Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Übersicht Kapitel 4: 4.1. Risikokennzahlen 4.1.1. Duration und Immunisierungsduration 4.1.2. Convexity 4.2. Strategien für Anleiheportfolios 4.2.1. Passive Strategien 4.2.1.1. Das Cash-Flow-Matching 4.2.2. Hybride Strategien 4.2.2.1. Zinsimmunisierung 4.2.2.2. Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos mittels Durationslücke 4.2.3. Aktive Strategien 4.2.3.1. Riding the Yield Curve Vorlesung Investition und Finanzierung 1 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Lernziele Kapitel 4: Nach der Bearbeitung dieses Kapitels soll der Lernende in der Lage sein, 9 die Bedeutung der Risikoparameter Duration und Convexity zu verstehen, 9 die Begriffe Duration und Immunisierungsduration zu unterscheiden, 9 die Barwertkurve einer Anleihe zu skizzieren, 9 einfache Strategien mit Anleihen anwenden zu können, 9 Strategien mit Anleihen in Bezug auf ihren Risikograd einordnen zu können. Vorlesung Investition und Finanzierung 2 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.1. Risikokennzahlen Anleihen: Verbriefung eines Rechts auf Rückzahlung der Geldforderung zuzüglich Verzinsung ⇒ Geldverleihung Begeben von öffentlicher Hand, Kreditinstituten und Unternehmen ⇒ Langfristige Kreditfinanzierung Bezeichnungen: Renten, fest verzinsliche Wertpapiere, Bonds, Schuldverschreibungen, Obligationen Eigenschaften: Nennwert, Basis der Verzinsung Feste Laufzeit Begebung unter pari, zu pari oder über pari Kurs hängt vom Marktzins ab ⇒ Chance auf Kursgewinne Verzinsungsformen: Nullkupon-Anleihe: keine Verzinsung Anleihen mit festem Zinskupon Floater mit variablen Zinsen, z.B. Anlehnung an andere Zinssätze Junkbonds: hohes Bonitätsrisiko Vorlesung Investition und Finanzierung 3 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Risikokennzahlen (2) Zinsstrukturmodelle: Die folgenden Betrachtungen orientieren sich an einer flachen Zinsstrukturkurve mit einem einheitlichen jährlichen Marktzins r. Zinsänderungsrisiken für Unternehmen: Inkongruenzen bei Fristigkeiten zwischen Aktiva und Passiva, die dazu führen, dass Anlagen vor ihrer Fälligkeit bzw. zu ungünstigen Konditionen liquidisiert werden müssen. Zinsänderungsrisiko eines Wertpapierportfolios: Kursrisiko: Wertpapiere werden vor ihrer Fälligkeit liquidisiert Wiederanlagerisiko: Rückflüsse aus dem Portfolio werden zu veränderten Zinssätzen angelegt. Vorlesung Investition und Finanzierung 4 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Risikokennzahlen (3) Beispiel: Kursrisiko Ein Investor kauft zum Zeitpunkt t=0 eine Anleihe 1 zum Preis von 100 Euro. Die Kuponzahlung beträgt 7 Euro. Der Marktzins zum Zeitpunkt t=0 sei r=7%. Die Laufzeit des Wertpapiers ist T=3 Jahre ⇒ Zahlungsreihe: (-100, 7, 7, 107) Der Barwert der künftigen Zahlungen ergibt sich aus der Barwertformel zu: V (7%) = 7 7 107 + + = 100 1 2 3 (1 + 7%) (1 + 7%) (1 + 7%) Nach einem Jahr benötigt der Investor Geld und möchte seine Anleihe verkaufen. Der aktuelle Kurs (bzw. Barwert) des Wertpapiers hängt wiederum vom aktuellen Marktzins ab. 7 107 V (5%) = + = 103,72 a) Für r=5% gilt: 1 2 (1 + 5%) b) Für r=7% gilt: V (7%) = (1 + 5%) 7 107 + = 100 1 (1 + 7%) (1 + 7%)2 7 107 V (9%) = + = 96,48 c) Für r=9% gilt: (1 + 9%)1 (1 + 9%)2 Bei fallendem Marktzins geht der Kurs demnach nach oben, bei steigendem Marktzins geht der Kurs nach unten. Vorlesung Investition und Finanzierung 5 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Risikokennzahlen (4) Beispiel: Wiederanlagerisiko Der Investor erwirbt wiederum die Anleihe 1 aus obigem Beispiel, er erwartet nun jedoch eine Verzinsung seiner eingesetzten 100 Euro von 7% über die gesamte drei-jährige Laufzeit. Das benötigte Endvermögen zum Zeitpunkt T = 3 Jahre beträgt demnach in Euro: 100 ⋅1,07 3 = 122,50 Tatsächlich erhält der Investor bereits zu den Zeitpunkten t = 1 und t= 2 Rückflüsse von jeweils 7 Euro, die er wiederanlegen muss. Änderungen des Marktzinses haben dann folgende Auswirkungen auf das Endvermögen W zum Zeitpunkt T = 3: a) Für r=5% gilt: W (5%) = 7 ⋅ (1 + 5%)2 + 7 ⋅ (1 + 5%) + 107 = 122,07 b) Für r=7% gilt: W (7%) = 7 ⋅ (1 + 7%) 2 + 7 ⋅ (1 + 7%) + 107 = 122,50 c) Für r=9% gilt: W (9%) = 7 ⋅ (1 + 9%)2 + 7 ⋅ (1 + 9%) + 107 = 122,95 Bei einem zwischenzeitlichen Zinsrückgang wird der Investor also sein Endvermögen verfehlen. Vorlesung Investition und Finanzierung 6 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.1.1. Duration und Immunisierungsduration Duration: Sensitivitätsmaß, um die durch Zinsstrukturänderungen induzierten Renditeänderungen zu quantifizieren Immunisierungsduration: Zeitmaß, welches die Laufzeit eines äquivalenten Zero Bonds angibt. die beiden Durationsmaße stimmen i.a. nicht überein. jedes Durations- und Immunisierungsdurationsmaß hängt vom zugrundegelegten Zinsstrukturmodell ab. Vorlesung Investition und Finanzierung 7 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Duration und Immunisierungsduration (2) Herleitung der Durationskennzahl: Das festverzinsliche Wertpapier liefert nichtnegative Einzahlungen ct zu den Zeitpunkten t=1,...,T. Der Barwert des Wertpapiers ist durch die Summe der diskontierten zukünftigen Rückzahlungen gegeben: V( r ) = T ct ∑ (1 + r ) t t =1 Auswirkung bei Änderungen des Marktzinses r: bei einem Anstieg sinkt der Barwert bei einer Verringerung erhöht sich der Barwert Vorlesung Investition und Finanzierung 8 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Duration und Immunisierungsduration (3) Mittels Taylorentwicklung kann die Funktion V(r+∆r) wie folgt beschrieben werden: ∞ V (k) (r) dV 1 d 2V 1 d 3V k 2 ⋅ ∆r + (∆ r ) + (∆ r ) 3 +... V ( r + ∆r ) = ∑ ( ∆r ) = V ( r ) + 3 2 .3! dr dr 2! dr k! k=0 Zunächst: man betrachte die Taylorentwicklung der Barwertfunktion bis zur ersten Ableitung ⇒ V ( r + ∆ r ) ≈ V( r ) + dV ∆r dr bzw. dV ∆V V( r + ∆ r ) − V ( r ) dr ⋅ ∆ r: = − D ⋅ ∆ r = ≈ , V( r ) V ( r ) V( r ) wobei D die Duration bezeichnet. Vorlesung Investition und Finanzierung 9 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Duration und Immunisierungsduration (4) Definition: Die Duration ist definiert durch: T D=− dV 1 ⋅ = dr V ∑ t ⋅ ct ⋅ (1 + r ) − t −1 t =1 T ∑ ct ⋅ (1 + r ) − t t =1 . Diese Form der Duration wurde von Hicks 1939 entwickelt. Bezeichnungen sind Modified Duration, Adjusted Duration oder auch Volatility. Vorlesung Investition und Finanzierung 10 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Duration und Immunisierungsduration (5) Beispiel: Für das obige Beispiel gilt: 1 ⋅ 7 ⋅ (1 + 7%) −2 + 2 ⋅ 7 ⋅ (1 + 7%) −3 + 3 ⋅107 ⋅ (1 + 7%) −4 262,43 D= = = 2,6243 7 ⋅ (1 + 7%) −1 + 7 ⋅ (1 + 7%) −2 + 107 ⋅ (1 + 7%) −3 100 Für zwei alternative (bei einem Marktzins von r = 7% ebenfalls fair bewertete) Anlagen a) Anleihe 2, beschrieben durch die Zahlungsreihe (-118,3702; 14; 14; 114) und b) Nullkupon-Anleihe, beschrieben durch die Zahlungsreihe (-81,6298; 0; 0; 100), ergeben sich folgende Durationen: a) für Anleihe 2: b) für Nullkupon-Anleihe: Vorlesung Investition und Finanzierung 295,99 = 2,5006 118,37 228,87 D= = 2,8037 81,63 D= 11 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Duration und Immunisierungsduration (6) Immunisierungsduration: Durch Multiplikation der obigen Durations-Formel mit (1+r) erhält man die Immunisierungsduration ID. Definition: Die Immunisierungsduration ist definiert durch: ID = D ⋅ (1 + r ) = T ∑ t ⋅ c ⋅ (1 + r ) −t t t =1 T ∑ c ⋅ (1 + r ) . −t t t =1 Obige Immunisierungsduration wurde erstmals 1938 von Frederick Macaulay hergeleitet. Andere Bezeichnung: Macaulay Duration, durchschnittliche Kapitalbindungsdauer (die Zeit, die der Investor im gewogenen Durchschnitt bis zum Rückfluss der Mittel aus der Anlage warten muss) Vorlesung Investition und Finanzierung 12 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Duration und Immunisierungsduration (7) Beispiel: (Eigenschaften der Durationsmaße) 1) Betrachtet man für die 3 Anleihen sofortige Zinsänderungen, so ergeben sich folgende Werte: Marktzins Anleihe 1 Anleihe 2 Nullkupon-Anleihe D ID D ID D ID r = 5% 2,679 2,813 2,556 2,684 2,857 3,000 r = 7% 2,624 2,808 2,500 2,676 2,804 3,000 r = 9% 2,571 2,802 2,447 2,667 2,752 3,000 Vorlesung Investition und Finanzierung 13 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Duration und Immunisierungsduration (8) Beispiel: (Eigenschaften der Durationsmaße) 2) Über die Zeit verändern sich die Durationen ebenfalls (Marktzins r=7%): Zeitpunkt Anleihe 1 Anleihe 2 NullkuponAnleihe D ID D ID D ID t=0 2,624 2,808 2,501 2,676 2,804 3,000 t=1 1,808 1,935 1,761 1,884 1,869 2,000 t=2 0,935 1,000 0,935 1,000 0,935 1,000 Vorlesung Investition und Finanzierung 14 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Duration und Immunisierungsduration (9) Beispiel: (Eigenschaften der Durationsmaße) 3) Betrachtet man ein Portfolio, das aus Anleihe 2 und aus der Nullkupon-Anleihe besteht, so kann folgende Zahlungsreihe dargestellt werden: ( − 118,37 − 81,63 14 + 0 14 + 0 114 + 100 , , , ) = (−100,7,7,107) , 2 2 2 2 also gerade die Nachbildung der Anleihe 1. Für alle Durationsmaße gilt in diesem Beispiel: 59,185% DAnleihe2 + 40,815% DNullkupon-Anleihe = DAnleihe1 bzw. 59,185% IDAnleihe2 + 40,815% IDNullkupon-Anleihe = IDAnleihe1. Vorlesung Investition und Finanzierung 15 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Duration und Immunisierungsduration (10) Eigenschaften der Durations-/Immunisierungsdurationsmaße: bei abnehmendem Abzinsungsfaktor: Duration steigt, bei zunehmendem Abzinsungsfaktor: Duration sinkt. Duration verringert sich im Zeitablauf Î Duration ist kein zeitstabiles Maß. Duration eines Wertpapierportfolios lässt sich über die Durationen der Einzelanlagen ermitteln, als anteilsmäßig gewichtetes arithmetisches Mittel der Durationen der Einzelanlagen. Man beachte: Für das obige Zinsstrukturmodell ist dieses Ergebnis exakt, i.a. nur Approximation. Bei Nullkupon-Anleihen: Immunisierungsduration ist gleich der Restlaufzeit. Vorlesung Investition und Finanzierung 16 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.1.2. Convexity Motivation: Verwendet man die Duration zur Schätzung von Barwertänderungen, so wird ein linearer Zusammenhang zwischen Rendite und Barwert unterstellt. Barwert ist allerdings eine konvexe Funktion. Abbildung: Grafische Darstellung des Zusammenhangs zwischen Kurs und Rendite Kurs 140 130 120 110 100 Tatsächlicher Kurs 90 Mit Duration geschätzter Kurs 80 70 5 Vorlesung Investition und Finanzierung 6 7 8 9 10 11 12 13 Rendite in % 17 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Convexity (2) Beispiel: Ergibt sich in unserem vorherigen Beispiel augenblicklich eine Marktzinsänderung, so ergeben sich die tatsächlichen Barwerte für die Anleihe 1 wie folgt: 7 7 107 + + = 105,45 (1 + 5%)1 (1 + 5%) 2 (1 + 5%) 3 7 7 107 V (9%) = + + = 94,94 (1 + 9%)1 (1 + 9%) 2 (1 + 9%) 3 V (5%) = Werden sie hingegen über die Duration geschätzt, so gilt: V (r + ∆r ) ≈ − D ⋅ ∆r ⋅ V (r ) + V (r ) und damit: V (7% + (−2%)) ≈ − D ⋅ ∆r ⋅V (r ) + V (r ) = −2,6243 ⋅ (−2%) ⋅100 + 100 = 105,25 V (7 + 2%) ≈ − D ⋅ ∆r ⋅V (r ) + V (r ) = −2,6243 ⋅ 2% ⋅100 + 100 = 94,75 Vorlesung Investition und Finanzierung 18 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Convexity (3) Allgemein gilt: Je größer die Zinsänderung ausfällt, desto größer ist der Schätzfehler. Je länger die Restlaufzeit der Anlage ist, desto größer ist der Schätzfehler. Aufgrund der Convexity wird ein Barwertrückgang überschätzt, sowie ein Barwertanstieg unterschätzt. Risiken werden somit stets überschätzt und Chancen unterschätzt ⇒ die Duration ist vorsichtiges Risikomaß Vorlesung Investition und Finanzierung 19 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Convexity (4) Herleitung der Convexity: Entwicklung der Taylorreihe des Barwertes bis zur zweiten Ableitung: 1 d2V dV ⋅ ∆r + ⋅ 2 (∆r )2 V( r + ∆ r ) ≈ V( r ) + 2! dr dr und somit V( r + ∆ r ) − V( r ) ∆V 1 = ≈ − D ⋅ ∆ r + ⋅ C ⋅ (∆ r ) 2 V( r ) V( r ) 2 wobei C die Convexity beschreibt. Vorlesung Investition und Finanzierung 20 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Convexity (5) Definition: die Convexity ist folgendermaßen definiert: T d 2V 1 C= 2 ⋅ = dr V −t − 2 t ⋅ ( t + 1 ) ⋅ c ⋅ ( 1 + r ) ∑ t t =1 T ∑c t =1 t ⋅ (1 + r ) −t . Die Convexity ist also nichts anderes als die zweite Ableitung der Barwertfunktion nach dem Zins dividiert durch den Barwert. Vorlesung Investition und Finanzierung 21 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Convexity (6) positive Convexity: bei steigenden Zinssätzen geringe Kurssensitivität, bei sinkenden Zinssätzen hohe Kurssensitivität: d.h.: bei steigenden Zinsen sind niedrige Kursverluste, bei sinkenden Zinsen aber hohe Kurssteigerungen zu erwarten Es gilt: je größer die Convexity, desto stärker ist diese Eigenschaft ausgeprägt. negative Convexity: bei steigenden Zinssätzen hohe Kurssensitivität, bei sinkenden Zinssätzen geringe Kurssensitivität, d.h.: bei steigenden Zinsen sind hohe Kursverluste, bei sinkenden Zinsen nur niedrige Kursgewinne zu erwarten. die Convexity für festverzinsliche Wertpapiere mit nichtnegativen Einzahlungen ist jedoch stets positiv. Vorlesung Investition und Finanzierung 22 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Convexity (7) Beispiel: Wir betrachten nun neben der Nullkupon-Anleihe 1 mit der Zahlungsreihe (-81,6298; 0; 0; 100) ein Wertpapierportfolio mit (-81,6298; 0; 46,7290; 0; 53,5000), das sich zu je 50% aus den zwei Nullkupon-Anleihen mit folgenden Zahlungsreihen zusammensetzt: Nullkupon-Anleihe 2: (-87,3439; 0; 100) und Nullkupon-Anleihe 3: (-76,2895; 0; 0; 0; 100) ¾ ¾ ¾ ¾ Der Barwert beider Anlagen ist demnach gleich, die Duration beträgt jeweils 2,8037. Die Convexity für die Nullkupon-Anleihe beträgt: Die Convexity des Wertpapierportfolios beträgt: Vorlesung Investition und Finanzierung C = 10,4813 C = 11,3547 23 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Convexity (8) Beispiel (2): Nach einer sofortigen Zinssatzänderung ergeben sich folgende Barwerte : r Nullkupon-Anleihe 1 Wertpapierportfolio 5% V(5%) = 86,3838 V(5%) = 86,3992 7% V(7%) = 81,6298 V(7%) = 81,6298 9% V(9%) = 77,2183 V(9%) = 77,2316 Bei beiden Zinssatzänderungen stellt man sich damit mit dem Wertpapierportfolio aufgrund der größeren Convexity günstiger als mit der Nullkupon-Anleihe 1. Vorlesung Investition und Finanzierung 24 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Convexity (9) Barwertkurven bei unterschiedlicher Convexity 300 250 200 150 Barwert Portfolio-Barwert Schätzung mit Duration 100 Portfolio-Barwert mit hoher Convexity 7% 50 0 0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16% 18% 20% M arktzins -50 Vorlesung Investition und Finanzierung 25 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Convexity (10) Die wesentlichen Eigenschaften der Convexity sind die folgenden: Verminderungen des Kupons bewirken eine Erhöhung der Convexity. Sinken des Marktzinses hat eine Erhöhung der Convexity zur Folge. Verlängerungen der Laufzeit ziehen eine Erhöhung der Convexity nach sich. Vorlesung Investition und Finanzierung 26 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.2. Strategien für Anleiheportfolios Klassifizierung von Managementstrategien festverzinslicher Wertpapiere: Portfolio-Management Strategien Aktive Strategien Prognoseorientierte Strategien Passive Strategien Hybride Strategien Swaporientierte Strategien Auf einfachen Zinserwartungen basierende Strategien Vorlesung Investition und Finanzierung LaufzeitStrategien Auf detaillierten Zinserwartungen basierende Strategien AbsicherungsStrategien Reine Absicherungsstrategien HalteStrategien IndexierungsStrategien Absicherungsstrategien mit Zinsänderungschancen Vgl. Holzer, C. S.: Anlagestrategien in festverzinslichen Wertpapieren, Gabler, Wiesbaden, 1990, S.43. 27 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.2.1 Passive Strategien Buy and Hold Strategie: einmal erworbene Wertpapiere verbleiben bis zum Planungshorizont im Portfolio. Indexierungsstrategien: Duplizierung von Marktindizes, um eine Reduzierung des Risikos aufgrund von Diversifikationseffekten zu erzielen. Cash-Flow-Matching: Zins- und Tilgungserträge werden möglichst exakt auf die Verbindlichkeitsstruktur abgestimmt. Vorlesung Investition und Finanzierung 28 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.2.1.1. Das Cash-Flow-Matching (1) Identifikation der Verbindlichkeitsstruktur: (2) Bestimmung der relevanten Anlageprämissen: (3) Ermittlung der Höhe und des zeitlichen Anfalls der zu erwartenden Auszahlungen Bestimmung eines festen Planungshorizonts Definition und Beachtung von Anlageprämissen und –zwängen, z.B. Bonitätsanforderungen, Mindest- bzw. Maximalanteile eines Titels. Durchführung des Cash-Flow-Matching: Erster Schritt: Titel, dessen Endfälligkeit und Nominalwert dem Datum und der Höhe nach der letzten Zahlungsverpflichtung entspricht, Zinseinnahmen reduzieren gleichzeitig die noch abzudeckenden Zahlungsverpflichtungen an den vorangegangenen Terminen. Zweiter Schritt: Titel, dessen Endfälligkeit und Nominalwert der vorletzten Zahlungsverpflichtung entspricht (Zinseinnahmen des ersten Titels sind zu berücksichtigen). Prozess für alle Zeitpunkte durchführen bis alle Zahlungsverpflichtungen durch die entsprechenden Einzahlungen aus Tilgung und Zinsen der verschiedenen Titel vollständig abgedeckt sind. Vorlesung Investition und Finanzierung 29 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Das Cash-Flow-Matching (2) Beispiel: Ein Investor hat folgende zukünftige Zahlungsverpflichtungen, die er mit Hilfe eines Cash-Flow-Matching absichern möchte: Zu t=1, t=2, t=3, t=4 jeweils: 100.000 Euro Es stehen zunächst folgende Anleihen zur Verfügung: Anleihe 1 mit (-100; 7; 7; 107), Anleihe 3 mit (-102; 8; 8; 8; 108), Anleihe 4 mit (-94; 5; 105), Anleihe 5 mit (-95; 103). Anschließend wird als zusätzliche Anlagemöglichkeit betrachtet: Nullkupon-Anleihe mit (-81,63; 0; 0; 100) Vorlesung Investition und Finanzierung 30 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Das Cash-Flow-Matching (3) Zeitpunkt Verbleibende Zahlungsverpflichtung Anteile von Anleihe 3 t=4 100.000 Rückflüsse Verbleibende Zahlungsverpflichtung Anteile von Anleihe 1 100.008 Rückflüsse Verbleibende Zahlungsverpflichtung Anteile von Anleihe 4 Rückflüsse Verbleibende Zahlungsverpflichtung Anteile von Anleihe 5 Rückflüsse Gesamtinvestition Vorlesung Investition und Finanzierung t=3 100.000 t=2 100.000 t=1 100.000 t=0 7.408 92.592 7.408 92.592 7.408 92.592 -94.452 6.062 86.530 6.062 86.530 -86.600 4.125 82.405 -77.550 926 866 92.662 825 86.625 801 82.503 -76.095 -334.697 31 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Das Cash-Flow-Matching (4) Zeitpunkt Verbleibende Zahlungsverpflichtung Anteile von Anleihe 3 t=4 100.000 Rückflüsse Verbleibende Zahlungsverpflichtung Anteile Nullkupon-A. 100.008 Rückflüsse Verbleibende Zahlungsverpflichtung Anteile von Anleihe 4 Rückflüsse Verbleibende Zahlungsverpflichtung Anteile von Anleihe 5 Rückflüsse Gesamtinvestition Vorlesung Investition und Finanzierung t=3 100.000 t=2 100.000 t=1 100.000 t=0 7.408 92.592 7.408 92.592 7.408 92.592 -94.452 0 92.592 0 92.592 -75.589 4.410 88.182 -82.908 926 926 92.600 882 92.610 857 88.271 -81.415 -334.364 32 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Das Cash-Flow-Matching (5) Wenn mehrere mögliche Portfolios zur Verfügung stehen: Minimierung der anstehenden Investition: mit • • • • LP L(t): Pj : xj : C(t,j): n MIN ∑x j =1 n u.d.N. ∑x j j ⋅ Pj ⋅ C ( t , j ) ≥ L( t ) j =1 xj ≥ 0 Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt t, (t=1,...,T) Preis des Wertpapiers j, (j=1,...,n) Anzahl der Wertpapiere j, die zu kaufen sind Rückfluß von Wertpapier j im Zeitpunkt t. n Exaktes Matching: ∑x j=1 j ⋅ C( t , j) = L( t ) . Hier ist der potentielle Lösungsraum eine Teilmenge des obigen Lösungsraumes, so dass die minimale Investition in das Portfolio im Vergleich nicht geringer sein kann. Vorlesung Investition und Finanzierung 33 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Das Cash-Flow-Matching (6) Vorteile: Kein Wiederanlagerisiko, da Rückflüsse sofort zur Deckung der Zahlungsverpflichtungen verwendet werden, Keine Kursrisiken, da Papiere bis zur Endfälligkeit gehalten werden, Verzicht auf Zinsprognosen, abgesehen von einperiodigen Wiederanlagezinssätzen, Keine Transaktionskosten infolge von Umschichtungen des Portfolios, Rekursive Technik und lineare Optimierungsprobleme sind einfach anzuwenden. Nachteile: Geeignete Wertpapiere sind häufig nicht am Markt erhältlich, Langlaufende Wertpapiere sind i.d.R. sehr illiquide, hohe Bonität der Papiere muß gewährleistet sein, Exaktheit der Zahlungsverbindlichkeiten i.a.R. nicht gegeben, Marktchancen nur bei zwischenzeitlichen Arbitragegeschäften, Durch die Bilanzierungsvorschriften kann es zu Abschreibungsrisiken kommen. Vorlesung Investition und Finanzierung 34 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.2.2. Hybride Strategien Laufzeitstrategien: Laufzeitstrategien: Verteilung des Kapitals auf Wertpapiere unterschiedlicher Laufzeit Æ Diversifizierung Ausnutzung unterschiedlicher Zinsreagibilität der Papiere Leiterstrategien: Restlaufzeitklassen, die das gesamte Spektrum abdecken Bestimmung einer minimalen und maximalen Restlaufzeitklasse Æ Verteilung des Kapitals gleichverteilt zwischen diesen beiden Restlaufzeitklassen Hantelstrategien: nur kurze und lange Restlaufzeiten Æ Erhöhung der Convexity eines Portfolios Absicherungsstrategien: Durationsüberlegungen: negative Zinseffekte können durch positive Kurseffekte bzw. umgekehrt kompensiert werden Æ Portfolios mit Immunisierungseigenschaft. Vorlesung Investition und Finanzierung 35 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Hybride Strategien (2) Zinsimmunisierung (Spezialfall von 2): im Planungshorizont T ist nur eine Entnahme vorgesehen. nur das Aktiva-Portfolio wird betrachtet die Rendite für den gesamten Planungshorizont wird betrachtet notwendige und hinreichende Bedingung leitet sich aus der Portfolioendwertfunktion ab Allgemeine Immunisierung mittels Durationslücke (Redington): mehrere Entnahmen möglich das Reinvermögen, also die Differenz zwischen Aktiva- und Passiva-Portfolio zu jedem Zeitpunkt s∈[0,T] innerhalb des Planungszeitraums wird betrachtet die Momentanrendite in jedem Zeitpunkt s wird betrachtet notwendige und hinreichende Bedingung leitet sich aus den Barwertfunktionen ab Vorlesung Investition und Finanzierung 36 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.2.2.1. Zinsimmunisierung Definition: Ein Portfolio ist zinsimmunisiert, sobald die Gesamtduration des Portfolios genau seinem geplanten Entnahmezeitpunkt τ entspricht, falls also IDp = τ gilt. Der Investor erzielt dann immer mindestens den berechneten Endbetrag, unabhängig davon, in welcher Richtung und in welchem Ausmaß zwischenzeitlich Zinsänderungen stattgefunden haben. Die Beziehung IDp = τ leitet sich hierbei aus der notwendigen Bedingung eines Minimums der Endwertfunktion ab. Da sich die Immunisierungsduration nicht proportional zur Restlaufzeit ändert, muss das Portfolio allerdings laufend umgeschichtet werden, so dass die Bedingung IDp = T-s in allen Zeitpunkten s∈(0,T) erfüllt sein muss. Eine Zinsimmunisierung gilt demnach nur für eine einzige Zinsänderung unmittelbar nach Planungsbeginn (im Zeitpunkt t=0+). Vorlesung Investition und Finanzierung 37 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Zinsimmunisierung (2) Beispiel: Gegeben sei wiederum Anleihe 1, die Immunisierungsduration beträgt ID=2,8080. Wir betrachten nun den Gesamtwert der Anlage zum Zeitpunkt t = 2,8080 bei verschiedenen Zinsänderungen unmittelbar nach Planungsbeginn. Marktzins r Barwert der Anleihe 5% 7% 7,5% 9% 106,0024 105,7142 105,6191 105,5247 105,2443 14,9270 15,2096 15,3042 15,3991 15,6850 120,9294 120.9238 120,9233 120,9238 120,9293 Wiederanlage der Kupons Gesamtwert 6,5% Jede Zinssatzänderung bewirkt somit eine Erhöhung des Gesamtwerts der Anlage Vorlesung Investition und Finanzierung 38 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Zinsimmunisierung (3) Mathematische Herleitung: Gesucht: Minimum der Endwertfunktion T f ( ∆ r ) = (1 + r + ∆ r ) τ ⋅ ∑ ct ⋅ (1 + r + ∆ r ) − t t =1 Es gilt: 1. Ableitung: f ′ ( ∆ r ) = τ ⋅ (1 + r + ∆ r ) τ −1 T ⋅ ∑ ct ⋅ (1 + r + ∆ r ) t =1 −t T + (1 + r + ∆ r ) ⋅ ∑ − t ⋅ ct ⋅ (1 + r + ∆ r ) − t −1 τ t =1 2. Ableitung: T f ′′( ∆r ) = ∑ ( − t + τ) ⋅ ( − t + τ − 1) ⋅ c t ⋅ (1 + r + ∆r ) − t + τ−2 t =1 Vorlesung Investition und Finanzierung 39 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Zinsimmunisierung (4) Die notwendige Bedingung lautet demnach f ′ (∆ r ) ∆r = 0 = 0 . Löst man die Gleichung sodann nach τ auf, ergibt sich: τ ⋅ (1 + r + ∆ r ) τ −1 T ⋅ ∑ ct ⋅ (1 + r + ∆ r ) t =1 −t ∆r = 0 T = (1 + r + ∆ r ) ⋅ ∑ t ⋅ ct ⋅ (1 + r + ∆ r ) − t −1 τ t =1 ∆r = 0 T τ −1 τ ⋅ (1 + r + ∆ r ) (1 + r + ∆ r ) τ = ∆r = 0 ∑ t ⋅ ct ⋅ (1 + r + ∆ r )− t −1 t =1 T ∑ ct ⋅ (1 + r + ∆ r )− t t =1 T T ⇒ τ = (1 + r ) ⋅ ∆r = 0 ∑ t ⋅ ct ⋅ (1 + r )− t −1 ∑ t ⋅ ct ⋅ (1 + r )− t t =1 T ∑ ct ⋅ (1 + r )− t t =1 = t =1 T ∑ ct ⋅ (1 + r )− t = ID t =1 Ist die hinreichende Bedingung erfüllt, so liegt ein lokales Minimum vor. Vorlesung Investition und Finanzierung 40 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Zinsimmunisierung (5) Beispiel für Immunisierungsstrategien: Vollimmunisierung: Duration Matching Kombination von Durationsüberlegungen und Cash-Flow-Matching: Horizon Matching (vgl. Leibowitz) Contingent Immunisation: Immunisierung nur für Teile des Portfolios bzw. erst wenn ein gewisses unteres Renditelimit erreicht wird (Leibowitz / Weinberger). Schwierigkeiten bei Orientierung an Durationskennzahlen: eine tatsächliche Immunisierung erfordert ständige Umstrukturierungen des Portfolios, was entsprechend hohe Transaktionskosten zur Folge hat. die Durationskennzahl hängt stets vom gewählten Zinsstrukturmodell ab. nur wenn dieses exakt mit der tatsächlichen Zinsstruktur übereinstimmt, ist eine vollständige Eliminierung des Risikos gewährleistet. Vorlesung Investition und Finanzierung 41 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.2.2.2. Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos mittels Durationslücke Die allgemeine Immunisierung gemäß Redington leitet sich aus der Durations-Kennzahl als Indikator für die Zinsempfindlichkeit des Barwertes einer deterministischen Zahlungsreihe ab, um die durch Marktzinsänderungen bewirkten Barwertänderungen einer Zahlungsreihe abzuschätzen. Das Reinvermögen wird als die Differenz aus den Summen der Barwerte der Aktiva (A) und der Passiva (P) beschrieben. Das Zinsänderungsrisiko ist somit eine durch Barwertänderungen der Aktiva und Passiva induzierte Reinvermögensänderung aufgrund von zukünftigen Zinsniveauänderungen. Ziel der Portfolio-Steuerung ist es, Aktiva- und Passivapositionen so zu strukturieren, dass unabhängig von Marktzinsänderungen ein bestimmtes Reinvermögen garantiert wird. Vorlesung Investition und Finanzierung 42 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos mittels Durationslücke (2) Die wesentlichen Steuerungsgrößen sind die folgenden: Reinvermögen N = Barwerte (Aktiva) - Barwerte (Passiva) Zinsänderungsrisiko („-”)/ -chance („+”) = ∆Reinvermögensänderung ∆N = ∆Barwertänderungen (Aktiva) -∆Barwertänderungen (Passiva) Ein Barwert ist sinnvoll für alle Aktiva und Passiva ermittelbar, denen eine Reihe zukünftiger Zahlungen zugeordnet werden kann. Notation für die Barwerte der gesamten Aktiva- und Passivapositionen: T ct ct P V (r) = ∑ : = A V ( r ) = := P und ∑ t t t =1 (1 + r ) t =1 (1 + r ) A T Vorlesung Investition und Finanzierung 43 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos mittels Durationslücke (3) Als Schätzgröße für entsprechende Barwertänderungen bei infinitesimalen Marktzinsänderungen dienen: ∆V A ( r ) = −V A ( r ) ⋅ D A ⋅ ∆r und ∆V P ( r ) = −V P ( r ) ⋅ D P ⋅ ∆r Die Reinvermögensänderung ergibt sich somit als Differenz der Aktiv- und Passivbarwertänderungen: ∆N ( r ) = ∆V A ( r ) − ∆V P ( r ) = −V A ( r ) ⋅ D A ⋅ ∆r + V P ( r ) ⋅ D P ⋅ ∆r oder ∆N ( r ) = ( D A − D P ) ⋅ −V ( r ) ⋅ ∆r mit Vorlesung Investition und Finanzierung A = P := V ( r ) 44 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos mittels Durationslücke (4) Unterstellt man einen einheitlichen Marktzinssatz für alle Aktiv- und Passivposition, so kann sich das Portfolio-Management an der sogenannten Durationslücke („Duration-Gap“) orientieren. Diese ist wie folgt definiert: D A − DP wobei DA und DP die jeweiligen Gesamtdurationen der Aktiva- und Passivaportfolios beschreiben. Vorlesung Investition und Finanzierung 45 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos mittels Durationslücke (5) Das Reinvermögen kann gegen das Zinsänderungsrisiko lokal immunisiert werden, falls für die Durationslücke gilt: D A − DP = 0 Formal läßt sich das wie folgt beschreiben: Die Portfolios sind so zu gestalten, dass das Reinvermögen T T N ( ∆r ) = ∑ c ⋅ (1 + r + ∆r ) −∑ ctP ⋅ (1 + r + ∆r ) −t t =1 A t −t t =1 bei dem momentanen Zinsniveau ein Minimum bezüglich aller zulässigen Zinsstrukturänderungen besitzt. Vorlesung Investition und Finanzierung 46 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos mittels Durationslücke (6) Mathematische Herleitung: Die Analyse wird mittels der ersten und zweiten Ableitung vorgenommen: ∂N 1) Die notwendige Bedingung: ∂∆ r =0 ∆r = 0 − t ⋅ ctA − t ⋅ ctP ⇔∑ =∑ t +1 (1 + r ) ∆r =0 (1 + r )t +1 ∆r =0 − t ⋅ c ⋅ (1 + r ) ∑ ⇔ ∑ c ⋅ (1 + r ) A t A t − t −1 − t ⋅ c ⋅ (1 + r ) ∑ = ∑ c ⋅ (1 + r ) P t −t ∆r =0 P t − t −1 −t ∆r = 0 ⇔ D A = DP Vorlesung Investition und Finanzierung 47 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos mittels Durationslücke (7) ∂2 N 2) Die hinreichende Bedingung: ∂∆ r 2 − t ⋅ ( −t − 1) ⋅ ctA ⇔∑ (1 + r )t +2 ∆r =0 ∑ t ⋅ (t + 1) ⋅ c ⋅ (1 + r ) ⇔ ∑ c ⋅ (1 + r ) A t A t ≥0 ∆r = 0 − t ⋅ ( −t − 1) ⋅ ctP ≥∑ (1 + r )t +2 − t −2 ∆r =0 ∑ t ⋅ (t + 1) ⋅ c ⋅ (1 + r ) ≥ ∑ c ⋅ (1 + r ) P t −t ∆r =0 P t − t −2 −t ∆r =0 ⇔ CA ≥ CP Vorlesung Investition und Finanzierung 48 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos mittels Durationslücke (8) Die Ausprägung der Durations-Lücke ist ein Indikator für die Zinsempfindlichkeit der Portfolios. Durch Zinsänderungen induzierte Veränderungen des Reinvermögenswertes sind umso stärker, je größer der absolute Wert der Durations-Lücke ist. Ist die Durations-Lücke positiv, so bewirken steigende (fallende) Marktzinsen ein Zinsänderungsrisiko (-chance). Eine negative Durations-Lücke bewirkt das Gegenteil. Eine Immunisierung kann erreicht werden, wenn die Durations-Lücke gleich Null ist. Vorlesung Investition und Finanzierung 49 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.2.3. Aktive Strategien Zinsprognosen: simple Zinssteigerungs- oder Zinssenkungserwartungen ausgefeilte Szenario-Techniken Arbitragesteuerung (bzw. swaporientierte Strategie) : Ausnutzung von Preisdifferenzen für gleichen Zahlungsstrom z.T. Umschichtungen innerhalb bestehender Portfolios Zahlungsstrom wird über ein Arbitrageportfolio dupliziert Æ Erkennen von Unter- oder Überbewertung . Riding the Yield Curve: Bei steigender Zinsstrukturkurve: Wertpapiere mit langen Restlaufzeiten Vorlesung Investition und Finanzierung 50 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Aktive Strategien (2) Szenario-Techniken: Ausgestaltung: mittels deterministischer Annahmen über Zinsstrukturveränderungen mittels Simulationen Æ stochastische Prozesse zur Beschreibung der Entwicklung der Zinsstrukturkurve. Vorteile: Auswirkungen von Zinssatzänderungen auf Kurs und Wiederanlage können explizit quantifiziert werden, Auswirkungen auf das Gesamtportfolio können unter alternativen Zinsszenarien ermittelt werden, bei entsprechender Ausgestaltung können Verbindlichkeitsstrukturen berücksichtigt werden, große Flexibilität bei der Analyse und Steuerung ermittelter Zinsänderungsrisiken. Vorlesung Investition und Finanzierung 51 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios 4.2.3.1. Riding the Yield Curve Voraussetzung: steigende Zinsstrukturkurve Durchführung: Investor kauft Wertpapiere mit hohen Restlaufzeiten, die über den Fälligkeiten der Verbindlichkeiten liegen. Wenn das Zinsniveau sinkt oder gleich bleibt gilt: bei vorzeitiger Liquidation - zur Erfüllung der Verbindlichkeiten - ergeben sich höhere Renditen als bei einem exakten Cash-Flow-Matching Dies liegt an folgendem: Bereits während der Laufzeit wurden höhere Zinserträge erzielt. Bei Verkauf ergeben sich zusätzliche Kursgewinne aufgrund der höheren Nominalverzinsung. Risiken: Anstieg des Zinsniveaus Æ höhere Renditen während der Laufzeit werden durch übermäßige Kursverluste kompensiert Vorlesung Investition und Finanzierung 52 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Riding the Yield Curve (2) Beispiel: Zerobond 1 (-90,53; 0; 100); Zerobond 2 (-86,01; 0; 0; 100) Investor hat zu t=2 Verbindlichkeiten von 100.000 GE Zinsstrukturkurve: 5% für 1 Jahr; 5,1% für 2 Jahre; 5,15% für 3 Jahre 5,3 5,2 Shift -0,1 5,1 5 Zinsstrukturkurve 4,9 Shift +0,1 4,8 4,7 t=1 Vorlesung Investition und Finanzierung t=2 t=3 53 Internationale Finanzierung 4. Risikomanagement von Anleiheportfolios Riding the Yield Curve (3) Beispiel (2): Zerobond 1 (-90,53; 0; 100); Zerobond 2 (-86,01; 0; 0; 100) Investor investiert 90.530 GE: ? 1000 Anteile von Zerobond 1 oder ? 1052,55 Anteile von Zerobond 2 Kurswert von Zerobond 2 im Jahr t=2: Shift = 0 Kurswert: 95,24; Portfoliowert: 100.245 GE Shift = +0,1 Kurswert: 95,15; Portfoliowert: 100.150 GE Shift = -0,1 Kurswert: 95,33; Portfoliowert: 100.340 GE Shift = +0,3 Kurswert: 94,97; Portfoliowert: 99.961 GE Vorlesung Investition und Finanzierung 54