Muskatnuss (Myristica fragrans) Botanisch Myristica fragrans HOUTTUYN Pharmazeutisch Semen Myristicae (Muskatnuß) Macis (Muskatblüte) Pharmakognosie Der zu den Myristicaeen gehörende, mittelhohe (12 m hoch), immergrüne Muskatbaum (Myristica fragrans HOUTTUYN) ist eine alte tropische Kulturpflanze. Er hat dunkelgrüne ovale Blätter und kleine blassgelbe Blüten. Die Muskatbäume, die erst nach dem achten Jahr tragen und bis zu 100 Jahre alt werden können, haben pro Jahr 1500 bis 2000 fleischige Früchte. Diese tragen im Inneren einen Samenkern, der, wenn steinhart getrocknet, gerieben werden kann. Der Arillus um diesen Samen, auch als Muskatblüte bezeichnet, ist bei der Ernte leuchtend rot oder purpur gefärbt, nimmt aber nach dem Trocknen eine dumpfere, bernsteingelbe Färbung an. Die von der harten Samenschale befreiten Samen sind als Muskatnüsse bekannt. Sie kommen mit einem weißlichen Kalküberzug, der sie vor Insektenfraß schützt macht, in den Handel. Die Ganzdrogen (Macis und Semen) haben einen charakteristischen aromatisch-würzigen und etwas bitteren Geschmack. Sie riechen kräftig aromatisch. Arzneibücher verlangen vom Semen Myristicae einen Mindestgehalt von 5% ätherischem Öl und von Macis 4,5%. Das Pulver der Muskatnuss ist hellgrau-bräunlich. Verwendete Pflanzenteile und Aussehen mittelbraune Samen und roter Samenmantel (Arillus) Verfälschungen Zwei andere Muskatarten findet man mitunter als Verfälschung echter Muskatnüsse oder -blüten: M. argentea, die Makassar- oder Papuamuskatnuss, aus Neuguinea und M. malabarica, die Bombaymuskatnuss, aus Südindien. Während letztere überhaupt kein Aroma hat, beschreibt die Literatur den Geruch ersterer als stechend und wintergrünartig. Sie lassen sich an ihrer Form erkennen: Echte BandaMuskatnüsse sind kugel- bis eiförmig und in ihrer längsten Abmessung höchstens eineinhalbmal so groß wie in ihrer kürzesten, während die anderen beiden Arten viel stärker in die Länge gezogene Samen bilden und somit eher an Eicheln erinnern. Geruch und Geschmack Muskatnuss und –blüte ähneln sich in Geruch und Geschmack, jedoch ist Muskatblüte feiner. Der Geruch ist hocharomatisch-süßlich, der Geschmack kräftig herb-würzig bei der Nuss, etwas bitter bei der Blüte. Wirkung Die gepulverten Drogen (Sem. Myristicae und Macis) werden in erster Linie als appetitanregende aromatisierende Gewürze verwendet, in der orientalischen Medizin auch bei Bronchialkrankheiten und bei Rheuma. Hierfür ist vor allem das ätherische Öl verantwortlich. Das ätherische Öl selbst wird als Digestivum bei Verdauungsstörungen und als hautreizendes (durchblutungsförderndes) Mittel verwendet. Missbräuchlich dient es als Abortivum. Vom Myristicin ist bekannt, dass es ähnlich wie Apiol wirkt (vgl. Petersilie). In größeren Dosen hat es bei Warm- und Kaltblütern, wie es in Zentralasien verwendet wird, eine narkotische Wirkung auf das Zentralnervensystem. In Überdosen ist es toxisch, kann schläfrig machen und Halluzinationen sowie Euphorie hervorrufen. Das vorwiegend aus Glyceriden bestehende Oleum Nucistae wird in den Heimatländern durch Dämpfen und Pressen der gepulverten Nüsse gewonnen. Es kommt als Muskatbutter in würfelförmigen, gelbrötlich bis rötlichbraunen Stücken in den Handel und hat Talgkonsistenz. Mit Wachs und Öl eingeschmolzen findet es als Muskatbalsam Anwendung für Einreibungen. Arzneibücher kennen eine Kombination mit Rosmarin in Ungt. Rosmarini comp. zur Hautreizung. Warnhinweis Das in der Muskatnuss enthaltene Alkaloid Myristicin kann bei Verzehr von 5 bis 10 g Muskatnuss (1-2 Nüsse) lebertoxisch wirken, halluzinogene Wirkungen hervorrufen und sogar zum Tode führen. Auch die halluzinogenen Phenylpropane sind Lebergifte und bei Dauergebrauch alles andere als harmlos. Bei Verzehr von 1 Muskatnuss und mehr rufen andere Bestandteile im Muskatöl außerdem extreme, lang andauernde Übelkeit hervor. Übliche Würzmengen im Haushalt überschreiten die 500 mg-Grenze nicht, und sind daher unbedenklich. Trotzdem sollen Menschen mit bekannten Leberschäden und Schwangere keine Muskatnüsse zu sich nehmen. Verwendung Arabien, Iran, Indien Die Bedeutung der Muskatnuss als Gewürz ist gegenüber der Vergangenheit heute gesunken, und sie wird heute hauptsächlich in arabischen Ländern, dem Iran und Nordindien geschätzt. Die nordindische Gewürzmischung garam masala kann, besonders in ihrer mogulischen Variante, Muskatnuss oder Muskatblüte enthalten, und man findet Muskatgewürze auch in den Gewürzmischungen Marokkos (ras el hanout) und des benachbarten Tunesien (gâlat dagga) sowie im saudiarabischen baharat. Europa In westlichen Ländern bevorzugt man Muskat für süße Speisen, z.B. Kuchen, Kekse (Lebkuchen) und Kompotte. Muskatnuss verträgt sich auch gut mit Käse, etwa im Schweizer Fondue. Ein besonderer Klassiker ist mit Muskat gewürzter Spinat, wie man ihn beispielsweise in Italien für Nudelfüllungen verwendet. Am beliebtesten ist Muskat jedoch in Holland geblieben, wo man Muskat und Macis gerne für Kohl, Kartoffeln und anderes Gemüse verwendet, aber auch für Fleisch, Suppen, Eintöpfe und Saucen. Frankreich Die klassische französische Gewürzmischung quatre épices (Vier Gewürze) enthält Muskatnuss neben Ingwer, Gewürznelken und größeren Mengen an weißem Pfeffer (manche Rezepte nehmen schwarzen Pfeffer), mitunter auch etwas Zimt oder Piment. Die Komponenten werden fein miteinander vermahlen. Mit diesem Pulver würzt man meist Fleischspeisen, besonders solche, die längere Zeit geköchelt werden, wie etwa Eintöpfe und Ragoûts, sowie Würste und Pasteten. Der Charakter dieser Mischung ist der eines durch andere Gewürze verstärkten Pfeffers; man kann sie daher immer verwenden, wenn schwarzer Pfeffer vorgeschrieben ist, man jedoch ein volleres Aroma erreichen möchte. Karibik Da heutzutage ein beträchtlicher Teil der Muskaternte in Grenada eingebracht wird, haben auch etliche karibische Küchen die Muskatnuss adoptiert. In Grenada selbst ist dieses Gewürz allgegenwärtig – es gibt sogar Speiseeis mit Muskatgeschmack. Muskat ist ein optionaler Bestandteil einer bekannten karibischen Würzpaste, dem jamaikanischen jerk. Einkaufstipp Nüsse sind der gemahlenen Ware vorzuziehen; die großen Nüsse sind die besten. Anwendungstipp Mit Muskatreibe frisch von der Nuss reiben. Rezeptbeispiel Quatre Épices 30 g Pulver schwarzer Pfefferkörner (oder weißer Pfefferkörner) 10 g Muskatpulver (oder Macispulver) 5 g Gewürznelkenpulver (oder Pimentpulver) 5 g Ingwerpulver (oder Zimtpulver) I II Die Pulver ausreichend mischen. I luft- und lichtdicht abgefüllt bis zu einem Jahr aufbewahren. Diese klassische französische Gewürzmischung wird eher für Wurst- und Fleischwaren verwendet. Sie macht sich im privaten Haushalt aber sehr vorteilhaft beim Würzen von Schweinefleisch nützlich.