Europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht I (Griller/Holoubek) Lektion 1 (S.1-30) Die Gewerbeordnung 1994. Was regelt sie und worauf zielt sie ab? Bei der Gewerbeordnung handelt es sich um ein Bundesgesetz, die letzte Novellierung fand im Jahr 2002 statt. Über die Gewerbeordnung wird versucht, die erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten in geordnete Bahnen zu lenken. Ziele der Gewerbeordnung: • Sicherung der Qualifikation der Gewerbetreibenden • Sicherung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen • Sicherung eines geordneten Wettbewerbs • Abwehrung der Gefahren für Gewerbetreibende, Kunden, Nachbarn,... • Konsumentenschutz und Umweltschutz Die GewO enthält sowohl allgemeine Vorschriften über die Ausübung von gewerblichen Erwerbstätigen als auch detaillierte Vorschriften für einzelne Gewerbe. Für welche Tätigkeiten gilt die GewO? Die GewO gilt für: • Alle gewerbsmäßig ausgeübten und • Nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten, soweit sie • Nicht in den § 2 bis 4 ganz oder teilweise ausgenommen werden Gewerbsmäßigkeit Gewerbsmäßig wird eine Tätigkeit ausgeübt, wenn sie: • selbständig, • regelmäßig (Tätigkeit wird laufend vorgenommen, es reicht aber schon Wiederholungsabsicht) • mit Ertrags-/Gewinnabsicht betrieben wird. (also keine karitativen Einrichtung àkeine Gewinnabsicht) Die Tätigkeit muss erlaubt sein. Für gesetzlich verbotene Tätigkeiten kann man keine Gewerbeberechtigung erhalten. (z.B. Drogenhandel, Hehlerei, Verleih von Mautvignetten,...) Ausnahmen Ausgenommen von der GewO sind: • Land- und Forstwirtschaft • Unternehmen mit Sondergewerberecht (Banken, Versicherungen,...) • Freie Berufe (Ärzte, Anwälte,...) Welche Gewerbearten gibt es? Reglementierte Gewerbe und freie Gewerbe Je nach dem, ob zur Ausübung eines bestimmten Gewerbes ein Befähigungsnachweis erforderlich ist oder nicht, unterscheidet die GewO zwischen reglementierten und freien Gewerben. Die reglementierten Gewerbe werden in § 94 GewO in einer eigenen Liste aufgezählt: z.B. Arbeitsvermittlung, Drogisten, Fotografen,... Für diese Gewerbe muss ein Befähigungsnachweis erbracht werden. (z.B. Meisterprüfung) Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 1 v. 38 Alle anderen Gewerbe sind freie Gewerbe. (z.B. Handelsgewerbe, Werbeagenturen,...) Bei ihnen besteht keine Pflicht zur Vorlage eines Befähigungsnachweises. Die GewO enthält allerdings für einzelne freie Gewerbe spezielle Ausübungsvorschriften. (z.B. Tankstellen) Anmeldungsgewerbe und „sensible“ Gewerbe Je nach dem, ob zur Ausübung des Gewerbes die bloße Anmeldung oder aber noch zusätzlich eine Zuverlässigkeitsprüfung vorgeschrieben ist, unterscheidet man zwischen bloßen Anmeldungsgewerben und sensiblen Gewerben. Grundsätzlich werden alle Gewerbe durch Anmeldung bei der Gewerbebehörde begründet. Bei einigen reglementierten Gewerben ist zusätzlich jedoch noch eine Zuverlässigkeitsprüfung vorgeschrieben. Es handelt sich dabei um „sensible“ Gewerbe, bei denen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, des Schutzes von Leben und Gesundheit, des Konsumentenschutzes,... das Vorliegen, der an sich während der gesamten Gewerbeausübung erforderlichen, Zuverlässigkeit des Bewerbers bereits vor Gewerbeantritt von der Behörde anlässlich der Gewerbeanmeldung überprüft wird. Die sensiblen Gewerbe werden in § 95 GewO aufgelistet. (z.B. Baumeister, Reisebüros,...) Sind die Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten „sensiblen“ Gewerbes erfüllt, so stellt die Gewerbebehörde dies mittels Bescheid fest. Gewerbebetrieb und Industriebetrieb Unterscheidungsmerkmal hierfür ist das Kriterium der Betriebsbeschaffenheit. Der Industriebetrieb (§ 7 GewO) zeichnet sich unter anderem durch hohen kapital- und Maschineneinsatz, serienmäßige Produktion, größere zahl an ständig beschäftigten Arbeitnehmern,... aus. Für Gewerbe die in Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden, ist kein Befähigungsnachweis erforderlich. Unter welchen Voraussetzungen darf ein Gewerbe ausgeübt werden? Allgemeine Voraussetzungen • Gewerberechtliche Handlungsfähigkeit (Vollendung des 18. Lebensjahres, keine Sachwalterschaft, bei juristischen Personen muss ein Geschäftsführer bestellt werden) • Unbescholtenheit (Konkurs ist kein Ausschlussgrund) • Österreichische bzw. gleichgestellte Staatsbürgerschaft oder legaler Aufenthalt im Inland Besondere Voraussetzungen • Befähigungsnachweis (bei reglementierten Gewerben) • Zuverlässigkeit (bei sensiblen Gewerben) • Weitere Bedingungen (z.B. Bedarfsprüfung bei Rauchfangkehrern, Schleppliftunternehmer müssen eine Haftpflichtversicherung abschließen,...) Wozu ermächtigt sie eine Gewerbeberechtigung? Neben der Ausübung des Gewerbes räumt die GewO des Gewerbetreibenden noch zusätzliche Befugnisse ein: • Nebenrechte (§ 32 Abs. 1): allgemeines Handelsrecht, Werkverkehr, einfache Tätigkeiten von reglementierten Gewerben, Teilgewerbe,... • Postdienstleistungen mit Ausnahme des Geld- und Zahlungsverkehrs • Integrierter Betrieb • Verbundene Gewerbe (setzen sich aus zwei oder mehreren Gewerben zusammen und sind ausdrücklich so in der Liste der reglementierten Gewerbe bezeichnet) Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 2 v. 38 Kann die Gewerbeberechtigung übertragen werden? Die erworbene Gewerbeberechtigung kann NICHT übertragen werden. Sie kann allerdings vom Fortbetriebsberechtigten ausgeübt werden, und es kann (bzw. muss) unter bestimmten Voraussetzungen ein so genannter gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt werden. Gewerbeinhaber: verfügt über Gewerbeberechtigung Gewerbetreibender: übt die Gewerbeberechtigung aus Der gewerberechtliche Geschäftsführer • Verantwortung für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften (dafür haftbar) • Hilfsorgan des Gewerbeinhabers (wird als Vertreter im Namen und auf Rechnung des Gewerbeinhabers tätig) • Bei einer Gesellschaft muss ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestimmt werden • Es darf sich nicht um einen „Scheingeschäftsführer“ handeln • Muss seinen Wohnsitz im Inland haben Fortbetriebsberechtigung Der Fortbetriebsberechtigte hat das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person fortzuführen. Fortbetriebsberechtigt sind im Falle des Todes des Gewerbeinhabers dessen Ehepartner und Kinder, im Falle eines Konkurses der Masseverwalter. Für welchen örtlichen Bereich gilt die Gewerbeberechtigung? Die Gewerbeberechtigung berechtigt zur Ausübung des Gewerbes auch in weiteren Betriebsstätten. Der andere Standort ist der Behörde jedoch anzuzeigen. (gilt nicht für Messen) Die Anzeige hat bloßen Mitteilungscharakter. Es gibt jedoch auch Ausnahmen. 8z.b. Rauchfangkehrer müssen für jede Betriebsstätte entsprechenden Bedarf nachweisen) Für die Gewerbeausübung in einer weiteren Betriebsstätte kann ein Filialgeschäftsführer bestellt werden. Wann erlischt die Gewerbeberechtigung? • • • Bei natürlichen Personen durch Tod Bei Gesellschaften durch Auflösung Zurücklegung oder Entziehung der Gewerbeberechtigung durch die Behörde Welche Behörde vollzieht die GewO? In Angelegenheiten des Gewerberechts entscheidet in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde (BVB), also der Bezirkshauptmann (BH) und in Städten mit eigenem Statut der Bürgermeister bzw. der Magistrat. Zur Erteilung einer Gewerbeberechtigung für Waffengewerbe betreffend militärische Waffen ist jedoch der Bundesminister für Wirtschaft und arbeit im einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres zuständig. Als Berufungsinstanz gilt der Unabhängige Verwaltungssenat der Länder (UVS). Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 3 v. 38 Lektion 2 Das Betriebsanlagenrecht Das Betriebsanlagenrecht regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Unternehmer Betriebsanlagen errichten und betreiben darf und welche rechte betroffenen Personen zukommen, um sich gegen gefährliche und störende Betriebsanlagen zu wehren. Es ist dabei notwendig, die Interessen der Wirtschaft und die Interessen der Anrainer und der Umwelt gegeneinander abzuwägen. Das Betriebsanlagenrecht ist Bestandteil der Gewerbeordnung. Die einschlägigen Normen sind: §§ 74 ff, 333ff Gewerbeordnung 1994 und aufgrund dieser Bestimmungen erlassene Durchführungsverordnungen. Die gewerbliche Betriebsanlage Eine Betriebsanlage ist eine örtlich gebundene Einrichtung, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist. (Büros, Fabriken, Gaststätten, Steinbruch,...) Folgende drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit man von einer gewerblichen Betriebsanlage spricht: • Ortsgebundenheit • Regelmäßigkeit (gewerbliche Tätigkeit muss regelmäßig entfaltet werden) • Gewerbliche Tätigkeit (muss entfaltet werden) Wann ist eine Betriebsanlage genehmigungspflichtig? Ungefährliche Betriebsanlagen Grundsätzlich braucht ein Unternehmer keine betriebsanlagenrechtliche Genehmigung für das erbauen, Errichten oder betreiben einer Betriebsanlage, solange von dieser überhaupt keine Gefährdung oder Beeinträchtigung für ihn, seine Nachbarn oder die Umwelt ausgeht. (z.B. reiner Bürobetrieb, kleines Geschäftslokal,...) Werden in einer Betriebsanlage nur solche Maschinen verwendet, die in einer Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten aufgrund § 76 Abs. 1 GewO aufgelistet wurden, bedarf es ebenfalls keiner Genehmigung. Die Normalanlage Ist die Betriebsanlage wegen ihrer Betriebsweise oder wegen verwendeter Maschinen und Geräte oder sonst geeignet, eine der im Gesetz aufgezählten Schutzinteressen zu berühren, muss die Errichtung bzw. die Betriebsaufnahme durch die Behörde bewilligt werden. Es reicht schon die abstrakte Gefahr aus, ob wirklich eine Gefahr von der Betriebsanlage ausgeht, wird erst im Bewilligungsverfahren geprüft. Die Kriterien der Bewilligungspflicht sind: • Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit • Gefährdung des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte des Nachbarn • Belästigung der Nachbarn • Beeinträchtigung von öffentlichen Interessen (Schulbesuch, Krankenhäuser,...) • Nachteilige Auswirkungen auf Gewässer Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 4 v. 38 Die Bagatellanlage Ist damit zu rechnen, dass von der geplanten Anlage keine konkreten Gefahren ausgehen, obwohl eine abstrakte Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, findet ein vereinfachtes Verfahren statt. Der Unterschied zur Normalanlage liegt im Verfahren, nicht in den Bewilligungskriterien. Die IPPC-Betriebsanlage Bei diesen Betriebsanlagen handelt es sich um solche, die eine hohe Belastung und Gefährdung der Umwelt erwarten lassen, sie werden in Anlage 3 der GewO aufgeführt. Diese unterliegen erschwerten Bewilligungskriterien, um eine integrierte Vermeidung bzw. Verminderung der Umweltverschmutzung sicherzustellen. Die Genehmigung der Betriebsanlage Wenn eine konkrete Anlage bewilligungspflichtig ist, muss nun die Behörde in einem Verfahren prüfen, ob von der Betriebsanlage tatsächlich eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit bzw. eine Belästigung der Nachbarn oder eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen ausgeht. Die Anlage kann nur genehmigt werden, wenn nach dem Stand der Technik und nach den medizinischen und sonst im Betracht kommenden Wissenschaften sichergestellt ist, dass die Schutzgüter der GewO gewahrt werden. Die Kriterien der Bewilligung sind: • • • • • Immissionsseitige Kriterien o Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum o Belästigung oder Beeinträchtigungen (von Nachbarn, öffentlichen Interessen,...) Emissionsseitige Kriterien: diese weichen vom Konzept des Immissionsschutzes ab. Durch sie versucht der Gesetzgeber den Interessen des Umweltschutzes im Sinne eines umfassenden Vorsorgedenkens nachzukommen. o Luftschadstoffe: Emission muss nach dem Stand der Technik eröffneten Möglichkeiten – durch Auflagen – begrenzt sein. o Abfall: anfallende Abfälle sind – durch Auflagen – nach dem Stand der Technik und der in Betracht kommenden Wissenschaften zu vermeiden, zu verwerten oder ordnungsgemäß zu entsorgen. Nahversorgung: muss gesichert sein Verordnungen zur Konkretisierung der Bewilligungskriterien Besondere Bewilligungskriterien bei IPPC-Anlagen: effiziente Energieverwertung, Vorkehrungen zur Unfallvermeidung und zur Begrenzung von Unfallfolgen, Vorkehrungen zur Abwehr für Umweltbelastungen bei Anlagenauflassung,... Auflagen Entspricht eine Betriebsanlage nun nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil ein Schutzgut der GewO verletzt wird, verweigert die Behörde den Antrag auf Bewilligung nicht gleich. Sie ist vielmehr dazu verpflichtet, technische Veränderungen vorzuschlagen und vorzuschreiben, die die Schwachstellen der Anlage beheben und eine Bewilligungsfähigkeit begründen. Diese technischen Veränderungen und Verbesserungen werden Auflagen genannt. Auflagen müssen folgende Voraussetzungen erfüllen: • • • Auflagen dürfen das Projekt nicht in seinem Wesen verändern (sonst handelt es sich ja nicht mehr um dasselbe Projekt) Bestimmtheit: Auflagen müssen konkrete Ge- bzw. Verbote enthalten Geeignetheit: Auflagen müssen zur Erreichung des Ziels geeignet sein. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 5 v. 38 • • Erforderlichkeit: Auflagen müssen insofern erforderlich sein, als sie zum Schutz der Gesundheit und des Lebens bzw. zur Reduzierung von Belästigungen oder Beeinträchtigungen auf das zumutbare Maß dienen. Besteht eine Alternative zwischen mehreren Auflagen, ist jene von der Behörde vorzuschreiben, die den Unternehmer am wenigsten belastet. Behördliche Erzwingbarkeit: Auflagen müssen so gestaltet sein, dass die Behörde sie überprüfen und gegebenenfalls zwangsweise durchsetzen kann. Betreiben der Anlage vor Rechtskraft des Bewilligungsbescheids Ist der Bewilligungsbescheid noch nicht rechtskräftig, kann mit dem Bau bzw. dem Betrieb der Anlage trotzdem begonnen werden, wenn die entsprechenden auflagen eingehalten werden. Der gewerbetreibende trägt aber die Gefahr, dass die Bewilligung von der Berufungsbehörde abgeändert wird oder gar keine Bewilligung erteilt wird. Nachträgliche Veränderung von Betriebsanlagen Es kann notwendig sein, dass bereits bewilligte Betriebsanlagen verändert werden müssen. Man unterscheidet hierbei zwei Fallgruppen: • • Änderungen der Betriebsanlage durch den Gewerbetreibenden: werden durch die Veränderungen die Schutzinteressen der GewO berührt, muss die Anlage erneut bewilligt werden. Änderung der Betriebsanlage aufgrund behördlicher Anordnung: ergibt sich erst nach Abschluss des Verfahrens und trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid vorgesehenen Auflagen, dass die Schutzgüter der GewO gefährdet sind, hat die Behörde weitere Auflagen festzulegen. o Verhältnismäßigkeit neuer Auflagen o Frist zur Umsetzung neuer Auflagen: ist es dem Inhaber der Anlage wirtschaftlich nicht zuzumuten die neuen auflagen sofort umzusetzen, kann ihm eine Frist von bis zu 5 Jahren gesetzt werden o Sanierungskonzept: auch dafür ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit maßgebend o Umwelt-Sanierungsverordnungen für Altanlagen Überwachung von Betriebsanlagen Durch den Anlagenbetreiber Der Inhaber der genehmigten Betriebsanlage muss in regelmäßigen Abständen selbst überprüfen oder überprüfen lassen, ob die Anlage dem Bewilligungsbescheid bzw. den gewerblichen Regelungen entspricht. Mängel und Maßnahmen zu deren Entfernung müssen der Behörde mitgeteilt werden. Durch die Behörde Die Behörde bzw. von ihr ermächtigte Sachverständige sind berechtigt, die Anlage während des Betriebs zu betreten, zu besichtigen, zu kontrollieren und Proben zu entnehmen. So wird die Einhaltung der auflagen bzw. des Bewilligungsbescheids gewährleistet. Den Unternehmer trifft eine Mitwirkungspflicht. Die Zuständigkeit im Betriebsanlagenrecht Laut GewO ist für das betriebsanlagenverfahren in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, also der Bezirkshauptmann und – in Städten mit eigenem Statut – der Bürgermeister bzw. der Magistrat, zuständig. Berufungsinstanzen sind die Unabhängigen Verwaltungssenate der Länder. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 6 v. 38 Das Baurecht Das Baurecht regelt die Errichtung von Neubauten, umbauten und Zubauten bezüglich der Sicherheit und einwandfreier Beschaffenheit in technischer, sanitärer und hygienischer Hinsicht. Jedes Bundesland hat seine eigene Bauordnung (Landessache). Ein Bauwerk ist eine Anlage, • zu deren Errichtung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind, • die mit dem Boden in eine Gewisse Verbindung gebracht wird, • die wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geneigt ist. Die Wiener Bauordnung gliedert Bauvorhaben in solche, die vor Ausführung von der Baubehörde bewilligt werden müssen. Solche, die bei der Behörde nur angezeigt werden müssen und solche, für die weder eine Bewilligung noch eine Anzeige erforderlich ist. Bewilligungspflichtige Gebäude sind geeignet: • eine Gefahr für das Leben/Gesundheit der Menschen herbeizuführen • die Nachbarschaft zu belästigen Gebäude, für die eine Bauanzeige ausreicht: • alle Bauführungen in Wohnungen oder Betriebseinheiten, die nicht von Einfluss auf die statischen Verhältnisse der Baulichkeit sind • keine Änderungen der äußeren Gestaltung der Baulichkeit bewirken • und nicht die Umwidmung von Wohnungen auf Arbeitsräume, Büroräume,... betreffen. Bewilligungsfreie Bauvorhaben: • aufgelistet in § 62a Bauordnung • z.B. Verkaufsstände, Badehütten, Marktstände, Telefonhütten, öffentliche Toiletteanlagen,... Verfahren Zuständig in Bauangelegenheiten ist der Bürgermeister, in zweiter Instanz der Gemeinderat. In Wien ist in erster Instanz der Magistrat, in zweiter Instanz die Bauoberbehörde zuständig. Lektion 3 Das Verwaltungsverfahren Das Verwaltungsverfahrenrecht regelt jenes Verfahren, das Behörden bei der Vollziehung von Verwaltungsrecht (Baurecht, Gewerberecht) anzuwenden haben. Ziel ist es Entscheidungen in Sachfragen zu erlangen. Weiteres legt es in den jeweiligen Verfahren die Rechtsposition der betroffenen Personen gegenüber der Behörde fest. Sofern einzelne Materiengesetze keine eigenen Regeln ⇒ Allg. Verwaltungsverfahrengesetz bei Verwaltungsstrafsachen ⇒ Verwaltungsstrafgesetz (neben Materiengesetz) bei Verwaltungsvollstreckungsangelegenheiten ⇒ Verwaltungsvollstreckungsgesetz I. Wer ist Partei im Verfahren? Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 7 v. 38 Parteienstellung Beteiligte Personen: nehmen Tätigkeit einer Behörde in Anspruch oder ist Bezugspunkt der Tätigkeit der Behörde (als Beteiligter) Partei: Beteiligter, der „Rechtsanspruch“ bzw. „rechtliches Interesse“ am Verfahren hat jene ⇒ jene Person, die von der Tätigkeit der Behörde betroffen ist ⇒ subjektives Rechte subjektive Rechte: gegeben, wenn man laut Rechtsordnung die Möglichkeit hat ein bestimmtes Recht gegenüber anderen oder der Behörde durchzusetzen, am Verfahren teilzunehmen & den Gang zu beeinflussen Rechte der Parteien: - Parteigehör Akteneinsicht Ablehnung von Sachverständigen Zustellung des Bescheids Erhebung von Rechtsmitteln Partein im Betriebsanlageverfahren Unternehmer: Derjenige der eine Betriebsanlage errichten & betreiben will ⇒ Partei ⇒ erfüllt Anlage alle gesetzlichen Vorraussetzungen ⇒ Bewilligung Nachbarn: jene Personen, die durch die Errichtung, Bestand & Betrieb einer Anlage gefährdet, belästigt oder deren Eigentum gefährdet werden könnte ⇒ Partei Subjektives Recht auf körperliche Unversehrtheit, Freiheit von Belästigung & Schutz ihres Eigentums. Nachbarn sind unter anderem auch Inhaber oder Halter von Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten, Schulen. Behörde ⇒ Vertretung des öffentlichen Interesses II. Die Zuständigkeit Entscheidet eine Behörde ohne Zuständigkeit ist die Entscheidung gesetzwidrig ⇒ kann bekämpft werden ⇒ Zuständigkeit ergibt sich aus Materiengesetz, AVG, EGVG Zuständigkeit im Betriebsanlagenverfahren erste Instanz: Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmann) ⇒ in Städten der Bürgermeister bzw. der Magistrat zweite Instanz: Unabhängige Verwaltungssenat III. Das Verfahren 1.) Einleitung eines Verfahrens ⇒ Verfahren, die eine Partei begünstigen sollen, muss von dieser eingeleitet werden. ⇒ Verfahren zum Schutz des öffentlichen Interesses werden von der Behörde selbst eingeleitet (amtswegig) Parteien können sämtliche Wege der modernen Kommunikation nutzen ⇒ Hat die Partei keinen berufsmäßigen Vertreter im Verfahren werden die nötigen Anleitungen von der Behörde an die Partei gegeben Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 8 v. 38 2.) Ermittlungsverfahren Unparteilichkeit: Das Gesetz garantiert die Unparteilichkeit der Behörde ⇒ Verfahren soll fair ablaufen ⇒ Behördenvertreter können von Parteien abgelehnt werden Grundsätze des Verfahrens Der Entscheidung geht ein Vermittlungsverfahren voraus ⇒ Behörde ermittelt den maßgeblichen Sachverhalt um eine Entscheidung zu fällen ⇒ Im Verfahren legen alle Parteien ihren rechtlichen Standpunkt fest Offizialmaxime & Grundsatz der materiellen Wahrheit - Behörde muss von amt wegen den wahren Sachverhalt feststellen ⇒ muss sich über Situation im Klaren sein Grundsatz der arbiträren Ordnung - Die Behörde bestimmt den Gang des Verfahrens ⇒ Zu Berücksichtigen ist, dass alle Parteien das Recht am haben am Verfahren teilzunehmen (Parteienöffentlichkeit) Grundsatz der Beweiswürdigung - Behörde würdigt Beweise nach freier Überzeugung ⇒ Beweismittel sind alles was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet ist (Urkunden etc.) Recht auf Parteiengehör - Behörde muss den Parteien die Möglichkeit geben alles einzubringen was deren Rechtsstandpunkt stützt Effizienzprinzip - Das Verfahrens soll zweckmäßig, rasch, einfach & kostengünstig ablaufen ohne Rechte der Parteien zu kürzen 3.) Die Erledigung des Verfahrens Bescheide sind auf Grund eines Verfahrens, individuelle & konkrete Regelungen, einer Verwaltungsbehörde, die sich ihrem Inhalt an die Rechtunterworfenen richten. Verordnungen einer Behörde, privatrechtliche Verträge und Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- & Zwangsgewalt gelten nicht als Bescheide. Wird bei der Erlassung eines Bescheids schwerwiegend gegen die Rechtsvorschriften verstoßen, wird dieser als nicht gültig erklärt. Um einen Bescheid zu erlassen muss die dafür verantwortliche Stelle mindestens Behördenqualität aufweisen. Mindestanforderungen: - Behördenqualität der bescheiderlassenden Stelle Bezeichnung der bescheiderlassenden Stelle Bezeichnung des Adressaten Spruch (Inhalt) Unterschrift bzw. Feststellbarkeit des Genehmigenden Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 9 v. 38 Meistervorschriften: - Begründung der behördlichen Erscheinung Belehrung über Möglichkeit zur Erhebung von Rechtsmitteln Einhaltung der materiellen Verwaltungsvorschriften Bei allen anderen Verstößen gegen dir Rechtsordnung wird der Bescheid als gültig erlassen, kann jedoch aufgrund eines Rechtsmittels abgeändert oder aufgehoben werden Bescheidsarten: - Leistungsbescheide (z.B.: Strafbescheid) Rechtsgestaltungsbescheide (z.B.: Baugenehmigung) Feststellungsbescheide (Feststellung: Bagatell- oder Normalanlage) Erlassung eines Bescheids Bescheide sind das Ergebnis der Anwendung eines Gesetz oder einer Verordnung auf einen Sachverhalt durch eine Behörde (Legalitätsprinzip) ⇒ bei Entscheidungsfindung Ermessensspielraum für die Behörde möglich Ein Bescheid gilt als erlassen wenn er „mündlich“ verkündet wurde bzw. an die Adressaten zugestellt wurde. Rechtskräftigkeit eines Bescheids & Bedeutung Rechtskraft bedeutet Unabänderlichkeit des Bescheides (ab gewissen Zeitpunkt) ⇒ Formell ist ein Bescheid rechtskräftig, wenn er nicht mehr mit ordentlichen Rechtmitteln (Berufung) bekämpft werden kann. Mit der formellen Rechtskraft tritt die materielle Rechtkraft ein. Formelle Rechtskraft : - Ablauf der Berufungsfrist Entscheidung der letzten Berufungsinstanz Rechtsmittelverzicht Zurückziehung eines eingebrachten ordentlichen Rechtmittels - Unwiderrufbarkeit Unwiederholbarkeit Verbindlichkeit Materielle Rechtskraft: Ablauf des Betriebsanlagenbewilligungsverfahren Der Unternehmer leitet das Verfahren mit der Einbringung des Ansuchens auf Erteilung zur Bewilligung zur Errichtung & Betrieb der Anlage bei der zuständigen Behörde ein. Es sind alle für die Bewertung des Sachverhalts relevanten Unterlagen beizufügen (Pläne, Skizzen etc.) Das Ermittlungsverfahren Die Behörde prüft, ob die gesetzlichen Vorraussetzungen für das der Erteilen der Bewilligung erfüllt sind und ob die Schutzinteressen der GewO berührt werden. Augenscheinverfahren Ist das wichtigstes Mittel zur Feststellung der Wahrheit und wird mündlich am Ort der zu errichtenden Betriebsanlage vollzogen. Die Behörde soll durch unmittelbare Wahrnehmung Informationen über tatsächliche Vorgänge oder Gegebenheiten verschaffen. Die Parteien haben die Gelegenheit Stellung zum Projekt zu nehmen Parteistellung der Nachbarn Die Nachbarn erhalten die Möglichkeit Einwendungen gegen die Betriebsanlage anzuzeigen. Einwendungen müssen prinzipiell rechtzeitig (bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung) & rechtserheblich (Einwendung muss sich auf subjektives Recht beziehen) sein sonst verliert der Nachbar seine Stellung als Partei ⇒ keine Akteneinsicht mehr ⇒ kein Rechtmittel Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 10 v. 38 Vereinfachte Verfahren bei Bagatellanlagen Wenn keine Gefährdungen & Belästigungen nur gering oder gar nicht auftreten ⇒ Nachbar hat keine Parteistellung ⇒ Behörde ist zum Schutz des öffentlichen Interesses berufen ⇒ Nachbar hat jedoch Mitspracherecht bei der Entscheidung, ob es sich um eine Bagatellanlage handelt ⇒ Bewilligungskriterien wie bei einer Normalanlage Verfahren in Bausachen Jenes Verfahren verläuft ähnlich wie das Betriebsanlagenverfahren. Es kommt ebenfalls zu einer Augenscheinverhandlung bei der die Nachbarn Einwendungen einbringen können. Sie haben subjektives Recht auf Einhaltung der Abstandsregeln etc. Die Erledigung durch die Behörde Die Behörde entscheidet & erlässt einen Bescheid der die Anlage entweder bewilligt oder verbietet. Der Weg der Entscheidung kann als Konsens der Nachbarn, Gewerbetreibenden & Behörde geschehen (in der Regel) Auflagen sind Nebenbestandteil des Bescheides und sind verpflichtend. Werden trotz Einhaltung der Auflagen die Interessen der GewO verletzt, ist die Behörde verpflichtet zusätzliche bzw. andere Auflagen vorzuschreiben Genehmigung von Abweichungen vom Bewilligungsbescheid Die Errichtung und der Betrieb der Anlage muss nach dem Bewilligungsbescheid erfolgen, kann jedoch auf Antrag bescheidmäßig Abweichungen enthalten Besondere Wirkung des Bewilligungsbescheides im Anlageverfahren Der Bewilligungsbescheid hat dringliche Wirkung. Der Bescheid hängt an der Anlage und nicht am Unternehmer. Zustellung & Firsten Der Bescheid muss allen am Verfahren beteiligten Partei zugestellt werden sonst hat er keine Rechtskraft. Ab dem Datum der Zustellung beginnt die Firsten zur Erhebung von Rechtsmittel IV. Rechtsmittel Mit Hilfe eines Rechtsmittels besteht die Möglichkeit die Entscheidung einer Behörde von einer übergeordneten Behörde auf Richtigkeit überprüfen zu lassen. Das Rechtsmittel ist somit wichtiges Element des Rechtstaates. Instanzenzug: Reihenfolge der Instanzen im ordentlichen Rechtsmittelverfahren 1.) Ordentliches Rechtsmittel: die Berufung Jede Partei kann Berufung erheben und somit alle Elemente des Spruchs eines Bescheides anfechten. Die Berufung ist bei der Behörde einzubringen und hat aufschiebende Wirkung. In erster Instanz besteht für die Behörde die Möglichkeit den Bescheid selbst zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren (Berufungsvorentscheidung). Wird keine Vorentscheidung gefällt leitet die Behörde erster Instanz die Berufung weiter ⇒ Berufungsbehörde ⇒ mehrere Möglichkeiten - Behörde hebt den Bescheid wegen mangelnder Sachverhaltermittlung auf verweist die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung & Erlassung eines neuen Bescheides an die Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 11 v. 38 Unterinstanz zurück - Die Berufungsbehörde entscheidet in der Sache selbst & a.) bestätigt den Bescheid b.) der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben & die Behörde entscheidet selbst c.) Behörde hebt den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf Ist der Unabhängige Verwaltungssenat Berufungsbehörde, dann hat dieser in der Sache zu entscheiden, wenn die Behörde erster Instanz dem nicht widerspricht 2.) Außerordentliche Rechtmittel & Rechtsbehelfe Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand Partei war durch unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert & deshalb Frist versäumt bzw. Handlung nicht gesetzt Antrag auf Wiederaufnahme Obwohl eine rechtkräftige Entscheidung vorliegt kann aufgrund falscher Zeugnisse, Urkunden, strafbarer Handlungen oder neuer Tatsachen, Beweismittel die Verhandlung neu aufgenommen werden. Devolutionsantrag bzw. Säumnisbeschwerde Wenn binnen 6 Monaten keine Entscheidung der Behörde getroffen wird, steht der Devolutionsantrag als Mittel gegen die Untätigkeit der Behörde zu Verfügung. Dieses Rechtsmittel richtet sich an die Oberbehörde, welche auch die Entscheidung fällt. Kommt die Oberbehörde bzw. der USV der Säumnisbeschwerde nicht nach ⇒ Beschwerde beim Verwaltungsgerichthof Beschwerde beim Verwaltungsgerichthof Der Verwaltungsgerichthof soll Gesetzwidrigkeiten bei Bescheiden behandeln ⇒ bei Erschöpfung des Instanzenzugs Beschwerde beim Verfassungsgerichthof kann bei einer Verfassungswidrigkeit eines Bescheides eingesetzt werden. Wenn dieser als verfassungswidrig gilt, wird er aufgehoben Lektion 4 (S.91-120) Die Grundrechte der Wirtschaft Grundrecht sind fundamentale Rechte, die für jeden Einzelnen gelten und im Verfassungsrecht verankert sind. Sie sind verankert in: - Staatsgrundgesetz 1867 über die all. Rechte der Staatsbürgen - europäischen Menschenrechtskonventionen Ziel der Grundrechte ist es, Freiheitsraum gegenüber Eingriffen des Staates zu sichern. Sie sollen zum einen als Abwehrfunktion gegen den Staat dienen und begründen zum anderen Prinzipien und Wertentscheidungen, von denen sich der Staat bei der Erlassung von Gesetzen zu leiten lassen hat. Der Staat jedoch auch die Pflicht für den Schutz der Grundrechte zu sorgen. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 12 v. 38 Grundrechtsarten: - liberale Grundrechte (Abwehrrechte) - politische Grundrechte (Wahlrecht) - soziale Grundrechte (kein Verfassungsrang) Prinzipiell gelten sind die Grundrechte an die Vollziehung (Gerichte) & den Gesetzgeber gerichtet. Bindung der Gesetzgebung Aufgrund ihres Verfassungsrangs ist die Gesetzgebung an die Grundrechte gebunden. Jedoch wird sie durch den Gesetzesvorbehalt abgeschwächt. Diese Ermächtigen den Gesetzgeber die Grundrechte näher auszugestalten und zu beschränken. Diese Einschränkung sind jedoch nur unter ganz bestimmten Vorraussetzungen möglich. Das Gesetz, welches in ein Grundrecht eingreift, muss gesetzmäßig sein. (z.B.: im Interesse der nationalen Sicherheit. Bindung der Verwaltung & Gerichtsbarkeit Die verfassungsgesetzlichen Rechte binden die Verwaltungsbehörden & Gerichte an die Grundrechte. Jeder behördliche Grundrechteingriff muss gesetzlich ermächtigt werden. Der Staat ist an die Grundrechte gebunden wenn er als Träger von Privatrechten agiert. Mittelbare Wirkung zwischen Privatpersonen Die Grundrechte wirken über Gesetze (mittelbar) zwischen Privatpersonen, da diese nicht aufgrund der Grundrechte unmittelbare Ansprüche gegenüber einer anderen Person haben. Die Grundrechte schützen natürliche Personen und juristische Personen vor den unverhältnismäßigen Eingriffen des Staates. Einige Grundrechte gelten für jedermann, andere nur für Inländer. Aufgrund des Diskriminierungsverbotes durch die EU & die EWR haben Personen der Mitgliedsstaaten Anspruch auf die für Inländer geltenden Grundrechte. Der Verfassungsgerichthof überwacht die Einhaltung der Grundrechte. Er überwacht auch, dass die Gesetze grundrechts- bzw. verfassungskonform sind. Urteile werden vom Obersten Gerichtshof und EMRK-Rechte vom europäischen Gerichthof für Menschenrechte behandelt. Die Wirtschaftsgrundrechte I. Die Erwerbsfreiheit Wen schützt die Erwerbsfreiheit Jeder Staatsbürger kann unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig ausüben. Jede inländische natürliche & juristische Person hat Recht auf freie Erwerbstätigkeit. (auch EWR & EU Bürger). Geschützt ist jede selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit, die auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet ist. Der Schutz bezieht sich auf den Antritt und die Ausübung. Gesetzesvorbehalt Die Erwerbsfreiheit steht unter einem so genannten Gesetzesvorbehalt und kann somit vom Gesetzgeber beschränkt werden. Jedoch muss jede gesetzliche Beschränkung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen und ist nur dann zulässig wenn ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, erforderlich & adäquat sind. Beschränkungstypen Je nach Eingriffsintensität bei Erwerbsfreiheitsbeschränkungen wird unterschieden zwischen Objektive Zugangsbeschränkung: Schranken für den Zugang zu einer Erwerbstätigkeit, die der Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 13 v. 38 Betroffene aus eigener Kraft nicht überwinden kann. Subjektive Zugangsbeschränkung: Zugangsbeschränkungen, die in der Person des Betroffenen liegen und aus eigener Kraft überwindbar sind. Ausübungsbeschränkung: Ausübungsschranken reglementieren die Ausübung einer Erwerbszweigs Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beinhaltet folgende Grundsätze: - Öffentliches Interesse: Bestehen des öffentlichen Interesses (z.B.: Umweltschutz) Geeignetheit: Beschränkung muss zur Erreichung des öffentlichen Interesses geeignet sein Erforderlichkeit: Das Gesetz muss wirklich erforderlich sein Adäquanz: zwischen dem öffentlichen Interesse & der durch den Eingriff verkürzten Grundrechtsposition muss eine angemessene Relation stehen Bindung der Vollziehung Auch Bescheide & Urteile können die Erwerbsfreiheit verletzten, wenn sie in das Grundrecht in wesentlicher Weise eingreifen. Dies ist der Fall wenn: - wenn der Bescheid ohne gesetzliche Grundlage erlassen wird - wenn ein verfassungswidriges Gesetz Grundlage für einen Bescheid ist - verfassungswidrige Auslegung eines Gesetzes durch Behörde II. Die Eigentumsfreiheit Schutzbereich Die österreichische Verfassung schützt das Eigentum von Wirtschaftstreibenden. Enteignungen können nur durchgeführt werden, wenn sie durch das Gesetz festgelegt sind. Auf die Eigentumsfreiheit kann sich jedermann beziehen und schützt alle vermögenswerten Rechte, die auf eigener Leistung beruhen. Auch öffentlich-rechtliche Ansprüche Können in den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit fallen. (z.B.: Anspruch auf Notstandshilfe) Bindung der Gesetzgebung Auch bei den Eigentumsrechten ist es dem Staat möglich Beschränkungen vorzunehmen. Unter bestimmten Vorraussetzungen kann der Staat in die Eigentumsfreiheit eingreifen unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Enteignung: wenn dem Eigentümer eine Sache oder ein Recht durch einen hoheitlichen Akt entzogen wird und auf einen Anderen bzw. dem Staat übertragen wird Vorraussetzung: - Es muss ein konkreter Bedarf vorliegen zur Deckung des öffentlichen Interesses Das zu enteignende Objekt muss geeignet sein den Bedarf zu decken Es muss unmöglich sein den Bedarf anders zu decken bloße Eigentumsbeschränkung: wenn das Eigentumsrecht nicht entzogen, sondern lediglich die Ausübung des Eigentumsrechts beschränkt wird Diese Einschränkungen können jedoch in ihrer Wirkung Enteignungen gleich kommen. Genau so wie bei den Enteignungen muss die Verhältnismäßigkeitregel beachtet werden. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 14 v. 38 Bindung der Vollziehung Auch die Vollzugsakte (Bescheide) müssen die Grundrechte beachten, können diese jedoch auch verletzten. Entschädigungspflicht & Pflicht zur Rückübereignung Im Gegensatz zu den bloßen Eigentumsbeschränkungen muss bei Enteignungen eine angemessene Entschädigung geleistet werden. Wenn die enteignete Sache nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem vorgesehen Zweck zugeführt wird ⇒ Rückenteignung III. Die Freiheit des Liegenschaftsverkehrs Jede inländische natürliche oder juristische Person (auch EU & EWR-Mitgliedstaat) kann Liegenschaften jeder Art erwerben und über diese frei verfügen. Der Staat darf unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in das Grundrecht des Liegenschaftsverkehrsfreiheit eingreifen. IV. Der Gleichheitssatz Der Gleichheitssatz besagt, dass alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind und Vorrechte der Geburt, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses ausgeschlossen sind. Der Gleichheitssatz schützt inländische natürliche & juristische Personen und zum Teil auch ausländische Personen. Bindung des Gesetzgebung 1.) Verbot, Gleiches unsachlicherweise ungleich zu regeln Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz besteht darin, aus dem Grund von Ungleichheiten (siehe oben) Differenzierungen vorzunehmen. Der Gesetzgeber ist verpflichtet gleiche Sachverhalte rechtlich gleich zu behandeln 2.) Verbot, Ungleiches unsachlicherweise gleich zu regeln Der Gleichheitssatz verbietet es dem Gesetzgeber aber auch, Ungleiches unsachlicherweise gleich zu behandeln. 3.) Allgemeines Sachlichkeitsgebot Allgemeine Sachlichkeitsgebot besagt, dass jeder staatliche Rechtsakt gerechtfertigt sein muss. 4.) Vertrauensschutz Der Gesetzgeber darf nicht ohne sachliche Rechtfertigung Gesetze rückwirkend in Kraft setzen und auch nicht in die wohlerworbene Anwartschaft eingreifen, indem er gebührende Leistungen von heute auf morgen gravierend kürzt oder streicht. Somit darf der Gesetzgeber nicht ohne sachliche Rechtfertigung in das schutzwürdige Vertrauen der Bürger in die Rechtlage überfallsartig oder gar rückwirkend in schwerwiegender Weise eingreifen. Der Gleichheitssatz bindet auch Gerichte und Verwaltungsbehörden und verbietet ihnen ein willkürliches Handeln. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 15 v. 38 Lektion 5 (S.123-161) Die Grundfreiheiten des Binnenmarktes Als Mitglied der Europäischen Union nimmt Österreich am europäischen Binnenmarkt teil. Dieser umfasst nach Artikel 14 des Vertrages zur Gründung der EG einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Die Grundfreiheiten des Binnenmarkts sind: • Warenverkehrsfreiheit • Dienstleistungsfreiheit • Niederlassungsfreiheit • Arbeitnehmerfreizügigkeit • Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit Aus ökonomischer Sicht dient die Gewährleistung der Grundfreiheiten der optimalen Allokation von wirtschaftlichen Ressourcen. Die Grundfreiheiten verleihen dem einzelnen Bürger subjektive Rechte, die er vor den nationalen Behörden durchsetzen kann. Sie begleiten allerdings Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen nur beim und nach dem Grenzübertritt von einem Mitgliedsstaat in den anderen. Reine Inlandssachverhalte werden von den Grundfreiheiten nicht geschützt (kann zur Inländer- bzw. Inlandsmarktdiskriminierung führen). Wovor schützen die Grundfreiheiten? Diskriminierungsverbot Die Grundfreiheiten begleiten Waren, Personen und Dienstleistungen beim und nach dem Grenzübertritt von einem Mitgliedsstaat in den anderen und schützen dabei vor Benachteiligung gegenüber inländischen Personen und Waren. Die Grundfreiheiten verbieten also Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit (= Inländergleichbehandlungsgebot). Eine ausdrückliche Diskriminierung liegt dann vor, wenn eine nationale Regelung schon vom Wortlaut her zu Lasten von Ausländern geht. Aber auch versteckte Diskriminierungen sind gesetzlich verboten. Die Grundfreiheiten verbieten nicht jede Diskriminierung schlechthin. So können Diskriminierungen zum Beispiel aus gründen öffentlicher Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit erlaubt sein. Beschränkungsverbot Der europäische Gerichtshof hat die Diskriminierungsverbote der Grundfreiheiten zu Beschränkungsverboten weiterentwickelt. Das Beschränkungsverbot fordert, dass sich auch nicht diskriminierende nationale Vorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit dem gemeinschaftsrecht rechtfertigen lassen müssen. Die Grundfreiheiten verbieten allerdings Beschränkungen nicht schlechthin. Ausnahmsweise können Beschränkungen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und damit erlaubt sein. Diese nationalen Beschränkungen müssen gerechtfertigt und verhältnismäßig sein, widrigenfalls verletzen sie die Grundfreiheiten. Exkurs: Rechtsangleichung („Harmonisierung“) Die aus zwingenden Gründen des Algemeininteresses gerechtfertigten und verhältnismäßigen Beschränkungen der Grundfreiheiten können von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat verschieden sein. Solche unterschiedlichen – wenngleich gerechtfertigten und damit aus sicht der Grundfreiheiten erlaubten – Standards der Mitgliedsstaaten können ihrerseits den freien Waren- und Personenverkehr innerhalb der EU beeinträchtigen. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 16 v. 38 Das gemeinschaftsrecht räumt daher dem EG-Gesetzgeber die Möglichkeit ein, Rechtsangleichsmaßnahmen (= Harmonisierungsvorschriften) zu erlassen. Es handelt sich dabei um Richtlinien oder Verordnungen, die die von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat differierenden Rechtsvorschriften inhaltlich aneinander angleichen, so dass dann im Ergebnis in jedem Mitgliedsstaat im Wesentlichen die gleiche Rechtslage gilt. Harmonisierungsvorschriften finden sich z.B. beim Gesundheitsschutz, Konsumentenschutz, Umweltschutz,... Warenverkehrsfreiheit Der Schutzbereich im Überblick Die Warenverkehrsfreiheit schützt den ungehinderten Grenzübertritt von Gemeinschaftswaren innerhalb des Binnenmarktes. Waren sind körperliche Gegenstände, die einen Geldwert haben. Gemeinschaftswaren sind alle Waren die aus Mitgliedsstaaten kommen sowie diejenigen Waren die aus Nicht-Mitgliedsstaaten kommen, für die die EinfuhrFormalitäten bei der Einfuhr in einen Mitgliedsstaat erfüllt sowie die vorgeschriebenen Zölle eingehoben sind. Der EGV enthält mehrere Bestimmungen, die den freien Warenverkehr im Binnenmarkt sicherstellen sollen. Ziel dabei ist die Sicherung eines freien Wettbewerbs zwischen den Gütern der verschiedenen Mitgliedsstaaten, der nicht durch nationale Vorschriften beeinträchtigt oder verzerrt werden darf. So ist vorgesehen, dass: • Gemeinschaft eine Zollunion ist • Mengenmäßige Ein-, aus- und Durchfuhrbeschränkungen grundsätzlich verboten sind • Staatliche Handelsmonopole so umzuformen sind, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen Angehörigen der Mitgliedsstaaten ausgeschlossen sind • Steuerliche Begünstigungen inländischer Waren verboten sind. Zollunion Zwischen den EG-Mitgliedsstaaten darf kein Zoll eingehoben werden. Gegenüber NichtMitgliedsstaaten der EG gibt es einen einheitlichen Außenzoll. Die Beseitigung mengenmäßiger Ein- und Ausfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedsstaaten Verpflichtung der Mitgliedsstaaten Nach Art 28 und 29 EGV sind mengenmäßige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Verboten sind aber nicht nur mengenmäßige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen, sondern auch Maßnahmen, die die gleiche Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen haben („Dassonville-Formel“: jede Handelsregelung, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, ist eine Maßnahme kontingentgleicher Wirkung) Eingeschränkt wurde dieses sehr weite Verständnis der Warenverkehrsfreiheit durch das „Keck“-Urteil. Der EuGH vertrat dabei die Auffassung, dass Regelungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten keine Maßnahmen kontingentgleicher Wirkung sind, sofern diese Bestimmungen für alle Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im betreffenden Mitgliedsstaat ausüben, und sofern diese Bestimmungen den Absatz inländischer Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedsstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren. (Ausnahme gilt nur für produktbezogenen Regelungen, diese können Maßnahmen kontingentgleicher Wirkung sein) Hervorzuheben ist, dass nach der Rechtssprechung des EuGH vertriebsbezogenen Regelungen sehr wohl dann Maßnahmen kontingentgleicher Wirkung sind, wenn sie geeignet sind, den Marktzugang für Erzeugnisse aus einem anderen Mitgliedsstaat zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tun. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 17 v. 38 Ausnahmen und Rechtfertigungsansprüche Die Warenverkehrsfreiheit verbietet Kontingentierungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung nicht schlechthin. Rechtfertigungsgründe nach Art 30 EGV: • Öffentliche Sittlichkeit • Ordnung und Sicherheit • Gesundheitsschutz • Kulturgüterschutz • Gewerblicher Eigentumsschutz Voraussetzung ist allerdings, dass die betreffende Maßnahme auch stets verhältnismäßig ist. Entsprechendes gilt auch für auf in- und ausländische Waren unterschiedslos anwendbare Maßnahmen, die den freien Warenverkehr beeinträchtigen können. Laut EuGH gibt es sogenannte „Cassis-Schutzgüter“: zwingende Erfordernisse wie z.B. Verbraucherschutz, Umweltschutz, Schutz der Medienvielfalt,... Es muss ein Zweck verfolgt werden, der im Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht. Das Verhältnismäßigkeitgebot muss dabei beachtet werden. (Ausnahme: der betreffende Bereich wurde bereits abschließend durch Richtlinien oder Verordnungen harmonisiert) Arbeitnehmerfreizügigkeit Schutzbereich Bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit geht es darum, den Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten die Wahl ihres Arbeitsplatzes im gesamten Gebiet der EU zu ermöglichen. Gemäß Art 39 EGV in Verbindung mit der Arbeitnehmerfreizügigkeitsverordnung 1612/68/EWG hat jeder Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates das Recht, in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine unselbständige wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen und auszuüben (Wanderarbeitnehmer). Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gewährt ein Recht auf: • Einreise in einem anderen Mitgliedstaat • Stellensuche • Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit • Wohnungssuche • Aufenthalt • Verbleib Auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit können sich berufen: • Staatsbürger eines EU-Mitgliedstaates • Staatsbürger eines EWR-Mitgliedstaates (EU-Raum, Island, Norwegen, Liechtenstein) • Angehörige des Wanderarbeitnehmers, auch wenn sie nicht EU-/EWR-Bürger sind • Durch das Assoziationsabkommen wurde auch mit der Türkei Arbeitnehmerfreizügigkeit vereinbart, mit der Einschränkung, dass die Mitgliedstaaten über die Erstzulassung von türkischen Staatsangehörigen frei entscheiden können Ausnahmen vom Schutzbereich • Beschäftigungen in der öffentlichen Verwaltung (z.B. Polizei, Justiz, Armee,...) Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot Das Diskriminierungsverbot der Arbeitnehmerfreizügigkeit richtet sich auch an den privaten Arbeitgeber. Das heißt, dass auch alle Bestimmungen in kollektiv- und Einzelarbeitsverträgen betreffend Zugang zur Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 18 v. 38 Arbeits- und Kündigungsbedingungen, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten diskriminieren, grundsätzlich verboten sind. Niederlassungsfreiheit Was für Arbeiter und Angestellte gilt, gilt auch für Selbständige. Auch sie können innerhalb des Binnenmarktes erwerbstätig sein, wo sie wollen. (Ausnahme: Ausübung öffentlicher Gewalt) Die Niederlassungsfreiheit schützt Unionsbürger und EWR-zugehörige Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat unternehmerisch tätig sein wollen. Sie schützt des weiteren vor Diskriminierungen und Beschränkungen der freien Standortwahl und dadurch auch in gewissem Maß den Erhalt der bisherigen Rechtsfähigkeit. Diskriminierungen können aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Dies gilt auch für nicht diskriminierende Beschränkungen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Dienstleistungsfreiheit Bei der Dienstleistungsfreiheit geht es um selbständige vorübergehende Tätigkeiten, die gegen Entgelt erbracht werden und ein grenzüberschreitendes Element aufweisen. Die Dienstleistungsfreiheit kommt allerdings erst dann zum Tragen, wenn die betreffende Tätigkeit nicht schon den Vorschriften über die anderen Grundfreiheiten unterliegt. Die Dienstleistungsfreiheit ist insoweit eine „Auffang“-Grundfreiheit. Das „grenzüberschreitende Element“ kann auf verschiedene Weise verwirklicht sein. Von aktiver Dienstleistungsfreiheit wird dann gesprochen, wenn die Dienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat, nämlich in dem, in dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist, erbracht wird. Unter die so genannte passive Dienstleistungsfreiheit fallen alle jene Fälle, in denen sich der Leistungsempfänger zur Entgegennahme der Leistung in einen anderen Mitgliedstaat begibt. Weiters liegt grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr vor, wenn: • Sich beide - Dienstleistungserbringer und –empfänger – in einen anderen Mitgliedstaat begeben • Nur die Dienstleistung die Grenze überschreitet Von der Warenverkehrsfreiheit unterscheidet sich die Dienstleistungsfreiheit dadurch, dass es bei der Warenverkehrsfreiheit um materielle, bei der Dienstleistungsfreiheit um immaterielle Produkte geht. Im Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit sind Diskriminierungen des Erbringers oder Empfängers von Dienstleistungen verboten, es sei denn, sie lassen sich aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit – unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – rechtfertigen. Verboten sind auch alle nicht diskriminierenden Beschränkungen, die sich nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses rechtfertigen lassen und/oder nicht verhältnismäßig sind. Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit Der EG-Vertrag sieht vor, dass grundsätzlich alle Beschränkungen des Kapital- und des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten, aber auch zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten verboten sind. Es soll dadurch ein europäischer Finanzraum geschaffen werden, in dem alle Marktteilnehmer zu den gleichen Bedingungen ihre Kapital- und Zahlungstransaktionen tätigen können. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 19 v. 38 Die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit verbietet Diskriminierungen und Beschränkungen nicht schlechthin. So darf ein Mitgliedstaat steuerrechtlich zwischen Personen mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort differenzieren oder unerlässliche Maßnahmen zur Vermeidung finanzrechtlicher Vergehen oder zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ergreifen. Die betreffenden Maßnahmen müssen allerdings verhältnismäßig sein. Lektion 6 (S.163-S.189) Europäisches Wettbewerbsrecht Warum gibt es überhaupt Wettbewerbsregeln? Ziel der EG ist es, einen Gemeinsamen Markt und eine Wirtschafts- und Währungsunion zu errichten. (Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb) Die Wettbewerbsbestimmungen des EGV richten sich dementsprechend nicht nur an den Staat, sondern auch an die privaten Unternehmen. Denn auch sie können den Wettbewerb innerhalb der EG beschränken. (z.B. Kartellbildung) Die Wettbewerbsregeln des EGV verfolgen daher folgende Zielsetzungen: • Der Wettbewerb soll als das grundlegende Ordnungsprinzip der Wirtschaft gegen Beschränkungen und Verfälschungen geschützt werden. • Von privater Seite sollen keine Schranken für den Waren- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der EG errichtet werden. Das Kartellverbot, das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung und die Fusionskontrollvorschriften richten sich gegen Beschränkungen des Wettbewerbsprinzips durch private Unternehmen. Überwacht wird die Einhaltung der europäischen Wettbewerbsregeln insbesondere durch die europäische Kommission, die in Österreich von der Bundeswettbewerbsbehörde unterstützt wird. Die einzelnen Mitgliedstaaten haben auch eigene Kartellrechtsvorschriften. Sind sowohl nationales und europäisches Wettbewerbsrecht anwendbar, so geht im Falle eines Widerspruchs das europäische Wettbewerbsrecht vor. Das Kartellverbot Was ist ein Kartell und warum ist es verboten? Kartelle werden von Unternehmen deshalb gebildet, um den Wettbewerb auszuschalten oder zumindest zu minimieren und damit den Ertrag zu steigern. Der EGV versteht unter einem Kartell: • • Eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise zwischen Unternehmen Die geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen und eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt Nach Art 81 EGV sind Kartelle verboten. Sie beeinträchtigen den freien Wettbewerb im Binnenmarkt der EG. Die Kartellmerkmale Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen Das Kartellverbot erfasst nicht nur Verträge zwischen Unternehmen, sondern auch abgestimmte Verhaltensweisen zwischen ihnen. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 20 v. 38 Horizontale Vereinbarungen Horizontale Vereinbarungen sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen derselben Wirtschaftsstufe (z.B. Preisabsprachen zwischen Produzenten oder Händlern). Vertikale Vereinbarungen Vertikale Absprachen sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftsstufe (z.B. Preisvereinbarungen zwischen dem Produzenten und den Händlern, die seine Produkte an die Konsumenten verkaufen. Produzent, nicht Händler, setzt Preise fest.) Spürbare Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten und Bezweckung oder Bewirkung einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung Absprachen zwischen Unternehmern sind dann verboten, wenn sie sich spürbar auf den innergemeinschaftlichen Wirtschaftsverkehr auswirken und eine spürbare Beschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs am relevanten Markt bewirken. Ab wann das der Fall ist, hat die Kommission in der so genannten Bagatell-Bekanntmachung näher definiert. Nicht dem Kartellverbot unterliegen Absprachen innerhalb eines Konzerns (da keine wirtschaftliche Selbständigkeit der Tochtergesellschaften vorhanden ist). Kartellvereinbarungen sind ungültig (Art 81 Abs. 2 EGV) Verbotenen Kartellabsprachen sind nichtig, das heißt ungültig. Sie müssen dementsprechend nicht erfüllt werden und ihre Einhaltung kann nicht eingeklagt werden. Ausnahmen von Kartellverboten (Art 81 Abs. 3 EGV) Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Kommission Absprachen zwischen Unternehmen vom Kartellverbot freistellen und damit erlauben. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: • Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung oder auch Beitrag zum wirtschaftlichen oder technischen Fortschritt • Angemessene Beteiligung der Verbraucher an den daraus resultierenden Vorteilen • Keine Wettbewerbsbeschränkungen, die über das hinausgehen, was zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist • Funktionierender Wettbewerb auf dem von der Vereinbarung betroffenen Markt Eine Freistellung vom Kartellverbot kann entweder durch Einzelfreistellungsentscheidungen oder durch Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) der Europäischen Kommission erfolgen. Das Verfahren zur Abstellung von Kartellen und die Verhängung von Strafen Die Kommission kann Unternehmen auffordern, Kartelle abzustellen. Sie kann auch empfindliche Geldstrafen verhängen („Kronzeugenregelung“) Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung Allgemeines Unternehmen, die den Markt beherrschen, dürfen ihre marktbeherrschende Stellung nicht missbräuchlich ausnutzen, da dies den Wettbewerb beeinträchtigt (§ 82 EGV). Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 21 v. 38 Was ist der relevante Markt? In der „Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft“ erläutert die Kommission, was unter sachlich und örtlich relevantem Markt zu verstehen ist. (auch für die Fusionskontrolle von Bedeutung) Der sachlich relevante Markt (=Produktmarkt) Bei der Festlegung des sachlich relevanten Markts kommt es auf die Substituierbarkeit (=Austauschbarkeit) des betreffenden Produkts aus der Sicht der Marktgegenseite (Abnehmer/Konsument) an. Wichtige Indikatoren sind dabei die Preislage, die Qualität, technische Merkmale und die Kreuzpreiselastizität. Der örtlich relevante Markt Bei der räumlichen Marktabgrenzung geht es um die Bestimmung jeder im Produktmarkt auftretenden Unternehmen, die nach räumlich/geographischen Gesichtspunkten als alternative Bezugsquellen der Abnehmer bzw. als Konkurrenten des möglichen Marktbeherrschers angesehen werden können. Die Kommission definiert den örtlich relevanten Markt als das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmen die relevanten Produkte und Dienstleistungen anbieten, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von den benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet. Der örtliche Markt muss – um europarechtlich relevant zu sein – den Gemeinsamen Markt oder einen wesentlichen Teil davon umfassen. (auch wichtige Flug- und Seehäfen) Wann liegt eine marktbeherrschende Stellung vor? Auf dem sachlich oder örtlich relevanten Markt hat ein Unternehmer dann eine beherrschende Stellung, wenn er in der Lage ist, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs zu verhindern, indem er sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich auch den Verbrauchern gegenüber weitgehend unabhängig verhalten kann. (keinem nennenswerten Wettbewerb ausgesetzt) Bei einem Marktanteil von über 80 % am sachlich und örtlich relevanten Markt kann von Marktbeherrschung ausgegangen werden. (kann aber auch schon bei 40 % vorliegen) Wann liegt ein Missbrauch vor? Das Gemeinschaftsrecht verbietet nicht die marktbeherrschende Stellung als solche, sondern deren missbräuchliche Ausnutzung. Ein solcher Missbrauch liegt dann vor, wenn das Verhalten des Marktbeherrschers am Markt von den Mitteln eines normalen Produktoder Leistungswettbewerbs abweicht. Man unterscheidet: • • Behinderungsmissbrauch: marktbeherrschendes Unternehmen richtet seine Marktmacht direkt gegen die Mitwerber Ausbeutungsmissbrauch: marktbeherrschendes Unternehmen nützt die Abhängigkeit seiner Marktpartner aus, um geschäftliche Vorteile zu erzwingen Das Verfahren zur Abstellung des Missbrauchs und die Verhängung von Strafen Die Kommission überwacht die Einhaltung des Verbots des Missbrauchs marktbeherrschender Stellung. Stellt die Kommission einen Missbrauch der Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 22 v. 38 marktbeherrschenden Stellung fest, so trägt sie dem Marktbeherrscher auf, den Missbrauch abzustellen. (Geldstrafen) Fusionskontrolle Allgemeines Auch Unternehmenszusammenschlüsse können den freien Wettbewerb beeinträchtigen. Ziel der Fusionskontrolle ist es zu verhindern, dass durch den Zusammenschluss zweier oder mehrerer Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt und dadurch der Wettbewerb beeinträchtigt wird. Arten von Unternehmenszusammenschlüssen Ein Unternehmenszusammenschluss liegt in folgenden Fällen vor: • Verschmelzung • Kontrollerwerb • Errichtung eines Gemeinschaftsunternehmens Gemeinschaftsweite Bedeutung Damit ein Zusammenschluss der Fusionskontrollverordnung unterliegt, muss er von gemeinschaftsweiter Bedeutung sein, d.h. eine gewisse Größenordnung aufweisen. (Umsatzschwellen) Das Genehmigungsverfahren Unternehmenszusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung müssen bei der Kommission angemeldet werden. (Verpflichtungserklärungen) Öffentliche Unternehmen und Wettbewerbsrecht Siehe Lektion 7 Verbot staatlicher Beihilfen Das grundsätzliche Beihilfeverbot (Art 87 Abs. 1 EGV) Staatliche Beihilfen sind grundsätzlich verboten. Staatliche Beihilfen können nicht nur finanzielle Zuwendungen sein, sondern auch Erleichterungen oder Befreiungen von staatlich festgelegten Leistungspflichten (Steuerbefreiung,...) Auch sogenannte Quersubventionen durch den Staat sind verboten. Werden generell Gelder an alle Wirtschaftstreibenden eines Landes ausgeschüttet, handelt es sich nicht um eine Beihilfe, sondern um eine allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahme. Ausnahmen vom Beihilfeverbot (Art 87 Abs. 2 und 3 EGV) Welche Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, legt der EGV selbst bzw. durch Genehmigungsermächtigungen an die Kommission fest. Soziale Beihilfen an einzelne Verbraucher oder Beihilfen für Katastrophenfälle sind mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. Ferner können von der Kommission folgende Beihilfen als vereinbar erklärt werden: • Förderung von wirtschaftlich unterentwickelten Gebieten • Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 23 v. 38 • • • • • Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse Förderung der Kultur und des kulturellen Erbes Ausbildungsbeihilfen (laut Verordnung der Kommission) Deminimis-Beihilfen (weniger als Euro 100.000 in 3 Jahren) Das Verfahren der Beihilfeaufsicht 1. Melde- und Genehmigungspflicht Grundsätzlich müssen alle Beihilfen der Kommission gemeldet und von ihr genehmigt werden. 2. Möglichkeit der Untersagung bestehender Beihilfen Hinsichtlich bereits bestehender Beihilfen gilt ein anderes Kontrollsystem. Sie sind solange zulässig, bis sie von der Kommission untersagt werden. 3. Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Kommission Zuständig ist der Europäische Gerichtshof. Lektion 7 (S.193-213) Wie nimmt der Staat am Markt teil? Der Staat tritt am Markt sowohl als Anbieter (öffentliche Unternehmen) als auch als Nachfrager (Vergabe öffentlicher Aufträge) von Waren und Dienstleistungen auf. Warum wird der Staat überhaupt wirtschaftlich tätig? Ziele staatlicher Wirtschaftstätigkeit: • Bedarfsdeckung: Der Staat benötigt Dienstleistungen und Güter, um die ihm obliegenden Aufgaben erfüllen zu können (Bedarfsdeckung). Zu diesem Zweck wird er selbst wirtschaftlich tätig bzw. schafft eigene Gesellschaften, oder aber tritt am Markt als Nachfrager auf. • Versorgungssicherung: Sicherstellung von gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen die im Allgemeininteresse liegen; dieses Ziel verfolgt der Staat auch im Elektrizitäts- und Verkehrsbereich, ferner in den Bereichen Abfallentsorgung, Kultur, Sport und Rundfunk • Erwerbswirtschaft: der Staat möchte durch die wirtschaftliche Tätigkeit Einnahmen erzielen; verliert aber immer mehr an Bedeutung durch die „Privatisierungswellen“ Der Staat als Anbieter Was sind öffentliche Unternehmen? Öffentlich ist – laut Transparenzrichtlinie der EG – ein Unternehmen dann, wenn der Staat auf Grund Eigentums, finanzieller Beteiligung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen ausüben kann. (liegt vor, wenn Staat alleiniger Eigentümer ist oder über die Mehrheit der Anteile verfügt) Von einem Privatunternehmen unterscheiden sich öffentliche Unternehmen also dadurch, dass der Staat dessen Geschäftsführung steuern kann. Im Versorgung- und Bedarfsdeckungsbereich behält sich der Staat in der Regel mindestens 51 % der Gesellschaftsanteile und damit den beherrschenden Einfluss vor. Erscheinungsform von öffentlichen Unternehmen Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 24 v. 38 • • Einteilung nach der Rechtsform Öffentliche Unternehmen können unterschiedlich organisiert sein. Mitunter sind sie als Eigenunternehmen der Gebietskörperschaften organisiert, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen und als Bundes-, Landes- oder Gemeindebetriebe tätig sind. (Teil der allg. staatlichen Verwaltung) Öffentliche Unternehmen können aber auch eigene Rechtsträger sein. Es handelt sich dann vielfach um juristische Personen des Privatrechts (GmbH, AG,...). Steht eine Gesellschaft zu 100 % im Eigentum einer Gebietskörperschaft, dann spricht man von einer Eigengesellschaft. Außerhalb der staatlichen Verwaltung kommen auch noch juristische Personen öffentlichen Rechts in Betracht. (Anstalten, Stiftungen, Fonds) Einteilung nach Zielen o Unternehmen der Versorgungswirtschaft: die Verwaltung der anteile des Bundes an Unternehmen der Erwerbswirtschaft wird durch die Österreichische Industrieholding AG (ÖIAG) wahrgenommen o Unternehmen der Erwerbswirtschaft o Unternehmen mit Regulierungsaufgaben: finden sich besonders in Wirtschaftsbereichen, in denen der Staat im Rahmen ehemaliger Monopole nicht nur die Erbringung der jew. Dienstleistung selbst, sondern auch die für die Erbringung der Leistung unverzichtbaren Infrastruktureinrichtungen betrieben hat Exkurs: Ausgliederung Begriff und Ausgliederungsmotive Von „Ausgliederung“ spricht man, wenn Aufgaben nicht mehr vom Verwaltungsapparat einer Gebietskörperschaft wahrgenommen werden, sondern auf einen für die Aufgabenerfüllung eigens geschaffenen, vom Staat kontrollierten Rechtsträger übertragen werden. Wichtigste Motive für die Ausgliederung: • Flexibilisierung von Entscheidungsprozessen auf Grund strafferer Führungsorganisation • Verstärkte Möglichkeit wirtschaftlicher Geschäftsführung • Entpolitisierung der Aufgabenfelder • Budgetentlastung,... Ausgliederungen werden mitunter auch als Privatisierungen bezeichnet. Bei der Privatisierung geht es einerseits um die Übertragung von öffentlichem Eigentum auf Private, wodurch sich Staatseinnahmen erzielen und damit Budgetdefizite abbauen lassen. (Vermögensprivatisierung) Andererseits geht es bei Privatisierungen um die Verringerung des Leistungsangebotes der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Unternehmen (Leistungsprivatisierung). Innerhalb der Leistungsprivatisierung unterscheidet man zwischen: • Organisationsprivatisierung (Verantwortung verbleibt grundsätzlich bei der betreffenden Gebietskörperschaft) und • Aufgabenprivatisierung (Aufgaben werden fortan von „echten“ Privaten besorgt) Grenzen der Ausgliederung Die Gebietskörperschaften dürfen NICHT nach völlig freiem Belieben ausgliedern. Vielmehr gibt es verfassungsrechtliche Grenzen, die eingehalten werden müssen. So muss die Ausgliederung von öffentlichen Aufgaben insbesondere sachlich gerechtfertigt sein und dem Effizienzgebot entsprechen. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 25 v. 38 Werden Private bzw. ausgegliederte Rechtsträger (z.B. Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH) mit hoheitlichen Aufgaben betraut („Beleihung“), dann müssen noch weitere verfassungsrechtliche Schranken beachtet werden. Die Betrauung von ausgegliederten Rechtsträgern mit der Besorgung hoheitlich wahrzunehmender Aufgaben bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Es dürfen nur vereinzelte hoheitliche Aufgaben und keine Kernbereiche der staatlichen Verwaltung (z.B. Polizei) ausgegliedert werden. Public-Private-Partnership-Modelle Der Staat arbeitet bei der Besorgung öffentlicher Aufgaben mitunter auch mit Privatunternehmen zusammen. Insbesondere im Bereich der daseinsvorsorgenden Leistungen des Staates haben sich so genannte Public-Private-Partnership-Modelle („PPP“) entwickelt. Unterliegen öffentliche Unternehmen dem europäischen Wettbewerbsrecht? Allgemeines Öffentliche Unternehmen genießen oft eine begünstigte Stellung. Das europäische Gemeinschaftsrecht verbietet öffentliche und vom Staat privilegierte Unternehmen nicht. Es enthält aber spezielle Regelungen im Bezug auf solche Unternehmen, die eingehalten werden müssen. Das Verbot nach Art 86 Abs. 1 EGV Art 86 Abs. 1 EGV verbietet den Mitgliedstaaten, in Bezug auf öffentliche und privilegierte Unternehmen dem Gemeinschaftsrecht widersprechende Maßnahmen zu treffen. Damit ist gemeint, dass die Mitgliedstaaten ihre Einflussnahmemöglichkeiten in Bezug auf öffentliche und privilegierte Unternehmen nicht dazu missbrauchen dürfen, um den Wettbewerb am Binnenmarkt zu verfälschen. Konkret verboten sind alle staatlich veranlassten Verstöße gegen das gemeinschaftsrecht, insbesondere gegen das verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung sowie gegen das Verbot staatlicher Beihilfen. Die Ausnahme (Art 86 Abs. 2 EGV) Art 86 Abs. 2 EGV sieht vor, dass für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder die dem Staat eine besondere Einnahmequelle verschaffen sollen, das gemeinschaftsrecht nicht gilt, wenn ansonsten die Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben gefährdet wäre. Der Staat darf solchen Unternehmen zum Beispiel Beihilfen gewähren. Der Staat als Nachfrager Was sind öffentliche Aufgaben? Öffentliche Aufträge sind Verträge – z.B. Kaufverträge, Mietverträge, Werkverträge,... – zwischen öffentlichen Auftraggebern und privaten Unternehmen, in denen sich diese verpflichten, für den öffentlichen Auftraggeber eine bestimmte Leistung gegen Entgelt zu erbringen. (Auftraggeber handelt privatwirtschaftlich) Als öffentliche Auftraggeber kommen die Gebietskörperschaften, durch sie beherrschte ausgegliederte Rechtsträger, aber auch andere öffentlich-rechtliche Einrichtungen in Betracht. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 26 v. 38 Warum bedarf die öffentliche Auftragsvergabe einer speziellen rechtlichen Regelung? Der öffentliche Auftraggeber muss die in Auftrag gegebenen Leistungen natürlich auch bezahlen. Dies geschieht in der Regel mit Steuergeldern, deshalb muss es ein rechtlich geregeltes Vergabeverfahren geben. Dieses dient: • dem Interesse des Auftraggebers, seine Mittel effizient einzusetzen • dem Interesse der Marktteilnehmer, dass Aufträge nach sachbezogenen Kriterien objektiv nachprüfbar vergeben werden und damit • dem Interesse am Funktionieren eines fairen Wettbewerbs Das europäische und österreichische Vergaberecht Natürlich besteht auch auf europäischer Ebene ein Interesse an einem fairen grenzüberschreitenden Wettbewerb im Bereich der öffentlichen Aufträge. Schließlich handelt es sich dabei um einen wichtigen Aspekt zur Verwirklichung des Binnenmarktes. Neben den Grundfreiheiten bzw. dem Diskriminierungsverbot gibt es zur Realisierung eines fairen Wettbewerbs mehrere EG-Richtlinien, die bei Aufträgen über bestimmten Schwellenwerten vom Auftraggeber beachtet werden müssen. Umgesetzt wird das europäische Vergaberecht in Österreich durch das Bundesvergabegesetz und Vergabegesetze der Länder. Das österreichische Vergabegesetz regelt insbesondere, wie eine Auftragsvergabe im Detail abzulaufen hat und wie sich ein Bieter, der trotz eines besseren Angebotes nicht zum Zug gekommen ist, zur Wehr setzen kann. Lektion 8 (S.215 – S.247) Innerstaatliches Organisationsrecht Die Staatsgewalt Unter Staatsgewalt sind jene Einrichtungen und Handlungsformen zu verstehen, die dem Staat zur Erreichung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen. Die Staatsgewalt gliedert sich in zwei Ebenen: Gesetzgebung und Vollziehung. Da Österreich ein Bundesstaat ist, ist die gesamte Staatsgewalt auf die Gebietskörperschaften aufgeteilt: Bund – Länder – Gemeinden. Auf der Ebenen der Gesetzgebung werden der Bund und die Länder, auf Ebene der Vollziehung Bund, Länder und Gemeinden tätig. Die Gerichtsbarkeit als Teil der Vollziehung ist Bundesorganen vorbehalten. Besondere Sachgebiete der Vollziehung sind eigenen Selbstverwaltungskörper übertragen (Universitäten,...). Die drei Gebietskörperschaften Eine Gebietskörperschaft ist eine juristische Person des öffentlichen rechts, die alle Personen erfasst, die in einer örtlichen Beziehung zu einem bestimmten Gebiet stehen. Diese Körperschaften werden durch Verfassungsgesetz eingerichtet, sie haben hoheitliche Gewalt und sind ihrerseits träger von Rechten und Pflichten. Die Staatsgewalt in Österreich ist zwischen den drei Gebietskörperschaften aufgeteilt: • Bund: ist die größte Gebietskörperschaft, erstreckt sich über ganz Österreich. Die Gesetzgebungsorgane sind der Nationalrat und der Bundesrat, die Bundesregierung, die Bundesminister und der Bundespräsident (höchste Verwaltungsorgane). Die Höchstgerichte (Verfassungs-, Verwaltungs- und Oberster Gerichtshof) sind die obersten Kontrollinstanzen der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 27 v. 38 • • Länder: Die Gesetzgebungsorgane der Länder sind die Landtage, die höchsten Verwaltungsorgane sind die Landesregierungen. Gemeinden: ihnen ist nur ein Teil der Verwaltung übertragen. Die Organe sind der Bürgermeister und der Gemeinderat. (keine Gesetzgebungskompetenz) Gesetzgebung Gesetzgebung ist jener Vorgang, bei dem generell abstrakte normen (Gesetze) von den Gesetzgebungsorganen geschaffen werden. Durch Gesetze werden politische Zielrichtungen verwirklicht. 1. Die österreichische Bundesverfassung a. Allgemeines Das Stammgesetz der österreichischen Bundesverfassung ist das Bundesverfassungsgesetz. Neben dieser sind noch das Staatsgrundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention von besonders wichtiger Bedeutung. Diese Bestimmungen enthalten die Grundregeln des österreichischen Staates. Um sie zu beschließen, abzuändern oder aufzuheben bedarf es der Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten im NR und im BR, wobei zwei Drittel dieser Anwesenden Abgeordneten zustimmen müssen. Weiters sind Verfassungsbestimmungen ausdrücklich als solche zu bezeichnen. b. Grundprinzipien der österreichischen Bundesverfassung Aus den einzelnen Verfassungsbestimmungen ergeben sich die sogenannten Grundprinzipien der Bundesverfassung. Diese Grundprinzipien sind die höchsten Normen innerhalb der österreichischen Verfassung, alle anderen müssen ihnen entsprechen. • Demokratisches Prinzip: Volk muss mittelbar an der Gesetzgebung beteiligt sein • Republikanisches Prinzip: Österreich ist eine Republik, der Bundespräsident wird für 6 Jahre von den Bürgern gewählt • Bundesstaatliches Prinzip: Kompetenzverteilung nach Art. 10-15 B-VG • Grundsatz der Gewaltenteilung: die zwei Staatsgewalten Gesetzgebung und Vollziehung sind formell getrennt, die Vollziehung teilt sich wiederum in Verwaltung und Gerichtsbarkeit (gegenseitige Kontrolle) • Rechtstaatliches Prinzip: die Vollziehung ist an die Gesetze gebunden, die Gesetze an die Verfassung • Liberales Prinzip: Grundrechte und Menschenrechte c. Exkurs: Österreich als soziale Marktwirtschaft Die österreichische Bundesverfassung hat sich ausdrücklich nicht für ein bestimmtes Wirtschaftssystem entschieden. Aus den Wirtschaftsgrundrechten und einfachgesetzlichen Regelungen und aus den Grundfreiheiten des EGV ergibt sich allerdings, dass in Österreich eine soziale Marktwirtschaft herrscht. Manch einer spricht von Österreich auch als einem ökosozialen Staat (umfassender Umweltschutz soll garantiert werden). d. Länderverfassungen Gemäß dem bundesstaatlichen Prinzip haben die Länder das Recht, sich selbst Verfassungen zu geben. Diese dürfen aber nicht gegen die Bundesverfassung verstoßen. 2. Einfache Gesetze Diese regeln verschiedenste Sachbereiche, Verfahren oder Organisationen (Straßenverkehr, Universität, Baurecht, Gewerberecht,...). Um ein Gesetz zu beschließen, bedarf es im Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 28 v. 38 gesetzgebenden Organ einer einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, mindestens die Hälfte der Abgeordneten müssen anwesend sein. 3. Exkurs: Stufenbau der Rechtsordnung Recht entsteht in einem Rechtserzeugenden Prozess, der von obersten, abstrakten Normen zu konkreten Rechtsnormen führt. Auf jeder einzelnen Stufe wird Recht gesetzt. Eine niedrigere Rechtsstufe muss mit der höheren in Einklang stehen. Grundprinzipien der österreichischen Bundesverfassung Europäisches Gemeinschaftsrecht (primäres und sekundäres) Bundesverfassung Landesverfassung Bundesgesetz Landesgesetz Verordnung Urteil, Bescheid, Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt 4. Organe der Gesetzgebung a. Bundesgesetzgebung In den Bereichen, in denen gemäß Art. 1-15 B-VG der Bund zur Gesetzgebung berufen ist, übt der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat die Gesetzgebung aus. Gesetzesinitiativen gehen meist von der Bundesregierung als so genannte Regierungsvorlagen aus, die von den Mitarbeitern der Ministerien nach den politischen Vorgaben der Minister gestaltet werden. Diese werden dann diskutiert (im NR und BR) und dann darüber abgestimmt. Wird das Gesetz von der Mehrheit der Abgeordneten angenommen, muss es vom Bundespräsidenten beurkundet und vom Bundeskanzler gegengezeichnet werden. Danach wird es im Bundesgesetzblatt verlautbart und tritt somit in Kraft. b. Gesetzgebung der Länder Die Gesetzgebung der Länder erfolgt durch den jeweiligen Landtag. (Mitglieder werden vom Landesvolk gewählt) Vollziehung Der Begriff der Vollziehung umfasst alle Akte, die notwendig sind, die Gesetze in die Wirklichkeit umzusetzen. Sie teilt sich in zwei Bereiche: Gerichtsbarkeit und Verwaltung. Die Vollziehung ist an die Gesetze gebunden. Lässt sich ein Vollzugsakt nicht auf ein Gesetz Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 29 v. 38 oder eine Verordnung zurückführen, ist der Akt rechtswidrig und wird aufgrund eines Rechtsmittels aufgehoben. Wer handelt, wenn der Staat handelt? Wenn der Staat handelt, handeln natürliche Personen in Vertretung für den Staat. Man unterscheidet: • Organe und Organwalter: vom Gesetz vorgesehene Einrichtungen, die Staatsaufgaben wahrnehmen (der NR ist ein Organ der Gesetzgebung,...). Die Menschen, die die Organe besetzen sind Organwalter. • Behörden: sind Organe, die über „Imperium“ (rechtlich durch Gesetz verliehene Fähigkeit, einseitig verbindliche Rechtsakte hinsichtlich der Vollziehung von Gesetzen zu erlassen) verfügen. • Kollegialorgane (-behörden) – monokratische Organe (Behörden): diese Unterscheidung ergibt sich daraus, ob innerhalb eines Organs die Willensbildung durch den Vorstand der Behörde allein erfolgt, oder ob die Willensbildung durch mehrere Organe mittels Mehrstimmigkeit erfolgte. Vollziehung: Gerichtsbarkeit und Verwaltung Gerichtsbarkeit Über Streitigkeiten zwischen Privatpersonen urteilen gemäß § 1 JN die ordentlichen Gerichte (Privatrecht). Bei Angelegenheiten, an der Privatpersonen und der hoheitlich handelnde Staat beteiligt sind, sind die Verwaltungsbehörden zuständig. Um zu ermitteln, welche Behörden nun für welche Gesetze zuständig sind, ist die Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht sehr wichtig. Die österreichische Rechtsordnung baut auf dieser Unterscheidung auf. Unterscheidungsmerkmale: Privatrecht Ausgleich von Privatinteressen Die Beteiligten Personen sind gleichberechtigt Erfordernis der Willensübereinstimmung Dispositives (nachgiebiges) Recht Öffentliches Recht Vorschrift liegt im öffentlichen Interesse Über-Unterordnungsverhältnis Die Behörde kann einseitig entscheiden Zwingendes Recht Von den außerordentlichen Gerichten werden gemäß der Bundesverfassung Streitigkeiten des Zivil- als auch des Strafrechts abgehandelt. Es darf keine Unterordnung der Gerichtsbarkeit unter die Verwaltung geben. Das besondere an der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist, dass sie von unabhängigen, unabsetzbaren und unversetzbaren Richtern ausgeübt wird. Die Richter sind an keinerlei Weisungen gebunden, sie entscheiden allein aufgrund des Gesetzes. Für die Erledigung der Angelegenheiten, die nicht unter die Gerichtsbarkeit fallen, sind die Verwaltungsbehörden zuständig. Verwaltung Hoheitsverwaltung Die Hoheitsverwaltung ist jener Teil der Staatsgewalt, durch die das öffentliche Recht von weisungsgebundenen Verwaltungsbehörden vollzogen wird. Der Vollzug der GewO ist klassisches Verwaltungsrecht. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 30 v. 38 Prinzipien der Verwaltung: • Weisungsgebundenheit • Legalitätsprinzip (Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung): die gesamte staatliche Verwaltung darf nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden. Jeder Verwaltungsakt muss im Gesetz begründet sein. Einfaches Verwaltungshandeln Behörden und Organe werden aber auch tätig, ohne hoheitliche Akte zu erlassen (schlichte Hoheitsverwaltung). Auch dieses Verwaltungshandeln lässt sich auf Gesetze zurückführen. Unter diese schlichte Hoheitsverwaltung fallen: Vorbereitung von Entscheidungen, Erstellung von Gesetzesentwürfen, Auskunftserteilung,... Die meisten Staatsangelegenheiten fallen unter diese schlichte Hoheitsverwaltung. Bundesverwaltung Auf höchster Ebene der Bundesverwaltung steht der Bundespräsident und die Bundesregierung. Diese drei Ebenen sind gleichgeordnet, es besteht kein Weisungszusammenhang zwischen ihnen. Sie sind allerdings bei bestimmten Akten voneinander abhängig. Im Bundesministeriengesetz sind die einzelnen Sachgebiete den Ministern zugeordnet. • Unmittelbare Bundesverwaltung: bundeseigene Behörden erledigen in den Unterinstanzen die Verwaltungsagenden • Mittelbare Bundesverwaltung: zahlreiche Bundesverwaltungsangelegenheiten werden von Landesbehörden vollzogen (funktionell für den Bund tätig). Es besteht ein Weisungszusammenhang zwischen Bundes- und Landesbehörden. Landesverwaltung Die Landesverwaltung wird von den Landesbehörden besorgt. Jedes Bundesland ist in politische Bezirke gegliedert, die von Bezirksverwaltungsbehörden verwaltet werden. An der spitze steht der Bezirkshauptmann. An zweiter und letzter Stelle im Instanzenzug steht die Landesregierung bzw. deren Mitglieder. Gemeinden Alles was in den Wirkungsbereich der Gemeinde fällt, soll auch von ihr besorgt werden. In Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs besteht kein Weisungsrecht von Bundesoder Landesbehörden an Gemeindeorgane. Neben dem eigenen Wirkungsbereich haben die Gemeinden auch einen übertragenen. In diesen Angelegenheiten werden sie je nachdem, um welchen Kompetenztatbestand es sich handelt, funktionell für das Land oder den Bund tätig (zuständiges Organ ist der Bürgermeister). Andere Selbstverwaltungskörper Neben den Gemeinden bestehen noch andere Selbstverwaltungskörper: für die gilt ähnliches wie bei den Gemeinden. Die wichtigsten wären: Kammern, Universitäten, Österreichische Hochschülerschaft,... Privatwirtschaftsverwaltung Der Staat kann aber auch wie eine Privatperson handeln und so z.B Verträge abschließen. Diese Verträge unterliegen wie Verträge zwischen Privatpersonen der Kontrolle der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Zuständigkeit Zuständigkeit ist die Ermächtigung eines Staatsorgans zur Vornahme bestimmter Akte. Sie ergibt sich aus dem anzuwendenden Materiengesetz. Bedeutsam ist die Feststellung der Zuständigkeit deswegen, da ein Rechtsakt, wenn er von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde, rechtswidrig ist. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 31 v. 38 Die Akte der Vollziehung Diese sind: • in der Gerichtsbarkeit das Urteil: individuell konkreter Rechtsakt • in der Verwaltung die Verordnung, der Bescheid der Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, die Weisung, einfaches Verwaltungshandeln: o Bescheid ist die Entscheidung in einer konkreten Verwaltungssache o Verordnung ist eine von einer Verwaltungsbehörde erlassene generelle abstrakte Norm und dient zur Konkretisierung gesetzlicher Bestimmungen o Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt sind Handlungen einer Behörde aufgrund des Gesetzes, die ohne vorhergehendes Verfahren durchgeführt werden o Weisungen sind Befehle eines übergeordneten Organs an ein untergeordnetes. (auch innerhalb einer Behörde möglich) o Einfaches Verwaltungshandeln geschieht formlos Rechtsschutz bei der Vollziehung Für jeden Vollzugsakt, der rechte von Personen berührt, bestehen Rechtsschutzmöglichkeiten: • Zivilrechtliche Entscheidungen: Berufung, Rekurs, Revision; höchste Instanz ist der oberste Gerichtshof • Verwaltungsangelegenheiten: jeweils übergeordnete Behörde • Verwaltungsstrafangelegenheiten: unabhängiger Verwaltungssenat (UVS) Das Wirtschaftsverwaltungsrecht Einleitung Der Staat greift vielfach in den Bereich der Wirtschaft ein. Dies geschieht sowohl zum Schutz des Einzelnen als auch zum Schutz der gesamten Volkswirtschaft. Gliederung Um das Wirtschaftsverwaltungsrecht, seine Position innerhalb der Rechtsordnung und seine Funktion genau darstellen zu können, folgt nun eine Einordnung und mögliche Gliederung dieses Rechtgebietes. An oberster Stelle steht der Begriff Wirtschaftsrecht (Rechtsnormen, die für den Ablauf und die Ordnung des Wirtschaftgeschehens von Bedeutung sind). Es unterteilt sich in Wirtschaftsverfassungsrecht und unterverfassungsrechtliches Wirtschaftsrecht. Das unterverfassungsrechtliche Wirtschaftsrecht teilt sich in Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsjustizrecht. Unter Wirtschaftsverwaltungsrecht wird jener teil verstanden, mit dessen Hilfe der Staat das Wirtschaftsgeschehen ordnet, seinen Ablauf steuert oder selbst an ihm Teil nimmt. Man spricht von Wirtschaftsordnungsrecht, wirtschaftslenkungsrecht, und vom recht der wirtschaftlichen Betätigung des Staates. Es wird von Verwaltungsbehörden vollzogen. Wirtschaftsordnungsrecht Das Ordnungsrecht legt die Rahmenbedingungen für wirtschaftliches handeln fest, ohne dabei direkt die Entscheidungsfreiheit des Unternehmers über Produktion, Austausch oder Verbrauch von waren und Dienstleistungen zu beschränken. Es umfasst: • Organisationsrecht • Das recht des Marktzugangs • Reglementierung und Leistungserbringung • Ordnung des Geldwesens Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 32 v. 38 Wirtschaftslenkungsrecht Unter Wirtschaftslenkungsrecht wird die Gesamtheit der Maßnahmen zur staatlichen Steuerung des Wirtschaftsgeschehens, insbesondere wirtschaftspolitisch motivierte Interventionen mit Wirkungsrichtung auf Produktion, Austausch oder Verbrauch wirtschaftlicher Güter verstanden. Der Gesetzgeber versucht damit die gesamtwirtschaftliche Entwicklung nach den jeweiligen politischen Zielsetzungen zu beeinflussen. (Ziele: Vollbeschäftigung, gerechte Vermögensverteilung,...) Das Wirtschaftslenkungsrecht teilt sich in: • Recht der direkten Lenkung: Ziel ist die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Gütern in wirtschaftlich schweren Zeiten • Recht der indirekten Lenkung: Indirekte Lenkung wird sowohl hoheitlich als auch nicht hoheitlich unternommen. E werden in erster Linie wirtschaftspolitische Ziele verfolgt. Abgrenzung zwischen Ordnungs- und Lenkungsrecht • • Wirtschaftsordnungsrecht: Schaffung einer Ordnung, innerhalb der der Unternehmer frei entscheiden kann Wirtschaftslenkung: Bewusste staatliche direkte oder indirekte Einflussnahme auf Preis, Produktion oder Verteilung Recht der wirtschaftlichen Betätigung des Staates Siehe Lektion 7 Exkurs: der Begriff „Wirtschaftsaufsichtsrecht“ Dieser Begriff wird oft gewählt um staatliche Einflussnahmen in den Sektoren Geld- und Kreditwesen, Versicherungs- und Verkehrswesen zusammenzufassen. Dies mit der Begründung, das in diesen Bereichen oft gleichzeitig gesamtwirtschaftspolitische Ziele und Gefahrenabwehr verfolgt werden. Typologie des Wirtschaftsordnungsrechts Um den Zielen der Wirtschaftsordnung gerecht zu werden, enthalten die einschlägigen Bestimmungen unterschiedliche Rechtsinstitute. Allgemein kann gesagt werden, dass der Unternehmer von der Gründung seines Unternehmens bis zum ende seiner Tätigkeit unter detaillierte Regelungen fällt und on staatlichen Behörden beaufsichtigt wird. Die wichtigsten Instrumentarien des Ordnungsrechts sind: • Konzessionssystem oder Anmeldesystem Die Aufnahme einer Tätigkeit ist von einer behördlichen Bewilligung abhängig, oder die Aufnahme der Tätigkeit muss einer Behörde zumindest angezeigt werden. Diese hat die gesetzlichen Voraussetzungen zu prüfen und kann, sofern diese nicht vom Unternehmer erfüllt werden, die Bewilligung versagen. Die Voraussetzungen werden in zwei Kategorien getrennt: o Subjektive Voraussetzungen: spezielle Fähigkeiten, Kenntnisse oder Umstände (z.B. Befähigungsnachweis,...) o Objektive Voraussetzungen: liegen nicht in der Einflusssphäre des Unternehmers (z.B. Bedarfsprüfung) • Ordnungs- und Verhaltensnormen Gewisse bereiche, vor allem der bereich der Finanzunternehmen, unterliegen neben der Konzessionierung auch noch detaillierten Verhaltensregeln. • Aufsicht und Überwachung Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 33 v. 38 • Der Staat überwacht und kontrolliert Unternehmen, ob sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen. Dabei kommen den Aufsichtsbehörden umfangreiche Informationsrechte zu, in manchen Bereichen spricht man auch von einer Totalität der Aufsicht. Sanktionen Werden Gesetzwidrigkeiten und –verstöße festgestellt, kommt ein abgestuftes Sanktionssystem zur Anwendung, das von einer Aufforderung, den gesetzeskonformen Zustand wieder herzustellen, über Verwaltungsstrafen bis zum Entzug der Konzession reicht. Lektion 9 (S.251-281) Was ist die EU? Die Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EGKS, EAG, EG) Heute ist die EU eine internationale Organisation, die n vielen Bereichen vormals staatliche aufgaben wahrnimmt und einen sehr weiten Einfluss auf das in den Mitgliedstaaten geltende Recht nimmt. Erste Schritte zur EU: • • • • • 1951: Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) o den Grundstein für diesen Zusammenschluss legten Robert Schumann und Jean Monnet (1950) o teilnehmende Staaten: Deutschland, Frankreich, die Benelux-Staaten und Italien o die EGKS nahm ihre Arbeit 1952 auf o Vetrag läuft 2002 aus 1957: Gründung der europäischen Atomgemeinschaft (EAG, auch EURATOM) Die EWG und die EAG wurden durch entsprechende völkerrechtliche Verträge gegründet („Römische Verträge“) Die EWG wurde mittlerweile in EG umbenannt Seit 1967 haben die Gemeinschaften gemeinsame Organe Die Weiterentwicklung zur europäischen Union 1. Vertrag über die EU 1992, Vertrag von Amsterdam 1997, Vertrag von Nizza 2000 Die EU wurde durch einen völkerrechtlichen Vertrag gegründet, den die damaligen 12 EGStaaten in Maastricht abgeschlossen haben. Der Vertrag von Maastricht trat 1993 in Kraft: • sieht einen europäischen Raum ohne Binnengrenzen • gemeinsame außen- und Sicherheitspolitik • Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres Die EU ersetzt nicht die EG, sondern stellt diese mit den neuen Politiken und Formen der Zusammenarbeit unter ein gemeinsames Dach. (3 Säulen) Der EUV hat die EWG in EG umbenannt, eine zugleich vorgenommene wirtschaftliche Änderung waren die Regelungen über die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion. Weiterentwicklungen der EU: • • Vertrag von Amsterdam: trat am 1. Mai 1999 in Kraft; Regelung über verstärkte Zusammenarbeit (flexible Integration) Vertrag von Nizza: soll die EU vor allem für die Erweiterung um mittel- und osteuropäische Staaten fit machen (nicht mehr nur 15 Mitgliedstaaten, sondern bis zu 27) Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 34 v. 38 2. Die Ausdehnung der EU Der Mitgliederstand ist seit der Gründung der Gemeinschaften stark angewachsen. Die Gründungsmitglieder sind Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg und Italien. 1973 kamen Dänemark, GB und Irland dazu. 1981 trat Griechenland bei, 1986 Portugal und Spanien, 1995 Finnland, Österreich und Schweden. (15 Mitglieder) Weitere Beitrittsanträge liegen vor. (Türkei, Zypern, Schweiz, Ungarn, Polen, Rumänien, ...) Wie ist die EU aufgebaut? Die EU besteht derzeit aus 3 Säulen: • Die EG (1. Säule): diese Säule bilden die EG (wichtigste Gemeinschaft) und die EAG, vertieft und erweitert von der WWU. Im Mittelpunkt der EG steht der Binnenmarkt mit seinen Grundfreiheiten und seiner Wettbewerbsordnung. Gemeinschaftlich wahrzunehmende Politiken sind z.B. die Agrarpolitik, die Steuerpolitik, die Asylpolitik,... • Die GASP (2. Säule): die gemeinsame ist laut Maastricht-Vetrag schrittweise zu entwickeln. Die GASP hat einen eigenen „Hohen Vertreter“, den sogenannten „Mister GASP“. Grundsatzbeschlüsse, Formulierung gemeinsamer Standpunkte, Rahmenbeschlüsse,... können nur mit Zustimmung aller gefasst werden (Einstimmigkeitsprinzip) • Die PJZS (3. Säule): der Vertrag von Amsterdam hat die dritte Säule etwas umgeändert. Seither heißt sie „polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen“. Was ist das besondere an der 1. Säule? Die erste Säule ist am weitesten entwickelt. Die EG und die EAG sind supranational. Dieser Begriff bezeichnet solches internationales Recht, welches von einer überstaatlichen Institution gesetzt wird und die rechtsunterworfenen Staaten auch gegen ihren Willen binden kann. Man spricht auch von der sogenannten „Durchgriffswirkung“ des EG-Rechts. Das EGRecht hat Vorrang vor nationalem Recht. Ferner gibt es in der ersten Säule Organe die von den Mitgliedstaaten völlig unabhängig sind (z.B. Europäische Kommission). Es gibt auch einen eigenen Gerichtshof, den EuGH. Die 2. und 3. Säule sind bloß intergouvernmental. Welche Institutionen gibt es in der EU? Die EG hat 5 Hauptorgane: das europäische Parlament, den Rat, die Europäische Kommission, den Europäischen Gerichtshof und den Europäischen Rechnungshof. Daneben gibt es noch den Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen, die Europäische Zentralbank, die Europäische Investitionsbank und den Europäischen Bürgerbeauftragten. Der europäische Rat • Ist das oberste politische Steuerungsgremium der EU • Setzt sich aus Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten der Kommission zusammen, diese werden von den Außenministern und einem weiteren Kommissionsmitglied unterstützt • Aufgabe: den Aktivitäten der Union die nötigen Impulse zu verleihen, sowie allgemeine politische Zielrichtungen und Richtlinien festzulegen • Trifft sich 2 mal jährlich, immer gegen Ende einer Präsidentschaft im Vorsitzland, nach Bedarf kann das Vorsitzland auch außerordentliche Tagungen einberufen Der Rat der europäischen Union • Zentrales Entscheidungs- und eigentliches Gesetzgebungsorgan der EU Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 35 v. 38 • • • Beschließt alle wesentlichen Rechtsakte und schließt internationale Abkommen ab Mitglieder sind die jeweiligen Fachminister der Mitgliedstaaten Beschlussfassung erfolgt einstimmig oder mit Mehrheit Die europäische Kommission • Übt ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit von den Mitgliedstaaten aus • Hat alleinige Kompetenz, Initiativen zur Schaffung von Gemeinschaftsrecht zu ergreifen, und überwacht die Einhaltung der Verträge durch die Mitgliedstaaten • Ist sozusagen Motor und Hüterin der Verträge • Besteht aus 20 Mitgliedern Das Europäische Parlament • Seit 1979 wählen die Bürgerinnen und Bürger der EU-Mitgliedsländer ihre Vertretung direkt ins Europäische Parlament • Vertritt fast 400 Millionen EU-Bürger • Derzeit 626 Abgeordnete, jeweils für 5 Jahre gewählt • Es wirkt an der EG-Rechtsetzung mit durch Anhörung, Zusammenarbeit und Mitentscheidung mit dem Rat • Verabschiedet jährlich zusammen mit dem Rat den Gesamthaushaltsplan und kontrolliert den Vollzug • Der Vertrag von Nizza sieht vor, dass die Anzahl der EP-Abgeordneten 732 nicht übersteigen darf (für Österreich deshalb nur mehr 17 statt 21 Sitze vorgesehen) Der EU-Gerichtshof • Sitz in Luxemburg • Höchste rechtliche Instanz der Gemeinschaften • Besteht aus 15 Richtern, die jeweils auf 6 Jahre ernannt werden • Aufgabe: Wahrung des Rechts bei der Auslegung und der Anwendung des Gemeinschaftsrechts • Dem EuGH ist ein Gericht erster Instanz beigeordnet, das für Entscheidungen über bestimmte Klagen im ersten Rechtszug zuständig ist und gegen dessen Entscheidung ein Rechtsmittel beim EuGH erhoben werden kann Der Europäische Rechnungshof • Überprüft die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben der Union • Sorgt für effizientes Finanzmanagement auf europäischer Ebene Sonstige Organe • • • • • Die Europäische Zentralbank: legt die europäische Geldpolitik fest. Hauptziel ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten Die Europäische Investitionsbank: finanziert Investitionsvorhaben, um zu einer ausgewogenen Entwicklung der Union beizutragen Der Wirtschafts- und Sozialausschuss: vertritt gegenüber der Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament die Gesichtspunkte und Interessen der verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Er besteht aus Vertretern dieser Gruppen (z.B. Unternehmer, Arbeitnehmer,...). Der Ausschuss der Regionen: setzt sich aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zusammen. Er sorgt für die Wahrung der lokalen und regionalen Identitäten. Er muss in Bereichen der Regionalpolitik, des Umweltschutzes und der Ausbildung gehört werden. Der Bürgerbeauftragte: kann von allen in der Union ansässigen Bürgern, Unternehmen und Einrichtungen befasst werden, wenn diese meinen, dass sie von den Gemeinschaftsinstitutionen oder –organen nicht korrekt behandelt wurden. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 36 v. 38 Wann darf die EU tätig werden? Der Zuständigkeit der EU sind Grenzen gesetzt: • Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung • Subsidiaritätsprinzip: dieses besagt, dass die EG nur dann handeln soll, wenn die angestrebten Ziele besser auf gemeinschaftlicher Ebene als auf nationaler Ebene erreicht werden können Welche EG-Rechtsvorschriften gibt es und wer vollzieht sie? Primäres Gemeinschaftsrecht Das primäre gemeinschaftsrecht stellt das „Verfassungsrecht der Gemeinschaft“ dar. Es besteht vor allem aus den zwei Gründungsverträgen EG-Vertrag und EAG-Vertrag samt ihren Änderungen und Ergänzungen. Auch die Beitrittsverträge sind Bestandteil des Primärrechts. Daneben gibt es auch ungeschriebenes Primärrecht (allgemeine Rechtgrundsätze und Grundrechte). Sekundäres Gemeinschaftsrecht Welche Sekundärrechtsakte gibt es? • Verordnungen: wirken wie nationale Gesetze. Gelten auch zwischen Privatpersonen. • Richtlinien: ausschließlich an Mitgliedstaaten gerichtet. Sie müssen von diesen erst umgesetzt werden. Nur ausnahmsweise können sie unmittelbar anwendbar sein • Entscheidung: bezieht sich auf Einzelfälle. Wie entstehen Verordnungen und Richtlinien? Das sekundäre Gemeinschaftsrecht wird von den Organen der Gemeinschaft – vor allem vom Rat und vom Europäischen Parlament geschaffen. Prinzipielle erfolgt die Rechtsetzung in drei Abschnitten: • Initiative (= Vorschlag): liegt allein bei der Kommission • Beratung • Beschlussfassung: liegt beim Rat, erfolgt mit qualifizierter Mehrheit Damit ein EG-Rechtsakt in Kraft treten kann, muss er im Amtsblatt der EG kundgemacht werden. Verordnungen und Richtlinien treten, wenn nichts Anderes vorgesehen ist, am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft. Die Vollziehung von Gemeinschaftsrecht Das Gemeinschaftsrecht wird hauptsächlich von den Behörden der Mitgliedstaaten vollzogen. Man spricht in diesem Fall vom mitgliedstaatlichen Vollzug des Gemeinschaftsrechts. Nur in beschränktem Umfang vollziehen die EG-Institutionen selbst das Gemeinschaftsrecht (so genannter direkter Vollzug). Wodurch zeichnet sich das Gemeinschaftsrecht aus? Das Gemeinschaftsrecht gilt „autonom“ und unmittelbar in den Mitgliedstaaten Die Mitgliedstaaten haben durch die Gründung der Gemeinschaften ihre ausschließliche Kompetenz zur Gesetzgebung zum Teil aufgegeben und eine eigenständige Rechtsordnung geschaffen, die in den Mitgliedstaaten unmittelbar gilt und daher von den Behörden und Bürgern beachtet werden muss. Die Feststellung der autonomen und unmittelbaren Geltung des Gemeinschaftsrechts hat der EuGH im Fall „Costa/E.N.E.L.“ im Jahre 1964 getroffen. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 37 v. 38 Durch die autonome Geltung des Gemeinschaftsrechts wird die einheitliche Geltung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten sichergestellt. Kennzeichnend für das Gemeinschaftsrecht ist weiters, dass es – anders als das bei Völkerrecht der Fall ist – in den Mitgliedstaaten unmittelbar gilt. Das heißt es muss nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden. Das Gemeinschaftsrecht ist in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar Das Gemeinschaftsrecht kann – wie ein nationales Recht – den Bürgern der Mitgliedstaaten Rechte verleihen, die sie vor nationalen Behörden geltend machen können, und auch Pflichten auferlegen. Nach Auffassung des EuGH ist eine Vorschrift immer dann unmittelbar anwendbar, wenn sie so formuliert ist, dass keine Bedingungen daran geknüpft sind und zu ihrer Wirksamkeit keine weiteren Handlungen der Mitgliedstaaten oder der Gemeinschaftsorgane mehr erforderlich sind. Unmittelbar anwendbar sind zum Beispiel die Grundfreiheiten und die EG-Verordnungen. Richtlinien sind demgegenüber nicht unmittelbar anwendbar, sie müssen in nationales Recht umgesetzt werden. Das Gemeinschaftsrecht hat Vorrang Nationales Recht, das unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht widerspricht, darf nicht angewendet werden. Das haben alle staatlichen Organe zu beachten. Sie müssen bei ihren Entscheidungen Gemeinschaftsrecht anwenden, auch wenn es nationalem Recht widerspricht. Europäisches & Öffentliches Wirtschaftsrecht I Seite 38 v. 38