Das Klima der Erde (-) 993 ablaufenden Veränderungen zu einem eigenständigen Kapitel zusammen gefasst. Wir werden zunächst isoliert das Thema der integralen Strahlungsbilanz der Erde behandeln und uns dabei die physikalischen Grundlagen des Treibhause¤ektes erarbeiten und, wie sich hierbei bereits andeuten wird, damit auch der verschiedenen in der Erdgeschichte aufgetretenen Warmzeit- und Eiszeitperioden erarbeiten. Im darauf folgenden Abschnitt 8.8.2 werde ich ein einfach strukturiertes Modell des globalen Klimas vorstellen. Dabei wird sich zeigen, dass dieses Modell trotz seiner extremen Vereinfachungen die reale aktuelle Temperaturverteilung auf der Erde und ihre jahreszeitlichen Oszillationen bereits in überraschend guter Näherung wiedergibt. Vorteil dieses Modells wird insbesondere sein, dass wir durch Veränderung der wenigen in dieses Modell einießenden Parameter auch Klimasituationen berechnen können, wie sie in früheren Perioden der Erdgeschichte aufgetreten sind, oder solche,die vielleicht in Zukunft auftreten werden. Im dann folgenden Abschnitt 8.8.4 werden wir uns um die aktuell vorhandenen realen thermischen Ausgleichsströme auf unserem Planeten Erde kümmern, die zwangsläu g aus dem Treibhause¤ekt einerseits und aus dem inhomogenen Bestrahlungs-Energiestrom auf die Erdoberäche andererseits resultieren. Letzterer wiederum ist eine zwangsläu ge Folge der Kugelgestalt der Erde. D.h. wir werden die Gesetzmäßigkeiten des globalen Wettergeschehens kennenlernen, ohne uns dabei strikt auf die für die Diskussion der globalen Klimaveränderung relevanten Fakten zu beschränken. Im Abschnitt 8.8.5 werde ich dann die aus den vorangegangenen Abschnitten bekannten für die aktuelle Klimadiskussion relevanten Fakten nochmals zusammenfassend darstellen. Als umfassende Informationsquelle über den aktuellen Kenntnisstand der Wissenschaft und über die unter den Experten abgestimmte Lagebewertung empfehle ich den neuesten Bericht des Intergovernment Panel on Climate Change IPCC ([21]). Als eine eigenständige, ausführliche und für den interessierten Nichtfachmann verständlich aufbereitete Darstellung der literaturbekannten Fakten zum Gesamtkomplex Klimawandel empfehle ich die verschiedenen Essays von Dr. Alexander Koewius ([22]). Der Autor stellt hierin auch die von ihm hieraus (nachvollziehbar !) abgeleiteten Schlussfolgerungen eingehend und unmissverständlich dar. 8.8.1 Strahlungsbilanz der Planeten / Treibhause¤ekt (-) Wie schon des öfteren in diesem Buch beginne ich auch diesen Abschnitt mit einer Frage, die zunächst trivial klingt, bei weiterem Nachdenken aber ihrer Trivialität vollständig beraubt wird. Die Frage lautet: . Warum ist es auf den Gipfeln der Gebirge kälter als in den Tälern? In der Tat beobachtet man generell im unteren Bereich der Erdatmosphäre einen von den jeweiligen lokalen und jahreszeitlichen klimatischen Bedingungen weitgehend 994 Thermodynamik - Verknüpfung von Mikro- und Makro-Kosmos (*) unabhängigen vertikalen Temperaturgradienten von etwa δT K ¼ 6, 5 ¢ δz km z : Höhenkoordinate (8.578) (s. z.B. [23]). Wie wir im Abschnitt 8.2.5 gelernt haben, ist dies nur möglich, wenn in der gesamten Erdatmosphäre ein vertikaler Wärmestrom vorhanden ist, der ebenfalls annähernd stationär ist und auch überall etwa denselben Wert annimmt! Die physikalische Deutung für das Auftreten dieses Wärmestroms ist der Kern des in diesem Kapitel diskutierten Sachverhaltes. Als Einstimmung auf diese Problematik möchte ich herausstellen: ² Die einzige Energiequelle, die in relevantem Umfang zum globalen Energiehaushalt der Erde beiträgt, ist die auf die Erdoberäche auftre¤ende Sonnenstrahlung. ² Der einzige Energie abgebende Prozess, der in relevantem Umfang zum globalen Energiehaushalt der Erde beiträgt, ist die thermisch bedingte elektromagnetische Abstrahlung von der Erde in das Weltall. Durch eine einigermaßen korrekte Erfassung der aus diesen beiden Prozessen resultierenden Wärmebilanz der Erde erhält man einen ersten Richtwert für die Oberächentemperatur der Erde und kann so ho¤en, orientierende Antworten auf eine Fülle von Fragen zu erhalten, z.B. ² Sind als primäre Ursache der Eiszeiten die Veränderungen der solaren Einstrahlung ausreichend, die aus den zyklischen zeitlichen Änderungen (Milanković-Zyklen, s. Absatz Die Milanković-Zyklen auf S. 1061) der Erdbahn resultieren ? ² Können die mit den sog. Sonnenecken verknüpften Schwankungen der solaren Strahlungsleistung die mittlere Oberächentemperatur der Erde signi kant beeinussen ? ² Reichen die unterschiedlichen Entfernungen der Planeten Venus, Erde und Mars von der Sonne bereits aus, um deren stark unterschiedliche Oberächentemperaturen zu erklären? Diese Frage der Wärmebilanz der Erde hat schon sehr früh die Wissenschaft beschäftigt, insbesondere bei dem Versuch, die bereits belegten im Verlauf der Erdgeschichte häu g aufgetretenen massiven Klimawechsel zu verstehen. In einer Arbeit von Tyndal aus dem Jahr 1896 ndet man sogar bereits eine Verknüpfung der Frage des Erdklimas mit dem CO2 -Gehalt der Atmosphäre, erste konkrete Berechnungen zu dieser Frage führte Arrhenius 1903 aus ([24]). Als Folge dieser Überlegungen war man jedoch nicht etwa beunruhigt, dass der anthropogene Einuss auf das globale Klima vielleicht zu einem Problem führen könne. Man schöpfte hieraus vielmehr die Das Klima der Erde (-) 995 Ho¤nung, dass der Menschheit auf diese Weise etwas mehr Zeit bis zum Einsetzen der nächsten Eiszeit bliebe. Sobald wir nun die generelle Auswirkung der Atmosphäre auf die Temperatur der Erdoberäche in die Diskussion mit einbeziehen, erweitert sich der obige Fragenkatalog etwa wie folgt: ² In welchem Ausmaß kann die Zusammensetzung der Atmosphäre die mittlere Oberächentemperatur der Erde maximal beeinussen ? ² Hat die vom Menschen verursachte Veränderung der Struktur der Erdoberäche (Waldrodung, Ackerbau, Bewässerung etc. ) einen relevanten Einuss auf das globale Klima ? Diese Gesamt-Thematik ist durch die etwa 1990 massiv einsetzende Diskussion um den sog. Treibhause¤ekt unserer Atmosphäre in das Interesse einer breiteren Ö¤entlichkeit gelangt. Bei dieser Diskussion geht es primär um den anthropogenen Treibhause¤ekt, also um die Frage, inwieweit sich durch den anthropogenen, also den vom Menschen und seiner Technik verursachten Eintrag von Kohlendioxid und anderen sog. Treibhausgasen in die Atmosphäre das globale Klima der Erde bereits signi kant und für den Menschen gefährlich verändert hat bzw. in naher Zukunft ändern wird. Die Relevanz dieser Befürchtungen wird bis heute kontrovers diskutiert. Ich werde in diesem Abschnitt zeigen, welche weit reichenden Aussagen bereits mit dem Instrumentarium gefolgert werden können, das uns allein auf Basis des in diesem Buch vermittelten Wissens schon zur Verfügung steht. Die Strahlungsbilanz eines Planeten (-) Im Abschnitt 8.5 haben wir die De nition des Emissions- bzw. Absorptionsvermögens ε eines Körpers kennen gelernt. Bei der Behandlung des Wärmehaushaltes von Himmelskörpern verwendet man in der Literatur überwiegend die zu dieser Kennzahl komplementäre Größe, nämlich das Reexionsvermögen α = (1 ¡ ε), das in diesem Zusammenhang die Bezeichnung Albedo (lat. weiße Farbe) erhalten hat. Ich werde jedoch auch an dieser Stelle nur die Größe ε benutzen. Zum Verständnis der nun folgenden Berechnung halte ich einen weiteren Hinweis für angebracht: Die nach Kirchho¤ benannte Gl. 8.451 besagt, dass grundsätzlich das Emissions- und das Absorptionsvermögen einer Material-Oberäche identisch sind. Dies gilt jedoch nur für monochromatische Strahlung! Betrachtet man dagegen Strahlungen, die über einen gewissen Frequenzbereich verteilt sind, und ist diese Verteilung für die betrachtete absorbierte bzw. emittierte Strahlung unterschiedlich, so werden die entsprechend gemittelten Werte für das Emissions- und das Absorptionsvermögen i.a. verschieden sein, ggls. auch signi kant verschieden, hεai 6= hεe i (8.579) 996 Thermodynamik - Verknüpfung von Mikro- und Makro-Kosmos (*) Diese Tatsache ist eine Voraussetzung für den im Absatz S. 1000 behandelten sog. Treibhause¤ekt. Wir führen als erstes eine Abschätzung des Wärmehaushaltes von Planeten durch, also z.B. auch der Erde. Die hierfür aktuell relevanten Energieströme sind ausschließlich Strahlungsströme. Andere Energiequellen, die Gravitationsenergie und die durch Kernspaltungsprozesse frei werdende Energie, haben bei der Entstehung der Planeten eine dominierende Rolle gespielt bzw. sind der Grund dafür, dass der Kern der Erde immer noch auf Temperaturen der Größenordnung 6000 ¢ K aufgeheizt ist (s. auch Aufgabe 19 sowie Abschnitt 10.2.9). Dennoch ist der daraus resultierende Wärmestrom an die Oberäche der Erde um den Faktor 102 bis 103 niedriger ist als die nachfolgend diskutierten Ströme und damit an dieser Stelle irrelevant. Auch als Energiesenke verbleibt im Langzeitmittel ausschließlich die Abgabe thermischer Strahlungsenergie in das Weltall. So beträgt z.B. auf der Erde der durch biochemische Prozesse in Form von Biomasse eingespeicherte Energiestrom lediglich etwa 0, 6 ¢ %o des insgesamt auf die Erde auftre¤enden Strahlungsstroms. (Dieser Zahlenwert lässt sich leicht aus den bekannten, aus Messdaten geschlossenen Daten für die C-Ströme des globalen CO2-Kreislaufs (s. Absatz Der globale CO2-Kreislauf auf S. 1054) abschätzen. Zur weiteren Orientierung s. auch Aufgabe 2 und deren Lösungstext im Kapitel 15.2) Allen Planeten wird durch die Sonne ständig Strahlungsenergie zugeführt gemäß der Beziehung AP D2 = ε ¢ J ¢ a S h¢ri2 ¢ 4π 16 ¢ h¢ri2 Gesamtstrahlungsstrom der Sonne Projektionsäche des Planeten Planeten-Durchmesser mittlerer Abstand Sonne - Planet Absorptionskoe¢zient des Planeten Ja = εa ¢ JS ¢ JS AP D h¢ri εa : : : : : (8.580) Diese Gl. folgt unmittelbar aus den geometrischen Gesetzen der Strahlungsausbreitung (s. auch Abschnitt 11.8.1 und Gl. 11.156). Die Projektionsäche AP ist die Fläche des Schattens, den der Planet auf eine unmittelbar hinter ihm auf der sonnenabgewandten Seite positionierte und senkrecht zur Verbindungslinie Sonne-Planet orientierte Ebene wirft. Der aktuell gültige Zahlenwert von JS ist sehr genau bekannt, s. Kapitel 8.11. Andererseits verliert der Planet Energie durch Strahlungsemission (Gl. 8.472), ­ ® Je = εe ¢ σ ¢ π ¢ D2 ¢ T 4 (8.581) εe : Emissionskoe¢zient des Planeten σ : Stefan-Boltzmann-Konstante ¡­ 4®¢ 14 hT i = T : mittlere Oberächentemperatur d. Planeten (8.582) Das Klima der Erde (-) 997 Die über die Gl.-en 8.581 und 8.582 de nierte mittlere Oberächentemperatur hT i des Planeten erhält man, wenn man den von diesem Planeten insgesamt emittierten Strahlungsstrom misst, diesen Wert über eine ausreichend lange Zeit mittelt und in die Gl. 8.581 einsetzt. Diese Begri¤sbildung macht primär dann einen Sinn, wenn sich die Oberächentemperatur auf dem Planeten durch geeignete Prozesse in ausreichendem Umfang und ausreichend schnell ausgleicht, so dass keine zu extrem großen Temperaturunterschiede auftreten. Im stationären Zustand gilt dann Ja = Je ) ­ 4® εa JS T = ¢ εe σ ¢ 16 ¢ π ¢ h¢ri2 (8.583) ³ ´ Die rechte Seite der Gl. 8.583 besteht o¤enbar aus dem Faktor εεae , der durch die Bescha¤enheit des Planeten vorgegeben ist, und einem weiteren Faktor von der Dimension T emperatur4 , der von der Oberächenbescha¤enheit des Planeten unabhängig ist. Die 4. Wurzel dieses Faktors möchte ich als die astronomische Referenztemperatur Tref des Planeten bezeichnen, 4 Tref = JS σ ¢ 16 ¢ π ¢ h¢ri2 (8.584) Tref ergibt sich aus ausschließlich astronomischen Werten, nämlich dem Strahlungsstrom der Sonne und dem (als konstant angenommenen) mittleren Abstand des Planeten von seiner Sonne. Für das Verhältnis von Emissions- und Absorptionskoe¢zient gilt i.a. hεa i 6= 1 (8.585) hεe i Denn die Absorption und die Emission der jeweiligen Strahlung ndet in völlig verschiedenen Wellenlängenbereichen statt: Die Schwerpunktswellenlänge (bei einer Gewichtung gem. der Energieverteilung der Strahlung) der solaren Strahlung liegt bei etwa 750 ¢ nm, vgl. Abb. 58 des Heftes 11, während der Schwerpunkt der von den Planeten emittierten Strahlung (nicht das reektierte oder zurückgestreute Sonnenlicht) im Bereich um 15 ¢ µm liegt, solange sich die Oberächentemperatur in der Größenordnung von 270 ¢ K bewegt, s. Gl.-en 8.468 und 8.469. Die Absorptions- und damit auch die Emissionsbedingungen der meisten Materialien sind aber in diesen beiden Wellenlängenbereichen deutlich unterschiedlich . Außerdem sind an diesen Prozessen, wie wir noch sehen werden, insbesondere bei den sog. inneren Planeten mit einem festen Kern die unterschiedlichen Schichten der Atmosphäre und die unterschiedlichen Anteile der festen oder üssigen Planeten-Oberäche in deutlich unterschiedlicher Weise beteiligt. Für die Emissionsstrahlung eines jeden Planeten gilt dagegen meistens in guter Näherung εe ¼ 0, 9 (8.586) 998 Thermodynamik - Verknüpfung von Mikro- und Makro-Kosmos (*) Die für die Solarbestrahlung relevante Größe εa kann Werte annehmen etwa zwischen 0, 1 (z.B. Eis) und 0, 93 (z.B. Mondgestein). Einige der für die weitere Diskussion relevanten auf die Erde bezogenen Zahlenwerte ndet der Leser im Kapitel 8.11. Wenn wir also für eine orientierende Berechnung der Temperatur hT i einiger Planeten eine Spannweite von εa 0, 1 · ·1 (8.587) εe berücksichtigen, erfassen wir in etwa alle in der Realität möglichen Kon gurationen von Oberäche und Atmosphäre eines Planeten. Zusammen mit dieser Erkenntnis können wir aber allein aus der Gl. 8.583 bereits einige wichtige Schlussfolgerungen ziehen, die weit reichende Konsequenzen haben werden: ² Die Gl. 8.583 ist eine physikalisch eindeutige De nition der soeben eingeführten mittleren Oberächentemperatur hT i eines Planeten. Es ist nämlich genau diejenige Temperatur, die ein explanetarer Beobachter berechnet, wenn er den mittleren Energiestrom der Strahlungsemission dieses Planeten misst und dieser Größe über die Gl. 8.581 und unter Verwendung bekannter (oder plausibler) Werte für εe und d eine Temperatur zuordnet. hT i ist also die mittlere Temperatur der strahlenden Oberäche des Planeten! In dieser De nition ist die Gl. 8.583 exakt und nicht etwa nur eine Näherung, deren Anwendbarkeit noch überprüft werden muss. Zur verlässlichen Unterscheidung von anderen Temperaturde nitionen werde ich diese Größe von nun an immer mit dem Index e (für Emission) versehen. ² Außer von den astronomischen Größen JS und h¢ri hängt hTe i nur noch von einem einzigen für den jeweiligen Planeten spezi schen Parameter ab, nämlich dem Verhältnis εεae . Die Sensibilität von hTe i gegenüber dieser Größe ist vergleichbar mit der gegenüber JS und h¢ri, d.h. eine Änderung von εεae um 10% ändert hTe i genau so stark wie eine 10%-ige Änderung von JS oder R! ² Konzentrieren wir uns auf einen bestimmten Planeten, z.B. die Erde, so ändern sich h¢ri und JS selbst in Bereichen von 105 ¢ y nur um wenige %. In der aktuellen Diskussion möglicher (astronomisch betrachtet) kurzfristiger Klimaveränderungen können wir die Diskussion daher auf eventuelle Änderungen von εεae und deren Ursachen beschränken! ² Da aber εεae Werte annehmen kann, die sich um etwa 1 Größenordnung unterscheiden, ist auf diesem Wege eine Veränderung von hTe i etwa um den Faktor 1 (10) 4 ¼ 1, 8 möglich. Das aber entspricht bei der Erde einer extremen Veränderung ihres globalen Klimas (s. nachfolgende Tabelle). Das Ergebnis einer derartigen Rechnung für die erdähnlichen Planeten ist in der nachfolgenden Tabelle wiedergegeben. Zum Vergleich enthält die Tabelle auch Das Klima der Erde (-) 999 die gemessenen realen Temperaturen der Planetenoberäche. Beim Merkur sind die tageszeitlichen Schwankungen wegen der sehr langsamen Eigenrotation (1 Merkurtag = 59 Erdentage) sehr hoch. Für die Berechnung der Oberächentemperatur wurde daher als abstrahlende Fläche nur die Hälfte seiner Oberäche gewertet und als Vergleichswert hierzu der gemessene mittlere Tageswert genommen. .... . Merkur Venus Erde Mars εa εe hTe i /³ ±C´ εa = 0, 1 εe +25 ¡88 ¡116 ¡146 TO / ± C aktuell +261 ¡5 ¡18 ¡57 εa εe = 1, 0 ..... +257 +55 +6 ¡47 +273 +480 +15 ¡53 Mittlere Strahlungstemperatur hTe i u. Oberächentemperatur TO einiger Planeten Diese Tabelle führt uns zum einen deutlich vor Augen, dass die Oberächentemperatur eines Planeten alleine durch dessen Abstand von der Sonne in der Tat noch keinesfalls weitgehend festliegt. Vielmehr kann die strahlungsrelevante Beschaffenheit der jeweiligen Planetenoberäche, hier ausgedrückt durch die Kennzahl εεae , ihrerseits Temperaturunterschiede von mehr als 100 ¢ ± C bewirken. Aus der Tabelle geht aber auch hervor, dass zumindest bei den Planeten Venus und Erde die mittlere Strahlungstemperatur hTe i deutlich niedriger ist als die reale Temperatur TO der Planetenoberäche. Diese Aussage bleibt o¤ensichtlich erhalten, solange man einen noch einigermassen realistischen Wert für die Größe εεae ansetzt. Wie man sich leicht klarmacht, kann die Erklärung hierfür keinesfalls in den bisher nicht korrekt berücksichtigten tageszeitlichen Unterschieden in der Abstrahlung der Erde gesucht werden. Diese führen nämlich zu einem in die entgegen gesetzte Richtung weisenden E¤ekt: Wegen der T 4 -Abhängigkeit des Strahlungsstroms ist der reale mittlere Abstrahlungsstrom immer höher als der aus der linear gemittelten Temperatur errechnete Strahlungsstrom. Durch diese vereinfachte Abschätzung erhalten wir also immer eine zu hohe mittlere Strahlungstemperatur hTe i und nicht etwa eine zu niedrige. Als Faktum bleibt also bestehen, dass die reale Oberächentemperatur der Planeten Venus und Erde deutlich höher ist als die aus der Strahlungsbilanz errechnete Temperatur hTe i. Den hierfür verantwortlichen E¤ekt werden wir im nachfolgenden Absatz heraus nden. 1000 Thermodynamik - Verknüpfung von Mikro- und Makro-Kosmos (*) Der Treibhause¤ekt (-) Wir suchen also nun nach dem Mechanismus, durch den die Erdoberäche im Jahresdurchschnitt etwa um den Wert hT0i ¡ hTe i = ¢T = (+15± C) ¡ (¡18± C) = 33 ±C (8.588) (s. obige Tabelle) wärmer ist als man auf Grund der Strahlungsbilanz erwarten würde. Den entscheidenden Hinweis auf die Ursache für diese Diskrepanz erhalten wir aus der Erkenntnis, dass im Gegensatz zum Mars, bei dem dieser Unterschied sehr gering ist, die übrigen 3 genannten Planeten alle eine Atmosphäre besitzen. Der Energieeintrag, d.h. die Absorption der einfallenden Sonnenstrahlung, ndet bei allen Planeten vorwiegend auf oder zumindest nahe der Planetenoberäche statt. Sobald jedoch der Planet eine Atmosphäre besitzt, erfolgt die (dem Betrag nach identische) Emission als IR-Strahlung in das Weltall erst aus dem Bereich der Atmosphäre, oberhalb der keine relevante Strahlungs-Reabsorption mehr auftritt. Dieser Bereich be ndet sich je nach der Zusammensetzung und Dichte der Atmosphäre mehr oder weniger weit oberhalb der Planetenoberäche. Da wir uns noch sehr oft auf diese für die IRAbstrahlung relevante Zone der Planeten-Atmosphäre beziehen werden, möchte ich diese abgekürzt als die Abstrahlungsschicht der Atmosphäre bezeichnen. Der für die stationäre Emission der IR-Strahlung erforderliche Wärmestrom muss also erst in diese Höhe transportiert werden. Für diesen Vorgang gelten die im Abschnitt 8.2.5 behandelten Gesetze des Wärmetransports, insbesondere führt dieser Transportvorgang zu einer endlichen Temperaturdi¤erenz zwischen diesen beiden Höhenniveaus der Atmosphäre. Die Planetenoberäche ist also immer wärmer als die Abstrahlungsschicht, wärmer also als der aus der Strahlungsbilanz errechnete Wert hTe i. Dieser Mechanismus hat den Namen Treibhause¤ekt erhalten, weil in dem Treibhaus einer Gärtnerei ein analoger E¤ekt zum Tragen kommt: Die Glasscheiben eines Treibhauses lassen ebenso wie die Luftschichten der Atmosphäre das Sonnenlicht passieren, absorbieren aber die von den Objekten im Inneren des Treibhauses emittierte IRStrahlung, so dass letztlich für den emittierten Strahlungsstrom des Treibhauses nicht die Temperatur des Erdreichs am Boden des Treibhauses entscheidend ist, sondern die Außentemperatur seiner Glaswände. Im Fall der Erdatmosphäre ist es nicht leicht, ein ähnlich einfach strukturiertes Modellsystem anzugeben, das die Realität mit akzeptabler Genauigkeit widergibt, so dass auf diese Weise der genaue Zahlenwert dieser Di¤erenz ¢TT r = TO ¡ hTe i berechnet werden könnte. Mit Hilfe eines derartigen Modellsystems müssten dann auch Richtwerte berechnet werden können z.B. für die Änderung dieses Treibhause¤ektes ¢TT r mit der Zusammensetzung der Atmosphäre, d.h. insbesondere mit der Konzentration an sog. Treibhausgasen. Dieses sind Gase, die in einem Wellenlängenbereich in der Nähe des Maximums der IR-Emission des Planeten besonders stark absorbieren. Ein Blick auf die Zahlenwerte in der obigen Tabelle zeigt uns aber bereits, dass dieser Treibhause¤ekt TO ¡ hTe i durchaus mehrere 100 ¢ K betragen kann. Je höher daher in der Atmosphäre die Konzentration Das Klima der Erde (-) 1001 an Treibhausgasen ist, um so mehr verschiebt sich der für die Abstrahlung in das Weltall relevante Bereich in größere Höhen, und um so höher wird demzufolge auch die Temperaturdi¤erenz ¢TT r . Wir wollen diesen Prozess formal als Wärmeleitungsprozess beschreiben (s. Abschnitt 8.2.5) jE = ¡ de = kAt ¢ A ¢ (T2 ¡ T1 ) dt (8.589) Die Größe kAt ist der mittlere Wärmedurchgangskoe¢zient der Atmosphäre, gemittelt über die Gesamtheit der hierbei wirksamen Prozesse, A ist die Oberäche des Planeten. Der Wärmestrom jE ist mit dem gem. Gl. 8.581 vom Planeten emittierten Strahlungsstrom identisch. Es gilt daher kAt = εe ¢ σ ¢ hTe i4 (T2 ¡ T1 ) (8.590) Im aktuellen Zustand der Erde gilt hTe i = ¡18± C = 291 ¢ K ; (T2 ¡ T1 ) = 33 ¢ K ) W kAt = 11 ¢ 2 m ¢K (8.591) δT K ¼ 6, 5 ¢ δz km (8.592) Im Vergleich zu den in heutigen Gebäuden realisierten Wärmedämmungen entspricht dieser Zahlenwert einer sehr geringen Dämmung, formal z.B. der Dämmung einer Vollziegelwand von nur 2 ¢ cm Dicke! Wegen des sehr hohen Wärmestroms ist die Auswirkung auf unser Klima dennoch enorm. Dieser über einen phänomenologischen Ansatz berechnete und in der Gl. 8.591 angegebene Zahlenwert für den Treibhause¤ekt macht uns bereits auf anschauliche Weise deutlich, wie emp ndlich dieses System Erdatmosphäre gegenüber marginalen Veränderungen seiner Wärmeleitungseigenschaften ist. Als Richtwert für den Temperaturgradienten innerhalb der untersten Schicht der Erdatmosphäre, der Troposphäre, ndet man in der Literatur den Wert Dieser Wert stellt den Mittelwert dar, der übrig bleibt, wenn man den Einuss kurzzeitiger wetterbedingter Veränderungen (zusätzliche Aufwinde oder Abwinde etc.) durch Mittelung über eine ausreichend lange Zeit eliminiert. Zusammen mit dem experimentell bekannten Wert für den aktuellen Wert des Treibhause¤ektes (33 ¢ K) folgt daraus als mittlere Höhe der die IR-Eigenstrahlung emittierenden Schicht der Atmosphäre der Wert 33 ¢ K zeff ¼ = 5, 1 ¢ km (8.593) K 6, 5 ¢ km Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Erdatmosphäre die Temperatur von ¡18± C in größeren Höhen noch mehrmals annimmt, erstmals wieder in ca. 35¢km 1002 Thermodynamik - Verknüpfung von Mikro- und Makro-Kosmos (*) Höhe. Dort ist jedoch die Gaskonzentration bereits zu gering, als dass diese Schicht als in relevantem Umfang IR-Strahlung emittierend in Frage käme. Auf die Einzelheiten der strahlungsphysikalischen Gegebenheiten der Erdatmosphäre und deren Auswirkungen auf den Treibhause¤ekt werde ich in den Absätzen Die Struktur der Erd-Atmosphäre (S. 1017) und Der Zusammenhang zwischen Gaskonzentration und Treibhause¤ekt (S. 1054) genauer eingehen. Eine weitere wichtige Schlussfolgerung aus den in diesem Abschnitt dargelegten Zusammenhängen ist aber auch, dass der als Treibhause¤ekt bekannt gewordene Mechanismus die primäre Triebkraft für die vertikalen Wärmeströme in der Atmosphäre ist und - wie wir im nachfolgenden Abschnitt genauer diskutieren werden - damit auch für vertikale Luftströmungen. Damit aber bestimmt der Treibhause¤ekt maßgeblich das globale Wettergeschehen und zwar ganz direkt und nicht etwa erst auf Umwegen z.B. über die geänderte mittlere Oberächentemperatur der Erde. Abschließend und zur Verdeutlichung (und weil immer wieder auch von angeblich kompetenter Seite das Gegenteil behauptet wird) betone ich noch einmal: Das als Treibhause¤ekt bekannt gewordene Faktum des signi kanten Unterschiedes zwischen der Temperatur der Erdoberäche und der Temperatur der für die Wärmeabstrahlung in das Weltall relevanten Zone unserer Atmosphäre ist kein ausschließlich optisches Phänomen der Absorption der infraroten Eigenstrahlung der Erdoberäche. Vielmehr sind in ihm die Gesamtheit der thermodynamischen Prozesse zusammengefasst, die den Wärmetransport bewirken von der Erdoberäche bis zu der Zone der Atmosphäre, die für die Wärmeabstrahlung in das Weltall verantwortlich ist. Eine unmittelbare Folgerung dieser Aussage ist u.a., dass dieser Mechanismus keinesfalls bereits ein Sättigungsverhalten zeigt, sobald nur die Atmosphäre als ganzes für die relevante IR-Strahlung undurchlässig geworden ist. Vielmehr nimmt der Wärmewiderstand (kAt )¡1 auch über diesen Wert hinaus mit der Konzentration an Treibhausgasen ständig zu und ebenso der Abstand dieser Abstrahlungsschicht von der Planetenoberäche. Entsprechend steigt auch die Temperaturdi¤erenz zwischen der Planetenoberäche und dieser für die IR-Abstrahlung relevanten Schicht. Erste Schlussfolgerungen (-) Die in diesem Abschnitt gewonnenen Erkenntnisse haben uns unserem Ziel, die Gesetzmäßigkeiten des globalen Klimageschehens und seiner zeitlichen Entwicklung zumindest im Grundsatz zu verstehen, ein gutes Stück voran gebracht, auch wenn wir noch nicht in der Lage sind, die am Anfang dieses Abschnitts 8.8.1 gestellten Fragen vollständig zu beantworten. Insbesondere haben wir die Schlüsselrolle der Planeten-Atmosphäre und ihrer chemischen Zusammensetzung für die sich an der Planetenoberäche einstellende Temperatur erkannt. Daher steht für uns bereits jetzt außer Frage, dass ² jede signi kante Veränderung der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre eines Planeten, insbesondere des Gehalts an IR-Strahlung absorbieren- Das Klima der Erde (-) 1003 den Gasen einen signi kanten Einuss auf dessen Oberächentemperatur hat; aber auch dass ² jede signi kante Veränderung der Oberächenbescha¤enheit des Planeten insbesondere das Abschmelzen vereister Flächen die Oberächentemperatur signi kant beeinusst. Damit ist uns bereits jetzt klar geworden, dass jeder Versuch, die Relevanz der mit Beginn des technischen Zeitalters ständig anwachsenden anthropogenen Einüsse auf das globale Klima anzuzweifeln, wissenschaftlich unhaltbar ist. Auf die Frage, warum die Äußerungen vieler Klimaforscher wesentlich vorsichtiger und relativierender klingen oder zumindest von einem Großteil der sog. ö¤entlichen Meinung so interpretiert werden, werde ich noch mehrfach zurück kommen. 8.8.2 Ein einfaches Modell des globalen Klimas (-) Als Einstieg in diesen Abschnitt präzisiere ich die von mir gewählte unterschiedliche Verwendung der Begri¤e Klima und Wetter: Als Wetter bezeichne ich die Beschreibung der aktuellen konkreten Situation auf der Erde: Die Beschreibung der Gebiete mit bzw. ohne Niederschlag, die Dauer und Intensität der direkten Sonneneinstrahlung auf den Erdboden, die damit verbundene Temperaturverteilung am Boden, die auftretenden (bodennahen) Winde etc. . Ebenso gehört die kurz- oder mittelfristige Entwicklung dieser Wettersituation zur Beschreibung des Wetters. Sobald ich mich dagegen von der Einschränkung auf einen eingeengten zeitlichen und/oder räumlichen Bereich der Betrachtung befreie und mich für die generellen Gesetzmäßigkeiten derselben E¤ekte (Sonneneinstrahlung, Niederschlag, Temperatur, Luftströmung etc.) und ihrer typischen jahreszeitlichen Oszillationen interessiere, werde ich immer von dem Klima der Erde oder zumindest einer größeren Region der Erde während einer nicht zu engen Zeitperiode sprechen. Dieser Terminologie folgend behandle ich in diesem Abschnitt also ausschließlich die Fragestellung des Klimas auf der Erde. Um die grundsätzlichen Mechanismen des globalen Klimas herauszuarbeiten, werde ich schrittweise ein Modell dieses Systems entwickeln, das genügend einfach strukturiert ist, um noch alle grundsätzlichen Zusammenhänge erkennen zu können, das aber dennoch bereits die real auftretende Temperaturverteilung auf der Erde und deren jahreszeitliche Entwicklung mit akzeptabler Genauigkeit wiedergibt. Dieses Modell wird uns dann auch in die Lage versetzen, die Emp ndlichkeit dieses Systems gegenüber Veränderungen z.B. der Sonneneinstrahlung oder der Zusammensetzung der Atmosphäre zu erkennen und zu quanti zieren. Das lokale Klimamodell ohne Wärmspeicher (-) Wir beginnen damit, dass wir die Temperaturverteilung auf der Erdoberäche berechnen, die sich ohne jeglichen horizontalen Temperaturausgleich einstellen würde. Wir