FAQ dual Studierende in praxisintegrierten Studiengaengen

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FAQ
zu den Auswirkungen des
Urteils des Bundessozialgerichts zur Beitragspflicht
dual Studierender in praxisintegrierten Studiengängen
Inhaltsverzeichnis
I
Rechtslage
3
I.I
Was sagt das Urteil aus?
3
I.II
Wie ist das Urteil begründet?
3
II
Hinweise zur rechtlichen Beurteilung praxisintegrierter dualer
Studiengänge
5
II.I
Hintergrund: Was sind duale Studiengänge?
5
II.II
Wie sind praxisintegrierte duale Studiengänge versicherungsrechtlich zu
beurteilen?
6
II.III
Warum braucht es eine Einzelfallprüfung?
6
II.IV
Welche Ausnahmen gibt es bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung
von dual Studierenden in praxisintegrierten Studiengängen?
II.V
6
Wie sieht die Rechtslage für dual Studierende praxisintegrierter Studiengänge in
der Unfallversicherung aus?
7
II.VI
Hat das Urteil Auswirkungen auf das Wahlrecht bei den JAV-Wahlen?
7
III
Konkrete Auswirkungen für dual Studierende praxisintegrierter
Studiengänge
8
III.I
Welche Auswirkungen hat das Urteil auf die Kranken- und Pflegeversicherung? 8
III.II
Welche Auswirkungen hat das Urteil auf die Arbeitslosen- und
Rentenversicherung?
III.III
Welche Auswirkungen hat das Urteil auf den Anspruch auf Kindergeld und
BAföG?
III.IV
IV
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Welche Risiken entstehen bei der rückwirkenden Änderung des
Versicherungsstatus?
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Warum ist eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wichtig?
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DGB-Bundesvorstand, Abt. Jugend und Jugendpolitik/Abt. Bildungspolitik und Bildungsarbeit/Sozialpolitik
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I
Rechtslage
I.I
Was sagt das Urteil aus?
Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 01.12.2009 – B 12 R 4/08 R – (USK 200986) entschieden, dass ein/e Studierende/r während eines dreijährigen praxisintegrierten (pi)
dualen Studiums weder als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte/r noch als zur Berufsausbildung Beschäftigte/r anzusehen ist. Dies gilt auch in berufspraktischen Phasen, die infolge
organisatorischer und/oder curricularer Verzahnung mit der theoretischen Hochschulausbildung als Bestandteil des Studiums gelten. Durch dieses Urteil mussten die Sozialversicherungsträger ihre bisherige versicherungsrechtliche Bewertung von dual Studierenden in piStudiengängen aufgeben. Zum 1. Oktober 2010 entfällt für sie die Sozialversicherungspflicht.
Dual Studierende in pi-Studiengängen werden somit zum 1. Oktober 2010 sozialversicherungsrechtlich als Student/innen behandelt, soweit auch die übrigen Voraussetzungen dafür
vorliegen.
I.II
Wie ist das Urteil begründet?
Das SGB regelt den Studentenstatus in der Krankenversicherung sehr vage. Studierende
sind
-
in der Krankenversicherung (§ 5 I Nr. 9 SGB V) versicherungspflichtig, sind hier aber
von einkommensabhängigen Zahlungen befreit (§ 6 I Nr. 3 SGB V) und zahlen einen
besonderen Beitrag (§ 245 SGB V)
-
in der Pflegeversicherung (§ 20 I Nr. 9 SGB XI) versicherungspflichtig, diese Beiträge
richten sich nach den Regeln der Krankenversicherung (§ 59 SGB XI), fallen also
ebenfalls nicht einkommensabhängig an.
-
in der Rentenversicherung, hier fallen zumindest einkommensabhängige Zahlungen
an, soweit es sich nicht um Einkünfte handelt, die im Rahmen eines Praktikums, das
in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist, anfallen (§ 5 III SGB VI).
Eine Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung besteht nicht (§ 27 IV Nr. 2 SGB
III). Die Befreiung von einkommensabhängigen Zahlungen zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung ist im Gesetz an die Bedingung eines „Studium[s] als ordentliche
Studierende einer Hochschule“ geknüpft. Die Auslegung dieser Formulierung erfolgt durch
Rechtsprechung und, wo diese fehlt, durch die Sozialversicherungsträger. Das BSG hat in
mehrfacher Rechtsprechung festgehalten, dass zum Hochschulstudium in Sinne dieser Formulierung auch Ausbildungsphasen außerhalb der Hochschule, also z.B. im Betrieb, gehöDGB-Bundesvorstand, Abt. Jugend und Jugendpolitik/Abt. Bildungspolitik und Bildungsarbeit/Sozialpolitik
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ren, soweit diese Ausbildungsphasen Bestandteil des Studiums sind (also z.B. in der Studienordnung verbindlich fixiert sind) und die Hochschule auf die Inhalte dieser Ausbildungsphasen Einfluss nimmt (z.B. durch Vorschriften in der Studienordnung).
Das BSG argumentiert nun in Bezug auf die praxisintegrierten dualen Studiengänge damit,
dass hier die berufspraktischen Phasen im Rahmen der Hochschulausbildung absolviert und
von der Hochschule inhaltlich beeinflusst werden und daher nach bewährter Definition Teil
des Studiums, also frei von einkommensabhängigen Pflichtbeiträgen zur Kranken-, Pflegeund Arbeitslosenversicherung sind. Abweichend davon sind bei ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen Praxisphasen Teil einer betrieblichen Berufsausbildung nach BBiG. Praxisintegrierte duale Studierende fallen hingegen nicht in den sachlichen Anwendungsbereich
des BBiG, eine Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung kann
daher nicht bestehen.
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II
Hinweise zur rechtlichen Beurteilung praxisintegrierter dualer Studiengänge
II.I
Hintergrund: Was sind duale Studiengänge?
Duale Studiengänge verbinden betriebliche Aus- und Weiterbildung mit einem theoretischen
Hochschulstudium. Dual Studierende verbinden in ihrem Erscheinungsbild Elemente einer
Beschäftigung mit solchen eines Studiums. Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung
ist entscheidend, ob ein enger Zusammenhang zwischen dem Studium und der Tätigkeit
beim Arbeitgeber/bei der Arbeitgeberin besteht und ob die praktische Ausbildung betrieblich
oder nicht betrieblich geregelt und gelenkt wird. Für Beurteilungen der Tätigkeit des Dual
Studierenden im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Vorschriften oder mit dem Betriebsverfassungsgesetz können grundsätzlich auch andere Aspekte Geltung erlangen.
Duale Studiengänge werden nach vier Typen unterschieden:
Ausbildungsintegrierte duale Studiengänge: Sie verbinden das Studium mit einer betrieblichen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf. In der Regel wird neben dem
Studienabschluss noch ein Ausbildungsabschluss erworben. Die Studierenden in diesen
Studiengängen sind als zur Berufsausbildung Beschäftigte anzusehen und sind somit sozialversicherungspflichtig.
Berufsintegrierte und berufsbegleitende duale Studiengänge: Diese Studiengänge sind
Weiterbildungsstudiengänge. Neben der beruflichen Tätigkeit kann das Studium absolviert
werden. Dabei besteht ein zur Versicherungspflicht durchgeführtes entgeltliches Beschäftigungsverhältnis weiter fort.
Praxisintegrierte duale Studiengänge: In diesen Studiengängen wird das theoretische
Studium mit einer Tätigkeit im Betrieb eng verbunden. Ein Teil der für den Studienabschluss
erforderlichen Kompetenzen wird im Betrieb erworben und bewertet. Diese berufspraktischen Phasen sind Bestandteil einer Hochschulausbildung. Daher ist die versicherungsrechtliche Beurteilung von dual Studierenden in praxisintegrierten Studiengängen in der Regel
eine andere, als bei den anderen 3 Typen.
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II.II
Wie sind Studierende praxisintegrierter dualer Studiengänge versicherungsrechtlich zu beurteilen?
Dual Studierende praxisintegrierter Studiengänge sind – unabhängig von einer finanziellen
Förderung durch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin – keine gegen Arbeitsentgelt Beschäftigten und auch keine zur Berufsausbildung Beschäftigten, auch nicht in den berufspraktischen
Phasen. Diese Phasen werden als Bestandteil der Hochschulausbildung absolviert, unabhängig davon, ob der Einstieg ins Studium direkt über die Hochschule/Akademie erfolgt oder
durch eine Bewerbung bei einem Unternehmen. Als Konsequenz müssen die Studierenden
sich selbst studentisch kranken- und pflegeversichern. Für dual Studierende praxisintegrierte
Studiengänge gilt § 5 Nr. 9 SGB V.
II.III
Warum braucht es eine Einzelfallprüfung?
Duale Studiengänge sind manchmal schwer voneinander abgrenzbar. Ob es sich tatsächlich
um einen praxisintegrierten dualen Studiengang handelt und wenn ja, ob es sich dabei um
ein sozialversicherungsfreies praxisintegriertes duales Studium handelt, muss im Einzelfall
geprüft werden. Ausschlaggebend dafür ist, dass die Praxisphase im Wesentlichen durch die
Hochschule geregelt und gesteuert sein muss. Zur individuellen Bewertung helfen die Studien- und Prüfungsordnungen der Hochschulen/Akademien weiter sowie Rahmenstudienpläne und Ausbildungsverträge. Die Gesamtzusammensetzung hierbei entscheidet und kann
zu Ausnahmen und damit zur Sozialversicherungspflicht führen.
II.IV
Welche Ausnahmen gibt es bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von
dual Studierenden in praxisintegrierten Studiengängen?
Nicht alle dual Studierende in praxisintegrierten Studiengängen sind sozialversicherungsfrei.
In folgenden Ausnahmen liegt eine Sozialversicherungspflicht vor:
Ausnahme bei Tätigkeiten, die nicht dem Ausbildungszweck dienen: Dual Studierende
in pi-Studiengängen, die im Rahmen ihrer Praxisphasen Tätigkeiten verüben, die nicht dem
Ausbildungszweck dienen oder dem Ausbildungsstand nicht angemessen sind, können den
Zusammenhang zwischen betrieblicher Tätigkeit und Studium verlieren und damit kann die
versicherungsrechtliche Beurteilung zur Sozialversicherungspflicht führen.
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Ausnahme bei vorheriger Beschäftigung im Kooperationsbetrieb: Die versicherungsrechtliche Beurteilung als Student/innen kann dann in eine Versicherungspflicht als Arbeitnehmer/in umgewandelt werden, wenn bereits vor dem Studium eine Beschäftigung gegen
Entgelt im gleichen Betrieb ausgeübt wurde und ein enger Zusammengang zwischen der
bisherigen Beschäftigung und dem Studium vorliegt. Dazu braucht es eine vertragliche Bindung zwischen Arbeitgeber/in und dual Studierendem/Studierender (pi), die deutlich ausgeprägter ist, als bei Studierenden (pi), die zuvor nicht im Kooperationsbetrieb beschäftigt waren.
Ausnahme bei praxisintegrierten dualen Studiengängen in der öffentlichen Verwaltung: Dual Studierende in pi-Studiengängen an Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung
stehen in einem Beschäftigungsverhältnis im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB IV und sind somit sozialversicherungspflichtig.
II.V
Wie sieht die Rechtslage für dual Studierende praxisintegrierter Studiengänge
in der Unfallversicherung aus?
Die unfallversicherungsrechtliche Beurteilung dual Studierender in pi-Studiengängen ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Zweifellos besteht Unfallversicherungsschutz nach
SGB VII. Offen ist, ob der Versicherungsschutz in den Praxisphasen weiterhin über die
Hochschule (Landesunfallkasse) besteht (§ 2 I Nr. 8c) oder über die Betriebe hergestellt werden muss (§ 2 I Nr. 2 SGB VII).
II.VI
Hat das Urteil Auswirkungen auf das Wahlrecht bei den JAV-Wahlen?
Für das Wahlrecht gilt nach wie vor, dass nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ein privatrechtlicher Vertrag zwischen Arbeitnehmer/in und Arbeitgeber/in und eine Eingliederung im Betrieb vorliegen muss, um das Wahlrecht zu erlangen.
Es ist daher vom konkreten Einsatz im Betrieb und der Ausgestaltung des Vertrags abhängig, ob die Wahlberechtigung vorliegt.
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III
Konkrete Auswirkungen für dual Studierende praxisintegrierter Studiengänge
Ab dem 1. Oktober 2010 stellen die Unternehmen alle vom BSG-Urteil betroffenen dual Studierende praxisintegrierter Studiengänge auf versicherungsfrei um. Dies hat konkrete versicherungsrechtliche Auswirkungen für diese Gruppe Studierender.
III.I
Welche Auswirkungen hat das Urteil auf die Kranken- und Pflegeversicherung?
Die vom BSG-Urteil betroffenen Studierenden sind ab dem 1. Oktober 2010 selbst als Studierende versicherungspflichtig in der Kranken- und der Pflegeversicherung. Die Studierenden müssen zu Beginn des Studiums entscheiden, ob sie gesetzlich oder privat Pflegeversichert sein wollen. Mehr zum Thema private Krankenversicherung im Studium unter
http://www.dgb-jugend.de/studium/jobben/sozialversicherung/krankenversicherung#private_krankenversicherung
Die Entscheidung für das gesetzliche oder das private System gilt verbindlich für die Dauer
des gesamten Studiums. In der gesetzlichen Versicherung bestehen drei Möglichkeiten:
a) Familienversicherung – Studierende können bei einem gesetzlich versicherten Familienmitglied (i.d.R. ein Elternteil oder der Ehegatte) kostenlos mitversichert werden. Für die Mitversicherung bei Eltern gilt die Altersgrenze von 25 Jahren. Für die Familienversicherung gilt
allgemein, dass das Einkommen des kostenlos Versicherten 360 € im Monat nicht überschreiten darf. Genaueres zu dieser Regelung und weitere Details zur Familienversicherung
für Studierende unter
http://www.dgb-jugend.de/studium/jobben/sozialversicherung/krankenversicherung#familienversicherung
b) Krankenversicherung der Studenten – Wer keine Familienversicherung in Anspruch nehmen kann, nutzt die Krankenversicherung der Studenten. Sie wird von allen gesetzlichen
Krankenkassen zum selben Preis angeboten – z. Z. liegt der monatliche Beitrag bei mindestens 63,38 € (inkl. Pflegeversicherungsbeiträge). Wer älter als 30 Jahre ist oder mehr als 14
Semester studiert hat, fällt i.d.R. aus der Krankenversicherung der Studenten heraus. Mehr
zum Thema unter
http://www.dgbjugend.de/studium/jobben/sozialversicherung/krankenversicherung#studentische_krankenversicherung
c) Freiwillige Krankenversicherung – Wer keine der beiden vorgenannten Versicherungen in
Anspruch nehmen kann, muss sich freiwillig versichern. Diese Versicherung ist einkommensabhängig, der Mindestbeitrag kann zwischen den einzelnen Kassen variieren und liegt
bei ca. 110-150 € (inkl. Pflegeversicherungsbeiträge). Mehr zum Thema unter
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http://www.dgbjugend.de/studium/jobben/sozialversicherung/krankenversicherung#freiwillige_krankenversicherung
III.II
Welche Auswirkungen hat das Urteil auf die Arbeitslosen- und Rentenversicherung?
Für die vom BSG-Urteil betroffenen Studierenden entfällt zum 1. Oktober 2010 auch die
Abeitslosen- und Rentenversicherungspflicht. Damit erwerben sie auch keine Arbeitslosengeld- und Rentenansprüche mehr. (Zum Vergleich: Ein Bruttoentgelt von 800 € monatlich
würde einen Arbeitslosengeldanspruch von 375 €/Monat begründen – die ALG IIRegelleistung beträgt derzeit (ohne Mietkosten) 359 €/Monat)
Bei der Rentenversicherung ist es möglich, sich freiwillig zu versichern. Voraussetzung ist,
dass bereits ein Rentenanspruch erworben wurde, d.h. dass bereits fünf Jahre Beiträge zur
Rentenversicherung gezahlt wurden. Der monatliche Mindestbeitrag liegt hier bei 79,60 Euro.
Bei Riesterrentenveträgen ist unsere Einschätzung, dass wenn dual Studierende in praxisintegrierten Studiengängen schon im Vertragsverhältnis drin sind, dürfte es für Riesterverträge
keine Probleme geben. Bei anderen Formen betrieblicher Alterversorgung hängt dies von
den konkreten betrieblichen Bedingungen ab, sollte aber auch kein Problem sein. Problematisch kann der bisher bezahlte Riester- oder andere Beitrag sein. Wenn dieser über dem
Mindestbeitrag von (5.- € im Monat/60.- € im Jahr) liegt, könnte es ratsam sein, den Beitrag
zu senken. Staatliche Förderung gibt es mit dem Status als Studentin/Student für die praktischen Zeiten des pi-dualen Studiums nicht mehr. Das Studium ist nicht mehr rentenversicherungspflichtig. Es müsste für die Förderung mindestens für einen Monat im Jahr ein Minijob
bestehen und die vom Arbeitgeber zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge freiwillig auf
den vollen Beitrag aufgestockt werden.
III.III
Welche Auswirkungen hat das Urteil auf den Anspruch auf Kindergeld und BAföG?
Viele vom BSG-Urteil betroffenen Studierenden dürfen durch die Umstellung auf die versicherungsrechtliche Beurteilung als Student/in ab dem 1. Oktober 2010 mit einem höheren
Nettoeinkommen rechnen. Das kann unter Umständen dazu führen, dass Ansprüche auf
Kindergeld und BAföG verloren gehen können.
DGB-Bundesvorstand, Abt. Jugend und Jugendpolitik/Abt. Bildungspolitik und Bildungsarbeit/Sozialpolitik
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Kindergeld wird während des Studiums bis zum 25 Lebensjahr gezahlt, wenn das Nettoeinkommen des Kindes 8.004 € im Jahr nicht übersteigt.
Beim BAföG beträgt das zulässige Einkommen innerhalb eines Bewilligungszeitraumes von
12 Monaten 4800 € brutto. Allerdings werden Zahlungen, die für die Hochschulausbildung
gewährt werden – also z.B. Entgelte für Pflichtpraktika oder auch Zahlungen des Betriebes
im Rahmen eines pi-dualen Studiums eins zu eins auf den BAföG-Anspruch angerechnet.
Der Freibetrag von 4.800 € besteht dann nicht, lediglich Arbeitnehmerpauschbetrag, "Sozialpauschale" und gezahlte Steuern werden bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens berücksichtigt.
III.IV
Welche Risiken entstehen bei der rückwirkenden Änderung des Versicherungsstatus?
Die Sozialversicherungsträger haben explizit darauf hingewiesen, dass derzeitige und frühere Studierende aus praxisintegrierten dualen Studiengängen ebenso wie „Arbeitgeber“ dual
Studierender in pi-Studiengängen rückwirkend für die Zeiten vor dem 01. Oktober 2010 den
Versicherungsstatus der betroffenen Studierenden ändern lassen können. Dadurch besteht
ein Anspruch auf Rückzahlung der für frühere Zeiträume (fälschlich) gezahlten Sozialversicherungsbeiträge. Diese Auszahlung kann für die Studierende (wie auch für die Betriebe)
eine beachtliche Summe sein. Hier müssen die dann ebenfalls rückwirkend fälligen Beiträge
zur studentischen Krankenversicherung (oder ggf. zu freiwilligen Krankenversicherung) dagegen gesetzt werden.
Allerdings können die rückwirkenden Einkommenssteigerungen dazu führen, dass Einkommensgrenzen, z.B. bei der Einkommensteuer, beim Kindergeldanspruch oder beim BAföG,
rückwirkend überschritten werden. Dadurch können Rückzahlungsverpflichtungen (beim
Kindergeld; hier besteht das Risiko, bei Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze den
Kindergeldanspruch für ein ganzes Kalenderjahr zu verlieren) oder zusätzliche Zahlungspflichten (bei der Einkommensteuer) entstehen. Selbstverständlich ist der Student/die Studentin verpflichtet, diese Änderungen seines Einkommens unverzüglich dort zu melden, wo
er zur Zeit der Ausbildung finanzielle Unterstützung und Sozialleistungen erhalten hat (z.B.
Kindergeldstelle, BAföG-Amt).
Aktuell ist, nebenbei, kein Fall bekannt, in dem die Kindergeldkassen oder BAföG-Ämter
selbständig ehemalige entsprechende dual Studierende daraufhin überprüfen, ob durch
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Rückzahlung fälschlich erhobener Sozialversicherungsbeiträge ein nachträgliches Überschreiten der zulässigen Einkommensgrenze erfolgte.
Betroffen sein können auch Wohngeldleistungen.
Rückforderungen sind in der Regel bis zu vier Jahre Rückwirkend möglich.
IV
Warum ist eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wichtig?
DGB und Gewerkschaften sind dafür, dass alle Erwerbsverhältnisse bei der Sozialversicherung gleich behandelt werden. Das verhindert, dass die Arbeitgeber die Arbeitnehmer in ungeschützte, für das Unternehmen häufig billigere Erwerbsformen – wie bspw. Soloselbstständigkeit – hineindrängen können.
Die Sozialversicherungen können nur dann ihre Aufgaben erfüllen, wenn sich alle Erwerbstätigen und ihre Arbeitgeber an den Kosten beteiligen.
Die Sozialversicherungspflicht ist auch für die Studierenden direkt von Vorteil:
Sie erwerben sich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld und auf Rente – und Kleinvieh, d.h. kleine Beiträge, machen am Ende auch Mist.
Damit verbunden sind auch Fördermöglichkeiten nach dem Studium – wenn man arbeitslos wird oder gesundheitliche Probleme hat. Dann kann man nämlich z. B. unter
bestimmten Umständen Rehabilitationsleistungen beanspruchen.
Keine Sozialversicherungspflicht – das ist am Ende immer nur gut für den Arbeitgeber.
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