Trends in der Füllstandmesstechnik ATEX Richtlinien für Staub Von Steve Milligan Starke Staubentwicklung bereitete schon immer große Schwierigkeiten bei der Füllstandmessung. Viele Geräte haben Mühe, durch Staub zu messen. Darüberhinaus können Staubatmosphären explosionsfähig sein. D ass bei Brennstoffen wie Kohle explosionsfähiger Staub auftritt, ist offensichtlich; aber viele andere Formen von Staub sind ebenfalls brennbar. Staubkonzentrationen solch alltäglicher Materialien wie Mehl, Zucker, Sägemehl, Stärke, Getreide, Milchpulver, Aluminiumpulver und vieler Plastikpolymere sind brennbar. Das Gemisch aus Staub und Luft kann eine explosionsfähige Atmosphäre bilden. Wenn eine Zündquelle vorhanden ist, kann sich der Staub in einer explosionsfähigen Atmosphäre schnell entzünden und eine Staubexplosion erzeugen. Der Feuerball kann 10 mal so groß werden, wie die ursprüngliche Staub-wolke. Wenn diese Explosion in einem Behälter oder Silo auftritt, steigt der Druck bis zum 10fachen Wert des Ausgangsdrucks. Die meisten Schüttgutbehälter sind nicht für derartige Drücke ausgelegt. Das Silo kann durch die Staubexplosion zerstört und die Anlage durch das Feuer schwer beschädigt werden. Die unlängst eingeführten ATEX Richtlinien unterstützen Anlagenbetreiber bei der Auswahl von Betriebsmitteln, die für den Einsatz in staubexplosionsfähigen Atmosphären zugelassen sind. Die ATEX Richtlinie 94/9/EG (auch als ATEX 100a bekannt) wurde von der Europäischen Union (EU) zur Unterstützung des freien Warenverkehrs verabschiedet. Sie sorgt für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitglieds© 2005 Siemens Milltronics Process Instruments Inc. Mit ATEX erhalten in Europa verkaufte Betriebsmittel für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen nunmehr neben der ATEX Kennzeichnung, welche die Gerätegruppe und -kategorie definiert, auch die Kennzeichnung Gas (G) und/oder Staub (D). staaten bei Produkten, die zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen bestimmt sind. Die Konformität trat am 1. März 1996 auf freiwilliger Basis in Kraft und wurde ab dem 1. Juli 2003 verbindlich. Unter den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen Schutzsysteme und elektrische oder mechanische Betriebsmittel (Geräte, die eine potentielle Zündquelle sein können), die in explosionsfähigen Bereichen verwendet oder installiert werden können. Der Hauptvorteil für die Anwender liegt in einheitlichen Produktnormen und Zulassungen in der ganzen EU, was die Auswahl von Produkten besonders für Firmen mit Niederlassungen www.siemens.com/level in mehreren Ländern vereinfacht. Auch Produkthersteller haben es einfacher, da statt der Vielfalt nationaler Normen nur noch eine einheitliche Reihe von Produktnormen gültig ist. Die ATEX Richtlinie umfasst sowohl Betriebsmittel der Gruppe I (schlagwettergefährdete Grubenbaue) als auch der Gruppe II (alle übrigen explosionsgefährdeten Bereiche). In diesem Artikel geht es besonders um Betriebsmittel der Gruppe II. ATEX Betriebsmittel der Gruppe II lassen sich mit Bezug auf die Zoneneinteilung in drei verschiedene Gerätekategorien einteilen. Betriebsmittel der Kategorie 1 erfordern den höchsten Schutz. Dazu gehören 1 Trends in der Füllstandmesstechnik Bereiche, in denen gefährliche explosionsfähige Atmosphäre häufig oder ständig für lange Zeit vorhanden ist, typischerweise in Silos. Die Geräte müssen auf Sicherheit bei Vorliegen von zwei Fehlern geprüft sein. Betriebsmittel der Kategorie 2 gelten für Bereiche, in denen damit zu rechnen ist, dass gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftritt. Die Geräte müssen unter außernormalen Betriebsbedingungen eine angemessene Sicherheit gewährleisten, so z. B. im Umgebungsbereich der Siloöffnungen. Betriebsmittel der Kategorie 3 sind für Bereiche bestimmt, in denen die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre geringer ist. Die Geräte müssen unter normalen Betriebsbedingungen ausreichende Sicherheit gewährleisten. Im Rahmen von ATEX wurden auch Kategorien zu Betriebsmitteln der Gruppe II Kategorie 1 hinzugefügt, die bereits für den Einsatz in Zone 0 geeignet waren. Die ATEX Richtlinie erweitert diese Kategorien auf staubhaltige Umgebungen. Ihr Inhalt ist der aktuellen Einteilung in die Zonen 20, 21 und 22 ähnlich, welche explosionsfähige Schüttgüter und Stäube regeln. Mit ATEX erhalten in Europa verkaufte Betriebsmittel für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen nunmehr neben der ATEX Kennzeichnung, welche die Gerätegruppe und -kategorie definiert, auch die Kennzeichnung Gas (G) und/oder Staub (D). Abbildung 1 ist ein Beispiel für die ATEX Kennzeichnung. Deutliche ATEX Kennzeichnungen sind wichtig, da selbst unkritisch erscheinende Materialien wie Staub und Zucker eine Staubexplosionsgefahr darstellen können. Die ATEX Normen und Kennzeichnungen sind für Anlagenbetreiber sehr günstig. Allerdings bringen sie auch Herausforderungen mit sich, da Hersteller ihre Produkte ohne drastische Preiserhöhung für die Kunden an diese neuen Normen anpassen müssen. Siemens Milltronics, ein führender Anbieter im Bereich Ultraschall und anderer Technologien zur Füllstandmessung, fand hierzu innovative Lösungsansätze: Zum einen wurden bestehende Produkte angepasst und zum anderen neue Produkte eingeführt. Den Entwurf der neuen Richtlinien nahm Siemens Milltronics zum Anlass, um vorhandene Produkte und deren Spezifikationen und Funktionen zu überarbeiten. Die Echomax® Ultraschallsensoren des Unternehmens werden weitgehend zur Füllstandmessung im Bereich Wasser, Abwasser, Chemie und Petrochemie eingesetzt. Auch in der Prozessindustrie, z. B. im Bereich Bergbau, Steine/Erden, Zement und Nahrungsmittel, wo Staub häufig vorkommt, sind sie zu finden. Diese Ultraschallsensoren wurden für schwierige Umgebungen konzipiert. Sie sind hermetisch dicht und chemisch beständig. Sie sind undurchlässig für Staub, Feuchtigkeit, Korrosion, Vibration, Überflutung und extreme Temperaturen. Durch das berührungslose Design werden Schäden, Gefahren und Kosten für Reinigung, Einstellung und Reparatur produktberührender Geräte praktisch beseitigt. Diese Sensoren werden zusammen mit den bewährten Siemens Milltronics Messumformern (z. B. AiRanger) verwendet, um zuverlässige Füllstandmesswerte in einem breiten Spektrum von Anwendungen zu liefern. Trotz ihrer Reputation für robuste Leistung erforderten die Echomax Sensoren einige Anpassungen, um die ATEX Anforderungen zu erfüllen. Das Unternehmen prüfte viele Optionen, darunter verschiedene Materialien und wesentliche Neugestaltungen. Durch umfangreiches Testen fanden betriebsinterne Konstruktionsingenieure heraus, dass geringfügige interne Designänderungen die für die ATEX II 1D Zulassung erforderliche Leistungssteigerung ohne wesentliche Kostenauswirkung für den Kunden erreichten. Diese Zulassung ermöglicht den Einsatz dieser Geräte in explosions- und staubexplosionsgefährdeten Bereichen. Die Zulassung bezieht sich auf die Echomax Sensoren Typ XPS-30 und XPS40 mit Messbereichen von jeweils 30 und 40 Metern. Gleichzeitig untersuchte Siemens Milltronics das Potential anderer Technologien zum Einsatz bei Staub. Dank jahrelanger Erfahrung waren die Ingenieure gut mit den Messproblemen vertraut, die z. B. bei der Fräsbearbeitung und in der Nahrungsmittelindustrie auftreten. Dort verursacht die pneumatische Förderung von Mehl, Getreide oder Pulvern oft extremen Staub und erschwert die Messung selbst unter Einsatz hochwertiger, berührungsloser Geräte. Durch die hohe Staubkonzentration wird das Signal vor allem in hohen Silos mit großen Messbereichen gedämpft. TDR (Kabelradar, Zeitbereichsreflektometrie) wurde in mehreren Anlagen für staubintensive Applikationen getestet. Es werden aber nicht immer genaue Ergebnisse erbracht, da das Kabel hin- und herpendelt, dabei die Silowände berührt und falsche Messwerte übermittelt. Zudem führt die Materialbeförderung zu elektrostatischer Aufladung, die das TDR Gerät beschädigt und ein Gefahrenpotential in staubexplosionsfähigen Bereichen darstellt. Um diesen Anforderungen zu entsprechen, leistete Siemens Milltronics Pionierarbeit beim Einsatz von Hochfrequenzradar. Beim LR 400 handelt es sich um ein leistungsstarkes 24 GHz-Radarsystem, in dem FMCW Technologie (frequenzmoduliertes Dauerstrichverfahren) zum Einsatz gelangt. Die Kombination aus hoher Leistung, hoher Frequenz und schlankem Wellenbündel ergibt ausgezeichnete Reflexionseigenschaften und eine außerordentliche Messleistung auf fast allen Schüttgütern, unabhängig von der Korngröße. Der starke Rauschabstand und modernste Technologie zur Echoauswertung ermöglichen zuverlässige Messwerte selbst durch dichten Staub. Dieses Radargerät eignet sich ideal für staubige Umgebungen bei Getreide, Mehl, Zucker 2 Trends in der Füllstandmesstechnik oder Pulvern und sogar Zement, Flugasche usw. Die berührungslose Technologie ohne bewegliche Teile bedarf nur geringer Wartung. Es können sich keine Teile lösen und in das Silo fallen. Es erfüllt die ATEX Normen für die Staubzulassung und misst zuverlässig selbst bei extremen Staubverhältnissen. Staubhaltige Umgebungen stellen sowohl aus sicherheitstechnischen Gründen, als auch aus Gründen der Messzuverlässigkeit eine Herausforderung dar. Die ATEX Richtlinien haben dem Kunden Sicherheits- und Eignungsfragen stark vereinfacht. Anlagenbetreiber können sich darauf verlassen, dass mit ATEX II 1D gekennzeichnete Geräte für den Einsatz unter höchst staubexplosionsgefährdeten Bedingungen geeignet sind. Indem Hersteller wie Siemens Milltronics diese Richtlinien erfüllen, kommt ihre Innovationskraft den Bedürfnissen des Marktes nach erhöhter Sicherheit und Zuverlässigkeit entgegen. ■ Steve Milligan ist Produktmanager Ultraschall bei Siemens Milltronics Process Instruments Inc. in Peterborough, Kanada. © 2005 Siemens Milltronics Process Instruments Inc. www.siemens.com/level 3