Hinweis Bei dieser Datei handelt es sich um ein Protokoll, das einen Vortrag im Rahmen des Chemielehramtsstudiums an der Uni Marburg referiert. Zur besseren Durchsuchbarkeit wurde zudem eine Texterkennung durchgeführt und hinter das eingescannte Bild gelegt, so dass Copy & Paste möglich ist – aber Vorsicht, die Texterkennung wurde nicht korrigiert und ist gerade bei schlecht leserlichen Dateien mit Fehlern behaftet. Alle mehr als 700 Protokolle (Anfang 2007) können auf der Seite http://www.chids.de/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html eingesehen und heruntergeladen werden. Zudem stehen auf der Seite www.chids.de weitere Versuche, Lernzirkel und Staatsexamensarbeiten bereit. Dr. Ph. Reiß, im Juli 2007 Lehramtsvortrag Sonja Beer SS' 1997 Glas Thema: I Gliederung: 1. Geschichtlicher Hintergrund 2. Was ist Glas (V1) 3. Strukturmodelle 4. Die Schmelze ( V2 ) 5. Eigenschaften ( V3 - V5 ) 6. Farbigkeit von Gläsern ( V6 ) 7. Anwendungen (V7, Va) Versuche: V1) V2) V3) V4) V5) V6) V7) V8) Gläser aus dem Muffelofen Glastropfen schmelzen Wasserbeständigkeit Wirkung von Flußsäure Leitfähigkeit von Glas Boraxperle Glaselektrode Radioaktiver Abfall Chemie in der Schule: www.chids.de 1. Geschichtlicher Hintergrund g ~1 . I . c e b a . - f f:J...------\----. . . . / ;01 'J d ~- , I I I I I / ------------------------------------l--~---~~~-~ I I 1000 5000v. Chr. 200 0 1800 2000 n. Chr. Die obere Graphik zeigt die Bedeutung von Glas seit seiner Entdeckung. a: Etwa 5000 v.Chr. entdeckten Ägypter das Glas beim Brennen von kalkhaltigem Sand. b: Bis 1000 v.Chr. konnten sie aus Glas einfache Behälter herstellen, indem sie einen Negativkern benutzten und diesen in die heiße, flüssige Glasmasse tauchten . c: Die Entwicklung erfuhr einen Aufschwung, als syrische Handwerker ca. 200 v.Chr. die Glasmacherpfeife erfanden. Jetzt konnte die Glasschmelze durch Blasen geformt werden. d: Die Bedeutung von Glas stieg stark an mit der Herstellung von farblosem Glas . e: Josef Fraunhofer stellte als erster optische Geräte wie Fernrohre und Mikroskope her. f: Otto Schott entwickelte die Grundlage für die moderne Glastechnologie. Er erfand Gläser mit bestimmten Eigenschaften , die speziell in der Technik eingesetzt werden konnten. g: Heute ist Glas in allen Bereichen der Technik und der Industrie zu finden. I Glasiriig er (li"ks lIi"te,,) holt das Glas alls einer Hiitte ab Chemie in der Schule: www.chids.de IQ ut..'lIL': Wtl!t Hclm ha rd vo n Hoh ber e . Adeliges Landleben. 1682: C Ha us Jt:'T Bavn schen Geschic hte, ~g-57-246 ) -2 - Der Stich zeigt eine typische Szene in einer früheren Glaswerkstatt. Um den Glasofen sitzen die Glasbläser und formen die Schmelze mit den Glasmacherpfeifen. Die fertigen Gefäße liegen im oberen Teil des Ofen zum langsamen Abkühlen. Im Hintergrund holt ein Glasträger das fertige Glas zum Verkauf ab. 2. Was ist Glas? '1 {. Soti.S+i~o Industrieglas besteht heute aus etwa: ~ At jI. ~Lkstc.if,f (Ui (0.1) ~ A91- 1; St;' Qattlf-?.eaud. Soda (J.}lz (01) (""~iOl.) Definition: Glas ist ein amorpher Festkörper, der einen Glasübergang aufweist. Die Definition wird durch das thermodynamische Verhalten bzw. den Glasübergang und durch die amorphe Struktur des Festkörpers bestimmt. 2.1 Das thermodynamische Verhalten: Die Temperaturabhängigkeit des Volumens: c Q,) E ;:, (5 > Tg Ts Temperatur Ts = Glasschmelztemperatur Tg = Glastransformationstemperatur Kühlt man eine Glasschmelze langsam ab, so kommt es bei der Temperatur Ts zu einem Volumensprung und die Moleküle ordnen sich in der gleichmäßigen Kristallstruktur an. Chemie in der Schule: www.chids.de -J- Kühlt man diese Schmelze aber relativ schnell ab, so unterbleibt der Volumensprung. Das Volumen verringert sich gleichmäßig, die jetzt unterkühlte Schmelze geht bei der Temperatur Tg in den Glasübergang und dann in den Glaszustand über. Das Verhältnis von Temperatur und Volumen ist dem des Kristalles jetzt proportional. Daraus ergibt sich eine weitere Beschreibung von Glas : =::() Glas ist eine eingefrorene unterkühlte Flüssigkeit, die sich im metastabilen Zustand befindet. Metastabiler Zustand : A = metastabiler Zustand (Glas) B = instabiler Zustand C = stabiler Zustand (Kristall) Die Abbildung verdeutlicht am Beispiel einer Holzkiste die verschiedenen Zustände. In A befindet sich die Kiste im metastabilen Zustand. Eine geringe Energiezufuhr in Form eines Stoßes genügt, um die Kiste in den instabilen und schließlich in den stabilen Zustand zu bringen. Beim Glas ist die Aktivierungsenergie zu hoch, um die bestehenden Bindungen unter Normalbedingungen zu lösen. Erst das Erhitzen zur Schmelze und das anschließende langsame Abkühlen können das Glas in den stabilen Kristallzustand überf ühren. --f> Der Glaszustand ist metastabil, da er gegenüber dem kristallisierten Zustand eine höhere innere Energie besitzt. 2.2 Die amorphe Struktur Die Viskosität der Schmelze bestimmt die Glasbildung oder die Kristallisation: Sch me lze H,O Nä Zn ~:_ _ ____ _________ B,O , GeO, SiO, Na,0-2 SiO, - - _ T s (0C) Viskosität (d Pas ) 0 98 420 o.ot 0,Q2 0,03 !_~~~ ~ ~9? 450 1 050 1 723 874 i 105 Tab. 1: Viskosität v on Schmelzen am Schmelzpu nkt Chemie in der Schule: www.chids.de -4. - 1Ql 107 10' _ Die Metalle und das Wasser haben zwar alle verschiedene Schmelztemperaturen, aber sie haben auch alle sehr geringe Viskositäten Die typischen Glasbildungsstoffe dagegen haben vielfach höhere Viskositäten. Auf diesen hohen Viskositäten der Schmelzen beruht die Eigenschaft zur Glasbildung. Versuch 1: Gläser aus dem Muffelofen (Herstellung eines Boraxglases) Rezept: 26,7g H3B03 8,2 g K2C03 4,5 g Na2C03 4,3 g CaC03 2,5 g Sand Mn02 (Farbgeber) Nach diesem Rezept werden die verschiedenen Carbonatsalze, die Borsäure , der Sand und das Mn02 vermengt und dann bei 1000°C geschmolzen. Das Ergebnis ist ein violett gefärbtes Glas. 3. Strukturmodelle (Auf der Basis der Netzwerkhypothese von Zachariasen und Warren. ) Kieselglas: Besteht aus reinem Si02, also nur aus einem Oxid. Die linke Abbildung zeigt, daß das Si-Atom tetraedrisch von 4 O-Atomen koordiniert ist. Die einzelnen Si04-Tetraeder sind über die Ecken miteinander verknüpft. Diese Bindung ist innerhalb des eingezeichneten Kegels frei drehbar. Daraus entsteht ein 3-dimensionales Netzwerk, in dem die Si04-Tetraeder völlig ungleichmäßig vorliegen. I Chemie in der Schule: www.chids.de Nach der Netzwerkhypothese von Zachariasen und Warren gelten folgende 4 Regeln für die Glasbildung: - KZ des Kations< 6 - O-Atom mit max. 2 Kationen verknüpft - (Si04)- Tetraeder sind über die Ecken verknüpft - 3-dim-Netzwerk, da mindestens 3 Ecken mit anderen Polyedern verknüpft sind. Oxide, die diese Regeln erfüllen heißen Netzwerkbildner. z.B.: B203, AS203, P20S, Ge02, Si02 Vergleich: Glas Kristall Kristall und Glas bestehen beide aus Si04-Tetraedern, haben also beide eine Nahordnung. Beim Kristall sind die Tetraeder völlig gleichmäßig angeordnet, er hat eine Fernordnung. Dem Glas fehlt diese Fernordnung. Die Tetraeder sind ungleichmäßig angeordnet, daher die höhere innere Energie, bzw. der metastabile Zustand. Diese Abbildung zeigt nur die 2-dim. Ebene. Das vierte O-Atom befindet sich vor bzw. hinter der Papierebene. Auf der Glasabbildung ist erstmals das Größenverhältnis von Si- und O-Atomen dargestellt. Auf diesem Verhältnis basiert die Anordnung in Tetraedern. Mehrkomponentengläser : aus mehreren Oxiden Bestehen aus : Netzwerkbildnern und aus Netzwerkwandlern: Alkali- und Erdalkalioxide (z.B. Na20, CaO) Chemie in der Schule: www.chids.de -6 - Die Wirkung der Netzwerkwandler: > + Es entstehen zwei entständige Sauerstoffatome mit negativer Ladung (Trennstellensauerstoffe). Die negative Ladung wird durch die Na-Ionen kompensiert. Die Trennstellensauerstoffe verändern die Glaseigenschaften: - Viskosität der Schmelze sinkt - Schmelztemperatur der Gläser sinkt - chem. Beständigkeit sinkt - erhöhte elektr. Leitfähigkeit 4. Die Schmelze Eine homogene Schmelze der Rohstoffe (Quarzsand + Metalloxide) entsteht bei ca. 1000°C. Verhältnis von Temperatur und Zähigkeit: '" "" ~ 20 .S ;, 18 'I, .s I ', 16 14 I.. I 1 I " I ', ~----~'~~ Transtormationsbereich - - - , - 1- I 1 12 10 8 I I I I I I 1 I I Sintern. Senken I 2 I - 13- - - - - 10 ~ - - dP as - - - - --- - - - - - - - - - .. - oberer Kühlp un kt - - - - - - - - - - I 1 I 1 11 11 11 I 11 Schmelzen. Gießen 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Temperatur in "C In der Graphik sind noch einmal Transformationsbereich und Glasschmelztemperatur dargestellt. Außerdem sind die typischen Glasverarbeitungsvertahren bei den entsprechenden Temperaturen dargestellt. Der Kurververlauf macht klar, daß Gläser beim Erwärmen nicht bei einer bestimmten Temperatur schmelzen, sondern daß sie allmählich erweichen. I Chemie in der Schule: www.chids.de -j. - Versuch 2: Glaslropfen schmelzen Mit dem Gebläsebrenner wird langsam ein Tropfen von einem Glasstab geschmolzen. Der Glastropfen fällt in eine Sandunterlage. Um den Glasstab gleichmäßig zu schmelzen, wird er in der Flamme gedreht. Dabei wird noch einmal gezeigt, daß Gläser allmählich erweichen, denn der Glastropfen weicht langsam und unterstützt von seinem Eigengewicht von dem Glasstab ab. 5. Eigenschaften 5.1 Chemische Resistenz: - ehern. Beständigkeit: Ist die Widerstandsfähigkeit der Glasoberfläche gegenüber definierten Agentien, beeinflußt durch Temperatur, Beanspruchungsdauer und vom Oberflächenzustand. Einwirkung von OH- und H30+: Wirkungsweise: H30+: --f> Ionenaustausch: Metallionen gegen H30't"-lonen Bildung einer Kieselgelschicht zum Schutz vor weiteren Protonen, was auch am Kurververlauf zu erkennen ist. Säuren und Wasser wirken nach diesem Mechanismus -0 -f, Säureangriff 0,2 o OH : -t> 8 h 6 2 Herauslösen von silikat. Strukturelementen - \ / --- Si - 0 - Si / \ - + ~ 2 OH \ .... - - 2 - Si - 01 + H20 / Die Kurve verläuft geradlini.g, was zeigt, daß der OH -Angriff gleichmäßig abläuft, ohne die schützende Ausbildung einer Kieselgelschicht. .... 'J:. r-l ('"" -§ 8 :J 0 > 0 'JJ~ ............... ..c: .~ ~160 E ~ c Ü .- 80 o Laugenangriff 2 ·4 Chemie in der Schule: www.chids.de -~ - 6 8 h Versuch 3: Wasserbeständigkeit 2 9 Glasgrieß werden mit 50 ml Aqua dest. vermengt und in einer Porzellanschale 1 h lang über einem siedenden Wasserbad erhitzt. Dabei werden die Metallionen im Glas durch die Protonen des Wassers ausgetauscht, abhängig von dem Gehalt an Metallionen im Glas: ~ 0/003 <, G,.. Z ~ 0/02 Wasserangriff 0/01 o 6 4 2 8 h Das Wasser wird zunehmend alkalischer, was in einer Titration mit 0,01 molll HCISäure nachgewiesen wird. Als Indikator dient Methylrot. Entsprechend dem Säureverbrauch bei der Titration kann man eine Einteilung in 5 "hydrolytische" Klassen vornehmen. (Der Begriff hydrolytisch ist markiert, da es sich bei der Reaktion nicht um eine Hydrolyse handelt.) Mit einem Verbrauch von 6,2 ml der 0,01 molll HCI-Lsg. ergibt dies die 5. Klasse tür die 2 g Glasgries. Der Glasgries stammt von einem üblichen technischen Glasrohr, also von einem stark unbeständigen Glas. I Hydro- Säureverbrauch an I lytische 0,01 molll Salzsäure Klasse je g Glasgrieß bis über 0,10 bis über 0,20 bis über 0/85 bis über 2,0 bis Mögliche Bezeichnung J.lglg mUg 1 2 3 4 5 Basenäquivalent als Na 20 je g Glasgrieß 0/10 0,20 0,85 2,0 3,5 bis über 31 bis über 62 bis über 264 bis über 620 31 62 264 620 chemisch hoch resistentes Glas resistentes Glas schwach resistentes Glas deutlicher unbeständiges Glas stark unbeständiges Glas Hinweis: Der Begriff Hydrolyse ist zwar in der Laborpraxis gebräuchlich, fachlich korrekt sind in diesem Zusammenhang die Begriffe Protolyse, Ionenaustausch etc. Glas wird nur durch: - Flußsäure - starke Laugen - konz. Phosphorsäure besonders bei hohen Temperaturen merklich angegriffen. I Chemie in der Schule: www.chids.de -~- Versuch 4: Wirkung von Flußsäure Aufbau: "'-"-.......- ~LblkJÖ,..l~~ €wA.! ...---...-- TL~JOU'~ fLc6fikbaL,tr' Ein Reagenzglas ist am unteren Ende kolbenförmig aufgeblasen, die Glaswand ist in diesem Bereich dünner als im oberen Teil. Von oben werden ca. 2 ml technische Flußsäure ( 38-40 °k ) eingeleitet. Sofort greift die Flußsäure das Glas an, was an einer Trübung der Säure zu erkennen ist. Nach wenigen Minuten ist das Glas an einer Stelle weggeätzt und die restliche Flußsäure läuft nach unten aus. Dort wird sie in einem Plastikbecher aufgefangen. Ablaufende Reaktion: Si02 + 4 HF ----/> SiF4 + 2 H20 5.2. Mechanische Eigenschaften: - ideal spröde - zug- und druckfest 5.3 Wärmeeigenschaften: - geringe Wärmeleitfähigkeit - die Wärmeausdehnung ist fast linear 5.4 Elektrische Eigenschaften: - elektrisch hoch isolierend - Stromtransport in techn, Silikatgläsern durch Ionenwanderung ist temperaturabhängig. L Chemie in der Schule: www.chids.de -'1fJ- ---- Versuch 5: Leitfähigkeit von Glas [aJ Aufbau: (2) -[ Ko-.bc.L . .---- ~~.:..:..:---...~~~~~~----.~--t----=t~--(jjla~i B- ~ Gi Lc.lMtMi.540Plc.\A r, -1)Nl~+ :ßuV\.St\AbV'(,\t~~v Die Leitfähigkeit, bzw. der spez. elektr. Widerstand, folgt im Temperaturbereich unterhalb der Glastransformationstemperatur (Tg) dem Gesetz von Rasch und Hinrichsen: A,B spez. Konstanten B p spez. elektr. Widerstand logp = A - T T Temperatur = = = Temperaturabhängigkeit des spez. elektr. Widerstands eines Natron-Kalk-Glases: E u 16 C .5 a 0~ ..9 14 12 10 8 Transforma tionsbereich 6 4 2 25 50 100 200 300 400 600 800 Temperatur in "C Die Graphik verdeutlicht noch einmal die Beziehung des logarithmisch autqstraqenen spez. elektr. Widerstandes und der Temperatur, es ist eine antiproportionale Beziehung. Je höher die Temperatur, desto geringer der logarithmisch autqetraqene Widerstand. Bei Erreichen des Transformationsbereiches fällt die Kurve weiter ab. I Chemie in der Schule: www.chids.de -----IIIIIIJ 5.5 Optische Eigenschaften: - Lichtbrechung: Linsen - Lichtdurchlässigkeit: alle Elektronen sind, im Gegensatz zu Metallen, gebunden ---6 keine Wechselwirkungen mit Ucht im sichtbaren Spektralbereich. 6. Farbigkeit von Gläsern Verschiedene Färbemöglichkeiten: - kolloidale Metalle ~ Goldrubinglas - getrübte Gläser: Einlagerung fester Teilchen, z.B. Ca3(P04)2 Bsp. Emaille - Färbungen durch Zusätze FeO: Fe203 : CoO: von MeO: grün braun blau Versuch 6: Boraxperle Ein Magnesiastab wird in einer Bunsenbrennerflamme bis zum Glühen erhitzt und dann in Borax (Natriumtetraborat) getaucht. Das anheftende Borax wird in der Flamme geschmolzen, dabei entweicht das Kristallwasser. An die Perle bringt man etwas gepUlvertes Metalloxid und schmilzt erneut in der Oxidationsflamme durch. Das Ergebnis sind intensiv gefärbte Borax-Gläser. 250 0 Glasbildung: 400 0 Na2B407 · 10 H20 - - - - C > - 10 H20 Färbung: Na2B407 + CuO 3 Na2B407 + Cr203 1 - Chemie in der Schule: www.chids.de ~ 2 B203 + Na20 2 NaB02 + CU(B02)2 (türkis) ~ 6 NaB02 + 2 Cr(B02)3 (grün) ---- 7. Anwendungen 7.1 Glaselektrode: Die Glaselektrode wird zur pH-Wert-Messung eingesetzt, sie ist in allen ehern. und biolog. Laboren zu finden. Das Meßprinzip ist eine Spannungsmessung. Bei der Einstab-Meßkette liegen Bezugselektrode und Meßelektrode vereint in einem "Stab" vor. Aufbau: Einstab - Meßkette ~-~r-- 'f~ lrt- L~ i: L~~ 11) l>~ '!- (\A.\A.lot~"'"'" 4u pli) Bezugselektrode : Meßelektrode: Ag I AgGI - Elektrode Ag I AgGI - Elektrode Beide Elektroden sind identischer Zusammensetzung. Das ist eine Vereinfachung, da bei dem Meßvorgang sonst ein Potentialdifferenzwert im Nullpunkt berücksichtigt werden müßte. Darauf kann hier verzichtet werden. Bei den üblichen Glaselektroden besteht das Glas aus: - 72 % Si02 - 22 °k N820 - 6 °k GaG , Diese bilden ein 3-dim. Silikatgerüst mit endständigen :; Si Die Wandstärke im aktiven Glasbereich beträgt 0,1 - 0,01 mm. Chemie in der Schule: www.chids.de -- 91 ~ -Gruppen. Versuch 7. a: Gleichgewi chtsei "stell u "g Aufbau: [vJ --------t)'l~-----.j ......--- ,4~ ~::D~~+ \ .-1----- ..._-- --0 o ~eL (..1 nl o Die Farben zeigen die Übereinstimmungen der handelsüblichen Einstab-Meßkette und der im Versuch nachgebauten Glaselektrode. Der aktive Glasbereich ist im Versuch durch ein Acrylamidgel ersetzt worden. Die Wirkungsweise ist der des Glases aber identisch. Das Gel hat eine polymere Austauschschicht mit funktionellen Gruppen wie: RCOO- oder (RO)POO'" die eine spez. Affinität für das zu bestimmende Ion aufweisen. I Meßelektrode und Bezugselektrode sind hier verschieden, deshalb ist eine Potentialdifferenz zu beachten: ~ Bezugselektrode: Meßelektrode: Potential: ~ - ESez = Ag I AgCI - Elektrode E =E D r +1 + 0,059' Ig Ag da schwerlösliche Salze als Bodenkörper vorliegen, ist die Lösung in ihren Ionen gesättigt --t; Elektrode 2. Art [Ag +) = KL I [CI] unter Standardbedingungen, E KL (Aga) 10-'D mol I I = gilt: 1 = E~ß Normalwasserstoffelektrode Standardelektrode mit konstantem Potential es gilt: -ob E E Chemie in der Schule: www.chids.de = 0,81 V + 0,059· (AglAg+) = 0,81 V, Ig [10. °] 1 = 220 mV -- Was passiert beim Einstellen des Gleichgewichtes? Pufferlösung ( Lsg. 1) o 0 0 o• 0 (I Pufferlösung ( Lsg. 1) Glas •Z U)O • • (I 0 0 PI. " 0 0 ~ e HJO-f 0 0 0 0 ... 0 0 ~ - 0 0 0 e 0 e 0 e ? austauschende Schichten " = Na" + o = H30 Bevor eine Glaselektrode benutzt werden kann, muß sie mehrere Stunden im zugehörigen Puffer stehen. Dabei bildet sich eine Quellschicht an den Glasoberflächen, die Sitz des sich einstellenden Membranpotentials ist. Die Quellschicht entsteht auf Grund von Austauschprozessen zwischen den Na ..... -Ionen des Silikats und den H30 + -Ionen der Lösungen. Die H30'" -Ionen haben eine größere Affinität zu den ~Si - 0'- -Gruppen als die Na" -Ionen. Aus dem Na-Silikat -Gerüst wandern zwar Na + -Ionen in die Quellschicht ein, aber die an dem Gerüst bleibende negative Ladung wird nicht durch die H30 -t -Ionen kompensiert, was ein Diffusionspotential zur Folge hat. Im Idealfall sind die H30 T -Konzentration und das Potential auf beiden Seiten gleich groß. Versuch 7. b: Meßvorgang: Lösung x (außen) Pufferlösung (= Lsg. 1 ) (innen) Glas - + -- ....... -+- - jj \ I Chemie in der Schule: www.chids.de t austauschende Schichten ..... Auf der inneren Seite bleiben die Verhältnisse und das bestehende Potential erhalten. Aber auf der äußeren Seite tritt nun die Meßlösung in Kontakt mit der Quellschicht. Es kommt erneut zum Austausch der H30"" -Ionen und der Na"" -Ionen, abhängig vom H30 ..., -Gehalt der Meßlösung. Der sich aufbauende Potentialwall verhindert einen weiteren Ionenaustausch. Die Elektrodenfunktion wird alleine durch das pH-abhängige Potential auf der Außenseite bestimmt. Um überhaupt eine Spannung messen zu können, muß ein Ladungstransport durch das Glas stattfinden. Dies geschieht indirekt durch die Na-" -Ionen im Glas und kann als eine "Stoßwirkung" beschrieben werden, bei der das Potential innerhalb der Membranschicht konstant bleibt. Genaueres hierzu ist noch nicht bekannt. Der Potentialsprung gehorcht der Nernstschen Gleichung: · Lv, cc (L~lAJ (cnLo..~) R-T E= n·F --- O,OS~ n · l~ MitpH--= -lg[H3Ö'-J9ilt: Speziell: 1 E + R.·T Vl·t: · ll/1 c (G, w) C.(Ls~~) c( LS3 A) cCU3 X) E = 58,1 V· (RH(Lsg1) - RH (Lsgx» = 58,1 V · ( 1 - 6 ) =- 291 mV. Chemie in der Schule: www.chids.de ...........-_-- 7.2 Einschmelzen von radioaktivem Abfall: Radioaktiver Abfall aus Kernkraftwerken: --t> HAW-Lösung (= Highly active Waste, hochradioaktive Abfall-Lösung) Die HAW-Lösung ist eine wäßrig-salpetersaure Phase mit über 99 °k der gesamten im Reaktor entstandenen nicht gasförmigen Spaltprodukte, sowie Transuranen (außer Plutonium). Das Ziel, was angestrebt wird, lautet: " Die für die hochradioaktiven Wiederaufbereitungsabfälle geeigneten Immobilisations-Barrieren zu entwickeln." Momentan realisiert wird aber diese Vorgehensweise: Lagerung in Tanks: doppelwandige Edelstahltanks, aber: Selbsterhitzung, die durch den radioaktiven Zerfall zustande kommt ...~ Luftkühlung -() Radiolyse des Wassers -~ Umsetzung in H2 und 02. -'J ==t> Zwischenlagerung, keine Endlagerung Als mögliche Problem lösung wird die Verglasung des radioaktiven Abfalls erforscht: Verglasung: Die Spaltprodukte werden als Bestandteile des Glases fixiert - PAMELA - Verfahren Phosphatglasverfestigung mit anschließender Metalleinbettung zur sicheren Endlagerung von hochradioaktiven Spaltprodukten. = ( erprobt in Mol, Belgien) * Glasschmelze mit gelösten radioaktiven Stoffen -t> Produkt: Glasperlen * Einbetten in Blei * Das Endprodukt der Verglasung heißt VITROMET und soll der Endlagerung zugeführt werden. 11.....--. Chemie in der Schule: www.chids.de ------ Fließbild des Verfahrens PAMELA: 2 0: Abgasbehandlung ,----.1 )) f -- - -- .r . .~!i~~~;1<)Ci['1S,m~' EinspeISUDg::; -, ,",' , 4 Hauptschritte: * Denitrierung und Konzentration der HAW-Lösung : 4 HN03 + CH20 ==t> 4 N02 + C02 + 3 H20 4 HN03 + 3 CH20 ====t> 4 NO + 3 C02 + 5 H20 * Abgasbehandlung : - Luftbeimischung: NO wird zu N02 oxidiert - Restgas ist hauptsächlich C02, N2, 02 sowie Spuren von NO und N02 ~ Atmosphäre * Verglasung und Herstellung von Glasperlen: - Phosphatglasperlen auf Grund des Einleitens von Phosphorsäure - keramischer Schmelzofen * Einbettung der Glasperlen in eine Schwermetallmatrix (Blei) I Chemie in der Schule: www.chids.de Kamin Versuch 8: Radioaktiver Abfall Aufbau: 1 . ohne Bleiglas 2 . Bleiglas, 45 o~ 3 . Bleiglas, 24 °k Ergebnis: , ••• • • • ••• J 1- .. - ..1 nach 53 h Uranylacetat: - - - - - - - , 1 - - 'Pko~o..l1~ \AA-c1 k • ev..-Iwick.l /;..'1 3 Nur auf der 1. Probestelle konnte radioaktive Strahlung nachgewiesen werden. Bereits das Bleiglas mit 24 °k Bleianteil hat die Strahlung, die von dem Uranylacetat ausgeht absorbiert. Dieses Glas ist das überall erhältliche "Bleiglas", aus dem viele Trinkgläser, Aschenbecher, etc. hergestellt sind. Chemie in der Schule: www.chids.de Literatur: - 1 Physikal. Chemie, Meßmethoden, Näser und Peschel, VEB-Verlag Roempp, Chem. Lexikon Gmelins Handbuch, 8. Auflage, Silicium, Teil B Hollemann Wieberg Analytikum, Autorenkollektiv, VEB-Verlag Maßanalyse, Jander, Jar- Chemistry-Study of Matters, Cippincott, Garrett, Verhoek, Verlag John Wiley &Sons Grundlagen der quantitiven Analyse, Kunze, Schwedt, Thieme-Verlag Glas, Natur, Struktur und Eigenschaften, Horst Scholze, Springer Verlag Das Buch zur Sache Glas, Terence Maloney, dva-Verlag A.G.Herrmann, Radioaktive Abfälle, Probleme und Verantwortung, Springer Verlag Einführung in die Lehrerfortbildung, Butenuth, Netsch, Steuber Chemistry, Facts, Patterns & Principles, Kneon Rogers Simpson, Verlag Addison-Wesley Chemie in unsrer Zeit: Behandling hochradioaktiver Abfälle, Wilfried Heimerl, 1978 Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, Heft 35,44. Jahrgang Vom Sand zum Glas, Gerresheimer Glas (Werbeprospekt) Über das Recycling von Glas, Fachvereinigung Behälterglasindustrie (Werbeprosp.) Glasrecycling: Ein Kreislauf für die Umwelt, GGA (Werbeprospekt) Die Glasfenster von Georg Meistermann, MAG. Horst Heydt (Werbeprospekt) Chemie in der Schule: www.chids.de -J. 0- -------.. . . .