Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf NETAB Netzwerk für alternsgerechte Arbeit Dr. Günter Gebauer Sabine Seemann Fit für den demografischen Wandel Altersstrukturanalyse und Arbeitsfähigkeitsprofil Neue Methoden der Personalentwicklung Ein Leitfaden für Personalverantwortliche in mittelständischen Unternehmen 1 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Management Review: Demografischer Wandel und neue Tools der Personalentwicklung: Altersstrukturanalyse und Arbeitsfähigkeitsprofil des Unternehmens Es gibt viele Warnungen vor den Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Unternehmen in Europa. Der sich in Deutschland langsam abzeichnende Fachkräftemangel zeigt, dass die Warnungen kaum gehört werden. Der schleichende Prozess des Wandels und die hohe Arbeitslosigkeit lassen Unternehmen darauf vertrauen, dass personalpolitisch bei ihnen schon nichts „anbrennen“ wird. Deshalb helfen die ganzen wohlmeinenden Kassandrarufe wenig. Besser ist es, den Unternehmen ein einfaches Verfahren anzubieten: einmal mit relativ geringem analytischem Aufwand festzustellen, wieweit der demografische Wandel das Unternehmen längst erreicht hat. Dafür eignet sich das Instrument der Altersstrukturanalyse der Belegschaften. Mit ihm werden - grob formuliert - zwei Messungen vorgenommen: einmal der Altersstand heute und zweitens, in einer Fortschreibung der bisherigen Personalzu- und –abgänge, der Altersstand der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fünf bzw. zehn Jahren. Es wird kaum ein Unternehmen geben, in welchem bei dieser Gegenüberstellung nicht die roten Warnlämpchen in der Personalabteilung mindestens zu blinken anfangen. In einem weiteren Schritt werden die bisherigen Maßnahmen der Personalentwicklung im Bereich Qualifizierung, Motivation und Gesundheit daraufhin untersucht, ob sie zukunftstauglich sind und dem Unternehmen eine arbeits- und konkurrenzfähige Belegschaft sichern und erhalten. Als Resultat steht am Ende ein einfaches und einsichtiges Arbeitsfähigkeitsprofil des Unternehmens, eine situationsgerechte Einschätzung darüber, wo der Betrieb gut aufgestellt ist und wo die Schwächen im Management der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen liegen. Aus dem Befund werden dann betriebliche Verbesserungen abgeleitet und als Maßnahmen kurz-, mittel- und langfristig geplant. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 2 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Inhaltsverzeichnis Seite Management-Review.................................................................. 2 Internetadressen und Literatur.................................................. 5 Einleitung Deutschland im demografischen Wandel: eine Herausforderung für die Wirtschaft................................... 6 Einführung in das Thema demografischer Wandel und Personalentwicklung 1 2 3 4 5 6 7 8 Ältere auf dem Abstellgleis?......................................................... Demografische Entwicklung......................................................... Vorurteile gegen Ältere............................................................... Ältere als zukunftsentscheidendes Potenzial, Sicherung von Wettbewerbsvorteilen............................................ Das Netzwerk für alternsgerechte Arbeit (NETAB): Neue Wege der Beschäftigung gehen, Vorurteile bekämpfen......... Feststellung des Handlungsbedarfs/Quick-Check........................... Konzept Altersstrukturanalyse und Einschätzung der betrieblichen Voraussetzungen des Arbeitsfähigkeitsprofils Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen 7.1 Altersstrukturanalyse am betrieblichen Beispiel ....................... 7.2 Zielvorstellungen bei der Altersstrukturanalyse........................ 7.3 Arbeitsfähigkeitsprofil des Unternehmens................................ 7.4 „PISA“ für Betriebe: Ermittlung des Arbeitsfähigkeitsprofils – Qualifikation, Motivation und Gesundheit................................ 7.5 Ergebnis-Beispiel einer Einschätzung der betrieblichen Potenziale und Mängel.......................................................... 7.6 Gestufter Maßnahmenkatalog des Unternehmens ................... 7.7 Vorgehen in Arbeitskreisen und betrieblichen Workshops....... Fragestellungen und Fragebögen – Moderierte Befragung zu den Teilprofilen der Arbeitsfähigkeit 8.1 Bestandsaufnahme der MA-Qualifikation und Bewertung...................................................................... 8.2 Bestandsaufnahme der MA-Motivation und Bewertung...................................................................... 8.3 Bestandsaufnahme der MA-Gesundheit und Bewertung..................................................................... ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems Seite 8 8 9 10 11 12 13 15 19 19 22 23 25 26 29 29 30 30 3 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Anhang: Ein Vorschlag für europäische Leitlinien einer guten betrieblichen Praxis („good practice“) – EUROLINK AGE 1 2 3 4 5 6 7 Lernen, Fort- und Weiterbildung................................................... Flexible und moderne Arbeitsorganisation..................................... Arbeitsplatzgestaltung und betriebliche Gesundheitsförderung........ Einstellung von neuen Mitarbeitenden............................... Innerbetriebliche Beförderung und Arbeitsplatzwechsel.................. Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und Übergang in die Rente..... Einstellungswandel gegenüber Älteren Seite 37 37 38 38 39 39 40 Betriebliche Gesundheitsförderung 1 2 3 Gesunde Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – gesunde Unternehmen: Gesundheit als Wettbewerbsvorteil..... ................................ 41 Arbeitsbedingter Verschleiß und Krankheitskosten......................... 42 Gesundheitsförderliche Maßnahmen im Unternehmen ................. 43 Abbildungen: Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Entwicklung der Bevölkerung nach Altersgruppen Arbeitskräfteangebot (bis 30 Jahre und ab 50 Jahre) Konzept Arbeitskreis Altersstrukturanalyse Altersstruktur des Musterunternehmens im Jahr 2003 Altersstruktur des Musterunternehmens im Jahr 2013 Altersgruppenanalyse des Musterunternehmens 2003 bis 2013 MA Instandhaltung und Entwicklung 2003 und 2013 nach Altersgruppen im Musterunternehmen Abb. 8: Maßnahmeplanung Abb. 9: Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Altersgruppen Abb.10: Arbeitsunfähigkeitstage nach Altersgruppen Anhang: 2 Excel Tabellen zur Bestimmung betrieblicher Altersstruktur, absolute und prozentuale Altersstruktur ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 4 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Internetadressen www.demotrans.de www.arbid.de www.demographie-transfer.iao.fhg.de/literatur/Code_of_PracticeGerman.pdf Literatur: Buck, Kistler, Mendius (ed.): Demographic Change in the world of work Stuttgart 2002 Funk, Klös, Seyda, Birk, Waas: Beschäftigungschance für ältere Arbeitnehmer Gütersloh 2003 Gussone, Huber, Morschhäuser, Petrenz: Ältere Arbeitnehmer, Frankfurt a. M. 1999 Illmarinen, Tempel: Arbeitsfähigkeit 2010. Was können wir tun, damit Sie gesund bleiben? Hamburg 2002 Köchling, Annegret: Projekt Zukunft, Leitfaden zur Selbstanalyse altersstruktureller Probleme in Unternehmen Dortmund 2002 Morschhäuser, Ochs, Huber: Erfolgreich mit älteren Arbeitnehmern Gütersloh 2003 Impressum: Dr. Günter Gebauer BNVHS-NETAB Fon: 0421 22 35 562 [email protected] Sabine Seemann Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Fakultät I, Arbeitsstelle Weiterbildung Fon: 0441 79 84 035 [email protected] Gefördert durch das BMAS aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 5 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Einleitung Deutschland im demografischen Wandel: eine Herausforderung für die Wirtschaft Die Mehrzahl der Deutschen weiß inzwischen, dass der Altersaufbau Konsequenzen für Beschäftigung, Renteneintrittsalter, Wachstum usw. hat. Das alles wird ständig bis in Fernsehshows hinein kolportiert. So gesehen ist eine Nation selten besser informiert in eine „demografische Falle“ getappt. Auf der einen Seite wird bereits reformiert: Festlegung eines demografischen Faktors bei der Rente, erschwerter Zugang zur Frührente usw., auf der anderen Seite bleibt das Wissen über den demografischen Wandel noch folgenlos. Unternehmen, die ihre Arbeitsabläufe unter dem Aspekt alternder Belegschaften betrachten, sind bislang in der Minderheit. Bereits im Jahre 2005/6 reduziert sich z. B. die Zahl der Schulabgänger, die für das duale Ausbildungssystem zur Verfügung stehen, im Durchschnitt um bis zu 14 Prozent und bis 2012 drastisch auf die Hälfte. Wandel ist angesichts dieser Daten keine Zukunftsvision: er steht für ausbildende Unternehmen vor der Tür. Besorgniserregend ist diese Entwicklung deswegen, „weil jede heute nicht gut ausgebildete Fachkraft schon morgen fehlt und damit zur echten Wachstumsbremse für die Firmen der Region werden kann“ (Agentur für Arbeit Bremen). Dieses Phänomen gibt ebenso zu denken wie die weiterhin mangelnde Bereitschaft, über 40 Jahre alte Personen einzustellen (extrem z. Z. im Bereich Ingenieure). Personalpolitische Sackgassen der letzten Jahre Viele Unternehmen sind offenbar derart in ihr Tagesgeschäft verstrickt, dass sie personalpolitisch erst handeln, wenn es nicht mehr anders geht. Das hat nicht nur mit kurzfristigen Planungshorizonten der Personalpolitik zu tun, sondern auch mit deren Stellenwert im Unternehmen. Neben den Führungsaufgaben Technik und Finanzen wird die Personalpolitik häufig „stiefmütterlich“ behandelt. „Irgendwie“ war das Personal eine stets flexible und variable Größe, ausreichend vorhanden und jung, auf die man immer zurückgreifen konnte. Da diese Haltung im Großen und Ganzen in den letzten 20 Jahren meistens gut funktionierte, hat sich Selbstgewissheit gegenüber der Ressource Personal als „Denke“ verfestigt. Die tägliche Lektüre der Arbeitslosenzahlen leistet diesem alten Denken weiter Vorschub. Die Wirtschaft begutachtet heute monatlich ihre Kennziffern und traut sich beim Personal meistens nur noch einen Planungszeitraum von einem Jahr zu. Hinzu kommt, dass weiterhin neue Rationalisierungspotenziale gesucht werden. Selbst angesichts des kommenden brisanten Fachkräftemangels, über den bereits jetzt viele Unternehmen klagen, mag kaum ein Betrieb seiner Sorge Taten folgen lassen. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 6 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Ökonomen sehen heute schon im Fachkräftemangel eine erhebliche Wachstumsbremse in vielen Bereichen der Wirtschaft. Die langfristige Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hängt nicht zuletzt davon ab, ob es gelingt, die Lücken in der Wissensanwendung kontinuierlich und schnell zu schließen. Das weiß jeder, der heute die Fachkräfte für morgen ausbildet, dafür ist aber immer ein zeitlicher Vorlauf nötig - man kann nicht einfach eine Personalbestellung in Indien abgeben und hoffen, das alles gut geht. Deswegen ist es mehr denn je nötig, Unternehmen in einer betrieblichen Altersstrukturanalyse aufzuzeigen, wo sie angesichts des demografischen Wandels stehen. Damit aus dieser Analyse heraus die Chancen wahrgenommen werden können, personalpolitisch über den Tag hinauszudenken und nachhaltig die Zukunft zu gestalten. Wer heute in Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen investiert, hat morgen das Personal, das den Konkurrenten fehlen wird. Dazu lädt unser Angebot eines moderierten Arbeitskreises oder die Unterstützung eines betrieblichen Projekts interessierte Unternehmen und Personalverantwortliche in Weser-Ems und anliegenden Regionen ein. Diese Handreichung soll Personalverantwortliche und betriebliche Moderatorinnen und Moderatoren informieren und für neue Überlegungen und Wege die Weichen stellen. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 7 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Einführung in das Thema demografischer Wandel und Personalentwicklung 1 Ältere auf dem Abstellgleis? Im Mittelpunkt betrieblicher Personalstrategien stehen jüngere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zwischen 18 und 35 Jahren. Die systematische Nutzung des Potenzials der älteren, erfahrenen ab 45 Jahren ist eher die Ausnahme in Unternehmen. Das hat einerseits damit zu tun, dass sich in unserer Gesellschaft in den letzten 20 bis 30 Jahren die Sichtweise verbreitet hat, Ältere sollten ihren Arbeitsplatz für Jüngere freimachen. Andererseits geht der Verdacht um, sie würden mit ihrer Leistung und ihrer Qualifikation im Vergleich zu den jüngeren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen schlechter dastehen. Werden dann die oftmals höheren Löhne älterer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ins Verhältnis zum geringeren Entgelt Jüngerer gesetzt, dann haben Fehleinschätzungen, Vorurteile und eindimensionale Nutzenrechnungen die Weiche zum „Abstellgleis“ für Ältere endgültig gestellt. 2 Demografische Entwicklung Schaut man sich die demografische Entwicklung an – es handelt sich hierbei um Zahlen, Daten, Fakten -, dann muss sich inzwischen jedes Unternehmen fragen, wo es ab ca. dem Jahr 2008 qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen herbekommen soll, wenn nicht schon jetzt die Weichen der Rekrutierung (anders) gestellt werden. 35% 30% 33% 23% 21% 22% 1985 2000 24% 21% 2008 Jahre 19% 2020 18% 2030 bis 30 Jahre ab 50 Jahre Abb. 2: Arbeitskräfteangebot (bis 30 Jahre und ab 50 Jahre); ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 8 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Quelle: demotrans (eig. Grafik) Es gibt heute bereits mehr 50-jährige Erwerbspersonen im Arbeitskräfteangebot als unter 30-jährige – und das mit steigender Tendenz! Hochrechnungen zeigen, dass im Jahr 2015 die Zahl der unter 30jährigen Erwerbspersonen bei 20 Prozent und die Zahl der über 50jährigen Erwerbspersonen schon bei 35 Prozent liegen wird. Die heutigen „Babyboomer“ kommen dann in die Jahre. Die Jüngeren „wachsen“ nicht nach, deshalb kommt z. B. Prof. Bullinger vom Fraunhofer Institut IAO zu dem Schluss, dass die innovativen Produkte am Standort Deutschland bald von einer „Rentnerband“ gefertigt werden müssen. Wer heute einen qualifizierten Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin benötigt, sollte sich also besser gestern schon um ihn/sie gekümmert haben. Im Klartext: ein Unternehmen, das seine Fachkräfte selbst ausbildet, benötigt drei bis vier Jahre, bis diese einen großen Teil der betrieblichen Anforderungen erfüllen. Bis sie ein Rückgrat betrieblicher Wertschöpfung sind, vergehen weitere Jahre. Und genau das macht die Suche nach Fachkräften auch so schwer, schließlich müssen sie zu dem betrieblichen Bedarf passen. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHT) klagen schon jetzt 60 Prozent der Betriebe darüber, dass ihnen qualifizierte Kräfte fehlen. 80 Prozent der Betriebe sehen, nach einer neuen Umfrage des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), in den nächsten Jahren einen Ingenieurmangel auf sich zukommen. 3 Vorurteile gegen Ältere Wenn man allerdings der Ansicht ist, eine alternde Belegschaft sei an sich schon ein Wettbewerbsnachteil, dann müsste bald ein überwältigender Run auf jüngere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einsetzen, was wiederum die Lohnsummen astronomisch hochtreiben würde, weil das Gut „Jüngere“ immer knapper wird. Wer den Wettbewerb um dieses Gut dann gewinnt, kann man sich leicht ausrechnen: es werden die (beliebtesten) Unternehmen sein, die auch jetzt schon unter den besten Fachkräften und Ingenieuren wählen können. Es lässt sich auch härter formulieren: wäre die Aussage, Ältere seien ein Wettbewerbsnachteil, richtig, dann könnten sich viele Unternehmen diese Ansicht als praktische Richtschnur ökonomisch gar nicht leisten. Aber stimmt diese Sichtweise überhaupt, stimmt es, dass alt = leistungsunfähig oder leistungsgemindert, alt = lernunfähig, unflexibel und desinteressiert, alt = kränklich usw. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 9 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf ist und jung = qualifiziert, leistungsstark und gesund? Wenn Personalverantwortliche diese Frage ernsthaft prüfen, dann werden sie dieses Urteil als Vorurteil abhaken. Die AOK-Statistiken über Rückenleiden (auch junger Leute) sprechen z. B. eine ganz andere Sprache, und auch wissenschaftlich sind die pauschalen Urteile über den Leistungsabfall Älterer widerlegt. „Ältere sind nicht weniger, sondern anders leistungsfähig als Jüngere.“ (Ältere Mitarbeiter im Betrieb, Ein Leitfaden für Unternehmer, Hg. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, S.10.). Zweifellos gibt es Ältere, die gesundheitlich und geistig „verbraucht“ sind, nur liegt das nicht am Altern, sondern meistens an Folgewirkungen einer einseitigen und oft bis zur Höchstbelastung verlaufenden Beanspruchung in der Arbeit, verbunden mit mangelnden Lernanreizen usw. Dementsprechend negativ sehen dann auch die Erwartungshaltungen und Ängste dieser Älteren aus. Sie lauten schlicht: „...lasst mich mit dem neuem Krams in Ruhe, das kapier ich doch nicht, ich habe meine Knochen lange genug hin gehalten !“ 4 Ältere als zukunftsentscheidendes Potenzial, Sicherung von Wettbewerbsvorteilen In den Unternehmen steht nicht die Verabschiedung der älteren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an, sondern ihre Nutzung als Potenzial der Zukunft. So widersprüchlich es klingt: Alter hat Zukunft. Man kann es daher nicht deutlich genug sagen: Das Hauptpotenzial liegt in den vorhandenen Mitarbeitern. Diese Erkenntnis ist weder neu noch besonders originell, aber sie wird durch die demografische Entwicklung erst richtig ins Licht gesetzt. Die Hoffnung der Unternehmen auf jüngeren Personalnachschub durch den Markt, Qualifizierung von Nachwuchs durch andere usw. ist kurzsichtig angesichts des demografischen Wandels. Wettbewerbsvorteile erlangt heute das Unternehmen, das versucht, alle seine Mitarbeiter ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 10 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf und Mitarbeiterinnen – auch die Älteren – zu halten und das in sie investiert durch: 9 9 9 9 Wertschätzung Qualifizierung Betriebsbindung Know-how-Transfer Unternehmen, die schon immer selbst ausgebildet haben, sind auch hier im Vorteil. Aber die Erst-Ausbildung allein reicht nicht mehr aus, es müssen neue Wege der Qualifizierung eingeschlagen werden. Ältere Lernungewohnte, aber auch Angelernte, Berufsrückkehrerinnen, ausländische Arbeitskräfte usw. müssen in Weiterbildungsmaßnahmen einbezogen und fit gemacht werden für die Bewältigung der Zukunft. 5 Das Netzwerk für alternsgerechte Arbeit (NETAB): Neue Wege der Beschäftigung gehen, Vorurteile bekämpfen Ein Schwerpunkt der europäischen Arbeitsmarktpolitik und der Gemeinschaftsinitiative EQUAL ist die Chancenverbesserung Älterer. Partner aus Industrie, Wissenschaft, Weiterbildung, Kammern und öffentlichen Organisationen haben sich in EQUAL zum „Netzwerk für alternsgerechte Arbeit – NETAB“ zusammengeschlossen. Ziel des Netzwerks ist es, eine Wende in der Personalpolitik im Umgang mit älter werdenden Belegschaften einzuleiten. Gemeinsam wollen wir: 9 neue Wege aufzeigen 9 praktische Antworten und nachahmenswerte Beispiele entwickeln 9 einen Beitrag zur Bewältigung des demografischen und industriellen Wandels leisten ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 11 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf 6 Feststellung des Handlungsbedarfs/Quick- Check: Beantworten Sie für sich diese Fragen, um einmal festzustellen, ob Ihre Personalpolitik zukunftsorientiert ist: Quick-Check einer zukunftsorientierten Personalentwicklung im Unternehmen Trifft eher zu Trifft eher nicht zu Wir kennen die Alterzusammensetzung im Unternehmen (und in den Abteilungen). Die Daten sind Bestandteil personalpolitischer Entscheidungen. Die Altersstruktur ist bei uns ausgewogen, sie besteht zu etwa gleichen Teilen aus jungen, mittelalten und älteren MA Die Tätigkeitsabläufe sind bei uns so gestaltet, dass die MA sie bis zum Erreichen des regulären Rentenalters ausführen können Die Arbeitsbedingungen bei uns werden unter aktiver Beteiligung der MA gestaltet Wir haben keine Probleme, den Bedarf an jungen Fachkräften auszubilden bzw. diesen am Arbeitsmarkt zu rekrutieren MA aller Altersgruppen nehmen bei uns an den Qualifizierungsmaßnahmen teil. Das trifft selbstverständlich auch auf über 45-Jährige zu Der Wissensaustausch zwischen älteren (erfahrenen) MA und dem Nachwuchs wird bei uns gezielt gefördert. Wenn Ältere bei uns in Rente gehen, haben sie ihr Wissen weitervermittelt. Wir versuchen, allen eine berufliche Entwicklungsperspektive im Unternehmen zu bieten Bei Stelleinausschreibung/-besetzung spielt das Alter keine Rolle Wenn Sie bei der Beantwortung dieser Fragen mehrmals mit „trifft eher nicht zu“ geantwortet haben, sollten Sie sich mit dem demografischen Wandel und seinen Auswirkungen auf Personal und Personalrekrutierung beschäftigen. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 12 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf 7 Konzept Altersstrukturanalyse und Einschätzung der betrieblichen Voraussetzungen des Arbeitsfähigkeitsprofils der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Unser Konzept der Altersstrukturanalyse fügt sich in ein umfassendes Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (www.demotrans.de) ein, in dem Ideen erarbeitet und Maßnahmen umgesetzt wurden. Mit unseren pragmatisch ausgerichteten Schritten (vor allem auf Basis der Altersstrukturanalyse von A. Köchling) wollen wir dazu beitragen, rechtzeitig die Weichen zu einer Personalpolitik für alle Altersgruppen zu stellen. Wir starten in einem ersten Schritt mit einer betrieblichen Altersstrukturanalyse, die mit wenigen Daten und Annahmen über die Zukunft auskommt: Die Aufgabe besteht darin, die Altersstruktur aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu analysieren und die Bereiche festzulegen, die für die Wertschöpfung des Betriebes besonders wichtig sind, um hier die Altersstruktur noch einmal gesondert zu überprüfen1. Die Altersstruktur in allen Bereichen wird für die kommenden fünf bis zehn Jahre hochgerechnet, um absehbare Einbrüche in der fachlich-personellen Kontinuität abzuschätzen. In weiteren Schritten werden die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie die laufenden und die geplanten personalpolitischen Maßnahmen vor dem Hintergrund der „eigenen“ Altersstruktur überprüft. Diese Datenbasis erlaubt, verlässliche Aussagen über künftige Problemfelder wie Rekrutierung und Qualifizierung zu treffen. Die Altersstrukturanalyse ist ein Frühwarnindikator, der Anhaltspunkte zur Steuerung von Personalzu- und -abgängen liefert. Aufgabenstellung im ersten Schritt: - Analyse der derzeitigen Altersstruktur der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gesamt - Voraussichtlicher MA-Stand in 5 und10 Jahren 9 bei Fortschreibung der jetzigen Daten 9 bei Modifikation, um absehbaren Problemen vorzubeugen - Kernarbeitsgruppe (z. B. Werkzeugbau, Konstruktion) jetzt, 5 und 10 Jahre später betrachten - Präventive Maßnahmen detailliert auflisten 1 Diese Aufgabe wird sinnvollerweise mit Unterstützung einer Moderatorin oder eines Moderators in einem betrieblichen Arbeitskreis/Projekt oder in einem überbetrieblichen Arbeitskreis verschiedener Unternehmen mit Fachkräften der Personalabteilung durchgeführt ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 13 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf - Ergebnis und Analyse nachvollziehbar darstellen In einem zweiten Schritt werden alle betrieblichen Maßnahmen an den Voraussetzungen gemessen, die der Betrieb zum Erhalt und zur Entwicklung der Arbeitsfähigkeit seiner insgesamt alternden Belegschaft bereitstellt. Unter Arbeitsfähigkeit wird hier ein Konzept verstanden, das Qualifikation, Motivation und Gesundheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Voraussetzungen bewertet und nach der Potenzialität befragt. Dieser Beurteilung schließt sich eine Einschätzung aller laufenden und geplanten PE-Maßnahmen im Unternehmen (einschließlich Gesunderhaltung) an, um sie miteinander zu vernetzen und zu verbessern. Ein dritter Schritt besteht darin, über neue Maßnahmen nachzudenken, sie zu planen und umzusetzen. Dabei wird jeder Betrieb für seine Bedarfslage nach Lösungen suchen und optional seinen Weg der Planung und Umsetzung einschlagen. Konzept Arbeitskreis Altersstrukturanalyse Qualifikation Motivation Gesundheit Arbeitsfähigkeitsprofil Altersstrukturanalyse Maßnahmeplanung Abb. 3: Konzept Arbeitskreis Altersstrukturanalyse ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 14 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf 7.1 Altersstrukturanalyse am betrieblichen Beispiel Unser Referenz-Unternehmen beschäftigt ca. 250 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, ist seit 50 Jahren in einer stadtnahen, aber ländlichen Region tätig und stützt sich in seiner operativen Tätigkeit vor allem auf angelernte Arbeitskräfte, die in der Region bisher relativ leicht zu rekrutieren waren. Hier macht sich bereits jetzt ein Wandel bemerkbar aufgrund mangelnder Attraktivität der Arbeit für Jüngere. Die Abläufe in den Produktionslinien sind halb- oder teilweise automatisiert. Es fällt eine Reihe von „einfachen“ Tätigkeiten an, die den Einsatz von auch körperlich schwerer Arbeit für ca. ein Drittel der Belegschaft vorsieht. Diese Arbeit ist mit einer hohen Rückenbelastung verbunden, die für einen überdurchschnittlich hohen Krankenstand (9 %) und eine frühe Verrentung verantwortlich ist. Die Fluktuation in der Belegschaft ist relativ gering und liegt bei etwa zwei Prozent (höher bei den Jüngeren), da die Arbeitslosigkeit in der Region hoch ist (über 7,5 %). Die Quote der Auszubildenden liegt bei zwei Prozent (kaufmännischer Bereich). Altersteilzeit gibt es im Unternehmen nicht. Jedes Unternehmen hat seine für die Wertschöpfung und Entwicklung wichtigen Kernbereiche, sozusagen seinen Motor. In diesen Bereichen muss es „Top“ sein und sich gut qualifizierte und engagierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen leisten, wenn es am Markt bleiben will. In unserem Betriebsbeispiel ist das (aktuell und zukünftig) die Instandhaltung, außerdem die Entwicklungsabteilung und der Stamm an Vertretern (der verantwortlich ist für den vor allem durch exzellente Vertreter im Vertrieb geschaffenen hohen Marktanteil der Produkte). Kontinuität der Arbeit und Wachstumsraten der Wertschöpfung haben darin ihren wesentlichen Kern. In der Instandhaltung arbeiten 31 MA, in der Entwicklung und in der Akquise sind insgesamt 24 MA tätig. Altersstruktur im Jahr 2003 16 14 12 Anteile in % 10 8 6 4 2 0 15-19 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 über 64 Altersgruppen ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 15 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Abb. 4: Altersstruktur des Muster-Unternehmens im Jahr 2003 Das Schaubild der Altersstruktur in 2003 zeigt eine noch relativ ausgewogene Altersstruktur, die allerdings beim genauen Hinsehen bei den ganz jungen und den älteren Jahrgängen schon erhebliche Defizite aufweist. Altersstruktur im Jahr 2013 18 16 Anteile in % 14 12 10 8 6 4 2 0 15-19 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 über 64 Altersgruppen Abb. 5: Altersstruktur des Musterunternehmens im Jahr 2013 Die Hochrechnung für die nächsten zehn Jahre – eine einfache Fortschreibung auf Basis gleichbleibender Personalzu- und -abgänge wird der Einfachheit halber hier unterstellt – zeigt ein bedenkliches Bild in 2013. Die Hälfte der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist dann bereits über 45 Jahre alt und die Anzahl der jüngeren unter 35 Jahren auf ca. 20 Prozent geschrumpft. Von einer ausgewogenen Altersstruktur kann nicht mehr die Rede sein. Dieses „Frühwarnsystem“ hinsichtlich kommender personeller Engpässe erweist sich also schon in einer wenig aufwändigen Übersicht als signifikant, die „roten Lämpchen“ fangen zu glühen an. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 16 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Altersgruppenanalyse 2003 bis 2013 35 15 - 24 J 30 25 - 34 J Anteile in % 25 35 - 44 J 45 - 54 J 20 55 - 65 J 15 10 5 0 2003 2008 2013 Jahre Abb. 6: Altersgruppenanalyse des Musterunternehmens 2003 bis 2013 Das Unternehmen wird sich also Gedanken machen müssen, wie jüngere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen rekrutiert werden können, wie es die älteren in der Arbeit gesund erhalten und sie dazu bringen kann, länger zu arbeiten bzw. bis zum regulären Renteneintrittsalter „durchzuhalten“. Legt man dann noch einmal die Messlatte des Kernarbeitsbereiches – hier vor allem die Instandhaltung und die arbeitsintensive Entwicklung – an, verdüstert sich das Bild erheblich. In beiden Bereichen arbeitet jeweils fast ein Viertel aller, sie haben ein weit höheres Durchschnittsalter als die generelle Altersübersicht aufweist. Mitarbeiter Instandhaltung & Entwicklung 2003 & 2013 nach Altersgruppen 12 10 8 MAZahl 6 4 2 0 16 - 20 J 21 - 25 J 26 - 30 J 31 -35 J 36 - 40 J Altersgruppen ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 2014 41 - 45 J 46 - 50 J 51 - 55 J 2004 56 - 60 J 61 - 65 J 17 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Abb. 7: MA Instandhaltung und Entwicklung 2003 und 2013 nach Altersgruppen im Musterunternehmen Hier zeigen sich schon jetzt, dass Fragen der Wissensweitergabe, der Einarbeitung, der Rekrutierung von qualifizierten Kräften und Altersabgänge vorrangig anzugehende Aufgaben sind, für die schnell Lösungen gefunden werden müssen (in Planung sind bereits als Handlungsmaximen der Start einer Ausbildung Technik, Werbung und Präsenz in den Abgangsklassen der Realschulen, Attraktivität der Beschäftigung für Ältere schaffen, „altersneutrale“ Personalsuche etc.). An diesem Beispiel wird vor allem deutlich, dass es nicht ausreicht, im Unternehmen nur eine generelle Übersicht der Alterszusammensetzung zu erstellen. Diese wäre so aussagekräftig wie die über den Durchschnittslohn. Mindestens die zentralen Arbeitsbereiche sollten für die Personalentwicklung gesondert betrachtet werden, damit die richtigen zielführenden Maßnahmen geplant und umgesetzt werden können. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 18 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf 7.2 Zielvorstellungen bei der Altersstrukturanalyse Die gegenwärtigen Personalmaßnahmen in jedem Unternehmen – von der Rekrutierung neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bis zur vorzeitigen Verrentung – müssen sich am zukünftigen Personalbestand und dessen Struktur (vorausschauende quantitative Personalanpassung) und zugleich als Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung von Qualifikation, Motivation und Gesundheit der MA am Stand ihrer jetzigen und (vermuteten) zukünftigen Arbeitsfähigkeit orientieren (qualitative Personalanpassung). Maßnahmeplanung Konzept Altersstrukturanalyse Arbeitsfähigkeitsprofil Beratung etc. Maßnahmen z. B. Qualifizierung Wissenstransfer Sensibilisierung Evaluation Überprüfung der Umsetzung Verbesserungsmaßnahmen etc. Gesundheitspromotion Abb. 8: Maßnahmeplanung 7.3 Arbeitsfähigkeitsprofil des Unternehmens Eine langfristige Personalentwicklung (Planungszeiträume 3 - 5 –10 Jahre) schließt zur Pflege des Personalbestandes und zur Einschätzung der Entwicklungsfähigkeit von Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen und Prozessen die (abteilungsweise) Erstellung eines Arbeitsfähigkeitsprofils ein. Dafür sind vorerst zwei Begriffe zu klären: Was ist mit Arbeitsfähigkeit gemeint, was verstehen wir unter dem Arbeitsfähigkeitsprofil? Die Arbeitsfähigkeit einer(s) Mitarbeiter(s)in ist eine Kombination aus drei Faktoren2: 2 Die hier aufgeführten Elemente sind Beispiele und keine Aufzählung mit Anspruch auf Vollständigkeit ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 19 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Faktoren Elemente • • Qualifikation • • Motivation • • • • • Gesundheit • Kompetenz Wissenstransfer (als Erfahrungsaustausch und Einarbeitung) Lernen Faktorübergreifende Elemente Berufsbegleitendes Lernen Wertschätzung im Unternehmen Berufsbegleitendes Lernen Aufstiegschancen Betriebsklima (Vertrauen/Personal- Arbeits(platz)gestaltung abbau/-zugang) Beteiligungssystem (BVW, KVP...), Lohngerechtigkeit... Physiologische und psychische Gesundheit Arbeits(platz)gestaltung Gesundheitsvorsorge Keiner dieser drei Faktoren konstituiert für sich genommen Arbeitsfähigkeit, sie müssen geordnet zusammenspielen und werden im Prinzip von der Motivation quasi „dirigiert“. Ohne Motivation wird es keinen zielgerichteten, koordinierten Einsatz der anderen Faktoren geben. 1. Qualifikation kann als das bezeichnet werden, was jemand gelernt hat und was er dazu lernt. Ausgebildete Geschicklichkeit durch Übung und natürliche Voraussetzungen erlauben die Ausführung spezifischer Tätigkeiten. 2. Motivation entscheidet als Arbeitsfreude/Arbeitseinsatz, als Art und Weise, wie jemand seine Aufgabe wahrnimmt und wieweit er dabei andere im positiven Sinne „ansteckt“ etc., mit über das Ergebnis (Qualität und Quantität). 3. Ein weiterer entscheidender Faktor (oder eine wesentliche Voraussetzung für die Arbeitsfähigkeit) ist natürlich Gesundheit. Diese subjektiven Faktoren treffen auf betriebliche Bedingungen („objektive“ Faktoren wie Qualifikationsanforderungen, Lohn- und Gehaltsgestaltung, Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitsarrangements und Arbeitsbedingungen), die im positiven oder negativen Sinn mit der Arbeitsfähigkeit im Wechselspiel stehen und sie unterstützen. Eine verlässliche Einschätzung der MA-Potenziale3 wird auf diese Voraussetzungen als Stimulanz von Motivation – dem „großen“ Diri3 Befragungen und Potenzialanalysen ergeben ebenfalls wichtige Daten, ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 20 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf genten der Arbeitsfähigkeit – eingehen müssen. Das gilt insbesondere für Maßnahmen, die immer auch in Richtung Veränderung der Faktoren gehen (müssen). Arbeitsfähigkeit ist ein dynamischer Prozess, subjektiv von Wille und Bewusstsein der Mitarbeiter/Mitarbeiterin (als Motivation) gesteuert und keine statische Größe. Sie ist durch Umfeldveränderung variabel und beweglich auf der Zeitachse. Das Erstellen des Arbeitsfähigkeitsprofils ist der Versuch, diese Faktoren in ihren Unterpunkten/Elementen zu gewichten, um zu einer Einschätzung des Ist-Zustandes und zu (Gedanken über) Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit für die nächsten (zehn) Jahre zu kommen. Wenn keiner der Faktoren der Arbeitsfähigkeit Sinn ohne die anderen macht, kann man sie alle einerseits als gleichermaßen wichtig unterstellen. Setzte man ein Arbeitsfähigkeitsprofil mit x Punkten (= sehr gut), entfielen auf jeden Faktor x/3 Punkte – alle Unterpunkte oder Elemente der Faktoren sind auf jeweils ein Drittel der Gesamtpunktzahl zu beziehen. Andererseits, wenn man weiß, dass Motivation doch noch einen „Tick“ wichtiger ist als die anderen beiden Faktoren, sollte man hier besonders genau bei der Bewertung des Unternehmens hinschauen. Im Klartext: ein Unternehmen, das über den Faktor Gesundheit seiner Belegschaft und vor allem über seine Bereitstellung von sachlicher und motivationaler Unterstützung dabei das Urteil fällen muss: nur ausreichend, wird – wenn es keine Maßnahmen ergreift, um die Gesundheit und Voraussetzungen dafür im Betrieb zu verbessern – mit Sicherheit auch bei den Faktoren Motivation und Qualifikation nachlassen. Wer nicht besser wird, hört auf gut zu sein und provoziert im Unternehmen die Haltung, die als „Dienst nach Vorschrift“ den körperlichen und geistigen Einsatz aller hemmt. sie spielen aber auf einem anderen Feld. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 21 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf 7.4 „PISA“ für Betriebe: Ermittlung des Arbeitsfähigkeitsprofils - Qualifikation, Motivation und Gesundheit Unser Konzept versteht sich als leitfragengestützte Moderation/Befragung in einem Arbeitskreis bzw. Workshop, wobei weitere und wichtige Impulse von den beteiligten Personen (Personalleiter/innen u. a.) aus den Betrieben bzw. innerbetrieblich in die Befragung und in die Bewertung eingehen. Zwar ist jeder gehalten, die Fragen vorher zu durchdenken und auch durch Rücksprache im Unternehmen ein Meinungsbild zu ermitteln, das über seinen „subjektiven“ Befund hinausgeht. Unser PISA-Test für Betriebe, eine Diskussions- und Bewertungsrunde mit implizitem benchmarking –, macht relativ wenig Sinn, wenn jemand die Fragen im „stillen Kämmerlein“ abhakt. Wichtig ist, die eigene Einschätzung anhand des Arbeitsfähigkeitsprofils vortragen und begründen zu müssen. (Das mag zeitaufwändig sein, zwingt aber zu einer nachvollziehbaren Bilanz und damit zu größerer Klarheit.). Entscheidend ist auch nicht die Benotung, sondern die jeweils beurteilte Handlung oder Maßnahme, die dahinter steht und die Verbesserungstendenz. Die Fragen und ihr Aufbau sind vor allem auf Betriebe ab ca. 100 Beschäftigte aufwärts ausgerichtet. Manche Bewertung macht in kleineren Betrieben keinen Sinn, ohne dass diese deswegen „schlechter“ organisiert sein müssen. Fassen wir noch einmal zusammen: Arbeitsfähigkeit ist Qualifikation + Motivation + Gesundheit Diese „subjektiven“ Faktoren treffen auf betriebliche Bedingungen („objektive“ Faktoren wie Qualifikationsanforderungen, Gehalt und Arbeitsbedingungen), die positiv oder negativ verstärkend wirken. Das Arbeitsfähigkeitsprofil gewichtet die Faktoren und ihre Elemente zu einer Einschätzung des Ist-Zustandes und leitet von daher Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit ab. Vor diesem Hintergrund steht die Überprüfung aller betrieblichen Maßnahmen, der laufenden und der geplanten, im Personalwesen unter dem Gesichtspunkt Entwicklungsfähigkeit angesichts des demografischen Wandels in den nächsten fünf bis zehn Jahren an (ggf. auch außerhalb, wie Gesundheit, Wissensmanagement usw.). ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 22 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf 7.5 Ergebnis-Beispiel einer Einschätzung der betrieblichen Potenziale und Mängel Das ist bereits positiv Da müsste was getan werden fast keine MA-Fluktuation, MA sind betriebsverbunden Unternehmensphilosophie schon versteckt vorhanden? (Bilder vermitteln: Selbstbewusstsein, Stärke, Flexibilität, „Schläue“) jeder MA wird mit seinen Stärken und Was macht man daraus? Schwächen angenommen und bei Schwierigkeiten aufgefangen bei Einstellung spielt Alter kaum mehr gezielt ab 45 rekrutieren (Problem: eine Rolle, Einarbeitungsphasen Einstellungsstopp), „Girls' Day“ nutzen (techn. Bereich) kfm. Azubis werden über eigenen Bedarf ausgebildet, überbetrieblicher Unterricht, geplant ist eine technische Ausbildung Bildungsbedarfe werden teilweise mit MA-Beteiligung erhoben, Weiterbildung wird altersheterogen angeboten , Mitarbeiter beurteilt und die Umsetzung durch Vorgesetzte benotet (Möglichkeit des Transfers wird berücksichtigt) Klage („Jammern“) über mangelhafte schulische Grundlagen, aber das ist nun mal das Potenzial der Zukunft? Was tun, wie gegensteuern? Eure Qualifikation und Gesundheit ist unsere Zukunft – könnte Motto lauten Kursgebühren bei Aufstiegsfortbildung werden übernommen, im Anschluss i. d. R. Arbeitsplatzwechsel Laufbahngespräche, horizontale Laufbahnplanung? Führungskräfte werden erst seit kurzem in Führungskompetenz und MAMotivation geschult Was fehlt: Coaching für führende MA betriebsintern? Qualitätszirkel (QZ) Pures QM-Instrument oder - was leisten sie genau und was sollen sie leisten? Wissenstransfer durch Besprechungs- freiwillige Seniorexperten? weitere runden, Altmeister und Jungmeister Tandems alt/jung? QZ nutzen arbeiten in Tandems ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 23 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf BVW: viele Vorschläge, Umsetzung ca. 30 % Wie sieht die Beurteilung aus, was passiert mit Anregungen, die auf Nichtbefassung lauten? Wertschätzungskultur, Junge arbeiten Aufbau Beurteilungssysteme, Prämien für Ältere z. T. in Nachschicht usw. Schichtarbeit für alle – muss das sein? Bonussystem bei Fehlzeiten durch Erkrankung, Rückkehrgespräche (durch geschulte Führungskräfte) Fehlzeitenstatistiken, Differenzierung (Diplomarbeit), MA-Befragungen durch z. B. AOK? Mehr Gesundheitsvorsorge Sicherheitsfachkraft, Sicherheitsbeauftragte, Gefährdungsanalysen Lärm! job-rotation? Recycling-Bereich für „angeschlagene MA“? Arbeitszeitkonten Besprechung der Ausgangslage Beim Besuch des Unternehmens ist aufgefallen, dass Zeichnungen/Poster in Arbeitsräumen z. B. Selbstbewusstsein, Stärke, Flexibilität und „Schläue“ der Firma zum Ausdruck bringen. Dies könnte leicht zu einer Unternehmensphilosophie ausformuliert werden, zu der auch gehört, dass alle Mitarbeitenden mit ihren Stärken und Schwächen angenommen werden. Die Rekrutierung von Personal könnte künftig z. B. durch Maßnahmen wie den „Girls’ Day“ erfolgen, um langfristig auch mehr Frauen zu erreichen. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund zu betrachten, dass ab 2005/2006 jedes Jahr sukzessive 14 Prozent weniger junge Menschen dem Lehrstellenmarkt zur Verfügung stehen werden. Die Zahl der Schulabgänger wird sich bis 2012 um die Hälfte reduzieren. Dabei wird die Qualität der Schulabschlüsse immer schlechter. Aus diesem Grund ist bei Einstellungsgesprächen zu prüfen, ob vielleicht gering qualifizierte, aber lernwillige Bewerber durch Unterstützungsmaßnahmen gefördert werden können. MA, die sich qualifizieren, finden oftmals keinen adäquaten Arbeitsplatz im Unternehmen. Da es nur begrenzte vertikale Aufstiegsmöglichkeiten gibt, ist zu überlegen, ob auch eine horizontale Laufbahnplanung möglich ist, vor allem, um den Betrieb ab 2006 attraktiver zu machen. In einigen Jahren ist eine gesonderte Vergütung für zusätzliche Leistungen (z. B. bei Maschinenführern) denkbar. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 24 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Es ist zu überlegen, ob die Schulung der Führungskräfte auch betriebsintern bzw. Coaching möglich ist. Qualitätszirkel werden mit drei bis vier Veranstaltungen pro Jahr zum Thema Qualität/Information/Problembehandlung abgehalten. Sie werden von den Meistern geleitet, denen in der Meisterausbildung das Rüstzeug dafür vermittelt wird. Mehr Teamarbeit bzw. teilautonome Gruppenarbeit (selbstbestimmte Planung) wären sinnvoll. Die Zusammenarbeit von Jung und Alt in Tandems wird praktiziert, da neue MA drei bis vier Wochen mit dem bisherigen Stelleninhaber zusammenarbeiten bzw. angelernt werden. Neuerdings werden die MA für verschiedene Tätigkeiten qualifiziert, da andere Schichtmodelle dies erforderlich machen. Bisher blieb ein Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin über sehr lange Zeit an derselben Maschine oder in derselben Tätigkeit. Das betriebliche Vorschlagwesen bringt 30 Prozent brauchbare Vorschläge hervor, die auch umgesetzt werden. Sinnvolle Vorschläge, die noch nicht umgesetzt werden können, werden mit einer Anerkennungsprämie von 50 Euro belohnt. Ein Beurteilungssystem existiert momentan nicht, ist aber in Verbindung mit einem neuen Tarifvertrag ab 2007 geplant. Die Fehlzeitenstatistik wird monatlich und abteilungsbezogen geführt, die Krankmeldung wird mittlerweile am ersten Krankheitstag verlangt. MA-Gespräche werden nur im Beisein des Betriebsrats geführt. Das Unternehmen müsste hinsichtlich der Gesundheitsvorsorge einiges tun, möchte aber gerne sukzessive mit kleinen und überschaubaren Maßnahmen anfangen. 7.6 Gestufter Maßnahmenkatalog des Unternehmens kurzfristig Das Unternehmen hat sich entschlossen, seine Unternehmensphilosophie zu formulieren und den Wissenstransfer zwischen jung und alt zu systematisieren. Außerdem eine technische Ausbildung zu starten und die Präsenz in den Schulen zu suchen, um darüber die Gewinnung von Nachwuchs sicherzustellen und Schwachstellen beim Lernen zu beseitigen. mittelfristig Ein Ideenmanagement soll eingeführt werden, um die Beteiligung am Unternehmenserfolg zu verbessern. Schichtarbeitsplätze sind zu überprüfen, Gesundheitsmaßnahmen betriebsintern und individualisiert zu forcieren, fortlaufend Gespräche über Beschäftigungschancen bis ins Alter und mögliche Veränderungen frühzeitig mit den Betroffenen in den Fachbereichen und dem Betriebsrat zu führen (Laufbahnplanung). Kooperation mit der Arbeitsmedizin wird ausgebaut. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 25 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf langfristig Das Management wird verstärkt an Schulungen über Talentpotenziale, Gesundheit usw. teilnehmen und die neuen Ziele erfüllen. Alter wird in Zukunft kein Kriterium des Ausschlusses, sondern als Altern von Belegschaften eine Grundlage der Ausrichtung von Unternehmensprozessen sein. Außerdem ist eine Bewertung der Arbeitsplätze nach ihrem Lernpotenzial und nach Kriterien der Belastung vorgesehen. Dadurch sollen Lern- und Aufstiegschancen systematisiert und für alle geöffnet werden. 7.7 Vorgehen in Arbeitskreisen und betrieblichen Workshops • Aufgabenstellung, Analyse und Ergebnispräsentation durch Moderation • Diskussion und Optimierung der Analysen und Ergebnisse nach dem Prinzip: Betrieb coacht Betrieb, die Funktionsträger einer Abteilung coachen die Funktionsträger einer anderen Abteilung. Praktische Vorschläge und der Erfahrungsaustausch liefern Denkanstöße und verbessern die einzelbetriebliche Praxis • Benchmarking beim Arbeitsfähigkeitsprofil und Erfahrungsaustausch über die Wirksamkeit von Maßnahmen sind ein wesentliches Movens der Innovation • Jedes Unternehmen erarbeitet sich im Arbeitskreis sein spezielles Konzept. Verbindliche Arbeitsvorgaben und die schrittweise Anwendung der Methoden auf das eigene Unternehmen sorgen für einen schnellen betrieblichen Nutzen • Die Beteiligung am Arbeitskreis ist im Unternehmen bekannt zu machen, die Geschäftsführung ist verantwortlich einzubinden • Resultate und geplante Maßnahmen lassen sich für die Öffentlichkeitsarbeit nutzen (Verbände, Presse, Internet usw.), darüber erhöht sich der Bekanntheitsgrad/Bonus als möglicher guter Praxis-Betrieb in Norddeutschland bzw. auch eine regionale positive Präsenz in Medien, Attraktivität für (neue) MA usw. Parallel zu der laufenden Altersstrukturanalyse und dem Erstellen des Arbeitsfähigkeitsprofils werden flankierende Veranstaltungen zu verschiedenen Schwerpunkten nach Bedarf angeboten (Referate und Arbeitsgruppen z. B. zu der Frage, wie können wir auf dem Markt für Auszubildende attraktiver werden). Um Praxisnähe und Beispielcharakter sicher zu stellen, übernehmen vor allem Inhaber/GF als ausgewiesene Praktiker Darstellung und Diskussion. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 26 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Handlungsfelder: 9 9 9 9 9 9 9 9 Berufsbegleitendes Lernen Betriebsbindung und Beteiligungssysteme Altersmix-Potenziale besser nutzen Wissens- und Know-how-Transfer Vorzeitige Verrentung/Altersteilzeit/Arbeitszeitkonten Berufliche Entwicklung Rekrutierungsstrategien Gesundheitsvorsorge Workshop Altersstrukturanalyse und Einschätzung des Arbeitsfähigkeitsprofils Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (heute - morgen) Kurzfassung Die Altersstrukturanalyse ist ein Frühwarnindikator, der Anhaltspunkte zur Planung des Personalbestandes, der gegenwärtigen und zukünftigen Personalstrategien, zur Steuerung von Personalzu- und -abgängen liefert. Die Daten erlauben verlässliche Aussagen über die künftigen Herausforderungen angesichts des demografischen Wandels wie Rekrutierung und Qualifizierung von Mitarbeitern in zentralen Bereichen der Wertschöpfung. Daran schließt sich die Erstellung eines Arbeitsfähigkeitsprofils des Unternehmens an, das die Grundlage für die Planung von personalpolitischen Maßnahmen liefert. Arbeitsschritte 1. Altersstrukturanalyse Wir starten vor Beginn des Workshops mit einer betrieblichen Altersstrukturanalyse, die mit wenigen Daten und Annahmen über die Zukunft auskommt: Ist-Stand, ein Blick in die nahe Zukunft (5-10 Jahre) unter der Annahme von Personalzu- und -abgängen wie in den letzen Jahren und die Analyse von Kerngruppen (z. B. Fachkräften) in zentralen Bereichen. Nach der Auswertung dieser Daten im kleinen Kreis wird das Konzept des Workshops abgesprochen und es werden die Teilnehmer/innen für den Workshop bestimmt. 2. Workshop zum Arbeitsfähigkeitsprofil der Mitarbeiter PISA-Test für Betriebe: Im moderierten Workshop zur Einschätzung des Arbeitsfähigkeitsprofils werden in einer offenen und kritischen Bilanz die Leistungen des Unternehmens in den Feldern Qualifikation, Motivation und Gesundheit der Belegschaft anhand eines Gesprächsleitfadens gemessen. Unter Arbeitsfähigkeit verstehen wir ein Konzept, dass die Qualifikation, Motivation und Gesundheit der MA als die zentralen Faktoren ihrer Arbeitsfähigkeit betrachtet und unter dem Gesichtspunkt Entwicklungsfähigkeit bewertet. Nach der begründeten Beurteilung (benchmarking) folgt eine Überprüfung aller laufenden und geplanten Personalentwicklungsmaßnahmen im Unter- ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 27 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf nehmen, um die Arbeitsfähigkeit in speziellen Bereichen aber auch insgesamt zu verbessern. Ziel ist es, schon heute die Mitarbeiter/innen für morgen aus der vorhandenen Belegschaft heraus zu gewinnen und damit gut aufgestellt zu sein, wenn die demografische Entwicklung das Nachrücken jüngerer qualifizierter Arbeitskräfte kappt. 3. Bilanz Am Ende des Workshops wird Bilanz gezogen. Aus der kritischen und positiven Bilanz heraus werden bereits laufende und beschlossene Maßnahmen verbessert und neue Maßnahmen, die sich aus den ersten beiden Analyseschritten als notwendig erweisen, kurz-, mittel- und langfristig geplant. 4. Präsentation vor der Geschäftsführung In einer gemeinsamen Schlussbilanz wird eine Vorlage für die Geschäftsführung erstellt. Dabei wird die Geschäftsführung über die Auswirkungen des demografischen Wandels auf das Unternehmen informiert und es wird nachvollziehbar überprüft, wieweit die Personalpolitik die richtigen Antworten auf den Wandel gefunden hat. Ziel ist es, das Unternehmen in zentralen Bereichen personell für die Zukunft besser aufzustellen und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und zu optimieren. Veranstalter: (NETAB)-Teilprojekt Weser-Ems mit Arbeitgeberverband Oldenburg e.V. Kostenträger: NETAB und Kofinanzierung durch Freistellung Veranstaltungsort: Unternehmen Termine / Dauer: Einführungstermin in Verfahren und Workshop (ca. 2 Std.), Auswertung der Altersstrukturanalyse mit Teilbereichen (1,5 Std.), Teilnehmer: Vorbereitung und Durchführung Workshop (5 - 6 Std.), Auswertung und Bilanz (schriftlich und Absprache), Management Briefing (3/4 Std.)/Termine nach Absprache Personalführung bzw. –verantwortliche für Absprache der Altersstrukturanalyse. Für die Durchführung des Workshops 4 - 5 Personen, die eine begründete Einschätzung und Klärung aller Fragen in Qualifikation, Motivation und Gesundheit leisten können. Themenschwerpunkte der Einführung, des Workshop und der Bilanz: • • • • • Die Auswirkung des demografischen Wandels auf die Unternehmen Prognose der Altersstruktur im Unternehmen und regionaler „Nachschub“ Differenzierte Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Qualifikation, Motivation und Gesundheit der Mitarbeiter Strategien und/oder Gestaltungsspielräume zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit insgesamt alternder Belegschaften Präsentation bei der Geschäftsführung, Abstimmung der Maßnahmen ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 28 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf 8 Fragestellungen und Fragebögen Moderierte Befragung zu den Teilprofilen der Arbeitsfähigkeit Die folgenden Kriterien sollten in die Überprüfung einbezogen werden, nämlich ob die Maßnahmen: für alle Beschäftigten gelten oder nur für ausgewählte, alle Altersgruppen berücksichtigt werden, Schutzfunktionen für „Leistungsgewandelte“ sowie Benachteiligte usw. eingeschlossen sind, berufsbegleitenden Charakter (Fernziel: Arbeitsfähigkeit bis zur Rente) haben? 8.1 Bestandsaufnahme der MA-Qualifikationen und Bewertung Die Leitfragen zur Qualifikation, Motivation und Gesundheit gehen stärker auf die sachlichen Voraussetzungen im Betrieb ein als auf die subjektiven Befunde (z. B. Befragung aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen). Diese sachlichen Voraussetzungen als Chancen zur Motivation müssen nicht mit einem subjektiven Befund seitens der MA (Befragung) als Entsprechung zusammenfallen, sie sind dennoch ein Maßstab zu einer nüchternen Einschätzung aller Faktoren. • • • • • • • Nehmen Sie die Fragen als Leitfragen zu einer vorläufigen, aber gründlichen Einschätzung. Denken Sie daran, auch Maßnahmen einzuschätzen, die Ihnen selbstverständlich sind, quasi „natürlich“ vorkommen. Überlegen Sie, wo Sie im Unternehmen bereits gut sind und ob Sie daraus genug „machen“. Bei welchen Punkten sind Sie der Meinung, da müsse eigentlich schon längst mal oder immer mal wieder was gemacht werden? Fügen Sie weitere, Ihnen wichtige Elemente ein. Denken Sie an den aktuellen Stand und an auf Sie zukommenden Entwicklungsnotwendigkeiten. Tragen Sie Ihre Einschätzung Punkt für Punkt vor, begründen Sie diese und Ihre vorläufige Benotung. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 29 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf 8.2 Bestandsaufnahme der MA-Motivation und Bewertung Auch hier gilt: Haken Sie die Fragen nicht einfach ab, sondern nutzen Sie diese, um einmal zu überlegen, wo ungelöste Probleme sind, wo Sie schon immer mal etwas optimieren wollten usw. – und beurteilen Sie vor diesem Entwicklungshintergrund/Szenario die vorgelegten und sicher nicht vollständigen sachlichen Elemente der Motivation. 8.3 Bestandsaufnahme der MA-Gesundheit und Bewertung Nutzen Sie auch diese Fragen, um einmal zu überlegen, wo ungelöste Probleme sind, wo Sie schon immer mal etwas optimieren wollten usw. – und beurteilen Sie vor diesem Entwicklungshintergrund/Szenario die vorgelegten und sicher nicht vollständigen sachlichen Elemente der Gesunderhaltung/Prävention. Bitte entscheiden Sie die Beurteilung zu allen Punkten möglichst nicht allein, sondern besprechen Sie die Fragen mit der GF, Meistern, wichtigen Fachkräften usw. Eine Bemerkung zur Benotung: Die Note ist nicht das Entscheidende in der Beurteilung, sondern die Maßnahme oder Handlung, ihr positiver oder negativer Einfluss auf die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, das Betriebsergebnis, das Arbeitsklima, die Kollegialität usw. – und zwar immer auch in Hinsicht auf die Entwicklungsfähigkeit. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 30 0-2 0- 3 0- 1 0–2 Punkte Ist–Stand ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems d) Werden Azubis übernommen? 7. Welche Maßnahmen der Weiterbildung (wenn ja, wie?) 6. a) Bilden Sie aus? 0-5 b) Was ist der Grund dafür? c) Werden Azubis besonders gefördert? 5. a) Welche Qualifikationsgruppen gibt es 0-3 im Unternehmen? b) Wo mangelt es an Kompetenzen und Qualifikationen - bezogen auf die aktuellen Bedarfe? - bezogen auf künftige Anforderungen und Zukunftsbedarfe (3 – 10 Jahre)? 4. a) Erheben Sie die Bildungsbedarfe bei sich im Unternehmen? b) Nach welchen Kriterien (begründen) richten Sie sich? 3. a) Gibt es ein Weiterbildungsbudget? Wenn ja, wie hoch ist es? b) Würden Sie ein anderes Budget einsetzen und warum? 2. Wird Qualifizierung kontinuierlich verfolgt? 1. Wie wichtig ist das Thema Qualifizierung in Ihrem Unternehmen? Fragen (Nicht alle Kriterien lassen sich an KMU anlegen) Punkte mögliche Veränderungen/ Ist Soll-Stand BESTANDSAUFNAHME DER MA-QUALIFIKATION IM UNTERNEHMEN: ________________________________ DATUM: ___________ 31 Punkte Soll 0-2 0- 1 0-2 0-5 0-2 sehr gut gut befriedigend ausreichend ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 32 - 29,5 Punkte: 29 - 26 Punkte: 25,5 - 21,5 Punkte: 21 - 16 Punkte: Gesamtpunktzahl/Note 32 13. Weitere Schwerpunkte, die Ihnen wich0-2 tig sind und ihre Begründung dafür! 12. Wie wird bei Ihnen für Wissenstransfer gesorgt? 11. Was geschieht bei Ihnen, wenn MA den 0-2 Betrieb verlassen (Kündigung, Ruhestand, Erziehungsjahr usw.)? 10. Wie schätzen Sie den Erfolg von Weiterbildungsmaßnahmen (Absicherung) ein? 9. Machen Sie Unterschiede bei den Lerngruppen (z. B. Jüngere/Ältere, Führungskräfte/gering Qualifizierte)? Warum? gibt es bei Ihnen/veranlassen/fördern oder unterstützen Sie? (Anhang) 8. In wieweit decken sich Ihre Vorstellungen über notwendige Weiterbildungsoder Fördermaßnahmen mit der Betriebspolitik? 32 Punkte Ist–Stand 1- 3 BVW, Ideenmanagement etc. Betriebsfeste, Gesprächsforen etc. Prämien In wiefern stoßen Beteiligungssysteme bei Ihren MA auf Akzeptanz? ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems die Arbeitsorganisation nehmen (Arbeitszeit, -inhalte, -gestaltung)? 7. Woran orientieren sich bei Ihnen die 6. Welchen Einfluss können Ihre MA auf a) b) c) d) 5. Wie sehen MA-Beteiligungssysteme bei Ihnen aus? 4. Welche Möglichkeiten der MA-Entwicklung/Laufbahnplanung gibt es in Ihrem Unternehmen? 0-3 0–5 0-2 3. Gibt es bei Ihnen Führungsgrundsätze? Wenn ja, wie werden sie mit Leben ge- 1 - 2 füllt? 2. a) Was gehört für Ihr Unternehmen zum Thema Wertschätzung der MA? b) Wie würden Sie die Unternehmenskultur beschreiben? 1. Wie wichtig ist das Thema Motivation in 0-2 Ihrem Unternehmen? Fragen (Nicht alle Kriterien lassen sich an KMU anlegen) Punkte mögliche Veränderungen/ Ist Soll-Stand BESTANDSAUFNAHME DER MA - MOTIVATION IM UNTERNEHMEN: ________________________________ DATUM: ___________ 33 Punkte Soll 0-2 0-2 0-2 0-2 sehr gut gut befriedigend ausreichend ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 32 – 29,5 Punkte: 29 - 26 Punkte: 25,5 - 21,5 Punkte: 21 - 16 Punkte: Gesamtpunktzahl/Note 32 13. Weitere Schwerpunkte, die Ihnen wich0-3 tig sind! 12. Wie wird mit Freisetzungen und Rationalisierung umgegangen? 11. Wie steht Ihr Unternehmen nach außen da? Presse, Schulen usw. Was machen 0-2 Sie dafür? 10. a) Wie schätzen Sie die Bindung Ihrer MA ein? b) Wie hoch ist die MA-Fluktuation? c) Gründe dafür? 9. a) Arbeiten bei Ihnen altersgemischte Teams? b) Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit von jung und alt? 8. a) Wo entstehen in Ihrem 0-2 Unternehmen Konflikte? b) Welcher Art sind sie und wie werden sie gelöst? Lohn- und Gehaltszahlungen, Beurteilungssysteme, MA-Bewertung - transparent usw.? 34 0-3 0-3 1-5 0-2 Punkte Ist–Stand ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 0-4 5. a) Gibt es eine Fachkraft für Arbeits0-3 sicherheit/Sicherheitsingenieur /Betriebsarzt? b) Wie sind die Aufgabenzuschnitte? c) Wie sieht die Zusammenarbeit mit Berufsgenossenschaft, Krankenkassen usw. aus? 6. a) Gibt es über die gesetzliche Notwen0-2 digkeit hinaus bei Ihnen Gefährdungsbeurteilungen/-analysen? b) Was folgt aus diesen? 7. a) Gibt es Arbeitsplatzanalysen bzw. 2. a) Wer ist (neben den MA selbst) bei Ihnen für die Gesundheit der MA zuständig? b) Gibt es MA-Befragungen dazu? c) Machen Sie Unterschiede zwischen jung und alt? (Wie sehen diese aus?) 3. a) Was wird zur Gesundheitsförderung angeboten? b) Gibt das Unternehmen den MA Anregungen zur Gesunderhaltung? 4. Was folgt aus krankheitsbedingten Fehlzeitenstatistiken? (z. B. Rückkehrgespräche, Ergebnis...) 1. Wie wichtig ist das Thema Gesundheit in Ihrem Unternehmen? Fragen (Nicht alle Kriterien lassen sich an KMU anlegen) ___________ Punkte mögliche Veränderungen/ Ist Soll-Stand BESTANDSAUFNAHME DER MA-GESUNDHEIT IM UNTERNEHMEN: ________________________________ DATUM: 35 Punkte Soll 0-2 0-2 0-1 0-3 sehr gut gut befriedigend ausreichend ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 32 – 29,5 Punkte: 29 - 26 Punkte: 25,5 - 21,5 Punkte: 21 - 16 Punkte: 32 12. Weitere Schwerpunkte, die Ihnen wich0-2 tig sind! Gesamtpunktzahl/Note 8. Welche Gestaltungsspielräume haben die MA bei der Arbeit? (Wdh. Motivation) 9. Gibt es Arbeitsplätze, von denen man weiß, dass niemand daran bis ins Rentenalter arbeiten kann? Wie wird damit umgegangen? 10. Für wen gibt es vertikale und horizontale Laufbahngespräche? a) Haben diese auch dauerhafte (einseitige) Belastung, Stress etc. zum Inhalt? b) Wie wird mit den Ergebnissen verfahren? 11. Welche Maßnahmen werden durchgeführt, wenn MA gesundheitlich beeinträchtigt sind? Begehungen? b) Unter welchen Gesichtspunkten erfolgen diese (z. B. Verschleiß, langfr. Planung von Besetzungen/ Arbeitsplatzveränderungen)? c) Wer ist wie eingebunden? 36 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Ein Vorschlag für europäische Leitlinien einer guten betrieblichen Praxis („good practice“) - EUROLINK AGE 1 Lernen, Fort- und Weiterbildung Ermutigen Sie alle Ihre Mitarbeiter zum lebenslangen Lernen. Stellen Sie sicher, dass – soweit wie möglich – alle Ihre Mitarbeiter während des gesamten Arbeitslebens Zugang zu Fort- und Weiterbildungsangeboten sowie zu beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten haben. Damit Ihre Belegschaft gut ausgebildet und auf dem neuesten fachlichen Stand qualifiziert ist, sollten folgende Grundsätze beachtet werden: Bieten Sie Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen an, die sich nicht ausschließlich auf einen bestimmten Arbeitsplatz oder auf eine bestimmte Aufgabe beziehen, sondern insgesamt auch der Laufbahnentwicklung und Karriereplanung dienen. Prüfen Sie regelmäßig den Fort- und Weiterbildungsbedarf aller Ihrer Beschäftigten. Stellen Sie sicher, dass das Alter nicht zum Ausschlusskriterium für eine Teilnahme wird. Ermutigen Sie die Beschäftigten aller Altersgruppen, Qualifizierungsangebote auch zu nutzen. Wenn Sie Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen anbieten, berücksichtigen Sie dabei sowohl Ihre betrieblichen als auch die individuellen Interessen der Beschäftigten. Auch sollten die individuell unterschiedlichen Lern- und Arbeitsstile sowie die bisherigen beruflichen Vorerfahrungen der Teilnehmer angemessene Beachtung finden. Tragen Sie mit dazu bei, dass in Ihrem Betrieb Vorurteile gegenüber der Lernmotivation und -fähigkeit von älteren Beschäftigten sowohl bei den Arbeitnehmern selbst (in allen Altersgruppen) sowie bei den Vorgesetzten abgebaut und überwunden werden. 2 Flexible und moderne Arbeitsorganisation Passen Sie Arbeitszeiten und Arbeitsorganisation an sich verändernde Arbeitswünsche und -erfordernisse Ihrer Mitarbeiter an. Berücksichtigen Sie hierbei auch Unterschiede in den familiären Lebensumständen im Lebenslauf (z. B. Kindererziehung, Pflege von älteren Angehörigen). Damit möglichst flexibel auf sich im Lebenslauf verändernde Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter reagiert werden kann, sollten folgende Grundsätze beachtet werden: Passen Sie auf allen Arbeitsplätzen Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen an Veränderungen im Leistungsvermögen und in den Lebensumständen Ihrer Mitarbeiter an. Ermöglichen Sie Ihren Mitarbeiter/innen bei Bedarf mehr Flexibilität bei der Gestaltung von Arbeitszeiten und sonstigen Arbeitsbedingungen. Stellen Sie sicher, dass Ihre Beschäftigten bei der Einführung sie betreffender Veränderungen am Arbeitsplatz auch beteiligt werden. Beachten Sie bei der Gestaltung von Arbeitszeiten und Arbeitsorganisation, dass es im Lebenslauf unterschiedliche Erfordernisse in der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 37 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf und Familie bzw. Pflege gibt. Achten Sie dabei auch auf mögliche Überschneidungen mit anderen Arbeitnehmerrechten (z. B. im Rentenrecht). 210 3 Arbeitsplatzgestaltung und betriebliche Gesundheitsförderung Arbeitsabläufe und -anforderungen sollten so gestaltet sein, dass die Beschäftigten nicht nur gute Leistungen erbringen, sondern möglichst auch von gesundheitlichen Risiken verschont werden und ihre Gesundheit gefördert wird. Damit Ihre Beschäftigten ihr Leistungsvermögen jederzeit optimal einsetzen können, sollten folgende Grundsätze beachtet werden: Bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen sollten mehrere Ziele beachtet werden: ein Nachlassen in den körperlichen und geistigen Fähigkeiten zu verhindern, evtl. bereits eingetretene Einschränkungen (z. B. Behinderungen) zu kompensieren sowie dem alterstypischen Leistungswandel Rechnung zu tragen. Tragen Sie mit dazu bei, dass arbeitsbedingte Erkrankungen und Behinderungen vermieden werden. Fördern Sie damit die Gesundheit Ihrer Belegschaft. Ermutigen Sie Ihre Beschäftigten, einen gesunden Lebensstil zu praktizieren sowie selbst am Arbeitsplatz auf potentielle Gesundheitsgefahren zu achten. Nutzen Sie die Möglichkeiten von Arbeitsplatzgestaltung und Ergonomie, um den beruflichen Wiedereinstieg nach unterbrochener Erwerbstätigkeit (z. B. nach Krankheit) zu erleichtern. Stellen Sie sicher, dass alle Sicherheits- und Hygienevorschriften in Ihrem Betrieb beachtet werden (können). 3 11 4 Einstellung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Stellen Sie neue Mitarbeiter ausschließlich aufgrund der für den jeweiligen Arbeitsplatz benötigten fachlichen Qualifikationen und Kompetenzen ein. Benachteiligen Sie keine Bewerber aufgrund ihres Alters. Wichtigstes Einstellungskriterium sollte Ihr Eindruck beim Bewerbungsgespräch sein. Damit Sie fachlich geeignete Bewerber nicht von vornherein ausschließen, sollten Sie folgende Grundsätze beachten: Verzichten Sie in Stellenanzeigen auf die Vorgabe von Altersgrenzen. Ihre Stellenanzeigen sollten so formuliert sein, dass sie ein möglichst breites Altersspektrum von Bewerbern ansprechen. Stellen Sie bei Einstellungen die beruflichen Fähigkeiten, Kompetenzen und das Leistungsvermögen der Bewerber und nicht deren Alter in den Vordergrund. Stellen Sie sicher, z. B. durch Schulungen, dass die für die Einstellung verantwortlichen Mitarbeiter nicht aufgrund von Vorurteilen und Stereotypen entscheiden. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 38 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf 5 Innerbetriebliche Beförderung und Arbeitsplatzwechsel Achten Sie darauf, dass bei einer Beförderung nur sach- und tätigkeitsbezogene Kriterien für die Übernahme der neuen Aufgabe ausschlaggebend sind. Damit Beförderungen und andere Arbeitsplatzwechsel einem fairen Verfahren unterliegen, sollten folgende Grundsätze beachtet werden: Sorgen Sie dafür, dass Beförderungen grundsätzlich all jenen Beschäftigten offen stehen, die aufgrund ihrer Qualifikationen und Fähigkeiten für die neue Aufgabe geeignet sind.12 Prüfen Sie die Bewerbungsunterlagen vor allem im Hinblick auf fachliche Qualifikationen, berufliches Leistungsvermögen und auf bisherige Erfahrungen und nicht auf das Alter der Bewerber. Stellen Sie sicher (z. B. durch entsprechende Schulungen), dass die für die Beförderung verantwortlichen Mitarbeiter nicht aufgrund von Vorurteilen und Stereotypen entscheiden. Eröffnen Sie auch älteren Beschäftigten Möglichkeiten zur beruflichen Fort- und Weiterentwicklung, und zwar innerhalb wie außerhalb des Betriebes gleichermaßen. 6 Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und Übergang in die Rente Sollten Sie sich von Mitarbeitern trennen müssen, stützen Sie Ihre Entscheidung ausschließlich auf objektive, arbeitsbezogene Kriterien und nicht auf das Alter. Bieten Sie Ihren Beschäftigten unterschiedliche Optionen zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben an und ermöglichen Sie dabei jeweils Chancengleichheit in den Zugangsbedingungen. Damit das Ausscheiden aus dem Betrieb flexibel und unter den Bedingungen von Chancengleichheit erfolgen kann, sollten folgende Grundsätze beachtet werden: a) bei Entlassungen Legen Sie Ihrer Entscheidung, von welchen Mitarbeitern Sie sich trennen wollen, objektive Kriterien und nicht das Lebensalter zugrunde, sofern dem keine gesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufen. Bevor Sie Mitarbeiter entlassen, suchen Sie nach geeigneten Alternativen, so z. B. Teilzeitbeschäftigung, Job-sharing, sog. „Sabbatjahre“ oder befristete Verträge. Wenn bei Ihnen Entlassungen anstehen: Helfen Sie den Betreffenden, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten und einen neuen Arbeitsplatz zu finden. 14 b) beim Übergang in die Rente Garantieren Sie beim Ausscheiden aus dem Erwerbsleben dem Einzelnen so viel individuelle Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit wie möglich. Führen Sie keine Frühverrentungsmaßnahmen durch, bevor Sie nicht sorgfältig deren Folgen für die Betroffenen sowie für Ihren Betrieb geprüft haben. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 39 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Bieten Sie, wenn möglich, gleitende Übergänge in die Rente und/oder andere flexible Arbeitszeitregelungen an. Erlauben Sie den Beschäftigten, wenn diese es wünschen, auch über die gesetzlichen Altersgrenzen hinaus zu arbeiten; prüfen sie dabei, ob nicht auch eine Anstellung als freier Mitarbeiter möglich ist. Stellen Sie sicher, dass bis zum endgültigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben die Fähigkeiten und Erfahrungen Ihrer älteren Mitarbeiter auch tatsächlich genutzt werden. Bieten Sie Ihren Beschäftigten Vorbereitungsmaßnahmen auf den Ruhestand an. 7 Einstellungswandel gegenüber älteren Arbeitnehmern Klären Sie ihre gesamte Belegschaft darüber auf, wie für ältere Arbeitnehmer Benachteiligungen und Vorurteile entstehen und aus welchen Gründen sie überwunden werden müssen. Um innerbetriebliche Benachteiligungen aufgrund des Alters zu vermeiden und ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Mitarbeiter unterschiedlicher Lebensalter ihre je spezifischen Vorzüge und Stärken nutzbringend für den Betrieb unter Beweis stellen können, sollten folgende Grundsätze beachtet werden: Verhindern Sie die Entstehung und Ausbreitung von Vorurteilen gegenüber älteren Arbeitnehmern. Schärfen Sie das Bewusstsein Ihrer leitenden Mitarbeiter über das tatsächliche Leistungsvermögen älterer Beschäftigter und sorgen Sie dafür, dass dies möglichst weite Verbreitung findet. Machen Sie all Ihren Beschäftigten regelmäßig klar, welche Vorteile eine ausgewogene Altersstruktur der Belegschaft hat. Lernen Sie von positiven Erfahrungen und „Gute Praxis“-Modellen aus anderen Betrieben. Sorgen Sie dafür, dass Benachteiligungen aufgrund des Alters auch in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen ausgeschlossen werden. Tragen Sie mit dazu bei, dass auch in den betrieblichen Entscheidungsgremien, bei Betriebsräten etc. unterschiedliche Altersgruppen vertreten sind. Überprüfen Sie regelmäßig die Alterszusammensetzung Ihrer Belegschaft und sorgen Sie so für eine dauerhaft ausgewogene Generationenmischung in Ihrem Betrieb. Helfen Sie mit, dass diese Leitlinien eine möglichst weite Verbreitung finden. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 40 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Betriebliche Gesundheitsförderung Gesunde Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – gesunde Unternehmen: Gesundheit als Wettbewerbsvorteil „Gesundheit steht für ein positives Konzept, das in gleicher Weise die Bedeutung sozialer und individueller Ressourcen für die Gesundheit betont wie die körperlichen Fähigkeiten...Die Art und Weise, wie eine Gesellschaft die Arbeit, die Arbeitsbedingungen und die Freizeit organisiert, sollte eine Quelle der Gesundheit und nicht der Krankheit sein. Gesundheitsförderung schafft sichere, anregende, befriedigende und angenehme Arbeits- und Lebensbedingungen.“ (Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation, 1986) Gesundheitsförderung wird bis heute vor allem unter dem Gesichtspunkt eines gesundheitsbewussten Verhaltens von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gesehen. Angesichts des demographischen Wandels, der leeren Kassen in den Sozialsystemen und der sich abzeichnenden Notwendigkeit, das faktische Renteneintrittsalter anzuheben, reicht diese Sichtweise nicht mehr aus. Unternehmen werden in Zukunft nicht nur ihre MA für deren Gesundheit verantwortlich machen können, sondern auch zunehmend für deren Gesundheit Mit-Verantwortung übernehmen und dementsprechend gesundheitsförderliche Maßnahmen im Betrieb ergreifen müssen. Das macht die Eigen-Initiative nicht hinfällig, sondern ergänzt sie um den notwendigen betrieblichen Anteil. Das wird einerseits zusätzliche Kosten verursachen, andererseits aber auch Kosten senken, denn: gesunde Belegschaften sind ein Wettbewerbsvorteil. Lange Zeit hat im gewerblichen Bereich der Wirtschaft für viele das Modell gegolten, mit 30 „schnell ans große Geld“, mit 45 „die Sache langsamer angehen“ und mit 55 in den Vorruhestand. Dabei sind in der Produktion Leistungen erbracht worden, die man sich und seiner Gesundheit auf Dauer besser nicht zugemutet hätte. Muskelverschleiß und Skeletterkrankungen sind mit fortschreitendem Alter die Folge. Der Wunsch von vielen Unternehmen, sich „Olympiamannschaften“ zusammen zu stellen und das Interesse der „jungen“ Belegschaft, schnell Geld zu verdienen, fanden in diesem Modell zusammen. Wenn sich inzwischen immer mehr herausstellt, dass die Politik der Frühverrentung, angesichts der Alterspyramide in Gesellschaft und Betrieben, wirtschaftlich nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, muss Arbeit wieder so organisiert werden, dass man sie ein ganzes Erwerbsalter (vom 18. bis zum 65. Lebensjahr) ohne gesundheitliche Schäden durchhalten kann. Mit dieser Perspektive rückt ein betriebliches Gesundheitsmanagement für alle in den Blickpunkt. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 41 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Arbeitsbedingter Verschleiß und Krankheitskosten Aufgrund des Altersstrukturwandels in der Bevölkerung zielen die aktuellen politischen Weichenstellungen auf ein Ende der Frühverrentungsförderung und eine Verlängerung der Dauer der Erwerbsarbeit. Eine Ursache von frühzeitigen Berufsaustritten unter Arbeitnehmern/innen ist der arbeitsbedingte Gesundheitsverschleiß. Der Anteil derer, die nur noch eingeschränkt für betriebliche Aufgaben einsetzbar sind (Leistungsgewandelte), steigt in den Unternehmen überwiegend mit dem Alter an. Natürlich ist die Gleichung alt = krank verkehrt und statistisch unhaltbar: Ältere sind nicht häufiger krank als jüngere, nur wenn sie erkranken, steigt die Dauer ihrer Arbeitsunfähigkeit gegenüber Jüngeren ganz erheblich an. Ältere sind nicht häufiger krank als Jüngere (AU-Fälle): Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 Versicherungsjahre nach Altersgruppen bis 24 240,8 25 - 34 149,7 35 - 44 137,1 45 - 54 134,6 55 - 64 143,1 0 50 100 Quelle: : Wiss. Institut der AOK über AU-Fälle in Deutschland 2000 150 200 250 Abb.9: Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Altersgruppen Wenn Sie aber erkranken, sind sie jedoch – im Durchschnitt betrachtet – länger arbeitsunfähig! ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 42 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Arbeitsunfähigkeitstage nach Altersgruppen : bis 24 1539,3 25 - 34 1474,3 35 - 44 1723,6 45 - 54 2275,9 55 - 64 3546,7 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 Quelle: Material des Wiss. Instituts der AOK über AU-Tage in Deutschland 2000 Abb.10: Arbeitsunfähigkeitstage nach Altersgruppen Auch wenn eine genaue Trennung von arbeits- und freizeitbedingten Erkrankungen kaum möglich ist, so viel ist klar: arbeitsbedingte Erkrankungen sind teuer. Man schätzt, dass die Kosten weltweit etwa 4 Prozent des Bruttosozialprodukts betragen. In Deutschland wurden die Kosten der arbeitsbedingten Erkrankungen kürzlich auf 28,4 Mrd. Euro - aus körperlichen Arbeitsbelastungen - und 24,5 Mrd. Euro resultierend aus psychischen Arbeitsbelastungen geschätzt. Als wichtigste krank machende Faktoren werden von den Betroffenen Arbeitsschwere, geringer Handlungsspielraum und geringe psychische Anforderungen genannt. Gesundheitsförderliche Maßnahmen im Unternehmen Damit Beschäftigte in Zukunft länger arbeiten können, bedarf es auch einer gesundheitsorientierten und alternsgerechten Arbeits- und Personalpolitik. Dazu gehören der Abbau von Arbeitsbelastungen ebenso wie eine Begrenzung der Verweildauer in gesundheitskritischen Tätigkeitsfeldern sowie die Stärkung von Gesundheitsressourcen. Dabei stehen nicht nur Maßnahmen für Ältere auf der Tagesordnung, sondern auch und gerade Maßnahmen für die „Nachrücker“, die geburtenstarken Jahrgänge jüngeren und mittleren Alters. Denn die Jungen von heute sind die Alten von morgen. Zwar gibt es schon kurative und präventive Maßnahmen in einigen Betrieben (vgl. good practice Beispiele aus www.demotrans.de) , aber primär wird die betriebliche Gesundheitsförderung bisher verhaltensorientiert gesehen. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 43 Dokument: InfosFuerUnternehmen/AltersstrukturanalyseNETAB.pdf Verhaltensorientierte Maßnahmen umfassen in der Regel Informationen für die MA, Motivationsseminare und ein praktisches Training. Sie zielen damit auf ein generell gesundheitsförderliches Verhalten ab und sind meist kurzfristig angelegt. Durchschlagender Erfolg bleibt ihnen meistens verwehrt, sie sind eben nur eine Seite der Medaille. Verhältnisorientierte oder präventive Maßnahmen hingegen beinhalten eine gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeit und der Arbeitsbedingungen. Das schließt Inhalte, Organisation, Kommunikation, Umgebung und Technik mit ein. Verhältnisorientierte Maßnahmen haben den Anspruch auf Nachhaltigkeit und lassen sich als Gesundheitsmanagement charakterisieren, für das die Geschäftsführung die Verantwortung übernimmt. Damit sind sie Bestandteil der Unternehmensziele, Teil der Unternehmenskultur und werden nicht nur gelegentlich „immer mal wieder“ aufgelegt. Ziel sollte ein Gesundheitsmanagement sein, das es Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ermöglicht, ihre Erwerbstätigkeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze ausüben zu können und auch zu wollen. Das wird sicher nicht nur allein mit betrieblichen Mitteln gelingen, aber auch die Unternehmen in Deutschland haben sich dieser Aufgabe zu stellen. Nur so kann es gelingen, zukünftig die Gesundheit der Belegschaften und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhalten. ©NETAB-Teilprojekt Weser-Ems 44