Die Geschichten

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Januar 2009
pwc:
Das Magazin für Vorausdenker
Freie Bahn
DB-Logistik-Vorstand Bensel im Gespräch
Geld ist nicht alles
Die Motive der Wirtschaftskriminellen
Mein Freund, der Hund
Führungskräfte und ihre Vierbeiner
Die GeschichtenErzähler
Reden ist Silber, Überzeugen
bringt Gold: Weshalb gute
Geschichten über Aufstieg
und Fall eines Unternehmens
entscheiden
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pwc: Editorial
pwc: Inhalt
Titel
Märkte
Wissen
Lösungen
Hans Wagener, Vorstandssprecher der PricewaterhouseCoopers AG
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
dem Geschichtenerzählen widmen wir uns in dieser Ausgabe von pwc:.
Natürlich nicht dem, das wir mit unserer Kindheit oder unseren Kindern
in Verbindung bringen; sondern dem „Storytelling“, einer unserer Aufgaben als Vorstand, Manager, Geschäftsführer, Unternehmer. Investoren
und Anteilseigner, Mitarbeiter und Medienvertreter haben ein Kommunikations- und Informationsbedürfnis, das wir befriedigen müssen. Das
ist nicht immer einfach, zumal die Medien und deren Nutzer sich immer schneller verändern. Vor allem die Beziehung zwischen Medien und
Wirtschaft ist dabei manchmal eine Geschichte voller Gegensätze.
Neben dieser Geschichte über das Geschichtenerzählen finden Sie viele
andere Artikel: zum Beispiel über Südkorea und seine erstaunliche Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien; oder über Martin Richenhagen, einen Deutschen, der eines der großen US-Unternehmen
Geschichtsstunde
An der Börse, in den Medien: Wenn Unternehmen überzeugen wollen, müssen sie
das „Storytelling“ beherrschen. Seite 4
„Krise heißt Chance“
Im Interview: Prinz Max von und zu Liechtenstein, Leiter der Privatbank LGT,
über Kommunikation im Notfall. Seite 10
Nein, die spinnen nicht
Die Kolumne von Klaus Kocks: Ärzte müssen heilen – doch für Spin-Doktoren gilt das
nur bedingt. Seite 12
Multimedia 3.0
Konsumenten wenden sich vermehrt modernen Medien zu. Wie Unternehmen
darauf reagieren. Seite 13
Über Geld redet man doch
Für den Finanzmarkt wurden strengere
Kommunikationsvorschriften beschlossen.
Eine Herausforderung für CFOs. Seite 15
Trends Märkte Seite 16
Trends Wissen Seite 28
Trends Lösungen Seite 42
leitet: den Landmaschinenhersteller Agco; außerdem ein Interview zur
Logistikbranche mit Dr. Norbert Bensel von der Deutschen Bahn AG
Nicht nur sauber, sondern rein
Nach dem Schiffbau und der Auto-
industrie erobert Südkorea nun den CleanTech-Markt. Seite 18
Spenden ist gut, Kontrolle ist besser
Der PwC-Transparenzpreis wird alljährlich
an Wohltätigkeitsorganisationen verliehen
und bietet Spendern Orientierung. Seite 30
Mein Freund, der Hund
Auf die Treue des Hundes können sich auch
Führungskräfte verlassen: Künstler und Fotograf Jim Rakete hat beide porträtiert. Seite 44
Ungesundes Vertriebsklima
Als Folge der Gesundheitsreform müssen
sich Pharmaunternehmen neu strukturieren.
Das hat Nebenwirkungen. Seite 22
Zukunftskrisengipfel Herausragende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medien diskutierten über die Finanzkrise. Seite 33
Le SE c’est moi!
Die Gesellschaftsform der Societas Euro­
paea (SE) wird unterschätzt, dabei könnte
gerade der Mittelstand profitieren. Seite 50
gute Unternehmensstory, sondern dass es ganz wesentlich auf die Jah-
„Wir gestalten Logistikprozesse“
Er ist gelernter Chemiker. Inzwischen vernetzt er weltweit Unternehmen: Dr. Norbert Bensel, Chef der DB Mobility
Logistics AG. Seite 24
Der Acker-Mann
Vom Religionslehrer zum besten Traktor­
verkäufer der Welt: die Erfolgsgeschichte
des Martin Richenhagen. Seite 36
Weißer Kragen, schwarze Weste
Eine neue PwC-Analyse beleuchtet, wie
Wirtschaftskriminelle ticken: fünf Seite 52
Täterprofile.
Hinweisen möchte ich Sie außerdem auf eine Bildergeschichte: Jim
und eine Reportage vom „Zukunftsgipfel“, den die ZEIT und PwC im
Herbst veranstaltet haben und der aus aktuellem Anlass ein „Zukunftskrisengipfel“ wurde. Aber weil wir, als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,
davon überzeugt sind, dass eine Geschichte alleine nicht reicht für eine
Mit ihm kann man rechnen
Günter Ziegler gilt als der Popstar unter
Deutschlands Mathematikern, knobelt aber
auch für Logistikriesen. Seite 40
resberichte ankommt, stellen wir Ihnen auch den Hintergrund und die
Sieger des Transparenzpreises vor, den PwC im Jahr 2008 zum vierten
Mal vergeben hat.
Rakete, der bekannte Berliner Fotograf und Fotokünstler, hat für uns
Mensch und Tier zusammen abgelichtet. „Mein Freund, der Hund“ zeigt
Unternehmer und Geschäftsführer einmal anders: in Begleitung ihrer
Vierbeiner.
Publikationen
Impressum
Seite 54
Seite 55
Ich wünsche Ihnen eine vergnügliche Lektüre,
Hans Wagener
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pwc: Titel
Geschichtsstunde
Wirtschaft und Medien, Manager und Journalisten sind untrennbar miteinander verbunden: die einen als Geschichtenerzähler, die anderen als Geschichtsschreiber. Doch genau das ist eine Geschichte voller Gegensätze.
Von Christian Meier
Eine Geschichte lebt von
Menschen
Für den Weihnachtsmann stand 1931 der pen-
1
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des „Manager Magazin“, den „eingebauten
minenter sie platziert wird, desto teurer ist
fenloher? Diesen Klebstofffabrikanten aus
Gegensatz“ auf den Punkt. Medienarbeit
sie. Es gibt Preislisten für Anzeigen und TV-
der Provinz, den Mario Adorf in der ersten
gilt daher bisweilen als Königsdisziplin der
Spots. Werbung hat den Kunden im Visier.
Folge der legendären TV-Serie „Kir Royal“
Unternehmenskommunikation. Sie darf dabei niemals Gefahr laufen, eines zu sein:
Unternehmenskommunikation ist komplexer.
ebenso legendär verkörperte?
Haffenloher will den Klatschreporter Baby
Werbung. Das mahnt einer an, der weiß,
man könne sich bei den Medien einkaufen,
Schimmerlos bestechen, damit der ihn groß
wovon er redet: Thomas Heilmann, Part-
rausbringt und er endlich in die Münchner Schickeria aufgenommen wird. Doch
ner und Miteigentümer der Werbeagentur
sagt Dirk Große-Leege, ehemals Konzernsprecher der Deutschen Bahn sowie obers-
Scholz & Friends: „Man muss die Salatdeko
ter VW-Kommunikator und heute selbst-
Schimmerlos, gespielt von Franz Xaver
vom Fleisch unterscheiden“, sagt er. Erste-
ständiger Kommunikationsberater. Aber in
Kroetz, ziert sich. Da bricht es aus dem
res ist Werbung. Letzteres Unternehmens-
den Redaktionen entscheiden immer noch
Mancher Manager glaube zwar immer noch,
kommunikation. die Medienmacher. Und die denken an ihre
meinem Geld, dass du keine Ruhe mehr
Werbung soll Absatz und Umsatz steigern,
Leser. Sie brauchen etwas, das sie wiederum an ihr Publikum weitergeben können:
hast.“ Und wenn er erst eines seiner Geschenke angenommen habe, so denkt der
Unternehmenskommunikation zielt auf
eine gute Geschichte. „Storytelling“ heißt
Image, Marke und Reputation ab. Das Prin-
das im angelsächsischen Raum. Menschen
Bonsai-Kapitalist, dann gehöre Schimmer-
zip Werbung ist einfach: Je größer oder pro-
interessieren sich für Menschen, nicht für
los ihm allein, ihm, Haffenloher.
fenloher. Aber ein bisschen? Wünschen
Eine Geschichte
nimmt die Menschen ernst
sich nicht alle Vorstände, Geschäftsführer
und Manager, bestimmen zu können, was
und wie über sie berichtet wird? Zumal sie
selbst besser als jeder Journalist wissen,
Nach Wochen des Übernahme-
was im Unternehmen los ist?
schwedische Grafiker Haddon Sundblom hatte von Coca-Cola
Da liegt das Problem. Gerade weil sie bes-
den Auftrag bekommen, eine Werbekampagne mit Santa Claus
ser Bescheid wissen, werden Journalisten
zu machen. Er nahm den dicken, weißbärtigen Prentice, kleide-
immer argwöhnen, dass ihnen das Inter-
te ihn in den Firmenfarben rot und weiß – der Weihnachtsmann
essante der Geschichte vorenthalten wird.
„Medien wollen publizieren, was Unterneh-
war geboren. Bis heute ist er rot-weiß gekleidet.
men nicht gern publiziert hätten“, bringt
Wolfgang Kaden, ehemaliger Chefredakteur
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Provinzmagnaten heraus: „Ich kauf dich
einfach. Ich scheiß dich so was von zu mit
Nein, natürlich ist niemand genau wie Haf-
sionierte Coca-Cola-Verkaufsfahrer Lou Prentice Modell. Der
Erinnert sich noch jemand an Heinrich Haf-
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kampfes stimmte der ehemalige Mannesmann-Chef Klaus Esser plötzlich der Fusion
mit Vodafone zu. Die Öffentlichkeit war empört, dass Esser trotz verlorenen Kampfes
eine Abfindung in zweistelliger Millionenhöhe
kassierte. Der Fall löste eine Diskussion über
zu hohe Managergehälter aus.
pwc: Titel
3
Eine Geschichte
muss stimmen
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Umweltaktivisten von Greenpeace
besetzten 1995 Brent Spar, um das
Versenken der Öllager- und Verlade-
plattform zu verhindern. Fünf Monate später musste Greenpeace einräumen, dass
ihre Schätzung über 5.000 Tonnen giftiger
Ölrückstände im Tank fehlerhaft war. Die
Rückstände beliefen sich auf weniger als
100 Tonnen – peinlich für Greenpeace.
seelenlose Faktensammlungen. Genau hier
ley. Ein Beispiel: Hewlett-Packard. Am Be-
setzten die Kommunikationsprofis an. Sie
ginn der Geschichte starten zwei Men-
Worthülse. Die Grundvoraussetzung einer
sind die modernen Variante der Geschich-
schen 1939 mit ihrer Existenzgründung
– das bleibt ohne Geschichte eine leere
tenerzähler, die es schon in der Antike gab.
in einer Garage. Diese Garage gilt heute
Geschichte: Sie darf nicht erfunden werden. Sie muss interessant erzählt werden,
Dazu braucht es Phantasie. als Geburtsort des Silicon Valley. Und das
um nicht im multimedialen Grundrauschen
In einer Zeit, in der die Medienvielfalt per-
Happy End: Das Unternehmen hat sich zu
einem Weltkonzern entwickelt. Die Gara-
Topmanager allerdings ungern bewegen,
manent wächst, brauchen Unternehmen
ge, die William Hewlett und David Packard
– Großkonzerne wie Klein- oder Mittelständ­
damals für 45 Dollar im Monat gemietet
unterzugehen. Ein Terrain, auf dem sich
weil dort unzählige Fettnäpfchen lauern.
„Es gibt kaum Unternehmen, die Spaß daran haben, sich mit der Presse zu unterhal-
ler – herausragende Geschichten, um
hatten, wurde inzwischen für 1,7 Millionen
wahrgenommen zu werden. Bei Unternehmen, die an die Börse gehen, hat diese
Dollar gekauft und dient als Werbemotiv.
ten. Manager wollen sie sich meist vom
Leib halten“, sagt Kommunikations-
Geschichte einen eigenen Namen: Equity
Die Geschichte hat eine ähnliche Dramaturgie wie die Erfolgsstory „Vom Tellerwä-
Story. Sie erzählt den Grund, warum In-
scher zum Millionär“. Diese Geschichten
grobe Fehleinschätzung – nur wer Kon-
vestoren dem Unternehmen vertrauen und
ihm ihr Geld anvertrauen sollen. Wer nicht
an die Börse geht, will vielleicht kein Geld,
aber Zeit und Aufmerksamkeit. Auch dafür braucht man eine Geschichte. Im Prin-
— die auch Google, Microsoft und Apple
erzählen können — berühren, unterhalten
und bleiben deshalb im Gedächnis. berater Große-Leege. Er hält das für eine
takte zu den Medien aufbaue, könne sich
auf Dauer behaupten. Erst recht, wenn es
zu einer Krise kommt. Das Gegenbeispiel liefert die frühere Kar-
zip ist es einfach: Je interessanter die Ge-
stadtQuelle AG. Sie heißt zwar heute Ar-
schichte eines Unternehmens ist, desto
candor, doch nur die wenigsten wissen,
Hoch bezahlte Einflüsterer und Spin-Doktoren, die für ihre Auftraggeber wichtige
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Themen in relevanten Medien platzieren,
leichter ist es, sie in der Öffentlichkeit zu
warum. Dass der Name nicht durchge-
sollen es dann richten. Die eher abfällige
platzieren. Je charismatischer ein Manager
setzt werden konnte, liegt zum einen dar-
ist, desto eher wird ihm Platz zur Darstellung seiner Person und damit des Unter-
an, dass Geschäftsbereiche wie die Kauf-
Bezeichnung „Spin-Doktor“ beschrieb ursprünglich Kommunikationsberater aus der
häuser oder der Versandhandel ihren alten
Politik. Spin-Doktoren verliehen den Bot-
nehmens gegeben.
Namen behalten haben, aber auch daran,
schaften der Politiker den richtigen Dreh
(engl. spin). Im Unterschied zu politischen
Doch ab wann wird eine Geschichte inter-
dass der Namenswechsel nicht emotional
aufgeladen werden konnte. Der Name essant? Anschauliche Beispiele liefern signalisiert nach Angaben des Konzerns
tor nicht darum, bestimmte Ideologien zu
Garagengeschichten aus dem Silicon Val-
Mut, Tatkraft und Zukunftsorientierung
vermitteln, sondern ihre Auftraggeber in
Propagandisten geht es einem Spin-Dok-
4
Eine Geschichte
muss authentisch
sein
Wer eine Rolex trägt, sollte
Chefredakteur Kaden, „hängt das Image
zunehmend weniger von realen Aktiva ab,
Ein am Down-Syndrom erkranktes
sondern von immateriellen Werten wie der
Reputation.“ Besonders gefragt als Berater sind zwei Gruppen von Ehemaligen:
Ex-Konzern-Kommunikatoren wie Große-
vorsitzenden Klaus Kleinfeld wurde nicht das
Leege und Christoph Walther (Daimler-
Tragen der Rolex vorgeworfen, sondern die
Chrysler) sowie ehemalige Chefredakteure
Tatsache, dass er seine Luxus-Uhr auf einem
wie Hans-Hermann Tiedje („Bild“) und Tho-
klassischer Fall von falscher Beratung durch
PR-Profis.
in der das Verkaufen bedeutsamer geworden ist als das Produzieren“, bilanziert Ex-
dazu stehen. Dem Ex-Siemens-Vorstands-
offiziellen Foto wegretuschieren ließ. Ein
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Eine Geschichte
braucht den Konflikt
ein positives Licht zu rücken. „In einer Welt,
mas Knipp („Handelsblatt“). Sie alle leiten
heute PR-Agenturen, die in Vorstandsetagen wohlbekannt sind: CNC, WMP Euro-
Kind steht Model für Benetton. Starfotograf
5
Olivero Toscani brachte zwei Unvereinbarkeiten zusammen: Mode und Behinderung.
Damit spaltete er die öffentliche Meinung.
Proteste gegen seine Fotos waren ebenso
häufig wie Prämierungen. Die Themen des
Fotografen: Tod, Krankheit, Sex und Gewalt. Com, Brunswick.
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pwc: Titel
Eine Geschichte
soll überraschen
Monatelang wurde spekuliert.
Dann enthüllte Apple-Chef
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er. Den Einstieg des Unternehmens in die
Handyproduktion haben die Medien erwartet. Die Überraschung war das Gerät selbst.
Es wird allein durch Fingerbewegungen auf
dem Display bedient. Auch die Unternehmen stocken ihre PR-
gar nicht so viele Geschichten erfinden,
seien. Diese Spin-Experten entscheiden
Abteilungen auf. Insgesamt sind mehr als
wie ich loswerden könnte“, sagt Spin-Ex-
oft auch darüber, welchem Medium eine
50.000 Menschen in der deutschen PR-
perte Kocks. „Es ist ekelhaft, wie speichel-
Branche beschäftigt. Klaus Kocks, Gründer
leckend sich Journalisten an Lobby­isten
schlagzeilenträchtige Geschichte „exklusiv“ gesteckt wird – für meinungsbilden-
von Cato und ehemaliger VW-Kommunikationsvorstand, begrüßt das: „Ein Unterneh-
heranschmeißen, um so an Informati-
de Medien sind gute Storys besser, wenn
onen zu kommen und bloß nicht selbst
sie exklusiv sind. Und die gibt es gar nicht
men ohne funktionierende PR gleicht einer
­recherchieren zu müssen.“ selten. Unternehmen stecken gewöhnlich
Autowerkstatt ohne Lackiererei.“ Lackierer
Zentrale Leistung von PR-Agenturen ist
werden dabei immer häufiger Chefredakteure oder bekannte Autoren. daher die Dramaturgie. „Plattes Vermitteln
voller guter Storys. Die Kunst liege darin, sie zu entdecken – und entsprechend
ausgewählter Informationen funktioniert
aufzubereiten. Wichtig für das gute Ge-
Deren Seitenwechsel zur Industrie besitzt
nicht mehr“, sagt Stephan Clausen, ehemals Journalist bei der „Welt“, heute Eigen-
Medienlandschaft. Ob Kundenzeitschrift,
woche“-Chef Stefan Baron wechselte zur
tümer der Berliner Agentur Ketano. „Na-
Vorstandsblog oder Newsletter – jedes
Deutschen Bank, RTL-Sprachrohr Oliver
türlich“ machen sich PR-Spezialisten die
Medium hat seine eigene Sprache. Das
Bionade war die erste „grüne“ Brause, ein nach-
Herrgesell war stellvertretender Chefredak-
knappe Recherchezeit der Redakteure zu-
klingt nach einer Binsenweisheit, aber oft
haltiges Bioprodukt. Der Dreiklang „Ökonomie, Ökologie und
teur des „Stern“, Thomas Voigt, Ex-„Impul-
nutze und bombardieren sie mit Informa-
mangelt es Unternehmen gerade hier an
Soziales“ scheint in einer Marke zu harmonieren. Das saubere
se“, ist heute Direktor für Unternehmens-
tionen. „Aber es wäre ein Trugschluss zu
Eine Geschichte muss sich
sich auf die Zukunft richten
längst keinen Hautgout mehr. „Wirtschafts-
Nachhaltigkeit – ein Schlagwort macht Karriere.
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Steve Jobs das Handy „iPhone“. „Wir werden das Telefon neu erfinden“, versprach
schichtenerzählen ist auch die jeweilige
Image hilft bei der Kommunikationsstrategie, das Unterneh-
kommunikation bei Otto. Die ehemaligen
glauben, in Redaktionen werde alles un-
strategischen Kenntnissen. Nur ein Beispiel: In einem Artikel für den Nachhaltig-
men kann sich als zukunftsweisend präsentieren. Das ist nur ein
Journalisten kennen ihre Pappenheimer.
geprüft veröffentlicht.“ Vorsichtig sind die
keitsbericht eines Versandhändlers, der
Sie wissen, dass die Redaktionen unter Medienvertreter bei Informationen aus PR-
von Alphabetisierungsmaßnahmen und
enormem Spardruck stehen, sich Spezialis-
Agenturen, „weil sie einem nur Storys un-
ten für einzelne Branchen oder gar Unter-
terjubeln wollen, über ihre Auftraggeber an-
ner Zulieferer aus der Dritten Welt erzähl-
nehmen kaum noch leisten können. sonsten herzlich wenig wissen“, sagt Kaden.
te, wollte eine Verantwortliche aus der Un-
Spindoktoren hätten dagegen „ihre Exis-
ternehmenskommunikation unbedingt die
Pluspunkt des Brauseproduzenten: Die Biografie von Bionade
zitiert viele Mythen. Es begann in einer zum Labor umgebauten
Wohnung eines in der Insolvenz befindlichen Brauers – das ist
vom Tellerwäscher zum Millionär. Dass Coca-Cola die alkoholfreie Brause kaufen wollte – das ist David gegen Goliath.
Dieser Trend geht so weit, dass Presse-
tenzberechtigung“. sprecher darüber klagen, Journalisten
‚‚
Schulungen im Umgang mit Pestiziden sei-
Wörter „kuschelige Bademäntel“ und „sexy
T-Shirts“ unterbringen. würden sich mit den Themen, über die sie
Für Medienvertreter gelte es, den Kon-
schreiben, nicht richtig auskennen; was
takt zu solchen Beratern zu halten, weil sie
Fehltritte dieser Art können sich die Spin-
bedeutet, dass Redakteure für gute Geschichten empfänglicher werden. „Ich kann
als Türöffner in die Konzerne wirkten und
doktoren in der Politik nicht leisten. Die
in der Regel tatsächlich nah am Vorstand
wahrscheinlich bisher beste integrierte
Kommunikationskampagne haben die PR-
Eine Geschichte
muss viele Zielgruppen bedienen
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Verantwortlichen von Barack Obama entwickelt. Obama führte in den USA einen
Wahlkampf auf allen medialen Plattformen.
Es gab Obama-TV und Obama-Mobile fürs
Handy, unter der Rubrik „Obama Everywhere“ waren auf der offiziellen Website
auch alle Social Networks gelistet, auf de-
Dank Barack Obamas breit gestreuter Kom-
nen er mit eigenem Profil vertreten war,
munikationsstrategie waren die Wahlen in
Face­book, MySpace, Flickr, Twitter. Al-
den USA auch für junge Menschen ein Thema. Über das Internet hat er sie angesprochen, über sämtliche Kanäle, die das Medium zur Verfügung stellt. Zwei Drittel der unter
30-Jährigen haben den Demokraten gewählt. lein auf Facebook registrierten sich über
zwei Millionen Anhänger des Politikers.
Wie viele der Stimmen, die Obama bei der
Wahl am 4. November erhielt, auf seine
Kommunikationsstrategie zurückzuführen
sind, wird man im Detail nie erfahren.
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pwc: Titel
„Wir haben die Situation im Nachhinein sehr genau analysiert und daraus strategische und taktische Kommunikationsziele für die Zukunft formuliert.“
Prinz Max von und zu Liechtenstein, CEO des Liechtenstein Global Trust
„Krise heißt Chance“
Auf welche Strukturen und Systeme beziehen Sie sich?
Auch bei der LGT gibt es die üblichen Sicherheitsmaßnahmen für Daten, IT, Gebäudeschutz et cetera. Hier bewegen wir uns heute­ sicherlich auf einem Topniveau in der Bran-
Prinz Max von und zu Liechtenstein leitet Liechtenstein Global Trust, das Finanzunternehmen des Fürstenhauses. Er erläutert seine Kommunikationsstrategie in der Krise.
Gespräch führte Franziska Zydek
Das
che. Wenn man aber ähnlich gelagerte Fälle analysiert, stellt
man fest, dass die größten Risikofaktoren auf der menschlichen und nicht auf der technischen Seite zu finden sind. In
diesem Bereich haben wir aus dem Datendiebstahl von 2002
viel gelernt. Wir gewichten die menschliche Seite sehr hoch
und haben beispielsweise mit einer konsequenten Schulung
der Führungskräfte reagiert. Ich glaube, heute gibt es bei uns
pwc: Durchlaucht, wir wollten mit Ihnen eigentlich über die Krisen-
eine Kultur, eine Bewusstseinshaltung, die entscheidend für
kommunikation des Liechtenstein Global Trust (LGT) nach der Steu-
gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Aus der heutigen zeitlichen Distanz betrachtet, ist uns das, glaube ich, zu einem rechten
eraffäre im Frühjahr sprechen. Das tun wir auch noch. Aber ist an-
Teil bereits gelungen.
ist. In meinen Augen ist das ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsdispositiv.
menschliche und zwischenmenschliche Faktoren sensibilisiert
gesichts der globalen Finanzkrise und ihrer Folgen nun gleich die
Was war Ihr wichtigstes Ziel im Umgang mit der Krise?
nächste Krisenkommunikation notwendig?
Prinz Max von und zu Liechtenstein: Die Finanzkrise trifft die LGT
Unser Hauptinteresse galt unseren Mitarbeitenden und Kunden. Es
Wie beurteilen Sie rückblickend die Kommunikation nach
weniger hart als andere Banken. Dank unserer klaren und transpa-
ging in erster Linie darum, den Sachverhalt einzugrenzen, schnell
außen – Liechtenstein hat ja sehr scharf auf die Kritik aus
renten Eigentümerstruktur – die LGT ist im Familienbesitz und nicht
Transparenz zu schaffen und Unsicherheiten zu minimieren. Wir
an der Börse notiert –, dank unseres langfristig und auf wertbeständige Anlagen ausgerichteten Geschäftsmodells sowie unseren soli-
wollten klarstellen, dass die Affäre nur gewisse Kundenbeziehungen
Deutschland ­reagiert?
Hier wird oft zu wenig differenziert. Das Fürstenhaus verfolgt
der LGT Treuhand und nicht etwa die LGT Bank betrifft.
als ­Eigentümer der LGT eine klare Corporate Governance: Die
Wie haben Ihre Kunden während der Krise reagiert?
Familienmitglieder, die für das Land Liechtenstein politisch tätig sind – also der Erbprinz und der Fürst –, haben keine Funk-
den Ratings konnten wir der Krise bisher gut widerstehen.
Wie geht es der LGT in finanzieller Hinsicht?
Bei den direkt Betroffenen war die Unsicherheit natürlich am größ-
die Fakten sind. Die normale Reaktion in einer derart schwammigen
tion innerhalb der Bank. Ich als CEO der Bank bin nicht für die
Die turbulenten Marktbedingungen haben die Anleger verunsichert.
ten. Die übrigen Kunden haben mehrheitlich gelassen reagiert.
Situation wäre, überhaupt erst zu kommunizieren, wenn man gesi-
Diesem Umfeld konnte sich auch die LGT nicht ganz entziehen,
Auch in Deutschland hat die Affäre sehr stark polarisiert.
cherte Informationen hat. Das wäre hier aber sicherlich fatal gewe-
Politik zuständig. Wir bei der LGT haben zu keiner Zeit politische Stellungnahmen abgegeben.
erlitten. Im Konkurrenzvergleich haben wir dennoch ein sehr gutes
Wie haben Sie in der Krise Ihre Strategie für die Kommunikation
erster Priorität den Schaden zu begrenzen.
Halbjahresergebnis erzielt. Außerdem hat viele überrascht, dass wir
trotz der Schlagzeilen im Zusammenhang mit der Steuerdiskussion
einen zwar verlangsamten, aber insgesamt positiven Nettoneugeld-
­ efiniert?
d
Wir haben sofort realisiert, dass es sich hier um eine ernsthafte
Haben Sie dieses Ziel erreicht?
und daraus strategische und taktische Kommunikationsziele
Angelegenheit handelt und wir außerhalb der üblichen Prozesse
Ja. Es ist rasch gelungen, den Fall auf die LGT Treuhand und auf
für die ­Zukunft formuliert. Wir versuchen also, Chancen zu
zufluss erzielt haben.
und Strukturen agieren müssen. Wir haben rasch über alle uns
die Zeit bis einschließlich 2002 einzugrenzen. Es ist zu keinem Zeit-
­bekannten Fakten informiert, das war zunächst das Wichtigste.
punkt zu einem Ansturm auf unsere Bank oder zu sonstigen extre-
ergreifen, die sich aus der Krise ergeben haben. Die Vorfälle im Frühjahr haben uns sicherlich mehr Aufmerksamkeit in
nanzkrise oder eher die Affäre um Datendiebstahl und Steuerhinter-
Konnten Sie dafür ein Krisenkommunikationskonzept aus der
zeit sichergestellt. Unsere Kommunikation ist bei den Zielgruppen
der öffentlichen Diskussion beschert. Diese gilt es nun zu nutzen und mit positiven Inhalten zu füllen. So kommunizieren
ziehung verantwortlich?
Der Rückgang ist hauptsächlich auf einen Nettoausfluss in Liech-
Schublade ziehen, oder mussten Sie Ihre Strategie bei Ausbruch
angekommen, und wir konnten relativ schnell Klarheit für unsere
wir seither aktiver als noch vor wenigen Monaten und machen
der Krise komplett neu erarbeiten?
Keine Krise ist wie die andere, und so konnten wir zwar auf be-
Kunden schaffen.
damit sehr gute Erfahrungen. Generell wird es sicher darum
tenstein im Zusammenhang mit der Steuerdiskussion zurückzuführen. In allen anderen Ländern, auch in unserem Onshore-Geschäft
stehende Konzepte und Erfahrungen zurückgreifen, mussten aber
Weshalb konnten Sie sicher sein, dass keine neueren Kundendaten
gehen, durch einen kontinuierlichen, offenen und aktiven Dialog mit der Öffentlichkeit langfristig Vertrauen aufzubauen und
in Deutschland, konnten wir Zuflüsse verzeichnen.
auch einen gewissen Teil schnell und professionell adaptieren und
kursieren?
verlorenes zurückzugewinnen.
uns flexibel auf die neue Herausforderung einstellen. Sehr geholfen
Wir haben die Berichterstattung laufend ausgewertet und jede neue
sen und hätte weitere Unsicherheit gefördert. Uns ging es darum, in
entsprechend haben wir wie alle Banken gewisse Ertragseinbußen
Ist für den verlangsamten Nettoneugeldzufluss eher die globale Fi-
Hatte die Affäre für Sie auch ihre positiven Seiten?
Wir haben die Situation im Nachhinein sehr genau analysiert
men Vorfällen gekommen, der normale Geschäftsbetrieb war jeder-
Wie groß ist aus Ihrer Sicht der Schaden, der Ihrer Bank durch die
hat uns dabei unsere besonnene Art, Projekte im Team anzugehen,
Information mit den uns bekannten Fakten abgeglichen. Unsere­ Was ist Ihr persönliches Fazit?
deutsche Steueraffäre entstanden ist?
Finanziell haben wir keine substanziellen Auswirkungen gespürt.
so dass Hektik und Leerläufe vermieden werden konnten.
Führungskräfte kennen ihre Leute und Geschäftsbereiche sehr genau, sie konnten mögliche Spuren rasch verfolgen und weitere
Rasche Entscheidungswege, offene und schnelle Kommuni-
Der Datendiebstahl und die daraus resultierende große Medienprä-
Was war Ihr größtes Kommunikationsproblem direkt nach Ausbruch
Lecks schnell ausschließen. Im Grunde genommen haben wir in der
eine starke Kultur sind absolut zentral, um Krisen zu meistern.
senz haben aber sicher zu einem Reputationsverlust geführt. Wir
der Krise?
Wir wussten in den ersten Tagen nicht mit letzter Sicherheit, was
Krise gemerkt, wie verlässlich unsere inneren Strukturen und Systeme funktionieren.
Ich bin froh, die Erfahrung gemacht zu haben, dass die LGT
haben sehr intensive Anstrengungen unternommen, um verloren
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pwc: | januar 2009
kation, ein gutes Führungsteam, loyale Mitarbeitende sowie
über diese Stärken ­verfügt.
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pwc: Titel
Professor Klaus Kocks, Jahrgang 1952,
ist unabhängiger Meinungsforscher und Kommunikationsberater. Bis 2001 war der
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler
Kommunikationsvorstand bei Volkswagen.
Nein, die spinnen nicht
Spin-Doktoren sorgen dafür, dass Menschen hören, was sie hören wollen.
Wie ein Meteor schlug es in sein Leben ein, das für ihn so frem-
ner Sache einen bestimmten Dreh zu geben, „to doctor (a docu-
de Wort. Der Vorsitzende der SPD stand vor den Kameras und
ment)“ nennt man eine mehr oder weniger gute Fälschung. Spin-
Multimedia 3.0
Kommunikationswissenschaftler Michael Geffken über aktuelle Entwicklungen in den Medien, wie sie genutzt werden und welche Herausforderungen sie an Unternehmen stellen.
Die Marktforscher werden immer atem-
auf allen Kanälen von der Zeitung bis zum
Ziele sind hier die gemeinsame Schaffung
loser. Konnten sie einstmals homogene
Newsvideo auf dem Handy.
von Events oder Gewinnspielen. Die Medien stehen dabei unter vielfachem Druck:
Zielgruppen identifizieren – sortiert nach
soziodemo­grafischen Kriterien – so zerfal-
Die Unternehmen sind durch die Verände-
Das veränderte Nutzerverhalten zwingt zu
len diese jetzt in immer kleinere Einheiten:
rungen aufseiten der Verbraucher gezwun-
einem immer höheren Innovationstempo.
Milieus, Unter­milieus, Peergroups, Szenen.
gen, ihre Kommunikationsbemühungen
Am Ende dieses Zerfalls stehen Individuen:
radikal zu überdenken. Informationsüber-
Neue Formate und Kanäle müssen in atemberaubendem Tempo herangeschafft wer-
Der Trend zur „Losgröße 1“ schwappt aus
flutung bei den Mediennutzern zwingt zu
den. Der Druck auf die Redaktionen wächst,
der Industrie in die Kommunikation. Solche Individuen verlangen als Mediennutzer
einem an Effizienzkriterien orientierten Kom-
sich bei Themenfindung und -umsetzung
munikationsverhalten. Unternehmen su-
Einflüssen von außen zu öffnen. Die durch
die Digitalisierung der Medien ermöglichte
stammelte etwas von „Spin-Doktoren“. Kurt Beck war politisch
Doktoren erzählen also von einer wünschbaren Wirklichkeit – von
natürlich immer differenziertere Angebote.
chen deshalb vermehrt direkten Zugang zu
erledigt und versuchte es mit der pfälzischen Perspektive auf die
jemandem, der Wünsche nutzt, und jemandem, der mittels Wün-
Deshalb entstehen, ermöglicht und geför-
Ziel- und Anspruchsgruppen: durch Kun-
Modularisierung von Medieninhalten führt
Bundespolitik: In seiner Heimat würde man das Phänomen der
Spin-Doktoren von „spinnen“ ableiten. Spätestens damit war ein
schen benutzt wird. Die Heuchler versuchen, diese grundlegende
dert durch die Digitalisierung, immer neue,
denmagazine, eigene Websites, Unterneh-
Wahrheit zu vertuschen; vor Tugendwächtern unter Sittenstrolchen
immer stärker spezialisierte Medien: Ziel-
mensblogs, Events und eigene Kanäle in
zu einer weiteren Individualisierung des Medienkonsums. Der Wettbewerb im Medien-
Begriff bei Provinzpolitikern angekommen, der zuvor nur in den
sei deshalb gewarnt. gruppenzeitschriften, Spartensender, Web-
Video-Communitys. Man setzt aktiv The-
markt verschärft sich zudem durch neue
Mitbewerber: Neben RTL und FAZ konkur-
sites, Blogs. Diese Medien sind zunehmend
men und verbreitet diese auch unter Um-
hatte. Spin-Doktoren, das schien damals eine neue Generation von
Auch Joe Ackermann, CEO der Deutschen Bank, wurde von einem
interaktiv. Die Reaktion der Nutzer: Sie wol-
gehung klassischer Medien. Allerdings mit
rieren auch Google oder Nokia um das Zeit-
Wahlkampfmanagern zu sein, denen man Wunderdinge zutraute. Aber nicht nur die Politik fand sich heimgesucht, auch im Wirt-
Meteor getroffen, als er sich mit einem Foto in der Zeitung sah, auf
len selbst kommunizieren, eigene Inhalte
dem Kalkül, dass diese über Unternehmens­
budget der Nutzer. Medienunternehmen –
dem er eine Hand zum Victory-Zeichen erhoben hatte. In Wahrheit
erstellen, virtuelle Communitys bilden. Und
aktivitäten berichten. Dazu kommt eine
früher „content-driven“ – müssen heute wie
schaftsteil war von der neuen Plage zu lesen. Zu Börsengängen
war das eine Verlegenheitsgeste in einem Gespräch mit seinem
sie wollen alle Medieninhalte „anytime and
jedes andere Unternehmen „money-driven“
sollte sie aufgetaucht sein oder in Unternehmenskrisen, zum Ärger
Mitangeklagten Esser, der im Gerichtssaal eine Bemerkung über
anywhere“ – rund um die Uhr aktuell und
zunehmende Zahl von Kooperationen mit
klassischen und digitalen Medien. aller aufrechten Seelen. Spin-Doktoren gleichen Halbweltwesen,
Michael Jackson gemacht hatte. Niemand sollte verhöhnt werden, schon gar nicht die deutsche Justiz. Das Bild aber war stärker
Parteizentralen von Bill Clinton und Tony Blair eine Rolle gespielt
die im Zwielicht agieren. Man kennt kaum ihre Namen, schon gar
nicht ihre Methoden. Man weiß nur: Spin-Doktoren sind keine Ärzte.
sein. Das zwingt die Medien zu einer Verlän-
als die Wahrheit, perfekter Ausdruck des allgemeinen Ressentiments gegen Top-Manager. Ackermann hat mittlerweile Spin-Dok-
In der Politik begann ein neues Zeitalter, als man entdeckte, dass
toren gefunden, die ihn erscheinen lassen, wie er wirklich ist. Der
es nicht wichtig ist, was Politiker denken, sondern was Wähler er-
Lateiner sagt: „Icon regit!“ Ein Cato-Satz, nach dem das Bild vor
warten. Der Luthersche Rat, dem Volk auf das Maul zu schauen,
dem Wort regiert. Klaus Zumwinkel wurde, vom zuvor informier-
wurde mit Meinungsforschung und Kommunikationspolitik zu einer
ten ZDF, zum Frühstück der Nation gefilmt, wie ihn die Bochumer
Allianz verbunden. Clinton akzeptierte als Erster die Weisung seiner
Staatsanwaltschaft zu Hause kassierte. Das wird als Eindruck eine
Berater: „Don’t get elected for your ideas. Get elected!“ Die Demoskopie erforscht, was Menschen hören wollen. Die Politik erzählt es
Weile bleiben. Jürgen Großmann, der RWE-Boss, sitzt in einem
ihnen dann in eben diesem Wissen. Und wenn die Waffen scharf
Elektro-Smart und sieht so grotesk aus wie ein Jahrmarktereignis. Das wird bleiben. Hartmut Mehdorn gibt den Napoleon von
sind, gehen Wahlberechtigte überhaupt wählen und machen ihr
der Eisenbahn. Auch das wird bleiben. Klaus Kleinfeld macht im In-
Kreuz an der richtigen Stelle.
terview der Tagesthemen das Bild eines rolexbewehrten Parvenus
namens Joe Six-Pack. Das wird bleiben, auch wenn er in den USA
An der Börse halten sich die handelnden Personen für schlauer.
ist. Heinrich von Pierer sei ein Schuft, lernt mein Wirt im Fernsehen,
Sie sind es natürlich nicht. Bewertet, jedenfalls gekauft oder ver-
der nicht mal mehr in sein eigenes Büro dürfe; demnächst werde
kauft, wird nach Geschichten – die Equity Story heißt vorsätzlich
er angeklagt, hat er gehört. Da wird schon was dran sein, meint die
Story. Geschichten in Handel und Wandel müssen zwei Voraus-
Stimme des Volkes.
setzungen erfüllen: Einmal dürfen sie innerhalb eines bestimmten
Zeitraums nicht offensichtlich falsch, sprich widerlegbar sein. Zum
In solchen Fällen, mit dem Victory-Zeichen als Prototyp, das sei
anderen müssen sie zu der Vorurteilsstruktur jener passen, die mit
nachdrücklich gesagt, leiden die Betroffenen unter falschen Bildern. Aber solchen, die zu den Vorurteilen des Publikums passen.
ihnen umgehen sollen. Spin-Doktoren nennen das Ressentimentkohärenz, wenn es studierte Doktoren sind. Es gibt auch Heilprak-
Wir sehen nicht die Wahrheit, aber wir glauben trotzdem gern, was
tiker oder Wunderheiler in der Branche, die so schwierige Wörter
wir sehen. Damit endet mein Versuch, den Spin-Doktoren eine po-
nicht kennen. Aber genau das Gleiche machen. „To spin“ heißt, ei-
sitive Seite abzuringen: Man braucht sie halt auch als Opferschutz.
12
pwc: | januar 2009
Live auf der Bühne, im Fernsehen, auf dem Handy, im Internet: der Spot der Telekom mit Hobbytenor Paul Potts ...
pwc: | januar 2009
13
pwc: Titel
‚‚
„Die Reaktion der Nutzer: Sie wollen
selbst kommunizieren, eigene Inhalte erstellen, virtuelle Communitys bilden.“
Michael Geffken, Kommunikationswissenschaftler und Lehrbeauftragter an der Universität Leipzig.
Über Geld redet man doch
Die Vorschriften für die Kommunikation am Finanzmarkt wurden in den letzten
Jahren drastisch verschärft. Wie sollen Unternehmen darauf reagieren? Von Michael Gneuss
gerung der Wertschöpfungsketten. Gab es
reagieren auf all das, so könnte man es
orientierung („Wir haben eine Botschaft“)
Was ist die zentrale Funktion eines Chief
Buy-Side- und Sell-Side-Analysten fordern
die ein Auskunftsersuchen der Behörde be-
bisher „gutes Geld für gute Arbeit“, müssen
aus Sicht der Unternehmenskommunika­
verabschieden und dialogfähig werden. In-
Financial Officers (CFO)? Dafür zu sorgen,
Informationen. „Ein Dax-Unternehmen kann
deuten kann, droht ein großer Reputations-
sich Journalisten daran gewöhnen, dass
tion interpretieren, extrem widersprüchlich.
formations- und Kommunikationsange-
dass die Kasse stimmt. Wenn es sich um
den Internet-Usern ihre Arbeit nichts mehr
Einerseits gerät gerade die Berichterstat-
bote machen, die so attraktiv sind, dass
den CFO eines börsennotierten Unterneh-
von mehr als 45 Analysten beobachtet werden“, sagt Wolfram. Und mehr als ein Dut-
den oder bei der Staatsanwaltschaft landen.
Die gestiegene Regulierungsdichte erfordert
schaden, wenn Ermittlungen öffentlich wer-
‚‚
wert ist. Auch in der (Werbe-)Vermarktung
tung über Wirtschaftsthemen zunehmend
die Adressaten sie von sich aus abrufen,
mens handelt, gehört es aber auch zu sei-
zend Redaktionen kontaktieren pro Monat
des journalistischen Angebots geht es nicht
alarmistisch, polemisch, personalisierend
digitalen Medien eine zentrale Rolle in ihrer
nen Aufgaben, darüber zu reden, dass die
die Pressestellen.
mehr um Inhalte, sondern um Reichweiten. und boulevardesk. Andererseits öffnen sich
strategischen Kommunikation zumessen
Kasse stimmt. „Mehr als 50 Prozent ihrer
Medien immer stärker den Wünschen ihrer
und um ihre Marken herum Communitys
Arbeitszeit wenden viele CFOs heutzutage
Jede Antwort, jede Zahl muss da hundert-
nieren müssen. Denn: Es ist nicht mehr nur
Die Journalisten verlieren zudem ihr Selek-
aufbauen sowie anderen sozialen Netzwerken attraktive Inhalte bieten. Vor allem:
für die Kapitalmarktkommunikation auf“, erklärt Dr. Jens Wolfram, Leiter des Bereichs
prozentig sitzen. Unvollständige oder feh-
die jährliche Hauptversammlung, die für
tionsmonopol. Gab es bisher feste Struk-
Werbekunden: durch das Akzeptieren neuer Werbeformen, durch die Bereitschaft, re-
lerhafte Nachrichten aus dem Unternehmen
Compliance Officer, Juristen und Investor-
turen, so klickt sich der User heute durch
daktionelle Umfelder zu schaffen.
Sie müssen in den neuen digitalen Welten
Capital Markets Compliance bei Pricewater-
können dem Aktienkurs massiv schaden.
immer wieder auch Lernfähigkeit demon-
houseCoopers (PwC).
„Es sollte auch keine Investorengruppe
Relation-Manager eine große Herausforderung darstellt, der permanente unterjährige
das World Wide Web, zappt sich durch Pro-
deshalb den Aufbau klar strukturierter Prozesse, die im Unternehmensalltag funktio-
gramme, macht sich via Festplattenrekor-
In Zeiten verschärfter Unübersichtlichkeit
strieren. Dann eröffnen sich neue Chancen.
Von allen Seiten wurden die CFOs zuletzt
vernachlässigt oder bevorzugt werden. Ist
Nachrichtenfluss birgt mittlerweile die glei-
der von TV-Programmen und Werbespots
steigen für Unternehmen natürlich die An-
Denn sind diese Voraussetzungen erfüllt,
mit ständig steigenden Kommunikations-
das der Fall, wird oft mit Desinvestments
chen Reputations- und Haftungsrisiken.
unabhängig wie auch via Mobile Media von
forderungen an das Kommunikationsma-
anforderungen konfrontiert. Für die Vor-
bestimmenden Orten des Konsums.
nagement – und damit der Aufwand. Um
kann Unternehmenskommunikation Vertrauen schaffen. Erfolgreiches Beispiel: Mit
Journalisten verlieren aber auch zunehmend ihr Produktionsmonopol: Verglichen
ihre Botschaften effizient zu kommunizieren,
seinem Horst-Schlämmer-Blog generierte
nance Kodex“ gilt das ebenso wie für die
müssen Unternehmen ihre Kommunikati-
VW 90.000 qualifizierte Leads (Probefahrten
„Grundsätze für Effektive Finanzkommuni-
schriften des „Deutschen Corporate Gover-
mit klassischen Medien stellen Blogger und
onswerkzeuge, -kanäle, -inhalte und -pro-
etc.), zudem sponserte man eine „Bild“-
kation“ der Deutschen Vereinigung für Fi-
Community-Mitglieder jeden Tag ein Viel-
zesse wirksam integrieren.
Sonderausgabe zum Tag der Deutschen
nanzanalyse und Asset Management, und
faches an Content ins Netz. Die Medien
Sie müssen sich von der reinen Absender-
Einheit. Das ist die neue Multimedialität.
Dr. Jens Wolfram, PwC-Experte für Capital Markets Compliance.
vor allem natürlich für die Vorgaben von Gereagiert“, so PwC-Experte Wolfram. Bei
Die Zahl der Mitarbeiter, die in die Kom-
der Internationalität der Anleger und den
munikationsprozesse einzubinden sind, ist
Zeitverschiebungen entspricht die Gleichbehandlung aller Investoren allerdings oft
in Dax-Konzernen äußerst hoch. „Bislang
reichen Rechtsnormen müssen börsennotierte Unternehmen in der Kommunikation
der Quadratur des Kreises. Doch über
munikation stark von einzelnen Personen
mit den Kapitalmärkten beachten, darunter
allem muss eins stehen: Compliance. Un-
abhängig. Strukturierte Berichts-, Abstim-
das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder
ternehmen, die die Kapitalmarktkommuni-
mungs- und Entscheidungsprozesse fehlen
die Wertpapierhandelsanzeige- und Insider­
kation nicht gesetzeskonform beherrschen,
meist“, weiß Jens Wolfram aus seiner Be-
verzeichnisverordnung (WpAIV). Jüngste­ gehen immense Risiken ein. Wer Informa­
ratungspraxis. „Professionelle Aufbau- und
Änderungen erfolgten 2007 durch das Gesetz über das elektronische Handelsregis­
tionspflichten verletzt, kann von betroffenen
Ablauforganisationen können aber einen
Aktionären schadenersatzpflichtig gemacht
konkreten Added Value bieten.“ Dazu ge-
ter­ und Genossenschaftsregister sowie das
werden. Das Haftungsrisiko besteht nicht
hören das Vermeiden redundanter Arbei-
Unternehmensregister (EHUG) und das
nur für Unternehmen, sondern für die Vorstände selbst.
ten zur Verifizierung von Publizitätspflichten,
setzgeber und Börsen.
Mehr als 100 einzelne Rechtsfelder mit zahl­
Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz
(TUG).
pwc: | januar 2009
war die Steuerung der Finanzmarktkom-
die Verringerung von Risiken, eine erhöhte
Reaktionsschnelligkeit und eine bessere Ef-
Hinzu kommt das sprunghaft gewachsene
Gefürchtet sind auch Ermittlungen der Bun-
fektivität – damit der CFO auch mal wieder
Interesse der Investoren unterschiedlichster
desanstalt für Finanzdienstleistungsauf-
etwas anderes tun kann, als über das Geld
Couleur. Institutionelle und private Anleger,
sicht. Neben der hohen Arbeitsbelastung,
nur zu reden.
Die Regulierungsdichte für Publizitätspflichten ist
gestiegen und stellt hohe Anforderungen an die Finanzkommunikation. Unternehmen sollten passende Strukturen und Prozesse schaffen.
... verbindet neue Kommunikationswege mit Emotionen.
14
„Über allem muss eins stehen: Compliance.“
pwc: | januar 2009
Kontakt
[email protected]
Tel. 069 9585-1388
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc341
15
pwc: Trends
Revolution im Keller
Intelligente Stromzähler sollen den Europäern helfen, Strom zu sparen. Ob sich die Menschen in Eu­
ropa nach dem Föhnen oder dem Kochen im Internet
nach ihrem Stromverbrauch erkundigen, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass der Smart Meter – so heißt die
kleine Intelligenzbestie – ab 2010 in Deutschland bei
Neubauten zwingend eingebaut wird. Die EU-Energie­
effizienzrichtlinie zum Smart Metering muss bis zum
Jahr 2013 in nationales Recht umgesetzt werden. Die
Bundesregierung arbeitet momentan an Vorgaben
zur Einführung des schlauen Zählers, zuerst für Industrie- und Gewerbekunden, dann sind die privaten
den analysiert. Die drei skandinavischen
steht es noch jedem Energieversorger frei, ob und wann er sich für die neue Technologie
Drei Fragen an ...
Harald Kayser
Städte stehen ganz oben auf der Liste.
entscheidet. Sicher ist: Der Smart Meter und die damit einhergehende Liberalisierung im
... zu umweltfreundlichen Transportlösungen
Kiel, Rostock und Tallinn (Estland) haben
Mess- und Zählerwesen verlangen der Energiewirtschaft neue Prozesse und Systeme ab. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc344
Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) erstellt ha-
Haushalte dran. Da außer bei Neubauten gesetzliche
ben. Neun kleinere und mittlere Großstädte wur-
Grundlagen zur Installation bei Privatkunden fehlen,
noch Nachholbedarf. Das Problem ist die
pwc: Lohnt es sich für die Lkw-Industrie, in
umweltfreundliche Technik zu investieren?
schrumpfende Bevölkerung – es mangelt
an kreativen, qualifizierten Arbeitskräften.
Kayser: Die Kraftstoffeffizienz der Fahr-
Obgleich Kiel und Rostock wegen der Universitäten und exzellenter Forschungsein-
zeuge ist für Lkw-Produzenten aus wirt-
richtungen potenziell dynamische Stand-
Kreativität blüht an der Ostsee
Die Universität von Turku steht dort, wo
neuen Technologien ist hoch. Die finnische
sich die Industrie angesiedelt hat: im Wissenschaftspark. Metall- und Pharmabran-
Stadt weist ein großes Potenzial für wissensbasiertes Wachstum auf, ähnlich wie
orte sind und Tallinn sich zum führenden
Technologiestandort in den baltischen
Staaten gemausert hat, leiden die Städte
am Brain­drain. Riga (Lettland), Vilnius (Litauen) und Gdańsk (Polen) sind auf einer
anderen Baustelle gefordert: Ihr Wissens­
che, chemische Industrie und Technolo-
Umeå (Schweden) und Århus (Dänemark).
potenzial wird nicht ausgeschöpft, die Bil-
gieunternehmen profitieren von der Nähe
Das prognostizieren die Autoren der Stu-
dungssysteme schwächeln. Osteuropa ist
zur Wissenschaft. Der Wissenstransfer
die „Zukunftschance Kreativität – Entwick-
noch im Wandel: von arbeitsintensiven hin
zwischen Forschung und Wirtschaft wird
lungspotenziale von Städten im Ostsee-
gefördert und funktioniert, die Affinität zu
raum“, die PwC und das Hamburgische
zu wissensintensiven Industrien. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc342
68.300.000.000
US-Dollar wird der Markt für Videospiele 2012 weltweit umsetzen, geht man von einer Wachstumsrate von 10,3 Prozent aus. Eine neue Konsolengeneration mit Internetan-
Türkische Unternehmer haben
mit einem hartnäckigen Vorur-
city aus. Im Herzen der Hanse-
teil zu kämpfen. Sobald klar ist,
kraft für den weltweiten Videospielemarkt. Die Spieler kön-
Umwelt-Image an, das sich in den Köpfen
Ein Umweltsiegel für schadstoffarme Transporte könnte die Diskussion versachlichen.
Aus Sicht der Transportunternehmen und
Lkw-Hersteller ist es ein hoffnungsvolles
Zeichen, dass Konsumenten die Investitionen in umweltfreundliche Technologien
durch einen Aufpreis mitfinanzieren würden.
Asiatisch, praktisch, gut
stadt entsteht ein neuer Stadt-
dass sie ein eigenes Geschäft
Vietnam und Malaysia bestechen mit rasant wachsenden Volkswirtschaften. Für auslän-
teil. Das Megaprojekt schafft
führen, geht man in Deutsch-
dische Investoren besonders attraktiv: Sie erheben keine Quellensteuer auf Dividenden. In
Wohnraum für 12.000 Men-
land davon aus, es sei eine
Deutschland ist die Dividende bei bestimmten Voraussetzungen zu 95 Prozent steuerbefreit. schen und Büroflächen mit etwa
Döner­bude. Eine von PwC in
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc345
40.000 Arbeitsplätzen. „Die Ver-
Auftrag gegebene Untersu-
wandlung alter Industriebrachen
chung zu erfolgreichen türkisch-
Märkte BIP-Entstehung
Märkte BIP-Entstehung
in Wohnviertel am Wasser lockt
stämmigen Unternehmen räumt
Angaben in Prozent,
Angaben2007
in Prozent, 2007
mit dem Vorurteil auf. Türkische Unternehmer in Deutschland ma-
46,4 Dienstleistungen
46,4 Dienstleistungen
37 Dienstleistungen
37 Dienstleistungen
beiten am Wasser hat Konjunktur“, sagt PwC-Real-­Estate-Experte
chen sich nicht nur in der Lebensmittelbranche, der Gastronomie
Thomas Veith. In Köln ist es der Rheinauhafen und in Frankfurt der
oder in anderen „ethnischen Nischen“ selbstständig. Sie bereichern
2,7 Bauwirtschaft
2,7 Bauwirtschaft
4,6 Sonstige4,6 Sonstige
Westhafen. Im Rhein-Main-Gebiet baut man derzeit an vielen Orten
die deutsche Volkswirtschaft auch mit Hightech- und Logistikunter-
14,6 Bergbau,
14,6
Erdöl
Bergbau, Erdöl
9,8 Bergbau 9,8 Bergbau
nah am Wasser: Auf dem Areal des Zollhafens in Mainz entsteht ein
nehmen oder als Reiseveranstalter. Die Zahl der türkischen Selbst-
10,1 Land- und
10,1 Land- und
Forstwirtschaft
Forstwirtschaft Malaysia
20,3 Land-, Forst20,3 Land-, ForstVietnam
Malaysia
wirtschaft, Fischerei
wirtschaft, Fischerei
Stadtquartier, und am Main in Offenbach wird mit der Verwandlung
ständigen in Deutschland beläuft sich inzwischen auf etwa 60.000.
des Hafenareals in ein attraktives Wohnviertel begonnen.
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc343
Ungefähr 290.000 Menschen werden in türkischstämmigen Firmen
28,3 Verarbeitende
28,3 Verarbeitende
Industrie
Industrie
beschäftigt. Quelle: Bundesagentur
Quelle:
für Bundesagentur
Außenwirtschaftfür Außenwirtschaft
pwc: | januar 2009
blick auf Emissions- und Lärmreduzierung
gemacht. Dennoch haftet ihr ein negatives
Image vorgehen?
in vielen Städten Käufer, Investoren und Kapital. Wohnen und Ar-
16
Nachfrage gerecht zu werden?
Die Branche hat große Fortschritte im Hin-
zweistelligen Bereich. Das Internet ist die wesentliche Trieb-
Es muss nicht immer Döner sein
Hafenblick mit Stadtnähe – das
und umweltfreundliche Transportlösungen.
Bemühen sich die Lkw-Hersteller, dieser
bindung heizt den Markt an und jagt das Wachstum in den
ten Gamern äußerst beliebt ist. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc339
zeichnet die Hamburger Hafen-
Die Verbraucher fordern kraftstoffeffiziente
der Verbraucher festgesetzt hat.
Wie kann die Branche gegen ein solches
nen online gegeneinander antreten, was bei den sogenann-
Wohnen am Wasser
schaftlicher Sicht ein wesentlicher Faktor.
pwc: | januar 2009
28,3 Verarbeitende
28,3 Verarbeitende
Industrie, Bau
Industrie, Bau
Vietnam
Harald Kayser, Leiter des Bereichs Auto­
motive bei PwC.
17
pwc: Märkte
NORDKOREA
Seoul
China
Japan
Kangnung
SÜDKOREA
Taejon
Südkorea: die wichtigsten Wirtschaftsdaten
Fläche
99.538 km²
Einwohner
48,5 Mio.
Bevölkerungsdichte
487 Einw./km²
Bevölkerungswachstum
0,33 %
Arbeitslosigkeit
3,2 %
Kwangju
Mokpo
Ulsan
Masan
Pusan
Yosu
Nicht nur sauber, sondern rein
„Land der Morgenfrische“ heißt Korea auf Deutsch: Südkorea nimmt das nun
ganz wörtlich und setzt immer mehr auf erneuerbare Energien und Clean Tech.
Von Brett Cole
Quelle: CIA World Factbook, bfai, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Seoul
8.000 Kilometer, acht Zeitzonen − viel wei-
Ergrünung des Landes propagiert. Während
größtem Solarpark „SinAn“ abgeschlossen.
ter als Deutschland und Südkorea können
Das 90-Millionen-Euro-Projekt befindet sich
auf der eurasischen Landmasse zwei Län-
der Feierlichkeiten zum sechzigsten Jahrestag der Gründung der Republik sprach
der eigentlich nicht voneinander entfernt
er von seinem Plan, Privathaushalte wie
Hauptstadt Seoul. Im Auftrag der Dongyang
sein. Und doch fühlen sich die Südkoreaner
Industrie unabhängiger von fossilen und
Engineering & Construction Corpora­tion
gleich auf mehrfache Weise mit Deutschland
verbunden.
atomaren Energieträgern zu machen. An
hat Conergy den Park ans Netz gebracht.
deren Stelle will er Wind- und Solarenergie­ Dongyang beauftragte Conergy jetzt mit der
Durch politisches Leid: So wie Deutsch-
ausbauen − passend zum Landesnamen.
Erweiterung des Parks – ein Zusatzauftrag
land nach dem Zweiten Weltkrieg in Ost und
Auf Deutsch heißt Korea auch Land der
West geteilt wurde, wurde Korea in Nord
und Süd auseinandergerissen. Durch öko-
Morgenfrische. Die Voraussetzungen hatte die Regierung in Seoul 2002 geschaf-
nomischen Erfolg: Der Aufstieg Südkoreas
fen. ­Seitdem gilt Korea als einer der großen
zur Industrienation seit den 70er-Jahren
Wachstumsmärkte für erneuerbare Energien
koreanischen Energieversorgung ein“, sagt
verlief ähnlich spektakulär wie das bundes-
in Asien. Allein 2007 wurden 134 Solaranla-
Jihun Kim, CEO der Conergy Korea.
deutsche „Wirtschaftswunder“ zwei Jahr-
gen ans öffentliche Stromnetz angeschlos-
im südkoreanischen SinAn, südwestlich der
im Wert von allein rund 20 Millionen Euro.
„Der Bau von SinAn ist wegweisend für die
­Erneuerbare-Energien-Branche in unserem
Land. Damit läuten wir eine neue Ära der
zehnte davor. Und durch kulturelle Brücken:
sen – gegenüber 2006 ein Wachstum von
Ein weiteres deutsches Unternehmen, SolarWorld, hat mit einem koreanischen Joint-
Korea ist traditionell einer der wichtigsten
163 Prozent. Jürgen Wöhler, Vorsitzender
Venture-Partner in diesem Jahr eine Solar-
Auslandsmärkte für − natürlich übersetzte −
des Deutsch-Koreanischen Wirtschafts-
modul-Fabrik mit einer anfänglichen Jahres-
deutsche Bücher, „deutsche“ Tugenden genießen hohe Wertschätzung.
kreises, sieht dies als riesige Chance. Ohne
kapazität von 120 Megawatt hochgezogen,
eigene Öl- und Gasvorkommen, aber mit
ein Ausbau auf die doppelte Menge ist be-
Auf einem weiteren Feld der Verbundenheit
Metropolen und Unmengen recyclebarer
reits geplant. Die Erfahrungen sind weitge-
zwischen Deutschland und Korea wachsen
hend positiv: „Die Koreaner lieben uns und
gerade die ersten zarten Pflänzchen: beim
Abfälle, könnte Südkorea ein Marktplatz für
Deutschlands „grüne“ Industrie werden. Die
unsere Produkte“, sagt Jörg Walberer, bei
ökologischen Engagement. Der koreanische
Ersten sind bereits da. Die Conergy Grup-
SolarWorld für das Asien-Pazifik-Geschäft
Präsident Lee Myung-bak hat im ­August die
pe hat gerade den Bau von Asiens derzeit
zuständig. „Deutsche Ingenieure und ihre
Produkte genießen neben Japan in Korea
höchste Reputation.“ (Interview Seite 21)
Davon profitieren auch Schott Solar und der
Windradhersteller Enercon. Erste deutsche
Biogas- und Biorecycling-Firmen sind ebenfalls ins Geschäft mit den Koreanern eingestiegen. Für Jürgen Wöhler steht fest: Wenn
Südkoreas größte Konzerne die Regierungsinitiative unterstützen, wird sich das Land
sehr schnell dahin entwickeln, dass Investitionen in Umwelttechnologien extrem lohnenswert sind. Und es gibt Anzeichen, dass
die Firmen in der Besorgnis über die Umweltverschmutzung eine Geschäftschance
sehen. Nam Sang-tae, Vorstandsvorsitzender des weltweit drittgrößten Schiffsbauers
Daewoo, sagt, seine Firma investiere derzeit
in die Forschung und Entwicklung nuklear
betriebener Schiffe. Diese sollen wesentlich
18
pwc: | januar 2009
Grüner geht’s nicht: Südkoreanische 60-Jahr-Feier im Sommer 2008 (rechts), elektronischer
sauberer sein als die heutigen, die meistens
Blumengarten (Mitte), Klimaschutzkampagne auf dem Rathaus von Seoul (links).
mit Heizöl betrieben werden. Der Automobil-
pwc: | januar 2009
19
pwc: Märkte
Qualifiziert und preiswert
Jörg Walberer, Managing Director für SolarWorld Asia Pacfic, über die
­Chancen deutscher Clean-Tech-Unternehmen in Korea. Das Gespräch führte Brett Cole
pwc: Koreas Regierung will im Bereich der erneuerbaren Energien
Ist es eher einfach oder eher kompliziert, in Korea Geschäfte zu
durchstarten. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten ein?
Jörg Walberer: Die erneuerbaren Energien und vor allem die Solar-
Im Allgemeinen ist es einfach, im Besonderen unendlich mühsam.
energie werden sich dort sehr schnell weiterentwickeln. Da Kore-
Wir sind sehr angesehen und willkommen, unser Know-how ist eine
as Energieverbrauch pro Kopf zu den höchsten der Welt zählt und
Menge wert, aber die Barrieren in Kultur und Sprache sind doch
machen?
viele davon ausgehen, dass die Öl- und Gaspreise à la longue, also
recht hoch. Hier kommt man nur mit einem zuverlässigen Joint-
abgesehen von der momentanen Entwicklung der Märkte, weiter
Traditionelle Hochburgen der Industrie
steigen, hat Korea keine andere Wahl, als auf erneuerbare Energien
Venture-Partner weiter, der in der Lage und willig ist, sich anzupassen und auf unsere Denk- und Arbeitsweise einzustellen − uns also
Südkoreas: Auto und zu setzen. Zudem versucht Korea gerade, neue Industriezweige
zumindest auf halbem Weg entgegenkommt. Allein wäre ich hier
Schiff (links Kia, recht Daewoo).
aufzubauen, in denen das Land, wie im Schiffbau oder in der Halbleiter- und Mobilfunkindustrie, Weltklasse werden kann. Ich denke,
definitiv nicht so gern.
Korea wird auf diesem Gebiet eine neue Erfolgsstory schreiben.
Was sind die größten Vorteile der koreanischen Business-Kultur?
Ein großer Vorteil ist die Geschwindigkeit, mit der man etwas auf-
hersteller Hyundai Motors gibt ebenfalls Gas
Welche Chancen eröffnen sich daraus für deutsche Unternehmen
bauen kann, das Potenzial an hochqualifizierten Arbeitskräften und
der „grünen“ Energietechnik? das teilweise preiswertere Sourcing von Material.
Lage sei, die Wirtschaft des Landes voranzu-
steigende Zinsen drosseln nicht nur den priva-
bei der Entwicklung von Hybridfahrzeugen
bringen. Doch die konjunkturelle Abschwä-
ten Verbrauch, sondern auch die Investitionen.
Da Deutschland im Bereich erneuerbare Energien und insbeson-
mit Elektrozusatzmotoren.
chung, die die meisten Industriestaaten erfasst
Dementsprechend schlecht steht es um die
dere in der Solartechnik weltweit führend ist, ist es gut vorstellbar,
hat, spart Korea nicht aus. Der Internationale
Beliebtheit des Präsidenten. Um Rückhalt
dass deutsche Firmen eine führende Rolle in diesem Bereich über-
nicht schöner, wenn die Politik eine klarere Linie beim Thema
Noch liegen die Südkoreaner in Sachen Um-
Währungsfonds prognostiziert derzeit für diese
bei den Wählern zu gewinnen, zeigt sich
nehmen könnten. Unsere Reputation auf diesem Gebiet ist in Korea
­Energieförderung hätte? Fehlt hier nicht noch die Planungssicher-
welttechnologie zwar hinter deutschen Her-
Länder eine BIP-Wachstumsrate von 3,5 Pro-
der Präsident volksnah: Beim koreanischen
außerordentlich.
heit und teilweise etwas Verständnis?
stellern. Dennoch sollte niemand die Ziel-
zent. Und das Konsumklima ist so schlecht
Erntedankfest ließ er sich barfuß und mit
strebigkeit der Südkoreaner unterschätzen.
wie zur Zeit der asiatischen Finanzkrise Ende
Diesen Fehler hatte vor 40 Jahren schon die
der 90er-Jahre: hohe Ölpreise, eine sich ab-
hochgekrempelten Hosen beim Wäscheaufhängen filmen. Weltbank gemacht: Korea sei nicht in der
schwächende Währung samt Inflation sowie
Aber gibt es nicht auch Nachteile − wäre es zum Beispiel
Ja, und Verhandlungen mit inländischen Banken sind manchSie haben bereits in Korea investiert. Wie sind Ihre Erfahrungen?
mal eine Katastrophe. Hier sind wir von der Professionalität un-
Wir profitieren von den ausgezeichneten Geschäftsbedingungen für
serer deutschen ­Institute verwöhnt. Es fehlt teilweise komplett an
ausländische Investoren, von den Incentive-Programmen und be-
Kundenorien­tierung. Im Vergleich zu anderen Industrien hat der
schleunigten Genehmigungsverfahren. Dazu sind die Arbeitskosten
Finanz­sektor in Korea noch einen gewaltigen Weg vor sich.
Lage, eine eigene Stahlindustrie aufrechtzuerhalten, hatte 1969 ein Gutachten erge-
Die Öko-Initiative ist ein wichtiger Schritt
nach vorn, denn sie knüpft an ein in der
im Vergleich extrem attraktiv. Die Ingenieure und Arbeiter sind hoch
ben. Die geplante Finanzhilfe für den Aufbau
Vergangenheit mehrfach bewährtes Erfolgs-
qualifiziert und motiviert sowie ausreichend verfügbar. Was mich
Außenhandel mit Deutschland
rezept an: als Außenseiter klein anfangen
Angaben in Mrd. Euro
und dann mit Beharrlichkeit und Qualität die
am meisten fasziniert ist die extrem kurze Projektlaufzeit für das Errichten eines Produktionsstandorts. Wir haben im April mit der Pla-
Jörg Walberer lebt seit
Welt er­obern. Sowohl im Schiffbau als auch
nung begonnen, im August angefangen zu bauen, Mitte November
2006 in Singapur. Seit
eines Stahlwerks der Firma Posco wurde
daraufhin wieder gestrichen. Die Koreaner
zogen das Projekt daraufhin allein durch
Import
– und hatten Erfolg. Posco wurde zum Motor
Export
der südkoreanischen Schiffs- und Automobilindustrie und ist inzwischen der viertgröß-
9,60
te Stahlhersteller der Welt. 11,45
7,10
8,48
9,06 8,73
in der Autoindustrie gelang der Schritt zum
lief die Produktion an. Die Baugenehmigung hat genau eine Woche
2008 ist er CEO des
Global Player. In der Unterhaltungselektronik schafften mit Samsung und LG gleich
auf sich warten lassen. Das ist in Deutschland nicht vorstellbar.
Joint Ventures zwei koreanische Konzerne den Sprung in
Wann werden koreanische Unternehmen anfangen, Ihnen Konkur-
SolarWorld Korea.
Kein anderer Staat der Welt hat es so schnell
die globale Champions League. Im nächs-
renz zu machen?
so weit gebracht wie Südkorea: Vor vierzig
ten Schritt pochen sie an die Tür zum Markt
Die sind schon fröhlich dabei. Und zwar auf höchstem Niveau. Ein
für erneuerbare Energien. „Dies ist eine Ge-
Unternehmen wie DCC hat kaum länger als zwei Jahre gebraucht,
Jahren war es noch ein rückständiges Land
2005
2006
2007
Quelle: Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Seoul
fernab aller Handelswege und mit Exporthits
wie Fisch oder Echthaar-Perücken. Inzwischen
BIP nach sektoraler Entstehung
hat sich Südkorea auf Platz 13 der Wirtschaftsnationen geschoben. Die 49 Millionen Einwoh-
Anteil am BIP in Prozent, 2007, Basisjahr 2000
legenheit, uns von Anfang an als führender
um die weltweite Nummer zwei in der Siliziumproduktion zu werden.
Hersteller in der Solarindustrie zu positio-
Im Waferbereich, also den Platten, auf denen sich die Schaltkreise
nieren“, sagt Kwan Shik Cho, der Leiter des
befinden, kommt Nexolon. Im Modulbereich versuchen wir uns vorne zu positionieren. Die Chance liegt hier in der vollautomatisierten Produktion von High-Quality-Modulen mit deutschem Marken­
Bauwirtschaft
LG-Geschäftsbereichs Solarzellen. 75 Pro-
ner bringen es derzeit auf ein Bruttoinlandspro-
Industrie einschl. Bergbau
zent der Anteile an der im Bau befindlichen
dukt von 20.000 US-Dollar pro Kopf.
Dienstleistungen einschl. öffentl. Dienstl.
SolarWorld-Fabrik wollen die Koreaner
namen. Nichtsdestotrotz, die Samsungs und LGs werden mit voller
Land-, Fischerei- und Forstenwirtschaft
übernehmen. Auf einen Schlag wären sie
Kraft kommen. Die schauen da nicht einfach zu.
Präsident Lee reicht das nicht. Er will Korea zur
siebtgrößten Wirtschaftsmacht der Welt machen, die Pro-Kopf-Einkommen seiner Lands-
3,1
2,5
6,6
30,5
leute verdoppeln und ein Wirtschaftswachstum
von sieben Prozent erreichen. Von Lee, ehe-
damit einer der größten Solarproduzenten
Strom, Gas und Wasser
57,3
− in Deutschland. Denn dort, in Frankfurt/
Oder, ist die Produktion angesiedelt. Früher wollte dort die DDR mit einer Chipfabrik
den technischen Vorsprung der Westdeut-
mals Vorsitzender einiger Geschäftsbereiche
schen aufholen. Jetzt versuchen es am glei-
des Hyundai-Konzerns, wurde erwartet, dass
chen Standort die Koreaner. Mit wesentlich
der erfolgreiche Geschäftsmann auch in der
20
Quelle: Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Seoul
besseren Chancen.
pwc: | januar 2009
Im Auto- und Schiffbau hat Südkorea Erfolgsgeschichten geschrieben. Jetzt setzt der Staat auf
erneuerbare Energien. Ein Chance für deutsche
Umwelttechnik- und Clean-Tech-Firmen.
pwc: | januar 2009
Kontakt
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www.pwc.com
21
pwc: Märkte
Pharma 2020
Als der Pharmakonzern Merck im Juli
bekannt gab, dass er einen Teil seines Au-
Gesellschaftliche und regulatorische Veränderungen fordern die
ßendienstes an den japanischen Hersteller
Pharma­industrie. In Zukunft wird nur wettbewerbsfähig sein,
Daiichi Sankyo übergeben wird, war dies
wem es gelingt, Innovationen in Forschung und Entwicklung zu
ein deutliches Signal: Das seit Jahrzehnten
realisieren. Die Studie „Pharma 2020: Virtual R&D – Which path
etablierte Geschäftsmodell der Pharma­
industrie funktioniert nicht mehr.
will you take?“ von PwC zeigt, dass der Einsatz virtueller For-
Die Produzenten preiswerter Nachahmer­
schung und Entwicklung die Unternehmen dabei entscheidend
produkte, so genannter Generika, wie auch
unterstützen kann. In den nächsten Jahren wird eine Vielzahl
die Originalhersteller patentgeschützter Medikamente sind gezwungen, ihre Vertriebs-
der Patente ablaufen, die in den 90er-Jahren ausgestellt wurden. Dies kann im Jahr 2015 zu Umsatzeinbußen von zwei bis 40 Prozent führen. Nur
wege und das Marketing neu zu ordnen.
gerade vier Branchenführer haben neue Produkte in der Pipeline, mit denen sie gege-
Der Wandel führt zu Strukturen, die noch
vor wenigen Jahren niemand für möglich
Ungesundes
Vertriebsklima
gehalten hätte: So verzichtet Merck in Zukunft darauf, Vertreter zu Allgemeinmedizinern zu schicken, um etwa das patent-
benenfalls Verluste wettmachen können. Das innovative Defizit hat große Auswirkungen
auf die gesamte Branche und fordert neue Ansätze im Bereich von Forschung und
Entwicklung. Die Zunahmen von chronischen Krankheiten, steigende Anforderungen
an Medikamenten sowie der Kostendruck bei der Entwicklung neuer Therapien zwin-
schutzfreie Diabetesmittel Glucophage zu
gen die Branche zu Veränderungen bei ihren Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten.
bewerben.
www.pwc.de/de/pwc346
Das Beispiel zeigt die Auswirkungen der
Die Gesundheitsreform zeigt Nebenwirkungen – für die Pharmahersteller. Um
den Umsatzschwund zu stoppen, steht vor allem der Außendienst unter Druck.
Von Oranus Mahmoodi
Gesundheitsreform: Sie räumt den Kranken-
besser auf die Konsumenten von Gesund-
Apothekern für Apotheker“ plant, in einen
kassen die Möglichkeit ein, Rabattverträge
heitsleistungen ausrichten zu können“, sagt
Exklusivvertrieb („direct to pharmacy“) von
über einzelne patentschutzfreie Produkte
Volker Booten, Pharma-Experte bei Price-
Pfizer einzusteigen.
direkt mit den Herstellern abzuschließen.
waterhouseCoopers (PwC). Immer häufiger
wollen die Hersteller direkt zum Kunden vor-
bei der Abgabe des Präparats. Die Folge:
dringen. E-Commerce, Direkt­marketing und
makonzerne mit Krankenkassen Partner-
Die Wahlfreiheit der Ärzte, einzelne Medikamente zu empfehlen, wird eingeschränkt.
Serviceleistungen von Callcentern für Ärzte
schaftsmodelle entwickeln. Das Pharma­
und Patienten – das sind die Instrumente
unternehmen Novartis garantiert etwa der
Noch ziehen rund 15.000 Außendienst-Ver-
der Zukunft. Auch die Beteiligung an Inter­net­
Deutschen Angestellten-Krankenkasse
treter durch Deutschlands Praxen und si-
apotheken wird ins Auge gefasst. Den Direkt­
chern der Industrie Marktanteile. Der
versand – neudeutsch: Home Delivery – von
(DAK) die Wirksamkeit eines neuen Medikaments – sonst erhält die Kasse ihr Geld
Pharmakonzern Pfizer hatte bislang die
Spezialpräparaten, etwa für verschreibungspflichtige Langzeittherapien, gibt es bereits.
zurück. Sollten sich DAK-Versicherte, die
schlagkräftigste Truppe der Branche. Doch
diese Waffe zum Erhalt der Weltmacht
Apotheken und andere Zwischenhändler-
stumpft ab: Der US-Konzern kündigte im
strukturen können so umgangen werden.
Aclasta erhalten, innerhalb eines Jahres einen Knochen brechen, erstattet Novartis
Das Ziel sind individuelle und therapiebe-
Ausnahme. Im Gegenzug versucht die Kas-
zogene Vermarktungsformen. So lassen
se, ihre Versicherten auf Aclasta umzustel-
zent der Jobs weg. Bis Ende 2008 sollen
Pharmakonzerne ihre Präparate inzwischen
len und sichert Novartis damit Marktanteile.
die Personal­kosten um zwei Milliarden US-
auch von Pflegern empfehlen, nicht mehr
der 12.000 Außendienststellen abzubauen. In Europa fallen ebenfalls rund 20 Pro-
Dollar sinken. Diese Zahl hat der Konzern
nur von Ärzten. Der Vorteil: Das Vertrauen
Ein neuer Verteilungskampf hat begonnen.
im Oktober 2008 bestätigt. „Die Aufgaben
Und jeden Monat wird eine neue Tabuzone
des Pharma-­Außendienstes werden sich
der Patienten in ihr Pflegepersonal ist häufig größer als das in die Ärzteschaft.
ausgereizt – oder durchbrochen. „Gerade
massiv verändern“, sagt Elisabeth Beck,
Der Pharmagroßhändler Anzag meldete im
mit Blick auf den 2009 kommenden Ein-
Geschäftsführerin des Marktforschungsunternehmens IMS Health.
April entsprechend, dass sich der Anteil der
heitstarif des Gesundheitsfonds wollen wir
unseren Versicherten mehr bieten“, sagt
Direktbelieferung von Kunden durch Pharmahersteller – „unter Umgehung des phar-
Gefragt seien in Zukunft vielseitige Mit-
mazeutischen Großhandels“ – in weniger
Arzneimittel bei der DAK.
arbeiter, die die neue Kräfteverteilung im
als zehn Jahren mehr als verdoppelt habe
Das Ziel ist klar: Eine Erste-Klasse-Medizin­ Gesundheitsmarkt verstehen. „Die tradi-
und bereits bei 17 Prozent liege.
für gesetzlich Versicherte. Ein Pharma­
tionellen Instrumente von Marketing und
Die Großhandelsgenossenschaft Sanacorp
manager deutet das so: „Die Kassen haben
Vertrieb müssen verändert werden, um sie
reagiert ebenfalls: Das Unternehmen „von
das Potenzial erkannt – und Blut geleckt.“
Der Vertriebsmarkt für Pharmaprodukte wandelt
sich fundamental. Die Konzerne wollen die Patienten möglichst direkt beliefern. Deshalb testen
sie viele neue Wege, etwa den Direktversand.
pwc: | januar 2009
an Osteoporose leiden und das Präparat
die Kosten der Arzneimitteltherapie – ohne
Janu­ar 2007 an, allein in den USA 2.200
22
In den USA ist es längst üblich, dass Phar-
Der Apotheker hält sich dann an den Deal
pwc: | januar 2009
Bernd Schreiber, Leiter der Arbeitsgruppe
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23
pwc: Märkte
„Wir gestalten
Logistikprozesse“
Norbert Bensel, Chef der DB Mobility Logistics AG, über umweltschonende
Transportleistungen und private Logistikkatastrophen.
Das Gespräch führte Tobias Kaiser
Dr. Norbert Bensel wurde am 14. Dezember 1947 in Steinau geboren. Die beruflichen Stationen des promovierten Chemikers und Ingenieurswissenschaftlers: Schering, R+V Versicherung, Daimler-Benz Aerospace und Deutsche Bahn.
Herr Dr. Bensel, der Transport von Personen und Waren ist für 20
Warum ausgerechnet Dubai?
Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Weil es dort einen Flughafen gibt, auf dem wir ausreichende Kapa-
Müssen Sie sich dafür rechtfertigen, für ein Logistikunternehmen
zitäten zu vernünftigen Preisen bekommen.
zu arbeiten?
Norbert Bensel: Nein, überhaupt nicht. Es ist ganz klar unse-
Sind die Kunden bereit, für saubere Logistik mehr zu bezahlen?
re Ausrichtung, die Themen Umweltverträglichkeit und Umwelt-
Diese Frage kann ich leider nicht mit Ja oder Nein beantworten. Die
schutz in unsere Dienstleistungen zu integrieren, und dabei hilft
meisten Studien zu dem Thema sagen ganz klar, dass Unterneh-
uns sehr, dass die Eisenbahn das Rückgrat unseres Transportge-
men nicht bereit sind, für einen emissionsärmeren Transport mehr
schäfts ist.
zu bezahlen. Das sehen wir bereits: Die Nachfrage ist da, aber die
Zahlungsbereitschaft ist eher gering ausgeprägt. Das könnte sich
Schenker mag zwar Teil der Deutschen Bahn sein. Aber warum
ändern, wenn die Zertifikate kommen.
sollten ihre Kunden denn die Bahn nutzen? Lkw sind schließlich
viel flexibler.
Sie meinen, wenn Transporte in den Emissionshandel miteinbezo-
Die Kunden fragen immer stärker danach, Güter auf die Schie-
gen werden?
ne zu schicken. Natürlich auch, weil sie unter öffentlicher Beob-
Ja. Allerdings ist noch nicht klar, wann es so weit sein wird. Im Ge-
achtung stehen und deshalb stärker auf Nachhaltigkeit, Umwelt-
spräch ist zwar das Jahr 2013, aber ich glaube nicht, dass es so
schutz und ökologischen Footprint achten. Außerdem fließen
schnell passieren wird.
Transportemissionen in die Umweltbilanzen der Unternehmen ein,
und jedes große Unternehmen hat sich Ziele für die Reduzierung
des CO2-Ausstoßes gesetzt. Davon profitieren wir.
Dann würden Firmen für Ihre Dienstleistung tiefer in die Tasche grei-
In Großbritannien drucken Supermärkte bereits die Klimabi-
den. Wer dafür bezahlt, ist eine andere Frage. In Deutschland ist es
fen müssen …
Es würde zumindest bedeuten, dass die Transporte teurer wer-
lanzen von Erbsen auf Konservendosen. Sehen Sie in Deutsch-
meistens der Verbraucher, so ist es ja auch bei der LKW-Maut und
land eine ähnliche Entwicklung?
den höheren Energiepreisen.
Das haben wir in Deutschland schon, allerdings noch nicht so
ausgeprägt. Große Konsumgüterhersteller wie Nike werben be-
Wie reagieren denn Unternehmen auf die höheren Energiepreise?
reits mit grüner Logistik. Gerade in den Bereichen Konsumgü-
Viele Firmen haben lange Versorgungsketten, teilweise rund um den
ter, Automobil und Hightech wird das ein ganz wichtiges Thema
Globus, aufgebaut. Werden diese Ketten jetzt verkürzt, um Trans-
werden.
portkosten zu sparen?
Der Trend zur Globalisierung der Arbeitsteilung wird weiter beste-
Wie können denn Firmen ihre Logistik sauberer machen?
hen bleiben. Aber angesichts höherer Energiepreise und höherer
Zum Beispiel immer dadurch, dass sie von der Straße auf die
Personalkosten in ehemals günstigen Regionen werden Firmen ihre
Schiene verlagern oder von der Luftfracht auf die Schiene. Wir
trainieren zum Beispiel auch Lkw-Fahrer und Lokführer, energiesparender zu fahren.
Was bringen Sie denen denn bei?
Ein Fahrer kann mit seinem Fahrstil den Spritverbrauch unheimlich stark beeinflussen, etwa indem er richtig bremst. Beim Lkw
ist auch die Auslastung ein wichtiges Thema und die Vermeidung
von Leerfahrten. Seit Kurzem kombinieren wir auch Luft- und Seefracht, das spart ebenfalls Energie und ist umweltschonender.
Wie sieht das konkret aus?
24
pwc: | januar 2009
Sie kommen aus Steinau an der Straße – bei dem Ortsnamen hätte
man sich denken können, dass Sie im Transportgewerbe landen ...
Von wegen, meine Jugend war eher Mitropa als Schenker. Meiner
Patentante gehörte der Gasthof zum Grünen Baum, dort bin ich
geboren und aufgewachsen. Der ist heute nicht mehr ganz so doll,
Zum Beispiel so, dass wir Container mit dem Schiff von China
aber war früher richtig gut. Dort stand ich schon als Schüler hinter
nach Dubai bringen und von dort aus mit dem Flieger nach Euro-
dem Tresen und habe Bier gezapft – zack, zack! – und dabei die
pa oder in die USA.
Beichten der Stammkunden abgenommen.
pwc: | januar 2009
25
pwc: Märkte
Sie sind promovierter Chemiker, was
machen Sie mit dieser Ausbildung im Logistikgeschäft?
Heute ist es relativ egal, was Sie studiert haben, wenn Sie im Topmanagement arbeiten. Frau Merkel ist doch auch Physikerin. Gut,
als Naturwissenschaftler kann ich in Systemen denken, das hilft mir.
Aber viel wichtiger ist, dass ich gelernt habe, Menschen zu führen
und Strategien zu entwickeln. Ich muss keine Zollerklärung ausfüllen
können, aber ich muss strategische Zusammenhänge verstehen.
Produktionsketten immer wieder auf den Prüfstand stellen. Und
die gesamten Teile für die Handys, und wenn sie gebraucht wer-
natürlich gibt es auch Fälle von Unternehmen, die ihre Produktion
den, meldet sich der Kunde. Ruft der Kunde dann 1.000 Telefone
oder Produktionsvorstufen zurückverlagern. In diesen Fällen kön-
ab, werden die in dem Lager vorbereitet und in die Endmontage
nen Energiepreise der Treiber sein, aber auch die Komplexitätskos-
geschickt.
ten, die internationale Produktion und verstreute Standorte mit sich
bringen.
Und warum machen Unternehmen das nicht selbst, sondern suchen sich einen Kontraktlogistiker?
Und wie werden die Unternehmen ihre Strategien anpassen?
Früher vor allem, weil der Dienstleister geringere Lohnkosten hat-
Ich denke, es wird einen Trend geben, mit der Produktion wieder
te. Heute ist es aber viel wichtiger, dass der Logistikpartner neue
näher an die Absatzmärkte zu gehen. Unternehmen werden kaum
Konzepte hat und die einbringt. Niedrige Kosten sind zwar immer
ihre Produktion von Asien wieder hierher verlagern. Aber bei Ent-
noch ein Thema, aber in der Kontraktlogistik ist es viel wichtiger,
scheidungen über neue Fabriken wird die Nähe zur Absatzregion si-
Prozesse zu verbessern.
Das alles ist weit weg von dem, was Logistik ursprünglich mal
Woran hakt es denn?
Wie weit kann ein Unternehmen dabei gehen, ohne die Kontrolle
war – nämlich Transport von A nach B. Kommt diese Entwick-
Das ist in vielen Aspekten noch nicht ausgereift, weil wir ja wirklich
über Prozesse und Endprodukte zu verlieren?
lung aus der Logistikbranche, die nach neuen Umsatzbringern
noch im Entwicklungsstadium sind. Aber es wird sukzessive kom-
cher wichtiger werden. Südosteuropa wird dabei ein Gewinner sein,
und auch Südamerika als Produktionsstandort für die USA.
Wenn die Bahn von hohen Energiepreisen und gestiegenem Um-
Da gibt es keine festen Regeln, das ist letztlich eine Frage der Fir-
sucht, oder fordern Kunden von Ihnen, dass Sie zum Multifunk-
men. Auch die Smartboxen hat die Deutsche Bahn nicht von heute
weltbewusstsein profitiert: Welches Verkehrsmittel ist der Verlierer?
menphilosophie. Es gibt auch noch viele Unternehmen, die ihre IT
auf morgen eingeführt.
Im Moment verliert keines, weil wir in dem Bereich immer noch ein
selbst machen. Und es gibt andere, deren Philosophie ist es ganz
tionsanbieter werden?
Unsere Kunden fordern das ein. Früher hat es gereicht, Qualität
gesundes Wachstum haben. Längerfristig wird es aber eine Verla-
klar, Wertschöpfung nach außen zu verlagern, und die behalten
zu vernünftigen Preisen abzuliefern. Heute erwarten viele Unter-
Was ist eine Smartbox?
gerung vom Lkw auf die Schiene geben, und in kleinem Umfang
nur die Kompetenz, Prozesse zu gestalten und ihre Dienstleister
nehmen, dass der Dienstleister ihre Logistikprozesse gestaltet.
Das ist ein Kasten, der in einem Container alles Mögliche messen
auch von der Luft auf die Schiene.
zu bewerten und auszuwählen. Die Autoindustrie ist in diesem Bereich sehr weit entwickelt.
Flexibilität und die schnelle Anpassung an schwankende Produk-
kann. Von der Temperatur bis zur Erschütterung kann der Kunde
tionsanforderungen und -mengen werden dabei immer wichtiger.
genau verfolgen, was mit seinem Container passiert, der von Asien
Stichwort Wachstum: Ein Wachstumstreiber von DB Schenker ist
Das ist für jeden ein Thema, nicht nur für den Logistiker.
die Kontraktlogistik. Wie würden Sie Ihren Kindern erklären, was
Das klingt jetzt ein bisschen zu einfach ...
das ist?
Einfach ist es nicht, aber es wird gemacht. Wie gesagt, die Au-
nach Deutschland reist. Computerhersteller nutzen diesen Service
gerne – in den Containern darf es nicht zu kalt werden, wenn der
Sind denn überhaupt noch Innovationen in der Logistikkette
Kontraktlogistik ist eigentlich ein Teil des Produktionsprozesses.
tomobilindustrie hat viel an Vormontage ausgelagert. Für einen
möglich?
Der Produzent vergibt dabei Arbeiten, die er sonst selber machen
Autohersteller stanzen wir Bodenbleche und produzieren Kabel-
Ja, natürlich. RFID-Chips beispielsweise. Oder Prozessinnova-
Zug durch Sibirien rollt. Die Smartbox sagt Ihnen auch, wo der Container sich gerade befindet.
bäume und Armaturenbretter und liefern dann alles zur Endmon-
tionen. Beispielsweise die Antwort auf die Frage, wie wir See-
Kommen Ihnen eigentlich auf solch langen Strecken auch mal Gü-
tage ans Band. Und Firmen wie Dell oder Cisco, die lagern fast
fracht günstiger von Asien bis ins europäische Hinterland brin-
terwagen abhanden?
Wie sieht so was aus?
den gesam­ten Logistikprozess und die Produktion aus. Deren Ge-
gen.
Wir arbeiten zum Beispiel in Asien für eine Telefonfirma. Wir lagern
schäftsmodell ist, nur die Idee zu haben und ansonsten andere für
würde, an externe Logistikdienstleister.
Mit Ladung nie. Und natürlich gehen Güterwagen nicht verloren.
Aber es kann schon passieren, dass ein Wagen, der sich in der Tür-
sich machen zu lassen. Die Firma selbst ist nur Innovations-, Ver-
RFID-Funketiketten, mit denen Waren und Transporteinheiten
kei oder in Italien befindet, von der jeweiligen ausländischen Bahn
triebs- und Marketingplattform.
berührungslos registriert werden können, gelten seit Jahren als
weiterbenutzt wird. Deswegen gibt es zwischen den Bahnen jetzt
Nachfolger des Strichcodes. Eingesetzt werden sie aber trotz
Systeme, mit denen der Preis für die Nutzung solcher Wagen gere-
Thema Privatlogistik – wie sah Ihr
schlimmster Umzug aus?
Und die Firmen schieben das Risiko zu Ihnen, dem externen
vollmundiger Ankündigungen nicht – sind die Chips ein Flop?
Sie haben recht, sie werden noch nicht eingesetzt, aber es gibt
zahlen oder den Waggon zurückzugeben.
Nein, das Risiko liegt am Ende des Tages bei beiden. Die sind
kaum Bereiche, die in der Logistik so stark erforscht werden,
Der letzte Umzug, den ich selbst mitgemacht habe, da war ich noch
schon sehr eng miteinander verknüpft. Wenn einer nicht funktio-
und ich bin mir sicher, dass sie sich in der Produktionslogistik
niert, dann leiden beide darunter. Deshalb ist das Partnermanage-
und im Transport durchsetzen werden. Vielleicht nicht überall
ment ganz wichtig.
und vielleicht nicht an der Supermarktkasse – obwohl ich es mir
Assistent an der Uni, und meine Frau war hochschwanger. Wir sind
in eine wunderschöne Altbauwohnung am Ku’damm gezogen – in
den fünften Stock, das war kein Spaß. Wir hatten vier Meter hohe
Decken, mussten selbst tapezieren und teilweise sieben Schichten
Tapete ablösen. Richtig schlimm war, dass dort vor uns eine Raucherin gewohnt hatte. Im Salon direkt über der Chaiselongue war
Dienstleister …
als Kunde wünschen würde.
Das heißt, wichtige Teile der Wertschöpfung auszulagern, kann für
gelt wird. Wir rechnen dann eben aus, ob es sinnvoller ist, Miete zu
DB Schenker fährt, fliegt und verschifft – wären Sie lieber Kapitän,
Pilot, Trucker oder Lokführer?
den Auslagernden sehr arbeitsintensiv sein …
Warum läuft das Ganze so langsam an?
Natürlich. Wenn Sie wollen, dass Ihre Prozesse trotzdem funktio-
Weil das natürlich nicht nur eine Frage der Chips ist. Sie müssen
Kapitän natürlich, das würde mir Spaß machen. Die Weite der
nieren, mit Lieferung just in time und abgestimmt auf den Produk-
auch Ihre Produktionsprozesse und Ihre Logistik total verändern,
Meere fasziniert mich. Piloten fliegen zwar über den Wolken, aber
die Decke deshalb nicht mehr sanierbar. Die mussten wir abschla-
tionsprozess, dann müssen alle Seiten sehr gut aufeinander ein-
und das muss sich rechnen. Es bringt ja nichts, wenn Sie schö-
das ist ein anderes Gefühl von Freiheit. Und lange Flüge stelle ich
gen und mit einer speziellen Kneipenfarbe streichen lassen.
gespielt sein.
ne Daten haben, aber kein Geld in die Kasse bekommen.
mir, ehrlich gesagt, ziemlich langweilig vor.
26
pwc: | januar 2009
pwc: | januar 2009
27
pwc: Trends
Fachwissen stärken
Mit aktuellen Seminarthemen werden PwC-Mandanten
für künftige Herausforderungen sensibilisiert. Der PwCBereich Financial Services hat nach gewohnter Tradition sein jährliches Seminarprogramm veröffentlicht.
Neue Sujets sind unter anderem das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG), die Prüfung
von Ratingverfahren, die Erstellung eines Offenlegungsberichts nach der Solvabilitätsverordnung (SolvV) und die Gestaltung und
Kontrolle von IT-Outsourcing. Das vergangene
Geschäftsjahr hat gezeigt, dass der Trend eindeutig zu Schulungen geht, die auf die speziKunst und Kultur wesentliche Bausteine zur
fischen Anforderungen des einzelnen Unternehmens
Herausbildung einer eigenen Persönlichkeit
eingehen. Die Schulungen sind daher für ein Inhouse-Training konzipiert, werden
sind“, sagt Prof. Rolf Windmöller vom Stiftungsvorstand. 27 Projekte werden aktuell
aber auch als offene Seminare in den Niederlassungen von PwC angeboten. Die Drei Fragen an ...
Iris Selch
Referenten sind PwC-Mitarbeiter, die ihr Know-how in der Praxis erworben haben. ... zur Reform des GmbH-Rechts
mit einer Gesamtsumme von 2,2 Millionen
Praxisorientiertes Wissen wird im 21. Jahrhundert immer mehr zum Erfolgsfaktor. Euro gefördert. Jetzt hat die PwC-Stiftung
Und die Experten geben ihr Wissen gerne weiter. pwc: Was ist das Ziel des Gesetzes zur Mo-
mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung erstmals ein gemeinsames Programm
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc350
dernisierung des GmbH-Rechts und zur BeSelch: Kernanliegen der GmbH-Novelle ist
können sich Schulen darum bewerben, sich
es, Unternehmensgründungen zu erleich-
im Februar in eine Forschungseinrichtung
Lernen mit Jazz und Malerei
kämpfung von Missbräuchen (MoMiG)?
entwickelt: KULTUR.FORSCHER!. Derzeit
zu verwandeln. 24 Schulen werden eine
Unterstützung erhalten. 12- bis 16-Jährige
Kinder und Jugendliche wissen weniger als
junger Mitarbeiter. Die Zauberformel ge-
können dann kulturelle Lebenswelten an ihrem Heimatort unter die Lupe nehmen. Das
früher, heißt es aus deutschen Lehrerzim-
gen die Misere heißt selbstständiges Ler-
Objekt der Forschung suchen sie selbst aus.
mern. Immer mehr Schülerinnen und Schü-
nen, auch nach der Schule. Die PwC-Stif-
Der Gewinn des Programms: interessier-
ler seien unkonzentriert, aggressiv und re-
tung unterstützt deutschlandweit Projekte,
te Kinder, die Freude am Lernen entwickeln
gellos. Was bisher ein Eiertanz der Schule
die Kultur in der Jugendbildung verankern,
und eigeninitiativ Dinge erforschen – die
war, schwappt auf die Wirtschaft über. Die
ganz nach dem Motto: Kulturelle Bildung
Unternehmen beklagen die „Schmalspur-
schult die Urteilskraft, wer sie hat, kommt
Lehrer wird es freuen und die Wirtschaft
später auch. denke“ und mangelnde Allgemeinbildung
leichter durchs Leben. „Wir glauben, dass
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc348
East, West und Central heißen die drei Regionen, nach denen PwC seit dem 1. Oktober weltweit formiert ist. Die neue Struktur soll die Zusammenarbeit im Netzwerk
der unabhängigen Partnerfirmen weiter optimieren. Alle Unter dem Aspekt des MoMiG müssen Ge-
europäischen Märkte sind der Central-Region zugeteilt, aber
Risikosimulationen setzen dort
Die Siesta-Kultur aus den südlichen Ländern kommt nicht von
gehören China und Singapur, Australien, Japan und Korea, zur
blick auf Führungs­losigkeit der GmbH und
West-Region Kanada, Mexiko, Süd- und Zentralamerika, Gibt es auch für Geschäftsführer Handlungsempfehlungen?
Am wichtigsten ist es, ein Frühwarnsystem
Reporting auf Knopfdruck
ungefähr. Viele Studien weisen
Wo sehen CFOs Verbesserungspotenzial
bei der Erstellung des Abschlusses?
nehmen die größten Gefahren
am hellichten Tag die Batterien
Angaben in Prozent, 167 Befragte
zumeist als Einzelrisiken dar“,
wieder auflädt, auch während
sagt ­Ralph Brückner, bei PwC
der Arbeitszeit. US-Firmen wie
verantwortlich für Risk Management Services. Simulationen
Cisco Systems, Procter & Gam­
ten – ein Spannungsfeld,
in dem sich Finanzvor-
Qualität
58
Zeiteinsparung
Kosten
Zeit, Qualität und Kos-
22
8
Quelle: PwC
stände alljährlich bewegen, insbesondere dann,
wenn es um den Jahresabschluss geht. Die Anforderungen an das Fi-
send mögliche Szenarien. Die Als-ob-Darstellung berücksichtigt so-
vor – sie haben spezielle Schlafliegen in ihren Büros aufgestellt. Immer mehr Firmen erkennen den
wohl interne Rückkoppelungen als auch externe Einflüsse, wie etwa
Mehrwert des Mittagsschlafs. Der Trend hat einen Namen: Power­ Zins- und Währungsrisiken, Energie- und Rohstoffpreisentwicklun-
Napping. 15 bis 20 Minuten Kurzschlaf sind ideal; mehr als eine
können, wird für die Unternehmen immer größer“, bestätigt Klaus Panitz, Berater bei PwC
gen oder die Folgen der Subprime-Krise. Das Risikomanagement
halbe Stunde sollte nicht geschlummert werden, weil man sonst in
bekommt durch die Vortäuschung einer Krise eine höhere Qualität.
die Tiefschlafphase rutscht und der Kreislauf absinkt. Auch in weiten Teilen Asiens ist der Büroschlaf längst verbreitet. In Deutsch-
und Co-Autor der Studie „Smart­CloseSurvey: Studie zur Optimierung von Reportingprozessen“. Unternehmen, die einen detaillierten und integrierten Aktivitätenplan mit klaren Ver-
Unternehmen wird profitabler“, sagt Brückner. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc349
28
Insolvenzantragsgründe eingeholt werden.
und Berichtswesen einzurichten, um nach-
darauf hin, dass ein Nickerchen
„Daraus resultiert eine effektivere Nutzung des Kapitals, und das
mationen über die Firmensituation im Hin-
teilige Entwicklungen feststellen zu können.
hört. „Mit herkömmlichem Risi-
erfassten dagegen mehrere Tau-
sellschafterdarlehen und Vermögenswerte,
die der GmbH überlassen werden, neu beurteilt werden. Zudem sollten laufend Infor-
komanagement stellen Unter-
ble und PwC USA machen es
novelle reagieren?
auch der Mittlere Osten, Indien und Afrika. Zum East-Cluster
Schlafen, um wach zu bleiben
an, wo Risikomanagement auf-
Standardgründungen und eine schnellere
Registereintragung eingeführt.
Wie sollten Gesellschafter auf die Gesetzes-
die Karibik und selbstverständlich die USA.
Wir spielen Risiko
tern. Es werden etwa beurkundungspflichtige Musterprotokolle für unkomplizierte
nanz- und Rechnungswesen wachsen stetig: „Der Druck, unterschiedliche Daten möglichst
schnell und dennoch qualitativ hochwertig intern bereitstellen und extern veröffentlichen zu
antwortlichkeiten und definierten Qualitätsstandards haben, sind klar im Vorteil. Bei den Fi-
land ist das Schlafen in der Firma noch tabuisiert – Mittagsschläfer
nanzen ist eben Ordnung das ganze Leben. Wirtschaftsprüferin Iris Selch berät werden als faul abgestempelt.
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc338
Unternehmen aus dem Mittelstand.
pwc: | januar 2009
pwc: | januar 2009
29
pwc: Wissen
Spenden ist gut, Kontrolle ist besser
Unternehmen müssen von Rechts wegen transparente und korrekte Berichte
veröffentlichen, Spendenorganisationen nicht. Gut, wenn sie es trotzdem tun. Von Ulrike Wirtz
Für die deutschen Spendenorganisationen
lässt oft sehr zu wünschen übrig. Um das
waren die Unregelmäßigkeiten rund um Uni-
seriöse Profil zu schärfen, unterzieht sich
ben: „Wir bekommen klare Informationen im
cef Deutschland ein Desaster: Anfang 2008
ein Teil der Branche freiwillig und sichtbar
Jahresbericht und haken bei den Organisa-
büßte die Kinderhilfsorganisation wegen
der externen Kontrolle. Die Tools dafür: das
toren nach. Wir haben uns auch schon vor
teils mangelhafter Auskünfte und verheimlichter Provisionszahlungen das DZI-Spen-
1992 eingeführte DZI-Siegel für überregionale Spendenorganisationen, von denen
Äthiopien.“
densiegel ein und verlor eine Reihe von
es circa 2.000 in Deutschland gibt. Davon
haben sich bisher rund 380 dem Check-up
Ein Beispiel für Best Practice ist seit Lan-
en zurückzugewinnen – und dafür stehen
fürs Siegel unterzogen – 237 mit Erfolg. Die
gem die Aktion Canchanabury in Bochum –
als neuer Vorstandsvorsitzender Dr. Jürgen
Prüfung erfolgt auf Antrag, jedes Jahr neu,
zudem mustergültig dafür, dass Professi-
Heraeus und ab Januar als neue Geschäfts-
und sie ist kostenpflichtig. Seit 2005 vergibt zudem PricewaterhouseCoopers (PwC)
onalität keine Frage der Größe ist. Die Ak-
führerin Regine Stachelhaus mit ihren hohen Reputationen ein. Heraeus ist Auf-
jährlich den Transparenzpreis – als Anreiz
südlichen Ländern ein, die wegen Lepra
sichtsratsvorsitzender des gleichnamigen
für offene Rechenschaftslegung – an deut-
und Aids ausgegrenzt werden. Seit 1992
Unternehmens, Stachelhaus ist Geschäfts-
sche Spendenorganisationen, die mindes-
trägt sie das DZI-Siegel. Canchanabury
führerin bei HP Deutschland. Ihre Aufgabe
tens 1 Million Euro Spendeneinnahmen und
wies 2007 Gesamteinnahmen von 740.000
ist es, dieses Mal alles richtig zu machen
das Testat eines Prüfers vorweisen können.
Euro aus und wird verwaltet von einem Geschäftsführer, zwei Halbtagskräften und
ben, dass ihr Geld da landet, wo es hin soll
Die Zeichen der Zeit stehen auf Öffnung –
einem Zivildienstleistenden. Hinzu kommen
und hilft. Zu diesem guten Gefühl tragen
wie überall. Mauern kommt aus der Mode.
sechs ehrenamtliche Vorstandsmitglieder,
Transparenz, Offenheit und Berichterstat-
Die Vorgänge bei Unicef und der noch rela-
tung bei.
tiv junge PwC-Preis haben für aussagekräf-
die Mitgliederversammlung und 150 Freiwillige. Klein, aber fein: Bei Canchana­bury
tige Jahresberichte einen Schub gebracht.
ist Rechnungslegung nach HGB Routine,
Hilfsorganisationen sind von Rechts wegen
Selbst was die Finanzen anbelangt, steigt
nicht zu offenem Rapport verpflichtet – ob
die Bereitschaft zu mehr Transparenz. Was
es um erste Hilfe bei Naturkatastrophen in
Durchlässigkeit in professionellen Hilfsorganisationen heißt, macht der Kriterienkatalog
der Ferne geht oder um das Frauenhaus
tion setzt sich seit 1961 für Menschen in
Privat spenden
Wohltätigkeit ist ein fundamentaler Wert un-
gleich um die Ecke. Im Sektor der Spendenorganisationen ist Rechnungslegung
des Transparenzpreises deutlich und liefert
kein gesetzliches Muss, obschon viele Institutionen etliche Millionen Euro betreuen. Die
mit – von PwC gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Rechnungslegung und Prüfung der
Kontrolle läuft über Selbstregulierung und
Universität Göttingen entwickelt.
Top-Transparenz 2008
Spender tut Rapport gut. Ohne läuft zum
zug zum Thema haben: regelmäßige, aber
Beispiel bei der Bürkert Fluid Control
auch enttäuschte Wohltäter, ehemalige wie
Gewinner des PwC-Transparenzpreises: Systems aus Ingelfingen nichts. „Daten,
zum Spenden fest entschlossene mit ent-
1. Care Deutschland-Luxemburg (Preisgeld
Fakten und Zahlen sind ein Muss, ehe wir
sprechenden Legaten und Testamenten.
in Euro: 15.000)
Projekte unterstützen“, betont Gerhard
Gefragt wurde, welche Informationen Spen-
2. Ärzte ohne Grenzen (10.000)
Koch, Geschäftsführer des Spezialisten für
der eigentlich haben und wie sie sich diese
3. Deutsche Welthungerhilfe (5.000)
Der Sieger 2007, die Kindernothilfe, setzt
für zwei Jahre aus. Sonst hätte sie wieder den ersten Platz erreicht. Sonderpreis
das Muster für eine Erfolgsrechnung gleich
Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Bei Bürkert spenden das Unternehmen und seine
Inhaber, ebenso sammelt die Belegschaft
für gute Zwecke. Man will zum Beispiel
serer Gesellschaft. Daher widmet sich eine
neue Studie von PricewaterhouseCoopers
dem Thema „Informationsbedarf privater Spender“. Befragt wurden bundesweit
2.500 Spender ab 18 Jahre, die einen Be-
beschaffen oder erhalten möchten, ob per
Post, E-Mail oder über die Website. Gefragt
wurde auch, inwieweit Medienberichte über
Unregelmäßigkeiten bei Spendenorganisa-
Kindern in Afrika eine Ausbildung ermöglichen und die Erfolge sehen. Koch: „Daher
tionen die Generosität beeinflussen oder ob
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft,
konzentrieren wir uns auf die Kindernothilfe
persönliche Kontakte Anlass für Spenden
Landesverband Hessen.
und ,Menschen für Menschen‘.“ Vertrauen
sind. www.pwc.de/de/pwc351
für die beste kleine Spendenorganisation:
pwc: | januar 2009
Ort die Erfolge angesehen, etwa Schulen in
Spendern. Jetzt gilt es, verlorenes Vertrau-
und den Spendern das gute Gefühl zu ge-
30
ist gut, Kontrolle ebenso und dort gege-
pwc: | januar 2009
31
pwc: Wissen
Mehr Transparenz ­wagen
Organisation ist nicht gleich Organisation −
weder was die Größe noch was den Verhaltenskodex angeht. Trotzdem sollen einheitliche Standards für zeitgemäße Transparenz
entwickelt werden. „Seit der Unicef-Krise
und dem Rückzug vieler Spender wissen
wir, dass es Nachholbedarf gibt“, so Bernd
Pastors, Vorstand des Deutschen Medikamenten-Hilfswerks Action Medeor und Vorstandsmitglied im Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisa-
in den Zahlenwerken werden Einnahmen
und Ausgaben aufgeschlüsselt, samt Verwaltungsausgaben. „Die Ehrenamtlichen
erhalten keine Aufwandsentschädigungen,
tionen. Der Verband erarbeitet aktuell neue
Standards. Knackpunkte sind dabei die
Trennung von Leitung und Aufsicht, transparente Kommunikation für Fundraising,
nur für Bahnfahrten“, betont Geschäftsfüh-
Aufkommen und Verwendung der Mittel,
rer Reinhard Micheel. Alle Zahlen seien vom
Wirkungsbeobachtung, Verbindlichkeit der
vereidigten Buchprüfer kontrolliert, im ge-
Standards sowie Sanktionsmöglichkeiten.
dem Projekt zugutekomme und welcher Anteil in die Deckung der Verwaltungskosten
fließe. „Hier fehlt es Organisationen noch an
Transparenz“, so Großmann.
Als Qualitätskriterium einer Hilfsorganisation gilt verstärkt der informative Input im
druckten Jahresbericht veröffentlicht und
Internet. „Hier muss die Gratwanderung
stünden auf der Website zur Einsicht für je-
zwischen Information und Werbung für On-
dermann.
line-Spenden und Patenschaften gelingen“,
ten Reportagen gefallen, sondern durch tro-
betont Decker von der Kindernothilfe. Mit
ckene, aber wesentliche Fakten überzeu-
einem wenig werblichen Webauftritt lässt
großen Organisationen ist Care Deutsch-
gen.“ Dort ist also genau nachzulesen, wie
land-Luxemburg in Bonn. Care legt die Bi-
viele Kinder in welchen Ländern von wel-
sich auch beim PwC-Preis punkten. Vorausgesetzt, die Inhalte sind noch dazu aktuell,
lanzen offen, samt Abschreibungen, Rück-
chen Projekte profitiert haben. Die Projekt­
ausführlich und gut lesbar aufbereitet. „Al-
stellungen und Rücklagen, und erläutert
etats werden aufgeführt, die jeweiligen Ziele
les Vorgaben für unsere Website“, so Arne
Maßgebliches im Anhang. Die Einnahmen-
erläutert – anhand von zehn Projekten auf
Kasten, Leiter der Spendenabteilung bei
Ausgaben-Rechnungen sind detailliert und
jedem Kontinent. „Wirkungsbeobachtung“
Ärzte ohne Grenzen in Berlin. Die Organisa-
ebenfalls mit Anhang versehen. Um Vergleich und Kontrolle zu erleichtern, stehen
nennt das die Branche. Decker: „Wir zählen
tion nutzt die Möglichkeiten des Internets
nicht mehr alle 1.200 Projekte auf, sondern
vorbildlich, um Antworten zu Zweckbindung,
Ein hervorragendes Transparenzbeispiel der
schka enminister Jo
Ex-Bundesauß
kteur Gioda
fre
, ZEIT-Che
Fischer (oben)
o (unten).
vanni di Lorenz
TV-Moderatorin Maybrit Illner (oben),
Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (unten links).
erger: Menschen bei Maischb
Sandra Maischberger.
direkt neben den jeweiligen Posten die Zah-
picken Musterfälle heraus und berichten
Verwendung der Gelder und anderem mehr
len vom Vorjahr. Inzwischen kommuniziert
zu geben.
Care zudem ausführlich die nicht-finan-
ausführlich darüber.“ Was die übrigen Projekte angeht, weist die Kindernothilfe im
ziellen Fakten. „Misserfolge bei Projekten
Jahresbericht deutlich auf die Website hin,
Besonders wichtig für Ärzte ohne Grenzen
sind kein Tabuthema mehr wie früher“, so
die weiterführende detaillierte Informationen
enthält.
ist die Offenheit bei den Verwaltungskosten.
Die erreichen 14 bis 15 Prozent der Ausga-
Gerade auf das öffentliche Aufdröseln der
20 Prozent, 35 Prozent seien gerade noch
diesem Teil klärt Care über strategische
Mittelverwendung legt die Evonik Industries
vertretbar. Kasten: „Wir wollen unabhän-
Ziele und die Finanzplanung auf. Jamann:
aus Essen großen Wert. Der Chemie-
gig sein und verzichten daher weitestge-
konzern konzentriert sich auf Projekte, die
hend auf öffentliche Hilfen, auch wenn das
reine Interna.“
einen regionalen Bezug haben, gerade auch
die Verwaltungskosten mindern würde. Wir
für Kinder. „Wir achten sehr darauf, dass
nehmen vom Staat hauptsächlich die uns
Die Kindernothilfe will ausdrücklich „ein
unsere Spenden zweckgebunden sind und
Es ist ein Schreckensszenario, das der pol-
minister a. D., Joschka Fischer, bei seiner
in eine Welt, die es sich nicht weiter leisten
Hilfswerk mit gläsernen Taschen“ sein. „Da-
nische Schriftsteller Stanislaw Lem in sei-
Eröffnungsrede. Von tiefer Rezession und
dürfe, die Realität auszublenden; eine Welt,
her informieren wir heute weit umfänglicher
in die beabsichtigten Projekte gehen“, erklärt Susanne Großmann, Referentin im
zugewiesenen Bußgelder an.“ Manche Institutionen weisen sogar nur 4 Prozent
aus und werben damit – ohne einen geson-
nem 1971 erschienenen Roman „Der futu-
Depression sprach er, von Vertrauenskrise
die Gewinnerwartungen von 35 Prozent
auch über harte Fakten“, sagt Sascha De-
Evonik-Vorstandsbüro und mitverantwort-
derten Hinweis darauf, dass ihre Verwaltung
rologische Kongress“ skizziert: eine Welt, in
und vielen ungeklärten Fragen – zum Bei-
abschwören müsse; eine Welt, in der die
cker von der Institution in Duisburg. „Wir
lich für das Spendenbudget. Man wolle ge-
maßgeblich durch öffentliche Mittel der die menschliche Wahrnehmung che-
spiel, was die Krise für Länder im Transfor-
Regeln des Leistungsprinzips auch für die,
wollen im Jahresbericht nicht mehr mit bun-
nau wissen, in welcher Höhe die Spende
mit­finanziert wird.
misch manipuliert ist. Der futurologische
mationsprozess wie China oder Russland
die ganz oben stehen, gelten müssten; und
Geschäftsführer Dr. Wolfgang Jamann. Zur
ben. Für angemessen hält das DZI bis zu
neuen Offenheit gehört im Jahresbericht
2007 die Seite „Jahresplanung 2008“. In
„Zuvor waren diese Informationen bei uns
Wenn Unternehmen spenden, wollen sie wissen,
ob ihre Spende ihr Ziel erfüllt. Ein professionelles
Berichtswesen der Spendenorganisationen sorgt
für die notwendige Transparenz.
32
Kontakt
Zukunftskrisengipfel
Zum Zukunftsgipfel 2008 hatte DIE ZEIT geladen, um Experten über Rohstoffpreise, Medien, Macht und Wirtschaft diskutieren zu lassen. Doch die Zeit hatte
DIE ZEIT überholt: Aus dem Zukunfts- wurde ein Finanzmarktkrisengipfel. von Corinna Freudig
Kongress, den DIE ZEIT in Kooperation mit
bedeute oder ob sie in Nahost eher zur Mo-
eine Welt, die aus der Krise lernen könne:
PricewaterhouseCoopers (PwC) veranstal-
dernisierung oder Radikalisierung beitrage.
„Wir haben jetzt die Chance, den Fehler der
tet hat, brauchte keine Manipulation, um ein
[email protected]
Tel. 069 9585-1397
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc352
pwc: | januar 2009
Verdrängung bei der ebenfalls drohenden
wenig optimistisches Zukunftsbild zu ent-
Doch auch ohne politisches Amt ist Fischer
Umweltkrise nicht zu wiederholen, sondern
werfen: Der Finanzmarktkrise werde eine re-
ein politischer Mensch, und so gab er sich
auf ökologische Erneuerung zu setzen. Und
ale Wirtschaftskrise folgen, die wiederum in
letztlich trotz allem Pessimismus – er selbst
wir haben die einmalige Chance, als Europa
eine Legitimationskrise für Politik und Wirt-
nennt es Realismus – zuversichtlich, weg-
schaft münde, prophezeite Bundesaußen-
weisend und um den Weg wissend: hinein
Verantwortung zu übernehmen und zu zeigen, dass wir von diesem Europa und dem
pwc: | januar 2009
33
gebnis der letzten Landtagswahl in Bayern
Kreditwirtschaft nicht zu einer Schmelze
der letzten Jahrzehnte steigt, reicht es nicht,
und eine Finanzkrise dieses Ausmaßes.“
der Volkswirtschaft führt. Das hat die Politik
den Kraftstoffverbrauch von Autos zu senken. Dann brauchen wir komplett neue Mo-
Rat- bis Hilflosigkeit attestierten auch seine
immer wieder angemahnt.“ Nur – wie viel
Kolleginnen. „Die monströse Zerstörungs-
Staat darf oder muss sein in der Wirtschaft?
bilitäts-, Technologie- und Tourismusstruk-
kraft dieser künstlichen Welt hat wohl kei-
Der bessere Unternehmer und Banker sei
turen“, so Faulstich. ner geahnt“, sagte Illner. Außerdem sei die
der Staat nicht, sagte Clement. Aber jetzt
Komplexität der Vorgänge nicht mehr zu
müsse er sich einschalten, um sich zu gegebener Zeit wieder zurückzuziehen.
auch in der Krise. Und so widmete sich ein
pakistanischen Staates schuld sind, sei
Sein früherer Ministerkollege Fischer pflich-
dem Innovationsmanagement. Eine Sorge
durchblicken. Warum faule Immobilienkredite in Texas am drohenden Bankrott des
sdisku
Podium
rise ...
zmarktk
r Finan
ssion zu
... und über Medien, Macht und
Wirtschaft.
Dr. Theodor Weimer, ef.
designierter HypoVereinsbank-Ch
kaum erklärbar, brachte es Maischberger
tete ihm bei: Der Staat habe eine wichtige
Funktion, um notwendiges Vertrauen wie-
wurde schnell deutlich in der Runde – darunter Klaus Hamacher vom Vorstand des
verstärkten staatsbürgerlichen Bewusstsein nach der Schockwelle geführt, das die
der aufzubauen. Und es brauche künftig
Deutschen Zentrums für Luft- und Raum-
global wirkende Kontrollen, internationale
fahrt, Dr. Hans-Josef Zimmer, Vorstandsmit-
TV-Moderatorin festgestellt zu haben glaubt,
Aufsichten, unabhängige Regulierungsbe-
glied von EnBW, und Martin Scholich, Vor-
vielleicht war es auch das Schweigen der
hörden – und allem voran: Bankmanager,
standsmitglied von PwC: Die Krise lässt die
Manager, mit denen sie harsch ins Gericht
die sich ihrer Verantwortung stellen und ihre
Risikobereitschaft, in neue Technologien zu
ging: „Aus meiner Sicht ist der Grund für
Spiel- wie Dotierungsregeln neu justieren
investieren, sinken. „Die ist in Deutschland
Dr. Theodor Weimer konnte man jedenfalls
keine Feigheit vorwerfen: Denn der designierte Vorstandsvorsitzende der
Martin Sch
olich.
Deutschen
Klaus Hamacher, Vorstand beim
Zentrum für Luft- und Raumfahrt.
müssten. „Ein ‚mea culpa‘ reicht nicht. In
ohnehin nicht sehr groß. Der Kapitalmarkt
der Kirche folgen nach dem ‚ego te absolvo‘
Teilnahme an einem Podiumsgespräch zu-
auch die schmerzensreichen Rosenkränze“,
darf jetzt, in der Krise, nicht komplett risiko­
avers werden“, sorgte sich Hamacher. gesagt; und das Versprechen auch gehal-
so Fischers Appell. Um das Ruder herumzureißen, brauche es den „Abschied vom
in den USA könne weltweit zu einer neuen
Form der Arbeitsverteilung führen, dabei
„Der Kapitalmarkt darf jetzt, in der Krise, nicht komplett risikoavers werden.“
Klaus Hamacher, Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
müsse Europa eine aktive Rolle übernehmen und für eine gemeinsame Politik ste-
les tun, um an einer europäischen Lösung
bei den Journalisten. „Leitartikler wissen
Kasinokapitalismus“. Waren die vor weni-
lai Lama erlebte, als der auf dem Weg zu
gen Wochen noch extrem hohen, derzeit
einem Auftritt im Fahrstuhl stecken blieb
stich, Vorsitzender des Sachverständigen-
wieder etwas moderateren Rohstoffpreise
und keineswegs ­in klaustrophobische Panik
rats für Umweltfragen der Bundesregierung,
ein Auswuchs dieser Kapitalismusform?
ausbrach, sondern nur kurz kommentierte:
nicht umhinkamen, statt über steigende
Nur teilweise, konstatierte Energieexperte
„Ah – ein Experiment.“ Und für den Ausgang
Rohstoff- und Ener­giepreise über sinken-
Faulstich, den eines erheblich störte: „Ich
de Aktienkurse, Renditen und Gewinne zu
warne davor, alle anderen Themen hinter die Finanzmarktkrise zu stellen. Denn
eines Experiments gibt es stets zwei Möglichkeiten.
Gespräch, allemal als ihn der Moderator mit
dass Öl und Gas nur noch etwa
einem brandaktuellen Bilanz-Bonmot aus
40 Jahre reichen, ist eine Tatsa-
Frankfurter Bankerkreisen konfrontierte:
che. Wir brauchen eine Nachhal-
„On the left side nothing is right, on the right
tigkeit der drei Dimensionen – einer
side nothing is left.“ Den Banker als Buhmann wollte Weimer nicht unkommentiert
ökonomischen, einer ökologischen
und einer sozialen. Und dafür müssen wir uns international vernetzen
– nicht nur, was den Finanzmarkt an-
men – auch der Staat.“ Allerdings räumte
belangt, sondern auch im Hinblick
er ein: „Wir haben uns dem Paradigma des
auf die Umwelt.“ Dafür brauche es
Shareholder-Value untergeordnet, und jetzt
aber konkrete Antworten, forderte
müssen wir das infrage stellen.“ Schützenhilfe erhielt er von Wolfgang Clement: „Die
Clement ungeduldig: „Wir alle können immer schön Zustände beschrei-
Banken haben die Welt mit Kapital versorgt,
ben. Das reicht nicht.“ Eine mögliche
aber nur wenige haben gesagt: Hört damit
auf!“ Lösung: Innovationen, technologischer
hen.
zu arbeiten.“ Eigentlich war Fischer selbst
sonst immer, was sie zu den zukünftigen
Auch vier Stunden später appellierte Fi-
in die Rolle eines Talkshow-Moderators
Entwicklungen schreiben sollen, jetzt nicht
scher an Europa und das Hier, als TV-Mo-
geschlüpft, um die zu befragen, die sonst
mehr. Wir erleben Vorstände, die zugeben,
Die Frage nach der Wirtschaftsverfassung
derator und ZEIT-Chefredakteur Gio­vanni di
selbst fragen: di Lorenzo sowie dessen
Lorenzo von ihm wissen wollte, wie er als
TV-Kolleginnen Sandra Maischberger und
dass sie nicht mehr verstehen, was in ihrem eigenen Unternehmen vorgegangen
Clements muss sie eine Voraussetzung aber
Bundeskanzler die gegenwärtige Krise me-
Maybrit Illner, alle langjährige Politik- und
ist“, konstatierte di Lorenzo und gab zu: „In
auf jeden Fall erfüllen: „Außerhalb der Bi-
balisierung und die Entwicklung in den
dientauglich in 30 Sekunden kommentiert
meinem politischen Leben gibt es drei Er-
lanzen darf es keine Finanzgeschäfte mehr
Schwellenländern mit sich gebracht –,
hätte: „Jetzt kommt es auf Europa an, uns
Wirtschaftskenner, die sich in einer ungewohnten Situation befinden: Es herrscht
eignisse, die ich nicht für möglich gehalten
geben. Wir brauchen mehr Transparenz und
schützt der Euro, und Deutschland wird al-
Ratlosigkeit, bei der politischen Klasse und
hätte: den Fall der Mauer, das CSU-Wahler-
mehr Regeln, damit die Kernschmelze der
34
pwc: | januar 2009
Gelassenheit, die Maybrit Illner beim Da-
Fischer, Exbundeswirtschaftsminister Wolf-
und viele haben unsere Kredite genom-
unsere Interessen garantiert.“ Die Situation
Vielleicht ist es Zeit für die buddhistische
gang Clement und Prof. Dr. Martin Faul-
hinnehmen: „Die Gier war auf vielen Seiten,
Euro profitieren, dass es uns schützt und
Joschka Fischer, Bundesaußenminister a. D.
mentbanker hatte sich getraut und seine
reden. Weimer ging selbstbewusst in das
Energieexperte Prof. Dr. Martin Faulstich.
„Wir haben die einmalige Chance, als Europa Verantwortung zu übernehmen.“
HypoVer­einsbank und ehemalige Invest-
ten, obwohl er und seine Mitdiskutanten
ndsmitglied
weiterer Gesprächskreis der Frage nach
auf den Punkt. Vielleicht hat das zu einem
dieses Schweigen Feigheit, gepaart mit juristischer Vorsicht.“
PwC-Vorsta
Innovationen also, ein wichtiges Stichwort,
Fortschritt, neue Entwicklungen. Wenn
der weltweite Anteil der Menschen, die
der Zukunft? Die blieb offen. Nach Ansicht
pwc: | januar 2009
auf einem den westlichen Ländern vergleichbaren Niveau leben, steigen soll
– und genau dieses Ziel haben die Glo-
els 2008 und
s Zukunftsgipf
Gastgeber de
Naumann.
eber Michael
ZEIT-Herausg
helfen bloße Verbesserungen nicht weiter.
„Wenn die Verkehrsleistung in dem Maße
35
pwc: Wissen
Das Geheimnis von Martin Richenhagens
Erfolg ist mit genau drei Worten erklärt. Er
kann zuhören. Wirklich zuhören, nicht bloß
eine Zuhörermiene aufsetzen. Sicher, einer
aus Köln wie er, ein rheinisches Temperament, kommt mit den unterschied­lichsten
Charakteren klar. Das ist sein Kapital, ­damit
hat er es nach ganz oben geschafft. Big
und small talken, Charme versprühen,
Witze machen, dozieren, philosophieren
– Richenhagen klimpert gekonnt auf der sozialen Klaviatur.
Vor allem aber vermag er zuzuhören. Eine
aussterbende Gabe im modernen, von Con-
Landpartie Zwischen Trecker
und Reitplatz: Martin Richenhagen, Chairman und CEO der Landmaschinenfirma Agco, in seinem Element.
trollern beherrschten Geschäftsleben. Wenn
er bei Händlern im Büro oder bei Bauern
in der guten Stube sitzt, wird er ganz Ohr.
Was halten seine Endverbraucher von den
Treckern? Wo sehen sie Stärken, vor allem
aber Schwächen der Schlepper, wie es im
Fachjargon heißt?
Ein langjähriger Händler berichtet, bei
einem bestimmten Schleppermodell kämen
häufiger Kabelprobleme vor. Eine Katastrophe zur Erntezeit, wenn die Maschinen rund
um die Uhr laufen müssen. Richenhagen
wiegt den Kopf, lässt den Mann reden. Versucht nicht, das Problem unter Hinweis auf
die Macken der Mitbewerber zu relativieren.
Er macht auch keine Notizen. Aber noch auf
der Rückfahrt zum Bremer Flugplatz, wo der
geräumige Firmenjet Bombardier Challenger
604 wartet, wird er telefonieren oder E-Mails
schreiben. Optisch ist Richenhagen Männerdurchschnitt auf zwei Beinen. 56 Jahre alt, Dreiviertelglatze, korpulent. Eine Prise Reiner
Calmund, eine Messerspitze Gert Fröbe.
Begegnete man ihm im Hausmeisterkittel
im Treppenflur, man würde ihn bitten, mal
nach dem leckenden Spülkasten zu schauen.
Sein Titel aber lautet „Chairman, President
und Chief Executive Officer (CEO)“ der multi­
national operierenden Landmaschinenfirma
Agco. Er ist der Boss von weltweit 13.700
Mitarbeitern, sein Jahresgehalt beträgt eine
Million Dollar, plus Bonus-Optionen auf weitere vier Millionen. Mit den für 2008 angepeilten 8,5 Milliarden Dollar Umsatz ist Agco
Der Acker-Mann
drittstärkster Landwirtschaftsausrüster der
Welt. Zum Portfolio gehören die Allgäuer
Edeltreckerschmiede Fendt und die Weltmarke Massey Ferguson. Seit er Agco leitet,
hat er den Aktienkurs fast verdoppelt, von 14
Martin Richenhagen war unkündbarer Religionslehrer. Heute verkauft er Traktoren – und leitet einen US-Konzern aus der „Fortune 500“-Liste.
Porträt eines Eigenwilligen.
Dollar auf zuletzt 30 Dollar. Hart wie die Kurbelwelle eines Traktor­
motors ist sein Business. Er ist der einzige
Deutsche, der eine von den 500 größten US-
Von Wolfgang Röhl
36
Firmen leitet, den „Fortune 500“. Richenhagen hat für seine Familie und sich ein Haus
pwc: | januar 2009
pwc: | januar 2009
37
pwc: Wissen
Agco wächst stetig
In der Luft Die Allis-Gleaner Corporation, kurz Agco,
Richenhagen verlässt den Firmenjet Bombardier Challenger 604.
entstand 1990, als leitende Angestellte von
Deutz-Allis, einem Landmaschinen- und
Baumaschinen-Hersteller, die nordameri-
Auf dem Feld Richenhagen auf einer
Plantage, wo seine Trecker zum Einsatz kommen.
kanischen Aktivitäten von Klöckner-Humbold-Deutz mit der Landmaschinen-Marke
Deutz-Fahr erwarben. Agco ist inzwischen
der weltweit drittgrößte Hersteller von Landmaschinen, das Unternehmen produziert
vor allem Traktoren, Mähdrescher, Sprühsowie Saatmaschinen. Die rund 20 Mar-
am Firmenstammsitz in Duluth bei Atlanta gebaut. Vom Hauptquartier aus jettet er
um den Globus. Besucht Werke, Vertriebs­
ken, darunter der deutsche Traktorfabrikant
Fendt, die US-Hersteller Massey Ferguson,
Challenger und Terra-Gator werden über
Eine gewisse Faszination übt die Szene, der
er nie angehörte, bis heute auf ihn aus. „Einmal bin ich der Uschi Obermaier begeg-
partner und Kunden. Redet auf Englisch,
3.200 unabhängige Händler in 140 Ländern
Deutsch, Italienisch oder Französisch vor
vertrieben. Vier der 15 Produktionsstand-
dass ich bedauert habe, kein Achtundsech-
Börsianern, Mitarbeitern, Fachjournalisten. Fädelt neue Deals mit Regierungen und
orte befinden sich in den USA und in Mexi-
ziger gewesen zu sein.“ Heute freut er sich,
ko, drei in Südamerika und acht in Europa.
dass in Atlanta fast alle Rockgrößen der Welt
Staatsbetrieben ein.
Agco konnte im 2007 einen Umsatz von 6,8
auftreten. „Ich war im Stones-Konzert und
Besuch im Valtra-Traktorenwerk bei Sao
Milliarden US-Dollar vorweisen, für 2008 hat
Paulo. Mit der finnischen Marke – einer von
vielen, die sich der 1990 gegründete Konzern zugelegt hat – führt Agco auf Brasiliens
der Konzern einen Umsatz von 8,5 Milliarden US-Dollar anvisiert.
Zuckerrohrfeldern. Was nicht bedeutet, dass
net, in Berlin“, sagt er. „War das einzige Mal,
auch bei Bruce Springsteen. Der ließ einen
Zeppelin mit Bush-Beschimpfungen über
dem Konzert kreisen. Starker Tobak für manche. Andere sagten: Endlich mal einer!“ Er
lässt offen, zu welcher Gruppe er gehörte.
Valtra besonders profitabel arbeitet. Im GeRichenhagen studiert auf Lehramt, verdient
genteil, das Brasiliengeschäft hat in der letz-
die Ethanolfabrik Santa Elisa und die land-
ten Dekade herbe Rückschläge einstecken
wirtschaftliche Kooperative Coopercitrus,
nebenbei Geld mit einem kleinen Reitstall
müssen, fast 2.000 Arbeiter wurden seit Ri-
wo Valtra-Maschinen Dienst tun. Kaum je
und unterrichtet fünf Jahre lang als Gym-
chenhagens Antritt gefeuert. Abends kommt
werden die Motoren kalt: Wartung, Repara-
nasiallehrer, unter anderem Religion. Dann
er bei einem Fest für die Belegschaft in sei-
turbetrieb, Ersatzteilversorgung, alles muss
ner Ansprache zügig zur Sache: zu wenig
reibungslos ineinander fassen. „Das hier ist
Gewinn, zu viel Leerlauf, muss sich ändern,
ein Challenger-Raupenschlepper mit 320-PS-
dem drohenden Unkündbarkeits-Tran, redet
aber flott! Samthandschuhe gehören nicht
Caterpillar-Motor“, erklärt Richenhagen, auf
ihm die weißen Socken aus und verschafft
zu den Reiseutensilien des Deutschen.
Am nächsten Morgen lässt sich der 100-Kilo-
ein mit roter Erde gepudertes, martialisch anmutendes Vehikel deutend. „Durch den Ket-
ihm einen Job in der Stahlbranche. Richenhagen leckt das Drachenblut der Industrie,
Mann wieder einmal in den cremefarbenen
tenantrieb entsteht kein Schlupfverlust. Und
bringt es im Stahlfach zum Geschäftsfüh-
„Weil man nur so rauskriegt, was Finnen
rüttelt ihn einer seiner Reiter-Kunden, der
wirklich denken. Es ist immer ein Riesenfehler, wenn man nicht wissen will, was die Leu-
frühere BDI-Präsident Jürgen Thumann, aus
te denken.“
Lederfauteuil seiner Challenger plumpsen,
wegen der Gewichtsverteilung ist die Boden-
rer, studiert noch einmal – diesmal Betriebs-
die von Sao Paulos Stadtflughafen Congonhas abhebt. Von oben blickt er auf ein
verdichtung minimal.“
wirtschaft –, wechselt zum Aufzüge-Herstel-
Kann jemand mit seiner Vita einschätzen, ob
ler Schindler und später zum westfälischen
endloses Konglomerat von Hochhäusern,
ein neuer Schlepper reüssieren wird? Für
Landmaschinenfabrikanten Claas. Da lernt er,
da­zwischen Favelas. Der Großraum Sao
Entwicklungen Weichen stellen, bei denen es
was man können muss im trickreichen Tre-
Paulo, 20 Millionen Einwohner, wuchert und
schnell mal um 30 oder 50 Millionen Dollar
ckermilieu. Mit schlitzohrigen Politikern aus
Ein Kölner in Amerika, wie kommt der klar?
„Drüben gelten andere Regeln“, sagt er. „Sinn-
das auf den ersten Blick amerikanisch-ega-
Doch Richenhagen arbeitet natürlich auch
litär. Alle tragen sportliche Klamotten, alle
daran. Im Allgäu werden die Edelschlepper
verhalten sich gleichermaßen lässig. Wer hinhört, merkt aber schnell, wer von den dreien
der Marke Fendt produziert, grüne Hightech-Geräte mit roten Felgen. Hier wollte er
wo in der Rangordnung steht. Wenn der
das Arbeitssoll heraufsetzen, von 35 auf 40,
Boss den Mund aufmacht, haben die ande-
später auf 38,5 Wochenstunden. Aber die
ren Sendepause. Über seine Witze wird lau-
los, den Aktionären etwas von schlechten glo-
ter gelacht als über die Witze von denen aus
IG Metall schaltete auf stur. Worauf die geplante Kabinenproduktion gestrichen wurde.
balen Rahmenbedingungen zu erzählen. Oder
den unteren Rängen. So läuft das drüben.“
Was – je nach Rechnung – 150 bis 500 neue
deutsche Arbeitsplätze verhinderte.
„Wenn man nicht wissen will, was andere Leute
denken, ist das immer ein Riesenfehler.“
Martin Richenhagen, Chairman und CEO des Traktoren-Multis Agco
Die Kabinen kommen jetzt aus dem Ausland.
„Wie soll ich den Aktionären erklären, dass
ich in Deutschland teurer produziere?“ fragt
Richenhagen rhetorisch. Der amerikanische
Knüppel ist für globale Reiter wie ihn recht
geht? Ja, kann und muss. Denn: „Dafür ist in
ehemaligen Sowjetrepubliken umzugehen,
Amerika immer allein der CEO verantwortlich.
zum Beispiel. Und er lernt den Agco-Grün-
davon, dass die Vorgänger gepennt haben.
Zeit für Richenhagens Mantra, warum man
Meine Güte, das sind Entscheidungen, die
der Robert Ratliff kennen. Der sucht einen
Man steht vom ersten Tag an in der Pflicht:
schenkenner. Das wird man nicht, wenn man
unbedingt Agco-Aktien kaufen muss. Er
einen ins Schwitzen bringen ...“
Nachfolgekandidaten für seinen tödlich ver-
keine Schonfrist, keine Ausflüchte! Wenn die
von der Harvard Business School direkt in
modernen Arbeitsleben anachronistisch“,
könnte es im Schlaf aufsagen: Wachstum
Seine Laufbahn war kurvig. Er wächst als
unglückten Vorstandschef. 15 Amerikaner
Rahmenbedingungen gut sind, wie in den
ein Konzernlabyrinth fällt, Menschenkenntnis
sinniert er, während ihn ein gepanzerter der Menschheit von heute 6,6 Milliarden auf
Ältestes von fünf Kindern in einem katholischen Volksschullehrerhaushalt auf, wo es
und ein Deutscher namens Richenhagen
letzten Jahren, hat man erfreulicherweise aber
auch den Erfolg persönlich am Hut kleben.“
lernt man nur im Nahkampf des richtigen Lebens. Er setzt sie aber auch gezielt ein, wenn
Toyota durch Sao Paulo kutschiert. Ist Ri-
stehen zur Wahl. Ratliff entscheidet sich
weder Telefon noch Fernseher noch Auto
für den „Kraut“. Amis lieben „checkered
Richenhagen lacht. Er leistet sich Offenheit,
er seinen deutschen Akzent betont, damit
schwächere von zwei Duellanten wäre
ländern. Als Folge: ein steil ansteigender
gibt. Während andere die freie Liebe und
careers“, bunte Lebensläufe. Außerdem
soweit es geht. Es macht entspannter, bei der
gut beraten, einfach seine Knarre wegzu-
Nahrungsmittelbedarf, der eine steil anstei-
stammt Richenhagen aus Europa, wo Agco
Wahrheit zu bleiben.
sich andere besser an ihn erinnern.
Als er 2004 bei Agco anfing, war die Aktie
die Hälfte der Gewinne generiert. Ist, anders
Manches am amerikanischen Geschäfts­
derart im Keller, dass die Firma als Übernah-
ziges Produktionsmittel ist? Richenhagen
als viele Amerikaner, mehrsprachig, imstande, sich in fremde Mentalitäten zu versen-
leben sei nur formal anders als in Deutschland. „Es gibt im Verhalten bestimmte
mekandidat galt. Inzwischen hat sie sich, al-
schweigt und wiegt den Kopf. len Finanzkrisen zum Trotz, gut erholt. Aller-
Stunden später wird er fragen: „Sie haben
vorhin das Wort Produktionsmittel benutzt.
wuchert.
neun Milliarden im Jahre 2050, anspruchsvollere Essgewohnheiten in den Schwellen-
gende Nachfrage nach Traktoren und an-
weiche Drogen ausprobieren, muss er Geige spielen lernen. Zwar hat auch er die linke
deren Maschinen zur Landbestellung und
Pflichtlektüre jener Tage konsumiert, „Spie-
Ernte erzeugt.
gel“, „Konkret“, „Pardon“. Auch er hat eine
praktisch.
Richenhagen ist ein hervorragender Men„Im Grunde sind Streiks als Kampfmittel im
chenhagen ernsthaft der Meinung, der
schmeißen? Er, dessen Arbeitskraft sein ein-
Der Firmenjet landet in der Region von Ribei-
„Ente“ gefahren oder filterlose Gitanes ge-
ken. Mit finnischen Firmenpartnern etwa
Codes“, sagt er. „Wenn zum Beispiel drei
dings könnte sie fettere Renditen abwerfen,
rao Preto. Flaches Zuckerrohrland, nicht en-
raucht. Doch mental ist 1968 komplett an
winters in eingeschneiten Hütten zu sitzen,
Leistungsträger aus unterschiedlichen Ge-
finden Analysten. Agco erzielt 5,7 Prozent,
Sind Sie eigentlich ein Linker?“
den wollende Felder. Richenhagen besucht
ihm vorbeigerauscht.
trinkend, redend, saunierend, zuhörend.
haltsebenen gemeinsam golfen gehen, wirkt
Konkurrent John Deere fast das Doppelte.
Oh ja, der kann zuhören.
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pwc: Wissen
„Mathematik ist für mich Kunst. Auch eine Kunst,
mit der viel Kohle zu verdienen ist.“
neter Briefe beiseite. „Das ist die Post von
der letzten Woche, die muss ich in Sicherheit
bringen.“ Wenn er dazu kommt, sie zu öffnen, erscheint angesichts des ringsum herr-
Günter Ziegler, Professor für Mathematik an der TU Berlin
schenden Chaos’ wie eine Gleichung mit sieben Unbekannten.
Für Ziegler ist das Schreiben übers Rechnen Passion: Zusammen mit seinem Kollegen Martin Aigner hat er im „Buch der
Beweise“ anschaulich bewiesen, dass Ma-
dass sie 1991 gemeinsam an die TU Berlin
wechselten. Drei Jahre später, mit 32 Jahren,
war Ziegler deren jüngster Professor.
Als „Hansdampf“ bezeichnete ihn kürzlich
die sich gelegentlich etwas zu viel vorneh-
muss. Die beiden Top-Mathematiker lan-
men. Vor einigen Monaten hat er deshalb
deten mit dem Titel 2004 einen Überra-
eine Wochenzeitung – doch diese Charakterisierung greift zu kurz. Ziegler zieht nur
einen psychologischen Coach engagiert. Da-
schungserfolg. Jetzt hat Ziegler als Co-
durch, was ihm wichtig erscheint. Und dazu
bei habe er viel über Zeitmanagement ge-
Herausgeber von „Pi und Co.“ (ISBN:
gehört auch, dass er möglichst vielen Nicht-
lernt und darüber, dass man selbst schuld
978-3-540-77888-2) nachgelegt. In diesem
Mathematikern beweisen will, wie interessant sein Fach ist. Das sieht er als einen der
besonders überzeugend aus inmitten der
Bücher- und Poststapel.
Dabei bezeichnet sich der Sohn eines Steueranwalts und einer Übersetzerin gern als
Kaleidoskop der Mathematik spannen die
Autoren einen Bogen von der Zahlentheorie
bis zu Anwendungen in Logistik, Finanzwelt,
Kryptographie und Medizin.
Wesenszüge von Grundlagenforschern: Sie
fragen nicht zuerst nach praktischen Anwendungen, liefern aber die Voraussetzungen
dafür. Und bekommen dafür häufiger als andere einen Nobelpreis. Oder sie gehen in die
Streber. Jedenfalls betrieb er das, was ihn
Von Vanessa de l’Or
Ziegler kommunizierten so gut miteinander,
thematik mitnichten knochentrocken sein
ger.“ Sagt’s mit Nachdruck, sieht aber nicht
Ein Mathe-Genie schafft die Basis für Karosserien, Logistik und Filmungeheuer.
Zu Besuch bei Günter Ziegler, dem Star der diskreten Geometrie.
tauschten sich reine und angewandte Mathematik kaum aus, aber Grötschel und
Ziegler gehört offenbar zu den Menschen,
sei an seinem Terminplan. „Jetzt bin ich klü-
Mit ihm kann man rechnen
Wort und Zahl
Emigration wie Zieglers russischer Kollege
interessierte, schon als Schüler mit viel Ehr-
hätte in Amerika bleiben können. Doch als
Grigorij Perelman. Der hat im vergangenen
geiz. Er nahm an fünf Bundeswettbewer-
er ein Literaturseminar über Rilkes „Duine-
ben für Mathematik teil, von denen er drei
ser Elegien“ in Italien besuchte, hielt ihn ein
Jahr die Fields-Medaille – eine Art Nobelpreis für Mathematiker - abgelehnt, um sich
gewann. Gleichzeitig verschlang er sämt-
anderer Teilnehmer wegen seines Akzents
stattdessen in die Wälder zurückzuziehen.
liche Neuerscheinungen der deutschen Li-
für einen Amerikaner. Der Sprachverlust er-
Der gewitzte Ziegler nutzt auch diese Ge-
teratur. „Ich war wie ein Staubsauger.“ Das
schreckte Ziegler, und er ging zurück nach
schichte, um den Menschen sein Fach näher
Vordiplom in Mathematik an der Münchner
Deutschland.
zu bringen, und nennt sie einen Existenzbe-
Universität hatte er bereits nach drei Semes-
An der Universität Augsburg bot ihm Martin
weis: „Wir haben bewiesen: Es gibt einen
Wissen Sie, ob es vierdimensionale Polytope
iertenschule der drei Universitäten in der
Ecke ist daran erkennbar, dass ein Computer
tern, das Diplom ließ er aus, um nach dem
Grötschel, Spezialist für angewandte mathe-
Mathematiker, der relativ weltfremd ist. Er
mit der Ecken-Kanten-Struktur eines Hauptstadt. Zudem war er für das gerade zu
darauf steht. Ziegler setzt sich an den Tisch
sechsten Semester am Massachusetts Ins-
matische Optimierung, eine Stelle an. Zieg-
macht aber Dinge, die absolut brillant sind
n-dimensionalen Würfels gibt? Dann ge-
Ende gehende Mathematikjahr 2008 verant-
in der Mitte des Raums. „Entschuldigung“,
titute of Technology in Boston die Doktor-
lers Polytope hingegen gehören zur reinen
und für andere schwer zu verstehen.“ So wie
hören Sie zu den wenigen Menschen, mit
wortlich. Und mit einigen Berliner Kollegen
sagt er und schiebt einen Haufen ungeöff-
prüfung zu machen. Er war 24 Jahre alt und
Mathematik. Geht das zusammen? Damals
Zieglers Polytope.
denen sich Günter Ziegler über seine
gehört er inzwischen einer Gruppe von Ma-
Hauptbeschäftigung unterhalten kann: die
thematikern an, die sich mit Optimierung be-
geometrische Grundlagenforschung zu Vielecken, so genannten Polytopen.
schäftigen, einem Gebiet der angewandten
Mathematik. Optimierung ist etwa für die Lo-
Kopfarbeiter: Günter Ziegler ist Professor an der Technischen Universität (TU)
Diskrete Geometrie nennt sich dieser Zweig
gistik wichtig, um Modelle auszutüfteln, die
Berlin und Vorsitzender der Deutschen Mathematiker-Vereinigung.
der Mathematik. Er bildet die Basis für viel-
computergesteuerte Containerterminals oder
fältige Anwendungen: So liefert Zieglers Ar-
den öffentlichen Nahverkehr reibungsloser
beit etwa die Grundlagen zur Entwicklung
ablaufen lassen.
von Software für Computer-Aided-Design,
Strictly academic? Keine Angst: Ziegler redet
die zum Bau neuer Automobilkarosserien
nicht wie ein angestaubter Zahlenforscher
gebraucht wird, aber auch für Computertricks in Filmen. Animationen wie die Ratte
aus dem Elfenbeinturm. Eher wie ein tatendurstiger Entdecker, der sein Wissen über
in „Ratatouille“ oder die lebensecht wirken-
die weißen Flecken auf der Landkarte der
den Bestien in „Herr der Ringe“ wären ohne
Mathematik seinen Kollegen, aber auch in-
komplizierte Polytop-Berechnungen nicht
teressierten Laien näher bringen will. Ebenso
machbar.
unkonventionell sein Auftreten: Der 45-Jäh-
Ziegler will Objekte „so konkret und sichtbar
rige fällt dank kurzer, blondierter Stoppel-
machen, dass ich sie geistig im Griff habe“.
haare und Ring im linken Ohr selbst unter
Das sei neben der mathematischen auch
Mathematikern mit ihrer legeren Kleiderord-
eine künstlerische Aufgabe. Ja, Mathematik
nung auf. Inzwischen gilt er geradezu als der
habe schon etwas mit Kunst zu tun, ließ er
Robbie Williams seiner Zunft. Nicht nur, weil
sich jüngst zitieren. Inzwischen fügt er noch
er sich lässig kleidet, sondern auch wegen
hinzu: „Es ist gut zu wissen, dass man mit
seines Erfolgs: In diesem Jahr verlieh ihm die
dieser Kunst auch viel Kohle verdienen kann.“
Deutsche Forschungsgemeinschaft den mit
Über einen Mangel an Arbeit kann er sich
50.000 Euro dotierten Communicator-Preis;
jedenfalls nicht beklagen: Neben seiner Professur an der Technischen Universität (TU)
den Leibniz-Preis hat er schon vor Jahren für
Berlin ist er Vorsitzender der Deutschen Ma-
Sein Büro in der TU Berlin ist vollgestopft mit
thematiker-Vereinigung und leitet die Berlin
Tischen und Regalen; überall stapeln sich
School of Mathematics, eine neue Gradu-
Bücher und Ordner. Der Schreibtisch in einer
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seine Polytop-Forschung bekommen.
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pwc: Trends
Belesenheit regiert
Wissen ist Macht, heißt es landläufig.
Wissen ist Qualität, heißt es bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern – mit einer hochwertigen Beratung hebt man sich
von Mitbewerbern ab. Um den Anschluss
nicht zu verlieren, sind genaue Informationen über Gesetzesnovellierungen, wie
etwa dem Erbschaftsrecht oder der Unternehmensteuerreform, unentbehrlich.
Durch Seminare und Berufsexamina sind
PwC-Mitarbeiter stets auf dem neues­
ten Stand. Das lässt sich das Unternehmen auch etwas kosten: Im vergangenen Jahr hat PwC 139 Millionen Euro und damit 9,5
Grün ist die Farbe des Geldes
Mitarbeiter legten ihre Berufsexamina zum Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ab. Denn
Drei Fragen an ...
Birthe Görtz
Wissen ist auch ein Sprungbrett für die Karriere. Dass es bei PwC exzellente Chancen gibt,
... zum Projekt Women@PwC
Prozent der Gesamtleistung in Aus- und Fortbildung investiert. Das trägt Früchte – 238
Wirtschaftsklima kann bald wörtlich genommen werden. Dürre, Überschwemmungen
sich weiterzubilden, spricht sich bei potenziellen Bewerbern herum. Das könnte einer der
und Hitzewellen sind schlecht für Mensch
pwc: Warum engagieren Sie sich für Frauen
und Wirtschaft. Der Klimawandel wird zu-
Gründe sein, warum PwC in allen Rankings, bei denen es um beliebte Arbeitgeber geht,
Spitzenpositionen belegt. Wissen macht also auch attraktiv. nehmend zum wettbewerbsrelevanten Fak-
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc355
Görtz: Weil ich bei PwC Deutschland noch
bei PwC?
tor. Institutionelle Investoren meiden Unter-
mehr weibliche Talente in Führungsposi-
nehmen, die durch globale Erwärmung oder
tionen sehen möchte und weil uns die de­
+81 3 5251-2225 strengere Umweltrichtlinien in eine Krise
schlittern könnten. Mit dem Carbon Disclosure Project (CDP) fordern sie Auskunft darüber, wie sich die Firmen gegen die
globale Erwärmung wappnen. Ziel der internationalen Initiative: mehr Transparenz bei
klimaschädlichen CO2-Emissionen der wichtigsten Aktiengesellschaften. Weltweit unter-
reninitiative die Daten und wertet die Bögen
stützen 385 institutionelle Investoren das Pro-
aus. In diesem Jahr stellten sich 383 der Glo-
ganz weit oben auf der Liste: BASF und Bayer, die Münchener Rückversicherungs-Gesell-
jekt. Das CDP basiert auf einem Fragebogen,
bal-500-Unternehmen den Fragen. 67 sind
schaft, Siemens und die Deutsche Post. Die
auf dem die Unternehmen Emissionsmengen
im Carbon Disclosure Leadership Index ge-
Allianz, E.ON und RWE können sich auch in
und Klimarisiken angeben. Die Teilnahme ist
listet, sie leisten einen vorbildlichen Beitrag
freiwillig. PwC erhebt als Berater der Investo-
zum Klimaschutz. Deutsche Konzerne stehen
der Liste der Umweltengel platzieren. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc353
ist die Telefonnummer des German Tax Desk in Tokio, das die Steuer­
experten Fumiko Amano und Markus Kalmes leiten. Als zweitgrößte
Volkswirtschaft der Erde ist Japan ein attraktiver Markt für deutsche
Firmen. 2007 wurden Waren im Gesamtwert von mehr als 13 Billionen Euro nach Japan exportiert. Thomas Deerberg und Jürgen
Schumann helfen den Unternehmen vor Ort bei allen Fragen der
Wirtschaftsprüfung. Übrigens: In Düsseldorf erreichen Sie unter +49 211 981-2087 das Japanese Desk, das von Nikolaus Thöns und
Yukiyasu Nakata geleitet wird.
mografische Entwicklung zum Handeln
zwingt. Im Vergleich zu anderen Gesellschaften unseres Netzwerks liegen wir mit
einem Frauenanteil von 8 Prozent relativ
weit hinten.
Was bringt das dem Unternehmen?
Mehr Diversity, mehr Unterschiedlichkeit im
Denken und Handeln. Die besten Leistungen, so meine Erfahrung, kommen von gemischten Teams, in denen Frauen und Männer gemeinsam arbeiten.
Worauf zielt das Projekt Women@PwC ab?
Es ist eine unternehmensweite Initiative, die
auf unsere weiblichen Fachkräfte abzielt,
die die ersten Hierarchiestufen schon geschafft haben. Wir wollen es ihnen ermög-
Outsourcing kein Königsweg
lichen, den Karriereweg weiter nach oben
Über den Dächern von Frankfurt
zu gehen.
Familie und PwC unter einem Hut
Die Auslagerung des IT-Bereichs an Externe ist bei Firmen be-
185 Meter soll er in den Frankfur­
liebt. Dabei wächst die Unzufriedenheit von Unternehmen mit
ter Himmel ragen, der „Tower
steigender Outsourcing-Quote, wie die PwC-Studie „Der Wert-
185“. Der Bau hat im Oktober
Familienfreundlichkeit wirkt sich positiv auf die Produk-
beitrag der IT zum Unternehmenserfolg“ zeigt. „Outsourcing
begonnen. Dr. Bruno Ettenauer,
tivität der Mitarbeiter aus. Das wissen die Personalver-
ist nicht per se schlecht – anstehende Make-or-Buy-Entschei-
Vorstand des Vivico-Gesellschafters CA Immobilien Anla-
antwortlichen bei PwC. Jetzt ist es offiziell bestätigt: Die
dungen sollten jedoch sehr genau geprüft werden“, sagt Peter
Schülein, IT-Controlling-Experte bei PwC. Insgesamt lässt die
gen, die Oberbürger­meisterin
kat zum Audit „berufundfamilie“ ausgezeichnet. Die Zer-
Studie den Schluss zu, dass für eine erfolgreiche Informations-
der Stadt Frankfurt, Petra Roth
tifizierung geht über die Vereinbarkeit von Familie und
technologie der effektive Umgang mit derselben wichtiger ist
(CDU), PwC-Chef Hans Wa-
Beruf hinaus: „Es geht um Work-Life-Choice“, sagt Per-
als hohe Investitionen in den technischen Gefilden. gener und der Architekt des
sonalvorstand Frank Brebeck. Das Jahresarbeitszeit-
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc354
gemeinnützige Hertie-Stiftung hat PwC mit dem Zertifi-
Wolkenkratzers, Christoph Mäckler (v. l.), setzten den symbolischen
konto bei PwC bietet beispielsweise allen Mitarbeitern
Spatenstich. Hauptmieter ist PwC, 60.000 der 97.000 Quadratme-
ein höheres Maß an zeitlicher Flexibilität. Performance-
Zufriedenheit mit der IT
ter sind bereits angemietet. Die Frankfurter Mitarbeiter, die auf meh-
Angaben in Prozent
rere Gebäude verstreut arbeiten, werden nach dem Umzug in der
Academy für die interne Fort- und Weiterbildung sind weitere personalpolitische Aspekte,
die einen familienbewussten Status quo bezeugen. Wichtiger als der Ist-Zustand sind aber
sehr hohe Zufriedenheit
zufrieden
neuen Deutschland­zentrale unter einem Dach sitzen. „Die Mitarbei-
hoch zufrieden
niedrige Zufriedenheit
ter sehnen sich danach, wieder in die Innenstadt zu kommen“, sagt
die Soll-Maßnahmen, zu denen sich PwC für die nächsten drei Jahre verpflichtet. Nach drei
Wagener. Bis Ende 2011 müssen sich die PwCler in Geduld üben,
Jahren wird geprüft, ob die geplanten Verbesserungen realisiert wurden. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc356
7
Quelle: PwC
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Management-System, Women@PwC und eine PwC
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3
denn dann erst wird der 50-geschossige Turm hochgezogen sein. pwc: | januar 2009
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Wirtschaftsprüferin und Transaktionsexpertin Birthe Görtz leitet Women@PwC.
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pwc: Lösungen
Im Kolosseum
„Zurück nach Hause“ war der Titel einer Walt-Disney-Schmonzette, in der sich zwei Hunde und
eine Katze auf die Suche nach ihrer Menschenfamilie machten, die umgezogen war. Einer der
Vierbeiner war ein Koloss von Hund, ein American Bulldog, im Film der Spaßmacher vom
Dienst: „Genau das sind diese Hunde: Sie sind
echte Clowns, die viel Unsinn im Kopf haben und
vielleicht auch deshalb Kinder lieben.“ Regine Stachelhaus, Geschäftsführerin bei HP
Deutschland, Vice President Imaging and Printing und passionierte wie engagierte Hundebesitzerin, muss es wissen. Ihr Hund Anton ist ein
American Bulldog und mit zehn Jahren bereits
ein betagter älterer Herr. So richtig erwachsen ist
er immer noch nicht, eher ein wenig schrullig. „Er
tut gerne mal so, als würde er nicht hören. Aber
ich hege den starken Verdacht, dass das nicht
stimmt.“ Es gibt noch ein zweites Kraftpaket im
Stachelhaushalt: Sheila, eine vierjährige Bullmastiff-Hündin, wie ihr Kumpel Anton ebenfalls eine
Rasse zugehörig, die in einigen Bundesländern
Mein Freund,
der Hund
Seit tausenden von Jahren begleitet der
Hund den Menschen als Schutz- und Nutztier – und als Partner. Der Berliner Fotograf und Künstler Jim Rakete hat für
pwc: Führungskräfte mit Hund fotografiert.
Von Corinna Freudig
in der Kategorie II der Kampfhundlisten geführt
wird. Stachelhaus kann das nicht nachvollziehen:
„Es gibt keine Beißstatistik, die nicht vom Schäferhund angeführt wird. Der Bullmastiff taucht
da gar nicht auf.“ In USA gelten American Bulldogs als ausgesprochene Familienhunde. „Unsere Hunde sind absolut verlässlich im Umgang
mit Menschen - die sind so cool und gelassen,
dass sie nichts aus der Ruhe bringt.“ Sheila ist
aus dem Tierheim und war nur für ein Wochenende als Pflegehund zu Besuch. Doch sie schien
genau zu wissen, worum es geht: Zwei Tage
genügten, um das menschliche Hundeherz im
Sturm zu erobern. „Obwohl zwei so große und
mächtige Hunde schon eine Herausforderung
sind.“ Nicht nur deshalb ist das Büro Tabuzone für die beiden: „Das ist eine Frage der Rücksicht. Es gibt nun einmal Menschen, die Angst
vor Hunden haben.“ Die Familie hat Regine Stachelhaus derzeit ein Tierheimsbesuchsverbot erteilt. Die HP-Chefin hatte fast immer Tiere in Not
– auch „Importhunde“ aus dem Mittelmeerraum.
Noch heute fliegen sie und ihr Mann von Mallorca nicht zurück, ohne eine Flugpatenschaft für
einen Balearen-Streuner zu übernehmen, dem in
Deutschland ein neues Zuhause vermittelt werden soll. Seit ihrer Kindheit lebt die Managerin
mit Hunden: Sie seien wie Familienmitglieder, die
durch Dick und Dünn mitgehen. „Und ich liebe
es, mit ihnen spazieren zu gehen.“ Auch wenn
das an einem nasskalten Dezembermorgen nicht
immer leicht fällt, aber: „Wenn ich erst einmal
draußen bin, ist das für mich Entspannung pur
und die Welt ist in Ordnung.“
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pwc: Lösungen
Hunde im Wöhrl-Pool
„Wenn du einen Freund brauchst, dann kaufe dir einen Hund!“ So werden Besucher auf der Website der INTRO Consulting begrüßt,
die zu der Beteiligungsgesellschaft INTRO Verwaltung GmbH gehört. Ihr Chef ist Hans Rudolf Wöhrl, der natürlich das Gegenteil
beweisen will und mit seiner Unternehmensberatung „eine Alternative zur Zoohandlung und einen verlässlichen Partner“ bietet. Ein
wenig ernst ist das mit dem Hund jedoch schon gemeint, denn Wöhrl ist selbst Hundebesitzer - und zwar dreifacher. Mit seinen Australian Shepherds Tschenga und ihren Töchtern Susan und Nona hat er sich eine Rasse mit einer „starken Persönlichkeit“ ausgesucht,
aus der ein beachtlicher Dickkopf resultiert. „Drei Hunde sind ein Rudel - und es ist gar nicht so leicht der Chef zu bleiben“, konstatiert der flugzeugbegeisterte 61-jährige, der einst dba und LTU sanierte. Dass es diese Rasse geworden ist, ist Zufall pur: Tschenga
hat vor zehn Jahren als Tierheimwelpe den tierischen Wöhrl-Pool begründet - auf Drängen der Kinder. Heute will Wöhrl seine Vierbeiner nicht mehr missen, denn sie „vermitteln Wärme“ und sind trotzdem eines, was insbesondere Führungskräften nicht schadet:
„Sehr kritisch mit ihrem ‚Herrchen‘“.
Geflügelter Name
„Wahrscheinlich ist er der einzige Hund in Deutschland mit diesem Namen“, vermutet Karl Schulze. Sein Entlebucher Sennenhund
heißt wie das Unternehmen, das sein Herrchen seit mehr als zwanzig Jahren leitet: Bechstein. Schulze hat den traditionellen und Mitte der 90erJahre insolventen Klavierbauer dank innovativer Geschäftsmodelle wieder in die Gewinnzone gebracht hat. Seit zehn Jahren bekommt Bechstein davon einiges mit - darf er doch manchmal mit ins Büro oder auf eine Dienstreise. Ansonsten ist er bei seiner
„Zweitfamilie“ zu Gast, die in demselben Haus wie die Schulzes wohnt und zu der ein zehnjähriger Junge gehört, der mit Bechstein
quasi groß geworden ist. „Wir sind oft unterwegs und es war klar, dass wir eine Rasse brauchen, die menschenfreundlich ist und nicht
zu sehr auf eine Person fixiert.“ Die Wahl auf den Entlebucher Sennenhund fiel sehr bewusst: Die Hütehunde aus der Schweiz sind für
ihr freundliches Wesen und ihre Familientauglichkeit bekannt. „Ein Tier gehört zur Familie und muss zu deren Lebensgewohnheiten
und -bedingungen passen“, sagt Schulze, der an seinem Hund vor allem dessen Zuverlässigkeit und Ausgeglichenheit mag. Und noch
etwas schätzt er an Bechstein: „Er ist ein Partner mit vier Beinen, er zeigt seine Gefühle, kann extrem gut zuhören und im Gegensatz
zu einem Zweibeiner widerspricht er niemals.“
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pwc: Lösungen
Die Vorzimmerdame
Wer nach Interna über Kieser Training recherchiert, sollte Tessa befragen. Denn sie hat nicht nur einen festen Platz im Chef-Büro, sondern ist bei jeder Konferenz dabei. Tessa weiß alles über das vor 40 Jahren gegründete Unternehmen, das mittlerweile rund 150 Fitnessstudios in neun Ländern betreibt und im Gegensatz zur reinen Bizeps-Bude auf ein gesundheitsorientiertes Krafttraining setzt.
Sie ist die Rottweilerhündin von Firmenchef und -gründer Werner Kieser, der seine Beziehung zu ihr in bedächtigem Schwyzerdütsch so beschreibt: „Ich glaube, dass eine ausgesprochene Zuneigung zwischen uns beiden besteht.“ Vor zehn Jahren zog Tessa
ins Kieser-Haus – aus drei rationalen Gründen: Erstens, weil es einen Umzug von der Innenstadt an den hundefreundlicheren Waldrand gab. Zweitens, weil die Polizei die Anschaffung eines Hundes als sichersten Einbrecherschutz empfohlen hatte. Drittens, weil ein
Hund bei Wind und Wetter zwingt, an die frische Luft zu gehen. Warum es ein Rottweiler geworden ist? Dafür gibt es einen irrationalen Grund: Der Schmied aus Kiesers Heimatdorf hatte einen Rottweilerrüden, vor dem das ganze Dorf Angst hatte. Man munkelte
sogar, dass dieses martialisch anmutende Tier, das den Großteil des Tages auf der Türschwelle zur Schmiede verbrachte, den Herrn
Pfarrer angegriffen habe. Nur der kleine Werner konnte den mächtigen Hund liebkosen... Außerdem schätzt Kieser diese Rasse quasi
von Berufs wegen: „Ich mag Muskeln, bei Menschen und bei Vierbeinern.“ Dass der Rottweiler oft als Kampfmaschine verteufelt wird,
ärgert ihn. „Rottweiler sind schön, intelligent, lieb und verspielt“, sagt Kieser. Seine Tessa habe nur einen Makel, der vor allem zutage
tritt, wenn sie fotografiert wird: „Ich hege den Verdacht“, mutmaßt ihr Herrchen, „dass sie ziemlich eitel ist.“
Werthers Echte
Mit den legendären Bonbons hat Leo zwei Dinge gemein: Das karamellfarbene Haarkleid und die Echtheit: „Ein Hund kann sich nie
verstellen – er zeigt seine Gefühle immer direkt, authentisch und unverstellt“, sagt Shiseido-Deutschland-Chef Andreas Sistig über
seinen siebenjährigen Labradorrüden Leo, der mit seiner ungestümen Art stets für viel jünger gehalten wird – ganz ohne kosmetische
Nachhilfe. Dabei passt der Leitspruch der japanischen Premiumkosmetikmarke zu ihm. Denn der lautet: „Kosmetik für Körper, Geist
und Seele“. Auch Leo bietet ein Rundumpaket. „Er verschafft mir Bewegung, zeigt seine Sympathien vorurteilsfrei und ist ein wahrer Seelentröster, der sehr sensibel spürt, was man von ihm braucht.“ Eines ist Sistig allerdings wichtig: „Hunde sind Tiere und damit
immer instinktgesteuert.“ Insofern müsse klar sein, wer der Alpharüde im gemischten Menschen-Hunde-Doppel ist; damit Herrchen
nicht ganz schnell zum Beta-Minus-Tier wird. Zu Leos Leidwesen ist aus diesem Grund das Sofa tabu: Er soll nicht auf Augenhöhe mit seinem „Alpha-Rüden“ kommen. Von dieser Instinktsteuerung könne man auch lernen: „Bei den Wölfen übernimmt nicht der
Stärkste, sondern der sozial Kompetenteste die Leitung. Genau das sollte eine Führungskraft auszeichnen.“ Ab und zu darf Leo Herrchens Arbeitsplatz, die Shiseido-Zentrale in Düsseldorf, besuchen. Aber nicht zu oft. Denn es ist schon vorgekommen, dass vor dem
Morgengruß vom Empfangs-Desk die Frage kam: „Wie schade, ist Leo heute nicht dabei?“
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pwc: Lösungen
Die Europa-AG
Die Societas Europaea (kurz: SE, aber auch Europäische Gesellschaft oder umgangssprachlich Europa-AG genannt) ist eine Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Ihr Mindestkapital beträgt 120.000 Euro, das Kapital ist in Aktien zerlegt, jeder Aktionär haftet nur bis zur Hälfte des von ihm gezeichneten Kapitals. Die SE muss ihren Sitz in
einem Staat der Europäischen Union haben und kann EU-weit als rechtliche Einheit auftreten. Für die Geschäftsführung gibt es die angelsächsische Variante, das heißt ein Board aus
drei Verwaltungsräten inklusive des geschäftsführenden Direktors. Oder die deutsche, in
dem der geschäftsführende Vorstand von einem Aufsichtsrat kontrolliert wird.
Adi Drotleff ist wieder Herr im eigenen Haus.
Der Gründer und Großaktionär des Softwarehauses Mensch und Maschine (MuM)
war 2006 der erste börsennotierte Mittel-
Unternehmen in Europa und erstaunlich angesichts der immer wieder hervorgehobenen
Vorteile der SE. „Wegen ihrer Flexibilität wäre die SE eigent-
ständler, der seine AG in eine Societas Eu-
lich ideal für den Mittelstand“, sagt Manuel
Gerade für deutsche Unternehmen liegt in
ropaea (SE), eine Europäische Aktiengesell-
René Theisen, Wirtschaftsprofessor an der
den relativ lockeren Regeln der Mitbestim-
schaft, umwandelte. Sein Motiv: Er wollte
Ludwig-Maximilians-Universität in München.
mung ein weiterer Vorteil der SE gegenüber
das Sagen haben. So wählte er das angel-
„Man gründet eine Gesellschaft in Slowenien,
der AG. Wandelt sich eine AG mit knapp 500
sächsische Boardsystem und schaffte den
verschiebt sie aber nach Litauen, wenn sich
Beschäftigten in eine SE um, kann man die
Aufsichtsrat ab. Nun ist Drotleff Vorsitzender
herausstellt, dass dort das beste Geschäft
des Verwaltungsrats und geschäftsführender
zu machen ist.“
Mitbestimmung auf diesem Niveau „einfrieren“. Steigt die Mitarbeiterzahl auf über 500,
Das Problem liege darin, dass Unternehmen
greift bei einer SE nicht wie im Fall der AG
das Drittelbeteiligungsgesetz. „Aber nicht
eine faktische Hauptversammlungsmehrheit
die Vorteile der SE bisher nicht sehen. „Dabei bringt sie konkreten Nutzwert: Sie er-
halten“, sagt er.
leichtert es etwa, Konzernberichterstattung
Direktor in Personalunion: „Die SE ist relevant für Unternehmer erster Generation, die
Nach jahrzehntelanger Diskussion hat die
und Managementstrukturen zu vereinheitli-
sich nicht all jene Unternehmer, denen die
chen. Und sie hat ein höheres Ansehen bei
Mitbestimmung ein Dorn im Auge ist, für
geebnet – eine Unternehmensform für den
europaweiten Ausschreibungen“, zählt Stil-
eine SE entscheiden. Sie können jedoch die
europäischen Binnenmarkt. Seit 2004 ist die
ler auf.
Die SE ermöglicht Aktiengesellschaften
Auf die Idee, dass eine SE eine gute Alterna-
wenn man über sie spricht, als wenn man
tive zur AG sein könnte, ist Adi Drotleff eher
durch Zufall gekommen. Er hatte gelesen,
sie durchzieht“, sagen Unternehmensberater. Unkenntnis über die Möglich-
zwischen dem englischen Boardsystem und
dass die Allianz bei ihrer SE-Gründung die
keiten, rechtliche Unsicherheiten, hohe
dem in Deutschland gültigen dualen Lei-
duale Führungsstruktur aus Vorstand und
Kosten: Ist die SE damit zum Aus-
tungssystem von Vorstand und Aufsichtsrat.
Aufsichtsrat wählen wollte. „Daraus habe ich
laufmodell abgestempelt? Trotz ihres
schleppend verlaufenden Starts, der
lichkeit den Einfluss der Unternehmerfamilie
geschlossen, dass es auch noch eine andere Art gibt“, sagt Drotleff. Zwischen 30.000
sicherstellen. Dazu kommt, dass Gründung
und 40.000 Euro hat MuM für die Umwand-
50
und Verwaltung meist mit überschaubaren
lung ausgegeben. Der Löwenanteil entfiel
Mitteln möglich sind“, fasst Dr. Dirk Stiller,
dabei auf Formalitäten. „Der Registerrichter
SE-Experte Theisen überzeugt.
Rechtsanwalt bei PwC Legal, die Zielgruppe
vom Amtsgericht München hatte in den SE-
Und auch die EU-Politik glaubt wei-
zusammen.
Regeln eine Klausel gefunden, nach der wir
ter an transnationale Gesellschafts-
Bis Ende 2007 verzeichnete das Justizministerium allerdings nur 41 SE-Gründungen in
ein besonderes Verhandlungsgremium bilden mussten, das über die Mitbestimmung
formen. Im Sommer hat die Kom-
Deutschland. Europaweit sind es gerade 200,
entscheidet“, sagt Drotleff. Dabei spielte es
Schaffung einer „Europäischen Privat-
wovon aber über die Hälfte so genannte Vor-
keine Rolle, dass MuM angesichts seiner
gesellschaft“ als europäische Alterna-
rats-SEs ohne operatives Geschäft sind. Das
Mitarbeiterzahl gar nicht mitbestimmungspflichtig war. „Dieses Gremium mussten wir
tive zur GmbH oder zur britischen Einheitliche Konzernberichterstattung und Managementstrukturen, mehr Flexibilität und ein
gutes Image in Europa bietet die SE. Aber ihre
Vorteile werden noch nicht immer gesehen.
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schon zu Schlagzeilen wie „Still ruht
die SE“ führte, wird sich die Europäische Gesellschaft etablieren, ist ist wenig im Verhältnis zur Gesamtzahl der
Von Bärbel Brockmann
Umwandlung androhen, um Betriebsräte zu
disziplinieren. „Die SE zeigt größere Wirkung,
grenzüberschreitende Fusionen, die Sitzverlegung in ein anderes EU-Land und die Wahl
„Der Mittelstand kann durch die Wahlmög-
Die Gesellschaftsform der Societas Europaea wird unterschätzt – ausgerechnet von mittelständischen Unternehmen. Denn die werden durch sie wieder Herr im eigenen Haus.
alle SE-Gründer sind Mitbestimmungsflüchtlinge“, sagt Theisen. Andererseits werden
EU vor sieben Jahren den Weg für die SE
entsprechende Verordnung deutsches Recht.
Le
SE c´est moi!
bilden, damit es feststellen konnte, dass wir
keine Mitbestimmung brauchen. Ein rein formaler, aber teurer Akt.“
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mission eine Verordnung für die
Limited vorgeschlagen.
Kontakt
[email protected]
Tel.: 040 6378-1295
www.pwc.de/de/pwc357
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Weißer Kragen,
schwarze Weste
Otto Geiß hat schon oft erfahren, wie wichtig es ist, auf der ganzen Klaviatur der Prävention zu spielen. „Bei einer Milliarde Euro
Einkaufsvolumen spielt Korruption eine
große Rolle“, sagt der Leiter Revision von
Fraport. Bereits vor fünf Jahren hat die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens ethische Verhaltensstandards aufge-
Wie ticken Wirtschaftskriminelle? Eine neue Studie
von PwC hat fünf verschiedene Typen ausgemacht. legt. Und das Thema Wirtschaftskriminalität
ganz oben auf die Agenda gesetzt: Allein
2007 wurden rund 600 Mitarbeiter oberer
Von Anja Dilk und Heike Littger
Führungsebenen geschult. Geiß resümiert:
„Die Studie hilft, unsere Leute zu sensibilisieren, da sie nun mehr über Täter wissen.“
Er giert nach Luxus. Nach der Finca auf
menssicht, sondern von den Tätern direkt.“
Konkrete Maßnahmen bedürfen aber noch
Mallorca, dem Gala-Wochenende in New
Die Forschung ist eine Fortführung der oft
York, der Yacht, dem Privatjet. Diesen Zie-
zitierten PwC-Studie zur „Wirtschaftskri-
spezifischerer Untersuchungen. Vor allem
len ordnet er alles unter: seine Mitarbeiter,
minalität“, die alle zwei Jahre veröffentlicht
eine Frage ist ungeklärt: die nach dem
die Kollegen, das Unternehmen. Und falls
wird. 2007 besagte sie unter anderem, dass
konkreten Auslöser für eine Tat. Frustrier-
auf dem Weg nach oben Gesetze im Weg
weltweit die Hälfte der Täter aus den Rei-
te, Egozentriker, Narzissten oder Abhängige
stehen, räumt er sie halt beiseite.
hen der geschädigten Unternehmen stammt
Ob Bilanzfälschung oder illegale Millionentransfers − so liest sich das Klischee des
und fast zwei Drittel der externen Täter als
Kunden, Mandanten oder Geschäftspart-
Branche ins Trudeln kommt, versprochene
unfähig, mit Rückschlägen umzugehen, von
nellen ­enorme Konsequenzen“, sagt Jürgen
Wirtschaftskriminellen. „Doch dieses Bild
ner indirekt mit dem Unternehmen ver-
Fördergelder ausbleiben oder die Konjunk-
eigenen Zielen abzurücken. „Motivations-
Volkert. „Wir müssen uns von einem Com-
Naderer kennt diesen Einwand. „Über individuelle Rahmenbedingungen, das Verhält-
stimmt viel weniger mit der Realität über-
bunden sind. Die aktuelle Ausdifferenzie-
tur einbricht. „In einer verzweifelten Lage
psychologisch sind sie deshalb eher bereit,
pliance-Management verabschieden, das
nis von Ziel und Hemmung etwa, wissen wir
ein als gedacht“, sagt Jürgen Volkert, Wirt-
rung widmet sich drei Kernfragen: Weshalb
suchen diese Manager Rettung im Grenz-
Hemmnisse aus dem Weg zu schaffen“, so
vor allem auf schärfere Kontrollen setzt. Nur
noch zu wenig. Die Studie betritt Neuland.“
schaftsethiker an der Hochschule Pforz-
überschreiten Führungskräfte die Grenze
bereich der Legalität“, so Naderer. Wie je-
Naderer. „Auch um den Preis der Illegalität.“
eine ausgewogene Mischung aus mora-
Sie will auf ein vielschichtiges Problem
gibt es schließlich in allen Unternehmen
– nicht jeder wird zum Kriminellen. heim. „Zwar gibt es Manager, die sich aus
der Legalität? Gibt es charakteristische Per-
ner Wirtschaftslenker, der die Frist bis zur
lischen Leitlinien, Kontrolle, Kommunikation
aufmerksam machen. Auch darauf, dass
bloßer Gier skrupellos auf Kosten von Men-
sönlichkeitsmerkmale von Wirtschaftskrimi-
Freigabe öffentlicher Investitionsgelder mit
Anders beim „naiven“ Täter, der – oft über-
und Schulungen hat Aussichten, alle Täter
schen und Unternehmen bereichern, doch
nellen? Und: Welche Rahmenbedingungen
einem Griff in die Schwarzgeldkasse über-
fordert oder einem schlechten Rat folgend
aufzufangen.“
es weder sinnvoll noch vertretbar ist, seine Mitarbeiterschaft schlicht in „gefährlich“
viele Wirtschaftskriminelle handeln aus ganz
begünstigen die Straftaten?
brücken wollte. Bevor er das Geld wie ge-
– aus Unkenntnis eine Straftat begeht. Oder
plant zurücktransferieren konnte, flog der
beim „abhängigen“ Täter, der sich aus
Im Auftrag von PricewaterhouseCoopers
Fünf typische Täterprofile hat das Studien-
Schachzug auf.
Angst vor dem Chef, dem Verlust sozialer
(PwC) haben Jürgen Volkert, Gabriele Naderer und Thomas Cleff die Motive von
team herausgearbeitet. Lediglich ein Täter-
Dem dritten Typus, dem „narzisstischen Vi-
Beziehungen oder aus falsch verstandener
Gespräch über die Grenzen des Zulässigen
typ entspricht dem gängigen Bild: der „ego-
sionär“ dagegen geht es nicht um Geld. Er
das Mittel der Wahl. Mit einem egozentri­
Die Prävention dürfte sich lohnen. Pro Jahr
Straftätern in Nadelstreifen untersucht. Die
zentrische Visionär“, der allein eines will:
braucht die Bestätigung und will beweisen,
Loyalität wider besseren Wissens zu einer
Straftat hinreißen lässt. entsteht allein in Deutschland ein Schaden
Wissenschaftler befragten in qualitativen
einen luxuriösen Lebensstil.
dass er Besonderes, ja Einzigartiges leisten
„Für die Prävention von Wirtschaftskrimi-
schen Visionär zu diskutieren, ergibt dagegen keinen Sinn, der will nur unbeirrt eigene
Interviews 13 Verurteilte, die einst auf Management- oder Geschäftsführerebene tätig
Ganz anders dagegen der „frustrierte Visio-
kann; notfalls auch mit kriminellen Mitteln.
nalität in den Unternehmen hat ein dif-
Interessen durchboxen. Hier können schär-
von gut sechs Milliarden Euro durch Wirtschaftskriminalität. Und diese Ziffer bezieht
ferenzierteres Bild von Wirtschaftskrimi-
fere Kontrollen helfen.“
sich nur auf die aufgedeckten Fälle.
waren und wegen Betrug, Unterschlagung
erweitert den Blick auf wirtschaftskriminelle
Es ist kein Zufall, dass die meisten Wirt-
oder Korruption Haftstrafen verbüßten oder
zu hohen Geldstrafen verurteilt wurden. Straftäter enorm.“ Der „frustrierte Visio-
schaftskriminellen, so unterschiedlich ihre
när“ ist äußerst ambitioniert, hat ehrgeizige
Motive auch sind, einem dieser drei Typen
Da­rüber hinaus werteten sie 60 Strafakten
Ziele, die er mit viel Elan umzusetzen ver-
zuzuordnen sind. Sie verbindet zweierlei:
aus. „Wir wollten wissen, was Wirtschafts-
sucht – und das Wohl des Unternehmens
kriminelle antreibt“, so Steffen Salvenmoser,
steht für ihn dabei an oberster Stelle. Umso
Zum einen sind sie ausgesprochen ehrgeizig und stürzen sich mit ganzer Kraft in die
frus­trierter ist er, wenn er seine Vorstellun-
Arbeit, um ihre Vision zu verwirklichen. Zum
gen nicht realisieren kann, gleich, ob die
zweiten sind sie in einem extremen Maße
anderen Motiven.“
PwC-Experte im Bereich Forensic Services.
„Und zwar nicht wie bisher aus Unterneh52
när“. Studienleiterin Naderer: „Dieser Typus
pwc: | januar 2009
und „nicht gefährlich“ einteilen zu wollen,
PwC-Experte Salvenmoser stimmt dem zu:
sondern dass sie in emotional belastenden
„Für einen frustrierten Visionär ist das offene
Situationen frühzeitig und präventiv Unterstützung erfahren müssen.
Prävention von Wirtschaftskriminalität funktioniert Kontakt
nur, wenn es auf die individuellen Motivationen der [email protected]
Tel. 069 9585-5555
Täter eingeht, wie etwa berufliche Enttäuschungen
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc358
oder zu hoher Druck durch Zielvorgaben.
pwc: | januar 2009
53
pwc: Lösungen
Impressum
Herausgeber:
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Olof-Palme-Straße 35, 60439 Frankfurt am Main
www.pwc.de
www.pwc.de/de/kundenmagazin
Verantwortlich für den Inhalt (V. i. S. d. P.):
Oliver Heieck (PricewaterhouseCoopers AG)
Tel.: 069 9585-1577
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
die Meinung der Autoren wieder.
Publikationen
Global Annual Review
2008
Adressänderungen: [email protected]
Chefredaktion:
Corinna Freudig (PricewaterhouseCoopers AG),
Heiko Hamann (Facts & Figures)
E-Mail an die Redaktion: [email protected]
Die Green Challenge der
LKW-Industrie
Wissensintensiv in die
Zukunft
Steuerleitfaden zur Orientierung auf
dem US-Markt
Art-Direktion: Frauke Backer/backerdesign.com
Bildredaktion: José A. Blanco (Ltg.)
Zehn Jahre PwC:
Die Studie unter-
Der Strukturwandel
Die USA sind für deutsche Investoren eine
Im „Global Annual
sucht die Einflüs-
im Ostseeraum von
beliebte Zielregion. Der amerikanische
Review 2008“ blickt
se, denen sich die
arbeitsintensiven
Markt ist offen für neue Produkte, Ideen
Infografik: Katharina Erfurth (Golden Section Graphics)
Bildbearbeitung: Olaf Soyka, Sven Teschner
Sam DiPiazza, Glo-
LKW-Industrie auf-
hin zu wissensin-
und Innovationen und gilt als einer der in-
bal CEO von PwC,
grund des Trends
tensiven Industrien
teressantesten Wirtschaftsräume der Welt.
Redaktionelle Mitarbeit: Detlef Gürtler, Peter Littger, Oranus
Mahmoodi, Helmut Ziegler,
zurück auf die er-
zu umweltfreund-
erfordert eine neue
Bei einer Vielzahl von Indikatoren für ein at-
folgreiche Entwick-
lichen Produkt-
Ausrichtung der
traktives Geschäft- und Investitionsklima
Lektorat: Kristoph Maletzke
lung des Unternehmens, das sich mit dem
lösungen ausge-
nehmen die USA Spitzenwerte ein. Dieses
Central, East und West Cluster geografisch
liefert sieht. Die
Städte. Entscheidend für eine erfolg-
neu aufgestellt hat. Den Jahresbericht mit
Ergebnisse stützen
reiche wirtschaft-
Buch enthält eine umfassende Darstellung
allen Daten und Fakten ergänzen mit Blick
sich auf Analysen der größten ‚Stakehol-
liche Entwicklung sind künftig nicht die
der USA als Investitions- und Steuerstandort für deutsche Unternehmen. Die wirtschaftlichen, rechtlichen und
auf die neue Struktur Essays der Cluster-
der‘ und ihrer Einflussgrößen auf die Bran-
Größe der Stadt, sondern weiche Faktoren
steuerlichen Rahmenbedingungen werden transparent gemacht.
Leader. Auch der deutsche PwC-Chef Hans
che. Neben einer Beurteilung verschiedener
wie Innovationsfähigkeit. Zu diesen Ergeb-
Dem Leser liegt somit ein strukturierter Leitfaden zur Orientierung
Wagener ist vertreten. Er gibt einen Ausblick
Marktszenarien ist das Ziel dieser Studie,
nissen kommt die gemeinsame Studie von
im US-Markt vor, der ihm wertvolle Entscheidungshilfen zum „ob“
auf die Zusammenarbeit im globalen Netzwerk und Informationen zu Standards für
zu analysieren, ob die ‚Green Challenge‘
PwC und dem Hamburgischen WeltWirt-
und „wie“ einer Investition zur Verfügung stellt.
ein unausweichliches Hindernis ist oder zu
schaftsInstitut (HWWI).
Risiko- und Qualitätsmanagement.
einem Wettbewerbsvorteil werden kann.
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Studie ist bestellbar über:
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Tel. 069 9585-6459
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Bestellbar unter: www.pwc.de/de/pwc359
Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3-406-56538-0
Finanzberichterstattung
nach IFRS
Innovationen im
Handel
German Entertainment
and Media Outlook
Paying Taxes
2009
Eine Finanzbericht-
Im gesättigten deut-
In bewährter Form
Die dritte Paying-Taxes-Veröffentlichung
erstattung nach
schen Konsum-
identifiziert die Stu-
basiert auf dem ‚paying taxes‘ Indikator
IFRS ist mit um-
gütermarkt sind
die Trends und lie-
des Weltbank-IFC Doing Business Pro-
fangreichen Pflich-
Innovationen uner-
fert Prognosen, wie
ject. Die Studie misst, wie einfach es für
ten verbunden, der
lässlich. Gemeinsam
sich die Segmente
Unternehmen bescheidener Grösse in
Leitfaden liefert In-
mit dem Institut für
des Unterhaltungs-
181 Ländern der Erde ist, Steuern zu be-
formationen in Form
Handel und Interna-
und Medienmarktes
zahlen. Paying Taxes verwendet ein Fall-
einer Checkliste.
tionales Marketing
entwickeln werden.
studienunternehmen und klassifiziert die
Darüber hinaus be-
der Universität des
Die Marktstudie löst
fasst er sich mit ein-
Saarlandes wurden
Unsicherheiten über
Gesamtsteuersatz, der Zeit, die man benötigt, um den wesentlichen
zelfallbezogenen, situationsabhängigen An-
über 100 deutsche Händler und Konsumgüterhersteller befragt. Die Studie zeigt, dass
die Entwicklung der Branche und liefert eine
Steuervarianten nachzukommen und der Zahl der Steuerzahlungen.
aktuelle Bestandsaufnahme und Prognose
und erläutert die Erfordernisse im Zusam-
im Handel ein erheblicher Nachholbedarf in
über den deutschen Medienmarkt.
Beim Umfang der rechtlichen Regelungen und dem damit verbundenen Aufwand gibt es weltweit erhebliche Unterschiede, dennoch
menhang mit der IFRS-Erstanwendung.
Sachen Innovationsmanagement besteht.
sind zeitintensive Steuersysteme nicht nur ein deutsches Problem.
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Tel. 069 9585-6459
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pwc: | januar 2009
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Jae-Hwan Seite 20-21: AFP Photo/Jung Yeon-Je; EyeUbiquitous/Hutchison; SolarWorld Seite 22-23: Visum/Frank Aussieker
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weltweiten Steuersysteme anhand von
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pwc: erscheint viermal im Jahr in einer Auflage von 12.000 Exemplaren.
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PricewaterhouseCoopers bezeichnet die ­PricewaterhouseCoopers
AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbst­
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