewußte und mündige Partner im Unternehmen akzeptiert werden, dann muß ihnen auch das Recht eingeräumt werden, zu erfahren, wie ihr Verhalten und ihre Leistungen durch ihre Vorgesetzten beurteilt werden und wie die beruflichen Entwicklungsperspektiven aussehen. Durch eine objektive Bewertung und faire Anerkennung guter Leistungen werden die Arbeitnehmer für ihr zukünftiges Verhalten motiviert (vgl. Mentzel, 1994, S. 101). - 196 - Es ist anzuraten, zusammen mit der Stellenbeschreibung, die die jeweils beobachtbaren Tätigkeitsinhalte umfassend und detailliert wiedergibt, sowie den abgesprochenen Zielvorgaben, dem Mitarbeiter auch die Resultate der auf einem (standardisierten) Beurteilungsbogen festgehaltenen Bewertung des Vorgesetzten als Vorbereitungshilfe vorab zukommen zu lassen. Ferner sollte dem Mitarbeiter als Orientierungshilfe ein Fragebogen über zu besprechende Themen zugesandt werden (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 334f). Der Vorgesetzte und der Beurteilte besprechen beim regelmäßig stattfindenden (alle 1-2 Jahre) Fördergespräch die Verhaltens-, Leistungseinschätzung und möglichen Entwicklungsperspektiven. Ferner schildert der Mitarbeiter seine persönlichen Ziele, Werte, Interessen, Ambitionen und Wunschvorstellungen. Gerade bei jungen Arbeitnehmern kann es notwendig sein, ihnen Perspektiven sowie die Vor- und Nachteile von Qualifizierungsmaßnahmen aufzuzeigen. Die Erfolgschance von Fördermaßnahmen erhöht sich und die individuelle Bedeutung und Motivation steigt, wenn die Mitarbeiter frühzeitig an der Planung der eigenen Fortbildung beteiligt werden (vgl. Hauser, 1991, S. 355; Mentzel, 1994, S. 101). Dieses Gespräch stellt eine effektive Möglichkeit dar, die Unternehmens- und Mitarbeiterziele in Einklang zu bringen (vgl. Drumm, 1992, S. 76). Die Beschäftigten erfahren, inwieweit die Beurteilung durch den Vorgesetzten mit der eigenen Einschätzung ihre Leistung korrespondiert. Mögliche Hindernisse und Mißverständnisse können besprochen und ggf. ausgeräumt werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 101). Der Mitarbeiter erhält durch das Fördergespräch Transparenz über seine Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen und hat Gelegenheit, seine individuellen Wünsche, Vorstellungen etc. darzulegen. Das Ergebnis eines Fördergespräches sollte eine Abstimmung über die weiteren beruflichen Entwicklungen des Mitarbeiters und die zur Realisierung dieser Pläne erforderlichen Förderungs- und Bildungsmaßnahmen sein (vgl. Mentzel, 1982, S. 359; Mentzel, 1994, S. 102). Die Resultate des Beurteilungsgesprächs sollten von dem Vorgesetzten in einem Personalentwicklungsbogen festgehalten werden. Viele Anstöße für Personalentwicklungsmaßnahmen ergeben sich direkt aus dieser Unterredung (vgl. Loschert, 1992, S. 44f). Führungskräfte können zudem bei regelmäßig geführten Mitarbeitergesprächen u.a. feststellen, welche Motivatoren (z.B. höheres Entgelt, Freizeitausgleich) beim einzelnen Interesse erzeugen (vgl. Rückle, 1990, S. 120). Da bei der Mitarbeiterbeurteilung sehr viel persönliche Dinge angesprochen werden, sollte das Beurteilungsgespräch gut vorbereitet und so fair und menschlich wie nur eben möglich geführt werden (vgl. Berth, 1987, S. 35). Die äußere Gestaltung und die Gesprächsführung sind Aufgabe des Vorgesetzten (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 336). - 197 - Aufgrund der oben angeführten Aufgaben benötigen die Führungskräfte systematische Schulungen zur Personalbeurteilung und situationsadäquaten Gesprächsführung mit den Untergebenen. Nur so können Konflikte zwischen den beiden Parteien, die auf unterschiedlichen Leistungseinschätzungen beruhen, versachlicht werden (vgl. Zander, 1994, S. 126). Im Rahmen der modernen praktischen Personalbeurteilung gewinnen zunehmend Konzepte wie Selbstbeurteilung des einzelnen Mitarbeiters sowie Vorgesetztenbewertung an Bedeutung. Beim Erstgenannten wird dem Mitarbeiter die Möglichkeit eingeräumt, seine Leistung anhand des vorgegebenen Beurteilungsbogens selbst zu bewerten, bevor der Vorgesetzte mit der Urteilsfindung beginnt (vgl. Berth, 1987, S. 35f). Eine solche Selbstbeurteilung fördert bei dem Beurteilten die Selbsteinsicht, schafft eine größere Toleranz gegenüber der Beurteilung und forciert sein persönliches Bemühen nach Aneignung notwendiger Verhaltensänderungen (vgl. Hilb, 1994, S. 76f). Die Abweichungen zwischen Selbst- und Fremdbeurteilung sollten besprochen werden, bevor die endgültige, schriftlich fixierte Leistungsbeurteilung erstellt wird. Bei der Vorgesetztenbeurteilung haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, sich über ihren direkten Vorgesetzten beispielsweise bzgl. solcher Kriterien wie Fairneß in der Führung, Objektivität der Kritik, Offenheit, vertrauensvolle Zusammenarbeit etc. anonym gegenüber einer neutralen Person zu äußern; sie gibt die Beurteilung ohne Namensnennung an den Vorgesetzten weiter. Diese, in der Praxis bisher nur vereinzelt angewendete "umgekehrte" Beurteilung von "unten nach oben" führt bei entsprechend vertrauensvoller Anwendung zu einem wesentlich größeren Verständnis bei beiden Parteien (vgl. Berth, 1987, S. 35f; Bühner, 1994, S. 131). Abschließend ist festzuhalten, daß vergangenheitsorientierte Leistungsbeurteilungen zugunsten von Potential- und Förderbeurteilungen - diese sind entscheidend für die Sicherung unternehmerisch denkender und handelnder Mitarbeiter - in den Hintergrund rücken (vgl. Fröhlich, 1995, S. 128). Dabei muß sich die Beurteilung an den strategischen Zielsetzungen des Unternehmens (z.B. Gewinnerzielung, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit) orientieren. Trotz der Problematik bei der Konzeption und Durchführung ist die gezielte Leistungs- und Potentialbeurteilung ein wichtiges Führungsmittel. Ohne sie ist es kaum möglich, die sachbezogenen Unternehmensziele und die Mitarbeiterbedürfnisse gemeinsam zu berücksichtigen (vgl. Zander, 1994, S. 112). Vorgesetzte erhalten durch eine systematische, gewissenhafte und ganzheitliche Beurteilung ein differenziertes, detailliertes Bild über die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters, seine Interessen, Neigungen, Potentiale etc. Eine aussagefähige, schriftlich fixierte Leistungsbeurteilung ist damit die Voraussetzung für Personalentscheidungen und Planungsmaßnahmen (z.B. Versetzung, Beförderung, Kündigung, Fortbildungsplanung) sowie mit Einschränkungen für die Entgeltfestlegung (vgl. Zander, 1994, S. 112ff). Die vielfältigen Möglichkeiten der Leistungsbewertung können in allen - 198 - Unternehmensbereichen eingesetzt werden (vgl. Krull, 1992, S. 40). Trotz gewisser Ressentiments seitens der Betriebsräte, Vorgesetzten und Mitarbeiter erlangen die Leistungsbeurteilungen als Führungsmittel steigende Bedeutung. Die Führungskräfte sollen am Zielbildungs- und Leistungsbewertungsprozeß aktiv teilnehmen, um ein größeres Verständnis und Akzeptanz für das System zu erreichen (vgl. Krull, 1992, S. 40). Ferner wird die Leistungsmotivation der Mitarbeiter durch ein transparentes Beurteilungssystem gefördert. Es sollte neben klaren fachlichen Leistungs- auch Verhaltenskriterien (z.B. Kooperations-, Teamfähigkeit) berücksichtigen. Die Beurteilung sollte von beiden Seiten durchgeführt werden und nicht nur von der Führungskraft in Richtung Untergebenen (vgl. Knebel, 1987, S. 384; Knebel, 1988, S. 9). Ebenfalls ist es überlegenswert, weitere relevante Anspruchsgruppen (z.B. Kunden, Arbeitskollegen) in die Bewertung einzubeziehen, um dem Beurteilten ein objektiveres Bild über seine Leistungs- und Verhaltensergebnisse zu vermitteln (vgl. Hilb, 1994, S. 75). Nicht zuletzt angesichts der beträchtlichen Kosten für Qualifizierungsmaßnahmen ist es ratsam, Potentialanalyse und Mitarbeitergespräch sorgfältig vorzubereiten und durchzuführen, da hier die Grundlage für eine erfolgreiche Personalentwicklung geschaffen wird (vgl. Hauser, 1991, S. 355). 3.5.2.3. Strategische Personalentwicklung 3.5.2.3.1. Bedeutung und Ziele der Personalentwicklung Angesichts sich immer schneller verändernder sozio-ökonomischer Rahmenbedingungen (z.B. zunehmender (Verdrängungs-)Wettbewerb, immer komplexerer Arbeitsanforderungen, Verknappung der erwerbstätigen Bevölkerung) gewinnt die Entwicklung der Fach- und Führungskräfte aus den eigenen Reihen als strategischer Erfolgsfaktor steigende Bedeutung für den weiteren Unternehmenserfolg (vgl. Loschert, 1992, S. 43; Schneider/Helemann, 1989, S. 53). Obwohl der Begriff "Personalentwicklung"104 in der personalwirtschaftlichen Literatur und in der Unternehmenspraxis stark verbreitet ist, besteht keine Einigkeit darüber, welchem Interesse die Maßnahmen dienen (Unternehmens- vs. Mitarbeiterorientierung), welche Zielsetzung sie haben sollen (Anpassung, Emanzipation der Mitarbeiter) und insbesondere welche Methoden und Instrumente darunter zusammmengefaßt werden können (vgl. Pieper, 1990(b), S. 273). In der neueren Theoriediskussion werden unter Personalentwicklung alle geplanten betrieblichen Bildungsmaßnahmen (Aus-, Fortbildung, Umschulung, Karriere- und Laufbahnplanung, Arbeitsstrukturierung usw.) subsumiert, mit denen zielgerichtet und systematisch versucht wird, die 104 Während das Management Development primär auf die umfassende Weiterbildung und Förderung der Führungs-(nachwuchs-)kräfte ausgerichtet ist, wendet sich die Personalentwicklung an Beschäftigte aller Hierarchieebenen, allerdings mit recht heterogenem Umfang und differierender Intensität (vgl. Staehle, 1990, S. 805). - 199 - Qualifikationen (Kenntnisse, Fertigkeiten, Verhaltensweisen etc.) aller im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer zu erhöhen, um am Markt wettbewerbsfähig zu sein (vgl. Berthel, 1995, S. 226; Bühner, 1994, S. 123; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 282; Pieper, 1990(b), S. 273; Staehle, 1990, S. 804f). Eine hohe Qualität der Mitarbeiter im Betrieb, mit fachlicher, zunehmend auch mit sozialer bzw. verhaltensorientierter Kompetenz sowie unternehmerischem Denken kann nicht kurzfristig reaktiv geschaffen werden, sondern erfordert langfristig angelegte Konzepte der Personalrekrutierung und entwicklung (vgl. Nagel, 1990, S. 35; Weber, 1990, S. 10). Sie sollten nicht nach dem sog. “Gießkannenprinzip“, sondern strategie- und bedarfsorientiert (vgl. Schneider/Helemann, 1989, S. 53), d.h. als Teil der strategischen Unternehmensführung eingesetzt werden. Umfassende interne Entwicklungskonzepte reduzieren das Fehlbesetzungsrisiko, wie es u.U. bei externer Mitarbeiterrekrutierung auftreten kann und haben neben der Versorgung mit geeigneten Mitarbeitern auch hohe Motivationswirkung (vgl. Weber, 1990, S. 15). Ziele und Inhalte der Personalentwicklungsmaßnahmen sollten wesentlich stärker als früher von den Betroffenen mitgestaltet oder sogar initiiert werden. Wie bei den anderen Teilfunktionen des strategischen Personalmanagements ist die strategische Gestaltung der Personalentwicklung durch ihre Orientierung an den Zielen und Strategien des Unternehmens sowie durch die Abstimmung mit den organisatorischen Regelungen gekennzeichnet. Entsprechend dem zugrunde gelegten Michigan-Ansatz ist die Personalentwicklung integrativer Bestandteil des Human Resource-Kreislaufes und steht damit in Wechselbeziehung zur Unternehmensstrategie und zur Organisationsstruktur (vgl. Staehle, 1990, S. 727). Die Instrumentarien der Personalentwicklung müssen den sich ändernden Rahmenbedingungen fortlaufend angepaßt werden, um das Unternehmen im Strategieentwicklungs- und -umsetzungsprozeß wirksam zu unterstützen. Dies kann nur gelingen, wenn die gesamte Personalentwicklung mit ihren Teilbereichen selbst strategisch orientiert ist, d.h. die Teilstrategien zu einem strategischen Gesamtkonzept zusammengeführt werden. Die Personalentwicklung gewinnt damit als strategischer Erfolgsfaktor steigende Bedeutung (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 26). Personalentwicklung ist somit weiter zu fassen als die traditionelle betriebliche Bildungsarbeit, die sich vorrangig auf die (reaktive) Vermittlung von unternehmensbezogenen, unmittelbar am Arbeitsplatz anwendbaren Fähigkeiten und Wissen konzentrierte und dabei Wünsche und Vorstellungen (motivationale und Einstellungsaspekte) der Mitarbeiter meist unberücksichtigt ließ (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 282; Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 12f; Kossbiel, 1982, S. 5; Mentzel, 1994, S. 16; Pieper, 1990(b), S. 273). Qualifizierungsmaßnahmen müssen verstärkt am Wertschöpfungsprozeß ausgerichtet werden und bereichsübergreifende Zusammenhänge und vernetzte Strukturen beinhalten, um eine dauerhafte Erhöhung der betriebsinternen Mobilität und Flexibilität jedes einzelnen Mitarbeiters zu erreichen (vgl. Fröhlich, 1995, S. 119f). - 200 - Ausgangspunkt jeder strategischen Personalentwicklung ist die Analyse der heutigen und zukünftigen kritischen Arbeitsinhalte sowie deren wettbewerbsspezifischen Auswirkungen (vgl. Schneider/Helemann, 1989, S. 53). Ziel ist der systematische Aufbau strategisch und wettbewerbspolitisch relevanter Fähigkeiten (Potentiale) im Humanbereich, die bei zukünftig geänderten Umweltanforderungen oder revidierten Unternehmensstrategien genutzt werden können. Im weitesten Sinne geht es um die Schaffung von Optionen, also um eine Vergrößerung des strategischen Handlungsspielraums des Unternehmens. Diese Zielsetzung basiert auf einer besonderen Betrachtung der Mitarbeiter im Rahmen des Human Resource Management (vgl. Staehle, 1988, S. 578; Pieper, 1990(a), S. 1ff). Allerdings lassen sich aufgrund der fortlaufenden Umweltveränderungen und insbesondere des schnellen technischen Fortschritts die zukünftigen Anforderungen kaum noch exakt vorhersagen. Deshalb gewinnt die generelle Qualifizierung der Arbeitnehmer zunehmend an Gewicht gegenüber der ausschließlich unternehmensbezogenen Instrumentalität der Personalentwicklung (vgl. Pieper, 1990(b), S. 274). Dies gilt gerade für mittelständische Unternehmen, in denen die Beschäftigten meist verschiedenartige Aufgaben erledigen. Nur wer sich frühzeitig und gezielt um die Erhaltung und Förderung der vorhandenen Mitarbeiter bemüht, wird langfristig über die notwendige Stammbelegschaft an qualifizierten und motivierten Fachund Führungskräften verfügen (vgl. Mentzel, 1994, S. 15). Obwohl in der personalwirtschaftlichen Literatur wie auch in den Erklärungen von Unternehmen (-sverbänden) die steigende Bedeutung der Personalentwicklung immer wieder herausgestellt wird, zeigt sich in der Unternehmenspraxis ein sehr heterogenes Bild hinsichtlich Ausmaß, Maßnahmen, Umfang etc. (vgl. Pieper, 1990(b), S. 276). Dort wird die Personalentwicklung nur selten an strategischen Zielsetzungen ausgerichtet, sondern vor allem in mittelständischen Betrieben vielfach in Form einer fallweisen, unsystematischen Schulung ("trouble shooting“-Aktivität) eingesetzt (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 94; Riekhof, 1989(b), S. 294). Die Mitarbeiter dürfen nicht länger als Kostenfaktor, sondern müssen vielmehr als Humanpotential betrachtet werden, in das es sich lohnt zu investieren. Die Unternehmen müssen sich zu einer “learning company/organization“ entwickeln und sich rechtzeitig um die benötigten Qualifikationen der Beschäftigten bemühen (vgl. Posth, 1992, S. 181; Sattelberger, 1989(a), S. 19f). Sowohl in der betriebswirtschaftlichen Theorie als auch in der Praxis wird herausgestellt, daß im Rahmen der Personalentwicklung eine Doppelfunktion besteht. Die Aufgabe besteht darin, zwischen den institutionellen Unternehmenszielen (z.B. Gewinnerzielung, bessere Konkurrenzfähigkeit, Termintreue, Identifikation der Mitarbeiter mit dem Betrieb, systematische Entwicklung des Führungsnachwuchses, Reduktion von Fluktuation und Fehlzeiten, Verbesserung des Firmenimages) und den individuellen Mitarbeiterzielen (z.B. höheres Entgelt, Anerkennung, Aufstiegsmöglichkeiten, - 201 - Selbstverwirklichung, Möglichkeiten zum Arbeitsplatzwechsel) einen (betrieblich) tragbaren Konsens zu schaffen (vgl. Berthel, 1995, S. 226; Drumm, 1992, S. 292; Koeder/ Priester, 1991, S. 118; Mentzel, 1994, S. 16; Staehle, 1990, S. 805). Staehle kritisiert neben anderen Betriebswirten und -pädagogen diese Betrachtungsweise als Scheinrealität, da nach seiner Auffassung die Mitarbeiterziele in der Praxis nur insoweit berücksichtigt werden, als sie nicht die Erreichung der Unternehmensziele beeinträchtigen. Bei einer Interessenabwägung dominieren meist die Unternehmensziele (vgl. Staehle, 1990, S. 805). Die wichtigsten Informationsgrundlagen zur Ermittlung des Personalentwicklungsbedarfs sind die qualitative Personalbedarfsplanung und -bestandsplanung sowie die Ermittlung der individuellen Möglichkeiten und Ziele der Mitarbeiter. Aus der Gegenüberstellung des Soll-Zustandes - das sind die Anforderungen (Wissen, technische und soziale Fähigkeiten, Einstellungen), über welche der Mitarbeiter verfügen muß, um die für einen vorgegebenen Planungszeitraum festgelegte Unternehmensstrategie realisieren zu können (=Anforderungsprofil) - und der Ermittlung des Ist-Zustandes (=Fähigkeitsprofil) resultiert der Entwicklungsbedarf des Einzelnen (vgl. Olesch, 1992, S. 82; Pieper, 1990(b), S. 278). Die Individualziele haben hierbei die Bedeutung einer intervenierenden Variablen. Sie beschreiben die Entwicklungswilligkeit und -richtung des einzelnen Mitarbeiters. Nur wenn dieser bereit ist, an Maßnahmen der Personalentwicklung teilzunehmen, und den vom Unternehmen angestrebten individuellen Soll-Zustand auch als sein Ziel anerkennt, haben diese Schulungen i.d.R. Aussicht auf Erfolg. Zentrales Element bei der Ermittlung des quantitativen und qualitativen Personalentwicklungsbedarfs ist daher die systematische Mitarbeiterbeurteilung. Sie schafft die Möglichkeit, wenn sie mit regelmäßigen Fördergesprächen kombiniert wird, den betreffenden Mitarbeiter zur Teilnahme an Entwicklungsmaßnahmen zu motivieren und vor allem, die individuellen Ziele der Mitarbeiter festzustellen und mit den Zielen des Unternehmens abzustimmen (vgl. Pieper, 1990(b), S. 278). Die Übereinstimmung der Werte zwischen Unternehmen und Mitarbeitern ist die beste Grundlage für die Identifikation der Beschäftigten mit den Unternehmenszielen (vgl. Schneevoigt, 1988, S. 351). Das in der Praxis am häufigsten eingesetzte Analyseinstrument zur Ermittlung des qualitativen Personalbedarfs ist die retrospektiv bzw. Status quo orientierte Stellenbeschreibung, in der Arbeitsinhalte und dafür erforderliche Anforderungen festgehalten sind. Sie ermöglicht zwar einen Einblick in vergangene oder gegenwärtige Leistungen, kann allerdings keine methodisch gesicherte Grundlage zur Potentialeinschätzung und damit zu einer zukunftsorientierten Personalentwicklung abgeben (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 409). Die gesamte Personalentwicklung läßt sich als Regelkreis - siehe auch Anlage 13 - darstellen. - 202 - 3.5.2.3.2. Maßnahmen und Instrumente zur Personalentwicklung Da die geläufigsten, staatlich anerkannten gewerblich-technischen (z.B. Kfz-Mechaniker, -Elektriker, Meister) und kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen (z.B. Einzelhandelskaufmann für das Kfz-Gewerbe, Kaufmann für Bürokommunikation, Betriebswirt des Handwerks, Studium) Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Kfz-Gewerbe bereits ausführlich im 2. Kapitel, im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Qualifizierungsmöglichkeiten zukünftiger Unternehmernachfolger dargestellt wurden, wird hierauf nicht nochmals eingegangen. Eine zusammenfassende Übersicht der bekanntesten Bildungsmaßnahmen für Azubis, Mitarbeiter, Fach- und Führungs-(nachwuchs-)kräfte ist in Anlage 9 abgebildet. 3.5.2.3.2.1. Berufliche Ausbildung Das berufliche Bildungswesen in Deutschland vermittelt den Azubis im Rahmen des dualen Systems der Berufsausbildung eine qualifizierte Erstausbildung, die sowohl praxisorientiert (im ausbildenden Betrieb) als auch theoretisch fundiert (in der Berufsschule) ist. Dieses kooperative Bildungssystem genießt weltweit hohes Ansehen (vgl. Berthel, 1995, S. 259; Drumm, 1992, S. 279; Hoss, 1991, S. 18; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 621). Die zukunftsorientierte Berufsausbildung muß dringend auf strategische Aufgaben ausgerichtet sein. Zwischen der Ausbildungsplanung und der Bereitstellung ausgebildeter Fachkräfte vergehen ungefähr fünf Jahre. Dies entspricht in etwa der Zeitspanne einer langfristigen Planung. Es ist wichtig, daß in die Ausbildungsplanung Erkenntnisse der strategischen Unternehmensplanung eingehen, z.B. welche Produktveränderungen zu erwarten sind, welche neuen Technologien künftig eingesetzt werden, welche Projekte und neuen Organisationskonzepte geplant sind und welche quantitativen und qualitativen Auswirkungen auf die Fachkräfte dadurch zu erwarten sind (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 29). Bereits während der Berufsausbildung können erste Weichen für zukünftig benötigte Verhaltensweisen gestellt werden, wenn von Anfang an Wert auf umfassende Informationen als notwendige Grundlage für “Mitdenken“ vermittelt wird. Bereichsübergreifende Schulungen, die dem Azubi die Chance geben, vernetztes Denken praktisch kennenzulernen und seine Potentiale auf breiter Basis einzubringen, schaffen frühzeitig die Basis für selbständiges Arbeiten. Veränderte Ausbildungsmethoden und neue Konzepte der Berufsausbildung sind besonders im Zusammenhang mit den neu geordneten Metall- und Elektroberufen zu konstatieren. Strategisch relevant ist z.B. die Erkenntnis, daß die Vermittlung von Fachkompetenz in der Berufsausbildung - und auch in der Weiterbildung - nicht ausreicht, sondern daß die Sozial- und Methodenkompetenz als wichtige Komponenten der Handlungskompetenz hinzukommen müssen (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 30). Um die zukünftig immer notwendigeren berufsübergreifenden Qualifikationen zu vermitteln, mit denen sichergestellt werden kann, daß die Azubis dem ständig schneller werdenden technischen, - 203 - ökonomischen und gesellschaftlichen Wandel gewachsen sind und sich flexibler anpassen können, müssen moderne, leistungsfähige Ausbildungs- und Unterrichtsmethoden eingesetzt werden (vgl. Heider, 1990, S. 48). Die Berücksichtigung dieser Schlüsselkompetenzen in der Berufsausbildung fördert auch die strategisch notwendige Vorbereitung junger Facharbeiter auf neue Arbeitsstrukturen, wie z.B. Team-Konzept, teilautonome Arbeitsgruppen, Betreuungsteam (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 30). Anstelle der bisher in der Ausbildungspraxis immer noch dominierenden klassischen (passiven, rezitativen, aufnehmenden) Lehrmethoden (z.B. 4-Stufen-Methode im Bereich der Unterweisung, Frontalunterricht, Lehrgespräch im Bereich des Unterrichts) müssen stärker schülerorientierte Lern- und Unterrichtsformen angewandt werden, bei denen die Aktivität der Auszubildenden und ihre Eigeninitiative im Vordergrund stehen. Vor allem Unterrichtsformen wie Projektarbeit105 im technischgewerblichen Bereich, Juniorfirmen106 im kaufmännischen Sektor, Lernstatt107, Leittextmethode etc. sind geeignet, neben fachlicher Kompetenz auch wichtige Schlüsselqualifikationen (z.B. Kommunikations-, Teamfähigkeit) in der Berufsschule bzw. im ausbildenden Betrieb zu vermitteln (vgl. Heider, 1990, S. 48f). Sie fördern die Motivation, Selbständigkeit, Teamfähigkeit, Entwicklung von Maßstäben für Güte- und Qualitätsbeurteilung, das Denken in Zusammenhängen, sowie die realistische Zeiteinschätzung. In einigen Großunternehmen werden diese neuen Formen der Vermittlung und Einübung bestimmter Kompetenzen bereits erfolgreich praktiziert (vgl. Heider, 1990, S. 48). Die Art der Erstausbildung ist eine wichtige Grundlage für den späteren Zugang zu qualifizierten und damit höher dotierten Arbeitsplätzen sowie für den beruflichen Aufstieg. In Klein- und Mittelbetrieben, die den Großteil der Ausbildungskapazitäten in Deutschland bereitstellen, erfolgt die Ausbildung bisher überwiegend konventionell direkt am Arbeitsplatz entsprechend der aktuellen Arbeitsanforderungen. Arbeitsplatzübergreifende bzw. theoretische Ausbildung findet man dort selten vor (vgl. Eckardstein, 1988, S. 61). Industrie- und Handels-, Handwerkskammern, Verbände, Innungen und vor allem die Unternehmensleitungen selbst müssen dafür sorgen, daß die 105 Bei der überwiegend im gewerblich-technischen Bereich angewandten Projektarbeit arbeiten Azubis im Team und erstellen gemeinsam einen gebrauchsfähigen Gegenstand (vgl. Heider, 1990, S. 48). 106 Das kaufmännische Pendant zur Projektarbeit ist die Juniorfirma (=reale Übungsfirma). In ihr sollen die Azubis eine klar abgegrenzte und in der Praxis vorkommende Aufgabenstellung lösen sowie dabei möglichst alle erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten der Planung, Durchführung und Kontrolle sich selbständig aneignen und umsetzen (vgl. Heider, 1990, S. 48; Hentze, 1991(a), S. 352). 107 Der Begriff “Lernstatt“ ist aus "Lernen in der Werkstatt" entstanden und bedeutet, daß sich Mitarbeitergruppen in einzelnen Betriebsbereichen zusammenfinden, betriebliche Schwachstellen feststellen, sie analysieren, und versuchen, in Teamarbeit zu einer Lösung zu gelangen. Die Auszubildenden sollen an diesen Veranstaltungen teilnehmen, um zu lernen, arbeitsplatzbezogene Probleme zu erkennen, eigenverantwortlich zu bearbeiten und zu lösen sowie Konflikte methodisch auszutragen (vgl. Heider, 1990, S. 48). - 204 - aktiven Gruppenlernmethoden ebenfalls auf mittelständische Unternehmen übertragen werden, damit auch dort die Azubis eine zukunftsorientierte Ausbildung erhalten (vgl. Heider, 1990, S. 48f). 3.5.2.3.2.2. Berufliche Fortbildung Neben der Ausbildung erhält auch die Fort- bzw. Weiterbildung innerhalb des beruflichen und betrieblichen Bildungswesens steigende Bedeutung (vgl. Weber, 1987, S. 315). Die Zeiten sind vorbei, in denen der berufliche Bildungsprozeß nach Abschluß der beruflichen Erstausbildung im wesentlichen beendet war. Durch den ständigen Wandlungsprozeß in der gesellschaftlichen Umwelt und im Unternehmen, der abnehmenden Halbwertzeit der Produkte, Technologien und des Wissens, ist die kontinuierliche Fortbildung unerläßlich (vgl. Posth, 1992, S. 180). Gerade die strategisch ausgerichtete Fortbildung ist ein erfolgsentscheidender Wettbewerbsfaktor, die im Gegensatz zu Technologie-, Fertigungs- und Produktinnovationen kaum kurzfristig zu imitieren bzw. einzuholen ist (vgl. Nagel, 1990, S. 35). Zur Bestimmung konkreter Schulungsmaßnahmen bedarf es zunächst einer Analyse des Bildungsbedarfs; dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen vorhandenen Qualifikationen und zukünftigen Anforderungen (sog. Soll-Ist-Vergleich). Ferner müssen sowohl die Wünsche und Ziele der Mitarbeiter und des Unternehmens in die Weiterbildungsplanung aufgenommen werden (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 300). Zur Steigerung der Lernbereitschaft der Mitarbeiter ist es erforderlich, die Betroffenen in die Konzeption der Bildungsmaßnahmen einzubeziehen und mit ihnen die Fortbildungsziele und -inhalte abzustimmen und sie aktiv in den Lernprozeß zu involvieren (vgl. Berthel et al., 1990, S. 114). Schulungsmaßnahmen finden sowohl am Arbeitsplatz (training on the job) als auch extern, etwa in Seminarform (training off the job) statt. Dabei ist die Weiterbildung am Arbeitsplatz - die Kombination der Maßnahmenbereiche vor Ort - die verbreitetste. Hierunter fällt auch die ungeplante, unsystematische Personalentwicklung am Arbeitsplatz, die die preisgünstigste und am einfachsten durchführbare Maßnahme ist. Ferner zählen hierzu: Coaching durch erfahrene Vorgesetzte (Patenschaft), Job Rotation, Trainee-Programme, Stellvertretung, Einsatz als Assistent, Projektarbeit etc. (vgl. Hentze, 1991, S. 345f; Staehle, 1990, S. 818; Wunderer/Kuhn, 1993, S. 141). Ein besonderer Vorteil dieser Maßnahmen der Personalentwicklung ist ein Lernen in realen Arbeitssituationen (learning by doing). Wiederum nachteilig ist die meist unsystematische, zu spezielle Fach- und zu starke Betriebsbezogenheit der Wissensaneignung (vgl. Staehle, 1990, S. 818). Die Nachteile der reinen Fortbildung am Arbeitsplatz sollten durch externe Seminare kompensiert werden. Diese externen Weiterbildungsveranstaltungen schaffen eine (kritische) Distanz zu und Abstraktion von den Alltagsproblemen, ermöglichen (wertvolle) Kontakte zu Kollegen aus anderen Betrieben mit anderen Zielen und Schwierigkeiten, erweitern die Betrachtungsweise und bewirken u.a. - 205 - ein besseres Erreichen der individuellen Weiterbildungsziele der Adressaten (vgl. Staehle, 1990, S. 818). Die verschiedenen Lehrmethoden werden in Kapitel 4.3.3.3.1. im Zusammenhang mit der Entwicklung eines dualen, ressortübergreifenden Qualifizierungsprogramms für Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe näher erläutert. Da Fortbildung der kontinuierlichen Entwicklung der Beschäftigten dienen soll, muß die Planung intensiv an den strategischen Erfordernissen ausgerichtet sein. Deshalb müssen speziell zukunftsorientierte (soziale, methodische) Kompetenzen vermittelt werden (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 30; Schneevoigt, 1988, S. 342). Jedoch wird in vielen Betrieben Fortbildung immer noch als ad hoc-Maßnahme, also unmittelbar reaktiv, anwendungs- und arbeitsplatzbezogen gehandhabt (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 285; Simon, 1989, S. 24). Bei der Auswahl von Mitarbeitern für Fortbildungsveranstaltungen sollten vorrangig in die Gegenwart und Zukunft gerichtete Kriterien (z.B. Anspruchsniveau bzgl. beruflicher und persönlicher Entwicklung, Lernmotivation, Weiterbildungsbedürfnis etc.) ausschlaggebend sein und weniger vergangenheitsorientierte Aspekte (Ausbildung, Alter, Aufgabenbereich, hierarchische Stellung im Unternehmen). In der Praxis dominieren allerdings die personalpolitischen Ziele der Unternehmen. Primär werden diejenigen Fach- und Führungskräfte weiterqualifiziert, die bereits hoch qualifiziert sind. Die gering qualifizierten und verstärkt von Arbeitslosigkeit bedrohten Erwerbstätigen werden dabei aus betriebs- und personenbedingten Gründen nur gering berücksichtigt (vgl. Staehle, 1990, S. 816). Für die strategische Ausrichtung der Fortbildung ist ausschlaggebend: - Die Fortbildungsstrategie ist in die Unternehmensstrategie zu integrieren (Planungszeitraum von fünf Jahren). - Strategische Weiterbildung gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Geschäftsführung. - Strategische Fortbildungsaktivitäten sind primär markt- und kundenorientiert auszurichten. - Strategische Weiterbildung betrachtet die Mitarbeiter verstärkt als Sub-Unternehmer, die bei entsprechendem Potential für den langfristigen Unternehmenserfolg gefördert werden müssen (vgl. Nagel, 1990, S. 36). Nur wenn es gelingt, nicht nur die Bedeutung der beruflichen Fortbildung für den langfristigen Unternehmenserfolg zu erkennen, sondern einerseits die Bereitschaft bei den Unternehmen zu wecken, Weiterbildungsinvestitionen als Investitionen in das Humankapital zu betrachten sowie andererseits bei den Mitarbeitern die Einstellung zu fördern, an solchen Entwicklungsmaßnahmen aktiv teilzunehmen, dann bietet die Zukunft große Erfolgspotentiale. Lebenslanges Lernen muß als vorrangige Aufgabe verstanden werden (vgl. Hoss, 1991, S. 20). Fortbildung ist ein dynamischer, lebenslanger Prozeß und nicht nur eine Anpassungsleistung, die alle 5-8 Jahre erfolgt (vgl. Franke, 1985, S. 14). - 206 - 3.5.2.3.2.3. Karriere- und Laufbahnplanung Karriere- und Laufbahnplanung - die Begriffe werden meist synonym verwendet, wobei im allgemeinen Sprachgebrauch Karriere mit Aufstieg gleichgesetzt wird (vgl. Mentzel, 1994, S. 132) - sind die Oberbegriffe für eine systematische, antizipative Personal-(entwicklungs-)planung (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 285; Pieper, 1990(b), S. 280). Sie geht von den Personen und deren Fähigkeiten, Möglichkeiten und Bedürfnissen aus. Dabei werden in Absprache mit den betroffenen Mitarbeitern zukünftige Einsatzgebiete und die dafür notwendig erscheinenden qualifikatorischen Maßnahmen festgelegt (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 285; Gaugler, 1987(b), S. 303; Mentzel, 1982, S. 359ff; Pieper, 1990(b), S. 280). Diese längerfristige, systematische Planung soll die improvisierten, zufälligen Beförderungs- und Versetzungsentscheidungen bei vakanten oder neu zu besetzenden Stellen ablösen (vgl. Hauser, 1993, S. 147; Staehle, 1990, S. 819) und somit eine rechtzeitige, gezielte Vorbereitung auf zukünftige Aufgabenbereiche ermöglichen (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 285). Die Führungskräfteentwicklung muß dafür sorgen, daß die Karriere- und Laufbahnplanung und -entwicklung an den strategischen Zielsetzungen des Unternehmens ausgerichtet ist. Nur so kann sichergestellt werden, daß unter Berücksichtigung der langen Vorlaufzeiten die richtig qualifizierten Führungskräfte zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 35). Voraussetzung für eine systematische und längerfristige Laufbahnplanung ist zum einen eine detaillierte quantitative und qualitative Personalbedarfsplanung, also eine Analyse des Leistungs- und Entwicklungspotentials der Beschäftigten sowie zum anderen die Abstimmung der Unternehmensinteressen und -pläne mit den individuellen Interessen und Plänen der Mitarbeiter (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 286; Pieper, 1990(b), S. 283; Staehle, 1990, S. 821). Bei Kongruenz beider Interessensphären ergeben sich folgende Vorzüge: - Gefahr von Fehlbesetzungen wird vermindert, - rechtzeitige Information der Mitarbeiter über ihre Aufstiegsmöglichkeiten führen zu höherer Leistungsmotivation, - langfristige Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen (vgl. Hauser, 1993, S. 147). Gerade in mittelständischen Unternehmen sollten Führungsnachwuchskräfte vom Unternehmer bzw. Geschäftsführer persönlich betreut, beobachtet und gefördert bzw. gefordert werden. Sonst besteht leicht die Gefahr, daß der gegenwärtige Vorgesetzte die tüchtige Nachwuchskraft in der eigenen Abteilung behalten möchte, weil er Angst hat, einen Leistungsträger zu verlieren (vgl. Borkel, 1987, S. 14) oder als Konkurrent für die eigene Position aufzubauen. Das Aufspüren potentieller Nachwuchskräfte stellt lediglich den ersten Schritt dar. Für den Aufstieg in die Führungsebenen sind weitergehende Entwicklungsmaßnahmen notwendig. Die Aufgabe der - 207 - Führungskräfte ist es, ihre Mitarbeiter durch Fordern zu fördern. Dies beinhaltet die Übertragung von anspruchsvollen Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen, verbunden mit richtig dimensionierter Anleitung, Kontrolle und Kritik. Die für die Übernahme von Führungsaufgaben notwendigen Erfahrungen dürfen sich nicht nur auf den angestammten Arbeitsbereich beschränken, sondern sie müssen auch in anderen Aufgabenbereichen erworben werden. Dies kann durch “Job Rotation“Maßnahmen zwischen verschiedenen Abteilungen oder Unternehmen geschehen, durch vorübergehende Assistententätigkeit bei einer exponierten Führungskraft oder auch als deren Stellvertreter (vgl. Burgard, 1988, S. 320f). Der planvolle Wechsel der Arbeitsbereiche erzeugt Flexibilität, eröffnet neue Denkkategorien und schafft eine erweiterte Betrachtungsweise der vielfach vernetzten Systeme von Unternehmen. Das “training on the job“ wird ergänzt durch entsprechende Seminarveranstaltungen, die eine immer größere Bedeutung erhalten (vgl. Burgard, 1988, S. 321). Die Erfolgschancen von Qualifizierungsmaßnahmen erhöhen sich, wenn der Mitarbeiter bei der Auswahl seiner eigenen Fortbildungsmaßnahmen einbezogen wird. Das stärkt sein Selbstwertgefühl und motiviert (vgl. Hauser, 1991, S. 355). Da die meisten mittelständischen Betriebe über keine eigene Weiterbildungsabteilung verfügen, sind sie in erster Linie auf externe Schulungsangebote von freien Trägern, Bildungswerken der Innungen und Verbände etc. angewiesen (vgl. Zander, 1994, S. 238). Die meisten größeren Kfz-Hersteller/Importeure und einige externe, fabrikatsübergreifende Bildungsinstitute bieten u.a. mehrwöchige Schulungsmaßnahmen für angehende Verkaufs-, Kundendienst-, Finanzbuchhaltungs-, Betriebsleiter etc. an. In diesen Veranstaltungen wird den Teilnehmern u.a. neben den abteilungsspezifischen Fachkenntnissen, dem entscheidungsorientierten Rechnungswesen teilweise auch Personalführung und motivation vermittelt. Nicht jede Führungsnachwuchskraft, die das Leistungspotential besitzt, ist auch bereit, verantwortungsvolle Führungsaufgaben zu übernehmen. Die Gründe dafür können im Gesamtunternehmen, in einzelnen Funktionsbereichen, in gesellschaftlichen Entwicklungen (z.B. Wertewandel) sowie im persönlich-privaten Lebensbereich liegen (vgl. Gaugler, 1987(b), S. 316). Jeder Vorgesetzte hat die Aufgabe, durch regelmäßige Beobachtung und Beurteilung entwicklungsfähige Mitarbeiter zu erkennen und zu fördern (vgl. Koeder, 1990, S. 226; Koeder/Priester, 1991, S. 120). Generelle Voraussetzungen der Entwicklungsfähigkeit sind Engagement, Kompetenz, Verantwortungsbereitschaft und Flexibilität (vgl. Loschert, 1992, S. 45). Bei der Laufbahnplanung steht nicht der Aufstieg der Mitarbeiter im Vordergrund - bedingt durch die zunehmend flacheren Hierarchien werden höherwertige (Führungs-)Positionen ohnehin seltener -, sondern die Sicherung eines entwickelten Personalreservoirs, Übersicht über das vorhandene Mitarbeiterpotential sowie über die möglichen Aufstiegswege, -hemmnisse und - 208 - -kriterien. Eine solche Transparenz für die Beschäftigten trägt zur Erhöhung der Leistungsmotivation und erhöhter Arbeitszufriedenheit bei und hat damit die Funktion eines Anreizsystems (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 417f). Zur anschaulichen und übersichtlichen Darstellung der Karrierewege werden meist Laufbahnwege erstellt, die je nach Zwecksetzung in Form eines Balkendiagramms oder anhand von Organisations- und Stellenplänen dargestellt werden können (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 309). Es ist festzuhalten, daß die Personalentwicklung von Fach- und Führungskräften bei den meisten mittelständischen Unternehmen (stark) verbesserungsbedürftig ist. Schwächen liegen insbesondere in der Formulierung und Präzisierung der Weiterbildungsziele, in der umfassenden Planung der Fortbildungsaktivitäten (bzgl. Ablauf, Inhalte, Auswahl der betroffenen Personen) sowie Organisation und Koordination der Schulungsmaßnahmen (vgl. Strombach/Thom, 1983, S. 67f). Jedes Bildungskonzept muß betriebsspezifisch ausgerichtet sein und dynamisch an die sich fortlaufend ändernden Arbeitsanforderungen angepaßt werden (vgl. Krenzer, 1990, S. 22). An Maßnahmen der Personalentwicklung findet man in Klein- und Mittelbetrieben überwiegend das praktische Lernen am Arbeitsplatz und die interne Ausbildung über theoretische Grundlagen vor. Externe Veranstaltungen werden nur belegt, soweit sie zur unmittelbaren Deckung vorhandener Leistungsdefizite bzgl. Wissen und Können beitragen. Die Entwicklung der Verhaltenskomponenten der Mitarbeiter wird kaum geplant und oft vernachlässigt. Gerade in diesem Bereich bestehen erhebliche Entwicklungsnotwendigkeiten (vgl. Dubbert, 1990, S. 117). Laufbahn- und Karrieregestaltung sowie arbeitsstrukturierende Maßnahmen haben in diesen Unternehmen eine untergeordnete Bedeutung. Die Karriereziele des Führungsnachwuchses liegen wegen der geringen Anzahl an Hierarchiestufen weniger im hierarchischen Aufstieg als im Aufgabenumfeld selbst. Als gute Möglichkeiten der internen Fortbildung gelten in Klein- und Mittelbetrieben die Schaffung einer Assistenzfunktion, Stellvertreterregelungen oder das Job Rotation (vgl. Dubbert, 1990, S. 118). Die Führungskräfteentwicklung erfolgt in dieser Unternehmensgröße kaum in Anlehnung an die strategischen Aufgabenstellungen, da die meisten Unternehmen nicht über die entsprechenden Instrumentarien wie (strategische) Leistungsbeurteilung, Potentialeinschätzung und Laufbahnplanung sowie über eine strategische Unternehmensplanung verfügen. Eine wesentliche Aufgabe für Führungskräfte wird zukünftig die Betreuung, Anleitung und Entwicklung der ihnen unterstellten Mitarbeiter und die Förderung ihres Leistungspotentials durch “Coaching“ sein. Dabei erhält insbesondere die Förderung des unternehmerischen Denkens und Handelns steigende Bedeutung (vgl. Fröhlich, 1995, S. 127). Lebenslanges Lernen wird in Zukunft noch stärker die Devise des betrieblichen Bildungswesens sein. Häufigkeit, Umfang und Intensität von Qualifizierungsmaßnahmen werden zunehmen, der notwendige - 209 - Qualifizierungsaufwand und damit die Kosten werden weiter steigen. An die Qualifizierungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter werden wesentlich höhere Anforderungen gestellt (vgl. Schmahl, 1987, S. 16; Schwalbe/Zander, 1990, S. 11ff). Die Geschäftsführung in mittelständischen Unternehmen muß dabei als Vorbild für das ständige Lernen und Weiterentwickeln der Mitarbeiter fungieren (vgl. Stiefel, 1991, S. 27). 3.5.2.4. Strategische Anreiz- und Belohnungssysteme 3.5.2.4.1. Bedeutung und Inhalte der materiellen und immateriellen Anreize Nach außen wahrnehmbar ist stets das Verhalten eines Menschen; nicht beobachtbar ist die Bereitschaft, also das Motiv108, das dieses Handeln auslöst. Damit ein Motiv eine Handlung auslöst, muß ein Anreiz hinzukommen. I.d.R. wirkt nicht ein einzelnes (Leistungs-)Motiv handlungsauslösend, sondern ein ganzes Bündel davon. Dieses Bündel bezeichnet man als Motivation. Das Motivbündel, das in Arbeitssituationen handlungsanreizend und auslösend wirkt, nennt man Arbeitsmotivation (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 98f; Liebel/Oechsler, 1994, S. 163). In der Forschung gibt es eine Vielzahl an Motivationstheorien, die sich zum einen mit dem “was“ welches Verhalten erzeugt befassen (Inhalts- oder Ursachentheorien) und zum anderen zu erklären versuchen, “wie“ ein bestimmtes menschliches Verhalten ausgelöst wird (Prozeßtheorien) (vgl. Conrad, 1990, S. 250; Staehle, 1990, S. 202). Zu den bekanntesten Inhaltstheorien gehören die ZweiFaktoren-Theorie der Arbeitszufriedenheit von Herzberg (1959) und die Bedürfnispyramide von Maslow (1943/1954), auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Beide Ansätze haben maßgeblichen Anteil an der Entwicklung aller weiteren Motivationstheorien109 gehabt (vgl. Conrad, 1990, S. 245; Rosenstiel, 1991(c), S. 148). Trotz teilweise heftiger Kritik (z.B. mangelnde empirische Absicherung) hat speziell die Zwei-FaktorenTheorie einen entscheidenden Anstoß im Anreizdenken herbeigeführt. Das vorher stark vorherrschende Denken, in externen Anreizen die Motivationsgrundlage zu sehen, wurde zumindest z.T. zurückgedrängt zugunsten einer Perspektive, die die intrinsische Motivation, also die persönliche Bedürfniserfüllung durch die Arbeit, in den Vordergrund stellt. Sie gibt Anregungen für neue Wege im Vorgesetztenverhalten und in der Arbeitsorganisation zur Leistungsmotivation der Arbeitnehmer (vgl. Staehle, 1990, S. 207; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 482f). 108 Motive sind die Vorstellungen eines latent vorhandenen, subjektiven Mangelgefühls beim Menschen, mit dem Wunsch, diesen Mangel zu beseitigen. Der Begriff wird oftmals synonym verwendet mit Antrieb, Drang, Wunsch oder Bedürfnis (vgl. Hentze/Brose, 1990, S. 41; Korndörfer, 1989, S. 216). 109 Die Erkenntnisse der Motivationstheorien geben wichtige Anhaltspunkte für das Erkennen individueller Zielvorstellungen und das zielgerichtete Steuern der Arbeitnehmer (vgl. Korndörfer, 1989, S. 216). - 210 - Wenn die Ziele verfolgt werden, Arbeitszufriedenheit und Leistungssteigerung der Erwerbstätigen zu erreichen, dann ist eine entscheidende Komponente, daß die Motive der Mitarbeiter aktiviert und ihre Bedürfnisse befriedigt werden (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 258). Leistungsmotivierende Funktionen erhalten Wünsche der Arbeitnehmer wie Selbstverwirklichung, Verantwortung, Freizeit, Entfaltungsmöglichkeiten, die sich nicht über monetäre Anreize erfüllen lassen und beziehen sich ebenso auf die Gestaltung der Arbeitsorganisation (z.B. job rotation, job enrichement), der Arbeitszeit und die Mitarbeiterführung (vgl. Liebel/Oechsler, 1994, S. 257f). “Aufgrund verschiedener Motivstrukturen und Ansprüche kann das Entgeltsystem bei den Arbeitnehmern zu einer unterschiedlich stark ausgeprägten Anreizwirkung führen. Entsprechend fallen die Rückwirkungen der individuell wahrgenommenen Anreize auf die gezeigte Leistung aus, wie sie im Human Resource Cycle dargestellt werden. Der Versuch, die Mitarbeiter über das Entgelt zu motivieren, wird demnach nur dann gelingen, wenn eine Abstimmung mit den übrigen Politikfeldern des HRM erfolgt und eine ausreichende Flexibilität des Entgeltsystems sichergestellt wird“ (Liebel/Oechsler, 1994, S. 258). Große Bedeutung bei der Entgeltfindung hat die Entgeltgerechtigkeit. Nur eine individuell als “gerecht“ empfundene Bezahlung kann die gewünschte Anreizwirkung entfalten. Dabei kommt es einerseits auf den Ausgleich zwischen der erbrachten Arbeitsleistung und dem bezahlten Entgelt des einzelnen Arbeitnehmers an, andererseits soll die individuelle Vergütung in einem “gerechten“ Verhältnis zu dem der anderen Mitarbeiter stehen (vgl. Hentze, 1991(b), S. 70ff). Leistung wird dabei nicht nur in quantitativen Größen gemessen, sondern der Maßstab muß, soweit es die Stelle oder Funktion zuläßt (speziell bei Führungskräften), primär das Erreichen strategischer Ziele, also qualitativ sein. Voraussetzung dafür ist, daß auch die Entgeltsysteme auf die Erreichung solcher Ziele ausgerichtet sind und nicht nur quantitative (kurzfristige) Ergebnisse belohnen (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 299). In den folgenden Abschnitten werden die strategischen, monetären Vergütungssysteme zur Leistungsmotivation von Führungs- und Fachkräften näher dargelegt. Auf die persönlichen, immateriellen Motivationsfaktoren wie Führungsstil, intensive Kommunikation und Information der Mitarbeiter, Kritik und Anerkennung, Delegation von Aufgaben und Verantwortung usw. wird nicht näher eingegangen, da diese Ausführungen den Rahmen der vorliegenden Arbeit übersteigen würden und es bereits umfangreiche diesbezügliche Veröffentlichungen gibt. Es darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, daß diese persönliche, immaterielle Beeinflussung der Einstellungen und des Verhaltens der Mitarbeiter zur Realisierung festgelegter Ziele aufgrund der veränderten Wertstrukturen und des steigenden Qualifikationsniveaus von besonderer Bedeutung für die Mitarbeiterzufriedenheit und Leistungsmotivation ist. - 211 - 3.5.2.4.2. Strategische Entgeltsysteme zur Leistungsmotivation von Führungs- und Fachkräften Neben den immateriellen Arbeitsanreizen (z.B. Ausbildungs-, Aufstiegsmöglichkeiten, Führungsstil, Arbeitszeit-, Pausen- und Arbeitsplatzgestaltung) kommt dem Arbeitsentgelt (z.B. Lohn, Gehalt, Besoldung) als zentrale monetäre Einkommensquelle - weitere monetäre Anreize sind betriebliche Erfolgsbeteiligungen, Sozialleistungen u.a.m. - der Arbeitnehmer eine entscheidende Bedeutung zu (vgl. Staehle, 1990, S. 754; Thommen, 1990, S. 509f). Die generelle Zielsetzung betrieblicher Entgeltgestaltung liegt darin, ein Gleichgewicht zwischen dem Arbeitsentgelt als Leistungsanreiz oder Gegenwert sowie der Arbeitsbelastung als individuellen Beitrag betrieblicher Zielsetzungen zu ermöglichen. Dabei hat das Entgelt die schwierige Aufgabe zu lösen, einerseits die individuellen Reaktionen auf die Entgeltgestaltung (z.B. Leistungsabgabe, -motivation, Unzufriedenheit) und andererseits die betriebliche Belastung durch Personalkosten (z.B. steigende Lohnkosten und -nebenkosten; die letztgenannten Kosten beruhen zu etwa 80 % auf gesetzlichen Bestimmungen und tarifvertraglichen Vereinbarungen) in Einklang zu bringen (vgl. Berthel, 1995, S. 383f; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 279). Obwohl in der betrieblichen Praxis zunehmend Konzepte des strategischen Managements vorzufinden sind, mit dem langfristige Erfolgspotentiale (z.B. Marktanteil, -position, Image, Produktqualität, Kunden-, Mitarbeiterzufriedenheit) eines Unternehmens erkannt, gesichert und verbessert werden sollen, basieren die bisherigen Erfolgsbeteiligungen auch für Führungskräfte primär auf kurzfristigen, quantitativen Erfolgskriterien (z.B. Gewinn, Umsatz, Deckungsbeitrag, ROI, Rentabilität). Finanzielle Anreize für strategisches Denken und Handeln werden bisher nicht berücksichtigt. Die Beteiligungsbasen stehen oft im Gegensatz zu den strategischen Planungszielen. Beispielsweise belasten hohe Investitionen zur Marktanteilssteigerung in einem expandierenden Markt auf Jahre hinaus die Gewinnerzielung. Bei einem erheblichen operativen Erfolgsanteil (z.B. bis zu 50 %) kann nicht erwartet werden, daß Führungskräfte eine Politik zu Ungunsten ihres Einkommens betreiben. Unter dieser Prämisse ist keine effiziente Durchführung der strategischen Unternehmensführung möglich, da ein spezielles Erfolgsbeteiligungssystem, ausgerichtet am strategischen Management, fehlt (vgl. Berthel, 1995, S. 412f). Ein strategisches Entgeltsystem zielt auf die Frage, welche Leistungen belohnt werden sollen. Die inhaltliche Ausgestaltung der erwarteten und zu belohnenden Leistungsbeiträge hängt von der gewählten Unternehmens- oder Wettbewerbsstrategie ab und betrifft die Beschäftigten aller Hierarchieebenen. Die Betroffenen müssen wissen, welches Verhalten von ihnen erwartet und durch das Anreizsystem entsprechend abgestuft belohnt wird (vgl. Elsik, 1992, S. 159). Die strategischen Anreizsysteme sollen die strategischen Programme zur Entwicklung von Nutzungspotentialen und Erfolgspositionen aus klar vorgegebenen Unternehmenszielen unterstützen, um - 212 - das Unternehmen in eine vordefinierte Richtung zu lenken, soweit die Umfeld- und speziell die Unternehmensentwicklungen vorauszusehen sind (vgl. Bleicher, 1992, S. 11). Vor allem die Entwicklung neuer und zukunftsführender Erfolgspotentiale erfordert eine langfristige Betrachtungsweise und ein unternehmenspolitisches Instrumentarium, das vorrangig qualitative Aspekte berücksichtigt (vgl. Bleicher, 1992, S. 12). In der Wirtschaftspraxis sind vielfältige Formen, Methoden und Systeme zur (individuellen) Entgeltbestimmung vorzufinden (vgl. Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 696), ggf. unterteilt in feste und variable110 Vergütungsbestandteile. Auf die vielfältigen “betriebsindividuellen“, überwiegend kurzfristig orientierten, quantitativen Provisionsregelungen im Kfz-Gewerbe, wie beispielsweise unterschiedlich ausgestaltete, singuläre Umsatz- und Bruttoertragsprovisionen sowie Mischformen aus beiden für Verkaufs- sowie Kundendienstberater wird nachfolgend nicht ausführlicher eingegangen. Bei den meisten Provisionsregelungen werden qualitative Kriterien (z.B. fachliche Kompetenz, Arbeitsqualität, Freundlichkeit, Kundenzufriedenheit) und vor allem strategische Ziele (z.B. Kunden-, Mitarbeiterbindung, Personalentwicklung), u.a. aufgrund der Schwierigkeit, sie zu ermitteln, kaum berücksichtigt. Entsprechend dem Michigan-Ansatz wird im folgenden vorrangig auf die strategische Ausrichtung der Anreizsysteme, insbesondere im Zusammenhang mit der strategischen Vergütung für Führungskräfte, näher eingegangen. 3.5.2.4.2.1. Strategisch orientierte, variable Vergütungssysteme für Führungskräfte Mit der Integration des Entgeltsystems in die strategische Unternehmensführung wird angestrebt, den Führungskräften ein besseres Verständnis von den Zusammenhängen zwischen strategischer Leistung und Erfolgsbeteiligung zu vermitteln und damit die individuellen Ursachenzurechnungen im Motivationsprozeß sowie die Belohnungszuteilungen transparenter zu gestalten (vgl. Becker, 1987, S. 167f). Es lassen sich verschiedene Ansätze von Anreizsystemen unterscheiden, die in die strategische Unternehmensführung integriert werden können. Durch gezielte Abänderung einiger Faktoren des Anreizsystems sollen die Führungskräfte situationsentsprechend motiviert werden, sich strategieorientiert zu verhalten (vgl. Hentze, 1991(b), S. 117f). Eine starre Pauschalregelung der leistungsbezogenen, strategischen Anreizsysteme kann den unterschiedlichen Aufgabenprofilen von Führungskräften nicht gerecht werden, da einige von ihnen in erster Linie Aufgaben bekleiden, die strategisches Denken und Handeln erfordern, während andere 110 Bei der variablen (oder freiwilligen, übertariflichen) Vergütung sichert das Unternehmen dem Mitarbeiter einen Teil des Jahreseinkommens als sogenanntes Fixgehalt zu. Den anderen Teil, d.h. die Höhe der variablen Entlohnungskomponente, kann der Betreffende - im Rahmen der vorher festgelegten Bandbreite - durch seine persönliche Leistung aktiv beeinflussen. Dieses Anreizinstument erfordert von der Führungskraft zum einen mehr Risikobereitschaft, zum anderen wird ihm mehr Verantwortung übertragen (vgl. o.V., 1989(b), S. 240). - 213 - schwerpunktmäßig für die operative Durchführung strategischer Vorgaben verantwortlich sind. Deshalb bedarf es einer den individuellen Aufgabenstellungen gerecht werdenden Feinsteuerung des Führungsverhaltens. Daraus ergibt sich ein hoher Differenzierungsbedarf praktikabler Lösungen (vgl. Bleicher, 1992, S. 15). Jedoch ist es problematisch, qualitative strategische Zielgrößen möglichst operational, verhaltensgerecht und -fördernd, in Leistungsbewertungs- und Entgeltsystemen zu erfassen. Deshalb wird diese Übertragung auch häufig vernachlässigt. Das bedeutet einen Verzicht auf eine gezielte, strategisch orientierte Verhaltensförderung und aussagekräftige Leistungskriterien zugunsten kurzfristig manipulierbarer, operativer Erfolgsfaktoren (vgl. Becker, 1987, S. 167). Anstelle der bisher praktizierten Anbindung von Sollgrößen an Branchenführer bzw. -kollegen, die gegenwärtige Ertragssituation oder an die überschaubare Zukunftsentwicklung etc. empfiehlt es sich, durch eine (teilweise) Abkehr von den Zahlen des Rechnungswesens variable Entgeltbestandteile für Führungskräfte direkt an strategischen Sollgrößen festzumachen. Dabei wird von der Grundidee ausgegangen, daß die Führungskräfte im gewissen Rahmen nach dem Grad der Erreichung strategischer Ziele (z.B. Marktanteils-, Produktivitätsziele) entlohnt werden. Dies setzt voraus, daß die Unternehmensziele zuvor präzise festgelegt und von den Betroffenen akzeptiert worden sind (vgl. Bleicher, 1992, S. 25; Hagenauer, 1995, S. 324f). Eine weitere Schwierigkeit bei der Gestaltung und Implementierung eines strategischen Anreizsystems besteht darin, daß strategische Erfolge häufig erst nach mehreren Jahren eintreten, erst dann bewertet werden können und zu Belohnungen führen. Jedoch wirken Anreize motivational am stärksten, wenn unmittelbar nach der Handlung eine Belohnung erfolgt; eine Erfolgsbeteiligung, die z.B. erst in fünf Jahren bezahlt wird, ist für die gegenwärtige Motivation nur von geringer Bedeutung. Daraus folgt, daß ein umfassendes Vergütungssystem für Führungskräfte verschiedene Planungszeiträume und Anforderungen berücksichtigen muß (vgl. Berthel, 1995, S. 413; Hentze, 1991(b), S. 111). Bei der Art von strategischen Zielen, die in einem solchen Anreizsystem verfolgt und in der Zielerreichung vergütet werden sollen, muß differenziert werden zwischen Segmentierung - einzelne abgrenzbare Bereichsergebnisse werden prämiert - und Integration - die Zusammenarbeit mit anderen Funktionsbereichen zur gemeinsamen Zielerreichung wird prämiert. Während die Segmentierung als Gestaltungsprinzip strategischer Anreizsysteme den vertikalen Aufbau einer Unternehmensstrategie aus seinen einzelnen Bereichsstrategien betont und anreizmäßig unterstützt, stellt die Integration auf die horizontale Verbindung einzelner strategischer Beiträge zur Unternehmensstrategie ab; sie betont das Netzwerk gegenseitiger Abhängigkeiten und will die Zusammenarbeit unter den Beteiligten fördern (vgl. Bleicher, 1992, S. 31). Gerade bei der zunehmend prozeßorientierten Organisationsstruktur bekommt die Integration der strategischen Anreizsysteme eine steigende Bedeutung. - 214 - Ein weiteres wichtiges Gestaltungskriterium strategischer Anreizsysteme sind die involvierten Beteiligungsfelder, d.h. die `Unternehmensbereiche´, deren Leistung in die Ermittlung der jeweiligen Erfolgsbeteiligung eingeht (z.B. übergeordnete Funktionsbereiche, die Bereiche der jeweiligen Führungskraft, Individualleistung). Über Art, Anzahl und Kombination der Beteiligungsfelder ist im Einzelfall zu entscheiden (vgl. Elsik, 1992, S. 161). Die Vergütung kann in strategischen Anreizsystemen an jeweils einer Ziel- und Erfolgsgröße oder einem Bündel mehr oder weniger miteinander verbundener Größen festgemacht werden (vgl. Bleicher, 1992, S. 33). I.d.R. werden etwa fünf besonders erfolgsrelevante Ziele vereinbart, für die es dann entsprechend abgestufte, umfangreiche Boni gibt (vgl. Hagenauer, 1995, S. 325). Um die angeführten Probleme zu lösen, sind Vergütungssysteme zu entwickeln und zu praktizieren, die das gesamte Spektrum an strategischen Aufgaben einbeziehen (vgl. Becker, 1987, S. 167). Ziel der strategisch ausgerichteten Erfolgsbeteiligungen muß es sein, eine bestmögliche Abstimmung zwischen Unternehmensstrategie und Entlohnung zu erreichen (vgl. Steinmann/ Schreyögg, 1993, S. 711) sowie damit den Planungsprozeß enger an das Motivations- und Belohnungssystem anzubinden. Im Mittelpunkt stehen dabei ganzheitliche Entlohnungskonzepte, wie z.B: - Verknüpfung der Vergütung mit den unternehmerischen Zielen, - Unterteilung der Vergütung nach leistungsabhängigen Kriterien, - Einbeziehung nicht-monetärer Anreize in die Entgeltsysteme, - Individualisierung von Entgeltbestandteilen und Incentives (Cafeteria-Ansatz) (vgl. Krull, 1992, S. 39). Um einen motivierenden Effekt auf das Verhalten der Führungskräfte zur Entwicklung und Umsetzung von Strategien zu erreichen, bedarf es der Festlegung und Dokumentation vorabbestimmter bzw. zu bestimmender (Anreiz-)Ziele, basierend auf und konsistent mit dem jeweiligen strategischen Plan der zugehörigen Bereiche. Die einzelnen Ziele werden in ihrer Bedeutung zueinander gewichtet, so daß auch die übergeordnete Unternehmensstrategie angemessen unterstützt werden kann (vgl. Becker, 1987, S. 168). Ohne ein abgestimmtes, durchgehendes Konzept der Leistungsvorgaben und -bewertung können variable, leistungsabhängige Entgeltmodelle nicht durchgeführt werden (vgl. Becker, 1987, S. 168; Krull, 1992, S. 39). Unter Berücksichtigung des vorhandenen Budgets und der Marktgegebenheiten muß nach den Abstufungen der Arbeitsbewertung (des Tarifvertrags sowie der außertariflichen Einstufung) die Entgelthöhe festgelegt werden. Zur Erhöhung der Anreizwirkung ist eine stärkere Betonung der variablen Vergütungsbestandteile vorzusehen (vgl. Krull, 1992, S. 39f), die der Betreffende durch seine persönliche Leistung beeinflussen kann. - 215 - Durch die Teilnahme der Führungskräfte am Zielsetzungs- und Leistungsbewertungsprozeß soll Verständnis und Akzeptanz für die Belohnungsberechnungen geschaffen werden. Das betrifft insbesondere auch den Ausgleich zwischen operativen, finanziellen sowie langfristigen, strategischen Ergebnisleistungen, die Gewichtung des relativen Schwierigkeitsgrads je nach Geschäftsbereich, die Betonung der Marktentwicklung und die Notwendigkeit der unternehmensinternen Vergleichbarkeit der einzelnen Entgeltpläne und Belohnungshöhen (vgl. Becker, 1987, S. 168f). In Abb. 16 ist ein Beispiel für ein unternehmensplanbezogenes, strategisch orientiertes Vergütungssystem für Führungskräfte dargelegt. Abb. 16: Beispiel für ein strategisch orientiertes Entgeltsystem für Führungskräfte mit fixen und variablen Vergütungsbestandteilen Komponenten im primär unternehmensplanbezogenen Vergütungssystem für Führungskräfte: 1) Unmittelbar monetäre Jahresbezüge - feste Vergütung (=Grundgehalt): nach Anforderungs-, Fähigkeitsprofil, Marktgegebenheiten; - variable Vergütung I (z.B. max. 2/3*): nach Grad der Erfüllung operativer Ziele des eigenen organisatorischen Bereichs, z.B. Unternehmensgewinn, Umsatzrendite, Deckungsbeitrag; - variable Vergütung II (ca. 1/6*): nach Umfang und Qualität der Erreichung strategischer Ziele oder persönlicher Arbeitsziele, z.B. Marktanteil, Mitarbeiterförderung, Verbesserung des eigenen Führungsverhaltens; - variable Vergütung III (ca. 1/6*): bei Erfüllung oder Überschreitung operativer Ziele der jeweils übergeordneten organisatorischen Einheiten, z.B. Erhöhung des Bekanntsheitgrades des Unternehmens. 2) Zusatzleistungen - Altersversorgung - Sondernutzungsrechte: Dienstwagen, -wohnung, Firmenkredite, Telefonvergütung * bezogen auf das Jahresgehalt oder eine festgelegte Höchstgrenze Quelle: in Anlehnung an Hopfenbeck, 1990, S. 650 Im Einzelnen ist dazu auszuführen: ad 1) Unmittelbar monetäre Jahresbezüge - variable Bezüge im Rahmen des operativen Anreizsystems Die Instrumente des operativen Anreizsystems zielen auf die kurz- bis mittelfristigen Erfolgsgrößen des Unternehmens. Als Bemessungsgrundlage bieten sich in der Praxis beispielsweise Bezugsgrößen wie Gewinn, Rentabilität, Umsatzerlös und Deckungsbeitrag III an (vgl. Hentze, 1991(b), S. 114). - variable Bezüge im Rahmen des strategischen Anreizsystems - 216 - Bei langfristigen, leistungsbezogenen Anreizsystemen wird die Belohnung von der Erreichung genau festgelegter langfristiger Unternehmensziele abhängig gemacht (z.B. Wachstumsziele für 3-5 Jahre) (vgl. Hentze, 1991(b), S. 116). Erfolgskriterien sind beispielsweise: strategische Ergebnisse, strategische Entwicklung, strategische Programme bzw. Arbeitsqualität, Personalentwicklung, Marketingressourcen (vgl. Becker, 1987, S. 169). Zur Vervollständigung des Entgeltsystems kann neben der Leistungsbewertung der Organisationseinheit auch noch eine individuelle Leistungsbewertung über die beteiligten Führungskräfte durchgeführt werden (vgl. Becker, 1987, S. 171ff). Individuelle Leistungsfaktoren für das Führungspersonal sind beispielsweise: - Leistungsengagement, - strategisches Denken; kurz- und langfristige Bewertung von Risiken und Nutzen, - Leistungsvorbild, - Handeln (making things work), - Urteilsvermögen und Sensibilität für Mitarbeiterprobleme, - Personalführung; Ermutigung und Unterstützung von Untergebenen, - Kommunikationsvermögen (vgl. Becker, 1987, S. 171). Damit beruht die Leistungsbewertung für Führungskräfte nicht allein auf den Ergebnissen der von ihnen (mit-)geleiteten Unternehmensbereiche (vgl. Becker, 1987, S. 171f). ad 2) Zusatzleistungen In einigen Entlohnungssystemen sind als weitere Bausteine übertarifliche, freiwillige Zusatzleistungen (z.B. Urlaubsgeld, zusätzliche Altersversorgung, Firmenwagen, vermögenswirksame Leistungen, betriebliche Zuschüsse) enthalten, die im Rahmen der festgelegten Wertgrenzen von den Begünstigten frei ausgewählt werden können (siehe auch nachfolgend erläuterten Cafeteria-Ansatz). Dieser individuelle Gestaltungsspielraum erhöht die Leistungsmotivation, die Bindung der Mitarbeiter und ihr unternehmerisches Handeln, z.B. Verzicht auf Gehaltserhöhung zugunsten einer Altersversorgung oder eines Firmenwagens (vgl. Krull, 1992, S. 40). Insgesamt hat die Ausgestaltung strategischer Anreizsysteme unternehmensindividuell zu erfolgen. Dabei sind nicht nur die organisatorischen und unternehmenskulturellen Rahmenbedingungen und Führungssysteme different, sondern auch die unternehmenspolitischen Intentionen und strategischen Ausgangsbedingungen. Neben den Unterschieden in den einzelnen Funktionsbereichen ist auch die Individualität einzelner Führungskräfte in ihrem Streben und Verhalten abweichend. Diese Differenzen erschweren die Ausgestaltung eines strategischen Anreizsystems (vgl. Bleicher, 1992, S. 27). Je stärker das Streben nach einer Förderung unternehmerischen Verhaltens im Unternehmen ausgeprägt ist, um so höher sollte der flexible Anteil der Vergütung - nach oben wie nach unten - und um so - 217 - geringer die Abpufferung bei schlechten Ergebnislagen durch eine Definition von “Besitzstandsgarantien“ sein (vgl. Bleicher, 1992, S. 32). An die Stelle fixierter Vorgaben von Entgeltbestandteilen traten in den vergangenen Jahren verstärkt bedingte Wahlmöglichkeiten der Erfolgsbeteiligung entsprechend der individuellen Nutzenfunktionen (vgl. Bleicher, 1992, S. 35; Bühner, 1994, S. 337). Dafür eignen sich vor allem flexible Entgeltsysteme (sog. Cafeteria-Systeme). Die Arbeitnehmer erhalten dabei die Möglichkeit, aus einer Reihe vorgegebener sozial- und/oder übertariflicher Leistungen (Geld, Sozialleistungen, Altersvorsorge, Firmendarlehen, -wagen, Freizeit u.a.m.) entsprechend den persönlichen Bedürfnissen, Präferenzen und Interessenlagen eine oder mehrere Komponenten individuell auszusuchen (vgl. Berthel, 1995, S. 410; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 281; Drumm, 1992, S. 437). Die Personalkosten sind bei diesem flexiblen Entgeltsystem eine vorher festgesetzte, konstante Größe für das Unternehmen (vgl. Berthel, 1995, S. 410). Der persönliche Nutzen der Entlohnung und damit verbunden der Motivationseffekt wird durch die Wahlmöglichkeiten der Arbeitnehmer erhöht. Durch Berücksichtigung der steuerlichen Auswirkungen (z.B. Wahl einer steuerfreien Alternative) ist ggf. auch indirekt eine Erhöhung des individuellen Entgeltbudgets - höheres Netto- bei konstantem Bruttoeinkommen - möglich (vgl. Bühner, 1994, S. 338; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 282). Mitarbeiter zeigen sich oft bereit, auf eine Einkommenserhöhung zu verzichten, wenn sie dafür eine persönlich höher bewertete Gegenleistung bekommen (vgl. Beyer/Schaffron, 1991, S. 22). Die flexiblen Entgeltsysteme werden bisher nur vereinzelt angewendet. Beispielsweise findet das Cafeteria-System auch in Kfz-Betrieben aufgrund gesetzlicher und gewerkschaftlicher Restriktionen in Deutschland hauptsächlich im Bereich freiwilliger betrieblicher Sozialleistungen Anwendung (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 282). Teilweise erhalten die Führungs- und hochqualifizierten Fachkräfte wie Automobilverkäufer, Kundendienstberater etc. die Möglichkeit, anstelle eines höheren Monatsentgelts wahlweise einen Dienstwagen zur privaten Nutzung zu bekommen. 3.5.2.4.2.2. Leistungsabhängige Entgeltkonzepte für Fachkräfte aufgrund neuer prozeßorientierter Organisationsformen Durch veränderte sozio-ökonomische Rahmenbedingungen und schlankere Unternehmensstrukturen (z.B. flachere Hierarchien, vermehrte Teamarbeit) ist in der Praxis nicht nur bei Führungs-, sondern auch bei Fachkräften eine relative Abnahme der reinen Zeitlohnvergütung111 zugunsten einer Zunahme 111 Der Zeitlohn ist die älteste und auch im Kfz-Gewerbe mit Abstand weitverbreitetste elementare Entlohnungsform. In der Praxis findet man ihn in Form des Stunden-, Tages-, Wochen-, Monatslohns etc. sowie als Monatsgehalt. Dem Arbeitnehmer wird für die Bereitstellung seiner Arbeitskraft ein konstanter Lohnsatz für eine festgelegte Zeiteinheit bezahlt, unabhängig von der in dieser Zeit geleisteten Arbeitsmenge und -güte (vgl. Berthel, 1995, S. 390; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 280). - 218 - verschiedener, unternehmensindividueller Prämienlohnformen zu verzeichnen (vgl. Berthel, 1995, S. 394; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 708). Dabei werden weniger Einzelaufgaben im Sinne Taylors bewertet, sondern zunehmend Gruppenaufgaben. Diese Entlohnungssysteme haben das Ziel, die Produktivität, die Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation sowie die Kundenzufriedenheit zu fördern. Speziell für die Erfüllung der Kundenbedürfnisse sind in erster Linie die Beratungs- und Begegnungsqualität verantwortlich, die das Betreuungsteam - bestehend aus Kundendienst- und Verkaufsberater (siehe auch Kapitel 3.4.1.4.1.) - dem Kunden vermittelt. Motivierte, kundenorientiert arbeitende Teams schaffen einen hohen Erfolg für Marke und Händlerbetrieb. Um fortlaufend die Begeisterung des Teams für die anspruchsvolle Kundenbindung sicherzustellen, bedarf es einer leistungsgerechten Entlohnung, die neben quantitativen Kriterien vor allem auch qualitative Aspekte berücksichtigt. Gerade die heute praktizierten Verkäufer-Entlohnungsmodelle orientieren sich vorrangig an Stückzahlen und Bruttoerträgen und berücksichtigen in den seltendsten Fällen die Kundenzufriedenheit. Serviceberater bekommen bisher kaum die Qualität ihrer Kundenbetreuung honoriert. Deshalb empfiehlt es sich, ein Entlohnungsmodell zu konzipieren, welches mit einem erheblichen variablen Anteil versehen ist, um so die jeweilige Beratungs- und Betreuungsqualität stärker zu berücksichtigen. Als quantitative und qualitative Bewertungskriterien können für die Mitarbeiter eines Betreuungsteams beispielsweise herangezogen werden: a) Fahrzeugverkauf Neuakquisition, Lagerwagenverkauf, Bruttoertrag, Kundenzufriedenheit, -bindung; b) Service- und Teilebereich Lohn- und Teileerlöse, Prämien für Zubehörverkauf, Kundenzufriedenheit,- bindung (vgl. Loo, 1994, S. 42). In das Entlohnungsmodell ist unbedingt das von den meisten Kfz-Herstellern/-Importeuren regelmäßig (meist halbjährig oder jährlich) erhobene Kundenzufriedenheitsergebnis (Customer Satisfaction Index) einzubeziehen. Die darin ermittelte Betreuungsqualität als Index für eine variable Vergütung sichert das Geschäft für die Zukunft. In dem Augenblick, in dem ein Team nur auf die Quantität der Geschäfte achtet, greift automatisch der Selbsregulator über den Lohnabzug aufgrund des fallenden Index (vgl. Loo, 1994, S. 42). Zur kurzfristigen (wöchentlichen, monatlichen), qualitativen Leistungsbeurteilung bietet sich darüber hinaus ein intern durchgeführter Telefonreport durch speziell geschulte Mitarbeiter sowie Kundenfragebögen an. Mit Hilfe dieser Instrumente wird beispielsweise eruiert, inwieweit die Kunden mit der Arbeitsqualität, Bedienungsfreundlichkeit, Beratungsqualität, Termineinhaltung etc. zufrieden sind. Häufige Reklamationen und Nachbesserungen sind Indizien für Kundenunzufriedenheit (vgl. - 219 - Beyer/Teltschik, 1994, S. 19) und führen eher zu einer Verhaltensänderung bei den Verursachern, wenn sie sich monetär negativ auswirken. Für die Verteilung einer Gruppenprovision innerhalb des Teams sind unterschiedliche Varianten möglich. Entweder wird nach Anzahl der Mitarbeiter oder im Verhältnis der Lohnsummen, unter Berücksichtigung einer Leistungsbeurteilung, oder nach Anwesenheitszeiten differenziert. Innerhalb eines Teams wie auch im gesamten Unternehmen sollte jedoch die gesamte Belegschaft am Erfolg finanziell partizipieren, denn ein schlecht funktionierender, demotivierter Innendienst (sog. Service Center mit Spezialisten) kann die Erfolge der besten Vertriebskräfte zunichte machen. Ungleiche Verdienstchancen und das Gefühl, für andere arbeiten zu müssen, während diese dafür belohnt werden, sind keine guten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit (vgl. Beyer/Teltschik, 1994, S. 19). Bei sog. indirekten Mitarbeitern, die keinem Profit Center bzw. Team zugeordnet werden können, kann z.B. anhand einer Leistungsbeurteilung die Prämie ermittelt werden. Mit Hilfe genau spezifizierter Beurteilungskriterien können auch Buchhalter und Fuhrparkleiter eingestuft werden (vgl. Beyer/Teltschik, 1994, S. 19). Bei Mitarbeitern der Verwaltung können die anderen Abteilungen als deren “Kunden“ über die Qualität der gebotenen Leistungen urteilen (Prinzip der internen Kundenorientierung) (vgl. Beyer/Teltschik, 1994, S. 20). Nicht nur für die Mitarbeiter der Beratungsteams, sondern auch für produktive Kräfte in der Werkstatt können leistungsorientierte Entgeltsysteme erstellt werden. Neben den bisher in einigen Kfz-Betrieben bereits angewandten quantitativen Beurteilungskriterien für einzelne Monteure oder Werkstatteams wie Leistungsgrad112, Umsatzsteigerung und Kostensenkung, bieten sich beispielsweise qualitative Kriterien wie Arbeitsqualität, Beratungsqualität, Termineinhaltung, Kundenzufriedenheit, Sauberkeit etc. an, die ebenfalls mit Hilfe des Telefonreports oder eines Kundenfragebogens ermittelt werden können. Neben den rein monetären Leistungen können den Mitarbeitern auch Anerkennungen in Form von Sachleistungen gewährt werden, wie beispielsweise Direkt-/Zusatzversicherung, Eigenbenutzung der Werkstatt, zusätzlicher Urlaubstag, Dienstwagen, hochwertiges Fahrzeug für ein Wochenende und Incentives. Zukünftig wird es keine starren Entgeltsysteme mehr geben. Die Betriebe werden immer stärker selbst zuständig für die Entgeltfestsetzung. Dabei ist es wichtig, daß die Mitarbeiter das Entgeltsystem 112 Beim Leistungsgrad handelt es sich um das Ausmaß, in dem die individuellen Leistungsfaktoren (Faktoren des Wollens und Könnens) zur Erbringung eines Arbeitsergebnisses entfaltet werden. Formal kann der Leistungsgrad auch als (prozentuales) Verhältnis der tatsächlichen (persönlichen) (Ist-)Leistung zur (vorgegebenen) Normal-/Solleistung definiert werden (vgl. Berthel, 1995, S. 388). Für die meisten Arbeitspositionen (z.B. Inspektionen und Reparaturen) geben die Kfz-Hersteller/-Importeure feste Vorgabezeiten an. Diese Angaben zu den Arbeitswerten (AW) beziehen sich auf die sog. Normalleistung (vgl. Brachat, 1988, S. 243). - 220 - verstehen und als gerecht empfinden. Deshalb sollten sie und der Betriebsrat schon bei der Konzeption einbezogen werden. Der Tarif darf für die Betriebe weniger eine Norm als ein Hilfsmittel für gerechte Lohnfindung sein; der Tarifvertrag hat somit Orientierungsfunktion. Auch die Gewerkschaften erkennen mittlerweile Handlungsbedarf bei der Reform des Tarifsystems. 3.5.2.4.2.3. Kritische Betrachtung strategisch orientierter, finanzieller Anreize Zukünftig wird unternehmerisches Denken nicht ausschließlich die Aufgabe von Top-Managern sein. Flachere Hierarchien und eine zunehmende Anzahl kleinerer, eigenständiger Unternehmenseinheiten (z.B. teilautonome Arbeitsgruppen, Profit Center, Beratungsteams) setzen voraus, daß jede Fach- und Führungskraft unternehmerische Qualitäten entfaltet (vgl. o.V.,1989(b), S. 240). Deshalb versuchen innovative Unternehmen mit neuen, teilweise erheblichen Vergütungsanreizen ihre Mitarbeiter zu mehr Initiative, größerer Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft zu motivieren (vgl. Plüskow, 1989, S. 237). Die heutigen Entgeltsysteme mit ihren leistungsunabhängigen, festen Bezügen sind jedoch weder bedürfnis- noch marktkonform. Nur ein kreatives und flexibles Entgeltsystem motiviert die Mitarbeiter und senkt die Lohnkosten je Einheit über erfolgsorientierte Lohnerhöhungen. Ein isoliertes Entgeltsystem hat wenig Aussicht auf Erfolg, es muß vielmehr in Verbindung mit Gruppenarbeit und/oder einer größeren Verantwortung stehen. Bei den herkömmlichen monetären Anreizsystemen basiert der erfolgsabhängige Teil häufig auf operativen Erfolgskriterien übergeordneter Unternehmensbereiche. Anreize zum strategischen Denken und Handeln werden damit nicht geboten (vgl. Becker, 1987, S. 166). Strategisch ausgerichtete Entgeltsysteme dienen vor allem der Förderung von Leistungen und der Bindung von qualifizierten Mitarbeitern an das Unternehmen. Bei der Vielzahl möglicher Bewertungsmodelle in den Anreizsystemen ist die leistungsbelohnende Vergütung im Prinzip in allen Unternehmensbereichen einsetzbar (vgl. Krull, 1992, S. 39f). Voraussetzung ist eine genaue Zielvorgabe und ihre gemeinsame Abstimmung. Sonst fehlt einem strategischen Anreizsystem der Bezugspunkt für eine Überprüfung erreichter Fortschritte und die beiderseitige Verbindlichkeit (vgl. Bleicher, 1992, S. 28). Da die effiziente Gestaltung und die Einführung von ausdrücklich vereinbarten und auf objektiv meßbaren individuellen Leistungsindikatoren basierende Entlohnungssysteme zunehmend schwieriger wird, kann eine individuell leistungsbezogene Entlohnung oft nur noch anhand der subjektiven Leistungsbewertung (durch Vorgesetzte) durchgeführt werden (vgl. Soltwedel, 1995, S. 13). - 221 - Die gegenwärtige Diskussion über variable Vergütungen für Führungskräfte fokussiert sich auf das Problem des Einbeziehens langfristig strategischer Erfolgsgrößen, die in einer Art situativem Mix mit kurzfristig-operativen Faktoren stehen sollen, um eine individuelle Verhaltenssteuerung herbeizuführen. Bei den bisher bekannten Modellen werden jedoch lediglich Verhaltensweisen der StrategieRationalisierung belohnt. Ebenso wichtige Aufgaben wie das Entwickeln und Planen neuer Strategien sowie innovativer Ideen werden in den Anreizsystemen nicht berücksichtigt. Diese Einschränkungen einer variablen Entgeltregelung für Führungskräfte verdeutlicht auch die Grenzen dieser Konzepte. Trotz aller langfristig-strategischen Komponenten liegt der eindeutige Schwerpunkt auf der erfolgreichen Umsetzung von Zielen und Innovationen (vgl. Bleicher, 1992, S. 25). In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird zwar die Integration der Zielgrößen der strategischen Unternehmensführung als Beteiligungsbasen in ein Erfolgsbeteiligungssystem für Führungskräfte gefordert, aber konkrete Umsetzungsvorschläge (z.B. bzgl. Bemessungsgrundlage bzw. operationale Erfolgskriterien) fehlen bisher (vgl. Becker, 1987, S. 167; Berthel, 1995, S. 414). Die Gefahr solcher variablen Entgeltregelungen liegt häufig in einer Überbetonung der “harten“ Erfolgsfaktoren mit einer Neigung zur Überlastung der Beschäftigten. Die Sozialkompetenz im Führungsverhalten und die Betonung der Personalentwicklung zur langfristigen Förderung einer innovativen Kompetenz zur Lösung unvorhersehbarer Entwicklungsperspektiven wird kaum berücksichtigt (vgl. Bleicher, 1992, S. 25). Seit einigen Jahren gibt es in der Praxis Beispiele dafür, daß die Entlohnungshöhe nicht mehr nur am Anforderungsgrad des Arbeitsplatzes und Leistungsgrad des Mitarbeiters ausgerichtet wird, sondern verstärkt am betriebsrelevanten Qualifikationsspotential der Mitarbeiter (sog. Polyvalenz-Lohn) (vgl. Pullig, 1993, S. 95; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 709). Manche Arbeitnehmer können durch diese veränderte Entlohnungsbasis animiert werden, sich weitere Qualifikationen anzueignen, auch wenn sie diese Kompetenzen an ihrem jetzigen Arbeitsplatz derzeit nicht benötigen (vgl. Gaugler, 1987(a), S. 83). Belohnt wird bei diesem System die erhöhte Flexibilität für den Einsatz bei unterschiedlichen Tätigkeiten oder an verschiedenen Arbeitsplätzen (vgl. Berthel, 1995, S. 389; Bühner, 1994, S. 310; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 281). Diese neuere Entlohnungsform bietet sich vor allem für solche Arbeitnehmer an, die in der Lage sind, auch Tätigkeiten aus dem Aufgabengebiet anderer Arbeitsgruppen oder Teams zu übernehmen. Ferner treten anstelle großer Prämien zunehmend Belohnungen in unregelmäßigen Abständen, die umgehend und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt gewährt werden. Man hat erkannt, das kleine Aufmerksamkeiten (z.B. Gutschein für ein opulentes Essen mit der Familie, persönliches Anerkennungsschreiben von der Geschäftsführung) oft wirkungsvoller sind als große. Sie demotivieren auch nicht die Mitarbeiter, die nichts bekommen haben, aber meinen, sie hätten es auch verdient (vgl. Zander, 1993, S. 560). - 222 - Da - wie bereits erwähnt - das Entgelt, selbst in Verbindung mit verschiedenen freiwilligen sozialen Leistungen, von einem Teil der Belegschaft verstärkt als selbstverständlich angesehen wird und nicht mehr als besonderes Motiv zur Leistungssteigerung wirkt, muß frühzeitig darüber nachgedacht werden, mit welchen sonstigen, immateriellen Anreizen qualifizierte Fach- und Nachwuchskräfte für das Unternehmen zu gewinnen, zu halten und zeitgemäß zu motivieren sind. 3.6. Zusammenfassung Die sozio-ökonomischen Umfeldveränderungen erfordern die Einführung einer umfassenden strategischen Planung. Wenn die strategische Unternehmensführung erfolgreich sein soll, muß sie zukünftig ganzheitlich konzipiert und realisiert werden. Qualifizierte und motivierte Arbeitnehmer stellen immer mehr das wichtigste Kapital eines Unternehmens dar (vgl. Spannagl, 1993, S. 76). Die traditionelle Personalarbeit in Form der reaktiven, vorwiegend operativen Personalverwaltung ist dabei überfordert. Gefragt sind neue zukunftsweisende Konzepte des qualitativen und strategischen Personalmanagements (vgl. Hölterhoff, 1989, S. 26). Das Hauptziel der strategischen Unternehmensführung muß es sein, neben dem Streben nach Gewinn, Wirtschaftlichkeit und Liquidität zudem für zukünftige Erfolgspotentiale zu sorgen. Mögliche Entwicklungen müssen vorausschauend erkannt und ggf. selbst beeinflußt werden, damit das Unternehmen nicht von den Mitbewerbern vor vollendete Tatsachen gestellt wird (vgl. Bussiek, 1985, S. 116f). Dabei muß das Unternehmen sämtliche Unternehmensfunktionen am Wertschöpfungsprozeß ausrichten, um die externen und internen Interessengruppen besser und schneller zufriedenstellen zu können, als die Mitbewerber dazu in der Lage sind, um einen strategischen Wettbewerbsvorteil zu erreichen. In der Unternehmenspraxis sind aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs keine reinen Strategien, die entweder auf Kostenführerschaft oder Differenzierung beruhen, vorzufinden. Meist handelt es sich um Mischstrategien in Form einer kostenorientierten Differenzierung. Die Unternehmensführung und die Führungskräfte beeinflussen durch ihre Vorbildfunktion sehr stark die Unternehmenskultur. Mitarbeiter erkennen die Unternehmensgrundsätze, Werte und Normen nur an, wenn sie durch die Vorgesetzten aktiv vorgelebt und praktiziert werden. Die Vision und die Unternehmenskultur setzen ferner die wesentlichen Rahmenbedingungen bei der Entwicklung von Human Ressource-Strategien (vgl. Papmehl/Borsczc, 1989,S. 291); darin liegt auch ein wichtiger Motivationsfaktor für die Mitarbeiter begründet. Nur mitdenkende, kreative und im Team arbeitende Fach- und Führungskräfte sind in der Lage, sich auf die vielfältigen Kundenbedürfnisse einzustellen. - 223 - Durch veränderte Markt- und Wettbewerbsbedingungen (z.B. Sättigungstendenzen des Marktes, abnehmende Kundenloyalität, zunehmender Konkurrenz- und Preiskampf) gewinnen neben der Qualität der angebotenen Produkte und Leistungen zunehmend auch andere (weiche) Faktoren wie “Corporate Identity“ an Bedeutung für den Unternehmenserfolg bzw. -mißerfolg. Dabei ist zu beachten, daß die Artikulation nach außen und das unternehmensinterne Verhalten übereinstimmen (vgl. Achterholt, 1991, S. 46). Daß die unbestreitbaren Vorzüge der strategischen Planung von mittelständischen Unternehmen vielfach nicht genutzt werden, liegt neben der oftmaligen Überlastung der Führungskräfte mit den operativen Aufgaben des Tagesgeschäfts und den strategischen Situationsbedingungen (z.B. improvisierendes Anpassungsverhalten, hohes Maß an Unsicherheit) vor allem an den zu hohen inhaltlichen Anforderungen für die praktische Anwendung. Die wichtigsten Bedingungen lauten somit: Die Planungssysteme müssen speziell für diese äußerst wichtige und in der deutschen Wirtschaft stark verbreitete Unternehmensform so konzipiert werden, daß sie einfach und praktikabel sind und die Unternehmensführung bei ihren langfristigen Entscheidungsaufgaben unterstützen (vgl. Kreikebaum, 1993, S. 205). Auch mittelständische Unternehmen benötigen zukünftig immer vordringlicher ein unternehmensspezifisch abgestimmtes Controllingsystem, daß dazu beiträgt, eine ergebnisorientierte Führung des Unternehmens zu unterstützen. Dabei müssen verstärkt auch neue Ansätze wie Target Costing und Prozeßkostenrechnung eingesetzt werden, um schnell und flexibel markt- und prozeßorientierte Entwicklungen berücksichtigen zu können. Die idealtypische Darstellung der einzelnen Organisationsstrukturen darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß diese Modelle in der Realität kaum in reiner Form vorzufinden sind. Meistens sind die Übergänge zwischen den einzelnen Strukturen fließend. In der Praxis werden diejenigen Organisationsformen und abläufe gewählt, die am geeignetsten sind, um die vorgegebenen strategischen Unternehmensziele (z.B. langfristige Sicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze, Gewinnerzielung, umfassender Service, höchste Kundenzufriedenheit) zu verwirklichen. Die allgemeingültig beste strukturelle Regelung gibt es nicht; die Eignung ist abhängig von der jeweiligen Unternehmens- und Führungssituation (vgl. Thommen, 1990, S. 585f). Eine Organisationsstruktur ist nichts Statisches, sondern muß sich aufgrund der Vielzahl von Einflußfaktoren (z.B. Unternehmensziele, Mitarbeiter-, Kundenbedürfnisse) fortlaufend den veränderten Gegebenheiten anpassen und flexibel am Markt operieren. Diese ständigen Veränderungen in der Unternehmensorganisation werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur als Konzept der “Organisationsentwicklung“ oder des “geplanten organisatorischen Wandels“ bezeichnet (vgl. Hentze/Brose, 1985, S. 226; Thommen, 1990, S. 587). - 224 - Die Änderung der Organisationsstuktur von einer vertikalen in eine stärker horizontale erfordert auch eine modifizierte Unternehmenskultur und ein verändertes Führungsverhalten (vgl. Beyer/ Stöcker, 1994, S. 23) sowie Geschäftsabläufe, die vorrangig auf die Kunden ausgerichtet sind. In diesen markt- und prozeßorientierten Organisationsformen haben die einzelnen Führungskräfte und Mitarbeiter(-gruppen) größere Handlungs- und Entscheidungsspielräume mit mehr Verantwortung und Kompetenzen. Dadurch erhofft man sich, qualitative und motivationale Arbeitsverbesserungen und somit letztlich eine Produktivitätssteigerung im Unternehmen zu erreichen. Durch die Reorganisation müssen die Unternehmen in die Lage versetzt werden, schneller, flexibler und kundennäher zu agieren, um Innovationen und Verbesserungen rascher hervorzubringen als ihre Mitbewerber. Dazu sind organisatorische Barrieren zwischen den Funktionsbereichen und einzelnen Spezialisten zu beseitigen, Verantwortungsebenen abzubauen, die keinen Beitrag zur Wertschöpfung/steigerung leisten, interdisziplinäre, mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Teams einzurichten, die von einer Führungskraft nach Maßgabe der Strategien der Geschäftseinheiten geführt und koordiniert werden, sowie Abläufe und Kommunikation innerhalb der Wertschöpfungskette zu verbessern (vgl. Hinterhuber/Popp, 1994, S. 127). Die gerade in mittelständischen Unternehmen meist vorherrschenden ad hoc-Entscheidungen im Personalbereich müssen durch systematische, langfristige Analysen und darauf aufbauendes fundiertes, geplantes Handeln ersetzt sowie integrativ mit den anderen Unternehmensbereichen und deren Zielsetzungen abgestimmt werden (vgl. Weber, 1990, S. 12). Zur Erreichung der geplanten Unternehmensziele müssen die vorhandenen Mitarbeiter frühzeitig, entsprechend den veränderten Arbeitsanforderungen, qualifiziert werden, damit sie die Tätigkeiten bestmöglich erfüllen können (vgl. Blumenstock, 1992, S. 336). Neben dem Erwerb fachlicher Kompetenzen erhalten die extrafunktionalen Qualifikationen zukünftig immer größere Bedeutung. Sie gehören zwar nicht unmittelbar zur Aufgabenerfüllung, werden jedoch für das betriebliche Handeln immer entscheidender und benötigen deshalb verstärkte Aufmerksamkeit bzw. Schulungsmaßnahmen (vgl. Maier/Fröhlich, 1992, S. 96). Die strategisch ausgerichtete Fortbildung wird zukünftig ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein, die im Gegensatz zu Technologie-, Fertigungs- und Produktinnovationen kaum kurzfristig zu imitieren oder einzuholen ist (vgl. Nagel, 1990, S. 35). Erfolgversprechende, unternehmenseigene Führungsnachwuchskräfte(-persönlichkeiten) können nicht durch ad hoc-, Einzelmaßnahmen oder Schnellkurse herangebildet werden, sondern nur durch eine langfristige Karriereplanung mit aufeinander abgestimmten Förderungsmaßnahmen (vgl. Lepper, 1987, S. 96f). Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe der Unternehmensführung und Führungskräfte, durch Mitarbeiterbeurteilungen das Leistungsvermögen, das Entwicklungspotential und die -bereitschaft zu ermitteln und die Betreffenden entsprechend zu fördern. - 225 - Des weiteren hängen die Leistung und die Aufgabenerfüllung in hohem Maße von der Einstellung und Motivation der Mitarbeiter ab. Diese wird insbesondere durch die Befriedigung der persönlichen Mitarbeiterbedürfnisse beeinflußt, die sowohl materieller (z.B. Arbeitsentgelt, Sozialleistungen) als auch verstärkt immaterieller (z.B. Delegation von Verantwortung, Selbstverwirklichung) Art sind. Deshalb zählt zu den vordringlichsten Aufgaben der Unternehmensführung, neben den ökonomischen Unternehmenszielen (z.B. Marktanteil-, Umsatz-, Rentabilitäts-, Gewinnzielen) verstärkt die Ziele der Mitarbeiter und Führungskräfte zu berücksichtigen (vgl. Hammer et al., 1988, S. 9f). Aufgrund der gewachsenen Ansprüche der erwerbstätigen Bevölkerung müssen neue Arbeitsstrukturen, Organisationsformen und Führungsmodelle entwickelt werden, damit sich die Mitarbeiter im Unternehmen wohl fühlen, ihr Leistungspotential vollkommen ausschöpfen und langfristig im Unternehmen verbleiben (vgl. Loschert, 1992, S. 43). Gerade die Beschäftigten und ihre Qualifikationen sind ein wichtiges Betriebsvermögen, in das genauso gezielt und geplant investiert werden sollte wie in Sachanlagen. Diese neue Betrachtungsweise und Wertschätzung der Humanressourcen bereitet gerade in vielen traditionsreichen, älteren Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten (vgl. Walsh, 1987, S. 148). - 226 - 4. Entwicklung eines zukunftsorientierten Curriculum-Vorschlags für ein duales, ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm für die Unternehmernachfolger 4.1. Methodisches Vorgehen bei der empirischen Erhebung 4.1.1. Untersuchungsziel und Zielgruppe der Studie Eine ausschließliche Berücksichtigung der Fachliteratur zur Qualifizierungsplanung der Unternehmernachfolger/-innen in mittelständischen Kfz-Betrieben bildet eine zu schmale Grundlage für die Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten zu dieser Themenstellung. Sie gestattet weder die Erstellung eines vollständigen, möglichst zahlreichen Gesichtspunkten Rechnung tragenden Bezugsrahmens, noch können durch die alleinige Bearbeitung theoretischen Materials praxisnahe Entscheidungshilfen und Gestaltungsempfehlungen konzipiert werden. Es erschien dem Verfasser daher wichtig, Informationen von erfahrenen Praktikern zu erhalten, die seit Jahren als Eigentümer-Unternehmer bzw. Geschäftsführer fabrikatsgebundene, mittelständische Autohäuser führen und die Besonderheiten dieser Branche kennen. Ziel dieser empirischen Erhebung ist die Ermittlung derjenigen Qualifikationsanforderungen, die zukünftige Unternehmer-/Geschäftsführernachfolger/-innen erfüllen müssen, um einen mittelständischen Kfz-Betrieb kompetent, autonom und eigenverantwortlich (kurz: situationsadäquat) zu führen. Anhand dieser Befragungsergebnisse wird ein Lehrplan-Vorschlag für ein duales, ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm entwickelt, das sowohl formale Bildungsveranstaltungen als auch darauf aufbauende, systematisch abgestimmte, praktische Arbeitseinsätze umfaßt, um die Nachfolger auf ihre zukünftigen komplexen Arbeitsanforderungen gezielt vorzubereiten. Im Rahmen der sechs Programmbausteine werden u.a. auch die fachlichen Qualifikationsanforderungen für Führungsnachwuchskräfte dargestellt, auf die im vorherigen dritten Kapitel - mit Rücksicht auf den Umfang der vorliegenden Arbeit - nicht näher eingegangen werden konnte. Speziell das Integrations- bzw. Transferprogramm, wie auch der Teil A, B und D des Fragebogens sind in Anlehnung an die vier zentralen Elemente des modifizierten Michigan-Ansatzes, Umfeldentwicklungen, strategische Unternehmensführung, Organisationsstruktur und strategisches Personalmanagement strukturiert. 4.1.2. Wahl der Erhebungsmethode Zur Beschaffung erforderlicher Informationen kommen grundsätzlich primäre und sekundäre Informationsquellen in Betracht. Bei der Sekundärforschung (desk research) handelt es sich um die Aufbereitung bereits vorhandener Informationen. Diese werden nicht extra für die jeweilige Problemstellung erhoben, sondern sind entweder im Unternehmen bereits für andere Zwecke eruiert - 227 - worden (z.B. innerbetriebliches Rechnungswesen) oder wurden bereits von Organisationen, Verbänden und Behörden (Statistisches Bundesamt, wirtschaftswissenschaftliche Institute etc.) gesammelt und veröffentlicht (vgl. Bestmann, 1986, S. 298f; Nieschlag et al., 1991, S. 636ff; Schierenbeck, 1989, S. 241f). Da es zu dieser Themenstellung noch kein fundiertes Datenmaterial gibt, war eine eigenständige empirische Primärerhebung notwendig. Primärforschung (field research) bezeichnet die unmittelbare Erhebung originärer Daten - gewissermaßen "vor Ort". Methoden zur Gewinnung solcher unmittelbar relevanter Daten stellen mündliche und schriftliche Befragungen, Beobachtungen sowie Markttests dar (vgl. Bestmann, 1986, S. 298f; Nieschlag et al., 1991, S. 636ff; Schierenbeck, 1989, S. 241). Das verbreitetste Verfahren im Rahmen der Primärforschung ist die Befragung113 (vgl. Bestmann, 1986, S. 299). Für die explorative Untersuchung standen dem Verfasser die Form der mündlichen oder schriftlichen Befragung offen, mit entweder geschlossenen114 und/oder offenen115 Fragen bzw. Antwortkategorien. Die Entscheidung fiel zugunsten der schriftlichen Methode des Fragebogens mit größtenteils geschlossenen Antwortkategorien mit Alternativ- und Skala-(Rating-)Fragen116. Nur vereinzelt wurden auch halb-offene Fragen117 verwendet (siehe auch Anlage 14, Teil A, C und F des Fragebogens). 113 "Unter dem Begriff "Befragung" werden mehrere Datenerhebungsmethoden zusammengefaßt, deren Gemeinsamkeit darin besteht, daß die Auskunftsperson durch verbale oder andere Stimuli (schriftliche Fragen, Bildvorlagen, Produkte) zu Aussagen über den Erhebungsgegenstand veranlaßt werden" (Böhler, 1985, S. 75). Sie kann sich an Mitarbeiter, Kunden oder potentielle Abnehmer richten und von Mitarbeitern des eigenen Unternehmens wie auch durch externe Beauftragte (z.B. Marktforschungsinstitute) durchgeführt werden (vgl. Schierenbeck, 1989, S. 241). 114 Bei geschlossenen Fragestellungen ist der Antwortspielraum der Auskunftsperson durch die Vorgabe bestimmter Antwortkategorien (z.B. Ja-Nein-Alternativ-, Skala-(Rating-)Fragen) begrenzt (vgl. Böhler, 1985, S. 88; Meffert, 1986, S. 40f; Rogge, 1981, S. 194). 115 Bei offenen Fragen ist es dem Befragten selbst überlassen, eine "freie" Antwort auf die gestellte Frage zu formulieren. Die Länge der Antwort und der Inhalt sind in keiner Weise vorgegeben. Daher ist eine Vielzahl unterschiedlicher Antworten möglich (vgl. Böhler, 1985, S. 87; Rogge, 1981, S. 192f). 116 Die Befragten haben dem Untersuchungs- bzw. Einstellungsobjekt auf einer vorgegebenen Antwortskala einen Meßwert zuzuordnen. Bei diesen Rating-Skalen handelt es sich grundsätzlich um Ordinalskalen, deren Rangplätze meist verbal auf fünf oder sieben abgestuften Rangplätzen (z.B. von `sehr gut´ bzw. `sehr wichtig´ bis `sehr schlecht´ bzw. `unwichtig´, von `trifft zu´ bis `unzutreffend´) bestimmt und differenziert werden. Den einzelnen verbalen Ausprägungen der Beurteilungsskala können Zahlenwerte mit konstantem Intervall zugeordnet werden (z.B. 1, 2, ... 7); damit erhalten die Rating-Skalen die Eigenschaften von Intervallskalen und ermöglichen den Einsatz entsprechender statistischer Verfahren. Sie finden insbesondere Anwendung zur Messung von subjektiven Sachverhalten, wie Einstellungen, Motiven, Images oder Bewertungen, die eine Transformation qualitativer Sachverhalte in quantitative Größen erfordern (vgl. Berekhoven et al., 1991, S. 69ff; Meffert, 1986, S. 24). 117 Zu den genau beschriebenen Alternativen kommt eine Rubrik "Sonstiges" bzw." Anderes" hinzu, mit der Bitte, diese Fragestellung besonders, d.h. nach eigener Auffassung zu beantworten (vgl. Rogge, 1981, S. 199). - 228 - Für die Fragebogengestaltung wurden folgende Überlegungen zugrunde gelegt: - Der geplante Umfang der Stichprobe (ca. 400 Eigentümer-Unternehmer, Geschäftsführer bzw. Unternehmensnachfolger) ließ eine mündliche (direkte) Befragung aus personellen, zeitlichen, räumlichen und kostenmäßigen Gründen nicht zu. - Die Befragten sollten, im Gegensatz zur direkten Befragung, bei der schriftlichen Beantwortung der Fragen keinem Zeitdruck unterliegen, damit sie die Antworten in Ruhe überlegen konnten. - Hauptsächlich geschlossene Antwortkategorien wurden gewählt, weil sie von den Befragten leichter auszufüllen sind als offene und ihn eher veranlassen, den Fragebogen zu bearbeiten. Die rasche Beantwortung ist deshalb wichtig, da bei einem Zeitaufwand von mehr als 30 Minuten für das Ausfüllen des Fragebogens die Gefahr besteht, eine reduzierte Rücklaufquote zu erhalten. - Da es sich bei den Zielgruppen (Inhaber/Geschäftsführer bzw. vereinzelt Unternehmensnachwuchs) um eine relativ homogene Gruppe handelt, konnte die Form eines einheitlichen Fragebogens gewählt werden. Besondere Vorzüge schriftlicher Befragungen sind: - Beeinflussungsmöglichkeiten durch Interviewer entfallen. - Größere Standardisierung und Vergleichbarkeit der Befragung (vgl. Unger, 1988, S. 81). Die methodischen Probleme einer schriftlichen Befragung, die den Informationswert erheblich begrenzen, dürfen jedoch nicht unberücksichtigt bleiben: - Der Interviewer kann keine Erläuterungen zu den Fragen geben, wodurch systematische (Folge-)Fehler (bias) entstehen könnten; diese Erhebungsmethode setzt erhebliches Vorwissen bei den Befragten voraus (vgl. Unger, 1988, S. 81). - Meist geringe Rücklauf- und Erfolgsquoten (zwischen 5 und 30 %) und somit u.U. mangelnde Repräsentativität. - Der Fragenumfang ist eng limitiert. - Gefahr des Ausfüllens des Fragebogens zusammen mit oder sogar alleine durch andere Personen. - Reihenfolge der Fragenbeantwortung nicht kontrollierbar (vgl. Meffert, 1986, S. 38; Unger, 1988, S. 81f). - Zeitpunkt der Befragung sowie situative Verhältnisse und deren mögliche Auswirkungen auf die Beantwortung sind unbekannt (vgl. Meffert, 1986, S. 38). Somit eignen sich schriftliche Befragungen vor allem - bei eindeutigen und einfachen Fragestellungen, die standardisierbar sind, - bei interessanten, die Zielpersonen motivierenden Themen (beeinflußt die Rücklaufquote) und - bei adressenmäßig bekannten Stichproben (vgl. Wimmer, 1987, o.S.). - 229 - 4.1.3. Entwicklung und Aufbau des gesamten Fragebogens Hauptproblem bei der Konstruktion von Fragebögen ist die Festlegung der Fragengegenstände (Items), die für die Befragung relevant sind und in den Fragebogen aufgenommen werden müssen. Der Inhalt des Fragebogens (siehe Anlage 14) wurde vom Verfasser der vorliegenden Arbeit auf der Grundlage - fachspezifischer Literatur über allgemeine Anforderungen an Unternehmensführer bzw. -nachfolger, - branchenspezifischer Literatur über mögliche Qualifikationswege und allgemeine Managementkenntnisse, - von Stellenbeschreibungen über Unternehmer/Geschäftsführer, - von Gesprächen mit Schulungsleitern und Branchenexperten und - eigener Erfahrungen entwickelt. Der Fragebogen ist in sechs Abschnitte (A, B, ... F) aufgeteilt und besteht - mit Unter- und demoskopischen Fragen - aus insgesamt 75, meist geschlossenen Fragen. Lediglich im Teil A und C sowie vereinzelt in Teil E und F sind halb-offene Fragen ("Sonstiges") vorzufinden. Nur am Ende von Teil E ist eine einzige offene Antwortmöglichkeit gegeben. Es konnte davon ausgegangen werden, daß die im Fragebogen verwandten Begriffe, Bezeichnungen und die Thematik den befragten Kfz-Unternehmern/-Geschäftsführern und Nachfolgern allgemein bekannt waren und die Fragen somit bei allen Befragungsteilnehmern den gleichen Sinngehalt widerspiegelten. Durch die relativ einfache Darstellung der Fragen und durch die begrenzte Fragenanzahl wurde versucht, die Bearbeitungsdauer und den Beanspruchungsgrad der Zielgruppe möglichst gering zu halten. In einigen Abschnitten des Fragebogens wurde ein geändertes Frage- und Antwortmuster gewählt, um einen sich sonst möglicherweise ergebenden Konsistenzeffekt im Antwortverhalten der Befragten zu vermeiden. Im Teil A des Fragebogens (Seite 1) sollten die Befragungsteilnehmer, ausgehend von ihrer persönlichen Situation im Unternehmen, den nach ihrer Ansicht für Unternehmernachfolger/-innen im Kfz-Betrieb in diesem Jahrzehnt jeweils bedeutendsten Erfolgs- und bedeutendsten Problemfaktor in jedem der fünf Hauptbereiche angeben. Die Bereiche waren - in Anlehnung an den Michigan-Ansatz - differenziert nach folgenden leistungswirksamen Arbeitsinhalten: “Qualifikationsanforderungen“, “strategische Unternehmensführung“, “Organisationsstruktur“, “persönliche Eigenschaften der Unternehmernachfolger“ und “strategisches Personalmanagement“. Diesen Kriterien waren wiederum jeweils fünf bis sechs überschneidungsfreie, typische Arbeitsaufgaben zugeordnet sowie jeweils eine halb-offene Frage über weiteres Arbeitsverhalten ("Sonstiges"). Als Antwortvorgabe diente eine optische zweier Rating-Skala (sog. Piktogramm) in Form einer Gesichterskala. Sie wurde deswegen präferiert, weil diese, durch die leichte Verständlichkeit, keine - 230 - umfangreichen Erläuterungen erfordert und eine optische Auflockerung des Fragebogens gestattet. Durch das Ankreuzen jeweils eines Erfolgs- und eines Mißerfolgsfaktors pro Hauptbereich sollten die Befragungsteilnehmer ihre Beurteilung auf der jeweils interessierenden Merkmalsdimension selbst angeben (vgl. Berekhoven et al., 1991, S. 69). Die angekreuzten Erfolgs- und Problemfaktoren in den fünf Bereichen wurden aufaddiert und somit eine Rangfolge erstellt. Des weiteren wurden die Befragten in diesem Abschnitt gebeten (S. 2), die zuvor ermittelten fünf Bereiche in eine Rangfolge zu bringen. Dabei sollte der für sie bedeutendste Problemfaktor Rangplatz 1, der zweitbedeutendste Rangplatz 2, ... und der unbedeutendste Rangplatz 5 erhalten. Zusätzlich gab es eine halb-offene Antwortkategorie, in der sie einen weiteren, nach ihrer Ansicht relevanten Bereich eintragen konnten. Dieser zweite Fragenkomplex des Teils A hatte für die Auswertung besondere Relevanz, da er als Index für die Wertigkeit der einzelnen Bereiche für Qualifizierungsmaßnahmen für zukünftige Unternehmensführer herangezogen wurde. Im Abschnitt B des Fragebogens (S. 2) wurde mit Hilfe einer fünfstufigen Rating-Skala - sie erstreckte sich über die Antwortkategorien von `sehr wichtig´, `wichtig´, ... bis `unwichtig´ - erfragt, für wie bedeutsam die Probanden die Auswirkungen der aufgeführten Entwicklungsperspektiven (z.B. wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven, technologischer Fortschritt, gewandeltes Konsum- und Freizeitverhalten, Verkehrs- und Umweltpolitik) auf die Automobilwirtschaft und speziell das KfzGewerbe erachten. Mit diesem Fragenkomplex wurde festgestellt, welche zukünftigen Entwicklungen sie für ausschlaggebend für strategische Veränderungen im Kfz-Gewerbe einschätzen. Diese Fragen galten größtenteils als Filterfragen zwischen Teil A und den nachfolgenden Abschnitten. Im ersten Fragenblock des Teils C (S. 2-3) wurden die Probanden nach dem geeignetsten Qualifikationsweg für zukünftige Unternehmernachfolger/-innen im Kfz-Gewerbe befragt. Dabei wurden die geläufigsten, branchenspezifischen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen - differenziert nach den Rubriken `allgemeine Schulbildung´, `Berufsausbildung´, `Universitätsausbildung´, `Auslandsstudium´, `gewerblich-technische´ und `kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten´ - vorgegeben, so daß die Befragten nur das nach ihrer Ansicht geeignetste in der jeweiligen Rubrik anzukreuzen hatten. In der Rubrik B, C und D gab es zusätzlich noch eine halb-offene Antwortkategorie, um nicht aufgeführte Qualifizierungsmaßnahmen anzugeben. Die jeweils angekreuzten Qualifizierungsmaßnahmen wurden auch hier aufaddiert und somit eine Rangfolge erstellt. In der zweiten Hälfte dieses Abschnittes (S. 4) wurden vorrangig Fragen bzgl. der - erforderlichen Fachkenntnisse, - Teilnahme an speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren, - praktischen Berufs-, Branchen- und Unternehmenserfahrung gestellt. - 231 - Diese waren anhand der bereits oben erläuterten fünfer Rating-Skala zu beantworten. Im Teil D des Fragebogens (S. 5-6) wurden die Unternehmer/Geschäftsführer und Nachfolger befragt, welche Seminarthemen und -inhalte sie für zukünftige Unternehmernachfolger/-innen für notwendig erachten. Die Fragenblöcke wurden - entsprechend dem Michigan-Ansatz - in die drei Bereiche "Strategische Unternehmensführung“, “Organisationsstruktur“ und “Strategisches Personalmanagement" unterteilt. Die einzelnen Themenbereiche waren ebenfalls anhand der fünfer Rating-Skala zu beantworten. Durch den Vergleich der Antworten in Teil A nach den bedeutendsten kritischen Erfolgs- und Problemfaktoren sowie den notwendigen Seminarthemen und -inhalten in Teil D sollten gewisse Zusammenhänge ermittelt werden. Logischerweise hätten die Befragten insbesondere die Themenstellungen für besonders wichtig bewerten müssen, denen sie zukünftig konkrete Erfolgs- und konkrete Versagensgründe zuordnen. Umgekehrt müßten sie solche Seminarthemen als weniger wichtig einstufen, die sie in Teil A auch als weniger leistungswirksam beurteilt haben. Im Teil E (S. 6) hatten die Befragten im Rahmen der allgemeinen Fragen zunächst die Bedeutung umfangreicher Kenntnisse über branchenspezifische Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit (PR) zu beurteilen. Ferner wurden sie noch befragt, ob sie eine gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge für notwendig erachten. Beide Fragen waren anhand der bereits oben erwähnten Rating-Skala zu beantworten. Des weiteren sollten sie ankreuzen, welche von den drei angeführten Arten der Unternehmensübergabe sie für die geeignetste erachten. Den Abschluß dieses Fragenkomplexes bildete die einzige offene Frage. Hier wurde gefragt, welche weiteren Seminarthemen sie für Unternehmernachfolger für notwendig erachten (außer steuerlichen und gesetzlichen Regelungen), die in diesem Fragebogen nicht aufgeführt sind. Der abschließende Teil F (S. 7) bildete primär den sozio-demographischen Fragenblock. Neben den obligatorischen, personenspezifischen Fragen nach Alter und Geschlecht sollten die Befragungsteilnehmer noch Angaben machen über - ihre Position im Unternehmen, - ihren höchsten Bildungsabschluß, - ihre absolvierte Berufsausbildung, - die Anzahl der Mitarbeiter (im Jahr 1993), - die räumliche Entfernung zu einem anderen EG-Land und - ob in ihrem Unternehmen in diesem Jahrzehnt noch eine Unternehmernachfolge ansteht. - 232 - Zur Überprüfung, ob es sich bei den antwortenden Kfz-Händlern um solche mit einem fabrikatsgebundenen Pkw-Status handelt, wurden sie auf der letzten Seite des Fragebogens (S. 8) darum gebeten, ihren Firmenstempel zu plazieren. 4.1.4. Vorgehensweise beim Pretest Um die Verwendbarkeit des erstellten Fragebogens vorab zu überprüfen, wurde ein Pretest durchgeführt. Dieser Pilotdurchlauf erfolgte von Oktober 1992 bis Januar 1993 mit acht zielgruppenspezifischen Personen. Dabei handelte es sich neben den Unternehmern bzw. Geschäftsführern, deren Autohäuser der Verfasser dieser Arbeit im Rahmen seines 15-monatigen Volontariat-Programms durchlaufen hatte, um den damaligen Präsidenten des ZDKs, Herrn B. Enning und den Geschäftsführer des ZDKs - zuständig für das gesamte Bildungsressort - Herrn I. Meyer118. Die Fragebögen wurden diesen Personen mit der Bitte um schnelle Bearbeitung und Zurückführung zugesandt. Von den acht Fragebögen wurden n = 7 zurückgesandt; die Rücklaufquote dieses Pilotdurchlaufes betrug 87,5 Prozent. Die Probanden beurteilten die Fragestellungen als größtenteils verständlich und nachvollziehbar. Aufgrund der Anregungen wurden einige Veränderungen vorgenommen, um gewisse Fragen noch prägnanter zu formulieren. Beispielsweise wurden einige USamerikanische Bezeichnungen zur Erhöhung der Verständlichkeit für alle Befragungsteilnehmer durch die synonymen deutschen Begriffe ersetzt, teilweise gewisse Zusatzinformationen zu neueren Qualifizierungswegen in Fußnoten angeführt sowie einzelne Fragen umformuliert. Ferner wurde die optische Ausgestaltung und damit die Übersichtlichkeit des Fragebogens weiter verbessert. Laut Auskunft der Zielpersonen reichten für das Ausfüllen des Fragebogens die veranschlagten 25 Minuten aus. 4.1.5. Stichprobenumfang und Aussagekraft der Untersuchung Da unter wirtschaftlichen, zeitlichen, technischen und organisatorischen Aspekten eine Vollerhebung, bei der alle Elemente der interessierenden Grundgesamtheit untersucht werden, nicht möglich war, wurde die Informationsbeschaffung auf eine Auswahl von Einheiten (Stichprobe = n) der definierten Gesamtheit beschränkt (=Teilerhebung) und zur Analyse herangezogen. Im Anschluß an den Pretest wurden bei der eigentlichen Befragung den ausgewählten Unternehmern, Geschäftsführern und Unternehmernachfolgern Mitte Februar 1993 ein achtseitiger Fragebogen 118 Herr Dipl.-Ing. (FH) I. Meyer hat sich freundlicherweise bereit erklärt, den Fragebogen ebenfalls auszufüllen und dem Verfasser der Arbeit gestattet, seine Antworten namentlich anzuführen. In einigen Abschnitten der nachfolgenden Analyse werden seine Beurteilungen mit denen der befragten Unternehmer-/Geschäftsführer (-innen) verglichen, um aufzuzeigen, inwieweit die Ansichten dieser Personen und des Bildungsexperten des ZDKs deckungsgleich sind bzw. voneinander abweichen. - 233 - zusammen mit einem Begleit- und Empfehlungsschreiben des Präsidenten des ZDKs, Herrn B. Enning zugesandt (siehe Anlage 14). Die Befragungsteilnehmer wurden gebeten, den Fragebogen vollständig ausgefüllt bis zum 02.03.1993 zurückzusenden. Freundlicherweise stellte der ZDK dem Verfasser von den 1993 insgesamt etwa 19.500 fabrikatsgebundenen westdeutschen Kfz-Betrieben die Anschriften von 409 (knapp 2,0 %) mittelständischen Autohäusern (Haupt-/Direkthändler, Unterhändler bzw. Vertragswerkstätten, Niederlassungen, Handelsvertretungen etc.) zur Verfügung. Von den angeschriebenen 409 Personen - davon elf Frauen - haben 153 den Fragebogen zurückgesandt. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 37,4 Prozent, ein Anteil, der bei Erhebungen dieser Art höher als zu erwarten war (vgl. Schnell et al., 1992, S. 318). Somit mußte das bereits vorab erstellte Erinnerungs-/Nachfaßschreiben (siehe Anlage 15) nicht mehr eingesetzt werden. Von den zurückgesandten Fragebögen waren nur sechs überhaupt nicht auswertbar, da sie entweder falsch oder völlig unzureichend ausgefüllt waren, die Betriebe keinen fabrikatsgebundenen PkwHändlerstatus (mehr) hatten oder nicht den quantitativen Anforderungen an einen Klein- und Mittelbetrieb (weniger als 500 Mitarbeiter) entsprachen. Die Stichprobe vom Umfang “n“ wurde durch eine Zufallsauswahl119 aus allen beim ZDK postalisch registrierten, markengebundenen Kfz-Betrieben in Westdeutschland gewonnen; bei dem Händlerverband sind alle freien und vertragsgebundenen Autohäuser in Deutschland verzeichnet. Zufallsstichproben stellen die einzige Gewähr dafür dar, daß aus Ergebnissen einer Stichprobe in bezug auf die Verteilung aller Merkmale (innerhalb festgelegter statistischer Fehlergrenzen) auf die Verteilung dieser Merkmale in der Grundgesamtheit geschlossen werden kann. Voraussetzung für die Repräsentativität einer empirischen Untersuchung ist neben dem Auswahlmechanismus einer Zufallsauswahl, inwieweit bestimmte Merkmale in der Stichprobe in derselben Häufigkeit vorkommen wie in der Grundgesamtheit; diese Untersuchungen setzen also die Bekanntheit einiger Grundgesamtheitsparameter voraus 120. Ferner müssen die Daten der Grundgesamtheit fehlerfrei sein (vgl. Schnell et al., 1992, S. 314ff). Sowohl die Verteilung der Befragungsteilnehmer (siehe nachfolgend Tab. 1: Positionen der Befragungsteilnehmer in den Unternehmen; Tab. 2: Höchster Aus- und Fortbildungsabschluß der Befragten; Tab. 3: Abgeschlossene Berufsausbildungen der Befragten; Tab. 4: 119 Eine einfache, willkürliche und uneingeschränkte Zufallsauswahl der Einheiten ist dann gewährleistet, wenn jedes Element (n) der genau abgegrenzten Grundgesamtheit (N) die gleiche Chance hat, ausgewählt zu werden (vgl. Thom, 1987, S. 86f; Unger, 1988, S. 126); siehe Bernoulli-Experiment. 120 Unter der Annahme der Normalverteilung der Grundgesamtheit um das arithmetische Mittel (u) kann davon ausgegangen werden, daß die Ergebnisse dieser schriftlichen Befragung bei einem Stichprobenumfang von n=147 auswertbaren Fragebögen erwartungstreue Schätzwerte der Grundgesamtheit liefern (sog. Zentraler Grenzwertsatz). Der Stichprobenumfang liegt weit über der empfohlenen Mindeststichprobe von n>30, um Rückschlüsse aus der Stichprobe auf die Grundgesamtheit ziehen zu können (vgl. Bleymüller et al., 1991, S. 78). - 234 - Unternehmensgrößenklassen der Kfz-Betriebe von den Befragungsteilnehmern) gibt die Heterogenität der Grundgesamtheit wieder als auch die Datenerhebung und -bearbeitung entsprechen diesen Anforderungen. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es möglich, von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit zu schließen. Die Stichprobe wurde so ausgewählt, daß sie für die Gesamtheit der Zielgruppe als repräsentativ anzusehen ist. Die aus den Ergebnissen gezogenen Schlußfolgerungen können als deskriptive (=beschreibende) Analyse mit Gestaltungsempfehlungen zum Vorgehen bei der Sicherung der Unternehmernachfolge in mittelständischen Kfz-Betrieben betrachtet werden. 4.1.6. Grundsätzliche Erläuterungen zur Auswertung des Fragebogens Bei der im Fragebogen mehrmals eingesetzten fünfstufigen Rating-Skala sind zum Durchführen statistischer Tests den einzelnen verbalen Ausprägungen folgende Zahlenwerte zugeordnet worden: verbale Ausprägungen Zahlenwert - sehr wichtig =5 - wichtig =4 - teils-teils = 3 (=Zentralwert, sog. Median121) - weniger wichtig =2 - unwichtig =1 Bei den einfachen Ankreuz-, sog. Ja-/Nein-Alternativfragen ist die positive Antwort mit dem Zahlenwert "1" und die Verneinung mit der Ziffer "0" versehen worden. Mit Hilfe dieser Codierungen, also der Verschlüsselung von Antworten in eine datenverarbeitungsadäquate Form, ist eine einfachere und transparentere Darstellung der absoluten Werte, Prozentangaben, Mittelwerte122, Varianz123, Standardabweichungen124 etc. möglich. Die einzelnen 121 Der Median bzw. Indifferenz-/Zentralwert ist der Wert, der in der Mitte einer der Größe nach geordneten Zahlenfolge steht (vgl. Diehl/Kohr, 1989, S. 63). Er sagt hier aus, daß die Befragungsteilnehmer im Durchschnitt dieses Item als `teils -teils´, `sowohl als auch´, `mehr oder weniger´, `weder gut noch schlecht´ bzw. `teilweise´ oder `bedingt´ einstufen. Beurteilungen bzw. Zahlenwerte, die über diesem Wert liegen, werden von den Befragten als bedeutsamer bzw. höherwertiger betrachtet. 122 Das arithmetische Mittel - im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Durchschnitt oder Mittelwert bezeichnet - ist ein Maß der zentralen Tendenz. Es berechnet sich aus der Summe der n-Meßwerte dividiert durch die Anzahl der n-Meßwerte (=Merkmalsträger). Es gewinnt insbesondere an Bedeutung, wenn es mit anderen Mittelwerten verglichen wird (vgl. Diehl/Kohr, 1989, S. 70). 123 Die Varianz (=quadrierte Standardabweichung) ist ein Maß, das die Streuung der Meßwerte um das arithmetische Mittel in einer Stichprobe (n) beschreibt. Es wird berechnet über die Summe der Abweichungsquadrate vom arithmetischen Mittel dividiert durch die Anzahl "n-1" der Meßwerte. - 235 - Zahlenwerte sind aufgrund der größeren Übersichtlichkeit eine Stelle nach dem Komma auf- bzw. abgerundet worden. Die Angaben unter “Sonstiges" wurden bei der Untersuchung nur berücksichtigt, wenn eine vergleichbare Antwort von mindestens zwei Befragungsteilnehmern bei der jeweiligen Frage angeführt wurde. Bei der Auswertung der halb-offenen Frage "Sonstiges" ergab sich die Schwierigkeit, daß sie zwar von einigen Teilnehmern angekreuzt wurde, jedoch trugen die Befragten die nach ihrer Ansicht präferierte Alternative nicht immer ein (speziell im Teil C). Dies lag möglicherweise daran, daß sie die teilweise vorgegebenen Beispiele vorzogen, am Zeitmangel der Befragten oder am “Überlesen“ der jeweiligen Frage. Ferner gaben einige Befragungsteilnehmer Anforderungen, Qualifizierungsmaßnahmen etc. an, auf die bereits vor- oder nachher in separaten Fragen eingegangen wurde. Einige Befragungsteilnehmer haben eine oder mehrere Fragen überhaupt nicht oder nur unzureichend beantwortet, so daß diese Antworten nicht zur Auswertung herangezogen werden konnten. Es erschien dem Verfasser aber sinnvoll, diese leicht fehlerhaft ausgefüllten Fragebögen trotzdem zur Untersuchung heranzuziehen, allein schon um den Stichprobenumfang und damit die Repräsentativität der Aussage zu erhöhen, auch wenn dadurch einige Antworten auf gering abweichenden Grundgesamtheiten basieren. Die Eingabe des Datenmaterials und die EDV-unterstützte Auswertung der Fragebögen erfolgte mit Hilfe des statistischen Computerprogramms "MYSTAT“. 4.2. Auswertung der schriftlichen Befragung 4.2.1. Generelle Aussagen zu den Befragungsteilnehmern Von den - wie bereits erwähnt - n = 147 (=35,9 %) zur Auswertung herangezogenen Fragebögen wurden sechs von Frauen und 141 von Männern beantwortet. Der Altersdurchschnitt der Teilnehmer lag bei 51,4 Jahren; der älteste Teilnehmer war 85 Jahre. Dabei waren insgesamt - 9,5 Prozent der Befragten (=14 Personen) unter 35 Jahre (Gruppe 1), - 44,9 Prozent der Befragten (=66 Personen) zwischen 35 und 54 Jahre (Gruppe 2), - 45,6 Prozent der Befragten (=67 Personen) 55 Jahre und älter (Gruppe 3). Von diesen 147 Probanden gaben 85 (=57,8 %) an, daß in ihrem Autohaus in diesem Jahrzehnt noch eine Unternehmernachfolge ansteht. Diese hohe Zahl deckt sich in etwa mit dem Anteil der Befragungsteilnehmer von 55 Jahren und älter. 124 Die Standardabweichung ist die Quadratwurzel aus der Varianz. Zur Erläuterung eignet sich die Standardabweichung besser, da sie in originalen, nicht quadrierten Maßeinheiten angegeben wird (vgl. Diehl/Kohr, 1989, S. 101). - 236 - Über 75 Prozent der Befragungsteilnehmer waren Inhaber bzw. Teilhaber eines markengebundenen Kfz-Betriebes, ca. 29 Prozent Geschäftsführer bzw. Betriebsleiter und knapp 10 Prozent Sonstige (u.a. Personal-, Buchhaltungsleiter). Ferner führten unter dieser halb-offenen Fragestellung jeweils drei Befragte den geschäftsführenden Gesellschafter sowie den Assistenten der Geschäftsführung an (siehe auch Tab. 1). Tab. 1: Positionen der Befragungsteilnehmer in den Unternehmen Position 1. Inhaber/Teilhaber 2. Geschäftsführer/Betriebsleiter 3. Sonstiges Summe Gesamt 111 43 14 168 Prozent 75,5 29,3 9,5 . Da aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Gestaltung der Unternehmen (z.B. GmbH & Co.KG) einige Befragte sowohl Inhaber/Teilhaber als auch Geschäftsführer/Betriebsleiter sind, ergibt sich eine Summe von über 147 Positionen. Tab. 2: Höchster Aus- und Fortbildungsabschluß der Befragungsteilnehmer (nur eine Kategorie ankreuzen) Höchster Aus- und Fortbildungabschluß 1. Hauptschulabschluß 2. Qualifizierter Hauptschulabschluß bzw. Mittlere Reife 3. Fachhochschulreife bzw. Fachabitur 4. Abitur 5. Fachhochschulstudium 6. Hochschulstudium Keine oder fehlerhafte Angaben Summe Gesamt 28 53 15 13 12 24 2 147 Prozent 19,1 36,1 10,2 8,8 8,2 16,3 . 100 % Die Befragungsteilnehmer nannten mit Abstand am meisten als eigenen höchsten Aus- und Fortbildungsabschluß den qualifizierten Hauptschulabschluß bzw. die Mittlere Reife (36,1 %). Danach folgt mit etwa 19,1 % der Hauptschulabschluß. Insbesondere die jüngeren Befragungsteilnehmer wiesen verstärkt ein (Fach-)Hochschulstudium auf, während die älteren Probanden meist einen niedrigeren Schulabschluß absolviert hatten (siehe auch Tab. 2). Tab. 3: Abgeschlossene Berufsausbildungen der Befragten (Mehrfachnennungen möglich) Abgeschlossene Berufsausbildung 1. Technische/Handwerkliche Lehre (Kfz) 2. Kaufmännische Lehre 3. Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) 4. Kfz-Meisterbrief 5. Sonstiges Summe Gesamt 73 44 13 75 26 231 Prozent 49,7 29,9 8,8 51,0 17,7 . - 237 - Rund die Hälfte der Probanden haben den ehemals "klassischen" Weg des Kfz-Händlers beschritten und eine technisch-handwerkliche Lehre mit anschließender Meisterprüfung absolviert. Dies trifft vor allem auf die große Zahl älterer Befragungsteilnehmer zu. Als weitere Berufsausbildungen folgten eine kaufmännische Lehre (knapp 30 %) und sonstige Berufsausbildungen wie beispielsweise Maschinenbautechniker, -ingenieur oder Betriebswirt des Handwerks, bei jeweils drei Befragten. Die seit 1963 bestehende und in den letzten Jahren von vielen Nachfolgern absolvierte Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) ist vorrangig von den jüngeren Befragten besucht worden (siehe auch Tab. 3). Tab. 4: Unternehmensgrößenklassen der Kfz-Betriebe von den Befragungsteilnehmern Anzahl der Mitarbeiter bis 24 25 - 49 50 - 99 100 - 499 Summe Gesamt 35 45 32 35 147 Prozent 23,8 30,6 21,8 23,8 100,0 % Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl in den Kfz-Betrieben der Befragungsteilnehmer lag bei 80 Erwerbstätigen. Bei der Auswertung der Befragung wurden - in Anlehnung an die Kriterien für mittelständische Betriebe - nur Autohäuser berücksichtigt, die zwischen 20 und 450 Mitarbeitern aufweisen. Die Anzahl der Mitarbeiter wurde, wie in Tab. 4 ersichtlich, in vier Klassen aufgeteilt. 4.2.2. Entwicklung des Anforderungsprofils für Unternehmernachfolger 4.2.2.1. Vorgehensweise zur Ermittlung der zukünftig besonders leistungswirksamen Arbeitsinhalte a) Vorgehensweise zur Analyse und Festlegung der relevanten Arbeitsaufgaben Da es über die zukünftigen Arbeitsanforderungen125 an Unternehmernachfolger in mittelständischen Autohäusern bisher noch keine allgemeingültigen, fundierten Stellen-, Tätigkeits- oder Arbeitsbeschreibungen gibt und auch nicht auf diesbezügliche Beschreibungen organisatorischer oder funktionaler Zielsetzungen zurückgegriffen werden kann, mußten diese im Rahmen der Arbeit mit Hilfe einer empirischen Erhebung bei Unternehmern/Geschäftsführern mittelständischer westdeutscher KfzBetriebe eruiert werden. Dieses Verfahren ist jedoch unter methodischen Aspekten kein Ersatz für arbeitsanalytische Erhebungen (in Anlehnung an Oechsler, 1994(a), S. 325). 125 Arbeitsanforderungen beschreiben diejenigen Tätigkeiten, die sich aus der Aufgabenstellung an einem bestimmten Arbeitsplatz ergeben. - 238 - Die einzelnen Arbeitsaufgaben eines zukünftigen Unternehmensführers wurden zunächst aufgrund - der vorliegenden Schulungsunterlagen der einzelnen Kfz-Hersteller/-Importeure und der Autohaus Akademie, - der Hinzunahme von Management-Fachliteratur, - vorhandener Stellenbeschreibungen über Unternehmer/Geschäftsführer in Kfz-Betrieben und - der persönlichen Erfahrungen aufgelistet. Die Vielzahl der sich daraus ergebenden Arbeitsaufgaben wurde daraufhin u.a. durch Gespräche mit Bildungsfachleuten des ZDKs und erfahrenen Kfz-Unternehmern auf die Relevanz der einzelnen Aufgaben und Vollständigkeit kritisch überprüft. b) Zusammenfassung der einzelnen Arbeitsaufgaben zu übergreifenden leistungsrelevanten Arbeitsinhalten Die aufgelisteten Arbeitsaufgaben wurden überschneidungsfrei fünf Hauptbereichen - “Qualifikationsanforderungen“, “strategische Unternehmensführung“, “Organisationsstruktur“, “persönliche Eigenschaften der Unternehmernachfolger“, “strategisches Personalmanagement“ - zugeordnet, die sich in Zielsetzung, Resultaten und Arbeitsergebnissen ausdrücken lassen. Mit dem Letztgenannten wird gewährleistet, daß es sich bei der Zusammenfassung zu Aufgabenbereichen um leistungsrelevante übergreifende Arbeitsinhalte handelt (in Anlehnung an Oechsler, 1994(a), S. 326). Aus der Zusammenfassung der Arbeitsaufgaben zu leistungsrelevanten Arbeitsinhalten ergeben sich Kategorien, die sich an dem Ordnungsschema des konzeptionellen Ansatzes dieser Arbeit orientieren. Die Auflistung der besonders kritischen Arbeitsinhalte und -aufgaben kann für zukünftige Unternehmensführer nicht vollständig sein, da die Anforderungen zu komplex und zu unternehmensspezifisch sind. Durch die Zusammenarbeit mit erfahrenen Praktikern und der dabei erzielten Übereinstimmung über die leistungsrelevanten Arbeitsinhalte und -aufgaben kann jedoch eine größere Objektivität erwartet werden, als wenn die Auswahl durch eine einzelne Person erfolgt wäre. c) Ermittlung zukünftiger kritischer Arbeitsinhalte mit Hilfe einer empirischen Studie über zukünftig besonders kritische Erfolgs- und Problemfaktoren Ausgangspunkt für die Ermittlung kritischer Arbeitsinhalte eines Unternehmensführers ist die Analyse besonders kritischer (leistungswirksamer) Erfolgs- 126 und Mißerfolgs- bzw. Problemfaktoren. Dafür müssen aus den oben festgelegten Arbeitsinhalten diejenigen herausgefunden werden, die für den Erfolg und Mißerfolg der Tätigkeit hauptverantwortlich sind. Somit müssen von den übergreifenden, umfassenden und leistungsrelevanten Arbeitsinhalten solche ausgewählt werden, die kritisch sind für eine 126 Kritische Erfolgsfaktoren sind solche Arbeitsinhalte bzw. Leistungsmerkmale, die besonders verantwortlich für erfolgreiches Handeln sind. Sie sind auch typische Beurteilungskriterien für die Leistungsbeurteilung (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 325ff). - 239 - erfolgreiche Arbeitsdurchführung (vgl. Berthel, 1995, S. 144; Oechsler, 1994(a), S. 328; Steinmann/Schreyögg, 1993, S. 677). Kritische Arbeitsinhalte (critical job elements) liegen regelmäßig dann vor, wenn Leistungsstörungen oder eine ungenügende Leistung bezüglich dieser Arbeitsinhalte sofortige Eingriffe von anderer Seite (z.B. Kollegen, Vorgesetzten) erforderlich machen, um größere Verluste zu vermeiden. Bei diesem Schritt geht es also darum, aus der Gesamtzahl der übergreifenden leistungsrelevanten Arbeitsinhalte diejenigen herauszufiltern, bei denen keine Leistungsstörungen auftreten dürfen, weil andernfalls weitreichende negative Konsequenzen zu befürchten sind. Daraus ist nicht abzuleiten, daß die restlichen (nicht kritischen) Arbeitsinhalte für die Leistung in einer Position unbedeutend sind. Sie haben nur nicht dieselben weitreichenden Konsequenzen für die Erfüllung übergeordneter Aufgaben (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 328). Die in fünf Kategorien differenzierte Betrachtung greift demnach solche Aspekte des Arbeitsverhaltens heraus, die nachweisbar zu Erfolg oder Mißerfolg führen und damit leistungswirksam sind. Die im Fragebogen auf Seite 1 und 2 oben (siehe Anlage 14) abgebildete Übersicht stellt den Leitfaden für das hieraus erstellte Erfolgs-/Mißerfolgsprofil dar. Erfahrungen haben gezeigt, daß pro Stelle i.d.R. zwischen drei und sechs kritische Arbeitsinhalte festgelegt und bewertet werden. Eine Begrenzung nach oben hin ist empfehlenswert, weil bei zu vielen kritischen Arbeitsinhalten keiner mehr richtig leistungswirksam ist. Die besonders kritischen Arbeitsinhalte können auch mit einer Gewichtung versehen werden, um deren relative Bedeutung aufzuzeigen. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, daß das Problem der Anzahl kritischer Arbeitsinhalte für eine Stelle und die Abgrenzung zu nicht-kritischen Arbeitsinhalten vereinfacht wird (vgl. Oechsler, 1994(a), S. 329). Auf der Grundlage der relativen Häufigkeitsverteilungen der Befragungsergebnisse ist nachfolgend eine Abgrenzung der besonders leistungswirksamen Arbeitsinhalte erstellt worden. Kritisch ist anzumerken, daß die Arbeits- bzw. Tätigkeitsanalyse, d.h. die Erfassung einzelner Verrichtungen bzw. Operationen, keine Informationen über personelle Leistungsvoraussetzungen im Sinne von Qualifikationsanforderungen umfaßt. Die bisher in der personalwirtschaftlichen Literatur vorgestellten Verfahren leisten keine unmittelbare Herleitung des menschlichen Leistungsangebots, die zugleich anforderungsrelevant sind. Ebensowenig ist auch eine theoretisch begründete Transformation von Arbeitsoperationen in Qualifikationsanforderungen befriedigend realisiert (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 20). Auch arbeitswissenschaftliche Verfahren wie etwa die “Anforderungs“ermittlung nach der REFAMethodenlehre können keine direkt verwertbaren Ergebnisse für eine Analyse von Qualifikationsanforderungen leisten. Dies ist begründet in einer mangelnden theoretischen Fundierung und äußert sich - 240 - u.a. darin, daß der Sozialkontext, in dem Arbeit vollzogen wird, aus der Analyse ausgeblendet ist (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 20). Neben den kritischen Arbeitsinhalten müssen vor allem die qualifikatorischen Voraussetzungen, die Erfahrungen, das Entwicklungspotential, die Interessen und Neigungen, die individuellen Entwicklungsbedürfnisse und -ziele (z.B. angestrebter Aufgabenbereich) sowie die betrieblichen Gegebenheiten (z.B. Unternehmensgröße) jedes Einzelnen berücksichtigt und das standardisierte Programm den jeweiligen Bedingungen flexibel angepaßt werden (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 272). Auf diese prozeßorientierte Betrachtungsweise wird umfassender im Kapitel 4.3.5.9. eingegangen. 4.2.2.2. Das Erfolgs-/Mißerfolgsprofil aufgrund der Befragung Auf der Grundlage der empirisch ermittelten Ergebnisse der Arbeitsanalyse wird nachfolgend das Erfolgs-/Mißerfolgsprofil sowie daran anschließend die Spezifizierung der Anforderungen - im Rahmen des Anforderungsprofils - für Unternehmernachfolger in mittelständischen Autohäusern hergeleitet (siehe Anlage 16 und 17). Betrachtet man die prozentualen Verteilungen der bedeutendsten Problemfaktoren der fünf Hauptbereiche in Teil A, S. 2 des Fragebogens (siehe Anlage 19), so sind die Antworten bzw. Anteile relativ gleich verteilt, insbesondere in den Bereichen "strategische Unternehmensführung" (23,5 %), "persönliche Eigenschaften der Unternehmernachfolger" (23,1 %), "Qualifikationsanforderungen" (20,6 %) und "strategisches Personalmanagement" (18,5 %). Lediglich der Bereich "Organisationsstruktur" (14,2 %) wird für weniger leistungsrelevant eingestuft. Bei der halb-offenen Frage "Sonstiges" wurde von zwei Probanden als weiterer besonders kritischer Problemfaktor die Menschenführung angegeben. Diese ausgeglichenen Beurteilungen der ersten vier Kategorien unterstreichen zum einen die zentrale Bedeutung dieser Bereiche für die Qualifikation des zukünftigen Unternehmensführers und zeigen zum anderen die benötigten, umfangreichen und komplexen Anforderungen auf. Speziell die strategische, d.h. die präventive, vernetzte Betrachtungsweise, im Rahmen der Unternehmensführung und des Personalmanagements erhält dabei steigende Bedeutung. Die Befragungsteilnehmer sind sich darüber im klaren, daß auch kleinere und mittlere Kfz-Unternehmen zukünftig kaum noch über ad hoc-Maßnahmen erfolgreich geführt werden können. Vielmehr benötigen die Unternehmernachfolger umfassende Managementkenntnisse sowie besondere persönliche Eigenschaften (z.B. Ausstrahlung, Führungs- und Kommunikationsfähigkeit), um eine solche komplexe, immer anspruchsvoller werdende Aufgabe bewältigen zu können. Bei einer detaillierteren Analyse der einzelnen Hauptbereiche sind folgende kritische Erfolgs- und/oder Versagensgründe von den Befragten für zukünftige Unternehmernachfolger als besonders leistungsrelevant beurteilt worden (siehe auch Anlage 16 und 17). - 241 - Im Bereich A "Qualifikationsanforderungen" betrachten die Befragungsteilnehmer die branchenbezogene Aus- und Fortbildung einerseits als besonders ausschlaggebenden Erfolgsfaktor (55,9 %), andererseits wird sie als geringerwertiger kritischer Versagensgrund (11,2 %) eingestuft. Ferner beurteilen viele die praktische Berufserfahrung sowie Produkt- und Branchenkenntnisse als entscheidende zukünftige Erfolgs- (21,4 %) und gleichzeitig Problemfaktoren (32,1 %) für Unternehmernachfolger. Demgegenüber werden Kenntnisse über abteilungsspezifische Besonderheiten zwar als besonders leistungswirksamer Problemfaktor beurteilt (38,1 %), jedoch wurden sie von keinem Befragten als kritischer Erfolgsfaktor angesehen. In der Rubrik Sonstiges wurde von einem Befragungsteilnehmer die fundierte und breite Allgemeinbildung als besonders kritischer Erfolgsfaktor und von einem anderen als entscheidendster Problemfaktor angesehen. Insgesamt läßt sich aus den Ergebnissen dieses Bereichs ableiten, daß die Befragten erkannt haben, daß eine fundierte Qualifikation, die sowohl umfassende theoretische als auch praktische Schulungen beinhaltet, für die zukünftigen Unternehmernachfolger ein entscheidender Erfolgsfaktor sein wird, um die komplexen Arbeitsanforderungen erfüllen zu können. Der Bereich B "Strategische Unternehmensführung" wurde von den Befragten als der leistungswirksamste von den fünf vorgegebenen Kategorien eingestuft. Als besonders kritischer Erfolgsfaktor wurde von 37,5 % das abteilungsübergreifende strategische Denken und Handeln, also die Fähigkeit, zukünftige Maßnahmen zu planen (=Planungsfähigkeit) und deren Auswirkungen auch auf andere Unternehmensbereiche zu berücksichtigen, bewertet. Daraus läßt sich schlußfolgern, daß die Befragten zukünftig eine bereichsübergreifende, vernetzte Betrachtungsweise bei der Planung für bedeutsam erachten und nicht mehr ausschließlich die Beachtung einzelner Funktionsbereiche wie beispielsweise den Absatz. In diese zunehmende strategische Sichtweise der Unternehmensführung passen auch die von vielen Befragten als kritisch eingestuften Kenntnisse über zukünftige Umfeldund Marktentwicklungen sowie das Formulieren von Strategien und Zielen. Das Gestalten und Vorleben von Werten und Normen wird von den meisten Befragten (35,0 %) als der besonders kritische Problemfaktor, jedoch als Erfolgsfaktor nur peripher angesehen. Gerade in Klein- und Mittelbetrieben ist die Vorbildfunktion des Unternehmensführers ein entscheidender Faktor der internen Kommunikation, Leistungsmotivation und des Betriebsklimas. Unter Sonstiges erfolgten hier lediglich zwei voneinander abweichende Angaben (n = 2). Der Bereich C "Organisationsstruktur" wird allgemein als weniger kritisch bewertet. Von den Befragten erachten 47,1 % die Bereitschaft zur flexiblen Unternehmenssteuerung für einen besonderen Erfolgsfaktor und auch 27,7 % stufen ihn als besonders kritischen Problemfaktor ein. Gerade die flexible Unternehmenssteuerung gilt als einer der großen Wettbewerbs- und Kundenvorteile - 242 - überschaubarer Klein- und Mittelbetriebe gegenüber den früher oft stark hierarchisch durchorganisierten Großunternehmen. Des weiteren wird das Einrichten neuer Formen der Arbeitsorganisation (z.B. Team-Konzept, Qualitätszirkel) als der bedeutendste kritische Problemfaktor (40,2 %) in diesem Bereich eingestuft. Dadurch wird speziell für Fach- und Führungskräfte eine größere Unternehmens- und Abteilungsflexibilität geschaffen und ihnen damit Möglichkeiten zur gewünschten Selbstverwirklichung und Verantwortungsübernahme eingeräumt. Die Kenntnisse über Entscheidungskompetenzen im Unternehmen sehen die Befragten wiederum als weniger leistungswirksam an (EF = 10,7 %; PF = 11,0 %)127. Dies könnte daran liegen, daß sie davon ausgehen, daß bei diesen Unternehmensgrößen den Mitarbeitern die Aufteilung der Kompetenzen bekannt und leicht nachzuvollziehen sind. Unter Sonstiges erfolgten hier lediglich drei stark voneinander abweichende Angaben (n = 3). Im Bereich D "Persönliche Eigenschaften der Unternehmernachfolger" wird vor allem der Persönlichkeit und Ausstrahlungskraft des Nachfolgers (EF = 61,8 %) große Bedeutung beigemessen. Gerade in Klein- und Mittelbetrieben, in denen eine meist direkte (informelle) Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Unternehmensführung, Führungskräften und sonstigen Mitarbeitern besteht, bekommen diese Fähigkeiten große Bedeutung. Die Vorbildfunktion des Unternehmensführers ist oftmals entscheidend für das Betriebsklima und für die Leistungsmotivation der Belegschaft. Ferner betrachten die Befragungsteilnehmer eine effiziente Zeit- und Arbeitsorganisation (PF = 57,4 %) für besonders bedeutsam und anwenderspezifische EDV-Kenntnisse (PF = 17,7 %) ebenfalls für wichtig. Viele Kfz-Unternehmer leiden unter zunehmendem Zeitdruck, da sie sehr stark im Tagesgeschäft eingebunden sind und somit kaum Zeit finden, sich den immer komplexeren Sach- und Führungsaufgaben zu widmen. Des weiteren bekommt die EDV in den verschiedenen Unternehmensbereichen eine immer größere Bedeutung. Bei entsprechender Handhabung können damit verschiedene Planungsalternativen rechnerisch durchgespielt und deren Auswirkungen vorab simuliert werden. Ferner vereinfacht der EDV-Einsatz ein effektives Controlling. Unter der halb-offenen Frage Sonstiges wurde von vier Befragten (n = 4) die Belastbarkeit und von dreien (n = 3)die Akzeptanz des Nachfolgers angegeben. Nach den Befragungsergebnissen im Bereich E "Strategisches Personalmanagement" zu urteilen, haben die Unternehmer/Geschäftsführer grundsätzlich erkannt, daß die strategische Betrachtung der Humanressourcen in den 90er Jahren ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein wird. Gerade das langfristige Planen zukunftsgerichteter Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie Karrieremöglichkeiten für die Mitarbeiter (EF = 33,1 %; PF = 27,5 %) erscheint ihnen besonders leistungswirksam. Daraus läßt sich ableiten, daß die Befragten verstanden haben, daß die Qualifikation 127 Erläuterungen zu den Abkürzungen: EF = Erfolgsfaktor(en) und PF = Problemfaktor(en). - 243 - und betriebsinternen Aufstiegsmöglichkeiten der vorhandenen Mitarbeiter zukünftig ein entscheidender Faktor sein wird, um qualifizierte Fachkräfte halten und um im zunehmenden Verdrängungswettbewerb bestehen zu können. Des weiteren wird die langfristig orientierte Personalbeschaffung und auswahl (EF = 29,0 %; PF = 36,2 %) als besonders bedeutsam beurteilt. Ferner wurde in diesem Bereich die frühzeitige Identifizierung qualifizierter Mitarbeiter durch die nur in sehr wenigen mittelständischen Betrieben eingesetzte - strategische Leistungsbeurteilung von vielen Befragten als besonders leistungswirksam angesehen (EF = 30,3 %; PF = 15,2 %). Das Einrichten kurz- und langfristiger Anreize/Belohnung (z.B. Entgelt, Arbeitszeitflexibilisierung, Führungsverhalten) speziell für Führungskräfte wird von vielen als kritischer Versagensgrund eingestuft (PF = 17,4 %). Unter Sonstiges wurde von je einem Teilnehmer die Mitarbeitermotivation als besonders kritischer Erfolgs- bzw. von einem anderen als entscheidender Problemfaktor eingetragen. 4.2.2.3. Das Anforderungsprofil der zukünftigen Unternehmernachfolger Nachdem mit der Arbeitsanalyse und dem daraus resultierenden Erfolgs- und Mißerfolgsprofil die wesentlichen Anforderungsarten und deren relative Bedeutung ermittelt wurden, kann daraus ein Anforderungsprofil entwickelt werden. Es enthält für den jeweiligen Arbeitsplatz die typischen Arbeitsanforderungen hinsichtlich Art und Ausprägungsgrad (vgl. Mentzel, 1982, S. 354; Mentzel, 1994, S. 66). Die von den Stelleninhabern zu erfüllenden Tätigkeitsanforderungen müssen eindeutig festgelegt werden und dürfen sich nicht auf wünschenswerte, aber nicht beschreibbare charakterliche Eigenschaften der Arbeitnehmer beziehen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Anforderungen in Begriffen definiert werden, die auf die korrespondierenden Fähigkeiten und Verhaltensweisen der Beschäftigten abstellen (vgl. Mentzel, 1994, S. 67). Dabei ist zu beachten, daß es sich beim Anforderungsprofil um eine Momentaufnahme handelt, die aufgrund der zunehmenden Umwelt- und Unternehmensdynamik, bedingt durch die jeweiligen Marktveränderungen, den Wertewandel, die Konkurrenzsituation, die Umwelteinflüsse usw. fortlaufend gewissen Änderungen unterworfen ist (vgl. Hentze, 1991(a), S. 215). Außerdem lassen sich die zukünftigen Anforderungen an Führungskräfte und somit auch an Unternehmernachfolger aufgrund der teils betriebsindividuellen Besonderheiten (z.B. Unternehmensgröße, Position, Tätigkeitsbereich, praktizierter Führungsstil) kaum in einem zugleich vollständigen und einwandfrei strukturierten Gesamtkatalog erfassen (vgl. Alewell, 1989, S. 99; Eckhardt, 1990(b), S. 23). - 244 - Da es aufgrund der oben angeführten Gründe mit diesen prospektiven Verfahren schwierig ist, die genauen zukünftigen Arbeitsanforderungen zu prognostizieren, sollte generell eine möglichst breite Qualifizierung erfolgen (vgl. Eckhardt, 1990(b), S. 23). Anhand der empirisch ermittelten, in Anlage 17 graphisch dargestellten besonders leistungswirksamen Erfolgs- und Problemfaktoren können die kritischen Arbeitsinhalte und daraus das Anforderungsprofil für zukünftige Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben abgeleitet werden (siehe Anlage 18). Dabei wurden nur diejenigen Inhalte in das Anforderungsprofil übernommen, die von mindestens 30 % der Befragungsteilnehmer als besonders kritische Erfolgs- und/oder Mißerfolgsfaktoren bewertet wurden. Auch wenn im Rahmen dieses Anforderungsprofils versucht wurde, die wichtigsten Anforderungen an einen zukünftigen Unternehmensführer aufzuzeigen, so bleibt die Darstellung dennoch unvollständig. Die Aufgaben des Nachfolgers sind zu komplex und unternehmensspezifisch. Ferner sind die einzelnen KfzBetriebe in ihrer Unternehmensgröße, -struktur, Kapitalausstattung etc. zu unterschiedlich, so daß man sie nicht vollständig und allgemeingültig beschreiben kann. Dennoch wird deutlich, daß aufgrund der zunehmenden Fach- und Führungsanforderungen nur besonders qualifizierte Personen diese genannten Anforderungen erfüllen können. Dies insbesondere auch deshalb, weil unterschiedliche Ebenen, wie z.B. fachliche, führungsspezifische, verhaltenspsychologische Anforderungen im Menschen angesprochen werden (vgl. Pieper, 1989, S. 79). Es gibt kein Standard-Erscheinungsbild der erfolgreichen Unternehmerpersönlichkeit, die in jedem Unternehmen, in jeder Situation und in jeder Problemkonstellation die ideale Besetzung wäre (vgl. Karsten, 1989, S. 136). Die Kunst des erfolgreichen Unternehmensführers ist es, in der jeweiligen Situation die richtigen Kompetenzen anzuwenden (vgl. Regnet/Schackmann, 1991, S. 50). In Zukunft werden sicherlich weiter steigende Anforderungen speziell an die Persönlichkeit und Menschenführung gestellt. 4.2.3. Beurteilung der Auswirkungen der angeführten Umwelt- und Unternehmensentwicklungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe In Teil B des Fragebogens (siehe Anlage 14, S. 2) wurde nach den wichtigsten Kenntnissen über prognostizierte Umwelt- und Unternehmensentwicklungen und deren Auswirkungen auf die Automobilwirtschaft und speziell das Kfz-Gewerbe gefragt. Dieser Fragenblock hatte vorrangig die Funktion von Filterfragen zwischen dem Teil A und den Teilen C bis F. - 245 - Tab. 5: Wichtigkeit der Kenntnisse über Entwicklungsperspektiven in der Automobilwirtschaft und speziell im Kfz-Gewerbe Entwicklungsperspektiven 1. Allgemeine wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven 2. Auswirkungen des EG-Binnenmarktes 1993 auf das Kfz-Gewerbe 3. Zunehmende Dynamik des technologischen Fortschritts 4. Gewandelte Altersstruktur der Bevölkerung (z.B. steigende Zahl älterer Bundesbürger) 5. Wertewandel bei der Bevölkerung und die daraus resultierende veränderte Arbeitseinstellung und -auffassung 6. Konsequenzen der staatlichen Verkehrs- und Umweltpolitik 7. Gewandeltes Konsum- und Freizeitverhalten der Bundesbürger 8. Beziehungen zwischen Kfz-Herstellern/-Importeuren und -Betrieben 9. Veränderte Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter Mittelwert 4,4 3,3 3,6 3,3 4,0 4,5 4,0 4,3 4,3 Grundsätzlich liegen alle aufgeführten Umwelt- und Unternehmensfaktoren über dem Indifferenzwert, dem sog. Median (Wert = 3). Diese Beurteilung deckt sich mit der in Teil A des Fragebogens. Im Bereich B "Strategische Unternehmensführung" wurden die Kenntnisse über zukünftige Umfeld- und Marktbedingungen von vielen Befragten auch als recht leistungswirksame Ereignisse (EF=21,5 %; PF=18,2 %) eingestuft (siehe auch Tab. 5). Lediglich die beiden externen Umfeldfaktoren gewandelte Altersstruktur der Bevölkerung (z.B. steigende Zahl älterer Bundesbürger) und Auswirkungen des EG-Binnenmarktes 1993 auf das KfzGewerbe liegen mit einem arithmetischen Mittel von 3,3 nahe am Median. Aus dem letztgenannten Ergebnis kann man ableiten, daß die befragten Kfz-Unternehmer/-Geschäftsführer keine besonderen internationalen Wettbewerbsverschiebungen aufgrund des EG-Binnenmarktes erwarten. Sie gehen auch weiterhin davon aus, daß vorrangig ein lokaler bzw. regionaler Wettbewerb in ihrem Marktverantwortungsgebiet bestehen wird. Einige Jahre nach Öffnung der EU-Grenzen ist zu konstatieren, daß ein intensiver, europaweiter Fahrzeug- und Teilehandel entstanden ist. Alle anderen Umwelt- und Unternehmensbedingungen werden insgesamt mindestens für wichtig angesehen. Als bedeutsame Entwicklungsperspektiven beurteilen die Befragten die Konsequenzen der staatlichen Umwelt- und Verkehrspolitik sowie die allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven. Veränderungen in diesen Umweltkonstellationen können weitreichende Konsequenzen für den Unternehmenserfolg haben. Rezessive Wirtschaftsphasen, wie sie seit Mitte 1992 speziell in Westdeutschland zu verzeichnen sind, wirken sich negativ auf den Unternehmensertrag aus. Weitere restriktive umwelt- und verkehrspolitische Entscheidungen gegenüber dem Straßenverkehr seitens der Bundesregierung (z.B. weitere Erhöhung der Mineralöl- und/oder Kfz-Steuer, Einführung der Kfz-Vignette, Sperrung der Innenstädte) würden vergleichbare Auswirkungen nach sich ziehen. Da den Konsequenzen der staatlichen Verkehrs- und Umweltpolitik von den Befragten große Bedeutung beigemessen wird (Mittelwert: 4,5), wird im Rahmen der Lehrplangestaltung das aktive Umweltmanagement als zusätzlicher Themenbereich aufgenommen. - 246 - Ferner werden die veränderten Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter für mehr als wichtig erachtet. Dies belegt, daß den Befragungsteilnehmern bewußt ist, daß die Qualifikationen der Belegschaft zukünftig ein äußerst erfolgsentscheidender Wettbewerbsfaktor sein wird. Nahezu genauso wichtig erachten sie eine kooperative und vertrauensvolle Beziehung zwischen dem Kfz-Hersteller/Importeur und den angeschlossen Kfz-Betrieben. Dies zeugt von dem Wunsch der Kfz-Händler nach einer vertrauensvollen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit. 4.2.4. Die präferierten Qualifikationswege und relevanten Kenntnismerkmale 4.2.4.1. Allgemeine Schul- und Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und Studium a) Rubrik A: Allgemeine Schulausbildung Dem seit zwei Jahrzehnten anhaltenden Trend im westdeutschen Schul- und Bildungssystem folgend wird für die zukünftigen Unternehmernachfolger von den meisten Befragungsteilnehmern ein höherwertiger Schulabschluß als notwendig angesehen. Über Dreiviertel von ihnen erachten entweder die Fachhochschulreife bzw. das Fachabitur (35 %) oder das Abitur (42,5 %) für am geeignetsten (siehe auch Tab. 6). Dabei waren keine bemerkenswerten unternehmensgrößenbedingten oder altersspezifischen Besonderheiten festzustellen. Tab. 6: Präferierte allgemeine Schulausbildung Allgemeine Schulbildung 1. Hauptschulabschluß 2. Qualifizierter Hauptschulabschluß bzw. Mittlere Reife 3. Fachhochschulreife bzw. Fachabitur 4. Abitur Keine oder fehlerhafte Angaben Summe Gesamt 1 28 52 63 3 147 rel. Häufigkeit 0,68 % 18,92 % 35,14 % 42,57 % 2,04 % 100,00 % b) Rubrik B: Berufsausbildung Im Gegensatz zu vielen heutigen Senior-Unternehmern und -Geschäftsführern, die oftmals eine gewerblich-technische - evtl. mit anschließender Meisterprüfung - oder kaufmännische Lehre absolviert haben, stufen nur noch wenige diese Berufsausbildung für zukünftige Unternehmensführer als vordringlich ein. Insbesondere die auch nach dem dualen System - wirtschaftstheoretische Schulung in der jeweiligen Studieneinrichtung und die berufspraktische Ausbildung im Betrieb - aufgebauten Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft für Abiturienten (z.B. Betriebswirt (VWA), DiplomBetriebswirt (BA)) werden als wesentlich geeigneter eingestuft (63 %). Wiederum wird eine Lehre in einem nicht automobilspezifischen Ausbildungszweig (z.B. Lehre als Bankkaufmann oder Steuergehilfe) nur von 10 Prozent der Befragungsteilnehmer als relevant angesehen. Von denen, die sich bezüglich einer nicht automobilspezifischen Berufsausbildung äußerten, präferierten 5 Personen eine Lehre als Bankkaufmann (siehe auch Tab. 7). - 247 - In der Rubrik B) gab es einige Doppelnennungen. Besonders der Punkt 3 wurde von knapp Zweidrittel der Befragungsteilnehmer als wichtige Berufsausbildung und gute Voraussetzung für den zukünftigen Berufsweg erachtet. Tab. 7: Bevorzugte Berufsausbildung Berufsausbildung 1. Spezifische gewerblich-technische Lehre im Kfz-Gewerbe (z.B. Kfz-Mechaniker, -Elektriker)? 2. Spezifische kaufmännische Lehre im Kfz-Gewerbe (z.B. Einzelhandelskaufmann im Kfz-Gewerbe, Großund Außenhandelskaufmann)? 3. 3-jährige kombinierte kaufmännische Berufs- (Lehre) und wirtschaftstheoretische Ausbildung im Rahmen der Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft (z.B. Betriebswirt (VWA), Diplom-Betriebswirt (BA))128? 4. Lehre in einem nicht automobilspezifischen Ausbildungszweig (z.B. Lehre als Bankkaufmann oder Steuergehilfe)? Summe Gesamt 44 rel. Häufigkeit 29,9 % 35 23,8 % 93 63,3 % 15 10,2 % 187 . c) Rubrik C: Universitätsausbildung Die befragten Unternehmer bzw. Geschäftsführer erachten für die zukünftigen Nachfolger bzgl. der betriebswirtschaftlichen (Fach-)Hochschulausbildung die Ende der 80er Jahre eingerichteten, automobilspezifischen Studiengänge an der Universität Bamberg mit dem Wahlpflichtfach "Automobilwirtschaft" im Hauptstudium (31,3 %) und vor allem das an der Fachhochschule Nürtingen/Außenstelle Geislingen angebotene Vertiefungsfach "Kfz-Wirtschaft" (34,7 %) mittlerweile in “Automobilwirtschaft“ umbenannt - für besonders ratsam (siehe auch Tab. 8). 128 Zulassungsvoraussetzung: Abitur - 248 - Tab. 8: Bedeutung des Fachhochschul- und Hochschulstudiums (Fach-)Hochschulstudium 1. Betriebswirtschaftliches Studium an einer Fachhochschule (FH) 1.1. ohne automobilspezifische Wahl-/Schwerpunktfächer im Hauptstudium 1.2. mit Schwerpunkt Kfz-Wirtschaft im Hauptstudium an der Fachhochschule Nürtingen 2. Betriebswirtschaftliches Studium an einer Universität 2.1. ohne automobilspezifische Wahl-/Schwerpunktfächer im Hauptstudium 2.2. mit Schwerpunkt Automobilwirtschaft im Hauptstudium an der Universität Bamberg 3. Anderer Studiengang als Betriebswirtschaft (z.B. Rechtswissenschaft, Psychologie) Keine Angaben Summe 147 Gesamt rel. Häufigkeit 14 9,5 % 51 34,9 % 10 6,8 % 46 31,3 % 3 2,0 % 23 15,6 % 100,0 % Während das betriebswirtschaftliche Studium an einer Fachhochschule (9,5 %) und an einer Universität (6,8 %) ohne automobilspezifische Schwerpunktfächer im Hauptstudium auch noch von einigen bevorzugt wird, erachten nur 2 Prozent der Befragten einen anderen Studiengang als Betriebswirtschaft (z.B. Rechtswissenschaft, Psychologie) für relevant. Von zwei Probanden wurde unter Sonstiges das Jura-Studium angeführt. Demgegenüber präferieren interessanterweise viele Personalmanager bzw. Vorstandsvorsitzende großer international operierender Unternehmungen wirtschaftsfremde Studiengänge der Geistes- und Sozialwissenschaften wie Pädagogik, Philosophie, Soziologie. Gerade den Absolventen dieser Studiengänge konstatiert man, daß sie umfangreichere außerfachliche, generelle Qualifikationen wie Persönlichkeit, Ausstrahlung, Begeisterungsfähigkeit, Kommunikations-, Teamfähigkeit, vernetztes Denken etc. vermittelt bekommen. Sie bringen vermeintlich eine größere Sensibilität für die Belange der immer erfolgsentscheidenderen Beschäftigten mit (vgl. Sinn, 1991, S. 33). Über 15 Prozent der Befragungsteilnehmer haben diese Rubrik C) nicht angekreuzt. Das kann einerseits daran liegen, daß sie sich aus verschiedenen Gründen (z.B. zu geringe Kenntnisse über die einzelnen Studienmöglichkeiten) nicht schlüssig waren über die einzelnen Studiengänge, oder daß sie ein Studium für irrelevant erachten. Speziell Unternehmer/Geschäftsführer kleinerer Autohäuser mit weniger als 25 Mitarbeitern hielten ein Studium für nicht notwendig. d) Rubrik D: Auslandsstudium Über 60 Prozent der Befragten haben in diesem Fragenblock nichts angekreuzt. Das kann zum einen daran liegen, daß sie einen Studienaufenthalt der Nachfolger im Ausland für unnötig erachten oder zum anderen, daß Informationsdefizite über Zulassungsvoraussetzungen, Lehrplaninhalte, Vorzüge, (Abwicklungs-)Modalitäten etc., speziell über die stark branchenspezifischen Studienmöglichkeiten des erst seit 1992 vom ZDK angebotenen USA-Studiums an der "Northwood University", bestehen. Des - 249 - weiteren wäre auch möglich, daß viele Befragte ein Auslandsstudium grundsätzlich für bedeutsam ansehen, aber aufgrund der hohen Kosten finanziell nicht die Möglichkeit dazu haben. Tab. 9: Beurteilung der Wichtigkeit eines Auslandsstudiums Auslandsstudium 1. an einer Universität ohne automobilspezifische Wahl-/Schwerpunktfächer (etwa 1-2 Semester) 2. ein spezielles (Aufbau-)Studium an der "Northwood University" (USA)129 Keine oder fehlerhafte Angaben Summe Gesamt 14 rel. Häufigkeit 9,5 % 43 29,3 % 90 147 61,2 % 100,0 % Nahezu 30 Prozent derjenigen, die ein Studium grundsätzlich für wichtig erachten, halten ein spezielles (Aufbau-)Studium an der "Northwood University" für bedeutsam und nur 9,5 Prozent an einer Universität ohne automobilspezifische Wahlpflichtfächer (etwa 1-2 Semester); siehe auch Tab. 9. Dieses Ergebnis, in Verbindung mit der geringen Bedeutungsbeimessung der Auswirkungen des EGBinnenmarktes 1993 auf das Kfz-Gewerbe (siehe Tab. 5 zweite Zeile) verdeutlicht, daß die Befragten auch in Zukunft primär von einem lokalen Wettbewerb in ihrem jeweiligen Marktverantwortungsgebiet ausgehen und weniger internationale Verflechtungen für das einzelne Autohaus sehen. e) Rubrik E: Gewerblich-technische und kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten Nicht nur beim Fachhochschul- und Universitätsstudium, sondern auch bei den beruflichen Fortbildungsmöglichkeiten dominiert deutlich die branchenspezifische Schulung. Die knapp einjährige kaufmännische Schulung an der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) präferieren über 61 Prozent der Befragungsteilnehmer. An zweiter Stelle der Fortbildungsmöglichkeiten folgt die von vielen heutigen Senior-Unternehmern bzw. -Geschäftsführern selbst absolvierte KfzMeisterprüfung mit über 35 Prozent. Die Ende 1992 neu geschaffene gewerblich-technische Fortbildungsmöglichkeit zum Kfz-Servicetechniker (10,9 %) sowie die Schulungsmaßnahmen öffentlich-rechtlicher (z.B. Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, staatliche Akademien) und vor allem kommerzieller (z.B. Bad Harzburger Managementschule) Managementinstitute werden als weniger bedeutsam beurteilt. An weiteren Bildungsmöglichkeiten wurden unter Sonstiges noch genannt: EG-Auslandsaufenthalt, Jura-Teilzeitstudium sowie Fortbildungsmaßnahmen der Hersteller/Importeure, auf die in der übernächsten Frage separat und detaillierter eingegangen wird (siehe auch Tab. 10). Auch in dieser Rubrik gab es viele Doppelnennungen. Anscheinend erachten einige die Kombination Kfz-Meisterbrief und Fachschule für Kfz-Wirtschaft als interessante, praxisnahe Verknüpfung einer 129 Die "Northwood University" bietet Absolventen der "Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe" (BFC) und (Fach-)Hochschulabsolventen entsprechende Studienmöglichkeiten an. - 250 - handwerklich-technischen und kaufmännischen Fortbildung sowie als mögliche Alternative zum Wirtschaftsstudium. Tab. 10: Gewerblich-technische und kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten Fortbildungsmöglichkeiten 1. Technische/Handwerkliche Fortbildungsmöglichkeiten 1.1. Kfz-Servicetechniker 1.2. Kfz-Meisterbrief als Mechaniker oder Elektriker 2. Kaufmännische Fortbildungsmöglichkeiten 2.1. staatlicher Institutionen (z.B. IHK, Handwerkskammer, staatliche Akademien) 2.2. kommerzieller Managementinstitute (z.B. Bad Harzburger Managementschule) 2.3. Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe (BFC) 3. Sonstiges Summe 4.2.4.2. Gesamt rel. Häufigkeit 16 52 10,9 % 35,4 % 15 10,2 % 10 6,8 % 90 61,22 % 4 187 2,7 % . Fachwissen und -können Eine zusätzliche handwerkliche Berufsausbildung als Kfz-Mechaniker oder zumindest ein 1,5jähriges Intensivpraktikum in der Werkstatt neben einer kaufmännischen Lehre wird von den Befragungsteilnehmern für weniger wichtig angesehen. Der durchschnittliche Wert der Gesamtakzeptanz von 2,2 lag deutlich unter dem Median (teils-teils = Wert 3). 4.2.4.3. Spezielle, branchenbezogene Fortbildungsmaßnahmen im In- und Ausland a) Unternehmernachfolger-Seminare Bei den speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren werden nicht - wie man vermuten könnte - die fabrikatsspezifischen Händlernachwuchs-Programme des Herstellers/Importeurs präferiert (Mittelwert: 3,8). Die fabrikatsübergreifenden Schulungsmaßnahmen beispielsweise der "Autohaus Akademie" werden nach dieser Untersuchung als geeigneter eingestuft (Mittelwert: 4,1). Ferner werden auch Nachfolgerprogramme von nicht branchenspezifischen Anbietern (z.B. Industrieund Handelskammern, Bad Harzburger Managementinstitute) als recht wichtig beurteilt (Mittelwert: 3,8); siehe auch Tab. 11. Die hohe Einstufung der Unternehmernachfolger-Programme externer Anbieter könnte zum einen daran liegen, daß die Befragten eine autonome, generalistische, werks- und fabrikatsungebundene Schulung für effektiver ansehen. Zum anderen ist es denkbar, daß es bei einigen befragten Händlern keine werkseigenen Seminare für diese Zielgruppe gibt oder daß die Qualität dieser Schulungsmaßnahmen zu wünschen übrig läßt. - 251 - Tab. 11: Wichtigkeit der Teilnahme an Unternehmernachfolger-Seminaren Anbietende Bildungsinstitutionen 1. Schulungszentren der einzelnen Hersteller/Importeure 2. Branchenbezogene, fabrikatsübergreifende Anbieter (z.B. Autohaus Akademie) 3. Nicht branchenspezifische Anbieter (z.B. IHK, Bad Harzburger Managementschule) Mittelwert 3,8 4,1 3,8 b) Auslandspraktikum Im Gegensatz zu einigen Branchenexperten (z.B. B. Enning - ehemaliger Präsident des ZDKs, I. Meyer - Bildungsfachmann des ZDKs), die generell ein branchenspezifisches Auslandspraktikum für Nachfolger in anderen EG-Staaten (z.B. Frankreich, Großbritannien) und vor allem in den USA für äußerst wichtig erachten, beurteilen die Befragten ein etwa 2- bis 3-monatiges Auslandspraktikum im Kfz-Gewerbe lediglich als wichtig (Mittelwert: 3,9). Ferner halten sie ein branchenfremdes Praktikum nur bedingt für notwendig (Mittelwert: 2,7); siehe auch Tab. 12. Tab. 12: Notwendigkeit eines Auslandspraktikums (etwa 2-3 Monate) Branche 1. branchenfremd 2. in einem Kfz-Betrieb 4.2.4.4. Mittelwert 2,7 3,9 Erwerb praktischer (Berufs-)Erfahrungen in den einzelnen Unternehmensbereichen eines Kfz-Betriebes und in anderen Wirtschaftsbereichen a) Praktische Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Abteilungen Wie in Fachzeitschriften und verschiedenen Untersuchungen (z.B. Mobil Oil-Studie von 1990) immer wieder angeführt, bieten der Kundendienst-/Werkstatt-, Gebrauchtwagen- sowie Teile- und Zubehörbereich zukünftig die größten Erfolgschancen. Sie weisen auch die besten Profilierungs- und Ertragspotentiale auf. Dementsprechend erscheinen den befragten Unternehmern/ Geschäftsführern speziell in diesen drei Bereichen fundierte praktische Berufserfahrungen besonders wichtig. Danach folgen erst praktische Erfahrungen in dem komplexen Aufgabengebiet der Geschäftsführung (siehe auch Tab. 13). - 252 - Tab. 13: Notwendigkeit der praktischen Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Abteilungen des KfzBetriebes Abteilungen 1. Neuwagenbereich 2. Gebrauchtwagenbereich 3. Kundendienst-/Werkstattbereich 4. Teile- und Zubehörbereich 5. Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen 6. Geschäftsführung Mittelwert 3,3 4,5 4,6 4,3 2,5 4,3 Da der jahrelang wichtigste, umsatz- und gewinnbringende Neuwagenbereich aufgrund der gesättigten Märkte kaum noch quantitativ zunehmen wird, erscheinen den Befragungsteilnehmern diesbezügliche intensive praktische Erfahrungen nur noch bedingt wichtig (Mittelwert: 3,3). Von geringerer Bedeutung werden trotz des zunehmenden Verdrängungswettbewerbs und der steigenden Bedeutung des Kostenmanagements (z.B. Planungsrechnung, Kosten- und Ergebnisrechnung, Kalkulation) praktische Erfahrungen in der Finanzbuchhaltung und im Rechnungswesen eingestuft (Mittelwert: 2,5). b) Gewinnung praktischer Berufs- und Branchenerfahrungen in anderen Betrieben, also nicht im familieneigenen bzw. Stammbetrieb Genauso wie viele Branchenexperten (u.a. B. Enning, I. Meyer), bewerten auch die meisten Befragungsteilnehmer die praktische Erfahrungsgewinnung der Nachfolger bei Partnerhändlern sowohl des eigenen Fabrikats (Mittelwert: 4,8) als auch mit gewissen Abstufungen bei Fremdfabrikatshändlern (Mittelwert: 4,4) als übermäßig wichtig (siehe auch Tab. 14). Den Nachwuchskräften sollte nach einer abgeschlossenen Berufs- oder Hochschulausbildung die Möglichkeit eines Wanderschafts- oder Praktikantenjahres eingeräumt werden, um andere Betriebsabläufe und Führungskriterien praktisch kennenzulernen - siehe auch die Renaissance der "Wanderschaftsjahre" des Handwerks (z.B. Zimmerleute) seit Mitte der 80er Jahre. Tab. 14: Händlerbetriebe zur praktischen Erfahrungsgewinnung Händlerbetriebe 1. Partnerhändler des gleichen Fabrikats 2. Kfz-Händler anderer Fabrikate Mittelwert 4,8 4,4 Vergleicht man diese recht hohen Mittelwerte der inländischen branchenspezifischen Praktika mit den Werten des Auslandspraktikums (siehe Kapitel 4.2.4.3., Unterpunkt b)), so kann man erkennen, daß die Befragungsteilnehmer in erster Linie nationale Praktika in verschiedenen Kfz-Betrieben bevorzugen und weniger in anderen EG-Staaten und/oder in den USA, wie es die Bildungsfachleute für dringend erforderlich erachten. Bei der Beurteilung mögen für die Befragten u.U. auch Kostenaspekte, Sprachbarrieren, Kulturängste, Kenntnisdefizite über internationale Volontariate, fehlende Kontakte, gesetzliche Schranken etc. ausschlaggebend gewesen sein. - 253 - Aufgrund dieser Befragungsergebnisse ergeben sich unterschiedliche Handlungsfelder für die Schulungsinstitutionen der Hersteller/Importeure, evtl. in Zusammenarbeit mit den regionalen Händlerbeiräten und dem ZDK. Vorrangig sollten sie innerhalb ihrer Händlerorganisation wie auch bei Fremdfabrikaten den Unternehmernachfolgern zuerst einmal nationale Möglichkeiten schaffen, auch in anderen Kfz-Betrieben Berufserfahrungen zu sammeln. Voraussichtlich wird in einigen Jahren durch das weitere Zusammenwachsen der einzelnen europäischen Staaten eine internationale Qualifizierung der Nachfolger unumgänglich. Dies erfordert dann eine intensivere Zusammenarbeit der einzelnen nationalen Schulungseinrichtigungen der Hersteller/Importeure und der nationalen Zentralverbände. Die Autohaus Akademie bietet bereits im Rahmen der "Autohaus-Praktikantenbörse" u.a. für Absolventen ihrer Unternehmernachfolger-Kollegs praktische Erfahrungsgewinnung bei verschiedenen markengebundenen Kfz-Betrieben im In- und Ausland an. c) Praktikum in branchenfremden, möglicherweise erlebnisorientierten Wirtschaftsbereichen (z.B. Parfümerie-, Touristik-, Sportartikel-Einzelhandel) Aufgrund des Wertewandels der Gesellschaft, dem steigenden Einkommen und Vermögen der westdeutschen Bevölkerung und den damit verbundenen zunehmenden Ansprüchen der Kunden hinsichtlich Erlebniseinkaufsatmosphäre, Servicebequemlichkeit, Beratungsqualität etc. speziell im Fahrzeugkauf und Kundendienst, beurteilen die Befragten ein Praktikum in branchenfremden, möglicherweise erlebnisorientierten Wirtschaftsbereichen (z.B. Parfümerie-, Touristik-, Sportartikel-Einzelhandel) als wichtig (Mittelwert: 3,8). Zu einer vergleichbaren Einstufung gelangt auch der Bildungsfachmann des ZDKs. Durch ein Praktikum in diesen sog. "Shopping-Paradiesen" erhofft man sich interessante Gedankenanstöße bzgl. der Kundenberatung und -betreuung, Leistungs- und Produktpräsentation, Werbung etc. (sog. "Blick über den eigenen Tellerrand"), die man auf das KfzGewerbe übertragen kann. 4.2.4.5. Vergleich der Antworten zum Qualifikationsweg mit den korrespondierenden Beurteilungen der besonders kritischen Arbeitsinhalte Vergleicht man die Antworten zum Qualifikationsweg in Teil C des Fragebogens (siehe Tab. 6 bis 14) mit den korrespondierenden Beurteilungen der besonders kritischen Erfolgs- und Problemfaktoren in Teil A (siehe Anlage 16 und 17), so sind wichtige Übereinstimmungen zu konstatieren. Beispielsweise wurden im Bereich A "Qualifikationsanforderungen" sowohl die branchenbezogene Aus- und Fortbildung (EF = 55,9 %) als auch die Kenntnisse über abteilungsspezifische Besonderheiten (PF = 38,1 %) als besonders leistungswirksame Ausprägungen eingestuft. Im Rahmen der Qualifikationswege in Teil C wurde ebenfalls großes Gewicht auf eine branchenbezogene Aus- und Fortbildung gelegt (z.B. Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe, FH Nürtingen) sowie auf Schulungsmaßnahmen über abteilungsspezifische Besonderheiten im Rahmen der Unternehmernachfolger-Seminare. Ferner sind gewisse Überschneidungen beim Antwortverhalten der - 254 - Befragten bzgl. der praktischen Berufserfahrung in beiden Fragenblöcken festzustellen. Dies verdeutlicht, daß sich die Befragungsteilnehmer über die Bedeutung einer umfassenden fach- und führungsbezogenen, branchenspezifischen Berufs- und (Fach-) Hochschulausbildung mit Praktika in mehreren in- und ausländischen Betrieben im klaren sind. 4.2.4.6. Branchenspezifische Vorschläge über mögliche Aus - und Fortbildungswege für zukünftige Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe Die nachfolgend aufgeführten Vorschläge über mögliche Aus- und Fortbildungswege für zukünftige Unternehmernachfolger im Kfz-Gewerbe sind anhand der Häufigkeitsverteilungen der empirischen Untersuchung und durch Gespräche mit Branchenexperten erstellt worden. Die Differenzierung in kleinere, mittlere und große Kfz-Betriebe ist anhand einer inoffiziellen Aufteilung der Unternehmensgrößenklassen des ZDKs vorgenommen worden, wonach - Kleinbetriebe bis zu 10 Arbeitnehmern, - Mittelbetriebe 11- 49 Mitarbeiter und - Großbetriebe 50 und mehr Personen beschäftigen. a) Vorschlag für einen stärker berufspraktisch orientierten Qualifizierungsweg (vorrangig für Unternehmernachfolger kleinerer Kfz-Betriebe geeignet): - Fachhochschulreife bzw. Fachabitur, - Lehre als Kfz-Mechaniker, - einjährige Berufserfahrung, - Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kfz-Gewerbe und/oder Kfz-Meisterprüfung, - Teilnahme an speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren entweder des vertragsgebundenen Herstellers/Importeurs oder des branchenbezogenen, fabrikatsungebundenen Anbieters (Autohaus Akademie), - praktische Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Unternehmensbereichen in verschiedenen Autohäusern, vorrangig im Inland. b) Vorschlag für einen kombinierten kaufmännischen und wirtschaftstheoretischen Aus- und Fortbildungsweg (primär für Unternehmernachfolger mittelgroßer Kfz-Betriebe geeignet): - Abitur, - kombinierte kaufmännische Berufs- und wirtschaftstheoretische Ausbildung im Rahmen der Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft, - Erwerb von Grundkenntnissen über Kfz-Technik, - Teilnahme an speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren entweder des branchenbezogenen, fabrikatsübergreifenden Anbieters (Autohaus Akademie) oder des vertragsgebundenen Herstellers/Importeurs, - 255 - - praktische Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Unternehmensbereichen in verschiedenen Autohäusern, vorrangig im Inland. c) Vorschlag für einen stärker betriebswirtschaftlich orientierten Qualifizierungsweg (in erster Linie für Unternehmernachfolger größerer Kfz-Betriebe geeignet): - Fachhochschulreife bzw. Fachabitur oder (Voll-)Abitur, - branchenspezifisches (Fach-)Hochschulstudium an der FH Nürtingen oder an der Universität Bamberg mit Wahlpflichtfach Automobilwirtschaft im Hauptstudium, - Teilnahme an speziellen Unternehmernachfolger-Seminaren entweder des branchenbezogenen, fabrikatsübergreifenden Anbieters (Autohaus Akademie) oder des vertragsgebundenen Herstellers/Importeurs, - praktische Erfahrungsgewinnung in den einzelnen Unternehmensbereichen in verschiedenen Autohäusern im In- und Ausland. 4.2.5. Befragungsergebnisse hinsichtlich der Bedeutung der angeführten Seminarthemen und -inhalte 4.2.5.1. Beurteilung der Notwendigkeit der angeführten Themen und Inhalte Bei den angeführten Seminarthemen und -inhalten für ein Qualifizierungsprogramm für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben ist grundsätzlich anzumerken, daß kein Thema bzw. Inhalt einen Mittelwert von weniger als 3,5 aufweist und somit alle eindeutig über dem Indifferenzwert von 3 (teils-teils) liegen (siehe auch Tab. 15). Im Themen- und Inhaltsblock über die "strategische Unternehmensführung" treten die stärksten Beurteilungs-Gegenpole auf. Einerseits wurde der integrativen Verknüpfung von Unternehmensund Personalplanung für den langfristigen Unternehmenserfolg mit dem arithmetischen Mittel von 4,7 die größte Bedeutung aller angeführten Seminarthemen und -inhalte beigemessen. Dieser mit Abstand höchste Mittelwert zeigt auf, daß die Befragten verstanden haben, daß für den zukünftigen Unternehmenserfolg neben einer strategischen Unternehmensplanung vor allem auch die Berücksichtigung der (persönlichen) Ziele, Qualifikationen und Motivationsaspekte etc. der Arbeitnehmer immer erfolgsentscheidender für das Unternehmen werden. Andererseits erhielten in diesem Fragenblock die Jahreszielgespräche und Budgetplanung mit dem arithmetischen Mittel von 3,5 den geringsten Wert aller Fragen in Teil D. Aus dieser Einstufung läßt sich ableiten, daß viele der Befragten die sehr bedeutende, kurzfristige Planungsrechnung (z.B. für Wochen, Monate, halbe und ganze Jahre) für einzelne Abteilungen und das Gesamtunternehmen über kurzfristige Absatz- und Umsatzprognosen, Rendite- und Liquiditätsentwicklung etc. für nur bedingt wichtig erachten. Im einzelnen beurteilten die Befragungsteilnehmer die Bedeutung der Themen und Inhalte wie folgt: - 256 - Tab. 15: Befragungsergebnisse bzgl. der Bedeutung der angeführten Seminarthemen und -inhalte Seminarthemen und -inhalte Fragen zur strategischen Unternehmensführung: 1. Generelle Ziel- und Strategiekonzeption im Autohaus? 2. Ganzheitliche strategische und operative Planung und Controlling unter Berücksichtigung der Ziele, Werte und Verhaltensweisen im Unternehmen? 3. Aufbau und Inhalt einer unternehmensspezifischen Corporate Identity (=Unternehmensidentität)? 4. Kenntnisse über analytische Planungsinstrumente (z.B. PortfolioTechnik, Stärken-/Schwächen-Analyse)? 5. Jahreszielgespräche und Budgetplanung? 6. Kenntnisse über betriebswirtschaftliche Planungs- und Steuerungsinstrumente (z.B. Bilanz, G.u.V., KER, Liquiditätsplanung)? 7. Bedeutung der integrativen Verknüpfung von Unternehmens- und Personalplanung für den langfristigen Unternehmenserfolg? Mittelwert Seminarthemen und -inhalte Fragen zur Organisationsstruktur: 1. Darstellung der Organisationsstrukturen und Leitungssysteme in mittelständischen Kfz-Betrieben? 2. Formen der Arbeitsorganisation/-strukturierung in Autohäusern (z.B. Profit Center, Team-Konzept, Qualitätszirkel)? 3. Arbeitstechniken eines Unternehmensführers (z.B. Zeit- und Selbstmanagement, Rhetorik und Vortragstraining, anwenderspezifische EDV-Kenntnisse)? Mittelwert Seminarthemen und -inhalte Fragen zum strategischen Personalmanagement: 1. Gründe für die zunehmende Bedeutung der Belegschaft für den langfristigen Unternehmenserfolg? 2. Aufbau und Inhalt der einzelnen Teilbereiche des strategischen Personalmanagements (z.B. strategische Personalbeschaffung,/-auswahl, Leistungserfassung, -beurteilung, Personalentwicklung, Anreize/ Belohnung)? 3. Besondere Bedeutung der langfristigen Karriere- und Laufbahnplanung sowie Entwicklung qualifizierter Nachwuchskräfte für den einzelnen Betrieb? 4. Erläuterung der einzelnen Führungsstile, und deren situative Einsatzmöglichkeiten? 5. Aufgabe und Inhalt von Führungsgrundsätzen? 6. Verschiedene Führungsmittel (z.B. Informations- und Kommunikationsverhalten, Konfliktbehandlung, Anerkennung und Kritik im Rahmen von Mitarbeitergesprächen bzw. Leistungsbeurteilungen) und deren Auswirkungen auf die Mitarbeitermotivation? 7. Die Bedeutung materieller und immaterieller Arbeitsanreize (z.B. Arbeitsentgelt, flexible Arbeitszeitregelung, Delegation von Verantwortung, berufliche Aufstiegsperspektiven) auf die Leistungs-/ Mitarbeitermotivation? Mittelwert 4,3 4,2 4,3 3,8 3,5 4,2 4,7 4,3 3,8 4,0 3,9 4,4 4,1 4,1 3,7 4,4 4,3 Die unpersönlichen Kommunikationsmittel wie Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit (PR) wurden von den Befragten als wichtig eingestuft. Aufgrund der (zu) großen Zahl von Kfz- - 257 - Betrieben, der zunehmenden Sättigungstendenzen speziell auf dem Neuwagenmarkt und des damit einhergehenden Verdrängungswettbewerbs, bekommt die gezielte Kommunikationspolitik noch mehr Bedeutung, um sich gegenüber den Mitbewerbern individuell zu profilieren und vorteilhaft abzuheben (siehe auch Tab. 16). Tab. 16 Kenntnisse über branchenspezifische Marketingmaßnahmen Seminarthemen und -inhalte 1. Werbung? 2. Verkaufsförderung? 3. Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations)? Mittelwert 4,1 4,2 4,1 Zur Verminderung möglicher (Generations-)Konflikte bei der Planung und Durchführung der Unternehmensnachfolge wäre es ratsam, dies zeigt auch das Ergebnis der Befragung (Mittelwert: 3,9), wenn die Schulungsinstitutionen gemeinsame Seminare (z.B. 1- bis 2-tägige Lehrgänge) für den Seniorchef und den Nachfolger anbieten würden. Im Rahmen dieser Veranstaltungen sollten beide Seiten über Reibungspunkte, nötige Freiräume für den Junior, Verhaltensweisen im betrieblichen Umgang miteinander etc. geschult werden. Abschließend sollte ein verbindlicher betriebsspezifischer Ablauf- und Zeitplan erstellt werden, unter Berücksichtigung der Qualifikation und Kenntnismerkmale des Nachfolgers sowie des Alters und der Rücktrittsvorstellungen des Seniorchefs etc. (siehe auch Tab. 17). Tab. 17: Gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur Vermeidung von Generationskonflikten bei der Unternehmensübergabe Seminarthemen und -inhalte Gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge? Mittelwert 3,9 Die befragten Kfz-Unternehmer/-Geschäftsführer präferierten zu 68,5 % das auch immer wieder in der diesbezüglichen Literatur als die beste Lösung bezeichnete schrittweise Einführen und Übergeben (innerhalb von 3-5 Jahren) der Unternehmensführung an den Nachfolger; siehe auch Fragebogen S. 6. Speziell die jüngeren Befragungsteilnehmer unter 35 Jahren präferierten diese Vorgehensweise (86,7 %). An zweiter Position folgt altersübergreifend die kurzfristige Übergabe (innerhalb eines Jahres) mit 19,2 %. Entgegen den Erwartungen wurde diese abrupte Variante von keinem der jüngeren Befragten als die beste Alternative angekreuzt. Die in der Praxis (leider) oft vorzufindende fortlaufende Zusammenarbeit des Senior- und Juniorchefs über 5 Jahre hinaus erachteten generell nur 12,3 % der Befragten für die geeignetste Art der Unternehmensübergabe. Gerade die älteren - 258 - Befragungsteilnehmer (55 Jahre und älter) bevorzugen überproportional (16,7 %) diese längerfristige Übergabeform130 (siehe auch Tab. 18). Tab. 18: Art und Weise der präferierten Unternehmensübergabe Art und Weise der Unternehmensübergabe 1. Kurzfristige Übergabe (innerhalb 1 Jahres)? 2. Schrittweises Einführen und Übergeben (innerhalb von 3-5 Jahren)? 3. Fortlaufende Zusammenarbeit des Seniorund Juniorchefs über 5 Jahre hinaus? Keine oder fehlerhafte Angabe Summe Gesamt 28 100 rel. Häufigkeit 19,2 % 68,5 % 18 12,3 % 1 147 0,7 % 100,0 % Als weitere wichtige Seminarthemen wurden von den Befragten (am Ende von Teil E, S. 6) angegeben (es sind nur Themen aufgeführt, die von mindestens 3 Personen genannt wurden): Tab. 19: Weitere wichtige Seminarthemen und -inhalte Seminarthemen - Mitarbeiterführung - Marketing bzw. Marketingstrategie - verhaltenspsychologische Seminare - Persönlichkeitsentwicklung - aktiver betrieblicher Umweltschutz Anzahl der Nennungen 8 6 4 3 8 Die angeführten Themen sind im Rahmen der Gestaltung des Lehrplans zusätzlich berücksichtigt worden, soweit sie sich nicht bereits schon aus den angeführten Themen ergaben. 4.2.5.2. Vergleich der Bewertungen der Seminarthemen und -inhalte mit den Beurteilungen über die korrespondierenden besonders kritischen Arbeitsinhalte Vergleicht man die Ergebnisse der Einstufung der Befragungsteilnehmer über die besonders kritischen Erfolgs- und Mißerfolgsfaktoren (siehe Anlage 16 und 17) mit den korrespondierenden Beurteilungen der für bedeutsam eingestuften Seminarthemen und -inhalte (siehe Tab. 15), so ergeben sich folgende Überschneidungen bzw. Abweichungen bei der Beurteilung: Im Teil A wird im Hauptbereich "strategische Unternehmensführung" das abteilungsübergreifende Denken und Handeln von der Mehrzahl der Befragten als der entscheidende Erfolgsfaktor eingestuft. Genauso wird als Seminarthema bzw. -inhalt der Bedeutung der integrativen Verknüpfung von Unternehmens- und Personalplanung für den langfristigen Unternehmenserfolg die mit Abstand größte Bedeutung beigemessen. Des weiteren korrespondiert damit noch die ganzheitliche 130 Auf die systematische Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge wird in Kapitel 5.2. näher eingegangen. - 259 - strategische und operative Planung und das Controlling unter Berücksichtigung der Ziele, Werte und Verhaltensweisen im Unternehmen, die ebenfalls als recht wichtig eingestuft werden. Das Gestalten und Vorleben von Werten und Normen wird von vielen Teilnehmern als besonders kritischer Problemfaktor bezeichnet. Korrespondierend dazu ist der Aufbau und Inhalt einer unternehmensspezifischen Corporate Identity (=Unternehmensidentität) als recht wichtig eingestuft worden. Gewisse Abweichungen ergeben sich zwischen der Einstufung in Teil A Überprüfung und Kontrolle durchgeführter Maßnahmen und der Beurteilung in Teil D bzgl. der Kenntnisse über betriebswirtschaftliche Planungs- und Steuerungsinstrumente (z.B. Bilanz, G.u.V., KER, Liquiditätsplanung). Im Bereich bzw. Fragenblock "strategisches Personalmanagement" herrscht weitgehende Übereinstimmung zwischen den Beurteilungen beim langfristigen Planen zukunftsgerichteter Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie der Karrieremöglichkeiten für die Mitarbeiter in Teil A und der besonderen Bedeutung langfristiger Karriere- und Laufbahnplanung sowie Entwicklung qualifizierter Nachwuchskräfte für den einzelnen Betrieb in Teil D. In beiden Abschnitten erhalten sie eine hohe Bewertung. Während in Teil A das Einrichten kurz- und langfristiger Anreize/Belohnung speziell für Führungskräfte nur wenige Teilnehmer als besonders leistungswirksam einstufen, bewerten sie die Bedeutung materieller und immaterieller Arbeitsanreize (z.B. Arbeitsentgelt, flexible Arbeitszeit, Delegation von Verantwortung, berufliche Aufstiegsperspektiven) auf die Leistungs-/Mitarbeitermotivation in Teil D als recht wichtig. Sowohl im Teil A des Hauptbereichs "persönliche Eigenschaften des Unternehmernachfolgers" wurden die effiziente Zeit- und Arbeitsorganisation sowie die Persönlichkeit und Ausstrahlung als die besonders leistungswirksamen Arbeitsinhalte beurteilt. Genauso wird in Teil D im Fragenblock "strategisches Personalmanagement" die Arbeitstechniken eines Unternehmensführers (z.B. Zeitund Selbstmanagement, Persönlichkeit und Ausstrahlung) als wichtig eingestuft. Im Bereich bzw. Fragenblock "Organisationsstruktur" ist die Bereitschaft zur flexiblen Unternehmenssteuerung von den meisten Befragten in Teil A als entscheidendster Erfolgsfaktor sowie das Einrichten neuer Formen der Arbeitsorganisation als besonders kritischer Problemfaktor eingestuft worden. Demgegenüber werden die Kenntnisse über neue Formen der Arbeitsorganisation/strukturierung in Autohäusern (z.B. Profit Center, Team-Konzept, Qualitätszirkel) in Teil D nur für nahezu wichtig bewertet. Ferner wurden in Teil A die Kenntnisse über Entscheidungskompetenzen im Unternehmen als weniger leistungswirksam beurteilt. Wiederum sind in Teil D die Darstellung der Organisationsstrukturen und Leitungssysteme als der wichtigste Inhalt eingestuft worden. - 260 - Ein noch differenzierterer Vergleich der einzelnen, besonders kritischen Erfolgs- und Problemfaktoren mit den korrespondierenden Seminarthemen und -inhalten erscheint dem Verfasser der vorliegenden Arbeit aus folgenden Gründen nicht ratsam: - Die Beurteilungen der einzelnen Seminarthemen und -inhalte liegen alle eindeutig über dem Median und weisen größtenteils nur geringe Abweichungen auf. Dies erschwert eine genauere Bestimmung unterschiedlicher Bewertungen in Teil A und D des Fragebogens. - Eine detaillierte Lehr- und Zeitplanbestimmung nur anhand der Ergebnisse würde wichtige Differenzierungskriterien wie z.B. das individuelle Qualifikationsniveau, die Vorkenntnisse, Erfahrungen, Zielsetzungen, Neigungen, betrieblichen Gegebenheiten etc. der einzelnen Teilnehmer in den Hintergrund drängen. Zusammenfassend ist zu sagen, daß zwischen der Beurteilung der kritischen Arbeitsinhalte in Teil A des Fragebogens und den korrespondierenden Beurteilungen der notwendigen Seminarthemen und -inhalte in Teil D, bis auf den Komplex der "Organisationsstruktur", weitgehende Übereinstimmung in der Bewertung festzustellen ist. Betrachtet man die kumulierten arithmetischen Mittelwerte der drei Fragenblöcke in Teil D und bildet daraus erneut den Mittelwert, so ergibt sich die gleiche Reihenfolge der Bereiche (strategische Unternehmensführung, strategisches Personalmanagement, Organisationsstruktur) wie bei den kritischen Arbeitsinhalten in Teil A. 4.3. Entwicklung eines Lehrplan-Vorschlags für ein zukunftsorientiertes, duales und ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm 4.3.1. Gründe für die Einführung systematischer Schulungsprogramme für Führungsnachwuchskräfte Nach dem Abschluß einer Berufsausbildung bzw. eines (Fach-)Hochschulstudiums stellt sich für viele Seniorchefs, Unternehmernachfolger etc. die Frage, wie die Nachfolger weiterhin umfassend auf die zukünftigen Arbeitsanforderungen im Autohaus vorbereitet werden können. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung belegen, daß neben der Teilnahme an Unternehmernachfolger-Seminaren (siehe auch Kapitel 4.2.4.3., Tab. 11) vor allem auch die Notwendigkeit der praktischen Erfahrungsgewinnung bei Markenkollegen wie auch bei Fremdfabrikatshändlern (siehe auch Kapitel 4.2.4.4., Tab. 14) für besonders wichtig erachtet wird. Die meisten Kfz-Hersteller/-Importeure, fabrikatsübergreifende Institutionen sowie kommerzielle Bildungseinrichtungen bieten zwar diesbezügliche theoretische Seminarveranstaltungen an, praktische Erfahrung, Übung und Handlungssicherheit bei den konkreten betrieblichen Abläufen und Aufgabeninhalten gewinnt man damit aber nur bedingt. Gewisse Sach-, Führungsaufgaben etc. wird man erst beherrschen, wenn man sie mehrmals eigenständig von Anfang bis Ende durchgeführt hat. - 261 - In vielen Großunternehmen (z.B. Procter & Gamble, Henkel, Commerzbank, Mercedes-Benz, Volkswagen/Audi) absolvieren insbesondere (Fach-)Hochschulabsolventen während der Einführungsbzw. Einarbeitungsphase im Unternehmen ein sog. Trainee-Programm131. Dabei handelt es sich um staatlich nicht reglementierte Personalentwicklungsprogramme mit systematisch, didaktischstrukturierten Lehrplänen, um speziell Führungs-(nachwuchs-)kräfte mit dem gesamtbetrieblichen Geschehen (z.B. Unternehmensziele, -leitbild), den strukturellen Zusammenhängen und konkreten Arbeitsanforderungen im Unternehmen vertraut zu machen (vgl. Berthel, 1995, S. 262). Ein solches Programm dauert i.d.R. zwischen 12 und 18 Monaten. Häufig werden weniger als 20 % der Ausbildungszeit für reine Schulungen verwendet; das Prinzip learning by doing überwiegt deutlich. Die meisten Unternehmen bieten Programme mit systematischem Arbeitsplatzwechsel (job rotation) in einem oder mehreren Funktionsbereichen bzw. Ressorts an (vgl. Thom, 1995, S. 35). Durch die einzelnen Programmbausteine soll die fachliche Qualifikation der Teilnehmer gefördert werden, um fachlich flexible Nachwuchskräfte aus dem eigenen Unternehmen zu erhalten. Im Laufe des Programms sollen sie firmen- und produktspezifisches Wissen erwerben, Organisations- und Entwicklungsstrukturen kennenlernen, das soziale Netzwerk im Unternehmen erfahren, ihre Einsatzbreite erweitern sowie Arbeitstechniken in der betrieblichen Praxis einüben. Gerade der Abbau von engem Ressortdenken hat aufgrund der Reorganisation der Unternehmen stark an Bedeutung gewonnen (vgl. Hentze, 1991(a), S. 351; Thom, 1995, S. 35). Die heutigen Programme tendieren zur stärkeren Einbeziehung der Trainees in die praktische Mitarbeit, um Berufserfahrung und Handlungssicherheit zu bekommen, sei es durch Übertragung von Sonderaufgaben oder die Mitwirkung am laufendem Tagesgeschäft einschließlich Routineaufgaben. Ergänzt werden diese Entwicklungsmaßnahmen durch Informationsveranstaltungen, begleitende Schulungsmaßnahmen, Arbeitsgemeinschaften, Praktika in anderen Wirtschaftsbereichen etc. mit dem Ziel, die Absolventen langfristig auf die eigenverantwortliche Übernahme der Unternehmensführung vorzubereiten (vgl. Olesch, 1992, S. 81). Trainee-Programme sind letztlich - in Analogie zur dualen Berufsausbildung - nichts anderes als ein zweigeteiltes Qualifizierungssystem, dessen Dualität ebenfalls in dem Konglomerat aus berufspraktischen und theoretischen (z.B. Seminare, Kurse, Projekte) Abschnitten besteht. Der große Vorzug ist die mögliche individuelle, inhaltliche Fixierung durch den Betrieb in Zusammenarbeit mit den Trainees ohne staatliche Zugriffsmöglichkeiten (vgl. Christian, 1984, S. 27). Auch in mittelständischen Unternehmen sollte man diesem Beispiel folgen und den Nachfolgern zunächst in fremden mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit einräumen, die Aufgaben und 131 Weitere synonyme Bezeichnungen in der Literatur bzw. im Sprachgebrauch für Trainee-Programm sind: Einarbeitungs- und Förderprogramm für Führungsnachwuchskräfte, Kaderschulung, Nachwuchsförder-(ungs-) programm, Unternehmer-, Volontärausbildung, Management Development, job rotation-Programm etc. - 262 - Betriebsfunktionen, die von ihnen hinterher als Chef wahrzunehmen sind, vorher selbst praktisch auszuüben. In anderen Unternehmen kann man sich Fehler eher leisten, unqualifizierte ("dumme") Fragen stellen etc., ohne dadurch seine Vorgesetztenautorität nachhaltig einzubüßen (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 11ff). Wer die vielfältigen, von einem Unternehmer in der Praxis auszufüllenden Funktionen und Aufgaben (z.B. Kostenrechnung, Unternehmens-, Marketingplanung, Bilanzerstellung) noch nicht selbst praktisch durchgeführt und ihre konkreten Schwierigkeiten oder Fehlermöglichkeiten kennengelernt hat, kann zwar theoretisch mitreden, aber sie nicht selbst praktisch umsetzen und den Mitarbeitern vormachen. Der erste größere Fehler im eigenen Betrieb kann dem Juniorchef langfristig seine Autorität kosten (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 11). Erst mit zunehmender Erfahrung und Routine reduziert sich die anfängliche psychische und physische Belastung und gibt dem Unternehmernachfolger eine zunehmende Entscheidungssicherheit. Die meisten Nachfolger haben vor ihrer ersten größeren Entscheidung, die für erfahrene Praktiker wahrscheinlich unproblematisch gewesen wäre, große Zweifel gehabt (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 15). "Wer deshalb schon vorher durch praktische Ausbildung einige Erfahrung und Entscheidungssicherheit erworben hat, wird diese Anfangsschwierigkeiten bei praktischen Entscheidungsfunktionen im mittelständischen Betrieb leichter überwinden können" (Hamer/Nicolai, 1982, S. 15). Aus den oben angeführten Gründen erscheint es bei den stetig zunehmenden Arbeitsanforderungen speziell für Unternehmensführer dringend erforderlich, daß die Nachwuchskräfte in anderen mittelständischen Unternehmen praktische Berufserfahrung und konkrete Übung in den von ihnen zukünftig auszuübenden Funktionen vermittelt bekommen, bevor sie eigenverantwortlich tätig werden (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 16). Insgesamt ist ohne sytematisch geplante Qualifizierungsmaßnahmen die Entwicklung und Erhaltung erforderlicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen für die Nachfolger kaum sicherzustellen. Deshalb wird im Rahmen dieser Arbeit, in Anlehnung an die vorrangig in Großunternehmen eingesetzten Trainee-Programme speziell für Hochschulabsolventen, ein duales, ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben entwickelt, bei dem eine systematische Verzahnung von zu vermittelnder Praxiserfahrung mit theoretischer Fortbildung durch Seminare oder sonstige Schulungsmaßnahmen stattfindet (siehe auch Kapitel 4.3.5.2.). Daß ein solches duales Qualifizierungsprogramm für notwendig erachtet wird, belegen die Ergebnisse der empirischen Erhebung sowie die Stellungnahmen der verschiedenen Schulungsinstitutionen und der Ausbildungsreferenten der Verbände. Zulassungsvoraussetzung für dieses Programm ist entweder eine umfassende kaufmännische Berufsbildung (z.B. Fachschule für Kfz-Wirtschaft, Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft) oder ein abgeschlossenes (Fach-)Hochschulstudium (z.B. Betriebswirtschaftslehre, Wirtschafts-, - 263 - Rechtswissenschaften) sowie vergleichbare Berufs- und Studienabschlüsse (siehe auch die branchenspezifischen Vorschläge über mögliche Bildungswege für Unternehmernachfolger in Kapitel 4.2.4.6.). Der dargestellte Curriculum-Vorschlag ist ausgerichtet auf Unternehmen ab einer Größenordnung von mindestens 30-40 Mitarbeitern. Für kleinere Autohäuser soll das nicht heißen, daß die einzelnen Bildungsveranstaltungen und Berufspraktika irrelevant sind. Es erscheint allerdings fraglich, ob kleinere Kfz-Betriebe neben den erheblichen Kosten für dieses Programm gewillt und in der Lage sind, den Nachfolger eine so lange Zeit zu entbehren und ihn in anderen Unternehmen arbeiten zu lassen. Diese Entscheidung muß jeder Seniorchef bzw. -Geschäftsführer zusammen mit dem Nachfolger treffen. Für systematische Bildungsmaßnahmen mit darauf abgestimmten Betriebspraktika muß konkret festgelegt werden, welche Lehrmethoden, -medien, Verfahren etc. eingesetzt werden sollen, in welchem Zeitraum dies geschehen soll und vor allem welche Institutionen bzw. Dozenten sowie Praktikumsbetriebe bzw. Ausbilder die Maßnahmen durchführen sollen. Auf diese wichtigen Kriterien bei der Gestaltung eines umfassenden Qualifizierungsprogramms für Unternehmernachfolger wird in den kommenden Abschnitten detaillierter eingegangen. Daran anschließend werden der Aufbau und die Lerninhalte dieses Qualifizierungsprogramms näher dargelegt. 4.3.2. Planung der durchzuführenden Qualifizierungsmaßnahmen Im Rahmen der Qualifizierungsplanung geht es darum, sämtliche Maßnahmen zur Förderung des Entwicklungspotentials der Programmteilnehmer zu planen. Sie befaßt sich also mit der Organisation systematischer Lernprozesse für die Nachfolger. Diese Prozesse müssen auf persönliche Lern- und Entwicklungsziele ausgerichtet sein (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 267). Die Qualifizierungsplanung beinhaltet - die Ausbildungsplanung, d.h. die Planung der formalen Bildungsveranstaltungen und - die Einsatzplanung, also die Planung der praktischen Arbeitseinsätze (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 260). Das Hauptproblem bei der Planung der einzusetzenden Entwicklungsmaßnahmen besteht darin, entsprechend dem empirisch ermittelten, zukünftigen Anforderungsprofil für Unternehmernachfolger die geeignetsten Förderungsmaßnahmen festzulegen. Die einzusetzenden Maßnahmen hängen von folgenden sechs Merkmalen ab: - zu vermittelnder Lerninhalt (muß den Ausbildungsbedürfnissen möglichst genau entsprechen), - grundsätzliche Lernsituation (on the job training/am Arbeitsplatz, off the job training/ außerhalb des Arbeitsplatzes) und Lernmethode, - Teilnehmer (individuelle oder Gruppenausbildung), - 264 - - Ausbilder/Trainer (Vorgesetzte, firmeneigene oder -fremde Trainer, Selbststudium), - Träger der Ausbildung (unternehmensinterne oder -externe Ausbildung, kooperative Ausbildung mehrerer Unternehmen) (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 268). Des weiteren sind folgende Komponenten bei der Qualifizierungsmaßnahme zu berücksichtigen: - Dauer und Häufigkeit, - Zusammensetzung der Teilnehmer, - Art der Erfolgskontrolle (ob überhaupt, wenn ja: mit oder ohne Zeugnis usw.), - Kosten des gesamten Programms (vgl. RKW, 1990, S. 324). Die Planung und Auswahl der geeigneten Qualifizierungsmaßnahmen hängt neben den Entwicklungsbedürfnissen insbesondere von wirtschaftlichen (z.B. die einem Betrieb zur Verfügung stehenden internen und externen Möglichkeiten) und lernpsychologischen (z.B. individuelle Voraussetzungen der Teilnehmer wie Lernmotivation und -fähigkeit, Bedingungen der Lernsituation und des -transfers) Bedingungen ab (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 268ff). Auf die oben angeführten Erkenntnisobjekte bei der Konzeptionierung und Durchführung eines Qualifizierungsprogramms wird nachfolgend im Rahmen der Entwicklung des Curriculums132, also der Umsetzung des Qualifizierungsbedarfs in (Rahmen-)Lehrpläne, detaillierter eingegangen (vgl. RKW, 1990, S. 319). 4.3.3. Aufbau und Inhalt des Qualifizierungsprogramms 4.3.3.1. Festlegung der erforderlichen Lehr- und Lernziele Aus dem Bildungsbedarf sind die Lernziele abzuleiten (vgl. Hentze, 1991(a), S. 343). Sie sind eine Art Richtschnur für die Planung und Durchführung von Bildungsveranstaltungen sowie Grundlage für die abschließende Lernerfolgskontrolle. Sie geben präzise an, welche Fähigkeiten, Kenntnisse und Verhaltensweisen die Teilnehmer am Ende einer Bildungsveranstaltung (=Endzustand bzw. -verhalten) erreicht haben sollen (vgl. Hentze, 1991(a), S. 343f; Mentzel, 1994, S. 199). Die Lernziele beeinflussen ihrerseits die Lerninhalte (vgl. Hentze, 1991(a), S. 344). Sowohl dem Lehrenden als auch dem Lernenden müssen die Lernziele eindeutig bekannt sein (vgl. Mentzel, 1994, S. 199; Rosenstiel, 1991(b), S. 58). Nur so kann der Referent die didaktische Konzeption (Stoffgliederung, Methoden-, Medienwahl etc.) eindeutig festlegen. Ferner werden die Teilnehmer nur dann für den Lerngegenstand ausreichend motiviert, wenn sie erreichbare Ziele 132 Bei standardisierten, für mehrere Teilnehmer konzipierten Qualifizierungsprogrammen wird bei der Programmplanung trotz gewisser Schwächen (z.B. zu geringe partizipative Bildungsplanung) oft auf die Curriculumplanung zurückgegriffen. Sie strebt eine systematische Herleitung der Lernziele aus den jeweiligen Anwendungssituationen an (vgl. Weber, 1987, S. 323). - 265 - erkennen, diese bejahen und sich ihnen im Verlaufe des Seminars stufenweise annähern (vgl. Mentzel, 1994, S. 199). Zur Bestimmung der Lernziele sind die Ergebnisse der empirischen Studie über die besonders leistungswirksamen Erfolgs- und Problemfaktoren (siehe Teil A des Fragebogens) eine wertvolle Unterstützung. Die gebräuchlichste Unterteilung der Lernziele erfolgt nach folgenden drei Lernzielarten: a) kognitive Lernziele: Wissensvermittlung, z.B. Lernen einer Fremdsprache, Anwenden mathematischer Regeln; b) psychomotorische Lernziele: Einüben von Fähigkeiten und Bewegungsabläufen, z.B. Maschinenschreiben lernen, Feilen lernen; c) affektive Lernziele: Einflußnahme auf Einstellung und Haltung, z.B. Lernen von Gruppenverhalten, Anerkennung und Kritik richtig anbringen (vgl. Mentzel, 1994, S. 200). Bei der Qualifizierung von Unternehmernachfolgern sind vorrangig die kognitiven und affektiven Lernziele von Bedeutung. Nach dem Umfang oder Genauigkeitsgrad, mit dem die angestrebten Bildungsziele durch Lernziele festgelegt werden, kann zwischen Richt-, Grob- und Feinlernzielen unterschieden werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 200f). a) Richtlernziele Sie legen nur ganz allgemeine Bildungsziele (z.B. Entwicklung der Persönlichkeit, Forcierung der Fähigkeit zum selbständigen Denken) fest. Sie geben lediglich eine grobe Orientierung mit verschiedenen Auslegungsvarianten an, beschreiben was erreicht werden und auf welchem Weg das geschehen soll (vgl. Mentzel, 1994, S. 201). b) Groblernziele Sie bringen eine erste Strukturierung in die Lernzieldefinition. Auf der Grundlage einer Analyse des vorhandenen Bildungsbedarfs werden die Inhalte angegeben, die durch das Lernen erreicht werden sollen (z.B. Kenntnisse der Entgeltabrechnung, Verbesserung des Verhaltens gegenüber der Belegschaft). Groblernziele können in etwa mit den Anforderungen in Berufsbildern, Stellenbeschreibungen oder Anforderungsprofilen gleichgesetzt werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 201). c) Feinlernziele Sie weisen den höchsten Detaillierungsgrad auf und legen in eindeutiger Weise fest, welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen oder Einstellungsveränderungen (=Endverhalten) - also Ausbildungsbedürfnisse - durch eine Bildungsmaßnahme erreicht werden sollen und unter welchen Bedingungen das zu geschehen hat (vgl. Mentzel, 1994, S. 201). Ein Lernziel gilt als eindeutig definiert, wenn nachfolgende Bedingungen zutreffen: - 266 - "- Das Lernziel umschreibt ein Endverhalten, d.h. was der Lernende nach erfolgter Maßnahme leisten kann - Es legt fest, unter welchen Bedingungen das Endverhalten gezeigt werden soll - Es enthält einen Beurteilungsmaßstab für das als ausreichend geltende Verhalten" (RKW, 1990, S. 319f). Nachfolgend zwei Beispiele für präzise formulierte Lernziele: - Der Teilnehmer soll nach Abschluß der Bildungsmaßnahme in der Lage sein, ein Kritikgespräch mit einem unterstellten Mitarbeiter so zu führen, daß der zu kritisierende Tatbestand dem Mitarbeiter unzweifelhaft bewußt und zugleich seine Motivation gestärkt wird, es künftig besser zu machen (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 58). - Der Teilnehmer soll unter Verwendung eines Stichwortmanuskripts einen fünfminütigen freien Vortrag halten (vgl. Mentzel, 1994, S. 203). In der praktischen Bildungsarbeit wird meist nur zwischen Grob- und Feinlernzielen unterschieden. Richtlernziele (z.B. Verbesserung der Führungsfähigkeit bzw. des Betriebsklimas) sind entweder überhaupt nicht oder höchstens ansatzweise erkennbar. Dabei geben Groblernziele an, was durch eine Veranstaltung bzw. einen Abschnitt erreicht werden soll (z.B. Personalbeurteilung), während Feinlernziele die Ziele einzelner Lernschritte umschreiben (z.B. die im Laufe des Seminars zu behandelnde Teilprobleme wie Ausfüllen des Bewertungsbogens, Vorbereitung des Beurteilungsgesprächs) (vgl. Mentzel, 1994, S. 201f). Vorteile exakt formulierter Lernziele: - Lehrende und Lernende wissen genauer, worum es geht und auf was es ankommt. - Durch die klare Zielvorgabe steigt die Motivation, es zu erreichen. - Durch die Realisierung der Zielvorgabe entsteht ein Erfolgserlebnis (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 58). Sehr wichtig ist dabei, daß nur präzise formulierte Lernziele eine ex post durchführbare Erfolgskontrolle ermöglichen (vgl. RKW, 1990, S. 320). Das generelle Hauptziel des im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Qualifizierungsprogramms ist es, die zukünftigen Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben, die teilweise nur geringe praktische Erfahrungen oder nur in begrenzten Teilbereichen aufweisen, durch individuell ausgerichtete theoretische und vor allem praktische Maßnahmen auf die zukünftigen Arbeitsanforderungen als eigenverantwortlicher Unternehmensführer frühzeitig, systematisch und umfassend vorzubereiten. Dabei sollen sie alle später von ihnen durchzuführenden Aufgaben und Betriebsfunktionen vorher in anderen Autohäusern praktisch beherrschen lernen. Die wichtigsten Teillernziele lassen sich aus dem empirisch ermittelten Anforderungsprofil für zukünftige Unternehmernachfolger ableiten (siehe Anlage 17 und 18). Sie sind für die einzelnen Programmbausteine in dem Curriculum-Vorschlag für ein duales, ressortübergreifendes Qualifi- - 267 - zierungsprogramm für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben in Anlage 20 dargestellt. 4.3.3.2. Bestimmung der Lerninhalte bzw. Thematik und des groben Programmaufbaus Aus den Lernzielen leiten sich die Lerninhalte ab. Sie sollen den Lernenden mit Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen ausstatten, damit er in der Lage ist, zukünftige Arbeits- und Lebenssituationen optimal zu beherrschen (vgl. Hentze, 1991(a), S. 344). Eine möglichst effiziente Ausbildung erfordert eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den aufgrund der gegebenen Ausbildungsbedürfnisse - gesetzten Lernzielen und den zu vermittelnden Lerninhalten (vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 92). Die Lerninhalte müssen folgende transferfördernden Bedingungen erfüllen: - Es muß sich daraus ein flexibles, individuelles Programm entwickeln lassen. - Die Schulungsmaßnahmen müssen hinsichtlich des Lerninhalts und der -organisation so gestaltet sein, daß sie einen starken Praxisbezug aufweisen (Abstimmung zwischen Lern- und Funktionsfeld) (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 189). Auf der Grundlage der Beurteilung der besonders kritischen Arbeitsinhalte in Teil A des Fragebogens, der Untersuchungsergebnisse in Teil B und C sowie vor allem der in Teil D und E eruierten notwendigen Seminarthemen und -inhalte können die Lerninhalte und Themen abgeleitet werden. Daraus ergeben sich folgende Themenstellungen: - Produkt- und Branchenkenntnisse sowie praktische Berufserfahrung in den verschiedenen Abteilungen eines Kfz-Betriebes (z.B. Kundendienst-/Werkstatt-, Ersatzteile- und Zubehör-, Neu- und Gebrauchtwagenbereich, Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen); - Darlegung der bedeutsamsten Entwicklungsperspektiven in der Unternehmensumwelt sowie deren Auswirkungen auf die Automobilwirtschaft und speziell auf das Kfz-Gewerbe; - Strategische Unternehmensführung in mittelständischen Kfz-Betrieben; - Strategisches Personalmanagement in mittelständischen Kfz-Betrieben; - Organisationsstruktur in mittelständischen Kfz-Betrieben; - Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge unter Vermeidung der üblichen Generationskonflikte; - Zeitgemäße Mitarbeiterführung und Leistungsmotivation (Führungstraining); - Moderne Arbeitstechniken zur Unternehmensführung; - Erfolgreiches, unternehmensspezifisches Autohaus-Marketing. Das gesamte Qualifizierungsprogramm für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben ist - in Anlehnung an ähnlich geartete Trainee-Programme - in sechs Programmbausteine mit theoretischen und vor allem praktischen Schulungsbereichen unterteilt. Die einzelnen Abschnitte lauten: - 268 - I. Basisprogramm, II. Aufbauprogramm, III. Fachprogramm, IV. Vertiefungsprogramm, V. Integrationsprogramm bzw. Transferprogramm, VI. Abschlußprogramm. Die Inhalte der einzelnen Programmbausteine werden in Kapitel 4.3.5.10.1. näher erläutert. Die detailliert ausformulierten Lerninhalte für die einzelnen Programmabschnitte sind in dem CurriculumVorschlag für ein duales, ressortübergreifendes Qualifizierungsprogramm für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben in Anlage 20 dargestellt. 4.3.3.3. Erläuterung der bekanntesten Lehrmethoden und -medien zur Deckung des Entwicklungsbedarfs Nachdem anhand der empirischen Untersuchung die generellen Anforderungen an zukünftige Unternehmernachfolger ermittelt wurden, müssen nunmehr die entsprechenden Lehrmethoden bzw. maßnahmen und -medien bzw. -materialien ausgesucht werden. 4.3.3.3.1. Darstellung der wichtigsten Lehrmethoden Lehrmethoden sind Instrumente, mit deren Hilfe Lehrende die angestrebten Änderungen der Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen der Teilnehmer zu bewerkstelligen versuchen. Durch die Wahl der richtigen Maßnahmen wird die Basis für eine planmäßige Gestaltung des Lehrvorganges geschaffen (vgl. Mentzel, 1994, S. 207). Bei der Wahl der einzusetzenden Lehrmethoden sind insbesondere folgende Faktoren zu berücksichtigen: - Die Thematik sollte ganzheitlich betrachtet werden, damit der Gesamtzusammenhang und die Bedeutung der Teilbereiche erkannt wird. - Die Teilnehmer sollen ein schnelles Feedback über die aus einem Lernerfolg resultierenden Verhaltensänderungen bekommen. - Das Programm muß so konzipiert werden, daß eine regelmäßige Wiederholung der einzelnen Themen und eine Verknüpfung von Theorie und Praxis erfolgt. - Es sollten unterschiedliche Methoden eingesetzt werden, um so Demotivierungserscheinungen bei den Teilnehmern vorzubeugen (vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 94; Eckhardt, 1990(b), S. 24). Eine allgemein gültige Methode für alle Lehr- und Lernsituationen gibt es nicht, sondern der Lehrende muß aus dem umfassenden Methodenkatalog die jeweils geeignetste(n) auswählen. Dabei spielen neben - 269 - dem Lernziel noch die Bedingungen bei den Teilnehmern selbst, die Referenten, der Lehrstoff und die Kosten eine maßgebliche Rolle (vgl. Mentzel, 1994, S. 207). Die verschiedenen Bildungsmethoden werden in der Literatur und Praxis nach folgenden Einteilungskriterien differenziert: "- aktive oder passive Lehrmethoden - Methoden der Einzel- oder Gruppenbildung - Methoden der Bildung am oder außerhalb des Arbeitsplatzes" (Mentzel, 1994, S. 170). Auf die einzelnen Kriterien wird nachfolgend im Zusammenhang mit der Darstellung der geläufigsten Bildungsmethoden näher eingegangen. 4.3.3.3.1.1. Die wichtigsten individuellen Qualifizierungsmaßnahmen am Arbeitsplatz Die Vermittlung der erforderlichen Lerninhalte kann einerseits im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Aufgabenerfüllung erfolgen, also unmittelbar am Arbeitsplatz oder sich außerhalb dessen, im Rahmen formaler Schulungen vollziehen (vgl. Mentzel, 1994, S. 172). Obwohl in den vergangenen Jahren aufgrund der sozio-ökonomischen Veränderungen arbeitsplatzübergreifende Bildungsmaßnahmen an Bedeutung zugenommen haben, nimmt die praktische Bildung am Arbeitsplatz immer noch eine Vorrangstellung ein. Sie findet in Form der laufenden Auseinandersetzung mit der jeweiligen Aufgabe am Arbeitsplatz, also mit der Ausübung der Tätigkeit im Funktionsfeld, praktisch in jedem Betrieb fortlaufend statt (vgl. Hentze, 1991(a), S. 345f; Mentzel, 1994, S. 172). Diese Bildungsmaßnahmen sind mit dem Personaleinsatz gekoppelt und zielen vorrangig auf die Vermittlung praktischer Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen (vgl. Hentze, 1991(a), S. 353; Mag, 1986, S. 139). Als negativ wird beim “training on the job“ die unsystematische, zu spezielle Fach- und zu starke Betriebsbezogenheit der Wissensaneignung angeführt (vgl. Staehle, 1990, S. 818). Die wichtigsten individuellen Fördermaßnahmen am Arbeitsplatz sind: 1) Planmäßige, gelenkte Unterweisung unmittelbar am Arbeitsplatz (=gelenkte Erfahrungsvermittlung) Bei der Aus- und Fortbildung unmittelbar am Arbeitsplatz erfolgt eine systematische, vom Vorgesetzten zu kontrollierende Unterweisung zur Durchführung genau festgelegter Aufgaben. Die Nachwuchskraft soll aus ihren eigenen Fehlern lernen und somit sukzessive in höherwertige Aufgaben und Positionen hineinwachsen. Dabei soll sie an den Überlegungen und Entscheidungen des Vorgesetzten ständig teilnehmen (vgl. Korndörfer, 1989, S. 267; Mentzel, 1994, S. 175ff). Der Praktikant soll höchstens anfänglich durch Zusehen und -hören in die Thematik eingewiesen werden. Danach ist es empfehlenswert, ihm die Möglichkeit zur aktiven Mitarbeit und zur konkreten, eigenverantwortlichen Aufgabendurchführung zu geben. - 270 - Diese praktische Lehrmethode bietet sich vor allem im Rahmen des Fachprogramms zur Vermittlung von Führungs-, Branchen- und Produktkenntnissen sowie praktischer Berufserfahrung in den einzelnen Bereichen eines Kfz-Betriebes an. 2) Übertragung begrenzter Verantwortung an Assistenten oder Stellvertreter Bei der Übertragung begrenzter Verantwortung werden dem Praktikanten gewisse Teilaufgaben übertragen ohne die gleichzeitige Übernahme der Führungsverantwortung, so daß er allmählich unter Kontrolle des auf diese Weise entlasteten Vorgesetzten in die Aufgabengebiete hineinwachsen kann (vgl. Mentzel, 1994, S. 183). In der Praxis haben sich für diese Form der Bildung am Arbeitsplatz mit dem Assistenten und dem Stellvertreter zwei Ausprägungen entwickelt. Im Rahmen der Assistententätigkeit soll der Unternehmernachfolger stufenweise in ein Aufgabengebiet eingearbeitet werden und sukzessive mehr Verantwortung übertragen bekommen, so daß dieser den Vorgesetzten durch Entscheidungsvorbereitung und Übernahme von Teilaufgaben entlasten sowie auf Dauer ggf. vertreten oder sogar ersetzen kann (vgl. Klier/Zapp, 1991, S. 171). Dabei hängt der Erfolg dieser Fördermaßnahme von den fachlichen und pädagogischen Fähigkeiten des Vorgesetzten sowie vor allem von dessen Bereitschaft ab, dem Assistenten konkrete Aufgaben zur selbständigen, eigenverantwortlichen Ausführung zu übertragen. Betrachtet der Stelleninhaber den Assistenten lediglich zur Entlastung zeitraubender Routinearbeiten, so wird das Lernziel nicht zu verwirklichen sein (vgl. Berthel, 1995, S. 309; Korndörfer, 1989, S. 270f; Leupold, 1987, S. 119f). Viele Aspekte, die für den Assistenten zutreffen, gelten ebenfalls für die Position des Stellvertreters (vgl. Korndörfer, 1989, S. 271). Diese werden grundsätzlich dafür ausgebildet, im Bedarfsfall (z.B. Krankheit, Urlaub, Seminarbesuch) den Aufgaben- und Führungsbereich des eigentlichen Stelleninhabers voll verantwortlich zu übernehmen (vgl. Berthel, 1995, S. 309; Korndörfer, 1989, S. 271). Die Stellvertretung ist eine gute Möglichkeit, um potentielle Nachfolger in fachlicher, sozialer und konzeptioneller Hinsicht zu erproben. Dabei kann neben der Erprobung des Denkens und Handelns in größeren Zusammenhängen die Loyalität gegenüber dem eigentlichen Stelleninhaber wie auch das kooperativ-partizipative Durchsetzungsvermögen gegenüber den zu Führenden festgestellt werden (vgl. Borkel, 1987, S. 14). Assistenten- und Stellvertretertätigkeiten mit begrenzter Verantwortung sollten von den Teilnehmern schwerpunktmäßig im Endstadium, d.h. während des Integrationsprogramms, zur praktischen Umsetzung der zuvor vermittelten Fach- und Führungskenntnisse, übernommen werden. Für den Praktikanten sind als Ausbildungs- und Bewährungsstelle insbesondere Profit Center mit eigener, abgegrenzter (Führungs-)Verantwortung interessant (vgl. Leupold, 1987, S. 119). 3) Übertragung von Sonderaufgaben und Projektgruppen - 271 - Sonderaufgaben und Projekte sind eine praktische und oft leicht realisierbare Qualifizierungsmöglichkeit. Sie werden in der Betriebspraxis häufig angewandt, um den Führungs-(nachwuchs-) kräften die Möglichkeit zu geben, sich aktiv mit den speziellen Anforderungen eines abgegrenzten Tätigkeitsbereiches eigenverantwortlich auseinanderzusetzen (vgl. Borkel, 1987, S. 13; Hauser, 1991, S. 358). Durch die Übertragung abgegrenzter Sonderaufgaben sollen die Teilnehmer zeigen, ob sie in der Lage sind, sich in neuen, über die Routinetätigkeiten hinausgehenden Aufgabenstellungen (z.B. unregelmäßig anfallende Studien, Planungs- und Kontrollaufgaben) eigenverantwortlich zu bewähren und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Aufgaben können auch in Gruppenarbeit erledigt werden (vgl. Hentze, 1991(a), S. 350; Mentzel, 1994, S. 184). Im Gegensatz zur Übertragung von Sonderaufgaben, wobei vorrangig eine Person die Aufgabenstellung eigenverantwortlich bearbeitet, dienen Projektgruppen (z.B. Qualitätszirkel, Lernstatt, problemorientierte Workshops) zur Lösung realer, aktueller, komplexer, bereichsübergreifender, zeitlich befristeter Fragestellungen. Die Projektgruppen setzen sich zumeist aus Vertretern der betroffenen Abteilung und Mitarbeitern der von der Problemstellung tangierten Funktionsbereiche zusammen. Für den Unternehmernachfolger hat die Mitarbeit in der Projektgruppe den Vorteil, daß hierbei die Verantwortung beim Team und nicht bei ihm allein liegt. Durch die heterogene Zusammensetzung von Mitarbeitern aus verschiedenen Funktionsbereichen mit unterschiedlichen Problemstellungen erfordert dies Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Somit können neben fachlichen Kenntnissen und Fertigkeiten auch Erfahrungen im Sozialverhalten gewonnen werden (vgl. Hungenberg, 1990, S. 455f; Mentzel, 1994, S. 184f). Mögliche Aufgabenbereiche im Rahmen der Projektarbeit könnten lauten: Erstellen von Marktanalysen, Planungs- und Kontrollvorhaben, Erarbeitung von Lösungsalternativen (vgl. Klier/Zapp, 1991, S. 170). Aus Übungszwecken kann der unmittelbare Vorgesetzte die Leitung des Projektes vorübergehend an den Praktikanten übertragen, um dessen konzeptionelles Denken und Arbeiten sowie Führungsverhalten gegenüber den Gruppenmitgliedern zu testen. Die Übertragung von Sonderaufgaben und Projektgruppen sollte in erster Linie im Laufe des Fach- und Transferprogramms erfolgen. Dadurch haben die Praktikanten die Möglichkeit, die zuvor vermittelten Lerninhalte praxisnah einzusetzen. 4) Auslandsaufenthalt Eine spezielle Form der Übernahme von Sonderaufgaben ist der Auslandsaufenthalt. Bei diesen speziell von global operierenden Konzernen angebotenen Austauschmöglichkeiten sollen den Nachwuchskräften gewisse Auslandserfahrungen, wie beispielsweise Fremdsprachenkenntnisse, Umgang mit Ausländern und deren spezifische (Lebens-, Landes-)Kultur, Anpassungsfähigkeit und Horizonterweiterung - 272 - vermittelt werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 184). Den Absolventen wird im Rahmen des Abschlußprogramms ein mindestens zweimonatiges Auslandspraktikum angeboten. 5) Übertragung von Trainerfunktionen auf den Unternehmernachfolger Im Rahmen der praktischen Tätigkeit in den Partnerbetrieben (z.B. während des Fach- und Integrationsprogramms) könnte der einzelne Praktikant seinen direkten Vorgesetzten durch Übernahme von Unterrichtseinheiten für kaufmännische oder handwerkliche Auszubildende bzw. Mitarbeiter entlasten sowie sein Vortragsverhalten üben. Ferner könnte der Unternehmernachfolger bei Fachvorträgen mit anschließender Diskussionsrunde als Co-Moderator fungieren oder kleinere Workshops eigenverantwortlich leiten. Zusammenfassend kann man festhalten, daß sich die verschiedenen individuellen Bildungsmaßnahmen am Arbeitsplatz durch ihren hohen Realitätsbezug auszeichnen. Dafür muß in Kauf genommen werden, daß im Vergleich zu den Lehrmethoden außerhalb des Arbeitsplatzes ungünstigere äußere Bedingungen vorherrschen. Didaktische und methodische Konzepte müssen oft hinter der Dringlichkeit und dem Zwang des betrieblichen Alltagsgeschäfts zurückstehen (vgl. Mentzel, 1994, S. 186). Die aktive Mitarbeit der Unternehmernachfolger in Form von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen für Unternehmer/Geschäftsführer, Abteilungsleiter oder sonstige Führungskräfte schafft eine wesentlich schnellere und effizientere Erarbeitung berufspraktischer Fertigkeiten, Erfahrungen und Entscheidungssicherheit als die bloße Beobachtung der Tätigkeitsverrichtung. Zur Erhaltung der Arbeitsmotivation des Unternehmernachfolgers ist es im Rahmen des "training on the job" unbedingt notwendig, daß ihm reale Aufgabenstellungen zur eigenständigen Bearbeitung übertragen werden. Der Erfolg der anwendungsorientierten, arbeitsplatzgebundenen Maßnahmen hängt unmittelbar von der fachlichen und persönlichen Qualifikation des Vorgesetzten sowie seiner Bereitschaft zur Ausbildung der Nachwuchskräfte ab. 4.3.3.3.1.2. Die bedeutendsten Schulungsmaßnahmen außerhalb des Arbeitsplatzes Da die systematischen, formell strukturierten Bildungsmaßnahmen überwiegend außerhalb des Arbeitsplatzes, losgelöst vom laufenden Betriebsgeschehen stattfinden, spricht man von Methoden bzw. Maßnahmen des “training off the job“ (vgl. Korndörfer, 1989, S. 272). Sie gewähren den Bildungsverantwortlichen eine größere Unabhängigkeit bei der Planung und Durchführung der Bildungsveranstaltung. Somit können vorrangig pädagogische Prinzipien berücksichtigt und weniger betriebliche Dringlichkeiten beachtet werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 186). Die Maßnahmen der Personalbildung außerhalb des Arbeitsplatzes zielen in erster Linie auf die Vermittlung theoretischen Wissens und auf das Erlernen von Verhaltensweisen ab (vgl. Hentze, 1991(a), S. 353; Mag, 1986, S. 139). Durch Simulation der zukünftigen Arbeitsplatzbedingungen und anforderungen können zukünftige Arbeitsaufgaben praxisnah dargestellt werden. - 273 - a) Darlegung der geläufigsten individuellen Fördermethoden außerhalb des Arbeitsplatzes a1) Selbststudium Das Selbststudium ist eine individuelle Bildungsmaßnahme außerhalb des Arbeitsplatzes und reicht vom Lesen der Fachliteratur über Abendkurse bis hin zu Fernlehrgängen bzw. zum -studium. Es kann nur dann zu den betrieblichen Bildungsbemühungen gezählt werden, wenn der Betrieb Zeit und finanzielle Mittel dafür bereitstellt (vgl. Mag, 1986, S. 141). Grundlegender Erfolgsfaktor beim Selbststudium ist der Wille zur individuellen Selbstentwicklung. Die Selbstausbildung erfolgt ohne unmittelbare Unterstützung eines Ausbilders und zielt primär auf den Erwerb des fachlichen Grundwissens. Es kann sich vollziehen anhand von speziellen Arbeitsanweisungen, Handbüchern und ähnlichen oder programmierten Lernunterlagen (z.B. audiovisuelle Lernsysteme). Große Teile des Schulungsprogramms können heutzutage über moderne Lehrmedien (z.B. Computerlernprogramme, Lehrbriefe, Platten, Ton- und Videocassetten) im Selbststudium erarbeitet werden (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 119). Zu den einzelnen Themenbereichen sollte der Praktikant zumindest die im Curriculum aufgeführte Literatur und die diesbezüglichen Lehrgangsunterlagen und ggf. modernen Lehrgangsmedien (z.B. virtuelle, multimediale Medien) durcharbeiten. a2) Programmierte Unterweisung Die programmierte Unterweisung ist eine Methode des Selbststudiums, bei der unter Einsatz bestimmter Lehrmedien (z.B. programmierte Lehrbücher, audio-visuelle Techniken, computergestützte Kurse) dem Teilnehmer die zu vertiefenden oder neu einzuübenden Kenntnisse und Fähigkeiten außerhalb des Arbeitsplatzes aktiv vermittelt werden. Der gesamte Lernstoff wird nach dem "Prinzip des Regelkreises" in kleinste Lerneinheiten aufgeteilt, die sich aus den Schritten Information - Frage - Antwort - Kontrolle zusammensetzen. Die einzelnen Lerneinheiten werden dem Lernenden durch die vorbestimmte (programmierte) Folge präsentiert. Jede Lerneinheit veranlaßt ihn zu einer aktiven Stellungnahme in Form einer vorausgedachten, programmierten Antwort. Damit wird eine fortlaufende Lernerfolgskontrolle sichergestellt (Feedback). Da die Lerneinheiten klein gehalten sind, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, die Fragen richtig zu beantworten (=kontinuierliche Erfolgsbestätigung), wodurch die Bearbeitungsbereitschaft gefördert wird (vgl. Berthel, 1995, S. 322f; Mentzel, 1994, S. 186f). Die programmierte Unterweisung eignet sich vor allem zur Ergänzung anderer Lehrmethoden in Form der Vor- und Nachbearbeitung und ist damit für alle Programmabschnitte einsetzbar. Seminarteilnehmer können beispielsweise dadurch vor Schulungsbeginn auf einen für das Verständnis des Seminars notwendigen einheitlichen Wissensstand gebracht werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 188). Ferner können sie nach Beendigung einzelner Programmbausteine gewisse Themen nochmals nacharbeiten. - 274 - Zum Verhaltenstraining ist diese Lehrmethode wiederum weitgehend ungeeignet. b) Darlegung der geläufigsten kollektiven Förderungsmethoden außerhalb des Arbeitsplatzes Im Gegensatz zu den individuellen Förderungsmethoden werden bei der Gruppenausbildung mehrere Teilnehmer zusammengefaßt, um die Lernziele gemeinsam zu erreichen. Ein bewährtes Unterscheidungskriterium der verschiedenen Formen des kollektiven Trainings sind der "Grad der Beteiligung des Lernenden an der Erarbeitung des Lehrstoffes" (Mentzel, 1994, S. 170), also ob er aktiv oder passiv am Training teilnimmt. Bei passiven Lehrmethoden wird der Lernende in eine passive (rezeptive) Zuhörerrolle gedrängt (z.B. reiner Vortrag), während die Aktivität ausschließlich oder größtenteils beim Ausbilder liegt. Demgegenüber stellen die aktiven Lehrmethoden systematisch darauf ab, die Lernenden von vornherein in die Vermittlung des Lehrstoffes zu integrieren (z.B. beim Lehrgespräch) bzw. die notwendigen Erfahrungen durch eine Konfrontation mit praktischen Problemen zu vermitteln. Als weitgehendst eigenständige Lernsituationen eignen sich Simulationsverfahren (z.B. Rollenspiele, Fallbeispiele) oder die Praxis selbst (z.B. beim job rotation). Die Realitätsnähe und die aktive Teilnahme der Lernenden an der Stoffdarbietung ist ein entscheidender Aspekt für eine hohe Lernmotivation (vgl. Mentzel, 1994, S. 170f). Jede kollektive Bildungsmaßnahme außerhalb des Arbeitsplatzes birgt widerum die Gefahr, daß der einzelne Teilnehmer über- oder unterfordert wird und/oder zu wenig Erfahrung hat, um das Gelernte praktisch umzusetzen (vgl. Rischar, 1983, S. 74). b1) (Lehr-)Vortrag, Vorlesung, Referat (Lehr-)Vortrag, Referat und Vorlesung gelten als die bekanntesten und verbreitetsten ("klassischen") passiven Lehrmethoden, weil sich die Zuhörer auf die Aufnahme und den gedanklichen Nachvollzug des Gehörten beschränken (vgl. Korndörfer, 1989, S. 272f; Mag, 1986, S. 142). Sie eignen sich vor allem, um einer größeren Zuhörerzahl zeit- und kostensparend Lehrstoff zu vermitteln (vgl. Berthel, 1995, S. 324; Hentze, 1991(a), S. 353; Mentzel, 1994, S. 188). Der Zuhörer hat keine Möglichkeit, unmittelbar an der Erarbeitung des Bildungsstoffes aktiv mitzuwirken. Die Aktivität des Teilnehmers beschränkt sich auf das gedankliche Nachvollziehen des vorgetragenen Wissensstoffes. Ablauf, Inhalt und Intensität der Stoffvermittlung bestimmt allein der Redner (vgl. Korndörfer, 1989, S. 273; Mentzel, 1994, S. 188). Trotz der Nachteile kann man auf passive Lehrmethoden nicht gänzlich verzichten. Insbesondere zur Einführung in neue Sachgebiete, zur geschlossenen Darstellung bestimmter Problemstellungen sowie zur Zusammenfassung vorher mittels anderer (aktiver) Methoden erarbeiteter Resultate einer Bildungsmaßnahme sind sie gut geeignet (vgl. Korndörfer, 1989, S. 273; Mentzel, 1994, S. 188). - 275 - Auch das hier entwickelte praxisorientierte Programm kommt in allen sechs Bausteinen nicht ohne diese passiven Schulungsmaßnahmen aus. Andernfalls ist es nicht möglich, den Teilnehmern den notwendigen fach- und führungsspezifischen (theoretischen) Lehrstoff komprimiert zu vermitteln. Im Gegensatz zu den passiven Lehrmethoden, bei denen die Kursteilnehmer die Informationen lediglich aufnehmen, erfordern die nachfolgend erläuterten Bildungsmaßnahmen eine aktive Teilnahme am Lernprozeß und den Einsatz realitätsnaher, entscheidungs- bzw. problemorientierter Trainingsmethoden. b2) Lehrgespräch (=Konferenzmethode) zur gelenkten Informationserarbeitung bzw.-vermittlung Das Lehrgespräch empfiehlt sich vor allem zur Festigung und Vertiefung bereits vorhandenen Wissensstoffes (z.B. im Rahmen des Aufbau-, Fach- und Vertiefungsprogramms) und weniger, wenn der Teilnehmer noch über keinerlei Erfahrungen und Kenntnisse verfügt. Anstelle des Monologs tritt das Gespräch zwischen dem Referenten und den Teilnehmern, so daß diese von Beginn an aktiv an der Erarbeitung des Bildungsstoffes beteiligt werden. Der Dozent ist verantwortlich für den Konferenzablauf und hat dafür zu sorgen, daß das angestrebte Lernziel erreicht wird, indem er die Diskussion durch entsprechende Fragen immer wieder auf das Ziel ausrichtet. Der fortlaufende Wechsel zwischen Frage und Antwort zwingt die Kursteilnehmer, dem Gedankengang des Dozenten zu folgen. Damit wird einerseits die notwendige Systematik im Ablauf des Gesprächs sichergestellt und andererseits dennoch ausreichend Raum für die aktive Betätigung der Teilnehmer eingeräumt (vgl. Berthel, 1995, S. 324; Mag, 1986, S. 143; Mentzel, 1994, S. 189). Für den Erfolg von Lehrgesprächen sind neben der Qualifikation des Dozenten (z.B. als Moderator) vor allem die Größe und Zusammensetzung, Vorbildung, Interessenlage usw. der Teilnehmer sowie die zur Verfügung stehende Zeit entscheidend (vgl. Berthel, 1995, S. 324; Mag, 1986, S. 143; Mentzel, 1994, S. 190). Die nachfolgend dargestellten aktiven Lehrmethoden in Form von Laborsimulationsverfahren (z.B. Fallmethode, Rollen-, Planspiel) sollen speziell die bereichsübergreifenden Qualifikationen (z.B. Führungsfähigkeit, Kooperations-, Einsatzbereitschaft, Initiative, vernetztes Denken und Handeln) der zukünftigen Unternehmer/Geschäftsführer fördern. Dabei erfolgt eine weitgehendst eigenständige Informationserarbeitung. b3) Fallmethode/-studie Die aus dem US-amerikanischen stammende Fallmethode (case study) basiert auf dem Grundgedanken des praktischen Übens von Entscheidungsvorgängen an konkreten betrieblichen Situationen, d.h. Simulation der Realität durch begrenzte Daten eines Praxisfalles. Den Teilnehmern werden gewisse reale Informationen über einen abgegrenzten Problembereich aus dem komplexen Geschehen der Wirklichkeit oder aus einem bestimmten Unternehmensbereich (z.B. aus dem Absatz-, Personalbereich) mitgeteilt. Die Problemstellung soll, mündlich oder schriftlich, in einem vorgegebenen Zeitraum gemeinsam gelöst werden, wobei jeder Teilnehmer aktiv bei der Entscheidungsfindung mitarbeiten soll, um das gesamte Wissen der Gruppe einzusetzen (vgl. Berthel, 1995, S. 324; Hentze, 1991(a), S. 359; Korndörfer, 1990, S. 407; Mentzel, 1994, S. 192). - 276 - Die Lösung solcher Fälle erfordert ein gewisses Maß an theoretischem Wissen und Können. Deshalb eignen sich solche Methoden weniger für die Ausbildung als vielmehr zur Vertiefung und Neuorientierung des vermittelten Lernstoffes (vgl. Mag, 1986, S. 142). Die Fallmethode und das nachfolgend behandelte Rollenspiel werden im Aufbau- und Fachprogramm sowie vor allem im Transferprogramm angewendet. b4) Rollenspiel Rollenspiele werden in erster Linie zur Führungs- und Verhaltensschulung in Konfliktsituationen (z.B. Kritikgespräch mit einem Beschäftigten) sowie zur Verhandlungsführung (z.B. Verkaufs-, Beurteilungsgespräch) verwandt. Den Teilnehmern an einem Rollenspiel wird die Ausgangssituation und die von ihnen zu übernehmende Rolle (z.B. Abteilungsleiter, Vorgesetzter, gemaßregelter Mitarbeiter) ausführlich erläutert. Nach kurzer Vorbereitungszeit sollen sie den Part so spielen, wie sie vermuten, daß sich der jeweilige Rolleninhaber in der Praxis verhalten würde (vgl. Hentze, 1991(a), S. 360; Korndörfer, 1989, S. 278; Mentzel, 1994, S. 192). Durch die Übernahme unterschiedlicher, auch "unbeliebter" Rollen wird der einzelne gezwungen, sich in andere Ausgangssituationen und Sichtweisen hineinzuversetzen, wodurch das Verständnis für unterschiedliche Standpunkte sowie das emotionale Engagement forciert wird (vgl. Mentzel, 1994, S. 192f). Die restlichen Teilnehmer beobachten das Verhalten, die Argumente, die Entscheidungsgründe etc. der einzelnen Mitspieler und analysieren und kritisieren diese anschließend im gemeinsamen Gespräch mit den Darstellern (vgl. Korndörfer, 1989, S. 278; Mentzel, 1994, S. 193). Mit Hilfe einer präzisen Protokollierung (z.B. durch Tonband-, Video-Aufzeichnung) können einzelne Spielsituationen erneut nachvollzogen sowie die Äußerungen und Reaktionen der Rollenträger nochmals exakt rekapituliert werden (vgl. Berthel, 1995, S. 328; Mentzel, 1994, S. 193). Ferner kann bei mehrmaliger Durchführung von Rollenspielen überprüft werden, ob sich die einzelnen Teilnehmer hinsichtlich hi rer verbalen und nonverbalen Kommunikation aufgrund der im Spiel und in der daran anschließenden Analyse gewonnenen Erkenntnisse verbessert haben. b5) (Unternehmens-)Planspiel Die ebenfalls aus den USA stammenden (Unternehmens-)Planspiele (vgl. Korndörfer, 1989, S. 276) zählen zu den wichtigsten aktiven Lehrmethoden und sind als stärker formalisierte, komplexere Variante der Fallmethode zu betrachten, da sie ebenfalls auf der Simulation realer Unternehmensprozesse basieren (vgl. Berthel, 1995, S. 326; Mentzel, 1994, S. 193). Sie setzen, wie auch die Fallmethode, gewisse Vorkenntnisse seitens der Teilnehmer voraus, so daß bei ihrem Einsatz die Fortbildung im Vordergrund steht (vgl. Mag, 1986, S. 142). Im Rahmen von Planspielen werden Unternehmen, Betriebsabläufe und/oder Marktvorgänge simuliert, um die Lernenden vor praktische Entscheidungssituationen zu stellen und sie in problemgerechten Entscheidungen zu trainieren (vgl. Korndörfer, 1989, S. 276; Korndörfer, 1990, S. 407). - 277 - Ein Unternehmensplanspiel ist zwar auch nur ein die Realität vereinfacht wiedergebendes Modell einer Entscheidungssituation, es zeigt aber im Gegensatz zur Fallmethode die Dynamik der Problemlösung, indem den Spielteilnehmern die Folgen ihrer Entscheidungen aufgezeigt werden und über einen längeren Zeitraum hinweg die Problembehandlung mit "Zeitraffer-Effekt" simuliert wird (vgl. Mag, 1986, S. 142). Planspiele gibt es heute in verschiedenen Ausgestaltungen; sie reichen vom manuell kalkulierten Spielverlauf mit einem einzigen Funktionsbereich (z.B. nur Verkauf oder Buchhaltung) bis zum computerunterstützten Spiel mit allen unternehmerischen Funktionen einschließlich Konkurrenzsituationen mit anderen Unternehmen (vgl. Mag, 1986, S. 142). Die letztgenannten generellen Planspiele werden auch als Integrationsspiele bezeichnet (vgl. Korndörfer, 1989, S. 277; Korndörfer, 1990, S. 407). Beispielsweise bekommen im Rahmen eines generellen Planspiels die Teilnehmer gewisse Rollen zugeteilt (z.B. Geschäftsführer eines der 3-4 konkurrierenden Unternehmen) und haben innerhalb einer vorher festgelegten Zeit mit Hilfe der vorgegebenen Daten, Erläuterungen, wirtschaftlichen Verflechtungen, Spielregeln, Probleme etc. Entscheidungen in bestimmten Funktionsbereichen (z.B. Absatz, Personal) für kommende Perioden zu treffen (vgl. Berthel, 1995, S. 326; Korndörfer, 1989, S. 276; Mentzel, 1994, S. 193). Die Entscheidungen werden von der Spielleitung ausgewertet und die Ergebnisse (z.B. Zielerreichung, -konflikte) den Spielgruppen als Informationsgrundlage für weitere Spielperioden mitgeteilt (=Feedback). Am Schluß jeder Spielperiode und/oder des Gesamtspiels findet eine gemeinsame Analyse und Kritik statt. Aufgrund der Fülle von Spieldaten und um die Auswertungsergebnisse möglichst schnell bereitstellen zu können, werden diese Planspiele meist computergestützt durchgeführt (vgl. Mentzel, 1994, S. 193). Ein Planspiel sollte anfänglich nicht zu komplex sein, da es die Teilnehmer demotivieren könnte. Die Menge der für die erfolgreiche Unternehmensführung notwendigen Informationen und Kenntnisse, der bereichsübergreifenden Probleme, der unvorhersehbaren Ereignisse (z.B. Streiks, Grippewellen) etc. sollten vielmehr nach und nach erhöht werden, damit die Qualifikationen der Teilnehmer gleichzeitig mit der Aufgabe wachsen können (vgl. Herrmann et al., 1987, S. 369ff). Das hochgesteckte Ziel der Unternehmensplanspiele ist es herauszufinden, ob es den Teilnehmern gelingt, den komplexen Sachverhalt (z.B. das Unternehmen) als Ganzes in einen politisch akzeptablen, wirtschaftlich gesunden und humanverträglichen Zustand zu überführen und diesen auch beizubehalten (vgl. Malik, 1987, S. 91f). Dies zu erreichen, erweist sich oft als äußerst kompliziert, da die (unvorhersehbaren) Einflußfaktoren zu manigfaltig sind. Die Durchführung von Unternehmensplanspielen kann sehr flexibel gehandhabt werden. Der zugrunde gelegte Zeitraum sollte mindestens drei Tage betragen und kann durch weitere, überwiegend aktive Lehrmethoden auf fünf Tage ausgeweitet werden (vgl. Herrmann et al., 1987, S. 373). - 278 - Diese Methode wird ausschließlich im Rahmen des 4- bis 5-tägigen PC-gestützten Planspiels im Transferprogramm zur integrativen Verknüpfung der zuvor vermittelten Fach- und Führungskenntnisse eingesetzt. Durch die Simulation der gesamtbetrieblichen Vorgänge soll das Strategie-, Führungs- und Problemlösungsverhalten beurteilt werden. b6) Förderkreise und Erfahrungsaustauschgruppen Sie sind eine Sonderform der Bildung außerhalb des Arbeitsplatzes und können aus Teilnehmern verschiedener Betriebe gebildet werden, wodurch eine größere Meinungsvielfalt erreicht wird. Im Gegensatz zu den bisher angeführten Methoden sind sie bzgl. ihres Ablaufes nicht an bestimmte pädagogische Prinzipien gebunden, sondern können von den Teilnehmern nach eigenen Interessen, Schwerpunkten etc. gestaltet werden. Bei solchen (un-)regelmäßigen Treffen können die bisher dargestellten aktiven und passiven Lehrmethoden wahlweise eingesetzt werden. Sie eignen sich insbesondere zum betriebsübergreifenden Erfahrungsaustausch und zu "informellen" Gesprächen (vgl. Mentzel, 1994, S. 194). Dieser Kontakt zwischen den einzelnen Programmteilnehmern wird von vielen als wichtiger als die eigentliche Bearbeitung bestimmter Seminarthemen betrachtet. Dadurch können "Insider"- Gespräche über die Entwicklungsperspektiven der Branche, spezifische Problemlösungen etc. sowie langfristige persönliche Kontakte zum Informationsaustausch, die auch über das Programm hinausreichen, geknüpft werden. Oftmals beklagen Absolventen von Schulungsmaßnahmen, daß die Seminarzeit zu lang ist, die Gruppenarbeit (z.B. Fallbeispiele, Rollenspiele) vernachlässigt wird und/oder das Freizeit- bzw. Rahmenprogramm die aktive Kommunikation zwischen den Teilnehmern nicht fördert (vgl. Krenzer, 1990, S. 59f). Zusammenfassend kann man sagen, daß bei formalen Bildungsmaßnahmen eindeutig die Methoden der Gruppenausbildung dominieren. Das Einzellernen wird in erster Linie zur Ergänzung interner oder externer Gruppenmethoden (z.B. Vorbereitung auf ein Seminar anhand einer programmierten Unterweisung) eingesetzt. In Form des Selbststudiums (z.B. Fachliteratur, -zeitschriften, virtuelle Medien) bietet das Einzellernen die Möglichkeit, persönliche, von vorgegebenen Programmen unabhängige Bildungsinitiativen zu ergreifen (vgl. Mentzel, 1994, S. 172). Ein besonders großer Lerneffekt wird erreicht, wenn die Teilnehmer eigene Probleme zur Diskussion stellen können, die entweder in Rollenspielen simuliert oder in der Gruppe besprochen werden. Meist ist es für denjenigen, der das Problem vorträgt, von großem Informationswert, wie andere in relativ unbefangener Weise das Problem behandeln (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 61). Der Erfolg des Qualifizierungsprogramms hängt entscheidend von der Wahl der Lehrmethoden ab, aus denen je nach Bildungsziel, Lerninhalt, Teilnehmerkreis, fachlicher und personeller Voraussetzungen die geeignetsten auszuwählen sind (vgl. Mentzel, 1994, S. 170). Die methodische Planung wird in der Schulungspraxis heutzutage weitgehend dem Trainer übertragen. Ihm obliegt es, die Lernziele auf - 279 - möglichst effiziente Art zu erreichen (vgl. RKW, 1990, S. 329). Dabei ist es problematisch, aus der Vielzahl der Methoden für jeden Teilnehmer die für ihn geeignetsten auszuwählen und sie erfolgreich und sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Je detaillierter das erwünschte Endverhalten der Bildungsteilnehmer bekannt ist, desto zielgerichteter kann die Wahl der effektivsten Lehrmethoden erfolgen. Grundsätzlich sollten die Lehrmethoden eingesetzt werden, die den größten Bezug zum angestrebten Endverhalten aufweisen (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 18; Mentzel, 1994, S. 207). Bei vielen heutigen Bildungsmaßnahmen ergänzen sich die Lehrmethoden am und außerhalb des Arbeitsplatzes gegenseitig. Die anwendungsorientierte, realitätsnahe Bildung am Arbeitsplatz weist dort Grenzen auf, wo es um die Vermittlung neuen Wissens geht. Im Gegensatz dazu eignet sich die arbeitsplatzübergreifende Lehrveranstaltung vor allem für ein strukturiertes Bildungsprogramm, das insbesondere bei komplexen Zusammenhängen und Informationsvermittlung effizienter sein kann (vgl. Mentzel, 1994, S. 172). 4.3.3.3.1.3. Allgemeingültige Kriterien zur Auswahl geeigneter Lehrmethoden Aus der Vielzahl der oben dargestellten Methoden sind diejenigen auszuwählen, die zur Vermittlung der Lernziele, unter Berücksichtigung weiterer Einflußfaktoren (z.B. individuelle und gruppenspezifische Voraussetzungen), am geeignetsten sind. In der diesbezüglichen Fachliteratur wird des öfteren die Kombination folgender Lernziele und Lehrmethoden empfohlen: Abb. 17: Korrespondierende Lernziele und Lehrmethoden Lernziele Problemlösungsfähigkeit Verhaltensänderung Zwischenmenschliche Fähigkeiten Kenntnisvermittlung Merkfähigkeit Lehrmethoden Fallstudien, Unternehmensplanspiele gruppendynamisches (sensitivity) Training und Rollenspiele gruppendynamisches Training, Rollenspiele programmierte Unterweisung, durch bildliche Darstellungen unterstützte Vorträge (Videofilm, Folien etc.) programmierte Unterweisung, Fallstudien Quelle: in Anlehnung an Berthel, 1995, S. 331 Diese generellen Aussagen müssen aufgrund spezifischer Eigenheiten der einzelnen Qualifizierungsprogramme nicht zwingend zutreffen (vgl. Berthel, 1995, S. 330). Gewisse Lernziele oder Teillernziele lassen sich nur durch die Kombination mehrerer Lehrmethoden erreichen. Beispielsweise könnte man bei einem Seminar über Mitarbeiterbeurteilung folgende Bildungsmethoden einsetzen: - Einführung in die Beurteilungsproblematik anhand einer Fallstudie; - Lehrgespräch über Ziele der Mitarbeiterbeurteilung oder mögliche Fehlerquellen; - 280 - - Praktisches Üben von Beurteilungsgesprächen im Rollenspiel (vgl. Mentzel, 1994, S. 209). Nachfolgend in Abb. 18 ist ein Beispiel für ein Trainingskonzept zum Thema "Kritikgespräch" dargestellt (das entsprechende Lernziel zum Kritikgespräch ist in dem Curriculum-Vorschlag angeführt; siehe auch Anlage 20 und Kapitel 4.3.3.1.). Bei diesem ursprünglich von Thoronton (1980) konzipierten Trainingskonzept, dessen Weiterentwicklung zu einem Bausteinsystem führt, gelangen auf effiziente Weise mit geringem Trainingsaufwand viele Probanden zu konkreten Übungen. Dadurch soll u.a. das Verhalten am Arbeitsplatz modifiziert werden (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 64). Abb. 18: Trainingsbaustein zum Thema Kritikgespräch 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Vortrag über richtiges und falsches Verhalten beim Kritikgespräch und mögliche erwünschte und unerwünschte Folgen (ca. 20 Minuten). Modell-Lernen: Video-Film "gutes" Kritikgespräch - "schlechtes" Gespräch (ca. 20 Minuten). Übung im Plenum: Rollenspiel: Kritikgespräch mit gemeinsamer Videoanalyse (ca. 40 Minuten). Übungen I in Kleingruppen à drei Personen: drei Rollenspiele zum Kritikgespräch, gemein-same Analyse in der Kleingruppe (ca. 45 Minuten). Erfahrungsaustausch im Plenum (ca. 45 Minuten). Übungen II in Kleingruppen à drei Personen: Drei Rollenspiele zum Kritikgespräch mit ge meinsamer Analyse (ca. 120 Minuten). Abschlußplenum (ca. 30 Minuten). Quelle: Rosenstiel, 1991(b), S. 64 Welche Entwicklungsmaßnahmen und -verfahren (z.B. formale Bildungsveranstaltungen, aktives Lernen am Arbeitsplatz, job rotation) im Einzelnen angewandt werden, hängt maßgeblich von den inhaltlichen Anforderungen und den durchzuführenden Methoden selbst ab (vgl. Hungenberg, 1990, S. 451). Auf jeden Fall sollen die Seminarveranstaltungen nicht ausschließlich auf Vorträgen bzw. Referaten basieren und somit Schul- und Vorlesungssituationen schaffen. Vielmehr empfehlen sich zur Förderung der Praxisnähe insbesondere Rollenspiele, Fallstudien etc. Die eingesetzten Lehrmethoden sollen vielmehr die Eigenaktivität durch intensive (Klein-) Gruppenarbeit fördern (vgl. Krenzer, 1990, S. 60). Danach sollten diese Qualifikationen in den Betrieben durch Kurzvorträge, Assistentenstellen, Stellvertretungen etc. praxisnah angewandt werden, denn Handlungssicherheit erhält man nur durch selbständiges (aus)probieren (vgl. Brinkmann et al., 1983, S. 85). 4.3.3.3.2. Darstellung der gebräuchlichsten Lehrmedien Neben der Auswahl der Lehrmethoden ist die Auswahl der geeigneten Lehrmedien eine weitere wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Bildungsarbeit. Lehrmedien sind alle Hilfsmittel, "die dazu dienen, Bildungsinhalte anschaulicher zu vermitteln und das Lernverhalten der Bildungsteilnehmer zu aktivieren" (Mentzel, 1994, S. 209). Eine durchdachte Medienwahl ermöglicht eine abwechslungsreiche Wissensvermittlung und führt zu erhöhter Aufmerksamkeit der Teilnehmer (vgl. Mentzel, 1994, S. 209). - 281 - Dabei nimmt die Qualität von Veranstaltungen nicht zwangsläufig durch erhöhte technische Perfektionierung zu, sondern es besteht vielmehr die Gefahr, daß sich die Teilnehmer zu stark auf die Medienvielfalt konzentrieren und vom eigentlichen Lernziel abgelenkt werden. Jeder Referent sollte sich immer bewußt sein, daß der geschickte Medieneinsatz ihn zwar bei der Präsentation des Bildungsstoffes unterstützen soll, ihn aber keinesfalls ersetzen kann und darf (vgl. Mentzel, 1994, S. 210). Wie für die Lehrmethoden gibt es auch für die Medienwahl kein Patentrezept. Sie hängt sowohl vom Teilnehmerkreis als auch von den Lernzielen der Bildungsveranstaltung ab. Generell sollten die Medien so ausgewählt werden, daß die Anschaulichkeit bezüglich des Lernziels erhöht wird und die Teilnehmer zu einer aktiven Mitarbeit beim Aneignen des Lernstoffes motiviert werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 211). Die bekanntesten und gebräuchlichsten Lehrmedien und ihre Einsatzbereiche lauten: - Magnettafel: zum Aufzeigen unterschiedlicher Strukturen und Vernetzungen; - Overhead-Projektor: zur genauen Veranschaulichung komplexer Vorgänge, zur Ergänzung von teilweise Vorgegebenem, zur Großprojektion transparenter Modelle; - Diaprojektor: zur bildlichen Präsentation der Realität; - Tonband: zur Vorführung von Gesprächsabläufen, wenn das Erkennen und Differenzieren von Geräuschen erwünscht wird; - Flipchart: um den Kursteilnehmern umfangreiches Material in Großformat fortlaufend vor Augen führen zu können; - Videorekorder: zur unmittelbaren Kontrolle der (non-)verbalen Kommunikation, des Verhaltens, des Auftretens etc., beispielsweise bei Rollenspielen (vgl. Leonhardt, 1984, S. 68f); - Computerunterstütztes (multimediales) Lernen und Lehren (Computer Based Training - CBT): mit bewegten Bildern und Graphiken, Texten sowie Tönen können Selbstlernprogramme und Fehlersimulationen durchgeführt werden (vgl. Degen, 1992, S. 24). Es eignet sich vor allem zur abwechslungsreichen Vermittlung von Grundlagen- bzw. Faktenwissen (z.B. Produktschulung), kann aber kein Verhaltenstraining ersetzen. Diese modernen, zunehmend eingesetzten virtuellen Medien sollen insbesondere dazu beitragen, "Spaß" an der Bildungsmaßnahme zu vermitteln und somit einen höheren Lerneffekt zu erreichen. Ferner ist es damit möglich, das Lerntempo an die individuellen Fähigkeiten des Lernenden anzupassen, bei falschen Antworten über Umwege (sog. Schleifen) die richtige Antwort über Zwischen- und Wiederholungsfragen zu erarbeiten usw. Zur gleichmäßigen, effizienten Entwicklung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Verhaltensweisen empfiehlt sich eine Kombination verschiedener Methoden und Medien. Dabei soll generell, wie überhaupt in der Erwachsenenbildung, der Schwerpunkt auf aktive Lehrmethoden gesetzt werden, die in erster Linie den Transfer von der Lern- in die Arbeitssituation vereinfachen (vgl. RKW, 1990, S. 327ff). - 282 - Mögliche Lehrmethoden und -medien für die einzelnen Themenbereiche sind in dem CurriculumVorschlag in Anlage 20 aufgeführt. 4.3.4. Möglichkeiten zur Übertragung des Gelernten in die Praxis Jede Lehreinheit muß zuerst auf dem vorhandenen Bestand an Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen der Teilnehmer aufbauen und durch das Löschen fehlerhafter und/oder der Bestätigung der richtigen Lernbestände den Wissensstoff abklären, bevor neue Lerninhalte vermittelt (integriert) werden können (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 195). Die einzelnen Seminarbausteine sowie deren praktischer Einsatz müssen inhaltlich und methodisch mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad aufeinander aufbauen (vgl. Rischar, 1983, S. 70f). Besonders problematisch ist es für Seminarteilnehmer, das modellhaft übermittelte Wissen auf konkrete Aufgabenstellungen bei der beruflichen Tätigkeit zu übertragen (sog. back-home-, re-entry-Situation); dabei ergibt sich das Problem des Lerntransfers vom Lern- auf das Arbeitsfeld (vgl. Leonhardt, 1984, S. 13; Rosenstiel, 1991(b), S. 62). Das Erreichen von Lernerfolgen wird zwar an Lernaufgaben geübt, die die Probleme und Lernbedürfnisse der Teilnehmer simulieren sollen, trotzdem können in den Veranstaltungen niemals alle zukünftigen Problemsituationen behandelt werden. Die Lernaufgaben müssen im Unterricht soweit verallgemeinert werden, daß die Teilnehmer später am Arbeitsplatz in der Lage sind, sie auf die verschiedenen Arbeitsbereiche zu transferieren. Durch mehrmalige Anwendung des erworbenen Lerntransfers an ähnlichen Lernaufgaben üben die Teilnehmer bereits während des Seminars die Übertragung auf vergleichbare Arbeitssituationen (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 196). Der erfolgreiche Lerntransfer, also die Übertragung des Gelernten auf die praktischen Tätigkeiten am Arbeitsplatz gelingt am ehesten, wenn - die Teilnehmer aktiv an der Konzipierung des Bildungskonzeptes beteiligt sind, - die Probleme durch möglichst realitätsnahe Fallbeispiele behandelt werden, - die Eigeninitiative der Teilnehmer gefördert wird, - die Trainer mit den individuellen Lernproblemen und betrieblichen Anforderungen vertraut sind, - die Verhaltensänderungen durch verschiedene Lehrmethoden (z.B. Rollenspiele) praktisch eingeübt werden, - intensive Gruppenarbeit verwandt wird, um eingefahrene Verhaltensweisen zu ändern (vgl. Krenzer, 1990, S. 57f), - über die Ergebnisse der Trainingsübungen direktes Feedback im Sinne der Information und Verstärkung gegeben wird, - die Übertragung des Gelernten auf die Arbeitssituation gewährleistet ist und die Erfahrungen nach einem kurzen Zeitraum besprochen werden (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 63), - 283 - - die organisatorische Umwelt (z.B. Vorgesetzte, Kollegen) der Bildungsmaßnahme positiv gegenüber steht (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 271). Auf diese Aspekte für einen positiven Lerntransfer wird im Kapitel 4.3.5. näher eingegangen. Im Laufe des Seminars sollte von jedem Teilnehmer ein persönlicher Maßnahmenkatalog mit Handlungszielen, Umsetzungsschritten, Zeitvorgaben etc. für die "back-home-"Situation erstellt werden. Dies dient der Vorbereitung des Transfers und vereinfacht die "re-entry-"Situation (vgl. Krenzer, 1990, S. 62). Dauerhafte Mentalitätswandlung kann bei den Teilnehmern aber nicht ausschließlich durch Seminare, Workshops etc. antrainiert werden (vgl. Stiefel, 1989(b), S. 233). Entscheidend für den späteren Berufserfolg ist allein die Bewährung in der betrieblichen Praxis, denn das fundierteste theoretische Wissen hilft überhaupt nichts, wenn man nicht in der Lage ist, es in der Praxis einzusetzen (vgl. Rischar, 1983, S. 72). Die praktische Umsetzung des Gelernten soll vorrangig in einem anderen als dem familieneigenen oder Stammbetrieb erfolgen. Dadurch können die Nachfolger andere Betriebsabläufe, -stärken, -schwächen, Führungsverhalten etc. kennenlernen und sich frei entfalten beim Versuch der Umsetzung der erworbenen Qualifikationen in die Berufspraxis, ohne zusätzliche Angst vor Gesichtsverlust bei evtl. begangenen Fehlern haben zu müssen. 4.3.5. Organisatorische Leitung sowie allgemeine Rahmen- und Ablaufbedingungen des standardisierten Qualifizierungsprogramms Die nachfolgenden Ausführungen zur Organisation sowie zu den allgemeinen Rahmen- und Ablaufbedingungen des Qualifizierungsprogramms erfolgen größtenteils auf der Grundlage - ausgewählter Traineeprogramme bei Automobilherstellern, Banken, Elektronikkonzernen usw., - spezieller Fachliteratur über Qualifizierungsprogramme für Führungs-(nachwuchs-)kräfte, - von Ratschlägen und Anregungen erfahrener Seminarleiter und Trainer sowie - eigener Vorstellungen des Verfassers dieser Arbeit. 4.3.5.1. Organisation und Leitung des Programms Während es zahlreiche kommerzielle und fabrikats-(un-)gebundene Schulungsinstitutionen gibt, die umfangreiche mehrwöchige Qualifizierungsprogramme und einzelne Seminarbausteine für Unternehmernachfolger speziell im Kfz-Gewerbe anbieten, gibt es bisher (soweit bekannt) mit Ausnahme der Autohaus Akademie, keine Einrichtung, die den Nachwuchskräften Praktikumsplätze in Autohäusern offeriert. Zwar vermitteln auch die Schulungsinstitute der meisten Kfz-Hersteller/Importeure und der ZDK auf Anfrage entsprechende Betriebe, jedoch betrifft diese Vermittlung meist Einzelfälle und verläuft ebenfalls weitgehend unsystematisch. - 284 - Bisher gibt es kein Institut, daß eine systematische Verzahnung von theoretischen Lehrinhalten und darauf aufbauender praktischer Erfahrungssammlung in fremden (Kfz-)Unternehmen anbietet. Doch gerade diese gezielte Verknüpfung ist ein entscheidendes Kriterium für die umfassende Vorbereitung der Unternehmernachfolger auf ihre zukünftigen, vielfältigen Aufgaben. Theoretische Fortbildungsveranstaltungen müssen das Sammeln praktischer Kenntnisse, Fähigkeiten, Verhaltensweisen usw. vorbereiten und vertiefen, um ein optimales Qualifizierungsergebnis zu erreichen. Die Erkenntnis, daß praktische Erfahrungssammlung im Rahmen von Qualifizierungsprogrammen dringend notwendig ist, wird heutzutage teilweise dadurch umgesetzt, daß Händlerkollegen untereinander potentielle Nachfolger zum Praktikum in ihr(e) Unternehmen aufnehmen. Große Kettenbetriebe gehen seit neuestem vereinzelt dazu über, Qualifizierungsprogramme für firmeneigene Führungs-(nachwuchs-)kräfte zu entwickeln; jedoch ist es Externen nicht erlaubt, an diesen Programmen teilzunehmen. Zur Organisation des gesamten Programms, zur Auswahl der einzelnen Seminare und die darauf aufbauende, systematisch abgestimmte Ausgestaltung der Betriebspraktika für jeden einzelnen Teilnehmer ist es notwendig, eine eigens dafür zuständige Beratungsstelle einzurichten, die für die Planung, Durchführung und Kontrolle dieses dualen, ressortübergreifenden Qualifizierungsprogramms verantwortlich ist. Für diese umfangreichen Aufgaben böten sich beispielsweise, entweder als kommerzieller Anbieter, die Autohaus Akademie, oder aber die Schulungsinstitute der Kfz-Hersteller/Importeure an. Dabei stößt eine solche Maßnahme durch die Werke auf gewisse Ressentiments bei den Kfz-Händlern, wie das Ergebnis der empirischen Studie zeigt (siehe auch Kapitel 4.2.4.3., Tab. 11). Das bedeutet allerdings nicht, daß ein entsprechender Ausbau dieser Einrichtungen nicht möglich ist. Ein Nachteil dieser fabrikats-(un-)gebundenen Schulungsinstitutionen ist, daß die direkte Anbindung an die bereits absolvierten Qualifizierungswege fehlt, beispielsweise zur Bundesfachschule für KfzBetriebswirtschaft, zu einer Wirtschaftsakademie oder einer (Fach-)Hochschule. Angesichts des unterschiedlichen Ausgangswissens der Unternehmernachfolger werden die Institute durch die abweichenden Bildungswege, Neigungen, Potentiale etc. immer ein differenziertes Programm anbieten müssen, mit einer Eingangsstufe für das niedrigste Ausgangswissen (z.B. Fachschule, Wirtschaftsakademie), einer mittleren Stufe für die Fachhochschulausbildung und einer gehobenen Stufe mit dem Ausgangswissen einer universitären Ausbildung. Eine systematische Vernetzung der bisherigen Ausbildung mit der weiteren Unternehmernachfolgerqualifizierung wäre dann gegeben, wenn sich ein Institut einem der bisherigen Bildungswege anschließen könnte. Theoretisch würde das bedeuten, daß sich an die Fachschule für KfzBetriebswirtschaft, an eine Fachhochschule oder Universität - speziell mit den Lehrstühlen für Automobilwirtschaft - ein solches Institut angliedern könnte, um für ihre Absolventen die Nachfolgeausbildung zu gewährleisten. Aus Kapazitätsgründen scheint aber ein solches Institut bei drei - 285 - Bildungseinrichtungen nicht tragbar, außer wenn die werkseigenen Schulungszentren ihre Unternehmernachfolger-Programme aufgeben würden; davon kann man jedoch nicht ausgehen. Deshalb ist nicht anzunehmen, daß jeweils in einem Jahrgang die Kapazität von drei Instituten ausgeschöpft werden könnte. Wenn man sich aber für ein bis zwei Institute entscheidet, müßten diese bei den am höchsten qualifizierten Bildungseinrichtungen, nämlich einer Universität oder einer Fachhochschule, angesiedelt werden, wobei die Form eines sog. “An-Instituts“ als besonders geeignet erscheint. Bei einer organisatorischen Angliederung an eine Hochschule wäre einmal die Verknüpfung von Lehre, Forschung und Praxis gewährleistet, zum anderen wäre auch für die am höchsten qualifizierten Absolventen eine anspruchsvolle Nachfolgeausbildung gegeben. Das würde auch nicht die Aufnahme von Absolventen z.B. der Fachschule oder Wirtschaftsakademien ausschließen, da, wie bereits dargelegt, die Schulungseinrichtung für Nachfolger in drei Qualifikationsstufen unterteilt werden sollte. Die Zusammenfassung der Ausbildungsaktivitäten in einem Institut hat zudem den Vorteil, daß die einzelnen Qualifikationsstufen durchgängig zu gestalten sind. So hätte z.B. ein Absolvent der Fachschule bei entsprechender Qualifikation. die Möglichkeit, in die nächsthöhere Stufe aufzusteigen oder sogar unter Überspringen dieser Stufe in die am höchsten qualifizierte Kategorie zu gelangen. Dies müßte ebenfalls bei Überforderung in entgegengesetzter Richtung, also von einer höheren in eine niedrigere Stufe möglich sein. Institute in Verbindung mit Hochschuleinrichtungen, unabhängig von der Hochschule selbst, sind in der Praxis bereits weitgehend üblich. Beispielsweise gibt es viele solcher Einrichtungen (z.B. für Umweltund Verfahrenstechnologie) in verschiedenen Regionen, die auf die Initiative der interessierten, meist mittelständischen Unternehmen und ihrer Verbände zurückgehen. Einige Institute arbeiten eng mit Lehrstühlen zusammen, teilweise werden sie sogar von den zuständigen Professoren in Personalunion geführt. Ein solches An-Institut für die Nachfolgerqualifizierung in Verbindung mit einem Lehrstuhl gäbe nicht nur eine ideale Verbindung von Lehre und Forschung mit der Praxis, sondern würde durch die gegenseitige Wechselwirkung beide Seiten unterstützen. Einmal wäre gewährleistet, daß die Umsetzung theoretischer Kenntnisse, Fähigkeiten usw. in der Praxis durch den Lehrstuhlinhaber überprüft, evtl. auch korrigiert oder vertieft werden könnte und andererseits der Unternehmernachfolger im Rahmen des Qualifizierungsprogramms erkennt, wie wichtig die theoretischen Ansätze, die er ggf. während des Studiums vermittelt bekommen hat, für seine praktische Arbeit sind. Durch solche Institutionen würden auch die Probleme, die in der systematischen Planung der Ausbildungsschritte sowie in der Implementierung und Kontrolle ihres Erfolges liegen, gelöst werden können. Aufgrund des Ansehens der Hochschuleinrichtungen wäre es, zumal in Verbindung mit den fabrikatsbezogenen Händlerverbänden oder auch Kfz-Herstellern/-Importeuren, voraussichtlich einfacher, geeignete Praktikumsbetriebe zu finden. Die Initiative für eine solche Einrichtung müßte allerdings vom Kfz-Gewerbe selbst ausgehen, am besten durch den ZDK. - 286 - Sowohl dem Lehrstuhl für Automobilwirtschaft an der Universität Bamberg als auch an der Fachhochschule Nürtingen sind mittlerweile eine Forschungsstelle bzw. ein Institut angeschlossen. Durch Ausweitung ihrer Personal-, Schulungs-, Finanzkapazitäten etc. wäre es denkbar und erstrebenswert, daß diese Einrichtungen die oben geschilderten Aufgaben übernehmen. Solange diese Institutionen dazu (noch) nicht in der Lage sind, müßten sich die vorhandenen Schulungsanbieter, wie die Autohaus Akademie oder die Schulungsinstitute der Kfz-Hersteller/-Importeure, der systematisch verzahnten Nachfolgerqualifizierung annehmen. Da auch im Hochschulrahmengesetz neben den Hauptaufgaben der studentischen Grundausbildung sowie der Forschung und Lehre ebenfalls die berufliche Weiterbildung festgeschrieben ist, sollten (Fach)Hochschulen zukünftig verstärkt als Anbieter beruflicher Fortbildungsmaßnahmen (z.B. Seminare über Arbeits- und Führungstechniken von Unternehmensführern; Neues aus Forschung und Lehre) auftreten (vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 112). Viele amerikanische Universitäten bieten bereits seit vielen Jahren solche speziellen Fortbildungsmaßnahmen für berufstätige, erfahrene Führungskräfte (Senior Executive Programs) und für den Managementnachwuchs (High Potentials) an. Wie bereits angeführt, obliegt es den Schulungsanbietern, die Unternehmen herauszufinden, die gewillt sind, einen Praktikumsplatz bereitzustellen, sowie zu klären, in welchen Abteilungen bzw. beruflichen Tätigkeitsfeldern die Praktikanten dort die meisten Erfahrungen sammeln können. Diese Aufgabe erfordert, speziell am Anfang, erheblichen Zeitaufwand und Einsatz. Die Praktikumsbetriebe sollten eine bestimmte Größe haben, damit der entsprechende Praktikumsabschnitt in der festgelegten Zeit ausreichend praktisch geübt werden kann. Die Unternehmen dürfen auch nicht zu klein sein, da andernfalls eine zu universelle Betrachtung der betrieblichen Tätigkeit erfolgt, zuungunsten der Detailkenntnisse (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 60). Deshalb sollte man Autohäuser auswählen, die etwa zwischen 40 und 80 Mitarbeiter beschäftigen, da dort auch eine spezifische Organisation der einzelnen Abteilungen vorzufinden ist. Zur Betreuung und Beratung der Teilnehmer eignet sich der Einsatz eines hauptverantwortlichen Programmleiters (=Coach), der als kontinuierlicher Ansprechpartner zur Verfügung steht. Auf dessen Aufgaben, Funktionen und Anforderungen wird in Kapitel 4.3.5.6.1. näher eingegangen. Während der Praktikantenzeit im Betrieb unterstehen die Teilnehmer je nach Praktikumsabschnitt dem direkten (Fach-)Vorgesetzten, Abteilungsleiter und/oder dem Unternehmer/Geschäftsführer selbst und unterscheiden sich damit in der Verantwortlichkeit nicht von anderen Mitarbeitern dieser Abteilung (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 60). Zur effektiveren Gestaltung der einzelnen Praktikumsabschnitte wäre es wünschenswert, wenn innerhalb der Betriebe jeweils eine Führungskraft ausgewählt wird - evtl. übernimmt der Unternehmer/Geschäftsführer diese Aufgabe sogar persönlich -, die für die Optimierung des Praktikumszwecks, unter Berücksichtigung der Betriebs- und Praktikantenziele, zuständig ist. Mit diesem(n) - 287 - Vorgesetzten wird auch der Inhalt des Praktikumsabschnitts abgesprochen, damit der Praktikant möglichst viele unterschiedliche Arbeitsaufgaben übertragen bekommt (vgl. Hamer/ Nicolai, 1982, S. 60ff). Aufgrund der kurzen Dauer jedes Praktikumsabschnittes ist es dringend notwendig, daß der Unternehmer/Geschäftsführer den Abteilungsleitern und den sonstigen Mitarbeitern vorab erläutert insbesondere bei erstmaliger Aufnahme von Praktikanten -, was derjenige bzw. diejenigen im Betrieb machen soll(en) und welche Vorzüge diese Mitarbeit auch für das Unternehmen haben kann. Durch umfassende Vorabinformation kann das Anfangsmißtrauen der Belegschaft gegenüber dem/den "Neuen" ausgeräumt werden. Wenn ein Unternehmen regelmäßig Praktikanten aufnimmt, "gewöhnen" sich die Mitarbeiter an deren Anwesenheit (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 82f) und betrachten es u.U., bei entsprechendem Auftreten und Verhalten der Unternehmernachfolger, als besondere Auszeichnung "ihres" Unternehmens bzw. ihrer Person, daß sie zukünftige "Chefs" schulen (dürfen). Anfänglich dürfte es für die veranstaltenden Bildungsinstitutionen problematisch sein, daß sich überhaupt Kfz-Unternehmer/-Geschäftsführer bereit erklären, Praktikumsplätze für Unternehmernachfolger zur Verfügung zu stellen. Falls die ersten Pilotprojekte (Betriebspraktika) erfolgreich verlaufen und diese Unternehmer erkennen, daß neben dem zusätzlichen Arbeitsaufwand daraus auch konstruktive Gespräche und Zusammenarbeit, interessante Verbesserungsvorschläge und neue Ideen resultieren, werden sich voraussichtlich längerfristig weitere Autohäuser daran beteiligen. Bei Dauereinrichtung eines solchen Praktikums in einer größeren Zahl von Kfz-Betrieben könnten die jeweils "lernergiebigsten" Unternehmen - dies können sowohl besonders erfolgreiche als auch weniger erfolgreiche sein - für die einzelnen Praktikumsabschnitte der jeweiligen Teilnehmer ausgewählt werden. 4.3.5.2. Systematischer Wechsel zwischen Bildungsveranstaltungen und praktischen Arbeitseinsätzen Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Schulungsmaßnahmen soll den Teilnehmern der notwendige Wissensstoff des Lehrplans (z.B. fachliches, führungs- und verhaltensspezifisches Wissen) vermittelt werden. Dabei ist es ratsam, das Programm weitgehendst so aufzubauen, daß die Teilnehmer zuerst den erforderlichen Lernstoff für den nachfolgenden Praktikumsabschnitt von erfahrenen, praxisorientierten Trainern (z.B. Wissenschaftlern, Hochschuldozenten, Unternehmens-, Personalberatern) vermittelt bekommen. Anschließend sollen sie das jeweils neu Gelernte in der betrieblichen Praxis ("vor Ort") umsetzen. Am Anfang des nachfolgenden Seminarbausteins ist es empfehlenswert, einen halb- bis ganztägigen Erfahrungsaustausch zwischen dem zuständigen Trainer, erfolgreichen Kfz-Unternehmern und erfahrenen Praktikern sowie den Absolventen durchzuführen. Dabei sollte den Teilnehmern die Chance eingeräumt werden, ihre Eindrücke und Probleme bei der Umsetzung des vermittelten Lehrstoffes in die - 288 - Praxis zu schildern. Insbesondere die Praktiker sollten dabei den Teilnehmern aus ihrem Erfahrungsschatz besondere Handlungshinweise, Erfahrungswerte, Bearbeitungstechniken, Schwachstellenkenntnisse, Lösungsmöglichkeiten, Vorgehensweisen, Anwendungsmethoden etc. erläutern und somit den Teilnehmern in dem theoretisch Erlernten und praktisch bereits teilweise Geübten ein umfangreiches Feedback geben (in Anlehnung an Hamer/Nicolai, 1982, S. 70ff). Dieser praktische Erfahrungsaustausch soll in erster Linie zur Ergänzung und Vertiefung des Wissens und der Handlungsfähigkeit dienen. 4.3.5.3. Art und Umfang der Mitarbeit in den Praktikumsbetrieben Grundsätzlich sollte in den einzelnen Praktikumsabschnitten nach anfänglicher Einweisung durch den direkten Vorgesetzten, verbunden mit evtl. kurzzeitiger passiver Teilnahme als "Zuschauer bzw. Zuhörer" eines Mitarbeiters (z.B. EDV-Einsatz in der Finanzbuchhaltung, Führen von Verkaufs- und Mitarbeitergesprächen), eine aktive Mitarbeit erreicht werden. Im letzten Stadium des Programms soll der Praktikant vertretungsweise einen wichtigen Arbeitsplatz, noch besser die Abteilungs- oder sogar die Geschäftsleitung eines Betriebes (eigenverantwortlich) übernehmen. Dort, wo die voll verantwortliche Übernahme eines bestimmten Arbeitsplatzes oder einer Betriebsfunktion nicht möglich ist, kann dies durch indirekte Mitarbeitsformen kompensiert werden. Beispielsweise kann der Praktikant ein Gutachten über die Schwachstellen der Ablauforganisation des Unternehmens erstellen. Dadurch ist er gezwungen, die verschiedenen Unternehmensfunktionen praktisch kennenzulernen, zu analysieren und aufgrund seiner Erfahrungen zu bewerten. Dem Unternehmer können beim abschließenden Gespräch mit dem neutralen Außenstehenden, d.h. dem Praktikanten, oft wertvolle Denkanstöße über vorhandene Schwachstellen und deren Beseitigungsmöglichkeiten vermittelt werden (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 62). Bereits aus dem Eigeninteresse der Praktikanten heraus läßt sich ableiten, daß jede Mitarbeitsform um so wertvoller ist, je intensiver der Teilnehmer in die konkrete berufliche Tätigkeit einbezogen wird. Lediglich Zuschauen bzw. -hören ist auf Dauer von sehr geringem Wert und müßte durch indirekte Mitarbeitsformen mit festgelegter Aufgabenstellung ersetzt werden (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 62). Die praktische Schulung kann verbessert werden, wenn der Unternehmer/Geschäftsführer nicht nur am Anfang und Ende der Praktikantenzeit, sondern auch zwischendurch einen praktischen Erfahrungsaustausch mit dem Volontär durchführt. Diese Gespräche können für beide Seiten sehr informativ und nützlich sein (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 83). 4.3.5.4. Generelle Lehr- und Zeitplangestaltung des standardisierten Programms a) Zeitlicher Rahmen des vorliegenden Programms - 289 - Das gesamte Qualifizierungsprogramm ist - in Anlehnung an die meisten Trainee-Programme in Großunternehmen - auf etwa 15-16 Monate, abzüglich 6 Wochen Urlaub, ausgerichtet. Davon sind etwa 11 Wochen für formale Bildungskurse - mit maximal 15 Teilnehmern - und ca. 11-12 Monate für Betriebspraktika vorgesehen. Dieser Zeitrahmen kann aber entsprechend den individuellen Wünschen oder Notwendigkeiten des einzelnen Teilnehmers (z.B. längeres Auslandspraktikum, erhebliche Vorbildung bzw. Defizite, branchenspezifische Erfahrungen) entweder bereits bei der individuellen Programmplanung oder im Verlauf des Praktikums variiert werden, soweit es organisatorisch mit dem gesamten Programm vereinbar ist. Der Zeitrahmen sollte jedoch 2 Jahre nicht überschreiten. Aussagen über die Dauer der einzelnen Lernabschnitte und die Verweildauer auf den einzelnen Praktikumsplätzen hängen primär von - dem zu bewältigenden Lehrstoff (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 117), - der Intensität, mit der die verschiedenen Programmpunkte behandelt werden sollen, - den vorgesehenen Lehrmaßnahmen (vgl. Mentzel, 1994, S. 206), - der Komplexität der für den jeweiligen Arbeitsplatz charakteristischen Aufgabe, - der Qualifikation und Leistungsbereitschaft der einzelnen Teilnehmer, - den fachlichen, didaktischen und pädagogischen Fähigkeiten des Trainers bzw. Vorgesetzten ab (vgl. Korndörfer, 1989, S. 270). Für die Dauer der einzelnen Praktika erscheint eine Mitarbeit von weniger als einem Monat in einem Betrieb kaum sinnvoll, da erfahrungsgemäß die Eingewöhnungszeit von Unternehmen bzw. Belegschaft und Praktikant mindestens ein bis zwei Wochen beansprucht (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 80). Der direkte Vorgesetzte kann für diesen Zeitraum nur bedingt eine detaillierte Leistungsbeurteilung über den Praktikanten abgeben. Die Höchstdauer der einzelnen Praktikumsabschnitte von meist 3-4 Monaten wird durch die zur Verfügung stehende Gesamtzeit von 15-16 Monaten begrenzt. Bei für den einzelnen Teilnehmer besonders wichtigen Praktikumsabschnitten können ggf. auch längere Zeiträume eingeräumt werden - u.U. unter Urlaubsverzicht, so lange sie nicht dem Gesamtprogramm entgegenlaufen. Aufgrund der Komplexität der Funktionen und Aufgaben in einigen beruflichen Tätigkeitsbereichen (z.B. Fahrzeugverkauf, Finanzbuchhaltung) wird es bei der knapp bemessenen Zeit kaum möglich sein, vollständige Praxiserfahrung zu vermitteln. Es müssen aber dem Teilnehmer das Bewußtsein, die Bedeutung und die Möglichkeiten der einzelnen unternehmerischen Aufgaben nahegebracht werden. Dies ist für den hier angestrebten Praktikumserfolg ausreichend. Die einzelnen Schulungsveranstaltungen sollten je nach Komplexität des Themengebiets 3-5 Tage dauern. Bei der zeitlichen Gestaltung der Seminare muß unbedingt darauf geachtet werden, daß die Teilnehmer genügend Zeit (in aufgelockerter Atmosphäre) zum gegenseitigen Kennenlernen, zu informellen Gesprächen, Beratungen, Diskussionen etc. haben. - 290 - b) Zeitliche Abfolge der Seminarveranstaltungen und Praktika Grundsätzlich sollte - wie bereits erläutert - die Reihenfolge der Programmbausteine eingehalten werden, da die Lehr- und Arbeitsinhalte größtenteils systematisch aufeinander aufbauen. Im Anschluß an das jeweilige Seminar sollte umgehend die praktische Umsetzung und Erfahrungssammlung in einem Ausbildungsbetrieb erfolgen. Dabei erscheinen für die zukünftigen Arbeitsanforderungen des Unternehmernachfolgers die Lerninhalte des Aufbau- und Vertiefungsprogramms sowie deren praktische Umsetzung im Rahmen des Integrations- bzw. Transferprogramms am wichtigsten. In diesen Funktionen erfährt er zukünftig am wenigsten Unterstützung seitens der Mitarbeiter und muß sie vorrangig eigenständig ausführen (in Anlehnung an Hamer/Nicolai, 1982, S. 83f). Die Behandlung der Themenbereiche im Aufbau- und Vertiefungsprogramm (z.B. Führungs- und Arbeitstechniken, strategische Unternehmensführung, strategisches Personalmanagement, Organisationsstruktur) erfolgen vorrangig in Seminarveranstaltungen. Die praktische Umsetzung findet im Fachund Integrationsprogramm zur Ergänzung und Vertiefung dieses Wissens statt. Für die taktischen Funktionen, also die fachliche Grundausbildung (z.B. im Neu- und Gebrauchtwagenhandel, Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen) haben sich vor allem Erfahrungsberichte von Praktikern als nützliche Seminarform erwiesen. Dabei sollen den Teilnehmern Handlungshinweise, Bearbeitungstechniken, Erfahrungswerte und Schwachstellenkenntnisse vermittelt werden (in Anlehnung an Hamer/Nicolai, 1982, S. 84). 4.3.5.5. Bestimmung des Lernortes und Umfeldes bei Seminaren Im Zusammenhang mit der Auswahl der einzusetzenden Lehrmethoden, -verfahren und -techniken muß auch entschieden werden, ob die Bildungsmaßnahmen innerbetrieblich durchzuführen sind oder an externe Institutionen übertragen werden müssen (vgl. RKW, 1990, S. 320). Da es aus Know-how-, Wirtschaftlichkeits- und Zeitgründen im einzelnen Kfz-Betrieb kaum möglich ist, dem Unternehmernachfolger innerbetrieblich vor allem die notwendigen theoretischen Schulungsinhalte zu vermitteln, empfiehlt es sich, die von den einzelnen Kfz-Herstellern/-Importeuren oder externen Institutionen (z.B. Autohaus Akademie, Industrie- und Handelskammer, privater Anbieter) angebotenen speziellen Nachfolgerseminare zu absolvieren. Von den Befragungsteilnehmern wurden als erstes die Unternehmernachfolger-Seminare von branchenbezogenen, fabrikatsübergreifenden Anbietern (z.B. Autohaus Akademie) und als zweites die werkseigenen Schulungsmaßnahmen präferiert (siehe auch Kapitel 4.2.4.3., Tab. 11). Insbesondere einige große Automobilhersteller/-importeure (z.B. Mercedes-Benz, Ford, VW/Audi) verfügen über werkseigene Schulungszentren, einschließlich ansprechender Unterkünfte, Verpflegung und zuvorkommendem Service. Die meisten kleineren Hersteller/Importeure sowie externe - 291 - Schulungsanbieter sind auf Seminarhotels angewiesen. Bei der Auswahl des entsprechenden Hotels sollten insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt werden: - zentrale, verkehrsgünstige Lage für alle Kursteilnehmer, - methodische und didaktische Hilfsmittel (z.B. Flip-Chart, Overhead-Projektor, Kopierer, Leinwand) müssen vorhanden und einsetzbar sein, - neben dem Vortragssaal sollten auch mehrere kleine Räume für spontane Gruppenarbeit zur Verfügung stehen, - die Übernachtungsmöglichkeiten, die flexible, gute Küche, das freundliche Personal, das Ambiente des Hotels sollten den Anforderungen entsprechen sowie - adäquate Räumlichkeiten und Einrichtungen für die Freizeit- und Abendgestaltung (z.B. Schwimmbad, Sauna, Bar) müssen zur Verfügung stehen (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 59). Gerade bei mehrtägigen Veranstaltungen sind vor allem die Räumlichkeiten für die informellen Gespräche und den Erfahrungsaustausch (z.B. Bar, Kamin) von oft unterschätztem Wert (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 59). Des weiteren könnten - wie bereits weiter vorne in Kapitel 4.3.5.1. ausgeführt - die (Fach-) Hochschulen vermehrt als Anbieter beruflicher Weiterbildungsveranstaltungen fungieren. 4.3.5.6. Qualitative Anforderungen an den Programmleiter, Trainer und Ausbilder in den Praktikumsbetrieben Die Qualität des gesamten Qualifizierungsprogramms steht und fällt mit der Organisation, der Qualifikation, Erfahrung, Einsatzbereitschaft und den Schulungsfähigkeiten der Trainer sowie vor allem der Ausbilder in den einzelnen Praktikumsbetrieben. 4.3.5.6.1. Der Programmleiter als kontinuierlicher, zentraler Ansprechpartner und Betreuer der Teilnehmer Die einzelnen Kfz-Hersteller/-Importeure bzw. externen Bildungsinstitutionen sollten für das gesamte Schulungsprogramm einen hauptverantwortlichen Programmleiter (=Coach) zur Verfügung stellen, der als zentrale Beratungs-, Förderungs- und Betreuungsstelle für die Teilnehmer jederzeit erreichbar ist. Dieser sollte den gesamten Programmablauf, die individuellen Qualifizierungsmaßnahmen der Unternehmernachfolger, organisieren und koordinieren (z.B. Seminarvorbereitung, Auswahl der Praktikumsbetriebe, Organisation von Sonderveranstaltungen und Auslandsaufenthalten) sowie als Ansprechpartner bei Problemen hilfreich zur Seite stehen (in Anlehnung an Hamer/Nicolai, 1982, S. 81; Mentzel, 1994, S. 151ff). Ferner soll er die einzelnen Teilnehmer in regelmäßigen Abständen an ihrem Praktikumsort besuchen, um mit dem Unternehmer, Abteilungsleiter bzw. direkten (Fach-)Vorgesetzen sowie den Praktikanten die Qualifizierungserfolge/-defizite und Leistungsbeurteilungen durchzusprechen - 292 - und mit ihnen weitere individuelle Maßnahmen abzustimmen. Dieser Coach hat auch das generelle disziplinarische Weisungsrecht gegenüber den einzelnen Teilnehmern. Der Programmbetreuer hat durch regelmäßige, individuelle Beratungsgespräche dafür zu sorgen, daß die jeweiligen Bedürfnisse, angestrebten Zielsetzungen und Erwartungen der Teilnehmer an das Qualifizierungsprogramm (persönliche Weiterentwicklung, abwechslungsreiche Arbeitsinhalte, Erweiterung der Kenntnisse, Fertigkeiten und beruflichen Erfahrungen etc.) befriedigt werden. Eventuelle Probleme müssen in gemeinsamen Gesprächen behoben werden. Des weiteren sind von ihm die Einhaltung des Programms genau zu kontrollieren sowie die Resultate der Gesamt- und Etappenziele - bei längeren Schulungsperioden - berichtsmäßig festzuhalten. Ein entsprechender Berater benötigt bei diesen umfangreichen Anforderungen weniger fachliche Kenntnisse als vielmehr psychologische, gesprächstherapeutische und kommunikationspsychologische Fähigkeiten (vgl. Vogelauer, 1990, S. 180), um den Unternehmernachfolger entsprechend beraten, fördern und unterstützen zu können (vgl. Huck, 1990, S. 37). Empfehlenswert wäre es, wenn diese Person vor Beginn des Qualifizierungsprogramms den elterlichen bzw. Stammbetrieb vor Ort analysiert, um benötigte Kenntnisse über das Unternehmen zu erhalten. Nur so ist sichergestellt, daß auch tatsächlich die größenspezifisch relevanten betrieblichen Problembereiche behandelt werden und die Lernziele der Veranstaltung den zukünftigen betriebsspezifischen Anforderungen des einzelnen Unternehmens (sowie des individuellen Leistungspotentials) entsprechen. 4.3.5.6.2. Die Anforderungen an die Trainer für einen erfolgreichen Schulungsverlauf Der Trainingserfolg hängt im großen Maße von den fachlichen und pädagogischen Qualifikationen der Trainer133 ab. Sie müssen in der Lage sein, die Teilnehmer zu begeistern und insbesondere davon zu überzeugen, daß die Schulungsbemühungen für sie selbst und ihre zukünftigen Arbeitsinhalte nützen (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 118). Vor allem bei externen Trainern ist vom Programmleiter darauf zu achten, daß nicht einfach ein (veraltetes) Standardprogramm vorgetragen wird, sondern daß sich das Seminar an den vorher festgelegten Lernzielen und den damit verbundenen individuellen und betrieblichen Anforderungen orientiert (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 118). Insbesondere externe Trainer besitzen oftmals nur unzureichende Informationen über - den Bildungsstand der Teilnehmer und - die zweckbezogenen Zielsetzungen der Schulungsmaßnahmen 133 Die Begriffe Trainer, Referent, Ausbilder, Lehrer, Dozent etc. werden im Rahmen der Arbeit synonym verwendet (vgl. RKW, 1990, S. 323). Damit wird die Person bezeichnet, die bei den kollektiven Bildungsmaßnahmen die jeweilige Schulungsmaßnahme durchführt und dafür verantwortlich ist. Sie sind zu unterscheiden vom hauptverantwortlichen Programmbetreuer, der während des gesamten Schulungsprogramms für die Koordination der individuellen Schulungsabschnitte sowie für die Beratung und Betreuung der Teilnehmer zuständig ist. - 293 - (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 112). Deshalb setzt die Trainertätigkeit eine detaillierte Ermittlung der Sachlage voraus, um die Qualifikationsbedürfnisse und -notwendigkeiten (z.B. neues Wissen vermitteln, Stärken fördern, Mängel abbauen) der Teilnehmer befriedigen zu können (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 112). Weiterhin sollten die Referenten über ausreichende Erfahrungen in der Betriebspraxis verfügen, damit sie praxisorientiert, anforderungsgerecht und interessant schulen und realitätsnahe Beispiele einfließen lassen können (vgl. Holzer, 1989, S. 44). Meist bestimmen die Referenten, in Absprache mit dem Bildungsträger, die Lernziele und Stoffprogramme. Ferner sind sie im allgemeinen für die Auswahl der Lehrmethoden und -medien verantwortlich und beeinflussen durch ihren Lehrstil, ihr Auftreten und ihre Kommunikationsbereitschaft weitgehend die Atmosphäre während der Bildungsveranstaltung sowie die Lernbereitschaft der Teilnehmer (vgl. Mentzel, 1994, S. 213). Wenn es dem Trainer gelingt, schnell die Rolle des Gesprächspartners zu übernehmen, kann dieser mit einem wesentlich höheren Vertrauen seitens der Gruppe rechnen (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 114). Der Referent muß den Teilnehmern auch die Möglichkeit einräumen, eine gewisse Mitsteuerung in der Unterrichtsdurchführung zu übernehmen, damit während des Seminars auftretende themenspezifische Lernbedürfnisse behandelt werden können (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 193). Ferner muß er die Individualität des Teilnehmerkreises hinsichtlich Lerngeschwindigkeit, -stil, -erfahrung, Engagement, Alter etc. bei der Unterrichtsdurchführung beachten. Dementsprechend müssen die einzelnen Lernziele, -methoden, -mittel etc. ausgesucht werden, um die jeweiligen Lernbedürfnisse zu befriedigen (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 196f). Die aus dieser vielfältigen Aufgabenstellung resultierenden Qualifikationsanforderungen, sowohl an die fachliche Kompetenz als auch hinsichtlich organisatorischer, kommunikativer und pädagogischer Fähigkeiten sind sehr hoch (vgl. Mentzel, 1994, S. 213). Es ist empfehlenswert, daß neben dem eigentlichen Trainer ein erfahrener Seminarbetreuer - am besten der zuständige Programmleiter - als Co-Moderator den Veranstaltungen (regelmäßig) beiwohnt, damit dieser die Teilnehmer besser kennenlernt und ihr Leistungs- und Entwicklungspotential genauer feststellen kann. 4.3.5.6.3. Die Bedeutung des Verhaltens der Ausbilder in den Praktikumsbetrieben für einen positiven Lerntransfer Neben der positiven Einstellung der Mitarbeiter zu den Betriebspraktika und den räumlichen Gegebenheiten hängt es gerade vom Verhalten des direkten (Fach-)Vorgesetzten ab, inwieweit den Praktikanten die Umsetzung der neu erworbenen theoretischen Kenntnisse in die Praxis gelingt. - 294 - Der in den einzelnen Betrieben jeweils direkte Vorgesetzte sollte, trotz der kurzen Aufenthaltszeit der einzelnen Praktikanten, gewissermaßen die Funktion eines "Mentors" übernehmen. Dabei sollte es sich um erfahrene, qualifizierte Führungskräfte handeln, die bereit und in der Lage sind, die Nachwuchskräfte zu beraten, fördern, unterstützen etc. (vgl. Berth, 1987, S. 37; Conrad/Pieper, 1990(b), S. 287; Hungenberg, 1990, S. 457). Wenn der entsprechende Vorgesetzte selbst an entsprechenden Schulungsmaßnahmen teilgenommen hat (z.B. Techniken zur Gesprächsführung, kooperative Umgangsformen), “dynamisch“ ist und neuen Entwicklungen aufgeschlossen begegnet, er auch das Gefühl vermittelt, daß man mit seiner Unterstützung rechnen kann, dann steigen auch die Chancen eines erfolgreichen Lerntransfers für den Praktikanten. Ein positiv orientierter Vorgesetzter wird dem Praktikanten genügend Freiräume schaffen, neu erworbene Qualifikationen praxisnah einzusetzen und mögliche Widerstände der Mitarbeiter durch rechtzeitige Informationen zu überwinden versuchen (vgl. Mentzel, 1994, S. 243). Je umfangreicher das eigentliche Aufgabengebiet des Ausbilders ist und je stärker dadurch seine zeitlichen Belastungen sind, desto eher wird er dazu verleitet, der Praktikantenbetreuung eine sekundäre Bedeutung beizumessen (vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 95). Falls der Vorgesetzte solche Betriebspraktika für unwichtig hält, Neuerungen skeptisch betrachtet, auf dem Althergebrachten beharrt und gegenüber modernen Verfahren und Methoden ablehnend eingestellt ist, kommt es früher oder später entweder zu Konflikten zwischen dem direkten Vorgesetzten und dem Praktikanten oder der Letztgenannte paßt seine Verhaltensweisen und Erwartungen an, obwohl er im Grunde von der Richtigkeit seiner neu erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse überzeugt ist (vgl. Mentzel, 1994, S. 243). Durch ein solches Verhalten des direkten Vorgesetzten ist es dem Volontär nicht möglich, den praktischen Lernerfolg zu erreichen. Deshalb haben die Programmleiter die wichtige Aufgabe, durch regelmäßige Besuche der Praktikumsbetriebe und durch Gespräche mit den direkten Vorgesetzten und den Nachwuchskräften herauszufinden, inwieweit das Vorgesetztenverhalten, das vorliegende Arbeitsklima etc. den positiven Lerntransfer unterstützt oder nicht, um notfalls Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ferner müssen für eine erfolgreiche Schulung entsprechende räumliche Verhältnisse vorhanden sein (z.B. eigener Arbeitsplatz möglichst im gleichen oder Nachbarraum, in denen der potentielle Ausbilder arbeitet), damit die Praktikanten konzentriert und ungestört arbeiten können. 4.3.5.7. Weitere Aspekte, die bei der Planung eines Qualifizierungsprogramms zu berücksichtigen sind a) Gemeinsame Besuche beispielhafter Kfz-Betriebe sowie Vorträge von Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft - 295 - Um den Teilnehmern zusätzliche Erfahrungen zu vermitteln, empfiehlt es sich, regelmäßig mit ihnen beispielhafte Kfz-Betriebe zu besuchen und mit den Unternehmern/Geschäftsführern sowie den Abteilungsleitern, Führungs- und Fachkräften über deren Erfolgsrezepte, Schwierigkeiten, Besonderheiten etc. vor Ort zu sprechen und gemeinsam zu analysieren. Dies erweitert den Betrachtungshorizont der Teilnehmer und gibt u.U. auch dem Unternehmer wichtige Anregungen. Seminarbegleitend sollten herausragende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik bzw. von KfzHersteller-/Importeurseite (z.B. Verbandsmitglieder, Wirtschaftsexperten, Fachjournalisten, Vorstandsmitglieder bzw. Bereichsleiter des Herstellers/Importeurs) Vorträge mit anschließender Diskussion abhalten. Diese Veranstaltungen gehen oft über den Bereich des eigentlichen Kfz-Geschäftes hinaus und dienen u.a. dazu, gegenüber zukünftigen Entwicklungsperspektiven aufgeschlossen zu sein und für die Zukunft zu lernen. b) Gründe für die Notwendigkeit von Auslandsaufenthalten Durch die zunehmende Öffnung der Grenzen (z.B. EG-Binnenmarkt 1993, Osteuropa) gewinnt die Auslandserfahrung auch für mittelständische Unternehmer an Bedeutung. Nur wenn man längere Zeit im Ausland gelebt und gearbeitet hat, die dortige Kultur, Mentalität, Lebensauffassungen, Gewohnheiten etc. näher kennengelernt hat, bekommt man eine objektivere Betrachtungsweise von einem anderen Land (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 55). Auch aus unternehmerischer Sicht ist Auslandserfahrung durch die zunehmenden internationalen Verflechtungen, den steigenden internationalen Wettbewerb und die Ausweitung von Bezugs- und Absatzmärkten (siehe vor allem Re-Importe von Neuwagen aus EU-Mitgliedsstaaten) ratsam (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 55f). Die Befragungsergebnisse in Kapitel 4.2.4.1., Tabelle 9 unterstreichen, daß ein Auslandsaufenthalt für zukünftige Unternehmernachfolger als wichtig angesehen wird. c) Anforderungen an die Seminarunterlagen Seminarunterlagen müssen die wichtigsten Lernziele des Seminars zusammenfassen und die Möglichkeit für tiefergehende Informationen schaffen. Sie dienen der Auffrischung und Nachbereitung der verschiedenen Bildungsmaßnahmen (vgl. Krenzer, 1990, S. 62). Umfassende Arbeitsunterlagen enthalten beipielsweise Kurzzusammenfassungen und Testbögen über behandelte Seminarthemen, erläuternde Abbildungen, Literaturverweise etc. d) Motivationssteigerung bei den Teilnehmern durch Abschlußzeugnisse bzw. -zertifikate Die Wertschätzung von Qualifizierungsprogrammen kann gesteigert werden, wenn die Absolventen u.U. nach erfolgreich abgelegter Prüfung - am Ende ein Abschlußzertifikat oder sogar ein -zeugnis erhalten (vgl. Mentzel, 1994, S. 249). e) Etwaige Kosten für das 15- bis 16-monatige Programm - 296 - Da es den Teilnehmern zeitlich kaum möglich ist, während des Programms eigener Erwerbstätigkeit nachzugehen und sie auch kaum länger als 3-4 Monate an einem Ort sind, wird es ihnen nicht gelingen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Da insbesondere im Anfangsstadium des Qualifizierungsprogramms für die Ausbilder in den Praktikumsbetrieben ein (erheblicher) zeitlicher Mehraufwand durch die Betreuung der Volontäre entsteht, kann man kaum davon ausgehen, daß die Teilnehmer Honorarzahlungen erhalten. Eher muß man froh sein, wenn man gut geführte, beispielhafte Unternehmen findet, in denen Unternehmernachfolger wirklich vom Unternehmer bzw. den direkten Vorgesetzten aktiv unterstützt, praktisch eingesetzt werden und so wichtige Erfahrungen sammeln können. Vielleicht im Endstadium der Praktikantenzeit, wenn der Volontär besondere Zusatzleistungen erbringt und beispielsweise die Abteilungsleitung für eine im Urlaub befindliche Führungskraft oder sogar die Geschäftsführung vertretungsweise übertragen bekommt, könnte eine Honorarzahlung erfolgen. Dies liegt vorrangig im Ermessen des Unternehmers, der einen Praktikumsplatz anbietet. Die von den Teilnehmern, Eltern und/oder familieneigenen bzw. Stammbetrieben zu entrichtenden monatlichen (Mindest-)Aufwendungen betragen durchschnittlich etwa: Unterkunft: mindestens 500,- DM (mit steigender Tendenz speziell in Großstädten) + Haushaltskosten: ca. 750,- bis 800,- DM ----------------------------------------------------------------------------------------------= monatliche Lebenshaltungskosten: etwa 1.250,- DM (ohne Steuern und Sozialabgaben) 134 Weitere Kosten entstehen u.a. durch die gesamten Lehrgangsgebühren (einschließlich Übernachtungskosten, Mahlzeiten, Seminarunterlagen etc.), je nach Kfz-Hersteller/-Importeur bzw. externer Institution. Die Gesamtkosten für ein 15- bis 16-monatiges duales Qualifizierungsprogramm betragen mindestens 25.000,- bis 30.000,- DM (ohne Steuern und Sozialabgaben), je nach Lehrgangsgebühren und Lebensstil des Programmteilnehmers. 4.3.5.8. Quantitative und qualitative Anforderungen an die Teilnehmer Die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises einer Bildungsmaßnahme hat erheblichen Einfluß auf den Lerntransfer (vgl. Saul/Stiefel, 1981, S. 190). a) Teilnehmerzahl In einer Lerngruppe sollten zwischen 7 und maximal 15 Teilnehmer sein. In kleineren Gruppen ist es schwieriger, effiziente Diskussionen zu führen, da meist zu wenig unterschiedliche Kenntnisse und 134 Die ca. 1.250,- DM durchschnittliche Lebenshaltungskosten (z.B. für Essen, Miete, Kleidung, Bücher) sind auch in Anlehnung an die vom Kultusministerium im Jahre 1996 ermittelten etwaigen monatlichen Ausgaben eines westdeutschen Studenten festgelegt worden (vgl. Statistisches Bundesamt, 1997). Speziell in Großstädten (z.B. Hamburg, München) wird dieser Wert darüber liegen, da dort u.a. erheblich höhere Mietkosten anfallen. - 297 - Meinungen vertreten sind. Bei zu großen, für den Referenten (zu) unübersichtlichen Gruppen besteht die Gefahr, daß introvertierte Teilnehmer zu leicht in den Hintergrund gedrängt werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 204). Ferner können bei zu vielen Teilnehmern verhaltensorientierte Übungen (z.B. Rollenspiele) u.U. mit Videoaufzeichnungen nicht ausreichend vor- und nachbereitet werden. b) Teilnehmer sollten nicht im direkten Wettbewerb miteinander stehen Bei der Zusammensetzung der Lerngruppe ist vom Seminaranbieter darauf zu achten, daß die einzelnen Teilnehmer nicht im direkten Wettbewerb (gleiches oder angrenzendes Marktverantwortungsgebiet) miteinander stehen. Oftmals bestehen bei solchen Kfz-Betrieben bereits seit Jahren "Privatfehden" zwischen den Autohäusern, die sich (leider) teilweise auch auf die Unternehmernachfolger übertragen. Dann besteht die Gefahr, daß speziell diese Teilnehmer kaum bereit sind, Erfahrungen, Problemlösungen und Anregungen untereinander auszutauschen, weil sie befürchten, daß ihr direkter Konkurrent u.U. diese Kenntnisse demnächst gegen sie einsetzt. Dadurch kann die Gruppendynamik, konstruktive Gesprächsführung und Offenheit der Teilnehmer sowie letztlich das gesamte "Seminarklima" stark beeinträchtigt werden. Vielmehr sollte unter den Teilnehmern im Laufe der Zeit ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen und der Wunsch - auch über das eigentliche Programm hinaus - geweckt werden, sich auch später untereinander abzustimmen, Probleme zu diskutieren, Anregungen zu geben und bei Schwierigkeiten sich gegenseitig zu helfen. c) Qualifikationsniveau, Zielsetzungen und Erfahrungen Durch die teilweise bisher recht heterogenen Bildungsverläufe mit handwerklich-technischen oder kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Schwerpunkten ergibt sich eine u.U. konstruktive Kombination aus stärker wissenschaftlich vorgebildeten und eher praktisch erfahrenen Teilnehmern. Wenn die einzelnen Teilnehmer bereit sind, ihre jeweiligen Stärken auch in der Gruppe einzubringen und vorbehaltlos trotz unterschiedlicher Berufs- bzw. Hochschulbildung miteinander umzugehen, können daraus "fruchtbare" Seminarfreundschaften, auch über das 15- bis 16-monatige Programm hinaus entstehen und den weiteren intensiven Erfahrungsaustausch fördern. Jedoch bringen das meist unterschiedliche Bildungsniveau, die verschiedenen Vorkenntnisse und Erfahrungen, die unterschiedliche Lernbereitschaft und -fähigkeit der Teilnehmer den Nachteil mit, daß sich der Referent oft nach dem Wissensstand der Mehrzahl richten muß. Das hat zur Folge, daß sich u.U. einige langweilen, weil ihnen bereits Bekanntes vorgetragen wird, oder daß andere überfordert sind, weil zwischen ihren bisherigen Kenntnissen und dem neuen Wissensstoff erhebliche Lücken bestehen (vgl. Mentzel, 1994, S. 204f). Deshalb empfiehlt es sich, vor Beginn des Programms so genau wie möglich zu eruieren (z.B. durch Fragebogen, Gespräche zwischen Seminarleiter und Teilnehmern, Tests), welches individuelle Bildungsniveau, welche Vorkenntnisse, Zielsetzungen, Erfahrungen etc. beim Einzelnen vorhanden sind. Dies ist eine unabdingbare Voraussetzung für die effiziente Gestaltung eines individuellen - 298 - ("maßgeschneiderten") Qualifizierungsprogramms. Anhand dieser Ergebnisse sollten bei ausreichender Teilnehmerzahl - für zwei oder mehrere Unternehmernachfolger-Gruppen - die Teilnehmer eingeteilt werden. So kann ein wesentlich effektiveres Lernen innerhalb der Seminare erreicht werden, da die Veranstaltungen den Qualifikationen der Teilnehmer eher entsprechen. Für kleinere Programmanbieter, die nicht in der Lage sind, jährlich mehrere Gruppen zu bilden, wäre es überlegenswert, ob man nicht gewisse Bildungsveranstaltungen aufteilt. Bei einem fünftägigen Seminar bräuchten diejenigen mit fundierteren betriebswirtschaftlichen Vorkenntnissen lediglich die letzten zwei bis drei Tage teilnehmen, wenn kfz-spezifische Besonderheiten zu dem Themenbereich vermittelt werden. So würde der oft beklagten Über- bzw. Unterforderung der Teilnehmer vorgebeugt. 4.3.5.9. Individuelle Anpassung des standardisierten Programms an das Qualifikationsniveau der einzelnen Teilnehmer Auf der Grundlage des allgemeingültigen, standardisierten (personenunabhängigen) Qualifizierungsprogramms, in denen die einzelnen Abschnitte mit Richtzeiten versehen sind, sollte vorab eine flexible Anpassung des Programms an die individuellen Voraussetzungen der einzelnen Teilnehmer und den betrieblichen Gegebenheiten erfolgen (vgl. Mentzel, 1994, S. 183). Die individuellen Qualifizierungsbedürfnisse ergeben sich aus der Differenz zwischen dem empirisch ermittelten Anforderungsprofil - es enthält alle Anforderungen einer Stelle nach Art und Intensität sowie dem Fähigkeitsprofil. Dieses zeigt alle bedeutsamen individuellen Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften, einschließlich des Leistungspotentials, der individuellen Entwicklungsbedürfnisse und ziele der jeweiligen Person auf. Dadurch kann beurteilt werden, ob und inwieweit eine Person geeignet ist, bestimmte Führungsaufgaben zu übernehmen. Kritisch anzumerken ist, daß in der diesbezüglichen Fachliteratur kein umfassender Beitrag zur Verständigung durch den Verweis auf das Verfahren des Vergleichs zwischen Anforderungs- und Fähigkeitsprofil vorliegt. Es ist weder formal noch inhaltlich eindeutig definiert, welche Sachverhalte, Fähigkeiten, Anforderungen und der (Nicht-)Entsprechung eingrenzen sollen. Ein weiterer formaler Einwand gegen diese Vorgehensweise bezieht sich auf die übermäßige Generalisierung. Dadurch leistet dieses Modell keinen Lösungsvorschlag zur Problematik der Qualifikationsentsprechung (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 19). Das Qualifikationspotential bezeichnet die durch Lernen zukünftig noch realisierbaren Elemente des Arbeitsvermögens. Sinnvoll läßt sich das Potential nur bestimmen, wenn der Qualifizierungsaufwand z.B. operationalisiert über individuelle Beanspruchung, Zeitgrößen, Kosten für Lernmittel u.a. einbezogen wird. Als wesentliche Einflußfaktoren dieses Aufwands und damit der konkreten Ausprägung eines Qualifikationspotentials gelten der bisherige Prozeß des Erwerbs und der Verwendung von Qualifikationen, da bereits Lernfähigkeit und -bereitschaft durch die Abfolge von - 299 - Qualifizierung und Arbeitseinsatz ebenso gefördert wie vernichtet werden können (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 23). Das Qualifikationspotential kann stets nur in Hinblick auf bestimmte Lernzielbereiche angegeben werden. Die Zielgrößen dürfen nicht (allein) aus der Antizipation betrieblicher Qualifikationsbedürfnisse abgeleitet werden (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 23f). Des weiteren ist fraglich, welche Qualifizierungselemente überhaupt in der Betrachtung berücksichtigt werden sollen (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 24). Unternehmernachfolger, die bisher vorrangig eine gewerblich-technische Berufsbildung (z.B. KfzMechaniker, -Meister) absolviert haben, sollten im Rahmen der theoretischen und praktischen Schulungen verstärkt mit strategischer Planung, strategischem Personalmanagement, Mitarbeiterführung, Leistungsmotivation, kaufmännischem Wissen etc. vertraut gemacht werden. Hingegen sollten Nachwuchskräfte, die bisher eine kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Ausbildung (z.B. Bundesfachschule für Kfz-Wirtschaft, Wirtschaftsstudium) absolviert haben, vorrangig in praktischer Mitarbeiterführung und Leistungsmotivation, technischem Wissen sowie dem Betriebsablauf geschult werden. Bei der Programmanpassung sollten auch die späteren individuellen Arbeitsschwerpunkte berücksichtigt werden. In vielen mittelständischen Familienunternehmen mit zwei gleichberechtigten Familienmitgliedern bzw. Geschäftsführern im Betrieb besteht oft eine Zweiteilung zwischen technischer und betriebswirtschaftlicher Unternehmensführung. Beide müssen dann zwar alle betrieblichen Aufgaben grob beherrschen, sich jedoch hauptsächlich auf den von ihnen zu führenden Verantwortungsbereich konzentrieren (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 49). Ferner sollten bei der individuellen Gestaltung des Praktikumsverlaufes auch die persönlichen Stärken und Schwächen des Einzelnen berücksichtigt werden. Beispielsweise fällt es introvertierten Nachfolgern schwer, extrovertierte Aufgaben wie Verkaufsverhandlungen mit der notwendigen Motivation wahrzunehmen, während extrovertierte Menschen demgegenüber Probleme haben, sich an die Genauigkeit des Rechnungswesens, der Kosten- und Leistungsrechnung, Budgetplanung etc. zu gewöhnen. Aufgabe des Seminarleiters ist es, in gemeinsamen Gesprächen mit den Teilnehmern deren Mentalität zu analysieren und durch Schwerpunktbildung, etwa bei den Praktikumsabschnitten, die ihnen weniger zusagenden Betriebsfunktionen verstärkt zu behandeln (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 49f). Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Schulungsschwerpunkte ist die Unternehmensgröße des Betriebes, in dem der Nachfolger, nach erfolgreicher Beendigung des Qualifizierungsprogramms, künftig als Unternehmensführer arbeiten soll. Denn je kleiner das Unternehmen ist, desto stärker konzentrieren sich alle Aufgaben beim Unternehmer selbst. Je größer der Betrieb ist, desto größer ist die Arbeitsteilung. Dem Unternehmer/Geschäftsführer stehen fachlich spezialisierte Mitarbeiter (z.B. Abteilungsleiter, Führungskräfte) zur Seite, die abgegrenzte Tätigkeiten eigenverantwortlich entscheiden - 300 - bzw. durchführen können. Dementsprechend benötigen Unternehmernachfolger in Kleinbetrieben eine größere universelle, fachliche Aus- und Fortbildung, während mit zunehmender Betriebsgröße eine stärkere Spezialisierung auf strategische Aufgabenbereiche notwendig ist (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 32). Die Ermittlung des individuellen Bildungsniveaus, der Zielsetzungen, Erfahrungen, des Leistungspotentials etc. kann entweder "objektiv", also von Experten auf der Grundlage von Befragungen, Beobachtungen und verhaltensorientierten Test- oder Beurteilungsverfahren (z.B. Assessment Center) oder anhand "subjektiver" Kriterien, wie es meist in der Praxis gemacht wird, durchgeführt werden. Beim Letzteren werden die zukünftigen Unternehmensführer befragt, welche Trainingsschwerpunkte sie für ihre zukünftige Aufgabenerfüllung für notwendig ansehen und welche sie persönlich besonders interessieren. Derartige Analysen sind zumeist die Grundlage für die Planung des Trainingsbedarfs (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 57). Die Problematik bei der personenbezogenen Qualifikationsermittlung liegt in dem Kriterium “Arbeitsrelevanz“ begründet, da zum einen bei dem bisherigen Theoriestand nicht generell angebbar ist, welche Qualifikationselemente zur Bewältigung von Arbeitssituationen nutzbar sind, zum anderen eine gleichsam spiegelbildliche Abfrage von Qualifikationen in Übertragung von arbeitsplatzspezifischen Qualifikationsanforderungen für Fragestellungen der Personalentwicklung zu kurz greifen. Im letztgenannten Fall bliebe nämlich die Fragestellung nach Art und Grad der Nutzung von Qualifikationen zumindest teilweise unbeantwortet. Zwar wären durch einen Vergleich von - verkürzt formuliert Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes und dem darauf bezogenenen Qualifikationsprofil der Arbeitskraft Diskrepanzen festzustellen; Qualifikationsbereiche jedoch, die von gegenwärtigen Tätigkeiten oder künftigen, vorgestellten Arbeitsplätzen nicht gefordert sind, blieben unbeachtet. Nur im eingeschränkten Sinne wäre dann z.B. die Rede von qualifikatorischer Unterforderung möglich (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 22). In der Berufspraxis erfolgt die Ermittlung der vorhandenen Qualifikation vor allem durch Rückgriff auf die Vermittlung von Qualifikation in formellen Bildungs- und Ausbildungsgängen sowie auf die erzielten Abschlüsse. Auch wenn (Aus-)Bildungsabschlüsse nur Grobinformationen über den Qualifikationsstatus des jeweiligen Absolventen liefern, nicht-zertifizierte Qualifikationselemente ausblenden und auch nur vage Angaben über Verwendungsmöglichkeiten im Arbeitsprozeß zulassen, so kommt solchen Abschlüssen - zumal, wenn sie einen Beruf anzeigen - doch erhebliche Bedeutung für eine “soziale Definition“ von Qualifikationen, für die Grundvoraussetzungen von Erwerbstätigen, für legitimierte Ansprüche der Beschäftigten auf bestimmte Nutzung von Qualifikation und ebenso für die materielle und soziale Bewertung von Arbeitskraft zu (vgl. Flohr/Niederfeichtner, 1982, S. 22). Die Feststellung des Entwicklungsstands, des -potentials und der -bedürfnisse jedes einzelnen Teilnehmers soll im Rahmen des hier erstellten Qualifizierungsprogramms in folgenden drei Schritten ablaufen: - 301 - 1) Zusendung schriftlicher Vorabinformationen über das angebotene Unternehmernachfolger-Programm sowie eines Fragebogens zur groben Feststellung der Qualifikation des (potentiellen) Teilnehmers Die jeweilige Schulungsinstitution (z.B. Kfz-Hersteller/-Importeur, externe Einrichtung) sollte an die (potentiellen) Teilnehmer vorab ausführliches Informationsmaterial über das von ihr angebotene Unternehmernachfolger-Seminar senden. Dadurch können sich die Interessenten über Programmaufbau, -ablauf, -modalitäten und -kosten sowie über Lehrinhalte, -methoden und -verfahren informieren. Ferner sollen die möglichen Teilnehmer - bei bestehendem Interesse - den beigefügten Fragebogen über ihren bisherigen Qualifikationsweg (z.B. Angaben bzgl. allgemeiner Schulbildung, beruflicher und/oder (Fach-)Hochschulausbildung, Alter, (fach- und führungsbezogene) Vorkenntnisse, Erfahrungen, derzeitige berufliche Tätigkeit, Neigungen und Interessen, persönliche Zielsetzung etc. - ähnlich einem Lebenslauf) vollständig ausgefüllt an die jeweilige Institution zurücksenden, damit die Schulungsverantwortlichen einen ersten Eindruck über die potentiellen Teilnehmer bekommen (siehe auch Anlage 21). 2) Informationsveranstaltung mit den (potentiellen) Teilnehmern des Nachwuchs-Trainingsprogramms und deren Eltern/Geschäftsführern Die Unternehmernachfolger, die ihren Fragebogen an das Schulungszentrum zurückgesandt haben, sollten zusammen mit ihren Eltern bzw. dem Geschäftsführer zu einer unverbindlichen Informationsveranstaltung von etwa einem Tag eingeladen werden. Bei diesem Treffen sollten die Schulungsverantwortlichen (z.B. Programmleiter, einzelne Dozenten, Praktiker, Ausbilder der Praktikumsbetriebe) den Programmaufbau, die Lerninhalte, -ziele, eingesetzte theoretische und praktische Lehrmethoden, Regularien, Kosten des gesamten Programms etc. detaillierter erläutern, damit die Interessenten einen Einblick in das angebotene Unternehmernachfolger-Programm erhalten. 3) Detaillierte Ermittlung des individuellen Qualifikationsniveaus, der Zielsetzungen, Erfahrungen, Neigungen, Leistungspotentiale etc. der einzelnen Teilnehmer Bereits vor Beginn der eigentlichen Schulungsmaßnahmen sollte bei den zukünftigen Programmteilnehmern detailliert ermittelt werden, welche Eigenschaften, Entwicklungs- und Leistungspotentiale beim Einzelnen vorhanden sind bzw. fehlen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 264). Zur Ermittlung eignen sich persönliche (Beurteilungs-)Gespräche sowie umfassende, standardisierte Einzel- und Gruppenaufgaben, Tests, Planspiele, Lösen praxisnaher Problemfälle etc. Die Ergebnisse der zielgerichteten Laborsimulationen sollten von Spezialisten anhand vorgegebener, einheitlicher Beurteilungskriterien systematisch ausgewertet werden (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 264) und daraufhin ein individuelles Qualifizierungsprogramm für jeden Einzelnen erstellt werden. Aus der personenorientierten Zusammenstellung der geplanten praktischen Tätigkeiten und den begleitenden Bildungsveranstaltungen ergibt sich ein individuelles Qualifizierungsprogramm (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 272). - 302 - Für die Absolventen haben diese individuellen, mit ihnen abgestimmten Pläne den psychologischen Vorteil, daß sie genau erkennen können, wie ihr persönliches Programm aufgebaut ist und welche Schwerpunkte gesetzt werden, um ihre Wissens- und Führungsdefizite abzubauen, ihre individuellen Stärken zu forcieren sowie ihre Schwächen zu verringern. Dabei kann es zur Sicherstellung des Ausbildungserfolges notwendig sein, spezielle ergänzende Maßnahmen aufgrund interindividueller Lernvoraussetzungen, zusätzlich vertiefende Maßnahmen bzgl. Lerninhalt, Sicherstellung des Lerntransfers etc. anzubieten. Gerade in Bezug auf solche ergänzenden Maßnahmen sollte die Schulungsinstitution, der Programmleiter oder der Vorgesetzte auftretende Probleme frühzeitig zu erkennen versuchen und gemeinsam mit den Betroffenen nach Lösungsmöglichkeiten suchen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 273). Die Berücksichtigung der Besonderheiten des Teilnehmers und seines zukünftigen beruflichen Umfeldes und Tätigkeitsbereiches erfordert für den Träger eines solchen Programms einen wesentlich größeren Vorbereitungsaufwand gegenüber den bisher meist schematisch aufgebauten, überwiegend theoretischen Qualifizierungsprogrammen. Neben der Berücksichtigung des Qualifikationsbedarfs aufgrund des individuell vorhandenen Bildungsniveaus, Leistungs- und Entwicklungspotentials sowie des späteren Tätigkeitsbereichs muß dieses Programm auch die Möglichkeit eröffnen, in geeigneten Fällen in die nächsthöhere Qualifikationsstufe aufzusteigen. Das bedeutet, daß der Teilnehmer eines Qualifizierungsprogramms der ersten Stufe, nach beruflicher Erstausbildung, Abschluß an einer Fachschule oder Wirtschaftsakademie und Unternehmernachfolgerausbildung, bei entsprechendem Leistungspotential die Möglichkeit erhalten muß, auch ohne Fachhochschulabschluß das Qualifikationsprogramm der zweiten Stufe zu durchlaufen, das grundsätzlich vom Bildungsniveau einer Fachhochschulausbildung ausgeht. Vergleichbares gilt für die dritte Stufe, die auf der universitären Ausbildung aufbaut. Auch hier muß ein engagierter und qualifizierter Teilnehmer der zweiten Stufe in die nächsthöhere Kategorie des Qualifizierungsprogramms für Händlernachfolger aufsteigen können, auch ohne Abitur und Universitätsstudium. Genauso muß es möglich sein, daß ein Teilnehmer bei möglicher Überforderung in einer höheren Stufe ohne größere Komplikationen in der Darunterliegenden weitermachen kann. Durch die flexible Ausgestaltung innerhalb der einzelnen Programmbausteine ist auch eine individuellere Abstufung nach Vorbildung, Neigung, Potential etc. möglich. Das gilt sowohl für den berufspraktischen wie auch den theoretischen Teil. Dies ermöglicht nicht nur eine stufenweise Fortbildung im Sinne der zuvor beschriebenen Höherqualifizierung, sondern gestattet es auch, das Programm auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Teilnehmers anzupassen. Entscheidend ist, daß das System für alle drei Stufen (Fachschule, -hochschule, Universität) durchgängig verknüpft ist. Eine detailliertere Zuordnung der einzelnen Aus- und Fortbildungsabschlüsse zu den drei Stufen des Qualifizierungsprogramms erscheint aufgrund der vielfältigen Bildungsalternativen in Deutschland sowie - 303 - des individuellen Bildungsniveaus, Entwicklungspotentials und des künftigen Tätigkeitsbereichs der einzelnen Nachfolger kaum möglich. Dies erfordert vielmehr eine einzelfallbezogene Zuordnung und kann nicht pauschalisiert werden. Andernfalls ist keine optimale individuelle Abstimmung zwischen den zukünftigen Anforderungen und dem jeweiligen Qualifikationsbedarf gewährleistet. Des weiteren muß das Qualifizierungsprogramm so flexibel sein, daß Absolventen der ersten oder zweiten Stufe - sie bereiten vorrangig auf die zukünftige Unternehmensführung in kleineren bzw. mittelgroßen Kfz-Betrieben vor - später die Möglichkeit haben, wenn sie beispielsweise bei entsprechender Leistung die Geschäftsführung eines größeren Betriebes übernehmen, gewisse Teilbereiche aus der nächsthöheren Stufe zusätzlich absolvieren können. Um sich auf diese veränderten Arbeitsanforderungen intensiver vorzubereiten und detaillierter die Arbeitsinhalte in einer solchen Führungsposition vermittelt zu bekommen und praktisch erfahren zu können, muß es für diese möglich sein, gewisse Teilbereiche des Programms zusätzlich anschließen zu können. Damit wird nicht nur den persönlichen Bedürfnissen des Nachfolgers Rechnung getragen, sondern es können auch die sich wandelnden Zielsetzungen und Einsatzbereiche im Unternehmen berücksichtigt werden. 4.3.5.10. Detailplanung, Durchführung und Kontrolle des Qualifizierungsprogramms Nach der Bestimmung der grundsätzlichen Entwicklungsmaßnahmen erfolgt deren Durchführungsplanung im Detail (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 273). Mit Hilfe dieser abschließenden Durchführungsplanung wird sichergestellt, daß die gewählten Qualifizierungsmaßnahmen termingerecht verwirklicht und die angestrebten Lernziele erreicht werden. Sie umfaßt vorrangig zwei Teilaufgaben: - Detailplanung der Schulungsmaßnahme (z.B. Aufstellung eines Ausbildungsplans) und - Konzipierung der Erfolgskontrolle (vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 127; Eckhardt, 1990(b), S. 24f). Die Durchführung der Qualifizierungsplanung sollte - aus bereits erwähnten Gründen - zentral, auf der Grundlage der ermittelten individuellen Qualifikationen, des Qualifikationsvermögens, der persönlichen Entwicklungsbedürfnisse und der betrieblichen Gegebenheiten vom Schulungszentrum bzw. Programmleiter, in Zusammenarbeit mit den (externen) Trainern und erfahrenen Berufspraktikern erfolgen (z.B. direkte Vorgesetzte während des Praktikums). Durch deren Partizipation wird eine größere Identifikation und Einsatzbereitschaft, insbesondere der Fachvorgesetzten, in den Schulungsbetrieben und der Teilnehmer bei der Umsetzung des individuellen Qualifizierungsplans erlangt. Ferner können gerade die Spezialisten aus den einzelnen Abteilungen fundierte Aussagen darüber machen, welche generellen Lerninhalte für die zukünftigen Anforderungen der zu besetzenden Stelle erforderlich sind. - 304 - Die Erfolgschancen von Qualifizierungsmaßnahmen erhöhen sich, wenn auch der Teilnehmer bei der Auswahl seiner eigenen Fortbildungsmaßnahmen frühzeitig einbezogen wird. Dadurch wird die individuelle Wertschätzung erhöht und es wirkt motivierend (vgl. Hauser, 1991, S. 355). Die Programmteilnehmer erhalten neben dem individuell auf sie abgestimmten Qualifizierungsplan (siehe Anlage 22) auch ein allgemeines Informationsblatt von der Schulungsinstitution, in dem die organisatorische Aufteilung, Programmregularien, Kontaktadressen etc. festgehalten sind (siehe Anlage 23). 4.3.5.10.1. Ablaufplan des gesamten Programms Die formalen Bildungsveranstaltungen und die Berufspraktika bauen zwar systematisch aufeinander auf, trotzdem kann aufgrund von organisatorischen, zeitlichen oder anderen Gründen die Reihenfolge geändert werden. Das gesamte Qualifizierungsprogramm ist - in Anlehnung an ähnlich geartete TraineeProgramme in Banken (z.B. Deutsche Bank, Dresdner Bank), in der Automobilindustrie (z.B. BMW, Volkswagen) und in Elektronikkonzernen (z.B. IBM, Siemens/ Nixdorf) - in sechs Programmbausteine mit theoretischen und vor allem praktischen Schulungsbereichen unterteilt (siehe auch Abb. 19). Die einzelnen Bausteine laufen nicht streng nacheinander ab, wie es hier dargestellt ist, sondern aufgrund der enormen Komplexität und vielfältigen Interdependenzen vermischen sie sich speziell bei der praktischen Umsetzung. Jeder Abschnitt erhält erst seinen Sinn und seine Funktion als Element des Ganzen. - 305 - Abb. 19: Ablaufplan und Themenstellungen des gesamten Programms I. Abschnitt: Basisprogramm (A. Informationsmaterial und Fragebogen zur groben Qualifikations- und Erfahrungsermittlung zusenden) B. Informationsveranstaltung der Schulungsinstitution über das angebotene Programm C. Ermittlung des individuellen Qualifikationsniveaus, der Zielsetzungen, Erfahrungen, Neigungen, Potentiale etc. der Teilnehmer D. Informationen über den Hersteller/Importeur (nur bei fabrikatsgebundenen Anbietern) II. Abschnitt: Aufbauprogramm A. Führungstraining B. Moderne Arbeitstechniken C. Exkurs: Autohaus-Marketing III. Abschnitt: Fachprogramm 1. Block: Kundendienst-/Werkstatt-, Teile- und Zubehörbereich 2. Block: Neu- und Gebrauchtwagenbereich 3. Block: Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen IV. Abschnitt: Vertiefungsprogramm A. Zukünftige Umwelt- und Unternehmensentwicklungen B. Strategische Unternehmensführung C. Strategisches Personalmanagement D. Organisationsstruktur V. Abschnitt: Integrations- bzw. Transferprogramm Integrative Verknüpfung der zuvor vermittelten Fach- und Führungskenntnisse zur theoretischen und vor allem praktischen Umsetzung des Gelernten VI. Abschnitt: Abschlußprogramm A. Praktikum im ausländischen Kfz-Betrieb und im erlebnisorientierten Wirtschaftsbereich B. Gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge C. Abschlußbesprechung mit anschließendem feierlichen Bankett. Nachdem bereits im Kapitel 4.3.3.2. der grobe Programmaufbau angeführt wurde, werden im folgenden nähere Erläuterungen zu den Inhalten der einzelnen Programmbausteine gegeben. I. Basisprogramm Nach dem Zusenden von Informationsmaterial über das angebotene Unternehmernachfolger-Programm und eines Personalfragebogens findet für interessierte Nachfolger und deren Eltern bzw. Geschäftsführer eine unverbindliche, eintägige Informationsveranstaltung statt. Dabei erläutern die Schulungsverantwortlichen wie Programmleiter, Dozenten, Praktiker, Berufsausbilder etc. das angebotene Programm, einschließlich Teilnahmebedingungen, Anforderungen an die Teilnehmer, Kosten etc. Ferner wird in dieser ersten Phase innerhalb von 1-2 Tagen bei denjenigen, die sich entschlossen haben, dieses Programm zu absolvieren, das individuelle Qualifikationsniveau, die Zielsetzungen, Erfahrungen, Entwicklungspotentiale und Neigungen - mittels Einzel- und Gruppengesprächen, simulierter Praxissituationen etc. - genauer ermittelt. Darauf aufbauend muß das standardisierte Qualifizierungsprogramm individuell angepaßt werden. - 306 - Den Abschluß des Basisprogramms bildet bei werkseigenen Schulungsinstitutionen eine eintägige Informationsveranstaltung über den Werdegang, die Erfolgsstory etc. des Herstellers/Importeurs evtl. mit Werksbesichtigung. II. Aufbauprogramm Im Rahmen der über 2,5-3 Wochen gehenden Seminare im Aufbauprogramm wird, basierend auf den Beurteilungsergebnissen über die einzelnen Teilnehmer, gezielt an der Verbesserung der persönlichen Kommunikations- und Führungskompetenz (z.B. Führungsverhalten, -mittel) sowie der Verhaltensweisen und Arbeitstechniken (z.B. Persönlichkeitsentwicklung, Rhetorik und Vortragstraining, anwenderspezifische EDV-Kenntnisse) gearbeitet. Die praktische Umsetzung des Gelernten erfolgt im Fach- sowie im Integrations- bzw. Transferprogramm. Gerade in mittelständischen Unternehmen bedarf es aufgrund des engen, meist persönlichen Kontaktes zwischen Unternehmensleitung, Führungskräften und sonstigen Mitarbeitern ausgeprägter sozialer Kompetenzen wie - Persönlichkeit und Ausstrahlung, - Mitarbeiterführung und Leistungsmotivation, - Verhandlungsgeschick, Überzeugungs- und Durchsetzungskraft, - Team-, Konsens- und Konfliktfähigkeit, - Informations- und Kommunikationsvermögen etc. Des weiteren werden den Teilnehmern in dieser zweiten Programmstufe verschiedene, branchenspezifische Methoden und Instrumente des Autohaus-Marketings (z.B. Werbung, Verkaufsförderung) sowie deren Anwendung vermittelt. Nur wenige, meist größere Kfz-Betriebe arbeiten mit professionellen Werbeagenturen zusammen. III. Fachprogramm Vom zukünftigen Unternehmensführer wird zwar nicht erwartet, daß er alle fachbezogenen Aufgaben genauso beherrscht wie die jeweils zuständigen Spezialisten, d.h. Abteilungsleiter bzw. Mitarbeiter, dennoch sollte er durchaus in der Lage sein, die Arbeitsleistung beurteilen zu können. Dafür benötigt er grobe Branchen-, Sach- und Produktkenntnisse aus den einzelnen Abteilungen, um mit den Mitarbeitern fachspezifische Einzelheiten, Probleme und vor allem methodische Möglichkeiten im jeweiligen praktischen Tätigkeitsvollzug erörtern zu können. Andernfalls wäre er ihnen in diesen Bereichen mehr oder minder ausgeliefert und könnte keine eigenständigen, fundierten (Investitions-, Organisations)Entscheidungen treffen. Dieser insgesamt dreiwöchige, dritte Programmbaustein ist in folgende drei Blöcke aufgeteilt: 1. Block: Neu- und Gebrauchtwagenbereich; 2. Block: Kundendienst-/Werkstatt- sowie Teile- und Zubehörbereich; 3. Block: Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen. Die Zusammenstellung in drei Blöcke erfolgte aufgrund der Synergieeffekte aus den einzelnen Abteilungen. Die Differenzierung in drei einwöchige Lehrgänge und 5-6 Monate Praktikum erscheint - 307 - durch den Umfang und die Komplexität der für den jeweiligen Arbeitsbereich charakteristischen Aufgaben am sinnvollsten. Die Lernziele und -inhalte im Fachprogramm sind anhand - von Lernzieltaxonomien135 mehrerer Hersteller/Importeure für Unternehmensführer, - der Stellenbeschreibung für Unternehmensführer in der fachspezifischen Publikation von Brachat, H./Soric, M: Stellenbeschreibung im Autohaus, Ottobrunn 1990, - von Gesprächen mit Branchenexperten und - eigener Erfahrungen erstellt worden. Gerade in diesem Schulungsabschnitt bekommt die praktische Erfahrungsgewinnung (learning by doing) in mehreren Kfz-Betrieben eine entscheidende Bedeutung, da auf diesem Wege nicht nur fachspezifische Kenntnisse vermittelt werden, sondern auch Führungsverhalten, Arbeitstechniken etc. der jeweiligen Vorgesetzten miterlebt und deren positive und negative Konsequenzen verglichen werden können. IV. Vertiefungsprogramm Neben einem Seminar über zukünftige Umwelt- und Unternehmensentwicklungen geht es in diesem wichtigen, 3- bis 4-wöchigen vierten Programmabschnitt in erster Linie um die Vermittlung allgemeiner und branchenspezifischer Managementkenntnisse. Dazu zählen Aufbau, Inhalt und Instrumente - der strategischen Unternehmensführung, - der wichtigen Subsysteme des strategischen Personalmanagements und - der Organisationsstruktur. Die Umsetzung dieses überwiegend in Seminaren vermittelten Lehrstoffes erfolgt im Rahmen der praktischen Tätigkeiten im Fach- und vor allem im Integrationsprogramm, als Assistent und/oder Stellvertreter des Abteilungsleiters und/oder der Geschäftsleitung. V. Integrations- bzw. Transferprogramm Im Rahmen des vorletzten Programmbausteins erfolgt die integrative Verknüpfung der zuvor vermittelten Fach- und Führungskenntnisse sowie die Umsetzung des theoretisch Vermittelten in die Praxis. Die integrative Anwendung der komplexen Aufgabenbereiche soll anhand von Simulationsverfahren (z.B. Unternehmensplanspiel, Fallmethode) und vor allem durch etwa 3-monatige, praktische Einsätze als Stellvertreter und/oder Assistent geübt werden. Damit sammelt der Teilnehmer unmittelbare Erfahrungen über die vielfältigen Zusammenhänge einzelner Entscheidungsabläufe. VI. Abschlußprogramm Mit dem Abschlußprogramm endet das Unternehmernachfolger-Programm. Zur Erweiterung des Betrachtungshorizontes sollte der Teilnehmer zum Abschluß ein mindestens 2-monatiges Praktikum in einem ausländischen Kfz-Betrieb und ein 1-monatiges in einem erlebnisorientierten Wirtschaftsbereich 135 Die Bezeichnung “Taxonomien“ wird in der personalwirtschaftlichen Literatur synonym mit “Anforderungskatalogen“ eingesetzt (vgl. Berthel/Koch, 1985, S. 64). - 308 - (z.B. im Management eines Shopping Centers) absolvieren, um Anregungen zu bekommen über moderne Convenience- und Event-Strategien, die zukünftig zur individuellen Profilierung des Autohauses erhebliche Bedeutung erhalten. Ferner gehört zu diesem letzten Programmbaustein eine 2tägige gemeinsame Schulung des Seniorchefs und des Nachfolgers zur systematischen, konfliktarmen Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge sowie eine 1-tägige Abschlußbesprechung aller Programmteilnehmer (z.B. Fazit des gesamten Programms, Einrichtung eines Unternehmernachfolger-Kollegs). Das Programm endet mit einem Abendbankett und der feierlichen Überreichung der Zertifikate bzw. Zeugnisse. 4.3.5.10.2. Kontrolle des Lernerfolgs Bisher wird in der Praxis äußerst selten mittels adäquater Methoden (z.B. Befragungen, Leistungsbeurteilungen, Tests, Verhaltensbeobachtungen) überprüft, inwieweit durch die Qualifizierungsmaßnahmen die vorab festgelegten Lernziele (z.B. Wissensaneignung, Verhaltensänderung) erreicht wurden (vgl. Münch/Müller, 1988, S. 35). Oftmals wird auf die Erfolgskontrolle136 verzichtet, da eine zuverlässige Erfolgsermittlung als zu schwierig angesehen wird (vgl. Mentzel, 1994, S. 239). Der konkrete Lernerfolg des Einzelnen hängt von der persönlichen Einstellung sowie der jeweiligen Lernsituation ab (z.B. Verhalten des Trainers, didaktische Konzeption, angestrebte Lernziele, Ort und Dauer der Maßnahme). Bereits während der Bildungsmaßnahmen sollte das Erreichen von Teillernzielen mittels Lernprozeßkontrollen erfolgen, damit ggf. frühzeitig Mängel in der Programmgestaltung, im Seminarablauf, im Trainerverhalten und vor allem individuelle Schulungs- und Verständigungsdefizite aufgezeigt und behoben werden können (vgl. Mentzel, 1994, S. 241). Voraussetzung für die Durchführung einer Erfolgskontrolle ist die Ermittlung des individuellen Leistungspotentials der Absolventen vor Beginn der Bildungsmaßnahme sowie detailliert festgelegter Lernziele. Daraus ergibt sich der Lernzielerreichungsgrad (vgl. Korndörfer, 1989, S. 284; Mentzel, 1994, S. 241). Einigermaßen befriedigende Erfolgskontrollen lassen sich erzielen, wenn der Ausbildungserfolg mittels schriftlicher oder mündlicher Befragung (z.B. mit Hilfe standardisierter Checklisten), Testverfahren etc. unmittelbar nach Abschluß der Bildungsmaßnahme durchgeführt wird. Je weiter der Kontrollzeitpunkt vom Zeitraum der Bildungsmaßnahme entfernt liegt, desto stärker können andere, nicht mit der Bildungsmaßnahme zusammenhängende Einflußfaktoren auf das Ergebnis einwirken (vgl. Korndörfer, 1989, S. 284f). 136 Unter Erfolgskontrollen sind allgemein Maßnahmen zur Überprüfung der Veränderungen zwischen dem Ausgangszustand und der nach erfolgter Bildungsmaßnahme erreichten Annäherung an den Sollzustand zu verstehen (vgl. Berthel, 1995, S. 333). Dadurch soll eruiert werden, ob und inwieweit die Lernziele der Qualifizierungsmaßnahmen erreicht wurden (vgl. Weber, 1987, S. 323). und inwiefern ein Lernerfolg zu verzeichnen ist (vgl. RKW, 1990, S. 339). - 309 - a) Standardisierter Beurteilungsbogen zur Bewertung der einzelnen Bildungsveranstaltungen durch die Teilnehmer Die Erfolgskontrolle im Lernfeld befaßt sich primär mit der Lernsituation und kann während und am Ende eines Seminars erfolgen. Sie dient insbesondere als Entscheidungshilfe bei der Planung zukünftiger Bildungsveranstaltungen (vgl. Mentzel, 1994, S. 241). Bei vielen außer- und innerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen wird am Ende der Veranstaltung ein Beurteilungsbogen ausgegeben, anhand dessen die Absolventen zur Veranstaltung kritisch Stellung nehmen sollen. Derartige Beurteilungen geben zwar keinen Aufschluß über den Lernerfolg, dafür aber Hinweise über - die Leistungen der Referenten, - organisatorische Mängel, - Eignung der verwandten Methoden und Medien für die Teilnehmer (vgl. RKW, 1990, S. 341). Ein Beispiel für einen möglichen Beurteilungsbogen für formale Bildungsveranstaltungen ist in Anlage 24 abgebildet. Der Anbieter eines externen Seminars beweist durch Teilnehmerbefragungen, daß er bereit ist, die Veranstaltung und die Trainerleistung kritisch in Frage zu stellen. Falls eine Befragung nicht nur am Ende des gesamten Programms, sondern zwischendurch bereits für Teilbereiche erfolgt, können anhand der Befragungsergebnisse noch Änderungen im Stoffplan oder der angewendeten Lehrmethoden erfolgen (vgl. Mentzel, 1994, S. 245). Ferner bietet eine solche Zwischenbefragung den Teilnehmern die Möglichkeit der Selbstkontrolle und damit einer realistischen Selbsteinschätzung (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 274). Allerdings darf der Informationswert von Teilnehmerbefragungen nicht überschätzt werden. Ein positives Urteil kann durch angenehme äußere Bedingungen (z.B. Zusammensetzung der Teilnehmergruppe, des Rahmenprogramms, der Unterkunft, des Essens) oder durch das Auftreten und den Beliebtheitsgrad des/der Dozenten geprägt werden. Solche Urteile geben keine Auskunft über die Lerneffizienz oder den Wissenszuwachs durch die Veranstaltung (vgl. Mentzel, 1994, S. 245). b) Möglichkeiten der Lernfortschrittskontrolle bei Schulungsmaßnahmen durch den Einsatz gruppenorientierter Simulationsverfahren Während der Seminarveranstaltungen können bei Bildungsmaßnahmen, die zur Verbesserung des Führungs- und Entscheidungsverhaltens dienen, durch den Einsatz aktiver Lehrmethoden (z.B. Fallstudie, Plan-, Rollenspiele) auch Lernfortschrittskontrollen von erfahrenen Betreuern durchgeführt werden (vgl. Korndörfer, 1989, S. 285). Als Prüfungsmethoden empfehlen sich je nach Art des - 310 - Lehrstoffes praktische Übungen, Rollenspiele, schriftliche Arbeiten oder Multiple-Choice-Verfahren (vgl. Mentzel, 1994, S. 249). Beispielhaft wird in Anlage 25 ein Ausschnitt aus einem Beobachtungsbogen aufgezeigt, mit dessen Hilfe der Trainer den Lernzielerfolg im Rahmen eines Rollenspiels zum Führungsverhalten feststellen kann. c) Beurteilung des Seminarteilnehmers durch den unmittelbaren Vorgesetzten bei der praktischen Tätigkeit mit anschließendem Fördergespräch Die Kontrolle im Funktionsfeld richtet sich vorrangig auf die jeweilige Arbeitssituation der Person (vgl. Mentzel, 1994, S. 242). Dabei muß untersucht werden, ob das Erlernte tatsächlich bei der Aufgabenerfüllung in der Praxis angewendet wird und ob sich die gewünschte Wirkung einstellt (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 274). Ein guter Indikator zur Messung der durch die Bildungsmaßnahmen erreichten Leistungs- und Verhaltensänderungen sind die Ergebnisse regelmäßiger Beurteilungen der Praktikanten am Arbeitsplatz durch den direkten (Fach-)Vorgesetzten. Im Gegensatz zu anderen Kontrollverfahren wird bei der Mitarbeiterbeurteilung - abgesehen von subjektiven Verfälschungen (z.B. Antipathie) - ausschließlich der Anwendungserfolg direkt am Arbeitsplatz festgestellt. Dabei können sowohl Kenntnisse, Fähigkeiten als auch Einstellungen erfaßt werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 248f). Der Praktikant sollte jedoch mindestens 4 Wochen in dem Betrieb tätig gewesen sein (vgl. Olesch, 1992, S. 81). Ein Vorschlag für einen möglichen standardisierten Bewertungsbogen der Praktikanten ist in Anlage 26 abgebildet. Durch den standardisierten Beurteilungsbogen mit bewährter fünfstufiger Rating-Skala kann der jeweilige Fachvorgesetzte der Abteilung die Bewertung recht einfach und schnell durchführen. Durch diese Standardisierung ist eine Vergleichbarkeit der Praktikantenbeurteilungen gegeben. Da die Beurteilung meist über einen geringen Zeitraum (4-6 Wochen) erfolgt, können gewisse Fehlurteile aufkommen. Durch die Beurteilung verschiedener unmittelbarer Vorgesetzter, u.U. in unterschiedlichen Kfz-Betrieben, kann dieses Problem jedoch weitgehend abgebaut werden. Nach Absolvierung einiger praktischer Tätigkeiten kann der Programmleiter sowie der Teilnehmer anhand der Beurteilungsergebnisse eine Tendenz bei den fach- und aufgabenbezogenen Stärken und Schwächen feststellen und ggf. notwendige, zusätzliche Fördermaßnahmen einleiten (vgl. Olesch, 1992, S. 80). Im Anschluß an die Beurteilung des Praktikanten durch den unmittelbaren (Fach-)Vorgesetzten sollte ein Fördergespräch stattfinden. Der Praktikant erfährt bei diesem Gespräch seinen gegenwärtigen Leistungsstand im Vergleich zu seiner persönlichen Einschätzung und soll veranlaßt werden, sein funktionelles Verhalten entsprechend der individuellen Lernziele weiterhin zu verbessern. Ferner erfolgt ein kritisches Feedback seitens des Praktikanten zum bisherigen Verlauf der Qualifizierungsmaßnahmen. Somit können Praktikumsmängel erkannt und Anregungen zur Programmverbesserung gesammelt werden (vgl. Eckhardt, 1990(a), S. 134). - 311 - Bei großen Leistungsdefiziten erscheint es ratsam, daß der zentrale Programmbetreuer an diesem Gespräch teilnimmt, um weitere, ergänzende Fördermaßnahmen abzustimmen. d) Beurteilung des Praktikumsbetriebes und des Ausbilders durch den Praktikanten Dem Programmbetreuer obliegt es, die Qualität der Praxisausbildung vor Ort zu kontrollieren. Dabei wird er sich primär auf eigene Eindrücke, Leistungsbeurteilungen sowie auf Gespräche mit dem Praktikanten und dem Ausbilder stützen. Ergeben sich dabei Klagen des Volontärs über den Ausbilder und/oder umgekehrt, so ist ein gemeinsames Gespräch angebracht. Aufgrund der Beurteilungsergebnisse des Praktikanten hinsichtlich Kenntnissen, Fähigkeiten, des (Sozial-)Verhaltens und Auftretens durch die bereits durchlaufenden Einsatzstellen läßt sich schnell feststellen, auf welcher Seite die Probleme liegen. Ein zusätzliches Bild kann sich der Betreuer durch seine persönlichen Eindrücke und die Art der angegebenen Schwierigkeiten machen. Treten bei einem Ausbilder immer wieder Probleme bei mehreren Absolventen auf und nützen Gespräche nichts, so ist der Betreffende als Ausbilder auszuwechseln (vgl. Förderreuther, 1988, S. 81). Beurteilungsberichte der Praktikanten über die einzelnen Ausbildungsabschnitte sollen vorrangig die Eindrücke - nicht die erledigten Tätigkeiten - von dem ausbildenden Unternehmen und dem/den (Fach)Vorgesetzten schildern. Dabei sollen sowohl positive als auch negative Aspekte der Lerninhalte sowie Anerkennung und Kritik zu den dortigen Qualifizierungsmaßnahmen geäußert werden (vgl. Förderreuther, 1988, S. 81). Damit ist gleichzeitig ein Feedback für die Schulungszentrale auch bzgl. Korrekturen im Programmablauf und -inhalt verbunden (vgl. Christian, 1984, S. 30). Ein Beispiel für einen möglichen Beurteilungsbericht ist in Anlage 27 abgebildet. Dieser Bericht sollte mit der Ausbildungsstelle besprochen werden. Nur durch konstruktive Kritik und Anregungen können die einzelnen Ausbildungsstellen ihre Qualifizierungsmaßnahmen verbessern. Andererseits werden sich die Ausbilder auch über entsprechend anerkennende Worte freuen, wenn alles zur Zufriedenheit verlief (vgl. Förderreuther, 1988, S. 81). Abschließend ist zu sagen, daß der große zeitliche Aufwand und die hohen Kosten für das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte duale, ressortübergreifende Unternehmernachfolger-Programm eine sorgfältige Kontrolle der erreichten Lernziele erfordert, also des Lernerfolgs der einzelnen Bildungsmaßnahmen und praktischen Tätigkeiten. Die Teilnehmer sollten während des gesamten Qualifizierungsprogramms nach verschiedenen Kriterien (z.B. Fachkenntnisse, Führungs-, Kommunikations-, Kooperationsverhalten, persönliche Arbeitstechnik) fortlaufend beurteilt werden. Dadurch erhalten sie häufig ein Feedback über ihre Stärken und Schwächen; am Programmende könnte noch eine abschließende Einschätzung des Führungspotentials durch den Programmbetreuer erfolgen (vgl. Sattelberger, 1989(b), S. 91). Die Erfolgskontrolle muß auf mehreren Ebenen erfolgen. Der Erfolg während eines Seminars - im sog. Lernfeld - sagt nichts darüber aus, inwieweit der Absolvent in der Lage ist, die dort erworbenen - 312 - Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen in die Praxis - im sog. Funktionsfeld - umzusetzen (vgl. Mentzel, 1994, S. 241). Zur Kontrolle des Lernerfolgs, während oder am Schluß einer Bildungsveranstaltung, empfehlen sich neben den oft eingesetzten mündlichen und schriftlichen Prüfungen vor allem Leistungstests, um zu überprüfen, inwieweit die zuvor detailliert festgelegten Lernziele realisiert wurden. Teilnehmern mißfallen i.d.R. selbst kleinere Zwischentests, da sie Prüfungsneurosen, Versagungsängste etc. befürchten. Trotzdem sollte auf (Zwischen-)Prüfungen nicht völlig verzichtet werden, da anhand der Ergebnisse eine Korrektur der Lerngeschwindigkeit, -inhalte oder -methoden kurzfristig durchgeführt werden kann. Ferner können die Teilnehmer bei unzureichendem Abschneiden zu einer frühzeitigen Änderung ihres Lernverhaltens animiert werden, während positive Resultate zu einer zusätzlichen Lernmotivation veranlassen können. Zudem kann durch die Tests ein gewisser "Zwang zum Lernen" erreicht werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 248f). 4.4. Zusammenfassung Die Ergebnisse der empirischen Studie belegen, daß die Befragungsteilnehmer erkannt haben, daß eine umfassende Berufs- und/oder Hochschulausbildung mit darauf aufbauender branchenspezifischer theoretischer und vor allem praktischer Fortbildung für die Unternehmernachfolger mittelständischer Kfz-Betriebe ein entscheidender Erfolgsfaktor sein wird. Die zukünftigen Unternehmensführer müssen sich zunehmend vom Tagesgeschäft lösen, um genügend Zeit zu haben, sich mit strategischen, d.h. mit vorausschauenden, prospektiven und erfolgssichernden Aufgabenbereichen - vorrangig in der Unternehmensführung und verstärkt im Personalmanagement - zu befassen. Die Untersuchungsergebnisse unterstreichen, daß die Qualifikation und Leistungsmotivation der Arbeitnehmer als ein wesentlicher strategischer Erfolgsfaktor im zunehmenden Konkurrenzkampf angesehen werden, die zumindest kurz- bis mittelfristig dem einzelnen Unternehmen Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern sichern. Um die Mitarbeiter entsprechend fördern und fordern zu können sowie den zunehmend komplexeren Aufgabenbereichen der Führung eines Unternehmens gerecht zu werden, benötigt die Nachfolgegeneration eine vielschichtige Qualifikation. Grundvoraussetzung für die Entwicklung eines Leitfadens hinsichtlich eines Qualifizierungsprogramms für Unternehmernachfolger in mittelständischen Kfz-Betrieben ist die Ermittlung des individuellen Entwicklungsbedarfs. Dafür benötigt man Kenntnisse über die unternehmensbezogenen SollQualifikationen und Gegebenheiten sowie die vorhandenen Ist-Qualifikationen der einzelnen Teilnehmer (z.B. Vorbildung, berufliche Tätigkeit, Einstellung zum Schulungsziel, allgemeine Haltung, Entwicklungspotential) (vgl. Hungenberg, 1990, S. 448). Deshalb sollte bereits vor Beginn des Programms der Schulungsanbieter mit den Teilnehmern in Kontakt treten und Kurzauskünfte über - 313 - Wissens- und Bildungsstand einholen, um das Durchschnittsniveau der Gruppe festzustellen und damit eine gemeinsame Schulungsplattform zu schaffen. Nur so können unnütze Wiederholungen vermieden und solche Trainingsinhalte ausgeschaltet werden, die einzelne oder alle Teilnehmer über- bzw. unterfordern. Insbesondere externe Trainer besitzen oftmals nur unzureichende Informationen über den Bildungsstand der Teilnehmer (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 112). Während sich die Vorbildung und die bisherige berufliche Tätigkeit recht einfach mittels eines Anmeldeund Fragebogens ermitteln lassen, sind (grobe) Angaben über Einstellung, Verhalten und Leistungspotential vorab wesentlich schwieriger festzustellen. Aus psychologischen Gründen sollten Eingangsprüfungen und -tests zurückhaltend eingesetzt werden (vgl. Korndörfer, 1989, S. 285). Anhand der Ergebnisse der Zielgruppenanalyse ist das Qualifizierungsprogramm so zu planen, daß die Absolventen die Lehrinhalte weitgehendst aufnehmen, akzeptieren und für ihre späteren Arbeitsanforderungen für wichtig erachten (vgl. Schwalbe/Zander, 1990, S. 116). Nur bei genauer Kenntnis der betrieblichen Bedarfssituation und der teilnehmerindividuellen Voraussetzungen wird es möglich sein, bei der Abgrenzung des Lehrstoffes die Schwerpunkte richtig zu setzen. Um sicherzustellen, daß auch wirklich praxisnahe und relevante Stoffgebiete ausgewählt werden, sollten auch unter Motivationsaspekten die Teilnehmer an der Stoffauswahl beteiligt sowie ihnen die spezifische Vorgehensweise, Lernziele etc. detailliert erläutert und begründet werden (vgl. Mentzel, 1994, S. 205f). Das Stoffprogramm sollte die Vorkenntnisse der Teilnehmer berücksichtigen und so aufgebaut sein, daß während der Bildungsveranstaltung sinnvolle Beziehungen zwischen dem vorhandenen Erfahrungsschatz und den neuen Lerngegenständen entstehen (vgl. Mentzel, 1994, S. 205). Ferner erleichtert die Mitwirkung der direkten Fachvorgesetzten aus den Praktikumsbetrieben die Planung und Gestaltung wesentlicher praxisbezogener Qualifizierungselemente. Dadurch erhöht sich zum einen die Identifikation und Einsatzbereitschaft der Ausbilder. Zum anderen erhält man unmittelbares praxisbezogenes Feedback, ob und inwieweit die einzelnen Lernziele zeitlich und praktisch realisierbar sind. Des weiteren muß für eine systematische Bildungsmaßnahme konkret festgelegt werden, welche Lehrmethoden, -medien, -verfahren etc. eingesetzt werden sollen, in welchem Zeitraum dies geschehen soll und welche Institutionen bzw. Dozenten die Maßnahmendurchführung übernehmen sollen (vgl. Strombach, 1982, S. 173). Grundsätzlich ist es nicht ratsam, Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen ausschließlich mittels der bisher verbreiteten Einweg-Kommunikation, also Vorträge, Referate etc. zu vermitteln, sondern durch praxisnahes Einüben in Form moderner, lernaktivierender Simulationsverfahren (z.B. Fallmethoden, Rollen-, Planspiele). Danach sollten diese Qualifikationen in den Betrieben durch Kurzvorträge, Assistentenstellen, Stellvertretungen etc. praxisnah angewandt werden. Denn - 314 - Handlungssicherheit erhält man nur durch selbständiges (Aus-)Probieren und Üben (vgl. Brinkmann et al., 1983, S. 85). Für eine erfolgsversprechende Schulungsdurchführung müssen die vorher generell festgelegten Zeit- und Themenpläne des Qualifizierungsprogramms an die festgestellten Notwendigkeiten und Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmer flexibel angepaßt werden. Diese Korrekturen des Lehrplans können personeller, zeitlicher und themenmäßiger Art sein. Nur so kann ein "maßgeschneidertes" Qualifizierungsprogramm für jeden einzelnen Teilnehmer entwickelt werden. Unternehmernachfolger, die bisher vorrangig eine gewerblich-technische Berufsbildung (z.B. KfzMechaniker, -Meister) absolviert haben, ist zu raten, im Rahmen der theoretischen und praktischen Schulungen den generellen Bildungsschwerpunkt auf den kaufmännischen und führungsbezogenen Erfahrungszuwachs zu legen. Demgegenüber sollten diejenigen, die bisher eine kaufmännischbetriebswirtschaftliche Ausbildung (z.B. Bundesfachschule für Kfz-Wirtschaft, Wirtschaftsstudium) absolviert haben, sich verstärkt mit technischem Wissen und dem Betriebsablauf befassen. Um eine systematische Verzahnung zwischen dem bisher absolvierten, individuellen Bildungsweg und dem sich daran anschließenden dualen Qualifizierungsprogramm zu erreichen, wäre es wünschenswert, wenn die den Lehrstühlen für Automobilwirtschaft in Bamberg und Nürtingen angeschlossenen Institutionen die Organisation und Leitung übernähmen. Diese Anbindung an eine Hochschule hätte den Vorteil, daß eine Verknüpfung von Lehre, Forschung und Praxis gewährleistet wäre, ein entsprechend dem Ausgangswissen, Potential usw. abgestuftes Programm angeboten werden könnte und die einzelnen Qualifikationsstufen durchgängig wären. Das gesamte Qualifizierungsprogramm mit der Vermittlung des theoretischen Lehrstoffes und den daran anschließenden, einzelnen Praktikumsabschnitten soll - wie die meisten Trainee-Programme in Großunternehmen - zwischen 15 und 16 Monaten dauern. Je nach individuellen betriebswirtschaftlichen und fachlichen Kenntnissen, praktischen Erfahrungen sowie Dauer des Auslandaufenthaltes der einzelnen Teilnehmer kann dieser Zeitrahmen im gewissen Maße variieren. Aussagen über die Dauer der einzelnen Lernabschnitte ergeben sich aus der Intensität, mit der die verschiedenen Programmpunkte behandelt werden sollen sowie aus den vorgesehenen Lehrmethoden (vgl. Mentzel, 1994, S. 206). Die einzelnen Seminare sollten je nach Themengebiet 3-5 Tage dauern. In den darauf aufbauenden Praktika soll das vermittelte Wissen systematisch am Arbeitsplatz umgesetzt werden. Die Verweildauer an den einzelnen Praktikumsplätzen hängt vom Umfang und von der Komplexität der für den jeweiligen Arbeitsplatz charakteristischen Aufgabe, von der Qualifikation der einzelnen Teilnehmer sowie von den fachlichen, pädagogischen und didaktischen Fähigkeiten des Vorgesetzten ab (vgl. Korndörfer, 1989, S. 269f). Die Betriebspraktika sollten je nach Komplexität des Aufgabengebietes 1-4 Monate betragen. Auch wenn den Teilnehmern in dieser kurzen Zeit nicht das - 315 - gesamte Aufgabenspektrum in den einzelnen Abteilungen bis zur Handlungssicherheit vermittelt werden kann, so erhalten sie doch einen Einblick in Ablaufbedingungen, Problembereiche, Erfolgspotentiale etc. Das eigentliche Ziel der Förderungsmaßnahme ist erst erreicht, wenn der Absolvent in der Lage ist, die erworbenen Qualifikationen durch einen erfolgreichen Lerntransfer am Arbeitsplatz praktisch einzusetzen. Die Praxis offenbart immer wieder, daß eine umfassende theoretische Schulung (einschließlich positiver Lernerfolgskontrolle) nicht zwangsläufig die Gewähr für einen großen Anwendungserfolg beinhaltet. Ein enger Zusammenhang zwischen Lern- und Anwendungserfolg besteht bei Bildungsmaßnahmen direkt am Arbeitsplatz (vgl. Mentzel, 1994, S. 242). Wichtige Erfolgsfaktoren für das Gelingen des Programms sind neben der Zusammensetzung der Gruppe, der Leistungsmotivation und Einsatzbereitschaft der Teilnehmer die Qualität der Programmleiter und Referenten sowie vor allem der Ausbilder in den Praktikumsbetrieben. Durch eine systematische Programmgestaltung, entsprechend den individuellen Vorkenntnissen, Eignungen, Zielsetzungen etc. sowie durch eine offene, hilfsbereite und motivierende Haltung der Fachvorgesetzten wird die Einstellung der Teilnehmer und letztlich der Programmerfolg selbst stark beeinflußt. Deshalb sollte bei der Auswahl und Schulung dieser Personen mit großer Sorgfalt vorgegangen werden. Bei der fach- und aufgabenbezogenen Fortbildung der Teilnehmer ist die Bereitschaft der Ausbilder, sich die Zeit zu nehmen und den Praktikanten detailliert und umfassend zu informieren, zu unterstützen, einzusetzen etc. - kurz: Erfahrungen zu vermitteln und zu fördern - ein wichtiger Aspekt für den Praktikumserfolg (vgl. Hungenberg, 1990, S. 459). Obwohl der Teilnehmer in den Seminaren etwas erlernt hat und auch von dessen Nutzen überzeugt ist, kann er u.U. beim Versuch der Umsetzung in die Praxis scheitern, wenn das Arbeitsklima sowie vor allem der direkte Vorgesetzte und die Mitarbeiter den neuen Methoden und Verhaltensweisen skeptisch begegnen. Der jeweils zuständige direkte Fachvorgesetzte sollte gegen Ende der dortigen betrieblichen Tätigkeit den Praktikanten anhand eines standardisierten Beurteilungsbogens einstufen und die Bewertung mit ihm besprechen. Der Volontär sollte jedoch mindestens 4 Wochen in dem Betrieb tätig gewesen sein (vgl. Olesch, 1992, S. 81). Ferner ist es empfehlenswert, daß der Praktikant seinem Programmbetreuer regelmäßig Berichte über Art und Effizienz seiner Tätigkeit in den Praktikumsbetrieben zukommen läßt. Dabei sollte er kurz darlegen, wie sich seine Integration in das betriebliche Umfeld vollzogen hat. Damit ist gleichzeitig ein Feedback für die Leitstelle auch bzgl. Korrekturen im Programmablauf und -inhalt verbunden (vgl. Christian, 1984, S. 30). Bisher wird in der Praxis kaum adäquat überprüft, inwieweit durch die Qualifizierungsmaßnahmen die vorab festgelegten Lernziele erreicht wurden (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 65). Die Erfolgskontrolle gibt - 316 - jedoch der verantwortlichen Schulungsinstanz das notwendige Feedback für die Beurteilung und fortlaufende Verbesserung des Qualifizierungsprogramms sowie über die weiteren Entwicklungsbedürfnisse der jetzigen bzw. zukünftigen Absolventen. Ferner bietet sie den Teilnehmern die Möglichkeit der Selbstkontrolle und damit einer realistischen Selbsteinschätzung (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 274). Obwohl für gewisse, immer wiederkehrende typische Ausbildungsbedürfnisse grob standardisierte Schulungssprogramme erstellt werden können, bedürfen sie einer ständigen Überarbeitung, damit sie so genau wie möglich den aktuellen Arbeitsanforderungen der einzelnen Teilnehmer entsprechen (vgl. Ulrich/Fluri, 1992, S. 272). Bei allen noch so detailliert gestalteten Qualifikationsprogrammen darf man vor allem den wichtigsten Aspekt nicht außer acht lassen - den Menschen. Ein noch so fundiertes Schulungsprogramm ist weitgehendst wertlos, wenn sich der Absolvent mit seiner zukünftigen Arbeit nicht identifizieren kann, sie ihn über- oder unterfordert, so "schmerzlich" das u.U. auch für den Seniorchef im Einzelfall sein mag. Denn - wer ist schon gewillt, die Probleme und Existenzängste, den Arbeits- und Zeitaufwand auf sich zu nehmen, wenn diese Anforderungen nicht seinen/ihren (beruflichen) Neigungen, Fähigkeiten, Vorstellungen etc. entsprechen. - 317 - 5. Gesamtresümee und kritische Würdigung der erzielten Ergebnisse sowie Empfehlungen für eine systematische Nachfolgeregelung und für einen branchenorientierten, dualen Studiengang 5.1. Zusammenfassung der Arbeit und kritische Betrachtung der Ergebnisse Da in den einzelnen Kapiteln bereits umfangreiche Zusammenfassungen erstellt wurden, sollen nachfolgend nur noch einige wichtige Aspekte hervorgehoben werden. Die heutige und zukünftige Unternehmensführung steht vor erheblichen neuen Anforderungen. Bedingt durch die fortlaufenden Änderungen in der Unternehmensumwelt, wie immer härterer Verdrängungswettbewerb, steigende Kundenansprüche an höhere Qualität und besseren Service, zunehmende Fahrzeugelektronik, größere Umweltsensibilität der Gesellschaft und Mitarbeiter, ist die Bedeutung der strategischen Betrachtungsweise, d.h. systematisch, vorausschauend, sowie konzeptiv zu denken und zu handeln, gestiegen. Die Konsolidierung des Unternehmenbestandes und der -entwicklung ist ohne aufeinander abgestimmte Planung der ökonomischen, technischen und vor allem personellen Belange nicht realisierbar (vgl. Hammer et al., 1988, S. 9). Da die Mitarbeiter zum wichtigsten, wertvollsten und sensitivsten Produktionsfaktor werden, kann eine kurzfristige Personalarbeit den zukünftigen, immer hochkomplexeren, unternehmerischen Herausforderungen nicht mehr genügen. Vielmehr bedarf es eines strategisch ausgerichteten Personalmanagements, das auf umfassenden und realistischen Prognosen über künftige Entwicklungstendenzen beruht (vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 226). In vielen Klein- und Mittelbetrieben wird bisher gar nicht strategisch geplant. Je detaillierter die strategische Planung ist, desto zielorientierter und sicherer läßt sich das Unternehmen auch zukünftig führen. Besonders in der systematischen, proaktiven Personalplanung liegt bei vielen mittelständischen Unternehmen noch ein deutliches Defizit (vgl. Hamer, 1990(a), S. 63). Durch den Wandel von der Industrie- zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft treten die eigentlichen Produkte zunehmend in den Hintergrund. Service und Dienstleistung rund um das Produkt bzw. quasi als Produkt zur individuellen Bedürfnisbefriedigung bestimmen den zukünftigen Wettbewerb und die Wertschöpfung (vgl. Fuchs, 1989, S. 139f). Neben dem zunehmend ähnlicher und austauschbarer werdenden Grundprodukt des Kfz-Betriebes, dem Automobil, müssen die Autohäuser in Zukunft zur individuellen Profilierung im Wettbewerb eine Vielzahl an Zusatzleistungen wie Leasing- und Finanzierungsangebote, 24-Stunden-Notdienst, Mobilitätsgarantie, Zurücknahme des Altfahrzeuges, freundlichen Service, Termintreue etc. anbieten. Es gibt eine Vielzahl von Kunden, die an diesen Angeboten interessiert sind und denen es auch nicht an der entsprechenden Kaufkraft fehlt (vgl. Berg, 1993, S. 20). - 318 - Das wichtigste Ziel und der eigentliche Sinn eines (Dienstleistungs-)Unternehmens muß künftig vorrangig die Schaffung von überlegenem Kundennutzen gegenüber den Mitbewerbern sein. Alle unternehmerischen Aktivitäten müssen dazu dienen, dem Kunden Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die ihn bei seiner individuellen Problemlösung unterstützen und ihm größeren Nutzen bieten als Konkurrenzangebote (vgl. Spickschen, 1991, S. 241). Nur so ist der nachlassenden Kundenbindung erfolgreich zu begegnen. Die Kundenloyalität ist nicht mehr ausschließlich vom Preis-/Leistungs-Verhältnis bzw. dem Nutzenstiften der Leistung für den Kunden abhängig, also von rational-kognitiven Kriterien, sondern zunehmend von subjektiv-emotionalen Komponenten wie Kundennähe, vertraute Atmosphäre, Stimmung und Freundlichkeit etc. (vgl. Kruse, 1990, S. 61; Meinig, 1991, S. 15). Speziell in Dienstleistungsunternehmen wie Kfz-Betrieben bestehen (zwangsläufig) starke persönliche, direkte Kontakte zwischen Mitarbeitern und Kunden. Dadurch können motivierte Beschäftigte unmittelbar die Kundenwünsche und -forderungen erfahren und umsetzen. Dementsprechend hat das Unternehmen die Chance, sich frühzeitig auf die gewandelten Anforderungen einzustellen und gegenüber den Mitbewerbern einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Eine solche Dienstleistungskultur läßt sich nicht mit starren, hierarchischen Organisationsstrukturen umsetzen, sondern sie benötigt überschaubare, flexible organisatorische Einheiten (z.B. teilautonome Profit Center, Arbeitsgruppen, Projektteams) mit niedrigem Formalisierungs- und Spezialisierungsgrad. Im Zusammenhang mit dem aus Japan stammenden “Lean Management“ sind neue effiziente Organisationsformen eingeführt worden, bei denen nicht mehr streng funktional innerhalb “bremsender“ Abteilungsgrenzen organisiert wird, sondern zunehmend anhand der kunden- und prozeßorientierten Strukturen, um eine Schnittstellenharmonisierung entlang des Wertschöpfungsprozesses zu erreichen (vgl. Frese/Werder, 1994, S. 14ff). Ein offenes Kommunikationsklima mit intensivem und unbürokratischem Informationsaustausch, in dem Mitarbeiter am “point of sale/customer“ durch eindeutige Befugnisse umgehend eigenverantwortlich Entscheidungen treffen können (vgl. Fuchs, 1989, S. 142), wird den Beschäftigten wie den Kunden heutiger Prägung gerecht. Der unternehmerische Leitgedanke "clients come first", um das Wohlbefinden der Kunden, die Befriedigung der Kundenbedürfnisse und -wünsche etc. sicherzustellen, wird in Zukunft ein äußerst entscheidender Erfolgsfaktor sein, um sich im zunehmenden Verdrängungswettbewerb profilieren und behaupten zu können. Jedem Beschäftigten im Unternehmen muß die Einsicht vermittelt werden, wie wichtig seine Arbeit als Beitrag zum Kundennutzen anzusehen ist. Dieses neue Verständnis von Dienstleistung läßt sich nur verwirklichen, wenn jeder einzelne Beschäftigte entsprechend qualifiziert ist und eine positive Einstellung zur Dienstleistung hat (vgl. - 319 - Hinterhuber, 1994(a), S. 121). Jeder Mitarbeiter im Unternehmen (z.B. Azubis, Fach-, Führungskräfte) muß sich als "Dienstleister" fühlen (vgl. Spickschen, 1991, S. 241) und auch so verhalten. In Zeiten zunehmender Austauschbarkeit von Produkten wird die Qualifikation und Motivation der Belegschaft und ihr Verhalten gegenüber den Kunden zu einem imitationsgeschützten Wettbewerbsfaktor (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 220; Stiefel, 1989(a), S. 38). Die obigen Ausführungen unterstreichen, daß die Mitarbeiter zukünftig noch stärker die zentrale, erfolgsentscheidende Ressource in Dienstleistungsunternehmen sind. Trotzdem wird diese strategische Erfolgsposition von den wenigsten Betrieben adäquat berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund erhalten Auswahl, Einsatz und Entwicklung des Humanpotentials eine außerordentliche strategische Bedeutung (vgl. Benölken/Greipel, 1990, S. 220). Zukünftig muß in die Mitarbeiterqualifikation genauso gezielt und geplant investiert werden wie in Sachanlagen. In regelmäßigen Personalgesprächen müssen die Führungskräfte sicherstellen, daß die Zielsetzung der einzelnen Mitarbeiter auf die Unternehmensstrategien abgestimmt sind. Je klarer die Unternehmensstrategien definiert und die erforderlichen Qualifikationen der Arbeitnehmer daraus abgeleitet sind, um so ersichtlicher wird auch, welche Mitarbeiter den Anforderungen nicht gerecht werden können oder wollen. Eine schnelle Trennung ist dann für beide Seiten besser als ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses (vgl. Walsh, 1987, S. 148). Ob und inwieweit es einem (Dienstleistungs-)Unternehmen gelingt, erfolgreich zu sein, hängt bei vergleichbaren, austauschbaren Produkten zunehmend von der Qualifikation, Leistungsfähigkeit und bereitschaft der einzelnen Mitarbeiter ab. Jeder Mensch denkt, fühlt, arbeitet etc. unterschiedlich und weist individuelle Bedürfnisse, Werte und Motivationsstrukturen auf. Es ist die Aufgabe des Human Resource Management, die sachbezogenen Unternehmensziele mit den Mitarbeiterzielen in Einklang zu bringen. Jede Unternehmensstrategie ist mittel- bis langfristig zum Scheitern verurteilt, wenn die Planung ohne Berücksichtigung der Mitarbeiterziele erfolgt. Trotz aller Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung und Bedeutung des (strategischen) Human Resource Management scheint es in der Wirtschaftspraxis und Wissenschaft Einigkeit darüber zu geben, daß mit dieser Bezeichnung verdeutlicht werden soll, daß die Mitarbeiter eines Unternehmens nicht länger nur im Sinne eines kostenverursachenden Produktionsfaktors betrachtet werden sollen, sondern als ein eigenständiges, wichtiges, strategisches Erfolgs- bzw. Humanpotential (vgl. Conrad/Pieper, 1990(b), S. 255; Kobi, 1990, S. 5; Pieper, 1990(a), S. 2). Die Diskussion zum strategischen HRM bzw. Personalmanagement erscheint noch längst nicht abgeschlossen. Die vorliegenden Veröffentlichungen entwerfen noch keine ausgereifte und umfassende Aussage über die genauen Inhalte, Verfahren, Methoden und Zusammenhänge zwischen den verschiedenen HRM-Ansätzen. - 320 - Zukünftig wird ein noch stärkerer Auszubildenden- und Fachkräftemangel vorherrschen. Die Zahl der Abgänger von den allgemeinbildenden Schulen wird weiterhin rückläufig sein, wodurch der bereits jetzt schon partiell bestehende Lehrlingsmangel weiter zunimmt. Ferner wird durch die in den 90er Jahren in vielen Betrieben anstehende Pensionierungswelle erfahrener Fach- und qualifizierter Führungskräfte ein noch stärkerer Fachkräftemangel vorherrschen (vgl. Ackermann, 1989(b), S. 137). Wiederum erhalten qualifizierte Arbeitskräfte zunehmend die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Unternehmen. Sie sind damit in der Lage, sich für das nach ihrer persönlichen, subjektiven Ansicht "attraktivste" Unternehmen zu entscheiden (vgl. Papmehl/Borsczc, 1989, S. 293). Deshalb kann sich eine zukunftsorientierte, planvolle Personalarbeit nicht darauf verlassen, den künftigen Personalbedarf nur am externen Arbeitsmarkt zu decken, sondern wird primär eine gezielte, langfristig orientierte Personalentwicklung für die vorhandenen Führungs-(nachwuchs-) kräfte und Fachkräfte betreiben (vgl. Gaugler, 1987(b), S. 311; Mentzel, 1994, S. 15). Die systematische Förderung qualifizierter und motivierter Mitarbeiter ist gerade in Klein- und Mittelbetrieben eine der Schlüsselaufgaben. Sie beeinflußt entscheidend den langfristigen Fortbestand und Erfolg des Unternehmens. Während häufig bei Sachinvestitionen (z.B. Gebäude, Anlagen, Maschinen) sehr gewissenhaft und methodisch vorgegangen wird, werden die immer wichtigeren Arbeitnehmer meist kurzfristig ausgewählt und eingesetzt (vgl. Borkel, 1987, S. 13; Zander, 1992, S. 392). Aufgrund der steigenden Bedeutung der Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg darf die Aktivierung des geistigen Humanpotentials nicht auf einzelne Abteilungen oder Mitarbeiter übertragen werden. Die systematische, vorausschauende Förderung der Mitarbeiter - in Abstimmung mit der Unternehmensstrategie - ist eine der wichtigsten Aufgaben des Unternehmers/Geschäftsführers. Im Gegensatz zu früher, wo Arbeitsanweisung, Vollzugsmeldung und Kontrolle vorherrschten, müssen Mitarbeiter heute von neuen Tätigkeiten, Leistungen, Arbeitsinhalten etc. überzeugt sowie ihnen der Sinn und Nutzen vermittelt werden (vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 24f). Sie möchten sich mit den übertragenen Aufgaben identifizieren können (vgl. Zander, 1992, S. 392). Die heutigen, zunehmend qualifizierteren, kritischeren und anspruchsvolleren Mitarbeiter sind nur noch bedingt durch monetäre Anreize zur Arbeitszufriedenheit und Leistungssteigerung zu bewegen (vgl. Rosenstiel, 1991(a), S. 12). Die traditionellen Arbeitstugenden (z.B. Fleiß, Zuverlässigkeit, Verbundenheit zum Betrieb) verlieren zunehmend an Bedeutung. Gerade jüngere Mitarbeiter suchen keinen Arbeitsplatz mehr, sondern eine Wirkungsstätte mit flachen Hierarchiestrukturen, in denen sie mehr Flexibilität, individuelle Arbeitszeitgestaltung (z.B. Gleitzeit, Teilzeitarbeit) sowie mehr Freiräume für eigene Entscheidungsbereiche vorfinden (vgl. Wunderer/Kuhn, 1993, S. 24). Viele dispositive Aufgaben können heute problemlos von qualifizierten Fach- und Führungskräften eigenverantwortlich wahrgenommen werden. Dadurch hat die Unternehmensführung mehr Zeit für die - 321 - nicht delegierbaren Aufgaben der integrativen, proaktiven und strategischen Planung des zukünftigen Unternehmensgeschehens sowie für die Führung, Förderung und Motivation des Personals. Durch den systematischen Einsatz sinnvoller Motivationsfaktoren (z.B. durch die Aufgabenstellung, Partizipation der Mitarbeiter an unternehmerischen Entscheidungen, Berücksichtigung der Mitarbeiterziele, Mitsprachemöglichkeiten, entsprechendem situativem Führungsstil, Weiterbildungsmöglichkeiten) erhöht sich die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Arbeit und den Unternehmenszielen (vgl. Korndörfer, 1990, S. 159). Gerade die betroffenen, engagierten Mitarbeiter am jeweiligen Arbeitsplatz können am ehesten Verbesserungsvorschläge zur effizienteren Arbeitsplatzund Prozeßgestaltung sowie zur bestmöglichen Befriedigung der immer vielschichtigeren, sich fortlaufend wandelnden Kundenbedürfnisse machen. Interesse, Mitdenken und Initiative der Belegschaft hängen speziell in Klein- und Mittelbetrieben vom Führungsstil, der Anerkennung und vor allem vom (vorbildlichen) Verhalten der Führungskräfte ab (vgl. Zander, 1994, S. 55f). Zukünftig sind immer weniger reine Führungstechniken notwendig, sondern vielmehr die Fähigkeit, mit Menschen kompetent und verantwortungsbewußt umzugehen (vgl. Then, 1984, S. 89). Mit Mitarbeitern sprechen und ihnen zuhören zu können ist eine wichtige Führungsfunktion. Der konservative, patriarchalische (Ur-)Unternehmertyp, der seine Mitarbeiter nach dem Grundsatz "hart aber gerecht" führt, hat ausgedient. Der zukünftige Manager, mit Vision und Vorbildfunktion ausgestattet, muß begeisterungsfähig und begeisternd sein, ein Motivator, der seine Mitarbeiter mitreißen kann, die optimistischen Vorstellungen des Unternehmens zu realisieren. Diese Person sollte eine Leitfigur mit einem hohen ethischen Verantwortungsgefühl darstellen (vgl. Johansson, 1990, S. 43). Es steckt ein großes Motivationspotential in der optimistischen, positiven Erwartungshaltung der Vorgesetzten. Führungsdefizite wirken sich zumeist negativ auf die Gesamtleistung des Betriebs oder einzelner Abteilungen aus, führen zu Motivationsverlust und über die Leistungszurückhaltung bei den Mitarbeitern ("innere Kündigung") bis zum Weggang von Leistungsträgern (vgl. Schlichting, 1990, S. 4; Töpfer, 1989, S. 41). Um den oben geschilderten, vielfältigen, sich immer schneller vollziehenden sozio-ökonomischen Wandlungen - speziell der Kunden- und Mitarbeiterbedürfnisse - in einem Kfz-Betrieb gerecht zu werden, bedarf es umfassend qualifizierter und motivierter Unternehmernachfolger/-innen, die in der Lage sind, diese komplexen Management- und Führungsanforderungen zu erfüllen. Die Nachfolgeregelung gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben und Entscheidungen, die es in einem Unternehmen gibt. Sie entscheidet über den weiteren Erfolg oder Mißerfolg und somit über dessen Zukunft. In Klein- und Mittelbetrieben mißlingen etwa die Hälfte der Nachfolgeregelungen; die Betriebe - 322 - müssen aufgegeben oder verkauft werden. Finanzielle Miseren, persönliche Schicksale etc. sind die Folgen (vgl. Müller-Golchert, 1995, S. 62; Ophoff, 1995, S. B2). Dabei ist gerade in kleineren und mittleren Familienunternehmen die erfolgreiche Weiterführung des Betriebes eine wichtige Säule, auf der oftmals die Altersversorgung der Seniorfamilie beruht (vgl. Neumaier, 1991, S. 5). "Als Unternehmer und Führungskraft wird man nicht geboren. Die Qualifikationen dazu werden in einem lebenslangen Lernprozeß erworben" (BMW AG - Vertrieb Deutschland, 1994, S. 2). Dieses Zitat aus der Ausbildungsbroschüre für den BMW-Händlernachwuchs beschreibt prägnant die Problematik der Anforderungen an die Nachfolgergeneration. Bisher wird in vielen mittelständischen Betrieben der Förderung und Pflege des Nachfolgers vom Seniorchef nicht die Bedeutung beigemessen, die ihr gebührt. Inwieweit der hohe zeitliche und kostenmäßige Aufwand dieses systematischen dualen Qualifizierungsprogramms im Einzelfall zu rechtfertigen ist, müssen beide Parteien gemeinsam entscheiden. Diese Entscheidung ist mit Hilfe einer situativen Abgrenzung der unternehmensspezifischen Erfolgsgrundlagen zu klären. Alle Fertigkeiten, die ein Mensch m i Laufe seines Lebens erwirbt, erhält er vorrangig durch reales praktisches Tun und nicht nur durch das Anhören von Vorträgen oder das Lesen fachbezogener Literatur. Die bisher angebotenen Unternehmernachfolger-Seminare konzentrieren sich vorrangig auf zeitlich begrenzte theoretische Seminarveranstaltungen, während das in der vorliegenden Arbeit entwickelte Programm darüber hinaus die Möglichkeit einräumt, den theoretisch vermittelten Lehrstoff in der Praxis selbst anzuwenden. Durch diesen Praxisbezug erhält der künftige Unternehmer die notwendige Erfahrung und Entscheidungssicherheit, die er benötigt, um selbst Anweisungen geben und deren Umsetzung überprüfen zu können. Um eine fortlaufende Verknüpfung zwischen Betriebspraxis sowie Forschung und Lehre herzustellen und die kontinuierliche Weiterentwicklung des dualen Qualifizierungsprogramms nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu gewährleisten, ist es empfehlenswert, daß die Organisation und Leitung des Programms von einem hochschulnahen Institut durchgeführt wird. Für diese vielfältigen Aufgaben würden sich beispielsweise die bereits an die beiden Lehrstühle für Automobilwirtschaft in Nürtingen und Bamberg angeschlossenen Institute anbieten. Sie wären bei entsprechender personeller Aufstockung und Erweiterung in der Lage, ein wissenschaftlich fundiertes, duales Unternehmernachfolger-Programm zu entwickeln, durchzuführen und zu kontrollieren, abgestuft auf die individuellen Vorkenntnisse, Neigungen, Entwicklungsmöglichkeiten sowie zukünftigen Tätigkeitsbereiche und Anforderungen des Einzelnen. Aufgrund der multibetrieblichen Ausrichtung der einzelnen Praktikumsabschnitte haben die Teilnehmer im Rahmen des Programms die Chance, unterschiedliche Unternehmensgrößen, -typen und deren spezifische Stärken und Schwächen kennenzulernen sowie mit Problemen konfrontiert zu werden, die möglicherweise in ihrem späteren Arbeitsbereich auf sie zukommen (vgl. Hamer/ Nicolai, 1982, S. 78). - 323 - Durch den mehrfachen Unternehmenswechsel sind die Teilnehmer gezwungen, sich fortlaufend an andere Betriebe, Unternehmer, Vorgesetzte, andere Belegschaften sowie an die spezifischen Besonderheiten flexibel anzupassen. Bei den regelmäßigen Treffen der Programmteilnehmer zu zentralen Bildungsveranstaltungen können sie auch außerhalb der Seminare über ihre unterschiedlichen Erfahrungen berichten. Durch diese Bekanntschaften mit Unternehmernachfolgern, die gleiche Interessen verfolgen, mit Seminardozenten und Programmleitern kann der Erfahrungsaustausch über Entwicklungsperspektiven der Branche, spezifische Problemlösungen etc. auch über diese Ausbildungszeit hinaus weiterbestehen (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 79). Gerade der informelle Kontakt zwischen den Seminarteilnehmern wird von vielen als wichtiger Bestandteil der Schulungsmaßnahmen betrachtet. Oftmals beklagen Lehrgangsabsolventen, daß die Seminarzeit zu lang sei, die Gruppenarbeit (z.B. Fallbeispiele, Rollenspiele) vernachlässigt werde und/oder das Rahmenprogramm (z.B. Freizeitmöglichkeiten, Vorträge) die aktive Kommunikation zwischen den Teilnehmern zu wenig fördere (vgl. Krenzer, 1990, S. 59f). Vorzüge von theoretischen und praktischen dualen Qualifizierungsprogrammen ergeben sich für alle beteiligten Interessengruppen. a) Vorzüge für die Praktikumsteilnehmer Durch den im Laufe der Zeit gesammelten Erfahrungszuwachs bei den Teilnehmern gewinnen sie zunehmende Sicherheit gegenüber betrieblichen Situationen und in der Beurteilung von Betriebsproblemen. Die vielfältigen Vergleichsmöglichkeiten, die sie zwischenzeitlich kennengelernt haben, zeigen ihnen, wie unvollkommen und dennoch äußerst erfolgreich manche Betriebe sein können. Sie erkennen, daß sie selbst bereits manche Funktionen besser organisieren und leiten können, als dies hier oder dort geschieht. Durch die wachsende sachliche Unternehmerautorität, verbunden mit dem Wissens- und Erfahrungszuwachs, erfahren die Beteiligten eine deutliche Mentalitätsveränderung von der Arbeitnehmer- zur Arbeitgebereinstellung. Damit vollzieht sich sukzessive der Prozeß der persönlichen Einstufung von Aufgaben von einer Fremd- zu einer eigenen Aufgabe (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 85f). b) Vorzüge für die beteiligten Unternehmen Durch die Mitarbeit der Programmteilnehmer in den Praktikumsbetrieben werden Unternehmensführung und Mitarbeiter dazu veranlaßt, bestimmte eingefahrene Betriebsabläufe zu durchdenken und über Alternativen zu diskutieren. Durch diese externen, neutralen Praktikanten können wertvolle Denkanstöße bis hin zu grundsätzlichen Veränderungen des Unternehmenskonzeptes, Neueinführung einer Unternehmensplanung oder erhebliche Verbesserungen betrieblicher Teilfunktionen erfolgen und dadurch u.U. die betriebliche Leistungskraft erhöht werden (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 86). c) Vorzüge für den Unternehmer des Praktikumsbetriebs - 324 - Die Unternehmer können bei intensiver Kommunikation mit dem neutralen Betrachter wichtige Informationen über bestimmte Einzelabläufe im Unternehmen, das Verhalten und die Zusammenarbeit von Mitarbeitern gewinnen und so eingefahrene, vielleicht sonst nicht erkannte Probleme angehen (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 86). d) Vorzüge für die Belegschaft des Praktikumsbetriebs Auch für die Mitarbeiter kann der Einsatz von Praktikanten unbestreitbare Vorzüge haben. Sie können beispielsweise zu neuen Arbeitstechniken, zur Vereinfachung von Arbeitsabläufen oder zu einer größeren Arbeitssystematik angeregt werden. Teilweise können die Praktikanten solche Veränderungen ganzer Betriebsabläufe nicht nur initiieren, sondern auch vorbereiten und durchführen (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 87). Abschließend kann festgehalten werden, daß der Schulungsbetrieb dem Praktikanten nicht nur einen Erfahrungszuwachs gibt, sondern auch umgekehrt der Praktikant dem Unternehmen einen Wissenszuwachs bringt. Dabei werden die Teilnehmer i.d.R. für die einzelnen Praktikumsbetriebe um so wertvoller, je mehr Praktikumsabschnitte sie bereits absolviert haben (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 86f). Ferner wird durch diese umfassende duale Qualifizierung ein gewisser Unternehmernachfolger-Pool entwickelt, der von der Schulungsinstitution verwaltet werden sollte. Absolventen, die u.U. aus verschiedenen Gründen die Nachfolge im elterlichen Betrieb noch nicht umgehend antreten können oder sollen, können dann in Notsituationen (z.B. plötzliche Krankheit bzw. Tod eines Unternehmers/Geschäftsführers), auf Vermittlung des Instituts, die Unternehmensführung anderer Autohäuser interimsmäßig übernehmen. 5.2. Empfehlungen für eine idealtypische, systematische Vorbereitung und Durchführung der Unternehmernachfolge Wie bereits erwähnt, steht nach verschiedenen Untersuchungen (z.B. Autohaus Studienabteilung (1997), Aral AG in Verbindung mit dem Autohaus Verlag (1993)) bis zum Jahr 2002 bei etwa 25 Prozent der fabrikatsgebundenen Kfz-Betriebe in Deutschland die Unternehmensnachfolge an (vgl. Autohaus Studienabteilung, 1997, S. 5; Aral AG/Autohaus Verlag GmbH, 1993, S. 7). Die Generation, die in den Nachkriegsjahren die Betriebe aufgebaut hat, erreicht mittlerweile das Rentenalter. Nicht jeder Unternehmer hat einen geeigneten und gewillten Nachfolger in seiner Familie oder findet einen entsprechenden Außenstehenden für die Betriebsfortführung (vgl. Neumaier, 1991, S. 5). In vielen Familienbetrieben gibt es erhebliche Sorgen bei der Nachfolgeregelung. Oftmals sind damit auch Erwartungen hinsichtlich der finanziellen Altersversorgung der Seniorfamilie (z.B. Verkauf auf Rentenbasis, Verpachtung) verbunden (vgl. Müller-Golchert, 1995, S. 63; Neumaier, 1991, S. 10f). - 325 - Viele mittelständische Unternehmen(-sübergaben) sind daran gescheitert, daß durch Interessenkonflikte, Erbstreitigkeiten etc. die Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Deshalb ist es dringend erforderlich, frühzeitig klare Besitz- und Nachfolgeregelungen zu treffen (vgl. Neumaier, 1991, S. 13f; Ophoff, 1995, S. B2). Für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge gibt es eine Vielzahl von Alternativen. Die geläufigsten Nachfolgevarianten sind: - Übergabe an eigene Kinder, Schwiegersohn/-tochter137, Erben oder Verwandte; - Übergabe der Geschäftsführung an einen qualifizierten Mitarbeiter oder externen Geschäftsführer (z.B. Verpachten, Vermieten); - Umwandlung des Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft (AG, GmbH) unter Einsetzung eines Geschäftsführers; - Management Buy-out138; - Verkauf des Unternehmens (z.B. an große Ketten mit Filialbetrieben) (vgl. Angermann, 1990, S. 414; Schmid, 1990, S. 17). Die angeführten Möglichkeiten sind grundsätzlich nur zu realisieren, wenn die Nachfolgeregelung frühzeitig geplant wird und somit ad hoc- und Zufallsentscheidungen vermieden werden können (vgl. Schmid, 1990, S. 18). Jedoch belegen mehrere diesbezügliche Untersuchungen (z.B. Studie der Aral AG und des Autohaus Verlags, 1993), daß viele mittelständische Kfz-Unternehmensführer keine konkreten Pläne und Vorstellungen von einer systematischen, zukunftsorientierten Nachfolgekonzeption haben. Bei der Unternehmensübergabe im Autohaus sind nicht immer nur Vernunftgründe ausschlaggebend. Oftmals sind die Seniorchefs aus gesundheitlichen Gründen gezwungen, die Geschäftsleitung auf einen Familienangehörigen oder sogar auf einen Fremdmanager zu übertragen (vgl. Malter, 1984, S. 18). Grundsätzlich gibt es für die Unternehmensübergabe kein allgemeingültiges Schema, da jeder Fall anders gelagert ist und die Einflußfaktoren (z.B. Unternehmensgröße, Altersversorgung bzw. Vermögensverhältnisse der Seniorfamilie, Eigentums-, familiäre Verhältnisse, Wert des Betriebes, Steuerbelastung, Qualifikation des potentiellen Nachfolgers) zu spezifisch sind (vgl. Hilti, 1991, 137 Während die Eltern von Töchtern in Autohäusern früher vorrangig auf die Wahl des interessierten Schwiegersohnes hofften, gibt es mittlerweile einige positive Beispiele für die erfolgreiche Übernahme der Geschäftsführung durch Frauen (vgl. Malter, 1984, S. 21). Nahezu 15 Prozent der Inhaber bzw. Geschäftsführer von KfzBetrieben sind mittlerweile weiblich (Zahlenangabe laut ZDK, 1997). 138 Beim Management Buy-out (MBO) wird das mittelständische Eigentümer-Unternehmen aufgrund gesundheitlicher, familiärer, persönlicher Gründe oder Nachwuchssorgen an mehrere betriebseigene Führungskräfte verkauft. Diese Alternative ist insbesondere dann zu erwägen, wenn der Alt-Eigentümer sein Lebenswerk erhalten sehen möchte. Dabei ist MBO keine Möglichkeit für Unternehmer, ihren heruntergewirtschafteten Betrieb noch kurz vor der Insolvenz zu verkaufen, da die potentiellen Käufer eingehend die Marktperspektiven sowie die Bilanzen der vergangenen Jahre analysieren (vgl. Hartmann, 1991, S. 981; Pullig, 1993, S. 102). - 326 - S. 512; Neumaier, 1991, S. 9). Trotzdem gibt es gewisse allgemeingültige Komponenten, die für eine erfolgreiche und konfliktarme Betriebsübergabe an Familienangehörige (Kinder, Erben, Verwandte etc.) oder Außenstehende (qualifizierte Mitarbeiter, Fremdmanager usw.) berücksichtigt werden müssen. Darauf wird nachfolgend genauer eingegangen. In Anlage 28 ist zudem ein allgemeingültiges Schema zur systematischen Überprüfung der Nachfolgeregelung im Kfz-Betrieb abgebildet. 5.2.1. Ablaufschema einer langfristig geplanten, systematischen Nachfolgeregelung Nachfolgend wird die systematische Vorbereitung und Durchführung der Unternehmensübergabe an einen Familienangehörigen oder Außenstehenden dargelegt, die darauf ausgerichtet ist, die Betriebsfortführung langfristig zu gewährleisten. Auf die vielfältigen sachlichen Fragestellungen, die mit der Nachfolgeregelung verbunden sind, wie beispielsweise - Testamentgestaltung, - Fragen zur Rechtsform, - steuerliche und erbschaftsrechtliche Fragen, - Bestimmungen aus dem Händlervertrag und - die finanzielle Absicherung des Seniorchefs, kann im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen nicht näher eingegangen werden, da die Komplexität der Thematik den Umfang dieser Arbeit übersteigen würde139. 5.2.1.1. Grundvoraussetzungen für eine geregelte Nachfolge a) Frühzeitiges, systematisches Planen der Unternehmernachfolge zur langfristigen Unternehmenssicherung Zur reibungslosen Unternehmensübergabe und zur langfristigen Sicherung des Fortbestandes des Unternehmens muß die Nachfolgefrage einschließlich personeller, betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Auswirkungen frühzeitig geplant und umgesetzt werden (vgl. Hilti, 1991, S. 511; Menzl, 1988, S. 30; Neumaier, 1991, S. 9; Schwaiger, 1992, S. 43). Eine langfristige, systematische Nachfolgeregelung ist für den weiteren Unternehmensbestand genauso wichtig wie eine umfassende Investitions- und Finanzplanung. Es empfiehlt sich, die Nachfolgeplanung schriftlich zu fixieren und rechtzeitig in die Unternehmensstrategie zu integrieren (vgl. Hilti, 1991, S. 512). Damit schafft die Unternehmensführung Klarheit 139 Auf die steuerlichen und rechtlichen Auswirkungen der Unternehmensnachfolge gehen u.a. folgende Publikationen ausführlich ein: Aral AG/Autohaus Verlag GmbH: Studie zur Nachfolgesituation in Autohäusern (unter wissenschaftlicher Begleitung der Universität Bamberg), Bochum/Ottobrunn 1993; Neumaier, R. F.: Geregelte Unternehmensnachfolge. Empfehlungen für die Betriebsübergabe, 3., überarb. u. erg. Aufl., Stuttgart 1991, S. 22ff. - 327 - für Familienangehörige, Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner etc. und beugt Spekulationen und Gerüchten vor (vgl. Menzl, 1988, S. 31; Neumann, 1991, S. 555). Mit der Nachfolgeregelung werden gerade in Klein- und Mittelbetrieben neben betrieblichen Zielen (z.B. Sicherung des Fortbestands des Unternehmens und somit der Arbeitsplätze und des Einkommens) i.d.R. auch private Ziele (z.B. Sicherung des jeweiligen Vermögens, Altersversorgung der ausscheidenden Unternehmerfamilie) verfolgt (vgl. Neumaier, 1991, S. 5; Neumann, 1991, S. 555). In der Praxis ist leider häufig festzustellen, daß die Nachfolgeregelung aus vielen Gründen (z.B. Senior möchte nicht abtreten) oftmals viel zu lange hinausgezögert wird (vgl. Neumann, 1991, S. 555, Schmid, 1990, S. 16), so daß beim plötzlichen Tod oder Krankheitsfall des Seniorchefs Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden müssen. Diese lassen meist die entsprechende Sorgfalt bei der Auswahl des qualifiziertesten Kandidaten vermissen (vgl. Hilti, 1991, S. 514). Da der abtretende Senior bzgl. der Unternehmernachfolgeregelung kaum eigene Erfahrung hat, ist es ratsam, Spezialisten (z.B. Personalberater, Rechtsanwälte, erfahrene Verbandsmitglieder bzw. Schulungsleiter) hinzuzuziehen (vgl. Menzl, 1988, S. 30f; Ophoff, 1995, S. B2). Zur planvollen, langfristigen Unternehmenssicherung gehört auch, daß für den Notfall (z.B. unerwartete schwere Krankheit, Unglücksfall oder Tod des Unternehmers) ein geeigneter, meist interner Stellvertreter vorhanden ist, der kurzfristig die Unternehmensleitung eigenverantwortlich übernehmen kann. Andernfalls können unvertretbare Gefahren für den weiteren Bestand des Betriebes und die wirtschaftliche Existenz der Unternehmerfamilie entstehen (vgl. Neumann, 1991, S. 555). b) Möglichkeiten zur Gestaltung der Unternehmensübergabe Zur Gestaltung der Unternehmensübergabe an den Nachfolger gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten: b1) Kurzfristige, abrupte Übergabe Diese Übergabeart zeichnet sich besonders durch ihre organisatorische Einfachheit aus. Sie reduziert den Generationskonflikt und die dadurch entstehenden Reibungsverluste (vgl. Menzl, 1988, S. 32). Bei dieser Vorgehensweise wird dem Nachfolger in einem Zeitraum bis maximal einem Jahr die Führungsverantwortung komplett übertragen (vgl. Hilti, 1991, S. 517). Die große Gefahr hierbei ist, daß der Nachfolger, der kurzfristig die gesamte Verantwortung erhält, damit überfordert wird (vgl. Menzl, 1988, S. 32). b2) Schrittweise Einführung und Übergabe Diese Variante ist als die beste Lösung zu bezeichnen, wenn zwischen beiden Generationen ein ausgesprochen gutes Einvernehmen besteht. Sie verlangt von beiden Seiten Disziplin, Toleranz und Offenheit. Vor allem muß der Senior bereit sein, auf die Einflußnahme ihm früher zugeordneter bzw. unterstellter Bereiche und Mitarbeiter zu verzichten und diese sukzessive auf den Nachfolger übertragen (vgl. Hilti, 1991, S. 517; Menzl, 1988, S. 32). Dabei ist schriftlich zu fixieren, welche Aufgaben und - 328 - Kompetenzen für in sich geschlossene Teilbereiche (z.B. Zweigbetrieb, Abteilung) der Nachfolger zu welchem Zeitpunkt übernimmt. Leider wird diese kontinuierliche Übergabe speziell in Familienunternehmen selten praktiziert (vgl. Hilti, 1991, S. 517). b3) Unternehmensübergabe auf längere Sicht Bei der in der Praxis oft vorzufindenden ungünstigsten Alternative kann der bisherige Stelleninhaber nach eigenem Ermessen fortlaufend in die Tätigkeiten des Nachfolgers eingreifen. Der ("dominierende") Seniorchef betrachtet sich als unersetzbar und hält den Nachfolger oft für ungeeignet, das Unternehmen eigenverantwortlich zu führen. Somit bekommt der designierte Nachfolger keinerlei Chancen, sich selbst zu entwickeln und zu profilieren (vgl. Hilti, 1991, S. 518; Menzl, 1988, S. 32). Bevor der Nachfolger die volle Verantwortung übernehmen kann, ist er auf diese Weise bei den Mitarbeitern meist schon als inkompetent abqualifiziert. Die langfristige Übergabe von Entscheidungsmacht ist oft gleichbedeutend mit dem Unterlassen einer planvollen, systematischen Gestaltung der Unternehmernachfolge (vgl. Menzl, 1988, S. 32). Welche der drei angeführten Varianten im Einzelfall die geeignetste ist, hängt von der unternehmensspezifischen Situation ab. Grundsätzlich ist aber einer überlegten Gestaltung stets der Vorzug vor einer aufschiebenden Behandlung des Problems zu geben (vgl. Menzl, 1988, S. 32). Während bei der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten empirischen Erhebung bei dem Fragenblock “der am geeignetsten beurteilten Art und Weise der Unternehmensübergabe“ die schrittweise Einführung und Übergabe (innerhalb von 3-5 Jahren) - siehe auch Kapitel 4.2.5.1., Tab. 18 - von den Befragten eindeutig präferiert wurde, überwiegt in der Praxis die langfristige (“nicht endende“) Übertragung ohne verbindliche Terminfestlegung (vgl. Müller-Golchert, 1995, S. 64). c) Einrichtung eines beratenden Gremiums zur Unterstützung des Nachfolgers Bei der organisatorischen Gestaltung der Unternehmernachfolge sollte ab einer bestimmten Unternehmensgröße, wenn sie nicht durch die Rechtsform sowieso (z.B. bei Kapitalgesellschaften wie AG, GmbH) vorgegeben wird, ein Verbindungselement (z.B. Beirat, Aufsichts-, Verwaltungsrat) zwischen den beiden Generationen installiert werden (vgl. Helmer, 1992, S. 9; Menzl, 1988, S. 34). In vielen mittelständischen Betrieben ist ein solches Gremium bereits mit Erfolg eingerichtet. Dabei hat dieser Beirat im Gegensatz zu einem Aufsichtsrat keine vorgegebenen festen Kompetenzen, sondern sie werden, je nach Situation und Notwendigkeit, unternehmensintern frei ausgehandelt; er muß primär durch Überzeugung wirken (vgl. Helmer, 1992, S. 9). Der Einfluß des Beirats sollte sich i.d.R. sukzessive mit dem Hineinwachsen des Nachfolgers in das Aufgabenspektrum verringern. Ein solches Gremium kann sich zusammensetzen aus kompetenten, nicht (mehr) aktiven Kapitalgebern bzw. Familienangehörigen und erfahrenen, befreundeten Geschäftspartnern der eigenen Branche oder anderer Wirtschaftszweige (vgl. Menzl, 1988, S. 34). - 329 - Neben der Kontrollfunktion erlangt die Beratungsfunktion dieses Gremiums zunehmende Bedeutung, und zwar sowohl für die Nachfolgeregelung als auch bei der langfristigen Sicherung der Unternehmenskontinuität. Nur ein Beirat, der die Unternehmensführung auch strategisch beraten kann, ist im Notfall (z.B. Ausscheiden, Krankheit oder Tod des Seniors) in der Lage, interimsmäßig die Kontinuität der Führung sicherzustellen, bis eine dauerhafte Lösung erarbeitet ist (vgl. Albach/Freund, 1989, S. 222). Es darf aber auch nicht dazu kommen, daß der Senior dem Nachfolger vordergründig volle Handlungsfreiheit einräumt und gleichzeitig einen Beirat gründet, der die Verantwortung und Kompetenz so stark einschränkt, daß der Nachfolger nach einiger Zeit frustriert das Unternehmen verläßt. In einigen Unternehmen endet auch die schrittweise Übergabe der Geschäftsführung damit, daß der Junior verärgert den angestammten Betrieb verläßt und ein eigenes, häufig erfolgreiches Unternehmen gründet (vgl. o.V., 1990, S. 58). Ein Beirat darf allerdings nicht nur Alibifunktionen haben, sondern er muß beispielsweise bei personellen Entscheidungen, die u.U. im Widerspruch zu den Interessen der Eigentümerfamilie stehen (z.B. familienfremder Nachfolger), festgeschriebene, auf die Sache bezogene Kompetenzen bzw. Einwirkungsrechte besitzen (vgl. Bucerius, 1987, S. 183). d) Qualifikation und Neigung des Nachfolgers Gerade in Familienunternehmen besteht seitens des Inhabers normalerweise der ("sehnlichste") Wunsch, daß der Betrieb ("das eigene Lebenswerk") vorrangig von den Kindern, Schwiegerkindern oder sonstigen Verwandten in der folgenden Generation fortgeführt wird (vgl. Neumaier, 1991, S. 20; Ophoff, 1995, S. B2), allein schon um das Kapital in der Familie zu behalten. Dabei werden die persönlichen Interessen sowie die vorhandenen Management- und Führungsqualifikationen des Nachwuchses oft außer acht gelassen (vgl. Knebel, 1987, S. 377f; Knebel, 1988, S. 6). Das Nachfolgeproblem läßt sich allerdings nicht mit väterlich autoritärer Erbfolgedisziplin lösen. Es bedarf intensiver, sachlicher Gespräche zwischen beiden Generationen, evtl. unter Hinzunahme eines externen Beraters, um die beruflichen Wünsche, die psychologischen Blockaden, die persönlichen Neigungen sowie die tatsächlich vorhandene Begabung und Eignung bereits vor der beruflichen Festlegung zu klären (vgl. Angermann, 1990, S. 416; Müller-Golchert, 1995, S. 64). Im Idealfall - entscheidet sich der potentielle Nachfolger selbst rechtzeitig für eine den zukünftigen Anforderungen entsprechende Berufsausbildung oder ein Studium, - stimmt er seinen beruflichen Werdegang auf die später zu übernehmenden Aufgaben ab (z.B. Volontärzeit in Fremdbetrieben) oder - besitzt derjenige vor allem die Bereitschaft, Neigung und das Engagement für die Übernahme der gestellten Aufgaben (vgl. Angermann, 1990, S. 415f). - 330 - Falls der potentielle, geeignete Nachfolger trotz sachlicher Überzeugungsarbeit nicht gewillt ist, die Unternehmensnachfolge anzutreten, muß frühzeitig die Besetzung der Unternehmensführung mit qualifizierten externen Bewerbern geplant und durchgeführt werden. Somit können gerade in Familienbetrieben aufreibende innerfamiliäre Spannungen vermieden und der Fortbestand gewährleistet werden (vgl. Hahn, 1990(c), S. 769; Müller-Golchert, 1995, S. 65). Wenn es bei der Nachfolgeregelung in mittelständischen Familienbetrieben vorrangig auf die Erhaltung des investierten Kapitals, der Arbeitsplätze und die Sicherung des dauerhaften Fortbestandes des Unternehmens (und des Familienfriedens) ankommt und nicht nur auf den Wunsch zur Erhaltung der Erbfolge des über Generationen bestehenden Unternehmens, sollte die Überprüfung der Eignung von natürlichen Erben mit großer Nüchternheit und Sachlichkeit erfolgen (vgl. Angermann, 1990, S. 416f). Die Tatsache der Verwandtschaft mit dem jetzigen Unternehmer darf keine ausreichende Legitimation für die Unternehmensnachfolge sein. Für Familienangehörige und externe Bewerber sollten die gleichen Anforderungen (z.B. fachliche und menschliche Qualitäten) und objektiven Bewertungsmaßstäbe gelten (vgl. Angermann, 1990, S. 415; Hilti, 1991, S. 515). Es empfiehlt sich, solche Beurteilungen nicht allein zu treffen, sondern Geschäftsfreunde, Führungskräfte und/oder externe, dem Unternehmen verbundene Berater bzw. Schulungsleiter einzubeziehen (vgl. Hilti, 1991, S. 515). Aus dem bisher Angeführten wird deutlich, daß die natürliche Erbfolgeregelung u.U. viele Probleme aufweist, die durch die Einsetzung eines geeigneten Fremdmanagers umgangen oder neutralisiert werden können (vgl. Angermann, 1990, S. 416). 5.2.1.2. Ablaufplan für die Einarbeitung und die Übergabe an den Unternehmernachfolger Ein allgemeingültiger Ablauf- bzw. Zeitplan für das Einarbeiten des Nachfolgers läßt sich nicht aufstellen, da dies von zahlreichen Einflußfaktoren abhängig ist (z.B. Gesundheit des Seniors, Vertrautheit und Qualifikation des Nachfolgers mit den zu übernehmenden Aufgaben, Kenntnis des Beziehungsgefüges). Auf jeden Fall sollte der Plan mit einigen Stichworten schriftlich festgehalten und verbindlich für beide Parteien sein (vgl. Menzl, 1988, S. 38). Die nachfolgenden Abschnitte zeigen mögliche Stufen eines solchen Ablaufplans auf: a) Verhalten des Seniors bei der Einführung Der Senior soll eine weitgehendst objektive Einführung des Nachfolgers anstreben, die von persönlichen Wertschätzungen, Empfindungen und Wunschvorstellungen unbeeinflußt ist. Dabei ist es ratsam, die junge Generation mit dem Arbeitsbereich, den einzelnen Aufgaben, den Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, dem (Nicht-)Erreichten, dem Beziehungsgefüge sowie mit den Hintergründen bestimmter Entscheidungen und Entwicklungen sukzessive vertraut zu machen (vgl. Menzl, 1988, S. 39). Nach einer gewissen Einführungszeit soll man den Nachfolger eigenständig agieren lassen, damit er sich entfalten (vgl. Menzl, 1988, S. 47), Erfahrungen sammeln und Sicherheit gewinnen kann. - 331 - b) Übergang vom aktiven Führen des Betriebes zum Begleiten des Nachfolgers Zu dem vorher im Ablaufplan festgelegten Zeitpunkt erfolgt die vereinbarungsgemäße Übergabe der Unternehmensführung einschließlich aller Kompetenzen, Verantwortungen etc. Je früher dies geschieht, desto mehr wird ein fallweises Beraten (bei offensichtlichen Problemen) durch den Abtretenden erwünscht. In dieser Situation zeigt sich auch, ob der zurückgetretene Senior wirklich in der Lage ist, nur auf ausdrücklichen Wunsch des Nachfolgers helfend einzugreifen, oder ob er versucht, die Unternehmensleitung wieder an sich zu reißen (vgl. Menzl, 1988, S. 39f). Dem Junior-Unternehmer muß frühzeitig die Chance gegeben werden, dem Unternehmen durch eigene Entscheidungen, Strukturen und Konzepte sein persönliches Profil zu geben. Insbesondere Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und besonders aus betriebsspezifischen oder privaten Gründen "Privilegierte" (z.B. Fuhrparkleiter bzw. Einkäufer von Großunternehmen, private Freunde des Seniors) versuchen, den abtretenden bzw. abgetretenen Senior noch zu Entscheidungen zu veranlassen, vor allem dann, wenn sie mit den Regelungen des Nachfolgers nicht einverstanden sind. Hier muß der Seniorchef Konsequenz und Selbstdisziplin beweisen (vgl. Menzl, 1988, S. 40f). Wenn der Alt-Unternehmer nicht bereit ist, sich rechtzeitig aus der Geschäftsleitung zurückzuziehen und die Verantwortung konsequent und kontinuierlich auf den Nachfolger zu übertragen, darf es ihn nicht verwundern, wenn das Interesse des engagierten und ehrgeizigen Jung-Unternehmers an dem Betrieb schwindet. Die Abwanderung zu anderen, möglicherweise Konkurrenzunternehmen ist die logische Konsequenz aus diesem Verhalten des Seniors. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sollte der SeniorUnternehmer seinen Rückzug aus der Geschäftsleitung dem Nachfolger, den leitenden Beschäftigten, Geschäftspartnern etc. frühzeitig mitteilen und dann auch einhalten. Auf diese Weise wird der Nachfolger konsequent an das Aufgabengebiet herangeführt und der Senior-Unternehmer moralisch dazu verpflichtet, die Phasen des Übergangs einzuhalten (vgl. Neumann, 1991, S. 556). Die Übergabe der Entscheidungsfunktion und Verantwortung markiert sichtbar den Abschluß der Einarbeitungsphase (vgl. Menzl, 1988, S. 40). 5.2.1.3. Vorgehensweise bei der Ablösung des Senior-Unternehmers durch den Nachfolger Durch das Absolvieren umfangreicher theoretischer Schulungsprogramme (z.B. Seminare für die verschiedenen Betriebsbereiche, Persönlichkeitsentwicklung, Führungstechnik, Rhetorik), die von den Automobilherstellern/-importeuren und externen Bildungsinstitutionen vielfältig angeboten werden, wachsen verständlicherweise bei den Nachfolgern auch die eigenen Vorstellungen über Verbesserungsmöglichkeiten. Dieser "Tatendrang" beim Nachfolger erfordert vom Senior eine gewiß nicht einfach zu praktizierende Aufgeschlossenheit und Einfühlungsvermögen bzgl. des erweiterten Handlungsspielraumes. Er sollte nur dann in konstruktiver Weise korrigieren, wenn es sachlich unumgänglich ist. Dazu gehört auch, daß dem Junior ein gewisser Fehlerspielraum eingeräumt wird, - 332 - damit der Nachfolger eigene Erfahrungen sammeln kann (vgl. Malter, 1984, S. 20). Das Unternehmen sollte bei der Übergabe wirtschaftlich so konsolidiert sein, daß kleinere Fehler keine gravierenden (Existenz-)Folgen haben können. Der Senior wird schnell erkennen, daß der Junior die eine oder andere organisatorische, führungs- und kundenspezifische Veränderung durchführen wird. Da es in der Praxis stets mehrere Alternativen gibt, einen Betrieb erfolgreich zu führen, sollte der Senior eine großzügige Einstellung gegenüber dem Nachfolger walten lassen. Dies ist kein Zeichen von Willensschwäche, sondern eher Voraussetzung für die erfolgreiche Übergabe der vollen Verantwortung. Ist der Nachfolger fähig, so wird dieser seinen individuellen Weg und Stil der Unternehmensführung finden und nicht denjenigen des Vorgängers zu kopieren versuchen. Falls der Nachfolger der Aufgabenstellung nicht gewachsen ist, muß spätestens zu diesem Zeitpunkt die Auswechselung erfolgen. Liegen seine Fähigkeiten zwischen diesen beiden Extrempolen, so sollte man ihn gewähren lassen, auch wenn der Betrieb dabei nicht außerordentlich erfolgreich ist. Dafür erlangen die Führungsnachwuchskräfte längerfristig mehr Sicherheit und Vertrauen (vgl. Menzl, 1988, S. 40f). Der Senior muß sich in dieser Phase zunehmend entbehrlich machen und nur noch auf (ausdrücklichen) Wunsch des Nachfolgers mit Rat und ggf. Tat zur Seite stehen. Wie oft der Nachfolger darum bittet, hängt sowohl von dessen Fähigkeiten, vom Charakter und Verhalten des Seniors sowie vor allem von der Harmonie zwischen beiden ab (vgl. Menzl, 1988, S. 41). 5.2.1.4. Richtiger Zeitpunkt für die Eigentumsübertragung a) Eigentumsübertragung Zur Nachfolgeregelung gehört neben der Übertragung der Verantwortung und der freien Handlungsfähigkeit ebenfalls die Regelung des Eigentumsübergangs (vgl. Albach, 1990, S. 16; Menzl, 1988, S. 42). Daß das Eigentum eines Tages in den Besitz einer anderen Person, Personengruppe oder Institution übergeht, ist sicher, nur der Zeitpunkt steht nicht fest. Viele abtretende Unternehmer sind zu Lebzeiten nicht bereit, ihrem Nachfolger das Eigentum vollständig oder auch nur mehrheitlich zu übertragen und somit einen neuen Eigentümer-Unternehmer zu schaffen (vgl. Menzl, 1988, S. 42ff); dies geschieht oft aus Sorge um ihre finanzielle Altersversorgung. Diesen Bedenken kann durch entsprechende Vertragsgestaltung begegnet werden. b) Zeitpunkt für die Unternehmensübergabe bzw. -nachfolge Es ist nicht möglich, eine generelle Altersschwelle für den Unternehmensnachfolger anzugeben, da die individuelle Betriebs- und Nachfolgesituation zu different ist. Es gibt Beispiele, in denen Nachfolger unter dem Druck der Verhältnisse (z.B. plötzliche, schwere Krankheit oder Tod des Seniors) bereits vor dem 30. Lebensjahr die volle Geschäftsführungsverantwortung erfolgreich übernommen haben. Generell - 333 - sollte spätestens bis Mitte/Ende Dreißig die gesamte Verantwortung übernommen worden sein (vgl. Malter, 1984, S. 21). Selten sind die Seniorchefs von sich aus bereit, die volle Verantwortung rechtzeitig auf den Nachfolger zu übertragen. Es finden sich immer wieder Belege dafür, daß Seniorchefs im hohen Alter noch allein ihr Unternehmen führen und auch nicht bzw. kaum bereit sind, Verantwortung an den teilweise bereits vierzig- bis fünfzigjährigen Nachfolger abzutreten. Nach ihrer Ansicht können sie im fortgeschrittenen Alter den Verlust an physischer und nervlicher Belastbarkeit durch Erfahrung, kluges Einteilen der Kräfte etc. kompensieren (vgl. Malter, 1984, S. 21). Spätestens vor Erreichen des sechzigsten Lebensjahres sollte der Senior-Unternehmer die Nachfolge geregelt haben, da die Bereitschaft, grundlegende Entscheidungen zu fällen, danach stark nachläßt. Die Nachfolgeregelung kann entweder die Übergabe an einen fähigen Junior oder der Verkauf sein, wobei der Verkauf an betriebseigene Führungskräfte - nach dem mittlerweile häufig praktizierten "Management Buy-out"-Modell - die kontinuierliche Weiterentwicklung des Unternehmens am ehesten gewährleistet (vgl. Groeben, 1991, S. 545). 5.2.1.5. Verminderung möglicher Generationskonflikte durch frühzeitige Planung sinngebender Freizeitaktivitäten seitens des Seniorchefs Neben dem eigentlichen Altersunterschied zwischen Senior und potentiellem Nachfolger und dem daraus oft entstehenden Generationskonflikt (z.B. differente Wertvorstellungen, konträre Ansichten und Maßstäbe) kommt es auch noch zu Konflikten aufgrund der völlig unterschiedlichen Qualifikationen. Während die Alt-Unternehmer mittelständischer Betriebe überwiegend eine praktische, handwerkliche oder kaufmännische Vorbildung haben (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 15), hat die jüngere Generation ihre Kenntnissse über moderne Management- und Führungsmethoden (z.B. strategische Planung, Controlling, Personalmanagement) häufig an (Fach-)Hochschulen erworben. Somit stoßen unternehmerischer Pragmatismus und wissenschaftliches Denken aufeinander, wodurch Meinungsverschiedenheiten unvermeidbar sind (vgl. Schwaiger, 1992, S. 43). Ferner sind in der Praxis die Senioren oftmals nicht bereit, dem Nachfolger gewisse Freiräume einzuräumen, um in die Unternehmerrolle hineinzuwachsen. Sie befürchten, daß dieser "ihr Lebenswerk" zerstört und ggf. ihre Altersversorgung gefährdet (vgl. Groeben, 1991, S. 546; Neumaier, 1991, S. 20). Doch nur durch selbständiges, eigenverantwortliches Handeln, mit der Möglichkeit, Fehler zu machen und so Erfahrungen zu sammeln, kann sich der Nachfolger entwickeln. Wenn der Seniorchef den künftigen Unternehmensführer ständig korrigiert, wird dessen Autorität untergraben und er verliert den Spaß an der Arbeit (vgl. Neumaier, 1991, S. 20f). Aus den oben angeführten Gründen sollte sich der Seniorchef noch während seines aktiven Berufslebens mit der Planung sinngebender, ausfüllender (Freizeit-)Aktivitäten (z.B. Ehrenämter, Reisen, - 334 - Photographie, Sport, Musik, Kunst) für die Zeit seines (wohlverdienten) Ruhestandes befassen. Andernfalls besteht die große Gefahr, daß der aus dem Berufsleben ausgeschiedene Senior sich langweilt, seine physischen und seelischen Kräfte nicht entsprechend ausgelastet sind und er versucht, die Handlungen seines Nachfolgers aktiv zu beeinflussen oder sogar die Unternehmensführung wieder an sich zu reißen (vgl. Menzl, 1988, S. 14f). Seniorchefs, die sich auf diesen Lebensabschnitt innerlich frühzeitig vorbereiten, werden nach außen hin größere Gelassenheit und Überlegenheit ausstrahlen und so aktiv mitwirken, ihr Lebenswerk zum Nutzen aller Beteiligten zu bewahren (vgl. Malter, 1984, S. 21). 5.2.2. Resümee Gerade in Familienunternehmen, bei denen die gesamte Verantwortungsmacht und Entscheidungsbefugnis auf den Inhaber konzentriert ist, bedeutet der Generationswechsel einen entscheidenden Einschnitt hinsichtlich der Weichenstellung zwischen Aufgabe oder Fortführung des Unternehmens. Eine erfolgreiche Nachfolgeregelung liegt im Interesse aller Beteiligten, um sowohl die wirtschaftliche Existenz der Inhaberfamilie(n) als auch die Arbeitsplätze und somit das Einkommen der Belegschaft zu sichern (vgl. Malter, 1984, S. 18). Deshalb muß eine Betriebsübergabe langfristig geplant und durchgeführt werden sowie als vorrangiges Ziel das erfolgreiche Weiterbestehen des Unternehmens haben. Dafür sind primär objektive Kriterien (z.B. Qualifikation, Fähigkeiten, Neigung) bei der Nachfolgeentscheidung heranzuziehen und nicht vorrangig private, familiäre Nachfolgerpräferenzen zu berücksichtigen (vgl. Neumaier, 1991, S. 62f; Ophoff, 1995, S. B2). Durch Fehlbesetzungen, Interessenkonflikte, Erbstreitigkeiten etc. können irreparable Schäden entstehen, die schlimmstenfalls zur Insolvenz des Unternehmens führen können. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, frühzeitig klare Besitz- und Nachfolgeregelungen zu treffen (vgl. Neumaier, 1991, S. 13f). Um einen reibungslosen Unternehmensübergang unter Vermeidung der oftmals massiven Generationskonflikte zu erreichen, empfiehlt es sich, für die Übergangsphase eine für beide Seiten tragbare und einvernehmliche Zusammenarbeit zu verwirklichen (vgl. Malter, 1984, S. 21). Der bisherige Unternehmensführer muß sich nach und nach immer mehr aus der eigentlichen Verantwortung zurückziehen und dem Nachfolger nur noch bei Bedarf als erfahrener Fachmann behilflich sein. Nur so hat der Nachfolger die Chance, eigene Ideen und neue Vorstellungen zu verwirklichen, Erfahrungen und Entscheidungssicherheit zu erlangen, Fehler selbst zu machen und bei Zweifeln auf den Erfahrungsschatz des Seniors zurückzugreifen. Ein Betrieb ist nicht geeignet für die Austragung von Generationskonflikten und darf nicht zum Betätigungsfeld zwischen Tradition, Erfahrung sowie Innovation, Kreativität etc. werden. Gegenseitiges Verständnis, Achtung und Toleranz sind die besten Voraussetzungen für einen konfliktarmen Übergang - 335 - von einer Generation zur nächsten (vgl. Neumann, 1991, S. 560). Dabei kann die Unterstützung externer Fachleute äußerst hilfreich sein. Der Senior sollte sich frühzeitig um eine betriebsunabhängige Altersversorgung, beispielsweise durch Vorsorgesparen, Immobilien oder andere Kapitalanlagen kümmern. Je unabhängiger die finanzielle Absicherung vom Unternehmen ist, desto leichter fällt ihm die Betriebsübergabe (vgl. Neumaier, 1991, S. 63). Eigentümer-Unternehmer sollten ihre(n) Tochter/Sohn oder andere Verwandte nicht zum Nachfolger bestimmen, wenn sie/er dazu nicht qualifiziert ist bzw. kein Interesse an den anspruchsvollen und herausfordernden Aufgaben hat. Damit schadet der Senior sowohl dem Unternehmen als auch der Familie und deren Besitz sowie der Belegschaft (vgl. Hilti, 1991, S. 516). Abschließend ist festzuhalten, daß in der Kfz-Händlerschaft ein großer Informations- und Handlungsbedarf über die Vorgehensweise für einen reibungslosen Generationsübergang besteht. Die grundsätzliche Bedeutung der Thematik wird zwar erkannt und akzeptiert, oft fehlt jedoch die Kenntnis aller Aspekte und Zusammenhänge eines zukunftssicheren, strategischen Nachfolgekonzeptes. Meistens wird die systematische Vorbereitung (viel) zu spät begonnen. - Dabei ist die erfolgreiche Unternehmensübergabe eine der anspruchsvollsten unternehmerischen Aufgaben. 5.3. Vorschlag eines mittelstandsorientierten, branchenspezifischen Studiengangs für Nachwuchskräfte unter Berücksichtigung der Problembereiche der heutigen Berufs- und (Fach-)Hochschulausbildung 5.3.1. Allgemeine Defizite der heutigen Berufs- und (Fach-)Hochschulausbildung für zukünftige mittelständische Unternehmensführer Ein genereller Nachteil der heutigen Berufs- und auch (Fach-)Hochschulausbildung besteht darin, daß die künftigen Führungskräfte ausschließlich ein Fachgebiet als Techniker, Handwerker, Kaufmann etc. erlernen oder Ingenieur-, Sozial-, Wirtschafts-, Rechtswissenschaften usw. studieren. Dadurch haben sie vermeintlich in dem jeweiligen Fachgebiet profunde Kenntnisse. Wie man jedoch mit anderen Menschen (z.B. Mitarbeitern, Geschäftspartnern, Kunden) umgeht und diese erfolgreich und zielbezogen beeinflußt, wie man fachübergreifend denkt, koordiniert, zukunftsorientierte strategische Entwürfe konzipiert, komplexe Problemstellungen strukturiert etc. ist ihnen, wenn überhaupt, nur theoretisch vermittelt worden. Diese Führungs- und Persönlichkeitsdefizite der Nachwuchskräfte müssen daher durch Fortbildungsmaßnahmen behoben werden (vgl. Rosenstiel, 1991(b), S. 53). Durch den Einsatz entsprechender praxisorientierter Lehrmethoden (z.B. Diskussionsrunden, Fallstudien, Unternehmensplanspiele, praxisbezogene Diplomarbeiten) können die Fachhochschulen und - 336 - Universitäten während des Studiums auf den Praxiseintritt vorbereiten und somit den Berufseinstieg für die Absolventen vereinfachen. Dies erscheint derzeit aufgrund der anhaltenden Überfüllung der Hochschulen genauso wenig durchführbar wie die Persönlichkeitsformung der künftigen Führungskräfte durch entsprechende Lehrveranstaltungen. Dafür sind individuelle Kontakte zwischen Studenten und Hochschullehrern sowie persönliche Beeinflussung von Studierenden notwendig (vgl. Alewell, 1989, S. 102). Dies erfordert bei den Professoren die Bereitschaft, die Studenten über den zu vermittelnden Lehrstoff hinaus zu betreuen, zu unterstützen (coachen) und vermehrt pädagogische Fähigkeiten. Ein weiteres wirksames Instrument, um eine engere Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft sowie einen größeren Praxisbezug der Lehre zu erreichen, ist die Einladung erfahrener Praktiker zu speziellen Lehraufgaben an die Universität (vgl. Alewell, 1989, S. 104). Die meisten deutschen Universitäten und Fachhochschulen sind im Gegensatz zu den amerikanischen Studieneinrichtungen nicht in der Lage, eine umfassende Management-Ausbildung anzubieten. Einerseits fehlt es an dem notwendigen engen Kontakt zur Praxis und andererseits werden die zur speziellen Ausbildung benötigten Lehrmethoden, die einer aktiven Mitarbeit der Führungskräfte förderlich sind (z.B. Rollen-, Planspiele), bisher noch zu selten eingesetzt. Größtenteils herrscht vorrangig der dozierende Lehrstil vor (vgl. Korndörfer, 1990, S. 406). Daß das deutsche Bildungssystem der Reform bedarf, zeigt auch der Umstand, daß ausländische Bildungseliten zum Studium vor allem nach Amerika und immer weniger nach Deutschland gehen. Obwohl die Führungsfähigkeit ein immer entscheidenderes Anforderungskriterium zukünftiger Führungskräfte wird, gibt es bisher an deutschen (Fach-)Hochschulen kaum Lehrveranstaltungen zur berufsvorbereitenden Führungsausbildung (vgl. Ackermann, 1987(b), S. 605). Die deutschen Hochschulen sehen "nicht ihre primäre Aufgabe darin, unternehmerische Führungskräfte auszubilden" (Korndörfer, 1990, S. 406). Somit können erst durch den Besuch entsprechender Trainingsveranstaltungen zum Thema Führungsverhalten, Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikation, Gruppenverhalten etc. diese Bildungsdefizite im Umgang mit Mitarbeitern langsam abgebaut werden (vgl. Lüke, 1991, S. 45). Spezielle Führungskräftetrainings werden in Deutschland zum einen von den Großunternehmen selbst in Form von Trainee-Programmen, Assistenten- oder Sachbearbeitertätigkeiten sowie zum anderen von Weiterbildungseinrichtungen der Verbände, Innungen etc. und von kommerziellen Bildungseinrichtungen (z.B. private Unternehmens-, Personalberater) durchgeführt (vgl. Ackermann, 1987(b), S. 603; Weber, 1987, S. 316). Ein gewisser Trend zum größeren Praxisbezug ist inzwischen ebenfalls an den meisten deutschen (Fach)Hochschulen festzustellen. Grundsätzlich wird an deutschen Fachhochschulen und auch wieder vermehrt an Universitäten von den Studenten das Absolvieren von Praxissemestern im Rahmen des Ausbildungskonzeptes verlangt; dieses geschieht in Anlehnung an das erfolgreiche "duale System" (Beruf - 337 - und Schule) der Facharbeiterausbildung und der Sonderausbildungsgänge für Abiturienten in der Wirtschaft. An einigen europäischen Hochschulen (z.B. Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Koblenz, Private Universität Witten/Herdecke) gehören bereits Praxissemester im In- und Ausland zum eigentlichen Lehrprogramm. Im Gegensatz zu den meisten deutschen (Fach-)Hochschulen bieten einige US-amerikanische Business bzw. Graduate Schools (z.B. Stanford University, Michigan University) und auch renommierte europäische Hochschulen (St. Gallen, INSEAD-Fontainebleau, Private Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz usw.) neben dem eigentlichen Lehrprogramm spezifische Bildungsangebote für derzeitige und zukünftige Manager an (vgl. Malik, 1987, S. 87; Weber, 1987, S. 316). Diese Ausbildungskonzepte sind ganzheitlich, konzeptionell und entscheidungsorientiert ausgerichtet (vgl. Korndörfer, 1990, S. 406; Malik, 1987, S. 87), fördern das für Führungskräfte so wichtige Führungsverhalten (vgl. Ackermann, 1987(b), S. 603), sind durch internationale Kooperationen zwischen Campus und Wirtschaft stärker praxisorientiert und forcieren die aktive Mitarbeit der Studenten durch den Einsatz entsprechender Lehrmethoden wie Fallstudien, Planspiele etc. (vgl. Korndörfer, 1990, S. 40). An den meisten dieser Hochschulen sind 2-3 Auslandssemester fester Bestandteil der Studienordnung. Ferner bieten sie fortlaufende Trainings- und Entwicklungsveranstaltungen auch für erfahrene Führungskräfte (sog. Senior Executive Programs) an (vgl. Mische, 1989, S. 44). 5.3.2. Fehlende systematisch abgestimmte, duale Schulungsangebote an (Fach-)Hochschulen und anderen Bildungsinstituten für die Nachfolger Im Gegensatz zu ihrer gesellschaftspolitischen und gesamtwirtschaftlichen Bedeutung werden mittelständische Betriebe sowohl in der Forschung als auch in der Lehre vernachlässigt (vgl. Brinkmann et al., 1983, S. 74; Lachnit, 1989, S. 1; Sertl, 1985, S. 127). Nahezu die gesamte wissenschaftliche Literatur wie auch die (Fach-)Hochschulvorlesungen zur allgemeinen Betriebswirtschaftslehre und speziell zur systematischen Unternehmensführung sind auf die Probleme großer (Industrie-)Unternehmen ausgerichtet und nicht vorbehaltlos auf Klein- und Mittelbetriebe transformierbar (vgl. Gutersohn, 1986, S. 35; Hamer/Nicolai, 1982, S. 10; Holzer, 1989, S. 5; Kemmetmüller, 1986, S. 52; Knebel, 1987, S. 374; Lachnit, 1989, S. 1ff; Sertl, 1985, S. 127). Auch die personalwirtschaftliche Literatur bezieht sich vorwiegend auf die Bedingungen in Großunternehmen. Daß in kleineren und vor allem in mittleren Betrieben trotz vergleichsweise größerer Transparenz auch Personal- und Führungsprobleme auftreten können, wird kaum erörtert. Dabei ist gerade in dieser Unternehmensgröße die zielgerichtete Mitarbeiterführung ein wichtiger strategischer Erfolgsfaktor (vgl. Thies/Weber, 1993, S. 314). - 338 - Die spezifische Unternehmensführung in mittelständischen Betrieben wird hauptsächlich in populärwissenschaftlichen Beiträgen behandelt. Bisher fehlt jedoch noch eine umfassende, detaillierte und praxisorientierte Darstellung (vgl. Kemmetmüller, 1986, S. 52). Die Notwendigkeit einer effektiven Unternehmensführung in mittelständischen Unternehmen ergibt sich u.a. aus der Betrachtung der Insolvenzursachen. Neben dem oft angeführten Eigenkapitalmangel werden insbesondere unternehmerische Führungsschwächen (z.B. Defizite in der Anwendung betriebswirtschaftlicher Methoden und Instrumente, mangelnde Führungsinformationen, ungenügende unternehmerische Planung, keine optimale Nutzung der EDV-Möglichkeiten, falsche Personalplanung) als Grund angeführt (vgl. Lachnit, 1989, S. 1f; Zander, 1994, S. 15f). Dieses ist in erster Linie damit zu erklären, daß sich mittelständische Unternehmer bzw. Geschäftsführer oft von delegierbaren Routinearbeiten und vom operativen Tagesgeschäft zu stark einspannen lassen und dann keine Zeit mehr für die dispositiven, eigentlichen Managementaufgaben wie Planung, Organisation, Mitarbeiterführung und Kontrolle haben (vgl. Schmidt, 1983, S. 178f). Anstelle der bisher vorrangig auf Großunternehmen ausgerichteten Vermittlung wissenschaftlicher Beurteilungsfähigkeit und Wissenstiefe in den einzelnen Funktionsbereichen (z.B. Unternehmensführung, Marketing, Personalmanagement) müssen aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung und der Vielzahl mittelständischer Unternehmen einige deutsche (Fach-)Hochschulen dazu übergehen, vermehrt kombinatorische Fähigkeiten zu schulen, um die Wissensbreite und praktische Entscheidungsfähigkeit der Studenten zu fördern (vgl. Hamer/Nicolai, 1982, S. 10). Einige wenige (Fach-)Hochschulen (z.B. Universität Lüneburg, Fachhochschule Gelsenkirchen, Private Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz) sowie in erster Linie staatliche und kommerzielle Bildungsinstitute (z.B. Industrie- und Handels-, Handwerkskammern, private Managementinstitute) bieten bereits spezifische Vorlesungen, Seminare, Workshops und/oder komplette Qualifizierungsprogramme über Management- und Führungsaufgaben speziell für Unternehmer(nachfolger), Führungs-(nachwuchs-)kräfte etc. in mittelständischen Betrieben an (vgl. Holzer, 1989, S. 1ff). Dabei ist es wünschenswert, daß (Fach-)Hochschullehrer und mittelständische Unternehmer bzw. Geschäftsführer im laufenden Erfahrungsaustausch stehen. Nur so können eine für beide Seiten erfolgversprechende Verbindung zwischen Wissenschaft und Betriebspraxis erreicht und die Studenten auf ihre speziellen zukünftigen Aufgaben in Klein- und Mittelbetrieben gezielter vorbereitet werden (vgl. Knebel, 1987, S. 375). Gewisse Verbesserungsansätze zur praxisorientierten, branchenbezogenen Qualifizierung sind in den letzten Jahren in verschiedenen Wirtschaftsbereichen (z.B. Automobilwirtschaft, Sportökonomie, Touristikbranche, Versicherungswesen) u.a. durch die Einrichtung diesbezüglicher Studiengänge gemacht worden. Dadurch versucht man, die branchenbezogene Ausbildung sowie die Zusammenarbeit zwischen Theorie und Praxis speziell in diesen Bereichen zu intensivieren. - 339 - 5.3.3. Vorschlag für einen dualen Studiengang zur Vorbereitung der Nachwuchskräfte auf die Führungsaufgaben in kleinen und mittleren Kfz-Betrieben Um die Unternehmernachfolger wie auch sonstigen Führungsnachwuchskräfte (z.B. Betriebs-, Abteilungsleiter) in mittelständischen Unternehmen, speziell in Autohäusern, zielgerichtet auf die zukünftigen, immer komplexeren Arbeitsanforderungen vorzubereiten, erscheint es sinnvoll, branchenspezifische, duale Ausbildungsgänge für diese Zielgruppe einzuführen. Diese können je nach Detaillierungsgrad, wissenschaftlicher Ausprägung etc. an einer (Fach-) Hochschule, an einer Bundesfachschule oder an einem anderen Bildungsinstitut eingerichtet werden. Die nachfolgenden Ausführungen gelten für ein 8-9 Semester umfassendes betriebswirtschaftliches Fachhochschul- bzw. Universitätsstudium einschließlich verschiedener Praktika. Gerade die Fachhochschulausbildung kann dabei einen stärkeren Praxisbezug aufweisen. In der ersten Phase dieser Ausbildung (sog. Grundstudium) soll den Teilnehmern innerhalb von ca. zwei Semestern (schwerpunktmäßig) ein breites Grundlagenwissen über die allgemeinen (Fach-, Sach)Aufgaben, Leistungen, Tätigkeiten etc. in mittelständischen Unternehmen vermittelt werden. Danach können sie für ca. sechs Monate in die Betriebspraxis gehen, um Eindrücke und Erfahrungen in den verschiedenen Unternehmensbereichen zu sammeln. Dabei können sie, entsprechend ihren persönlichen Neigungen, Begabungen, Zielsetzungen, Kenntnissen, Fertigkeiten etc. in der Praxis feststellen, für welche spezialisierten Tätigkeitsbereiche sie sich primär interessieren und eignen. Diese Fachbereiche sollen sie dann im Hauptstudium als Wahlschwerpunktfächer belegen (in Anlehnung an Brinkmann et al., 1983, S. 84). Daran würde sich die zweite, berufsvorbereitende Ausbildungsphase (etwa ab dem 4. Semester) anschließen, die der Anfang des periodischen Wechsels von wissenschaftlicher Ausbildung und praktischer Berufsausübung ist (vgl. Brinkmann et al., 1983, S. 84). In diesem Bildungsabschnitt ist es empfehlenswert, den potentiellen Nachfolgern u.a. effektive Führungs- und Arbeitstechniken von Unternehmensführern (z.B. situatives Führungsverhalten, Kommunikationsfähigkeit, Zeit- und Selbstmanagement, Rhetorik, Persönlichkeitstraining) zu vermitteln, die in andere Fachveranstaltungen nicht integrierbar sind. Gerade in Klein- und Mittelbetrieben sind aufgrund des meist engen persönlichen Kontaktes zwischen der Unternehmensführung, den Führungskräften und sonstigen Mitarbeitern richtiges Führungsverhalten und kommunikative Fähigkeiten entscheidende Faktoren für das Betriebsklima und letztlich für den gesamten Unternehmenserfolg (vgl. Zander, 1994, S. 16). Untersuchungen haben ergeben, daß beispielsweise Führungskräfte bis zu 80 Prozent ihrer Arbeitszeit mit verbaler Kommunikation im weitesten Sinne (z.B. persönliche Gespräche, Besprechungen, Telefonate) verbringen (vgl. Rosenstiel, 1991(a), S. 4; Rosenstiel, 1991(b), S. 56). Deshalb benötigen zukünftige Unternehmensführer eine - 340 - intensive Schulung ihrer sozialen Kompetenzen, wie Führen von Mitarbeiter- und Kundengesprächen, sprachliche Ausdrucksfähigkeit, Auftreten und persönliche Ausstrahlung. Diese Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen dürfen nicht mehr vorrangig mittels der bisher verbreiteten Einweg-Kommunikation, d.h. Vortrag, Referat etc. vermittelt werden, sondern sind durch praxisnahes Einüben in Form moderner, aktivierender Simulationsverfahren (z.B. Rollenspiel, Fallstudie, Gruppenarbeit) zu schulen (vgl. Brinkmann et al., 1983, S. 85). Danach ist es ratsam, diese Qualifikationen in den Betrieben durch - Kurzvorträge im Rahmen von (Abteilungsleiter-)Besprechungen, - Assistentenstellen bei Fachkräften, Abteilungsleitern und/oder Geschäftsführern sowie - Stellvertretungen des Projekt-, Qualitätszirkel- und/oder Abteilungsleiters praxisnah anwenden zu lassen, denn die praktische Umsetzung des Gelernten gelingt am besten durch intensives Üben (Trainieren) in der Berufspraxis. Im vorrangig branchenspezifisch ausgerichteten Hauptstudium (etwa ab dem 5. bzw. 6. Semester) soll der Absolvent innerhalb von ca. 2-3 Semestern in die allgemeinen Managementkenntnisse für Unternehmensführer wie strategische Unternehmensführung, strategisches Personalmanagement, organisatorische Gestaltung usw. speziell in mittelständischen Kfz-Betrieben eingewiesen werden. Da mit zunehmender Komplexität der Unternehmensaufgabe die strategisch ausgerichtete Planung immer erfolgsrelevanter wird, müssen analytisches Denken und Handeln, konzeptionelle Fähigkeiten und Abstraktionsfähigkeit den größten Raum aller formalen Fähigkeiten im Lehrplan erhalten (vgl. Brinkmann et al., 1983, S. 86). Im letzten Semester ist es empfehlenswert, daß die Studenten eine praxisorientierte Examensarbeit anfertigen, in der sie, im Einverständnis mit den Unternehmen, auf evtl. festgestellte Defizite in einem der von ihnen besuchten Praktikumsbetriebe näher eingehen (z.B. Probleme bei der strategischen Planung, der Ablauforganisation des Betriebes oder einzelner Abteilungen, der Leistungsmotivation der Mitarbeiter, dem Führungsverhalten des Seniorchefs) und Verbesserungs- bzw. Lösungsvorschläge erarbeiten. Somit erhalten diese Unternehmen für den zusätzlichen Arbeits- und Ausbildungsaufwand als “Entschädigung“ u.U. eine gewisse Gegenleistung. Durch diese engere Zusammenarbeit zwischen (Fach-)Hochschule und Wirtschaft entstehen anstelle standardisierter Lehrpläne spezielle, auf die spezifischen und wechselnden Bedürfnisse der Branche ausgerichtete Lehrangebote sowie entsprechend zielgerichtete, systematische Schulungsmaßnahmen am Arbeitsplatz. Die Vorlesungen, Übungen, Kolloquien etc. an der (Fach-)Hochschule sind durch regelmäßige Vorträge von Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik zu ergänzen. Ferner ist es ratsam, Seminare mit erfahrenen Praktikern abzuhalten, um den Studenten die Möglichkeit einzuräumen, über Probleme - 341 - bei der Umsetzung des Wissensstoffes in die Berufspraxis zu diskutieren und somit ein Feedback zu erhalten. Zur Erweiterung des Betrachtungshorizontes empfehlen sich des weiteren Auslandssemester und/ oder -praktika, um andere Ausbildungsschwerpunkte, Wettbewerbskonstellationen, Führungsverhalten/-methoden, (Lebens-)Kulturen, Kundenmentalitäten etc. kennenzulernen. Dieser kurz erläuterte duale Studiengang soll als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Berufspraxis fungieren sowie als Sprungbrett dienen, daß aus dem Praktikanten von heute der Arbeitgeber von morgen wird. Ein solches zweigeteiltes Studium darf generell nicht länger dauern als das gegenwärtige, durch Praktika kaum unterbrochene Studium. Überlegenswert ist auch ein kooperativer, etwa 5½-jähriger dualer Studiengang, bei dem die Absolventen nicht nur das Fachhochschuldiplom, sondern zusätzlich den Abschluß in einem anerkannten Ausbildungsberuf (z.B. Automobilkaufmann) erwerben können. Diese neuartige Studienmöglichkeit mit fortlaufendem Wechsel der Lernorte Fachhochschule und Betrieb während der gesamten Studienzeit präferieren u.a. die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Industrieund Handelstag (DIHT) als zukunftsorientierte, duale Qualifizierung für Führungsnachwuchskräfte. Nach Abschluß des Studiums ist anzuraten, daß der Nachfolger zur Vertiefung seiner praktischen Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen sowie zur Erlangung weiterer Berufs- und Handlungserfahrung eine mindestens 1½- bis 2-jährige berufspraktische Tätigkeit in mehreren Autohäusern absolviert. Dabei soll es sich sowohl um Partnerhändler der gleichen Marke(n) als auch anderer Fabrikate, wie im familieneigenen bzw. Stammbetrieb, handeln. Nach und nach kann dann die eigenverantwortliche Übernahme von Sach- und Führungsaufgaben erfolgen. Begleitend zu der praktischen Tätigkeit ist es vorteilhaft, wenn der Nachfolger ergänzende Fortbildungsveranstaltungen eines kfz-handelsorientierten An-Instituts der (Fach-)Hochschulen, des vertragsgebundenen Herstellers/Importeurs und/oder sonstiger Bildungsinstitute besucht. Innerhalb dieser Zeit ist auch ein 3- bis 4-monatiges Auslandspraktikum in einem Kfz-Betrieb zu empfehlen. Detaillierte Ausführungen über die mögliche Gestaltung und die Lerninhalte eines solchen dualen Qualifizierungsprogramms - nach erfolgreich absolvierter Berufsausbildung und/ oder nach Abschluß eines Studiums - sind im vierten Kapitel dargelegt. Im Anschluß daran ist es empfehlenswert, den Nachfolger, falls der Senior in absehbarer Zeit gewillt ist, die Unternehmensführung abzugeben, voll verantwortlich als Abteilungsleiter oder - falls vorhanden - als (zunächst stellvertretender) Betriebsleiter einer Filiale einzusetzen. Spätestens nach zwei Jahren ist daraufhin die komplette Geschäftsführung einschließlich aller dispositiven Aufgaben, Verantwortungen etc. an den Nachfolger zu übergeben. Damit wird dann der Eintritt in die Geschäftsführung endgültig vollzogen. - 342 - Durch diesen systematischen, branchenspezifischen und dualen Ausbildungsweg gelangen, ähnlich wie in den USA, theoretisch und vor allem praktisch gut vorbereitete Führungs-(nachwuchs-) kräfte wesentlich jünger in verantwortungsvolle Positionen. Bisher herrscht in Deutschland eine allgemein recht theoretische und lange Ausbildungskonzeption vor. Beispielsweise hat in den USA eine 27- bis 30jährige Führungsnachwuchskraft neben einem kaufmännischen oder technischen Degree eine zusätzliche MBA- oder ähnliche Managementausbildung und ebenfalls fünf Jahre praktische Berufserfahrung (vgl. Mische, 1989, S. 44). Dem Verfasser dieser Arbeit ist bewußt, daß dieser Vorschlag für eine Studienreform hinsichtlich eines systematischen, branchenbezogenen und dualen (Fach-)Hochschulstudiums mit integrierter, darauf abgestimmter Praktikantentätigkeit in mehreren Autohäusern sowohl finanziell als auch organisatorisch schwierig zu realisieren ist. Doch erscheint es höchst fraglich, ob den mittelständischen Unternehmen und speziell den Kfz-Betrieben zukünftig damit geholfen ist, daß die Unternehmernachfolger und Führungsnachwuchskräfte (z.B. Abteilungs-, Betriebsleiter) im zunehmenden Maße eine umfassende, (wirtschafts-)theoretische Schul- und (Fach-)Hochschulausbildung absolvieren, deren Vorlesungs- und Lerninhalte sowie -schwerpunkte jedoch nur bedingt auf die Spezifika dieser Unternehmensgröße und Branche übertragbar sind. Die große Zahl der gescheiterten Nachfolgeregelungen unterstreicht diese Auffassung. Erste Schritte zu einem branchenbezogenen Studium sind bereits durch die Einrichtung des Wahlpflichtfaches “Automobilwirtschaft“ im Hauptstudium sowohl an der FH Nürtingen als auch an der Universität Bamberg vollzogen worden. Allerdings fehlt noch die systematische, integrative Umsetzung des theoretisch vermittelten fach- und führungsbezogenen Lehrstoffes in die berufliche Tätigkeit in einem Kfz-Betrieb, um praktische Erfahrung, Handlungs- und Verhaltenssicherheit zu gewinnen. Ob diese Koordinationsaufgaben zwischen Wissenschaft und Berufspraxis von den jeweiligen Lehrstühlen organisiert werden können, erscheint zweifelhaft. Vielleicht könnte diese wichtige Aufgabe von angeschlossenen Instituten oder vom ZDK als fabrikats- und händlerübergreifende Institution übernommen werden. Es ist zu überlegen, ob nicht im Rahmen der immer wieder von den zuständigen Bildungsgremien angesprochenen Studienreform das Fachhochschulstudium generell noch stärker berufs-, wenn nicht sogar branchenorientiert und somit praxisnäher ausgerichtet werden sollte. Eine stärkere branchenbezogene, duale Ausbildung könnte auch durch den weiteren Ausbau der Sonderausbildungsgänge der Wirtschaft für Abiturienten forciert werden (siehe auch Kapitel 2.3.). Dafür würde sich beispielsweise die Einrichtung einer dreijährigen Ausbildung zum Betriebswirt (BA) anbieten, die speziell auf die Belange des Kfz-Gewerbes auszurichten wäre. Diese verkürzte Studienform mit direkter Verzahnung zwischen theoretischen Lerninhalten, die in der Akademie vermittelt würden, und praktischer Anwendung in den Ausbildungsbetrieben, würde insbesondere für Führungsnachwuchskräfte kleinerer Autohäuser (weniger als 25 Mitarbeiter) eine interessante - 343 - Alternative darstellen. Die in dieser Arbeit ermittelten Untersuchungsergebnisse unterstreichen diese Forderung (siehe auch Kapitel 4.2.4.1., Tab. 7: Bevorzugte Berufsausbildung). Fraglich ist nur, ob der Staat die Entscheidungsfähigkeit und die finanziellen Mittel aufbringen kann, um diese Studienreformen durchzuführen und damit die derzeit überfüllten Hochschulen zu entlasten. - XX - Anlage 1: Übersicht zu den Ausbildungsverordnungen für Kfz-Mechaniker/-innen und Kfz-Elektriker/-innen Kfz-Mechaniker/-innen Lehrzeitdauer 3,5 Jahre Ausbildungsstätten: a) Ausbildungsbetrieb (Azubis werden von Gesellen, Meistern usw. angeleitet; teilweise betriebsinterne Schulungen) b) Berufsschulunterricht (nach bundeseinheitlichen Rahmenlehrplänen; wöchentlich ca. 11-13 Std.) dto. Praktische Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte: Instandsetzen, Inspizieren und Warten sowie Ausrüsten von Kraftfahrzeugen einschließlich Anhängerfahrzeugen · Bereichsübergreifender Bereich (Deutsch, Politik, Religion, Sport) · Berufsbezogener Bereich ab 2. Ausbildungsjahr: · Wirtschafts-u. Betriebslehre · Fertigungs- und Prüftechnik · Steuerungs-u. Regelungstechnik · Technische Kommunikation · Kraftfahrzeugsystemtechnik · Wahlbereich (PC-/EDV-, Fremdsprachenkurse etc.) nach Bedarf und Möglichkeiten der Schule c) Überbetriebliche Ausbildung (Lehrgänge) Dauer: jeweils 1-2 Wochen · Grundlehrgang "Einführung in die Metallbearbeitung" · Neuzeitliche Verfahren der Meßu. Prüftechnik an Motoren; Diagnosearbeiten · Neuzeitliche Prüf-, Meß- u. Bearbeitungsverfahren der Motorinstandsetzung: Prüfu. Einstellarbeiten an DieselAggregaten · Neuzeitliche Verfahren der Bremsenprüfung und -teilbearbeitung · Dünnblechschweißen · Grundlagen der Elektrotechnik Zwischenprüfung (vor Ablauf des 2. Ausbildungsjahres) Praktische (2 Prüfungsstücke, 3 Arbeitsproben - von jeweils maximal 3-4 Stunden) und schriftliche Prüfung Abschlußprüfung (=Handwerksgesellenprüfung) a) Praktische Prüfung b) Schriftliche Prüfung 3 Prüfungsstücke (max. 3 Std.) 4 Arbeitsproben (max. 5 Std.) Fachbereiche: · Technologie · Arbeitsplanung · Mathematik · Wirtschafts- u. Sozialkunde (2 Std.) (2 Std.) (1 Std.) Praktische Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte: wie links, jedoch vorwiegend an elektronischen Systemen sowie das Installieren elektrischer Leitungen dto. · Berufsbezogener Bereich ab 2. Ausbildungsjahr: wie links, zusätzlich Elektrotechnik dto. · Grundlehrgang "Einführung in die Metallbearbeitung" · Neuzeitliche Verfahren der Prüf-u. Meßtechnik für elektrische und elektronische Baugruppen, Aggregate u. Hilfsmittel · Neuzeitliche Verfahren der Prüf-u. Einstelltechnik für Zündanlagen u. Gemischaufbereitung dto. 2 Prüfungsstücke (max. 3 Std.) 5 Arbeitsproben (max. 5 Std.) dto. (1 Std.) c) Mündliche Prüfung Nur wenn davon das Bestehen der Prüfung abhängt Verkürzungsmöglichkeiten der Ausbildungszeit (nach Absprache mit dem zuständigen Berufsausbildungsausschuß) · Azubis mit (Fach-)Hochschulreife u. entsprechenden Leistungen um maximal 1-1,5 Jahre · Azubis mit Mittlerer Reife und entsprechenden Leistungen um maximal 0,5 - 1 Jahr Quellen: Kfz-Elektriker/-innen dto. dto. in Anlehnung an Der Bundesminister für Wirtschaft, 1989 (a), S. 3ff; Der Bundesminister für Wirtschaft, 1989 (b), S. 3ff; Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1992, S. 8ff; ZDK, 1989, S. 38f; Gemeinschaftsinitiative der Deutschen Automobilhersteller, Importeure und Zulieferer von Kraftfahrzeugen sowie des ZDK, 1994, S. 31 ff · Azubis mit (Fach-)Hochschulreife und entsprechenden Leistungen um max. 1-1,5 Jahre · Azubis mit Mittlerer Reife und entsprechenden Leistungen um max. 0,5-1 Jahr Verkürzungsmöglichkeiten der Ausbildungszeit (nach Absprache mit dem zuständigen Berufsausbildungsausschuß) dto. · Auftragsbearbeitung und Büroorganisation (max. 45 Min.) · Informationsverarbeitung (max. 105 Min.) etc. · Bürowirtschaft (1 Std.) · Rechnungswesen (1,5 Std.) · Wirtschafts- u. Sozialkunde (1,5 Std.) dto. dto. · Informationsverarbeitung (max. 105 Min.) · Sekretariats- u. Fachaufgaben (max. 45 Min.) · Bürowirtschaft (1 Std.) · Betriebslehre (1,5 Std.) · Wirtschafts- u. Sozialkunde (1,5 Std.) dto. - dto. · Berufsbezogener Bereich (Allgemeine u. spezielle Wirtschaftslehre, Rechnungswesen, Informationsverarbeitung) dto. Praktische Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte: · Betriebliche Organisation und Leistungen · Bürowirtschaft u. Textgestaltung, Statistik u. EDV · Assistenz-, Sekretariats-u. Personalverwaltungsaufgaben etc. dto. Kfm./Kfr. f. Bürokommunikation (ehem. Bürogehilfe/in) dto. · Auftragsbearbeitung · Branchenübliche Produktkenntnisse · Handelsbetriebslehre (3 Std.) · Rechnungswesen, Organisation, Datenverarbeitung (1 Std.) · Wirtschafts- u. Sozialkunde (1 Std.) · Auftragsbearbeitung · Branchenübliche Produktkenntnisse dto. - dto. (Betriebswirtschafts-, Volkswirtschafts-, Organisationslehre, kaufmännisches Rechnen, Buchführung) · Berufsbezogener Bereich dto. Praktische Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte: · Beschaffung · Lagerhaltung · Personal-u. Rechnungswesen etc. dto. Kfm./Kfr. f. Groß- und Außenhandel in Anlehnung an Der Bundesminister für Wirtschaft, 1978, S. 3ff; Der Bundesminister für Wirtschaft, 1987, S. 3ff: Der Bundesminister für Wirtschaft, 1991 (a), S. 3 ff; Der Bundesminister für Wirtschaft, 1991 (b), S. 3ff; Wirtschaftsgesellschaft des Kfz-Gewerbes mbH, 1992, S. 15 · Auftragsbearbeitung · Berücksichtigung branchen-/warengruppenspezifischer Besonderheiten und betriebspraktischer Problemstellungen b) Praktische/Mündliche Prüfung (zum Teil in Form von Prüfungsgesprächen) Quellen: · Betriebswirtschaftslehre I und II (1,5 Std.) · Ware und Verkauf I (1 Std.) · Ware und Verkauf II (1 Std.) · Wirtschafts-u. Sozialkunde (1 Std.) Ausschließlich schriftliche Prüfung in den berufsbezogenen Unterrichtsfächern von insgesamt maximal 3 Std. · Fachgebiete der Büropraxis · Rechnungswesen im Handwerk dto. dto. · Berufsbezogener Bereich (Warenverkaufskunde, allgemeine Wirtschaftslehre, Rechnungswesen, Datenverarbeitung) · Wahlbereich (PC-/EDV, Fremdsprachenkurse etc.) nach Bedarf und Möglichkeit der Schule - dto. Praktische Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte: · Betriebliche Organisation und Leistungen · Informationsverarbeitung · Büroorganisation, Personalwesen und EDV · Auftrags-u. Rechnungsbearbeitung etc. dto. Bürokaufmann/-frau · Berufsübergreifender Bereich (Deutsch, Politik, Religion, Sport) a) Schriftliche Prüfung Abschlußprüfung (=Kaufmannsgehilfen-Prüfung) Zwischenprüfung (Mitte des 2. Ausbildungsjahres) c) Überbetriebliche Ausbildung (Lehrgänge) Dauer: jeweils 1-2 Wochen b) Berufsschulunterricht (nach bundeseinheitlichen Rahmenlehrplänen; wöchentlich ca. 11-13 Std.) Praktische Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten über die Ausbildungsinhalte: · Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen · Fahrzeughandel · Teile-u. Zubehörlagerhaltung · Betriebsorganisation, Personalwesen u. EDV etc. 3 Jahre Kfm./Kfr. i. Einzelhandel im Fachbereich Kfz-Teile u. Zubehör Übersicht zu den vier Ausbildungsverordnungen für kaufmännische Lehrlinge im Kfz-Gewerbe Ausbildungsstätten a) Ausbildungsbetrieb (Azubis werden von Abteilungsleitern, Mitarbeitern etc. angeleitet; teilweise betriebsinterne Schulungen) Lehrzeitdauer Anlage 2: - - XXI - - XXV - Anlage 7: Themen der Lehrveranstaltungen an der Northwood University im Herbst- und Wintersemester 1991/92 mit Angabe der Semesterwochenstunden (=Credit Hours - cr.) Das Herbstsemester 1991 (vom 10.09. bis. 20.11.1991) umfaßte folgende Lehrveranstaltungen: "- Business Ethics (4 cr.) - Principles of Business Management (4 cr.) - Merchandising New and Used Cars (4 cr.) (Basics of advertising, sales promotion, sales facilities, inventory planning and control. Recruiting, selection, training and directing the sales staffs. Including utilization of the ERAComputer for vehicle merchandising and vehicle inventory control; utilization of the computer as a sales tool for finance and insurance). - Communication and Organizational (4 cr.) - Behavior Employment Presentation Techniques (1 cr.)" Das Wintersemester 1991/1992 (vom 03.12.1991 bis 27.02.1992) beinhaltete folgende Lehrveranstaltungen: "- Applied Management (4 cr.) - Statistics (4cr.) - International Trade (4 cr.) - Dealership Budgeting and Forecasting (4 cr.) (The use of modern business management and techniques for the preparation of sales forecasting for all departments. Establishing expense budgets to support the functions and activities needed to achieve the forecasted objectives.) - Introduction to Dealership Computer Systems (Provides a basic understanding of integrated dealership computer system.)" Quelle: Friedel-Beitz, 1991(c), S. 164 - XXVI - Anlage 8: Schaubild über typische kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Aus- und Fortbildungswege für Unternehmernachfolger/-innen im Kfz-Gewerbe Master of Business Administration (MBA) Northwood University Dipl.-Betriebswirt (FH) Bachelor of Business Administration (BBA) Fachhochschule Nürtingen/ Außenstelle Geislingen Northwood University Fachbereich Automobilwirtschaft Dipl.-Kaufmann (Univ.) Universität Bamberg Studiengang Automobilwirtschaft TOEFL-Test Staatlich anerkannter Betriebswirt Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw (BFC) Kfz-Betriebswirt Betriebswirtschaftliche Fachschule Calw (BFC) "Automobilkaufmann" Kaufmännische Lehre evtl. mit begleitender kaufmännischer Zusatzausbildung Fachhochschulreife Abschluß Zweijährige Höhere Handelsschule Realschulabschluß Realschulabschluß Abitur geplant Quelle: Aktualisierte Übersicht des ZDK, 1993, S. 5 Chrysler Import Nein, kaufmännische Schulung erst Deutschland GmbH im Aufbau. Citroën Automobil AG Ja, seit Anfang der 90 Jahre. 51123 Köln I. Fabrikatsgebundene Schulungsmaßnahmen Audi AG siehe Volkswagen AG BMW AG Ja, seit 1987 und seit 1989 in Management Training überarbeiteter Form. Vertrieb Mitteleuropa 80788 München C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002 Spezielle Ausbildungs- bzw. Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs Seite 1 a) Schwerpunktthemen des Citroën-Juniorenkreises; Unternehmensführung, Mitarbeiterführung, Service-Marketing, NW-Marketing, Generationenkonflikte im Autohaus vermeiden. b) 3- bis 5-tägige Seminare, verteilt über 2 Jahre. c) Einmal pro Jahr trifft sich Juniorenkreis mit Mitarbeitern aus der Werkszentrale zu 1- bis 2- tägigem Meeting unter einem zentralen Motto. Ferner finden a) BMW unterscheidet zwischen Aus- und Weiterbildung für den Unternehmernachwuchs. Schwerpunktthemen in der Ausbildung: Erfolgspartnerschaften und persönliche Erfolgsfaktoren, Präsentation und Führung, Führen erleben im Outdoortraining und Bilanzgespräche, Erfolgsfaktoren des BMW-Händlerbetriebs und betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente, Personalmarketing und Gebrauchtwagen, BMW-Produkte und Wettbewerber, Marketing und Werbung, Akquisition und Bilanzgespräche, Integrations-Workshop. Schwerpunktthemen in der Weiterbildung: Rhetorik, Führen durch effektive Kommunikation, Unternehmensplanspiel Cockpit (computergestützte, menügesteuerte Strategieübung innerbetrieblicher und marktbezogener Vorgänge des BMW Händlerbetriebes), Ich als Coach, Erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen BMW-Händler und Werbeagentur, Personalarbeit im BMW -Händlerbetrieb. b) Je nach Art des Seminars 3-7 Tage. c) Laufende Aktualisierung des Ausbildungsprogrammes. Jährliche Aktualisierung und Erweiterung des Weiterbildungsprogramms. Jährliche Veranstaltung "Forum junger Unternehmer" (1994 zum 4. Mal unter dem Motto "Mobilität ist Leben" vom 23. bis 25.09.1994) d) zentrale Veranstaltungen. 1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler oder zentraler Veranstaltungsmodus Junioren, die entweder bereits eine leitende Funktion bekleiden, und / oder in den kommenden 3 - 5 Jahren das Autohaus übernehmen werden. Aufnahme in das Programm erfolgt in Abstimmung zwischen Teilnehmern, Eltern/Geschäftsführern, zuständigen Außendienst-Mitarbeitern des Vertriebs Deutschland und Trainingsabteilungen. 2) Auswahlkriterien für den Händlernachwuchs a) Ein interner, ca. 10 externe Trainer. b) Erfahrene Praktiker mit umfassender, theoretischer Fundierung. c) Trainingszentrum des BMW-Vertriebs Deutschland, Abteilung Managementtraining. 3) Trainer für den Händlernachwuchs a) Anzahl, b) Qualifikation, c) zuständige Abteilung für den Händlernachwuchs Anlage 10: Spezielle Unternehmernachfolger-Programme der einzelnen Kfz-Hersteller/-Importeure und fabrikatsübergreifend der Autohaus Akademie - XXVIII - Spezielle Ausbildungs- bzw. Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs Das Renault-Junioren-NachwuchsFörderungsprogramm wurde 1985 gestartet. Diese Maßnahme besteht aus zwei Teilen: Dem Basisteil mit 4 Seminaren in 2 Jahren (jedes Seminar dauert eine Woche). Dem Aufbauteil: Nachdem ein "Junior" alle vier Seminare des Basisteils absolviert hat, wird er in das Renault-Junioren-Team (RJT) übernommen. Damit hat er Anrecht auf weitere Seminare und nimmt außerdem an regionalen RJT-Treffen und am jährlichen (großen) RJT-Treffen (mit Werksbesichtigung etc.) teil. Nein. Nein, aber geplant. Fiat Automobil AG Ja, seit einigen Jahren, für Töchter und (einschl. Alfa Romeo u.Söhne von Fiat-, Alfa- und Lancia Lancia) Händlern. 74076 Heilbronn Daihatsu Deutschland GmbH Deutsche Lada Automobil GmbH Deutsche Renault AG 50321 Brühl Citroën Automobil AG (Fortsetzung) C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002 Seite 2 a) Aktive Mitarbeiterführung durch den RenaultJunior-Chef. Ein Generationsseminar für Senior und Junior: Konflikte vermeiden - gemeinsam auch in Zukunft Erfolge erzielen. Rhetorik als Kontaktund Führungsmittel in der täglichen Arbeit. Führen und Verkaufen ist Motivieren und Überzeugen. b) Dauer jeweils 1 Woche. Im Generationsseminar nehmen Senior und Junior je zur Hälfte teil. Seminardauer pro Teilnehmer 2,5 Tage. Insgesamt über 2 Jahre verteilt. c) Sonderveranstaltungen: Jährliches RJT-Treffen, Werksbesichtigungen. 4-mal jährlich erscheint die Zeitschrift "Renault-Junioren-Info". d) Alle Seminare werden unter zentraler Leitung durchgeführt. Die Veranstaltungen selbst finden regional statt. a) Junioren-Seminare als Teil eines umfassenden Weiterbildungsprogrammes der Fiat Automobil AG. Schwerpunktthemen: Unternehmensführung, Neu- und Gebrauchtwagenverkauf, Transporterverkauf, Produktinformationsveranstaltungen, Finanzierung, Leasing und Versicherung, Buchhaltung, Finanzen und Verwaltung, EDV-Schulungen. b) Je nach Art des Seminars beträgt die Dauer zwischen 2 und 6 Tagen; insgesamt 26 Tage. c) Nach Abschluß der Ausbildung besteht die Möglichkeit, das Wissen in Spezialseminaren zu vertiefen. Über künftige Entwicklung des Programms wird nachgedacht. d) Die Veranstaltungen werden im allgemeinen regional durchgeführt. 1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler oder zentraler Veranstaltungsmodus in unregelmäßigen Abständen Seminare mit begrenzter Teilnehmerzahl über aktuelle Themen statt. d) regionale Veranstaltungen. Es gelten verschiedene Kriterien, maßgebend ist besonders die Mitarbeit im Betrieb. Mindestalter 24 Jahre. Abgeschlossene Berufsausbildung. Mehrjährige Erfahrung im Betrieb (Mitarbeit). Soll in max. 5 - 10 Jahren das Unternehmen übernehmen. 2) Auswahlkriterien für den Händlernachwuchs Die Trainingsprogramme werden von einem exklusiv für Fiat arbeitenden Institut durchgeführt. a) Die Seminare selbst werden von einem externen Trainer durchgeführt. b) Dieser war jahrelang in verantwortlichen Positionen in der Automobilbranche tätig, wird von den "Junioren" für alle vermittelten Themen voll akzeptiert und betreut die "Junioren" sporadisch auch zwischen den Seminaren. c) Das Renault-Junioren-Nachwuchs-Förderungsprogramm wird seit Beginn (1985) von der Abteilung "Verkaufsorganisation und Schulung" betreut. 3) Trainer für den Händlernachwuchs a) Anzahl, b) Qualifikation, c) zuständige Abteilung für den Händlernachwuchs - XXIX - Spezielle Ausbildungs- bzw. Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs Kia Jaguar Deutschland GmbH Honda Deutschland GmbH Hyundai Bisher noch nicht, aber Schulungsprogramm befindet sich im Aufbau. Nein, Hyundai befindet sich erst im Aufbau eines Händlernetzes. Nein. Da Jaguar meistens Zweitbzw. Drittmarke ist, gibt es nur vereinzelte Schulungsmaßnahmen für Händlernachfolger. Ansonsten ist Jaguar im Jaguar-spezifischen Händler-/ Unternehmertraining sehr aktiv. Nein. Händlernetz befindet sich erst im Aufbau. Ford-Werke AG Ja, seit 1980 gibt es den JuniorenFord Marketing Institut kreis der Ford-Haupthändler. 50725 Köln C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002 Seite 3 a) Schwerpunktthema: Probleme der Unternehmensnachfolge. b) 1- bis 2- Tagesseminare. 1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler oder zentraler Veranstaltungsmodus a) "Ford-Haupthändler-Juniorenkreis". Außerdem gibt es einen Kreis von Junioren der Ford-Vertragswerkstätten. Schwerpunktthemen des Ford -HaupthändlerJuniorenkreises: Persönlichkeits- und Führungstraining, Qualitätsmanagement, Unternehmensführung unter betriebswirtschaftlichen Aspekten, der Verkauf (Markt und Strategien) und Produkt- und Verkaufstraining für alle Bereiche. Insgesamt geht es um Vermittlung von Fachwissen sowie persönliche und soziale Kompetenz. Darüber hinaus gibt es eine kontinuierliche und unterstützende Beratung des Juniors mit Einbeziehung des Seniors durch das Ford Marketing Institut und den Ford Außendienst. b) 1-, 2-Tages- bis Wochenseminare. c) 1995 soll die "Ford Jung-Unternehmer-Akademie" ins Ford-Juniorenprogramm integriert werden. Die Ziele: z.B. systematische Qualifizierung zur Unternehmerpersönlichkeit, konfliktfreie Gestaltung der Unternehmensübernahme u.ä. Nach Abschluß der Akademie werden sich die Teilnehmer in "JungUnternehmerkreisen" organisieren, um regelmäßig Erfahrungsaustausch und Weiterbildung mit Unterstützung des Ford-Außendienstes zu betreiben. d) Zentraler Veranstaltungsmodus. Die Junioren aus dem gesamten Bundesgebiet sollen sich kennenlernen. Mindestalter 18 Jahre. Abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Studium. Aktive Mitarbeit im elterlichen Betrieb. Die Übernahme des elterlichen Betriebs ist geplant. Das Seminarprogramm beginnt für alle Teilnehmer mit einem Auswahlseminar. 2) Auswahlkriterien für den Händlernachwuchs 3) Trainer für den Händlernachwuchs a) Anzahl, b) Qualifikation, c) zuständige Abteilung für den Händlernachwuchs Die Anzahl der Trainer ist vom Seminarangebot abhängig. Der Trainer muß über eine mehrjährige Praxis verfügen, viel Erfahrung mitbringen und vor allem die Probleme der Zielgruppe kennen und Lösungen anbieten können. Das Ford Marketing Institut koordiniert, organisiert und führt die Seminare durch. - XXX - Spezielle Ausbildungs- bzw. Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs Mazda Motors Deutschland GmbH 51371 Leverkusen/ Hitdorf Mercedes-Benz AG 70322 Stuttgart Ja, seit Mitte der 60er Jahre werden die zukünftigen Geschäftsführer der Vertragspartner gezielt auf ihre Aufgabe vorbereitet. Seit dieser Zeit erfolgen deshalb auch für diesen Personenkreis individuelle Beratungen und Personalentwicklungsmaßnahmen. Mazda bietet seit Anfang 1992 Seminare an, z.T. in Zusammenarbeit mit der Autohaus Akademie. C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002 Seite 4 a) Seminare "Berufliche Orientierung und Entwicklung" sowie "Entwicklungsprogramm Unternehmernachwuchs". Neben Beratungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten hinsichtlich der Unternehmensnachfolge wird im Rahmen des Gesamtprozesses "Unternehmernachwuchs" ein mehrstufiges Entwicklungsprogramm für den Unternehmernachwuchs (EPU) angeboten. An diesem Programm nehmen Nachwuchsunternehmer teil, die in ca. 2-4 Jahren die Verantwortung im Unternehmen übernehmen. Das EPU ist ein gruppenorientiertes, organisiertes Lernprogramm, das führungsmethodische Arbeitswochen, z.B. Strategieentwicklung im Autohaus , Führung, Personal- und Gesprächsführung , Servicemanagement mit erfahrungsaustausch-orientierten Arbeitstreffen kombiniert. Teilnehmer bestimmen vorwiegend Lernziele und Lerninhalte. Ergänzt wird EPU um fachmethodische Bausteine (z.B. Controlling für Unternehmer, Marketing im Verkauf), die individuelle Ergänzungsqualifizierungen ermöglichen. b) 2-, 3-Tages- bis Wochenseminare. c) Beratungsangebot wird professionalisiert und intensiviert, weitere Bausteine bzw. Workshops sollen angeboten, die Vorbereitung der Teilnehmer auf das EPU verstärkt werden, v.a. die Lernvereinbarungen zwischen Nachwuchsunternehmer und dem derzeitigen Geschäftsführer seiner Firma. Sonderveranstaltungen aus aktuellem Anlaß, praktischer Einsatz bei verschiedenen Vertragspartnern und auf Wunsch auch bei Fremdfabrikatshändlern. d) regionale und zentrale Veranstaltungen. 1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler oder zentraler Veranstaltungsmodus a) Schwerpunktthemen: Kommunikation, Ziel- und Zeitmanagement, Projektmanagement. b) 3tägige Seminare. Der Händlernachwuchs soll über die entsprechenden Fachkenntnisse (z.B. Kfz-Mechaniker-Ausbildung, kaufmännische Ausbildung) sowie über genügend Methoden- und Führungskompetenz verfügen. Die Übernahme der Geschäftsführung sollte nicht vor dem 30. Lebensjahr erfolgen. 2) Auswahlkriterien für den Händlernachwuchs Zuständig für das Händlernachwuchstraining ist die Abteilung MBVD/VNN. Ausschließlich mit dem Unternehmernachwuchs befaßt sich eine Person. Die Durchführung des Trainings erfolgt in Zusammenarbeit mit den schulenden Fachbereichen, wie z.B. Verkaufsschulung, Kundendienst-Schulung und dem zentralen Bildungswesen für Niederlassungen und Vertragspartner. Die Referenten verfügen über ein hohes Maß an Fach- und Methodenkompetenz. 3) Trainer für den Händlernachwuchs a) Anzahl, b) Qualifikation, c) zuständige Abteilung für den Händlernachwuchs - XXXI - Spezielle Ausbildungs- bzw. Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs Seit 1992 ist ein spezielles Ausbildungsprogramm für den Händlernachwuchs eingerichtet. Ja, seit 1988 "Nissan Jungunternehmer Management Basiswissen". MMC Auto Deutschland GmbH (Mitsubishi) 65463 Trebur Nissan Motor Deutschland GmbH 41456 Neuss C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002 Seite 5 1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler oder zentraler Veranstaltungsmodus a) Junioren-Seminar unterteilt in vier Programmstufen. Erfahrungsaustausch, Wünsche und Erwartungen der Teilnehmer nehmen auf Konzeption der Seminare Einfluß. Schwerpunktthemen: Mitarbeiterführung und Kundenbetreuung, EDV im Händlerbetrieb, Verkauf, Unternehmensfinanzierung und Umgang mit Banken, Werbung, NW- und GW-Verkauf, Steuerrecht, Recht, Teile- und Zubehörmanagement, Betriebswirtschaft für den Jungunternehmer, Kundendienstmanagement. b) Häufigkeit nach Bedarf. Jede der 4 Programmstufen umfaßt ein 5-tägiges Seminar. c) Über weiterführende Maßnahmen wird nachgedacht, z.B. eigene Interessengruppe in Händlervereinigungen und -verbänden, Integration von themenspezifischen Arbeitskreisen, Förderprogramme. a) Jungunternehmer-Colleg. Schwerpunktthemen: Kaufmännische Geschäftsführung (Unternehmensplanspiel), Richtlinien zur Mitarbeiterführung, Recht und Steuern, Verkaufsförderung und Werbung, Grundlagen zur Persönlichkeitsbildung des Nissan-Jungunternehmers, Betriebsprofile (durch Übernahme von Patenschaften werden von Kollegen die eigenen Betriebe begutachtet und gemeinsame Maßnahmenkataloge erarbeitet), moderne Betriebsstrukturen, Unternehmenskultur. b) Je nach Bedarf ein bis zwei Zyklen pro Jahr. Viermal eine Woche. c) Das Problem des Generationenkonflikts soll durch Zusammenführung beider Parteien mit Beraterunterstützung gelöst werden. Gemeinsame weiterführende Veranstaltungen in Absprache mit der jeweiligen Jahrgangsgruppe mit Ausbildungs- und Freizeitcharakter. d) regionale und zentrale Veranstaltungen. Abgeschlossene kaufmännische Ausbildung. Mindestens zweijährige Mitarbeit im elterlichen Unternehmen. 2) Auswahlkriterien für den Händlernachwuchs c) die Nissan Schulungsabteilung. a) und b) Dipl.-Kaufmann als Referent für kaufmännische Geschäftsführung, Teile-Management, Gebrauchtwagen-Strategie, KundendienstManagement. Dipl.-Psychologe als Referent für Mitarbeiterführung, Persönlichkeitsbildung und Rhetorik. Rechtsanwalt als Referent für Rechtsfragen im Autohaus. Dipl.-Kaufmann als Referent für Marktinformationssysteme. Verkaufstrainer für Verkaufsstrategie und Marketingthemen. Werbefachmann für Werbung im Autohaus unter Berücksichtigung der Marken- und Autohausinteressen. Leitende Mitarbeiter des Hauses Nissan für die Themen Fahrzeugdisposition; Versicherungen, Finanzierungen, Leasing sowie Mitarbeiter-Weiterbildung. 3) Trainer für den Händlernachwuchs a) Anzahl, b) Qualifikation, c) zuständige Abteilung für den Händlernachwuchs - XXXII - Spezielle Ausbildungs- bzw. Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs Seit 1984 - Juniorclub Nein. Peugeot Talbot Deutschland GmbH 66104 Saarbrücken Porsche Dr.-Ing. h.c. F. Porsche AG Rover Deutschland GmbH Saab Deutschland GmbH Nein, befindet sich erst im Aufbau, für 1995 geplant. Nachwuchs-Förderprogramm für Töchter und Söhne der Vertragspartner seit Januar 1991. Ja, Management-Grundkurs für Junioren der Opel-Händlerbetriebe. Adam Opel AG 65423 Rüsselsheim C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002 Seite 6 a) Workshop mit den Teilnehmern und deren Eltern am Anfang des Trainingsprogramms. Grundlagen der Händler-Betriebsführung. Qualität und Rentabilität der betrieblichen Abläufe. Zeit-/Selbstmanagement. Betriebswirtschaftliches Management. Verkaufsmethodik. Marketing. Kommunikation und Grundlagen der Führung. Rhetorik und Mitarbeitergespräche. 1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler oder zentraler Veranstaltungsmodus a) Schwerpunktthemen: Managementkonzept (vorhandene kaufmännische Kenntnisse sollen zu einem anwendbaren Managementkonzept zusammengefaßt werden), Definition der Führungsaufgaben im Betrieb, Steuerung der Vertriebsorganisation, Elemente erfolgreicher Marktbearbeitung, Finanzen, Marketing. Das Seminar wird abgerundet durch ein optionales Zusatzangebot einer 2-wöchigen USA-Reise mit Jobvisits im amerikanischen Automobilhandel und einem Intensivseminar in Zusammenarbeit mit einer amerikanischen Universität. Abschlußtreffen und Verleihung des Abschlußzertifikats durch die Opel-Geschäftsleitung runden das Programm ab. b) 55 Seminartage in Intervallen. Die Seminarblöcke sind in sich abgeschlossen. c) Forum mit Diskussionsrunden zwischen OpelManagement und -Händlern. Auch Beteiligung von externen Referenten. Jährliches Treffen der Jahrgangsgruppen mit Ausbildungs- und Freizeitcharakter. d) zentrale Veranstaltungen. a) Schwerpunktthemen: Organisation, Betriebswirtschaft, Verkauf, Führung, Technik. b) 5 x 4- bis 5-tägige Seminare. c) Spezialseminare nach Abschluß der Ausbildung und nach Erörterung mit den Teilnehmern. d) zentral Voraussetzung ist eine abgeschlossene technische oder kaufmännische Ausbildung (Lehre). Nach Alter, schulischer und beruflicher Bildung, Mitarbeit im elterlichen Unternehmen. Bei männlichen Teilnehmern muß die Bundeswehr abgeleistet sein, damit keine Unterbrechung im Ausbildungsprogramm eintritt. Im Normalfall haben die Teilnehmer ihre Ausbildung absolviert, haben Praxis im elterlichen Betrieb oder ein Praktikum. Der Kurs dient der praxisnahen Vorbereitung für die Übernahme von Führungsverantwortung im Betrieb. 2) Auswahlkriterien für den Händlernachwuchs Für das Händlernachwuchs-Training ist die Abteilung Saab-Management und Verkaufstraining zuständig. a) 3 Trainer b) Schulungsleiter c) für Juniorclub - KD-Schule 3) Trainer für den Händlernachwuchs a) Anzahl, b) Qualifikation, c) zuständige Abteilung für den Händlernachwuchs Im Grundsatz referieren und trainieren die Verantwortlichen der Fachabteilungen des Werkes. Zuständig für das Händler-Nachwuchstraining ist die Abteilung Verkaufstraining. - XXXIII - Spezielle Ausbildungs- bzw. Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs siehe Volkswagen AG Ja, spezielles Schulungsprogramm für Unternehmernachfolger im Jahre 1993/94 eingeführt. Suzuki Auto GmbH Ja, seit 1989, größtenteils im Rahmen Deutschland & CoKG allgemeiner Seminare. Skoda Subaru Deutschland GmbH 61169 Friedberg Seat Deutschland GmbH 64543 MörfeldenWalldorf Saab Deutschland GmbH (Fortsetzung) C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002 Seite 7 a) Subaru-Junior-Unternehmer-Kolleg. Schwerpunktthemen: Betriebswirtschaft, Händlergeschäftsführung, Unternehmensführung und Organisation, Steuern und Recht, NW- und GW-Verkauf, KD, ET/Zubehör. b) 3 Seminarblöcke zu jeweils 5 Tagen. c) Nach Abschluß eines Junior-Unternehmer-Kolleg gibt es einen Junior-Unternehmer-Kreis, in dem sich die Teilnehmer in Wochenendveranstaltungen weiter auf ihre künftige "Aufgabe" vorbereiten. 1989 hat Suzuki mit dem sogenannten "Schnupperkurs" für den Händlernachwuchs begonnen. Dieser erste Schritt dient dem Kennenlernen der Suzuki-Organisation. In einem einwöchigen Kurs hat der Händlernachwuchs die Möglichkeit, in allen Abteilungen Informationen zu sammeln und Fragen zu stellen. Wesentlich ist, daß neben den Abteilungsleitern auch die Geschäftsführung als Gesprächspartner zur Verfügung steht. 1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler oder zentraler Veranstaltungsmodus b) 1 - 5 Tage c) Weiterführende Seminare und jährliches Jahrgangstreffen sind geplant. d) zentraler Veranstaltungsmodus. a) Schwerpunktthemen: Verkauf (erfolgreiche Beratungs- und Verkaufsgespräche, Kundenbindung und offensive Marktbearbeitung, Neukundengewinnung), Verkäuferworkshops (Interessenten- und Kundenkartei, Preisgespräch und Einwandbehandlung), UnternehmerWorkshops (Marketing, Zeit- und Terminplanung, Kundenbindung als Managementaufgabe), Finanzmanagement, GW-Training: Verkauf, Kundendienst (Beraten und Verkaufen im KD), Beratung im Betrieb (GWSofort-Check, GW-Absatzberatung, Personalberatung) b) c) derzeit nicht. Zu diesem Schnupperkurs kann sich der Händlernachwuchs unabhängig von der Vorbildung anmelden. 2) Auswahlkriterien für den Händlernachwuchs Dieser Kurs wird schwerpunktmäßig von den Abteilungsleitern der Abteilungen: Finanzund Rechnungswesen, Vertrieb, Technischer Dienst, Marketing Service durchgeführt. 3) Trainer für den Händlernachwuchs a) Anzahl, b) Qualifikation, c) zuständige Abteilung für den Händlernachwuchs - XXXIV - Spezielle Ausbildungs- bzw. Förderprogramme für Vertragshändlernachwuchs Ja, seit 1988. Inhalt der Seminare, "Grundausbildung für den Händlernachwuchs". Ja, seit 1972. Jährlich initiierte Händlernachwuchstreffen. Toyota Deutschland GmbH 50858 Köln Volkswagen AG MMI 38104 Braunschweig C:\Eigene Dateien\piepenstock\disk4\[Anlage 10 - 1.8.2002.XLS]Anlage 10 - 1.8.2002 Seite 8 1) Konzeption des Händlernachwuchstrainings a) Themen, b) Dauer, c) Sonderveranstaltungen und weiterführende Seminare, d) regionaler oder zentraler Veranstaltungsmodus a) Schwerpunktthemen: Aufgaben der Geschäftsführung im Händlerbetrieb (Verkauf, Führung, Controlling), Kundenzufriedenheit als Basis für künftige Unternehmenserfolge, kurzfristige Erfolgsrechnung, aktive Marktbearbeitung im Zusammenwirken von Betriebsorganisation und Führung, GW- Management, rechtliche Grundlagen des Verkaufs- und Werkstattgeschäfts, Werbung, Rolle des KD im Händlerbetrieb, Marketing im Teile- und Zubehörgeschäft, Intensivtraining, Führungskräfte- und Verkaufsrhetorik, Unternehmensplanspiel. b) Ein Kurs wird über ein halbes Jahr in sieben Seminaren zu je 5 Tagen (Wochenseminare) sowie 2 Tagen Praxiseinsatz durchgeführt. c) Besuch bei der Toyota Deutschland GmbH mit einem Gespräch mit der Geschäftsleitung. Während der Seminare umfangreiche Freizeit- und Sportmöglichkeiten. 1- mal jährlich stattfindende weiterführende Seminare zu aktuellen Themen. d) zentraler Veranstaltungsmodus. a) Unternehmernachfolge-Kolleg und GF-NachfolgeKolleg. Schwerpunktthemen des Unternehmernachfolge-Kollegs: Unternehmensführung durch betriebswirtschaftliche Analyse und Planung, EDVSysteme im Händlerbetrieb, Personalführung, Mitarbeitermotivation, Automobilmarketing, Servicegeschäft, Arbeitsrecht, Gruppendynamik. Schwerpunktthemen des GF-Nachfolge-Kollegs: Rechnungswesen (KER, Deckungsbeitragsprinzip, Planung), Automobilmarketing,