Bildungsarbeit von weltwärts-RückkehrerInnen

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Bildungsarbeit von
weltwärts-RückkehrerInnen
Berichte aus einem Projekt
des Weltladen-Dachverbandes
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Einleitung
Menschen, die längere Zeit im Ausland waren, haben etwas zu erzählen. Ein Freiwilligendienst hinterlässt
Spuren und oft hat sich die eigene Sicht auf die Welt verändert. Viele RückkehrerInnen internationaler
Freiwilligendienste sind nach ihrem Auslandsaufenthalt motiviert, sich hier vor Ort entwicklungspolitisch
zu engagieren, viele sind daran interessiert, ihre Erfahrungen weiterzugeben.
Ein wichtiger Teil des Freiwilligendienstes weltwärts ist die RückkehrerInnenarbeit. Laut dem Konzept
„weltwärts – und danach?“ handelt es sich um einen Lerndienst, der auch einen „deutlichen Impuls für
die entwicklungspolitische Inlandsarbeit setzen“ soll. Gerade in der Bildungsarbeit bieten die Erfahrungen
der Freiwilligen eine wertvolle Ressource: Die RückkehrerInnen können von ihren Erlebnissen berichten
und damit eine zusätzliche, persönliche Sicht auf ein Land oder einen bestimmten, meist entwicklungspolitischen Sachverhalt liefern. Erfahrungsberichte von jungen Menschen haben zudem das Potential,
SchülerInnen für die Auseinandersetzung mit einem Thema zu motivieren. Dazu trägt unter anderem ihr
Alter (Stichwort Peer Education), die Authentizität und die hohe Motivation der in der Bildungsarbeit
aktiven RückkehrerInnen bei.
Gleichzeitig gilt es natürlich zu berücksichtigen, dass Bildungsarbeit nicht alleine von den Inhalten der
ReferentInnen lebt. Der Rahmen muss gestaltet werden und Lehrende sollten mit grundlegenden
pädagogischen Fragen sowie Methoden vertraut sein.
Chancen und Hürden der Bildungsarbeit von RückkehrerInnen werden in dieser Publikation beleuchtet.
Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Qualifizierung von Freiwilligen für die Durchführung von Bildungsangeboten.
Im ersten Text wird das Schulungsprogramm „Aktiv für Globale Gerechtigkeit“ des Weltladen-Dachverbandes vorgestellt. Ein Bericht des Fachgesprächs „Bildungsarbeit von weltwärts-RückkehrerInnen“ im März
in Köln zeichnet die Diskussionsstränge und Ergebnisse nach. Zwei RückkehrerInnen beschreiben
anschaulich ihre eigenen Bildungsprojekte mit Schulklassen. Am Ende wird die Zusammenarbeit von
Weltläden und weltwärts-RückkehrerInnen beleuchtet und eine Rückkehrerin befragt, die in einem
Weltladen mitarbeitet.
Viel Spaß bei der Lektüre!
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„Aktiv für Globale Gerechtigkeit“
– ein Schulungsprogramm für junge Freiwillige
„Am Anfang stand die Idee, weltwärts-RückkehrerInnen und junge
Leute aus Weltläden zusammen auf ein Seminar zu schicken.
Gewünscht haben wir uns einen Cocktail aus Erfahrungen aus dem
Freiwilligendienst, Wissen über Fairen Handel und Aktionsideen vor
Ort mit einem gehörigen Schuss Motivation aller Beteiligter. Nicht
immer fiel dieser ,Cocktail´ gleich aus, alleine schon weil die
,Zutaten´ bei jedem Seminar unterschiedlich verteilt waren. Aber
mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden!“ (Dirk Steinmeyer, FairHandels-Berater)
Mit dem Schulungsangebot „Aktiv für Globale Gerechtigkeit“
verfolgte der Weltladen-Dachverband das Ziel, jungen Erwachsenen Grundwerkzeuge für Bildungsangebote zu Globaler Gerechtigkeit an die Hand zu geben und sie zu eigenen
Bildungsaktivitäten zu motivieren. Zwischen Dezember 2008
und März 2010 fanden sechs Wochenendseminare für
weltwärts-RückkehrerInnen und junge MitarbeiterInnen
aus Weltläden statt. Dort wurde vor dem Hintergrund
eigener Erfahrungen das Thema Globale Gerechtigkeit
diskutiert. Exemplarisch wurden einzelne Aspekte des
Themas vertieft und der Faire Handel als ein Instrument
im Streben nach Gerechtigkeit vorgestellt. Anschließend setzten sich die TeilnehmerInnen mit Grundlagen
des Globalen Lernens auseinander, analysierten Methoden und entwickelten Ideen für eigene Bildungsprojekte. Die Mischung der
beiden Zielgruppen sollte befruchtend wirken,
die weltwärts-Freiwilligen dadurch den Fairen Handel und seine
konkreten Aktionsformen besser kennen lernen und die Weltladen-MitarbeiterInnen
von den Erfahrungen der RückkehrerInnen profitieren.
An insgesamt sechs Schulungen in verschiedenen Teilen Deutschlands
nahmen knapp 80 junge Erwachsene teil. Das erste Seminar Ende Juni 2009
war mangels RückkehrerInnen schlecht besucht und eine Schulung Anfang
Oktober musste wegen zu geringer TeilnehmerInnenzahl verschoben werden.
Dahingegen meldeten sich für die beiden Angebote im Januar mehr Personen
an, als Plätze vorhanden waren. Anscheinend war mit einem gewissen
Abstand zum Freiwilligendienst das Interesse noch größer, sich nun vor Ort
zu engagieren, bzw. sich weiterzuqualifizieren und dabei auf andere motivierte RückkehrerInnen zu treffen.
kreativer Einstieg
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Der Austausch mit Gleichgesinnten war für viele eine wichtige Motivation für die Teilnahme an der
Schulung. Darüber hinaus war das Interesse am Thema Globale Gerechtigkeit groß: Die Diskussionen wurden
intensiv geführt und nicht immer konnten alle Fragen ausführlich behandelt werden. Ein begrenzender
Faktor war hierbei, dass auch pädagogischen und methodischen Fragen ausreichend Raum gegeben werden
sollte. So erarbeiteten die TeilnehmerInnen gemeinsam einen Kriterienkatalog, was gute Bildungsarbeit
ausmache. Dieser diente ihnen als Anhaltspunkt für die Ausarbeitung der eigenen Ideen. Die im Seminar
angewandten Methoden waren so gewählt, dass sie von den Freiwilligen bei der eigenen Bildungsarbeit mit
Jugendlichen eingesetzt werden können. Einzelne Konzepte wie ein Lernzirkel zu Globaler Gerechtigkeit
waren eigens für die Schulung entwickelt worden. Für eine Aneignung dieser Methoden war nach der
Durchführung eine ausgiebige Methodenreflexion eingeplant. Am Sonntag entwickelten die TeilnehmerInnen Konzepte für eigene Bildungsveranstaltungen. Kürzere, leicht umsetzbare Projekte sollten dabei
mögliche Angst vor dem eigenen Projekt nehmen und durch Erfolgserlebnisse zu weiterem Engagement
anregen. Daher wurden die TeilnehmerInnen angeregt, überschaubare,
realistische Ziele für ihre Projekte zu formulieren. Bei der Planung boten die
„Bisher habe ich noch
verschiedenen, am Vortag erprobten Stationen eine Hilfestellung: Einzelne
Methoden konnten je nach Interesse direkt oder abgewandelt übernommen
nicht so intensiv über eine
werden. In Kleingruppen gaben sich die TeilnehmerInnen gegenseitig
Methode nachgedacht,
Feedback zu ihren Konzepten für Unterrichtsbesuche, Vorträge und andere
aber es lohnt sich und ich
Bildungsveranstaltungen.
hätte es früher machen
sollen.“ (Anmerkung auf
einem Evaluationsbogen)
Lernzirkel
Globale Gerechtigkeit.
Konzept für Jugendliche ab 15 Jahren
Stationen (Auswahl):
Armut im Süden – Armut im Norden
Mama Mariam und die Auswirkungen der
Globalisierung in Kenia
Welthandelsorganisation
Was haben Hähnchen mit Globaler Gerechtigkeit
zu tun?
„mein Projekt“ / „mein Land“
Was kann ich zur Globalen Gerechtigkeit beitragen?
Die TeilnehmerInnen bekamen ein „Praxispaket“ an die Hand: Einen Seminarreader mit Hintergrundtexten zu politischen und pädagogischen Fragen,
Methodenvorschlägen und Konzepten
für Angebote des Globalen Lernens.
Die jungen MultiplikatorInnen wurden
angeregt, ihre Bildungsangebote in einem ihnen bekannten Rahmen (ehemalige Schule, eigene Jugendgruppe, etc.)
oder in Zusammenarbeit mit einer lokalen Bildungsorganisation durchzuführen. Dafür haben wir ihnen teilweise
Kontakte zu Weltläden und anderen Organisationen vermittelt.
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Praxispaket
Inhalt Seminarreader:
Informationen zum Schulungsprogramm
Der Faire Handel der Weltläden
Globales Lernen und Methoden der Bildungsarbeit
Eure Veranstaltung
Literatur
Begleitmaterialien:
Konzept „Lernzirkel Globale Gerechtigkeit“
Basis-Modul „Weltläden und Fairer Handel“ (mit Audio-CD)
u.a.
Das Feedback der jungen Erwachsenen war sehr positiv. Kritische Rückmeldungen zu einzelnen Methoden
oder Abläufen wurden bei der Vorbereitung der folgenden Seminare berücksichtigt und dadurch das
Konzept weiterentwickelt. Hauptkritikpunkt war die aufgrund des engen Seminarplans knappe Zeit für
inhaltliche Diskussionen. Da das Seminar explizit Raum für die Entwicklung eigener (Bildungs-)Projekte
geben sollte, waren die inhaltlichen Blöcke zeitlich begrenzt. Hierfür wurde später mehr Zeit eingeräumt
und mit der letzten Version der Schulung waren die Durchführenden und die TeilnehmerInnen sehr
zufrieden.
Ziel des Projektes war u.a. die Durchführung von eigenen
„Das Seminar hat total
Bildungsprojekten durch die MultiplikatorInnen nach dem Woviel Spaß gemacht, meine
chenendseminar. Eine Bescheinigung sollte den Aufwand für die
Erwartungen übertroffen.“
Organisation und die Reflexion des eigenen Projektes in einem
(Anmerkung auf einem
Bericht belohnen. Bei der Planung war die Unterstützung durch
Evaluationsbogen)
die hauptamtliche pädagogische Kraft möglich – allerdings aus
logistischen Gründen nur per E-Mail oder Telefon. Darüber
hinaus gab es auf einer Internetplattform weitere Materialien
und die Möglichkeit zum Austausch. Genutzt wurde dieses Angebot nur sehr begrenzt. Eine abschließende
Tagung Ende Februar erfüllte eine ähnliche Funktion und wurde von den teilnehmenden RückkehrerInnen
sehr positiv bewertet: Der Austausch über Projektideen war den jungen Erwachsenen wichtig, aber das
persönliche Gespräch war anscheinend geeigneter als die Internetplattform.
Die Ergebnisse der Freiwilligen sind äußerst vielseitig: Viele RückkehrerInnen führten spannende Projekte
in ihrer ehemaligen Schule durch - die
Lektüre der Berichte hat oft großen
Spaß gemacht (zwei Beispiele in dieser
Publikation, S. 14ff). Andere haben
Vorträge über ihren Freiwilligendienst
gehalten, einige Weltladen-MitarbeiterInnen Erkundungszirkel im eigenen Weltladen organisiert. Eine Teilnehmerin gestaltet inzwischen eine monatliche
Radiosendung zu entwicklungspolitischen Themen, eine andere berichtete
an einem Seniorennachmittag und eine
weitere gründete mit KommilitonInnen
eine Fair-Handels-Gruppe an ihrer Universität.
Ein größerer Teil der jungen Erwachsenen hatte allerdings bis zum Ende der
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Projektlaufzeit noch kein eigenes Projekt durchgeführt. Viele Freiwillige haben uns zurückgemeldet, dass
sie aufgrund des Wohnortwechsels, Studiums oder der Ausbildung bisher keine Möglichkeiten hatten, ihre
Ideen umzusetzen. Zudem war für einige Freiwillige die Hürde, eine interessierte Gruppe für das eigene
Projekt zu finden, hoch. Gerade an einem neuen Wohnort scheint hier der Weg über bekannte
Organisationen (entwicklungspolitische NGOs etc.) geeignet – der aber von den Freiwilligen auch einigen
Aufwand erfordert.
Eine Tagung für die RückkehrerInnen und Weltladen-MitarbeiterInnen Ende Februar diente
der Vernetzung, dem Austausch sowie der Fortbildung der TeilnehmerInnen. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde die Bildungsarbeit als
RückkehrerIn reflektiert, einzelne inhaltliche
Fragen vertieft und Kontakte zwischen RückkehrerInnen und Bildungsorganisationen geknüpft. Aus zeitlichen Gründen konnten allerdings nur 15 TeilnehmerInnen der Schulungen
zur Tagung kommen. Die Anwesenden waren
allerdings sehr zufrieden mit dem Treffen und
dem Austausch. Viele meldeten zurück, dass sie
gerne noch länger als zwei Tage geblieben
wären.
Im Rahmen des Fachgespräch „Bildungsarbeit von weltwärts-RückkehrerInnen“ tauschten sich im März auf
Einladung des Dachverbandes VertreterInnen von Entsendeorganisationen und Freiwillige über Qualifzierungsmaßnahmen und RückkehrerInnenarbeit aus. Die Ergebnisse dieser konstruktiven Diskussion sind ab
Seite 10 dokumentiert.
Ergebnisse & Erfahrungen
Im Rahmen des Projektes haben sich knapp 80 junge, engagierte Erwachsene fortgebildet. Im Seminar
haben sie sich mit Fragen zu Globaler Gerechtigkeit auseinandergesetzt und Methoden des Globalen
Lernens kennen gelernt. Ihre Rückmeldungen zu dem Seminarkonzept und dem Reader sind sehr positiv
ausgefallen. Als fruchtbar erwiesen hat sich in vielen Fällen die Mischung aus weltwärts-RückkehrerInnen
und jungen Weltladen-MitarbeiterInnen: Die TeilnehmerInnen konnten voneinander lernen! Wir sind nach
sechs durchgeführten Seminaren überzeugt, dass uns ein tragfähiges Konzept für ein einführendes
Qualifizierungsseminar zur Verfügung steht. Wobei das „einführende“ betont werden muss: Ein Wochenendseminar ersetzt kein Pädagogikstudium!
Viele TeilnehmerInnen haben
nach der Schulung Bildungserfahrungen gesammelt. Die
„Generell würde ich das Seminar weiterempfehlen, jedoch mit
Schulung hat hier Anstöße
dem Hinweis, dass ein solches Angebot, welches lediglich ein
gegeben und auch die VerWochenende umfasst, nicht ausreicht um kompetente Bildungsmittlung von Kontakten zu
arbeit zu machen. Dennoch regt es in jedem Fall an, sich mit
lokalen Organisationen hat
dem Thema Bildungsarbeit auseinander zu setzen und den
sich als positiv herausgestellt.
Informationsinput zu vertiefen.
Verbessert werden könnte die
Begleitung der TeilnehmerInFür Leute, die daran interessiert sind, auf ,Gleichgesinnte´ zu
nen bei der Planung eigener
treffen und Informationen zu Methoden und Projekten der
Projekte nach der Schulung.
Bildungsarbeit zu bekommen, finde ich das Seminar durchaus
So wurde der Wunsch nach
gelungen und empfehlenswert.“
einem proaktiven Vorgehen
Bea, 2008/09 Freiwillige in Bolivien
des pädagogischen Mitarbeiters ausgesprochen.
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Motivation
Unserer Erfahrung nach sind der Austausch mit anderen Freiwilligen sowie die persönliche, inhaltliche
Fortbildung eine wichtige Motivation für die Teilnahme der RückkehrerInnen an der Schulung. Für einen
Großteil der jungen Erwachsenen ist die Durchführung eigener Projekte erst der zweite, entferntere Schritt
nach der inhaltlichen Auseinandersetzung. Falls dieses Dilemma nicht durch das Angebot mehrerer,
aufbauender Seminare aufgelöst werden kann, scheint die von uns gewählte Lösung einer ausgiebigen,
im Ablauf integrierten Planungsphase sinnvoll.
Wie sich Nachfrage und Angebot finden…
Nach Aussagen vieler weltwärts-RückkehrerInnen gibt es ein großes Interesse
an Qualifizierungsangeboten. Trotzdem
war die Nachfrage nach unseren konkreten Schulungsangeboten sehr unterschiedlich. Hierbei spielte auch die Terminwahl eine Rolle: Ein Seminar am ersten
Oktoberwochenende lag wohl zu nah am
Semesterbeginn.
Zudem war es nicht immer einfach, unsere Informationen an die RückkehrerInnen zu bringen. Viele Entsendeorganisationen kooperierten mit uns, andere
erläuterten, dass sie bereits eine Vielzahl
an Angeboten erhalten hätten und die
RückkehrerInnen nicht mit Infomaterialien überfluten wollten. Neben dem Versand von Flyern besuchten
wir verschiedene Nachbereitungsseminare und Konferenzen, um die Schulung den Freiwilligen direkt
vorzustellen. Allerdings war der Aufwand hierfür teilweise enorm (z.B. acht Stunden Fahrtzeit für die
Präsenz bei einem einstündigen „Marktplatz“). Hier gilt es zukünftig weniger zeitintensive Lösungen zu
wählen, aber auch neue Kommunikationsmöglichkeiten zu schaffen.
„Beim Nachbereitungsseminar haben wir
dann mal gefragt, ob es nicht noch weitere
Angebote für uns gäbe. Der Seminarleiter
meinte, dass da wohl im Schrank noch ein
paar Flyer wären. Der Schrank war ziemlich
verstaubt – aber es gab Flyer.“
Bea, 2008/09 Freiwillige in Bolivien
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Ein persönliches Fazit
Nach sechs spannenden Seminaren mit engagierten Freiwilligen bin ich als pädagogisch Verantwortlicher
dankbar für dieses Projekt: Es hat Spaß gemacht! Die Diskussionen waren anregend, die Motivation der
TeilnehmerInnen hat oft die Funken sprühen und überspringen lassen. Und ich hoffe, die Schulung konnte
bei der einen und dem anderen ein Puzzleteil zu dem 1.500 Teile-Puzzle namens „Engagement“
beigetragen.
Eine offene, nicht leicht zu lösende Frage erscheint mir die Vernetzung der RückkehrerInnen mit lokalen
Strukturen. Natürlich sind die Freiwilligen hierzu nicht verpflichtet – aber gerade in der Bildungsarbeit
ist eine solche Zusammenarbeit hilfreich und für die meisten „Neulinge“ auch sinnvoll. Die Vernetzung mit
Weltläden stellt hier nur einen Ansatz dar.
Zu diskutieren gilt auch – wie in wahrscheinlich jedem Bildungsprojekt – die
Qualitätsfrage: Wie kann die Qualität der
Bildungsarbeit der RückkehrerInnen gewährleistet werden? Welche Inhalte können im Rahmen eines Wochenendseminars vermittelt werden? Grundsätzlich
kann ein dreitätiges Seminar nur einen
Einstieg bilden, es kann nur einzelne
Methoden vorstellen und Anregungen
für weiteres Engagement und Fortbildungen bieten. In der Praxis ist der
Austausch mit den LehrerInnen bzw.
GruppenleiterInnen oder die Zusammenarbeit mit lokalen Bildungsorganisationen notwendig. In einem möglichen
Folgeprojekt würden wir den TeilnehmerInnen zusätzlich ein zweites Seminar
zur Reflexion eigener Konzepte und erster Bildungserfahrungen anbieten. Gemeinsam würde hier die Praxis
reflektiert, die Methodenkompetenz weiterentwickelt und voneinander gelernt.
Manuel Blendin
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Fachgespräch „Bildungsarbeit von weltwärts-RückkehrerInnen“
Erfahrungsaustausch zu Qualifizierungsangeboten für RückkehrerInnen
Die weltwärts-Richtlinie zur Umsetzung des Freiwilligendienstes und das Konzept „weltwärts – und
danach?“ betonen die Rolle der weltwärts-RückkehrerInnen als MultiplikatorInnen für entwicklungspolitische Themen in Deutschland. Entsendeorganisationen, entwicklungspolitischen Bildungsträger und
Servicestellen sind in der Begleitung und Einbindung der jungen Erwachsenen besonders gefragt:
Schließlich bieten sie die Möglichkeiten für ein Engagement in Deutschland und machen Qualifizierungsangebote.
Der Weltladen-Dachverband lud am 10. März
2010 zu einem Fachgespräch zur Bildungsarbeit von RückkehrerInnen nach Köln ein.
Der Erfahrungsaustausch zwischen Aktiven
aus Entsendeorganisation und Akteuren von
Maßnahmen für RückkehrerInnen sowie die
Diskussion offener Fragen standen im Mittelpunkt. Zwei engagierte Rückkehrerinnen
ergänzten den Austausch mit ihrer Perspektive.
Die bisherige Pilotphase des Programms ist
zu kurz, um das tatsächliche Ausmaß entwicklungspolitischen Engagements der
RückkehrerInnen in Deutschland zu erfassen. Sicher ist: Das Potential und die Motivation auf Seiten der Freiwilligen bestehen!
Langfristig ist die Umwandlung in konkretes Engagement sicherlich auch davon abhängig, welche Anreize und Angebote Entsendeorganisationen, Bildungsträger und andere Akteure
bieten. Die Diskussionsergebnisse des Fachgesprächs können dahingehend Anregungen liefern:
Anreize für Engagement setzen und Interesse wecken!
Niedrigschwellige Angebote erleichtern das Engagement der RückkehrerInnen: Ein Vortrag für Förderer aus
dem Unterstützerkreis ist einfacher durchzuführen als eine ganze Projektwoche an einer Schule.
Aktionsorientierte und zeitlich begrenzte Ideen stoßen auf größeres Interesse. Ein Beispiel hierfür sind
Schuhputzeraktionen, die von Peace Brigades International (pbi) mit Schulklassen durchgeführt wurden.
Das Engagement steht in ständiger Konkurrenz zur Bewältigung des Alltags, der oft von Studium und neuem
Wohnort geprägt wird. Fraglich ist, ob ein Zertifikat oder eine Bescheinigung für die Durchführung eigener
Projekte tatsächlich für RückkehrerInnen motivationsfördernd wirkt.
Die Anreize für das Engagement von Freiwilligen können verschieden sein: Honorare oder Aufwandsentschädigungen, Zusatzqualifikation und Wissen, Kontakte und Zugang zu Netzwerken, Spaß. Die Vorteile
und der persönliche Nutzen von (ehrenamtlichem) Engagement sollten bei der
Nachbereitung der Freiwilligen konkret
„RückkehrerInnen sind hochmotiviert.
benannt werden. Auch bei der VorbereiDiese Motivation darf beim Wiedereinleben
tung könnten engagierte RückkehrerInnen einbezogen werden und dadurch
und Weiterleben nicht verloren gehen!“
eine Vorbildfunktion ausüben.
(Kommentar einer Teilnehmerin)
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Begleitung der Freiwilligen ist auch nach der Rückkehr weiter notwendig!
Der Wunsch der Freiwilligen sich entwicklungspolitisch zu engagieren, verändert sich im Lauf der Zeit und
ist abhängig von den Lebensumständen nach der Rückkehr. Gibt es überhaupt den richtigen Zeitpunkt,
um RückkehrerInnen für ein Engagement zu gewinnen?
Nach gemeinsamen Treffen von RückkehrerInnen bei Seminaren
oder Schulungen ist die Motivation für Engagement besonders
„Offene Angebote müssen den
hoch. Weitere Angebote und neue Impulse sind hier richtig
RückkehrerInnen die Möglichkeit
gesetzt! Der regelmäßige Kontakt zu den RückkehrerInnen
bieten ihre Erfahrungen, Motivation
erhöht zudem die Chance auf kontinuierliche Mitwirkung und
und eigenen Fragestellungen zu
Bindung. Deshalb sollte die Unterstützung bei der Planung
eigener Projekte der RückkehrerInnen oder andere Angebote
kanalisieren.“
der Mitwirkung (z.B. Praktikum oder Hilfe bei Veranstaltungen)
(Kommentar einer Teilnehmerin)
im Interesse der Entsendeorganisation liegen. Offen bleibt die
Frage nach den verfügbaren finanziellen und personellen Kapazitäten für eine solche Ansprechperson.
Mehr Vernetzung und Transparenz!
Erfahrungsgemäß kommen nicht alle trägerübergreifenden Qualifizierungsangebote bei den RückkehrerInnen an. Mögliche Gründe hierfür sind z.B. der Wunsch der Träger, Freiwillige an die eigene Organisation
zu binden oder die große Zahl der Angebote. Eine
bessere Vernetzung der Entsendeorganisationen und
„Die Brücke zwischen den
Bildungsträger und der Austausch über Angebote für
RückkehrerInnen und den
RückkehrerInnen wäre hier wünschenswert. Darüber
hinaus fehlt es an einer Internetplattform, die AngeboAngeboten für RückkehrerInnen
te für RückkehrerInnen bündelt. Eine Möglichkeit wäre
fehlt. Bedarf wäre da!“
die Einrichtung eines öffentlichen Bereichs „Angebote
(Kommentar einer Rückkehrerin)
für RückkehrerInnen“ auf www.weltwärts.de. Dort könnten Projektberichte und Qualifizierungsangebote für
alle Interessierten zur Verfügung stehen. Alternativ wäre über eine organisationsübergreifende Internetplattform für RückkehrerInnen bzw. die Nutzung einer schon vorhandenen Plattform nachzudenken.
weltwärts zu gehen, raus in die Welt, ist ein Abenteuer, das junge Erwachsene nachhaltig prägt. Mit der
Rückkehr nach Deutschland hört dieses Abenteuer nicht auf. Viele - nicht notwendigerweise alle RückkehrerInnen möchten ihre Erfahrungen aus dem Freiwilligendienst weitergeben, wollen Aktionen
planen und durchführen, sich mit anderen Engagierten vernetzen und vieles mehr. Entsendeorganisationen, Bildungsträger, Servicestellen möchten
dieses Potential nutzen und passende
Qualifizierungsangebote machen. Aber
Angebot und Nachfrage finden aus
verschiedenen Gründen nicht immer
zu einander.
Der kollegiale Austausch zwischen den
verschiedenen Akteuren, die Diskussion offener Fragen und die Sammlung
von Ideen wie bei diesem Fachgespräch geschehen, sorgen für die notwendige Transparenz und Vernetzung.
Sie sind ein wichtiger Schritt zur Steigerung der Qualität und der Wirkung
des Freiwilligendienstes weltwärts.
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Standpunkte und offene Fragen
Motivation der RückkehrerInnen
Nicht alle RückkehrerInnen möchten Bildungsarbeit machen – aber das ist auch in
Ordnung so! Nötig sind Angebote für die Interessierten!
Engagieren sich die RückkehrerInnen eher spontan, punktuell, nicht ideologisch
(siehe Jugendstudien)?
Das Engagement ändert sich bei manchen RückkehrerInnen im Lauf der Zeit.
Wann sind die RückkehrerInnen bereit für Fortbildungen?
Wie kann man das Interesse der RückkehrerInnen wecken? Welche Angebote erhöhen
die Motivation? Bescheinigungen, Weiterbildung, Honorare?
Der Austausch mit anderen RückkehrerInnen und die „persönliche“, inhaltliche
Weiterbildung sind wichtige Gründe für das Engagement und die Fortbildungsteilnahme von RückkehrerInnen.
Bildungsprojekte von RückkehrerInnen
Kleinere, einfach durchzuführende Projekte sowie Beispiele von anderen RückkehrerInnen nehmen die „Angst“ vor der Durchführung eines eigenen Bildungsprojekts.
Die Bildungsarbeit der RückkehrerInnen steht in Konkurrenz zur Bewältigung des
Alltags (oft durch Studium bzw. Ausbildung und neue Umgebung geprägt) und dem
Engagement in anderen Projekten.
Die Formen des Engagements sind sehr unterschiedlich: TeilnehmerInnen von
Qualifizierungsmaßnahmen engagieren sich in sehr unterschiedlichen Feldern, von
Kindern bis SeniorInnen.
Qualifizierung von interessierten RückkehrerInnen führt nicht immer sofort zu
Bildungsprojekten. Eine langfristige Perspektive bei Entsendeorganisationen und
Bildungsträgern ist notwendig!
Zur Qualität der Bildungsprojekte („Wann dürfen die RückkehrerInnen in die Schule?“)
Wie gehen die Anbieter von Qualifizierungsmaßnahmen mit der Qualitätsfrage um?
o
Hospitation notwendig
o
Konzept muss eingereicht werden
o
Ausstellung von Zertifikaten
o
Mitarbeit bei bestehenden Bildungsgruppen
Welche Unterstützungsangebote für RückkehrerInnen sind sinnvoll bzw.
notwendig?
Qualifizierungsangebote für RückkehrerInnen
Viele RückkehrerInnen wünschen sich Qualifizierungsangebote.
Was ist das Interesse des Bildungsträgers bzw. der Entsendeorganisationen?
Interessenkonflikt zwischen Freiwilligen und Entsendeorganisation („Bindung an die
eigene Organisation“) ist möglich.
Terminwahl der Seminare ist ein wichtiger Faktor (Studienanfang, Klausuren u.ä.).
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Öffentlichkeitsarbeit
Wie kommen die Informationen über Qualifizierungsangebote an die
RückkehrerInnen?
o
Umgang der Entsendeorganisationen mit Bildungsangeboten andere
Organisationen ist sehr unterschiedlich.
o
Es gibt bisher keine trägerübergreifende Informationsplattform.
Stärkerer Austausch zu RückkehrerInnenangeboten zwischen verschiedenen Entsendeorganisationen sowie Bildungsanbietern scheint sinnvoll.
TeilnehmerInnen
des Fachgesprächs „Bildungsarbeit von weltwärts-RückkehrerInnen“
am 10. März 2010
Clemence Bosselut
evangelisches Forum entwicklungspolitischer Freiwilligendienst (eFeF)
Katharina Pfundt
DED / WinD (Weltwärts in Deutschland)
Jana Schmidt
Nordelbisches Missionszentrum
Doris Siebolds
ASB Deutschland e.V
Canan Barski
Freiwillige, Teilnehmerin der Schulung des Weltladen-Dachverbandes
Bea Veenstra
Freiwillige, Teilnehmerin der Schulung des Weltladen-Dachverbandes
Stephanie Fritz
Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V. (bezev)
Heike Kammer
Peace Brigades International
Julia Dieckmann
Weltladen-Dachverband / Weltladen Mainz
Bärbel Zillmer
Weltladen-Dachverband / Weltladen Stade
Manuel Blendin
Weltladen-Dachverband
Julia Goebel
Moderation
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Bildungsprojekte von Freiwilligen
„Globale (Un-)Gerechtigkeit“: Bildungsprojekt von Hannah Marwede
Im Rahmen der Schulung „Aktiv für Globale Gerechtigkeit“ des Weltladen-Dachverbandes führte ich im
Februar 2010 verschiedene Bildungsprojekte in Uelzen durch. Am 16. und 18. Februar 2010 war ich in
einem 18-köpfigen Politik-Wirtschaft Kurs auf erhöhtem Anforderungsniveau in der 13. Jahrgangsstufe
des Lessing-Gymnasiums Uelzen. Ich habe mich sehr gefreut, in den Unterricht einer meiner ehemaligen
Lehrer gehen zu können. Schon zwei Wochen vorher habe ich mich mit Herrn Nickel abgesprochen, auf
welchem Wissensstand die Schüler sind und ihm das geplante Programm zugeschickt.
Bevor die Stunde begann, hatte ich an die Tafel eine Weltkarte gehängt (damit auch jeder weiß, wo
Kamerun liegt) sowie die kamerunische Flagge und ein paar Fakten über Kamerun, die sich die Schüler
während der Pause durchlesen konnten. Nach einer kurzen Begrüßung meinerseits und einer Vorstellung,
was ich während meines Freiwilligendienstes mit dem Deutschen Entwicklungsdienst in Kamerun gemacht
habe und welcher Tätigkeit ich momentan nachgehe, habe ich ein wenig über Kamerun erzählt. Einige
Fotos wurden rumgegeben.
Zum Einstieg gab ich einen kurzen Überblick über die Hühnerfleischproduktion in Europa und Westafrika.
Dabei berichtete ich auch von meinen Erfahrungen in Kamerun mit den Menschen vor Ort und der Arbeit
internationaler Organisationen. Dazu hatte ich Informationsmaterial für die Schüler zusammengestellt, so
dass sie es auch noch einmal nachlesen konnten. Als keine Fragen mehr bestanden, wurde ausgelost, wer
in welcher Gruppe für das Rollenspiel sein würde. Es gab dabei fünf verschiedene Rollen: Peter Meier
(Schüler aus Deutschland), Susanne Petermann (Bio-Konsumentin aus Deutschland), Gerhard Wagner
(Präsident des Zentralverbandes der deutschen Geflügelwirtschaft), Sonnye Nkume (Hühnerzüchterin aus
Kamerun) und Odour Ong’wen (Konsument aus Kamerun). Diese trafen in einer Talkshow aufeinander und
diskutierten über „Das Globale Huhn – industrielle Geflügelzucht und ihre (weltweiten) Folgen“. Bis zu
einer fünfminütigen Pause hatten die Schüler Zeit, sich in ihren Kleingruppen auszutauschen und auf die
Diskussion vorzubereiten. Je ein Schüler aus jeder Gruppe wurde bestimmt, später in der großen Runde
ihre Rolle zu spielen.
Nach dem kurzen Vortrag eines jeden Gruppensprechers startete die Diskussion. Von Beginn an tauschten
sie ihre Argumente aus. Zwischendurch ging es etwas schleppend voran, da überwiegend die gleichen
Vertreter sprachen. Ich probierte, alle gleichermaßen einzubinden, doch war dies teilweise etwas
schwieriger. Ich war beeindruckt von den vielen Ideen der Schüler und den ganz verschiedenen Argumentationen. Die Diskussion ging nach einigen Minuten sehr in die Tiefe und musste am Ende mehr oder
weniger „schmerzvoll“ abgebrochen werden.
Nach etwa zwanzig Minuten habe ich das Ende eingeleitet und jede Person hat noch einmal etwas gesagt.
Im Plenum haben wir die Diskussion besprochen und gemeinsam mit dem Lehrer Herrn Nickel haben wir
das Beispiel Huhn auf andere Bereiche wie etwa die Fischindustrie übertragen. Es bestand starker
Redebedarf und so einigten wir uns, dass ich zu der nächsten Politik-Stunde erscheinen würde, in der wir
noch einmal über die Fragen diskutierten.
Am Ende teilte ich einen Handzettel über „Weitere Info-Möglichkeiten“ aus, der verschiedene InternetAdressen beispielsweise über den Fairen Handel, den Weltladen und „weltwärts“ aufführt.
Um ein kurzes Feedback zu bekommen, habe ich die Schüler gebeten, positive und negative Kritik auf einen
kleinen Zettel zu schreiben. Überwiegend haben die Schüler das Bildungsprojekt sehr positiv bewertet und
besonders die Rollendiskussion gelobt. Außerdem hat ihnen mein kurzer Erfahrungsbericht aus Kamerun
gefallen. Einige Schüler kritisierten an der Rollendiskussion, dass die Argumente sich teilweise wiederholt
hätten und diese in den Rollenprofilen schon zu sehr vorgegeben seien.
Abschließend ist zu sagen, dass ich eine sehr positive Rückmeldung bekommen habe. Dies deckt sich mit
meinem Empfinden, dass es den Schülern Spaß gemacht hat. Sie waren hochmotiviert, worüber ich mich
sehr gefreut habe. Es gab keinerlei Probleme, sondern die Schüler waren von der ersten Minute an dabei.
Besonders gefallen hat mir, dass die Diskussionen sehr in die Tiefe gingen und die Schüler anhand eines
bestimmten Beispiels ihr Wissen über internationale Organisationen beweisen konnten.
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Fazit
Die Bildungsprojekte haben mir viel Spaß gemacht. Im Gymnasium bin ich mir sicher, dass die Schüler einen
neuen Blickwinkel kennen lernten und begriffen haben, dass man Dinge immer von zwei Seiten betrachten
kann, besonders was internationale Organisationen betrifft. Außerdem konnten sie ihr theoretisches
Wissen nun auf einen konkreten Fall anwenden, um sich die globalen Zusammenhänge besser vorstellen zu
können. Da wir auch nach Lösungsansätzen gesucht haben, lernten die Schüler, dass es eine vielschichtige
Problematik ist, die durch das Handeln eines jeden Menschen verändert werden kann.
Insgesamt haben mir die Bildungsprojekte auch persönlich viel gebracht. Durch die Unterlagen von der
Schulung konnte ich mich gut vorbereiten und hatte das Material und auch das nötige Wissen. Für mich
war besonders die Gliederung der Projekte wichtig und da halfen mir viele Unterlagen im Ordner „Aktiv für
Globale Gerechtigkeit“. Auch über die angegebenen Internet-Adressen bezog ich einiges an Material,
beispielsweise ein Bericht einer Tochter eines Kakaobauers aus Bolivien.
Was sicher ebenfalls sehr wichtig ist, sind eine gute Zeitplanung und Flexibilität. In den Bildungsprojekten
wurde mir immer wieder bewusst, wie wichtig es ist, seinen Zeitrahmen locker zu halten. Denn eine
gemeinsame Abschlussrunde sollte es immer geben.
Ich freue mich sehr, dass beide Bildungsprojekte sehr gut verlaufen sind und habe bereits die nächsten
Anfragen von Lehrern im Lessing-Gymnasium sowie in der Sternschule. Und ich bin mir sicher, dass es nicht
bei diesen beiden Bildungsprojekten bleiben wird.
Hannah Marwede war 2008/2009 mit dem DED für einen weltwärts-Freiwilligendienst in Kamerun. Seit Oktober studiert sie „Kultur und Gesellschaft Afrikas“ in
Bayreuth. Im Januar 2010 hat sie an der Schulung „Aktiv für Globale Gerechtigkeit“
teilgenommen.
„Alltag der Kinder in Bolivien“: Bildungsprojekt von Miriam Knausberg
Titel des Projektes: Alltag der Kinder in Bolivien
Veranstaltungsort: Religionsunterricht der GHWRS Vogt
Termin: 26.11.2009
Vorbereitung
Ziel des Projektes: Vermittlung des Lebensalltags bolivianischer Kinder und Gemeinsamkeiten mit
deutschen Kindern aufzeigen
TeilnehmerInnen: Die vierte Klasse (26 Schüler) der GHWRS Vogt
Zeitrahmen: 90 Minuten
Planung: Die Bolivienstunde habe ich im Religionsunterricht meiner Mutter gehalten. Daher haben wir
zusammen die Stunde schon durchgesprochen und ich bin einige Tage vorher in die Schule gegangen und
habe mir den Raum angeschaut, den Beamer reserviert, den mir der Rektor dann extra vor dem Unterricht
aufgebaut hat usw. Fünf der Kinder kannte ich zufälligerweise schon, so wusste ich auch, auf wen ich mich
einzustellen hatte.
Durchführung
Einstieg: Sitzkreis auf dem Boden, als Mitte eine Bolivienfahne, Fotos und Hüpfgummi, Murmeln,
Steinschleuder als Symbol für die bolivianischen Kinder
Kurze Vorstellung meinerseits und der Doppelstunde
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Fotovortrag über den Alltag von Jhonny und Neida, zwei Schüler aus Villarpampa, einer Landschule, in
der ich gearbeitet habe
Stationenlernen:
Station 1:
Weltkarte und Währung:
Bolivien auf der Weltkarte finden und auf einer kleinen Karte
eintragen. Geldbeutel mit 19 Bolivianos: Geld zählen und anhand
einer Preisliste (z.B. Kekse, Cola, Schulheft, Bananen) ausgeben
Station 2:
Tiere in Villarpampa
Auf einem Landschaftsfoto sind 11 Tiere, die dort heimisch sind
versteckt, die es zu finden und aufzuschreiben gilt
Station 3:
Kinder in Bolivien und in Deutschland
Auf einem Plakat sind Fotos von 6 Kindern aus Villarpampa, die sich
kurz vorstellen (Name, Alter, Anzahl der Geschwister, Hobbys), diese
durchlesen und von sich selber auch eine kurze Vorstellung auf einen
Zettel schreiben und dazu kleben
(Diese 3 Stationen waren Pflicht, die nächsten 3 optional)
Spielstation 1: Nudelketten basteln aus Paketschnur und Nudeln, die man mit
Filzstiften anmalen kann
Spielstation 2: Murmeln spielen
Spielstation 3: Hüpfgummi spielen
Die 26 Kinder haben sich in 8 Gruppen zusammengefunden und die Stationen konnten jeweils von 2
Gruppen getrennt bearbeitet werden. Danach haben wir kurz die einzelnen Ergebnisse besprochen.
Geplant war auch noch eine Abschlussrunde mit einem kurzen Blitzlicht. Ich hätte auch noch ein Lied,
oder ein kurzes Spiel auf Lager gehabt, allerdings hat dafür die Zeit nicht mehr gereicht.
Meine Mutter hat in der nächsten Religionsstunde eine kurze Auswertung mit den Kindern gemacht.
Insgesamt waren sie alle sehr begeistert. Vielen hat sehr gut gefallen, dass sie durch die Stationen viel
selber ausprobieren konnten und bei den drei Spielstationen fand auch jeder die richtige für sich.
Abschließende Bewertung
Das Hauptproblem war die Knappheit der Zeit. Daher geriet die Abschlussbesprechung der Stationen zu
knapp, und es fehlte bei manchen Aspekten die Vertiefung oder Ergänzung. Zu einer Abschlussrunde kamen
wir gar nicht mehr.
Ansonsten hat es gut geklappt. Was mir sehr gefallen hat, war die Beteiligung der Schüler, die immer wieder
viel zu sagen hatten, zum Teil auch schon jemanden kannten, der länger in Südamerika war oder etwas zu
Tieren oder Landwirtschaft beizusteuern hatten (sind ja auch Dorfkinder). So hätten wir uns auch noch
länger unterhalten könne, was bei der Zeit und auch dem Konzentrationsvermögen von einigen aber nicht
möglich war. Für diese war das Stationenlernen von Vorteil.
Ich denke, sie haben einen Einblick in das Leben der Kinder in Villarpampa erhalten, was durch Fotos und
Spiele veranschaulicht wurde. Vor allem auf dem gemeinsam erstellten Plakat über die Hobbys der Kinder
in Deutschland und Bolivien (Station 3), zeigte sich, dass es keine großen Unterschiede gibt. Trotzdem
ist es immer ein bisschen unbefriedigend, dass man niemanden die Realität ganz vermitteln kann, aber
um es ganz zu begreifen, muss man halt dort gewesen sein.
Mir persönlich hat es richtig Spaß gemacht und ich würde es am liebsten in einer leicht gekürzten Version
wiederholen, um mit der Zeit besser zu Rande zu kommen. Ich habe da auch schon eine Schule im Kopf.
Miriam Knausberg war 2008/2009 mit Volunta in Bolivien. Sie hat im November
2009 an der Schulung „Aktiv für Globale Gerechtigkeit“ teilgenommen.
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„Einmal weltwärts und zurück“
– Engagement von RückkehrerInnen in Weltläden?
Internationale Freiwilligendienste gibt es länger, als es Weltläden gibt. Doch mit der Einführung des
entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes weltwärts ist die Zahl der Ausreisenden in Länder des Südens
explodiert: 2008/2009 haben 2.250 junge Erwachsene über das Programm einen Dienst in einem Land des
Südens geleistet, im folgenden Jahr sogar 3.500. 5.800 junge Menschen, die sich nun in Deutschland
entwicklungspolitisch engagieren wollen?
Durch den Freiwilligendienst sollen die jungen Erwachsenen die Arbeit der Partnerorganisationen vor Ort
unterstützen, besonders aber zur entwicklungspolitischen Informations- und Bildungsarbeit in Deutschland beitragen. Das Engagement nach dem Freiwilligendienst wird vom BMZ als integraler Bestandteil des
Programms verstanden. Und tatsächlich wollen
sich viele Freiwillige nach dem Auslandsjahr hier
engagieren. Das Interesse ist groß und die
Formen dieses Engagements sind sehr unterschiedlich. Viele Freiwillige informieren andere
Jugendliche oder den Kreis ihrer FördererInnen
über ihre Erfahrungen, organisieren Vorträge
oder schreiben Artikel. Einige gründen gemeinsam mit anderen RückkehrerInnen Freiwilligenorganisationen. Es gibt junge Erwachsene, die
Projekte der Entwicklungszusammenarbeit fortführen oder anstoßen – und solche, die sich
ganz konkret in ihrer Stadt engagieren wollen.
Eva war über weltwärts ein Jahr in Tansania und
arbeitet seit Februar auch im Weltladen Degerloch mit: „Ich arbeite im Moment als Heilerziehungspflegerin in Stuttgart. Da bin ich beim
Weltladen Degerloch vorbeigegangen und habe
gefragt, ob sie auch Bildungsarbeit machen. Mir macht es Spaß, mich einzubringen und Projekte
mitzugestalten.“
Viele Freiwillige interessieren sich für das Thema Globale Gerechtigkeit. Der Faire Handel bietet da eine
konkrete Handlungsmöglichkeit. Zudem haben die Freiwilligen persönliche Bezüge zu den Ländern, aus
denen die Produkte im Weltladen stammen. So berichtet Felix, der ein Jahr in Indien war, dass er dort Anbau
und Herstellung von Waren, wie es sie im Weltladen zu kaufen gibt, kennen gelernt hat. Damit könne er
gut nachempfinden, wo die Produkte herkommen und was der Faire Handel für die ProduzentInnen
bedeutet.
RückkehrerInnen im Weltladen
Für die meisten weltwärts-RückkehrerInnen beginnt nach dem Auslandsjahr ein Studium. Deswegen haben
Weltläden in einer Universitätsstadt bessere Chancen, dass Freiwillige bei ihnen mitarbeiten wollen. Doch
auch in kleineren Gemeinden und Städten gibt es Jugendliche, die „weltwärts gehen“. Auch wenn diese
nach dem Auslandsjahr vielleicht in eine andere Stadt ziehen, ist es oft möglich, sie für einzelne (Bildungs-)
Aktivitäten anzufragen. So hat z.B. im hessischen Seligenstadt eine junge Frau nach ihrem Jahr in Ecuador
bei einem Bildungsangebot des Weltladens zu (ecuadorianischen) Bananen mitgewirkt.
Möchte man junge Erwachsene mit Auslandserfahrung für die Mitarbeit gewinnen, ist es wichtig, diese über
die Möglichkeiten des Engagements zu informieren. Viele junge Leute kennen die Arbeitsweise der
Weltläden nicht, wissen nicht, dass sie sich dort engagieren und entwicklungspolitisch aktiv werden
können. Für die Information eignen sich z.B. Flyer in einschlägigen Cafes und Studierendenwohnheimen,
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Aushänge in der Mensa oder ein Stand bei einer
Informationsveranstaltung für Erstsemester. Aus der
Sicht von Felix wäre es hilfreich, „wenn die Weltläden
auch an Universitäten und Hochschulen präsenter
wären, z.B. durch die Förderung von Uni-Gruppen oder
durch Verkaufsaktionen bei studentischen Veranstaltungen.“
Die Interessen der RückkehrerInnen sind breit gefächert. Es gibt Freiwillige die im Weltladen Veranstaltungen organisieren, die wie Felix Ladendienst machen oder sich in der Bildungsarbeit engagieren. Für
weltwärts-RückkehrerInnen gilt wie für junge Leute
allgemein, dass viele die Mitarbeit in zeitlich befristeten Projekten bevorzugen. Denn oft steht der Ladendienst in Konkurrenz zum Lernen für die nächste
Klausur. Auch möchten Jugendliche gerne „Mitgestalten“ können. So ist es Eva wichtig, dass sie im „KiJuProjekt“ des Weltladens eigene Ideen einbringen kann.
Vielen jungen Erwachsenen fällt das Engagement zudem leichter, wenn es andere MitarbeiterInnen in
ähnlichem Alter gibt.
weltwärts-RückkehrerInnen sind eine potentielle neue
MitarbeiterInnengruppe für Weltläden, auf die sie zugehen können. Doch manchmal hat ein Weltladen
einfach Glück, wie Belinda Fries vom Weltladen Degerloch berichtet, und „sie kommen einfach reingeschneit.“
Interview mit einer weltwärts-Rückkehrerin
Eva Hund war 2009/09 mit VIA in Tansania. Im Januar hat
sie an der Schulung des Weltladen-Dachverbandes teilgenommen. Im Moment engagiert sie sich im Weltladen
Degerloch.
Was genau machst Du im Weltladen?
Ich mache hier Bildungsarbeit, das heißt ich arbeite bei der
Jugendgruppe mit. Da treffen sich regelmäßig montags ein
paar Schüler und Studierende, die sich engagieren wollen.
Wieso engagierst Du Dich im Weltladen?
Als ich bei der Schulung erzählt habe, dass ich nach
Stuttgart ziehe, hat Manuel mir die Kontaktdaten von Jan
hier vom Weltladen gegeben. Da bin ich dann vorbeigegangen und habe gefragt, ob sie auch
Bildungsarbeit machen. Erst waren sich die Mitarbeiterinnen nicht so sicher, aber dann
haben sich mich zu Jan geschickt. Das Team hier in der KiJu-Gruppe (Kinder- und
Jugendgruppe, Anm. d. Red.) stimmt. Da arbeiten außer mir noch die Schüler und Studis mit
und jetzt auch noch eine weltwärts-Rückkehrerin.
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Was mich motiviert? Die Themen Globalisierung und „ungerechter Welthandel“ beschäftigen
mich. Da erscheint mir der Faire Handel eine Alternative, wo ich was tun kann. Mir macht es
Spaß, mich einzubringen und Projekte mitzugestalten.
Gibt es für Dich einen Zusammenhang zwischen Deinem Freiwilligendienst und dem Engagement
im Weltladen?
Ich habe schon vor meinem Freiwilligendienst in Tansania im Weltladen Offenburg mitgearbeitet. Daher kannte ich die Arbeit der Weltläden. Jetzt nach meinem Auslandsaufenthalt
verstehe ich den Fairen Handel besser. Zum Beispiel habe ich in Tansania den Kaffeeanbau
kennen gelernt. Dadurch habe ich einen ganz anderen Bezug zu den Themen. Und wir machen
ja jetzt hier ein Bildungsprojekt zu Plastik, zu dem neuen Film „Plastic Planet“. Und Plastik
war in Tansania auch ein sehr großes Problem.
Was können Weltläden tun, um RückkehrerInnen für die Mitarbeit zu gewinnen?
Ich glaube es ist wichtig, die RückkehrerInnen zu informieren und ihnen mitzuteilen, dass
man in den Weltläden mitarbeiten kann, dass man Freiraum für die Umsetzung eigener Ideen
hat. Und ich interessiere mich natürlich besonders für alle Themen, die was mit dem Land
zu tun haben, in dem ich war. Das geht anderen RückkehrerInnen bestimmt auch so. D.h. man
kann die zu Veranstaltungen des Weltladens einladen. Oder man fragt sie, ob sie einen Bericht
über „ihr“ Land im Weltladen-Plenum halten wollen.
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Weitere Informationen
weltwärts
www.weltwaerts.de
Entsendeorganisationen
www.weltwaerts.de/weltwaertsGehen/organisationen/eo-list.aspx
Freiwilligenorganisationen
www.grenzenlos.org
www.nicanetz.de
www.bolivien-netz.org
www.weltwaerts4u.org
www.junge-ez.de
Fairer Handel
www.weltladen.de
Forum Fairer Handel – das Netzwerk der Fair-Handels-Organisationen
www.forum-fairer-handel.de
Organisationen, die im Forum zusammenarbeiten:
www.forum-fairer-handel.de/“Über uns“/“Mitgliedsorganisationen“
Jugendseiten
www.fairjobbing.net
www.fair4you-online.de
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