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mudramudra-alternative jugendjugend- und drogenhilfe e.V.
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Systematisches, psychoeduaktives Gruppenprogramm
zum
Themenzentrierten RIsikomanagement für CannabisKonsumenten
Konzeptionelles Arbeitspapier
Stand: Juni 2008.
© Marco Stürmer & Tom Jellinghaus
Inhaltliche Gliederung
1.]
Problemstellung
2.]
Konzeptionelle Vorüberlegungen
Vorüberlegungen
3.]
ent
enterpriseTRICK. Kurzbeschreibung und Kennzeichen
4.]
Zielgruppe und Zugangsvoraussetzungen
5.]
Zielperspektive
6.]
Ablauf und Struktur
7.]
Module konkret - Inhalte und Methoden
7.1.] IntakeIntake-Gespräch
7.2.] Startmodul
7.3.] Informationsphase
7.3.1.]
Cannabis – Die Substanz [Modul_2]
7.3.2.]
Cannabis und
und [Straf]recht [Modul 3]
7.3.3.]
Cannabis und Psyche [Modul 4]
7.4.] Transferphase
7.4.1.]
Cannabiskonsum – Muster, Motive und Funktionen [Modul 5]
7.4.2.]
Cannabiskonsum - individuelle Risikoeinschätzung [Modul 6]
7.4.3.]
Cannabiskonsum – Risikokompetenz,
Risikokompetenz, Konsumveränderung & Abstinenzstabilisierung
Abstinenzstabilisierung
[Modul 7]
7.5.] Endmodul [Modul 8]
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enterpriseTRICK_psychoedukatives Gruppenmanual
3
1. Problemstellung
Bereits im vierten Jahrzehnt werden Cannabispräparate – überwiegend Haschisch und in den letzten
Jahren zunehmend auch Marihuana – in Deutschland gebraucht. Der Konsum von Cannabisprodukten
kann heute weder als Ausdrucksform eines nonkonformistischen Lebensstils, noch als Indikator für die
Zugehörigkeit zu [Drogen-]subkulturellen Milieus gewertet werden. „Der Cannabisgebrauch ist inzwischen
soweit in die Alltagspraxis integriert und privatisiert“, dass Haschisch und Marihuana längst auch in
Deutschland endemisch geworden sind [Schneider 1995, S. 63]. Hanfraucher finden sich in
verschiedensten lebensweltlichen Bezügen, ihre Anzahl wird im Bundesgebiet auf mehrere Millionen
Personen beziffert.
In diesen zurückliegenden 30 Jahren war Cannabis dementsprechend immer wieder Gegenstand
wissenschaftlicher Forschung, Inhalt von präventiven, beraterischen und therapeutischen Interventionen
und Ursache kontroverser, nicht selten ideologisch gefärbter drogenpolitischer Diskussionen.
Trotz oder gerade aufgrund des enormen Erkenntniszuwachses besteht nach wie vor Uneinigkeit, sowohl
im Hinblick auf eine abgeschlossene Risikodiskussion, wie auch auf zielführende Strategien der [Drogen-]
Politik, Prävention und Behandlung.
Die Ergebnisse aktueller epidemiologischer und [neuro-]pharmakologischer Cannabisforschung lassen
ebenso, wie die Berichte aus Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe, die über Jahre ernsthaft geführte
Legalisierungs- bzw. Liberalisierungsdebatte zunehmend verstummen und führen zu einer erneuten
Risikodebatte um Cannabis.
Ergebnisse epidemiologischer Forschung. Sowohl in Deutschland [vgl. Krauß Augustin, 2001] wie auch in
weiteren Ländern der europäischen Union [EBDD, 2004] übernimmt Cannabis derzeit eine
„Führungsposition“ in doppelter Hinsicht: erstens ist Cannabis die am häufigsten gebrauchte illegale
psychoaktive Substanz und weiter die einzige illegale Substanz, deren Verbreitung in den letzten Jahren
deutlich zugenommen hat. Demnach verfügen über 9 Millionen Personen in Deutschland über
Erfahrungen mit Cannabis [Lebenszeit-Prävalenz]. In dieser Gruppe konsumierten über drei Millionen in
den letzten 12 Monaten und ca. 1,6 Millionen im zurückliegenden Monat vor dem Erhebungszeitraum
[Simon & Sonntag, 2004]. Eine Interpretation des vielfältigen Datenmaterials im Hinblick auf die
Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung durch Cannabinoide führt zu der Schlussfolgerung, dass
aktuell ca. 400.000 Personen Haschisch u./o. Marihuana missbräuchlich oder abhängig konsumieren [vgl.
Pressemeldung der Bundesdrogenbeauftragte, 30.11.2004].
Behandlungsbedürftigkeit.
Behandlungsbedürftigkeit. In der vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung [BMGS] in
Auftrag gegebenen Studie über <Cannabisbezogene Störungen – Umfang, Behandlungsbedarf und
Behandlungsangebot in Deutschland> konnten die Autoren Simon und Sonntag u. a. einen
überproportionalen Zuwachs so genannter „Cannabisklienten“ in ambulanten Beratungseinrichtungen
ermitteln. Innerhalb eines Zehnjahreszeitraums [1992 -2002] hat sich demnach die Anzahl der Klienten,
deren Cannabiskonsum als zentrale Ursache für die Inanspruchnahme ambulanter Unterstützung gewertet
wurde, um fast 600% gesteigert [vgl. Simon & Sonntag, 2004].
Jugendliche.
Jugendliche. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung [BZgA] führt in regelmäßigen Abständen
seit 1973 eine Wiederholungsbefragung zur Drogenaffinität durch. Diese Untersuchung fokussiert das
Drogengebrauchsverhalten von jugendlichen und jungen Erwachsenen [12 – 25 Jährige]. Die aktuelle
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4
Befragung aus dem Jahr 2004 beschreibt auch für Jugendliche eine vergleichbare Situation: Demnach hat
sich die Lebenszeit-Prävalenz für Cannabis von 18% [1993] auf 32% [2004] gesteigert. Konsumieren
Jugendliche derzeit illegale Drogen, handelt es sich in aller Regel um Cannabisprodukte. 24% der 12 25Jährigen haben ausschließlich Haschisch oder Marihuana konsumiert, 8% konsumierten weitere
psychoaktive Substanzen, nur ein Prozent der Drogen erfahrenen Jugendlichen haben keine
Cannabisprodukte konsumiert. Somit machen 75% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ihre
Erfahrungen mit illegalen Drogen ausschließlich mit der Substanz Cannabis. Bezugnehmend auf das
Geschlecht konsumieren männliche Jugendliche [Lebenszeit-Prävalenz: 36%] häufiger als weibliche
Jugendliche [Lebenszeit-Prävalenz: 27%].
Die Daten zur Lebenszeit-Prävalenz lassen jedoch keine Aussagen über regelmäßige oder problematische
Konsummuster zu, hierfür müssen weitere Indikatoren berücksichtigt werden: 12-Monats-Prävalenz
[Drogen allgemein: 13%; Cannabis: 13%], der gegenwärtige Drogenkonsum [Selbstdefinition als
Drogenkonsument: Drogen allgemein: 5%; Cannabis: 5%] sowie der regelmäßige Drogenkonsum
[diejenigen, die im letzten Jahr mehr als zehn mal Drogen konsumierten; Drogen allgemein: 3%; Cannabis:
3%]. Diese Zahlen belegen, dass für die meisten Jugendlichen der Konsum von Drogen häufig nur eine
kurze, vorübergehende Episode darstellt. Viele Jugendliche haben demnach ihren Konsum nach einem
Probier- und Experimentierverhalten bereits wieder eingestellt.
Das Durchschnittsalter beim ersten Konsum von Haschisch und Marihuana hat sich seit der letzten
Befragung [2001:16,5 Jahre] nur unwesentlich verändert [2004: 16,4 Jahre], allerdings lag es noch 1993
noch bei 17,5 Jahren. Demnach konnten die Studien, die weit verbreitete These, dass Jugendliche in
immer jüngeren Jahren in den Konsum einsteigen zwar für die Zeitspanne seit 1993, nicht aber für die
letzten drei Jahre bestätigen.
Die Daten deuten aber auch auf jugendliche Konsumenten hin, die regelmäßige und u. U. problematische
Konsummuster entwickeln.
Auffällig sind besonders zwei Gruppen, zum einen die männlichen Jugendlichen [12-Monats-Prävalenz:
14%/1997; 17%/2004] und zum anderen die Altersgruppe der 16 – 19 Jährigen [12-Monats-Prävalenz:
17%/1997; 20%/2004]. In beiden Gruppen ist die 12-Monats-Prävalenz seit 1997 statistisch signifikant um
drei Prozentpunkte gestiegen [vgl. BZgA, 2004].
Ergebnisse neuropharmakologischer Forschung. Aktuelle neuropharmakologische Forschungsergebnisse
weisen für jugendliche Cannabiskonsumenten ein deutlich höheres Risiko im Hinblick auf langfristige
kognitive Störungen durch Cannabis aus, als für Erwachsene. Durch die Entdeckung des CB1-Rezeptors
1988 konnte nachgewiesen werden, dass Cannabinoide ihre Wirkungen über ein körpereigenes
cannabinoides System entfalten. Mittels dieser Grundlage konnte in den Folgejahren das Wissen über die
Wirkungen und Funktionen der Cannabinoide im Gehirn zunehmend erweitert werden.
Für die Entwicklung des menschlichen Gehirns stellt die Pubertät [12 – 15 Jahre] eine sensible Phase dar.
Reifungsprozesse bestimmter Gehirnareale und Neurotransmittersysteme finden statt, u. a. auch im
körpereigenen cannabinoiden System. Die betroffenen Hirnregionen werden mit Aufmerksamkeits- und
Motivationsprozessen, impulsivem Verhalten und der Entwicklung von Abhängigkeiten in Verbindung
gebracht. Während dieser verschiedenen Entwicklungsprozesse ist die Vulnerabilität des Gehirns
gegenüber endogenen und exogenen Störfaktoren stark erhöht, wahrscheinlich auch für die Einwirkung
von Cannabinoiden. Befunde verschiedener Humanstudien zeigen, dass es zu negativen
Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit und kognitiver Fähigkeiten bei Probanden kommt, deren Beginn
des Cannabiskonsums sehr früh [vor dem 16. bzw. vor dem 17. Lebensjahr] lag. Probanden hingegen,
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5
deren Erstkonsum zu einem späteren Alter stattfand, zeigten, ebenso wie die Kontrollgruppen, keine
Beeinträchtigungen. Kritisch anzumerken beleibt jedoch, dass sich keine Angaben über Konsummuster
und Konsumfrequenz finden [vgl. zu diesem Themenkomplex ausführlich Schneider, 2004].
Aus der zusammenfassenden Bewertung des aktuellen epidemiologischen Datenmaterials und der
Befunde der neuropharmakologischen Cannabisforschung lässt sich eine spezifische Risikogruppe von
Cannabiskonsumenten identifizieren: männliche Jugendliche im Alter von 16 – 19 Jahren, mit frühem
Beginn des Cannabiskonsums. Insbesondere für diese Zielgruppe erscheint es notwendig spezifische
Interventionsstrategien zu entwickeln.
2. Konzeptionelle
Konzeptionelle Vorüberlegungen.
enterpriseenterprise-Cannabisberatung - Entwicklungen und bisherige Praxis. Seit der Initiierung 1996 arbeitet das
enterprise-partydrugsproject mit jugendlichen Konsumenten illegaler, psychoaktiver Substanzen. In den
ersten Jahren lag der Arbeitsschwerpunkt in sekundärpräventiven, zielgruppenspezifischen Aktivitäten für
die regionale Techno-Partyszene. Bereits 1997 wurden die präventiven Interventionen in der Szene direkt
auf Partys um eine komplementäre Beratungseinrichtung [enterprise_buero] im Hintergrund erweitert.
Durch die Kombination präventiver, szenennaher Aktivitäten mit zielgruppenspezifischer Beratung konnte
sich das Projekt an der wichtigen Schnittstelle zwischen Jugend- und Drogenhilfe etablieren.
In den letzten Jahren ließen sich verschiedene Veränderungen im Drogengebrauchsverhalten
Jugendlicher erkennen: eine Etablierung des Partydrogengebrauchs außerhalb enger Szenengefüge, die
Verschiebung von Ecstasy zu Amphetamin und Methamphetamin sowie eine Zunahme von
Cannabis[mono]konsumenten in der Beratungsarbeit.
Die in verschiedenen epidemiologischen Studien beschriebenen Veränderungen im Konsumverhalten
zeigen sich somit in der Tendenz auch in der Beratungspraxis des enterprise-partydrugsproject.
Cannabiskonsum wird zunehmend zu einem zentralen Inhalt der Beratungsprozesse mit konsumierenden
Jugendlichen.
Charakteristika der jugendlichen Cannabiskonsumenten im enterprise_buero.
enterprise_buero. Bei den
Cannabiskonsumenten handelt es sich überwiegend um männliche Jugendliche, zum Zeitpunkt des
Erstkontaktes sind sie im Durchschnitt 17 Jahre alt. Hinsichtlich folgender Indikatoren des
Cannabiskonsums bilden sie eine homogene Gruppe: der Erstkonsum von Cannabispräparaten findet im
Durchschnitt im Alter von 14 Jahren statt, Marihuana wird grundsätzlich gegenüber Haschisch bevorzugt,
die Wasserpfeife [bong] und nicht mehr der Joint dient als übliches Konsuminstrument.
Sehr heterogen zeigt sich die Gruppe im Hinblick auf die individuellen Konsummuster und -frequenzen, in
ihren Konsummotiven sowie hinsichtlich der sozialen Situation und den Auswirkungen des
Cannabiskonsums auf die jeweilige Alltagsbewältigung.
Charakteristisch ist der extrem ausgeprägte Anteil – zumindest beim ersten Beratungskontakt – von
extrinsisch motivierten Jugendlichen. Häufig führen Empfehlungen von Eltern und Angehörigen, Auflagen
von Seiten der Schule, des Arbeitgebers und Einrichtungen der Jugendhilfe, Weisungen der
Justizbehörden und zunehmend auch Entziehungen der Fahrerlaubnis zum ersten Kontakt. Die
Motivationslage erweist sich jedoch im Beratungsprozess als veränderbar.
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enterpriseTRICK_psychoedukatives Gruppenmanual
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Die Erfahrungswerte aus der täglichen Arbeit verdeutlichen, dass lediglich präventive Angebote für einen
Teil der jugendlichen Hanfraucher nicht mehr ausreichend sind und spezifische beraterische
Interventionen zunehmend notwendig werden.
Beratungsrelevante Aspekte. Für die Entwicklung von Beratungsansätzen für jugendliche
Cannabiskonsumenten besitzen folgende Vorüberlegungen Relevanz.
Der Konsumstatus der Zielgruppe bedeutet:
Mittels primärpräventiver Interventionen konnten diese Jugendliche nicht erreicht werden, bzw. die
Wirkung derartiger Aktivitäten war nur kurzfristig oder nicht ausreichend.
In ähnlicher Weise verhält es sich mit dem generalpräventiven Anspruch der Strafgesetzgebung,
insbesondere des Betäubungsmittelgesetzes: die Illegalität von Cannabis und die angedrohten
strafrechtlichen Konsequenzen scheinen für die Konsumentscheidung keine bzw. nur noch bedingt eine
Rolle zu spielen.
Übliche Präventionsmaßnahmen sind somit in der Zielgruppe nur wenig Erfolg versprechend.
Weiterhin ist davon auszugehen, dass jugendliche Cannabisraucher einerseits über ein mehr oder weniger
breit ausgeprägtes Spektrum an Informationen zur Substanz Cannabis verfügen und sich
dementsprechende Einstellungen zu Cannabis ausgebildet und möglicher Weise verfestigt haben.
Jugendliche Cannabisraucher bewerten sich häufig selbst als „Cannabisexperten“, schreiben der Substanz
ein positives und harmloses Image zu, haben [oder erkennen] keine Probleme durch ihren
Cannabiskonsum, woraus eine geringe bis nicht vorhandene Risikoeinschätzung und als logische
Konsequenz eine gänzlich fehlende Veränderungsbereitschaft resultiert.
Zielführende Beratungsansätze müssen deshalb informieren, motivieren und Veränderungsprozesse
initiieren können.
Jugendlicher.. Durch die langjährige Erfahrung im
Erfahrungswerte in der Beratung konsumierender Jugendlicher
enterprise-pdp in der Auseinandersetzung und Kommunikation mit konsumierenden Jugendlichen konnten
notwendige Inhalte für eine zeitgemäße Beratungspraxis entwickelt werden, die sich auch auf
Cannabiskonsumenten übertragen lassen:
1]
Drogenkommunikation: Insbesondere für den Einstieg in den Beratungsprozess hat sich eine
sachgerechte Information über die Pharmakologie, Konsumformen und –techniken, Wirkungen
und Risiken sowie über relevante straf- und führerscheinrechtliche Aspekte als zielführende
Strategie erwiesen. Diese Form der Drogenkommunikation sollte im Dialog erfolgen, Lebenswelt
bezogen sein und jugendliche Kommunikationscodes ebenso berücksichtigen wie aktuelle
Konsumtrends und –techniken. Diese, am Thema Cannabis zentrierte, Herangehensweise
signalisiert Kompetenz auf Seiten des Beraters und fördert dadurch Interesse, Motivation und
Akzeptanz für das Angebot beim Jugendlichen. Weiterhin bilden die vermittelten
substanzspezifischen Inhalte die basalen Informationen, die für ein realistisches
Risikomanagement erforderlich sind.
2]
Clearing: Grundsätzlich ist es für den Berater wichtig, möglichst viele Informationen über den
individuellen Konsumstatus [aktuelle Konsumdosis und Konsumfrequenz] und Kenntnisse über
die Entwicklung vom ersten Konsum bis zu Beratungszeitpunkt zu erlangen. Weiterhin sollten
Konsummotive und deren Veränderung ebenso berücksichtigt werden, wie evtl. bestehende
Selbstreglementierungen. Ziel des Clearings sind Erkenntnisse über die Einstellung des
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enterpriseTRICK_psychoedukatives Gruppenmanual
7
Jugendlichen zu Cannabis, die Prüfung begeleitender Risikofaktoren und problematischer
Konsumfunktionen, um eine „Kategorisierung“ eines Konsumtyps vornehmen zu können.
3]
Perspektivenwechsel: Je regelmäßiger und je exzessiver Jugendliche Cannabis rauchen, um so
höher steigt der Zeitfaktor, den sie dafür aufwenden müssen. Cannabis rauchen und
entsprechende Begleithandlungen werden dadurch immer mehr zur [Alltags-]routine. Diese
Routine verhindert eine objektive Bewertung und Überprüfung des Verhaltens. Ein durch den
Berater initiierter Perspektivenwechsel des Jugendlichen – vom situativen Protagonisten beim
Cannabis rauchen zum Beobachter dieser Situation – ist deshalb eine Grundvoraussetzung für die
erforderliche Selbstreflektion.
4]
Ressourcenorientierung: Unabhängig davon, inwieweit Cannabis eine zentrale Bedeutung in der
Lebensgestaltung eingenommen hat, verfügen Jugendliche über weitere Interessen,
Kompetenzen und Fertigkeiten. Diese gilt es zu identifizieren und zu fördern, weil sie dem
Jugendlichen sinnvolle Alternativen bieten können. Je mehr Alternativen nutzbar gemacht werden
können, umso größer werden die Gestaltungsmöglichkeiten einer Neuorientierung. Neben
sozialen Kompetenzen [Problemlösestrategien, Umgang mit Frustrationen; ...] und der
schulischen und beruflichen Situation, spielen hier auch Ressourcen aus den Bereichen Freizeit
[Sport, Musik, Freundeskreis,...] und Lebensstil/-gestaltung [Weltanschauungen, politische
Einstellungen,...] eine wichtige Rolle.
5]
Transfer & Risikobewertung: Für eine realistische Zielplanung muss der Jugendliche die
vermittelten Inhalte auf seine individuelle Situation transferieren und sich im Dialog mit dem
Berater über eine individuelle Risikoeinschätzung auseinandersetzen. Eine permanente
Rückmeldung, aber auch die Konfrontation mit Widersprüchen und die Diskussion
unterschiedlicher Auffassungen sollten durch den Berater forciert werden. Neben der
gemeinsamen Risikobewertung kommt der Motivation des Jugendlichen durch das Aufzeigen
seiner individuellen Potentiale, verschiedener Veränderungsmöglichkeiten sowie durch
Unterbreitung verschiedener Unterstützungsmöglichkeiten oder weiterführender Hilfen eine
besondere Bedeutung zu.
6]
Risikomanagement & Coping: Bestehen Veränderungsabsichten sollten gemeinsam im Hinblick
auf den Cannabiskonsum konkrete und überprüfbare Konsum[reduktions]strategien vereinbart
werden. Weiterhin hat es sich als sinnvoll erwiesen auch konsumunabhängige Ziele zur
Förderung bzw. Verbesserung der Alltagsstruktur sowie zu Veränderungen im Freizeitverhalten
festzulegen. Inhaltlich ist es erforderlich, den Jugendlichen auf die pharmakologischen
Besonderheiten bei der Reduktion bzw. beim Absetzen von Cannabis vorzubreiten und ihm
entsprechende Kompensationsmöglichkeiten aufzuzeigen. Weiterhin sollten kritische,
konsumauslösende Situationen mit dem Jugendlichen thematisiert werden. Von grundsätzlicher
Bedeutung im weiteren Beratungsverlauf ist die regelmäßige Überprüfung der festgelegten
Strategien, um diese gegebenenfalls solange zu verändern, bis die individuell funktionierende
Strategie für den Jugendliche erarbeitet ist.
Von der Einzelberatung zum Gruppenmanual. Im permanenten fachlichen Diskurs entstand die Idee, die
Beratungsinhalte von der Einzelberatung auf die Gruppensituation zu übertragen. Das Gruppenprogramm
enterpriseTRICK wurde speziell für jugendliche Cannabiskonsumenten entwickelt und ist als Ergänzung
der bisherigen Einzelberatungsangebote zu verstehen. Für die Konzeption eines solchen Gruppenmanuals
stellen sich grundsätzlich die identischen Anforderungen, wie an die Einzelberatung: sachgerechte
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enterpriseTRICK_psychoedukatives Gruppenmanual
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Informationen zum Thema Cannabis müssen transportiert werden [Information], motivierende Elemente
müssen beinhaltet sein [Motivation], so dass auch in der Gruppensituation Veränderungsprozesse initiiert
werden können [Veränderung].
Psychoeduaktion.
Psychoeduaktion. Als handlungsleitende methodische Grundlage wurde die Psychoedukation gewählt.
Anderson prägte den Begriff der Psychoedukation 1980, die Methode wurde in den USA entwickelt und
zielte ursprünglich auf eine Verbesserung der Behandlung und der Behandlungsbereitschaft von Patienten
mit Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis. Als Leitidee der Psychoedukation gilt, dass ein
verbessertes Verständnis der eigenen Problematik in Kombination mit einem umfassenden
Informationsstand über Veränderungs- bzw. Unterstützungsmöglichkeiten, die Grundvoraussetzungen für
eine erfolgreiche Bewältigung darstellen. Der Begriff der Edukation bedeutet in diesem Zusammenhang
nicht Erziehung, sondern Schulung und Unterrichtung Betroffener. Entsprechend wird Psychoedukation
definiert als „eine auf den individuellen Erfahrungen des Adressaten aufbauende Vermittlung von
Wissensinhalten über die zugrunde liegende Erkrankung /Problematik sowie als systematische
Vorgehensweise zur Verhaltensmodifikation“. Die überwiegend positiven Ergebnisse wissenschaftlicher
evaluierter Programme wurden inzwischen weltweit aufgegriffen, weiterentwickelt und auf andere
Behandlungs- und Beratungsfelder übertragen, bspw. im Zusammenhang mit therapeutischen
Interventionen für Alkoholabhängige. Psychoedukative Interventionen und Programme sind vorstrukturiert
und setzen sich aus den Bestandteilen <aktive Informationsvermittlung>, <Erfahrungsaustausch> und
<Behandlung allg. Krankheitsaspekte> zusammen. Daraus resultieren auch die grundsätzlichen
Zielsetzungen der Psychoedukation: eine umfassende Aufklärung des Klienten, die Verbesserung der
compliance und die Identifikation und Förderung von persönlichen Ressourcen, um die aktive Mitarbeit an
der Behandlung durch den Patienten zu sichern und Rückfälle zu verhindern. In methodischer Hinsicht
greift die Psychoedukation somit die für jugendliche Cannabiskonsumenten beratungsrelevanten Aspekte
auf: fehlende Informationen, geringe Motivation und Veränderungsbereitschaft [vgl. auch im Hinblick auf
weiterführende Informationen zur Psychoedukation: www.psychoedukation.net]
Psychoedukation in der Gruppe.
Gruppe. Weiterhin lässt sich die Effektivität psychoedukativer Interventionen in der
Gruppensituation und komplementiert mit entsprechenden gruppenpädagogischen Methoden steigern. Die
Vorteile gruppenspezifischer Wirkfaktoren werden deutlich:
Die Gruppe ermöglicht Lernen im Austausch mit Anderen, die Sichtweisen und Erfahrungen der
verschiedenen Teilnehmer vermitteln positive Impulse für jeden Einzelnen. An den individuellen
Selbsthilfepotentialen können alle partizipieren. Zusätzlich fördert die Auseinandersetzung mit Anderen die
Reflektion der eigenen Einstellungen und Verhaltensschemata. Das Feedback durch die Gruppe
verdeutlicht Diskrepanzen zwischen der Selbst- und Fremdeinschätzung des eigenen Konsums. Kritik
durch andere Betroffenen ist häufig leichter zu akzeptieren und kann somit einfacher konstruktiv
verarbeitet werden.
Abstinenz und Risikomana
Risikomanagement.
gement. Im Fachdiskurs besteht derzeit weitestgehend Übereinstimmung darin,
dass Angebote für konsumierende Jugendliche notwendig und erforderlich sind. Diese Interventionen
sollten eine Begleitung des Jugendlichen in seinem [trotz seines] Risikoverhalten ermöglichen und darauf
ausgerichtet sein, die Konsumphase auf eine möglichst kurze Zeitspanne zu reduzieren und in dieser
Phase die Konsumrisiken weitestgehend zu minimieren.
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enterpriseTRICK_psychoedukatives Gruppenmanual
9
Von Bedeutung in diesem Zusammenhang ist deshalb die Fragestellung, ob ein ausschließlich
abstinenzorientiertes Gruppenmanual sich im Hinblick auf die angeführte Aufgabenstellung
kontraproduktiv auswirken könnte? Eine allein auf Abstinenz ausgerichtete Zielsetzung schließt von
vorneherein all diejenigen aus, die Risikoverhalten [Cannabiskonsum] zeigen, ihren Drogengebrauch aber
nicht einstellen wollen. In konsequenter Fortführung dieser These verhindert das Paradigma der Abstinenz
die aktive Auseinandersetzung mit konsumierenden Jugendlichen.
Umgekehrt schließt das Gruppenmanual Abstinenz als Zielsetzung nicht aus, sondern versucht ein hohes
Maß an eigenverantwortlicher Risikokompetenz im Umgang mit Cannabis zu vermitteln.
3. enterpriseTRICK. Kurzbeschreibung und Kennzeichen
enterpriseTRICK ist ein systematisches Gruppenprogramm zum Themenzentrierten RIsikomanagement
für jugendliche CannabisKonsumenten. Die konzeptionelle Entwicklung und Durchführung des
psychoedukativen Beratungsangebotes erfolgt durch das enterprise-partydrugsproject [mudraDrogenhilfe].
enterpriseTRICK will mittels psychoedukativer Methodik junge Cannabiskonsumenten in der
Gruppensituation zu einer kritischen Reflexion ihres persönlichen Konsumverhaltens motivieren.
Basierend auf umfassenden, wissenschaftlich fundierten Informationen zu Cannabis [themenzentriert] soll
eine differenzierte, realistische Risikodiskussion angestoßen werden. Diese Form der Interaktion mit
Jugendlichen verfolgt die Absicht, Selbsteinschätzung, Risikowahrnehmung und Eigenverantwortlichkeit
zu fördern, die Compliance zu verbessern, um risikoreichen Konsummustern vorzubeugen.
enterpriseTRICK nutzt den positiven Einfluss so genannter Gruppenwirkfaktoren in der Zielgruppe
jugendlicher Cannabiskonsumenten. Eine moderierte Kommunikation zwischen Jugendlichen mit
ähnlichen Konsummustern, Einstellungen zu und Problemen mit Cannabis bietet Möglichkeiten zur
Reflektion und Partizipation im Hinblick auf die individuell erworbenen Erfahrungen. Durch die
Auseinandersetzung mit anderen Gruppenteilnehmern werden individuelle Einstellungen und
Verhaltensmuster deutlich, eventuelle Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdbild erkennbar und
empowerment-Potentiale gefördert.
4. Zielgruppe und Zugangsvoraussetzungen
enterpriseTRICK richtet sich an jugendliche Cannabiskonsumenten im Alter von 16 – 21 Jahren. Die
Begrenzung der Alterspanne auf fünf Jahre verhindert allzu große Diskrepanzen im Hinblick auf den
Entwicklungsstand.
Auf motivationaler Ebene sind das Interesse des Jugendlichen an den Inhalten und die Bereitschaft zur
regelmäßigen Teilnahme ausreichend.
Aufgrund der themenzentrierten Ausrichtung [Cannabis] des Gruppenprogramms können Jugendliche mit
ausgeprägtem multiplem Substanzgebrauch nicht aufgenommen werden, bei experimentellen
Gebrauchserfahrungen mit weiteren psychoaktiven Substanzen wird über eine Aufnahme im Einzelfall
entschieden.
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enterpriseTRICK_psychoedukatives Gruppenmanual
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Bedingt durch die informationsorientierte Methodik und die ineinander greifenden Themenmodule ist das
psychoedukative Gruppenmanual für Jugendliche mit ausgeprägten Aufmerksamkeits-, Denk- und
Konzentrationsstörungen ungeeignet, ebenso für Jugendliche mit akuter psychiatrischer Erkrankung.
5. Zielperspektiven.
Durch die Kombination von psychoedukativer Methodik mit gruppenpädagogischen Elementen erarbeiten
sich die Teilnehmer aktiv, zunächst in drei Themenmodulen [Informationsphase] ein relevantes
Basiswissen zum Thema Cannabis. In der Transferphase [Themenmodule 5-7] übertragen sie dieses
Wissen auf ihre persönliche Konsumsituation und erhalten zusätzliche Informationen im Hinblick auf eine
realistische Risikoeinschätzung sowie mögliche Kontroll- und Reduktionsstrategien.
Die Integration und Verknüpfung dieses „Co-Expertenwissens“ mit dem individuellen, subjektiven
Erfahrungshorizont in der Auseinandersetzung mit den Moderatoren und den weiteren Teilnehmern
fungiert als Basis für folgende Zielperspektiven:
□
Sensibilisierung für risikoreiche und risikoarme Konsummuster
□
Initiierung einer kritischen [Selbst-]Reflektion des Cannabiskonsums
□
Förderung der Selbsteinschätzung, Risikowahrnehmung und Selbstkontrolle
□
Entwicklung individueller Unterscheidungskriterien zwischen Genuss, Missbrauch und Abhängigkeit
□
Vermittlung eines individuellen Risikomanagements im Umgang mit Cannabis
□
Verbesserung von Risikokompetenz und Kontrollstrategien
□
Motivation zu Einstellungs- und Verhaltensänderungen
□
Förderung alternativer [konsumfreier] Verhaltensweisen: Konsumreduktion, moderater,
regelorientierter Gebrauch, Abstinenz
6. Ablauf und Struktur
enterpriseTRICK beginnt mit einem vorgeschalteten Einzelgespräch [Intake-Gespräch] und umfasst
insgesamt acht Gruppenmodule á 90min. Das Startmodul dient dem gegenseitigen Kennen lernen, im
Endmodul [Abschlusstreffen] stehen die gegenseitige Rückmeldung und individuelle Zielformulierungen im
Mittelpunkt.
Die Teilnehmerzahl ist auf acht Personen begrenzt, eine Aufnahme in ein laufendes Gruppenprogramm ist
aufgrund der sechs ineinander greifenden psychoedukativen Themenmodule nicht möglich. Die
Themenmodule sind in die Informationsphase [Themenmodule 2 -4] und in die Transferphase
[Themenmodule 5-7] untergliedert, jedes einzelne Themenmodul ist zusätzlich identisch vorstrukturiert:
Ein Themenmodul beginnt immer mit dem Part der [Psycho-]Edukation, der den Jugendlichen relevantes
Expertenwissen durch Impulsreferate der Moderatoren oder externer Referenten vermittelt.
Auf diese Wissensvermittlung folgt der Übungsteil der Interaktion, ein praktisches Segment zur Vertiefung
der neu erworbenen Informationen durch vorbereitete gruppenpädagogische Methoden unter
Einbeziehung der individuellen Erfahrungen der Jugendlichen. Zum Abschluss des jeweiligen
Themenmoduls folgt der Transfer. Methodisch unterstützt durch die Moderatoren sollen die Jugendlichen
nun Erlerntes und Erarbeitetes auf ihre persönliche Situation übertragen.
e_buero.
enterpriseTRICK_psychoedukatives Gruppenmanual
11
2--4]:
Inhaltliche Schwerpunkte der Informationsphase [Module 2
□
Cannabis – die Substanz
□
Cannabis und [Straf-]recht
□
Cannabis und Psyche
Inhaltliche Schwerpunkte der Transferphase [Module 55-7]:
□
Cannabiskonsum - Muster, Motive und Funktionen
□
Cannabiskonsum – Individuelle Risikoeinschätzung
□
Cannabiskonsum - Risikokompetenz, Konsumveränderung und Abstinenzstabilisierung
Während des letzten Moduls [Endmodul] wird jedem Teilnehmer zusätzlich die Vereinbarung eines
Einzelgesprächs angeboten, das ca. 12 Wochen nach Beendigung des Gruppenprogramms stattfindet.
Dieser follow-up-Termin bietet die Möglichkeit, formulierte Ziele auf ihre Erreichung zu überprüfen.
7. Module konkret - Inhalte und Methoden
7.1 IntakeIntake-Gespräch
Gespräch
Über die Teilnahme an enterpriseTRICK wird in einem vorgeschalteten Einzelgespräch entschieden. Das
so genannte Intake-Gespräch ist Bedingung für jeden Teilnehmer. Interessierte Jugendliche erhalten die
Möglichkeit, die Moderatoren und die Arbeitsweise des enterprise-partydrugsproject kennen zu lernen und
werden über den organisatorischen Ablauf des Gruppenmanuals informiert.
Für die Moderatoren ist es wichtig, das Cannabisgebrauchsverhalten [vgl. Anhang A4] des Jugendlichen
[Alter bei Erstkonsum, Konsumdauer, Konsummuster, Konsumtechnik....] und etwaige Ausschlusskriterien
[akute psychiatrische Erkrankung, multipler Substanzgebrauch,...] abzuklären. Jugendliche, die sich
aufgrund von Weisungen oder Auflagen durch die Justizbehörden für die Teilnahme entscheiden
[müssen], werden auf die sich zwangsläufig ergebenden Unterschiede [Rückfragen der Justizbehörden,
evtl. Sanktionen bei unvollständiger Teilnahme oder vorzeitiger Beendigung] im Vergleich zu einer
freiwilligen Teilnahme explizit hingewiesen und über mögliche Beratungsalternativen informiert.
Die endgültige Teilnahmeentscheidung erfolgt im gegenseitigen Einverständnis.
7.2 Startmodul
Im ersten Gruppentreffen ist es erforderlich datenschutzrechtliche Aspekte zu erörtern, organisatorische
Details zum Ablauf zu klären und die grundlegenden Regeln des Gruppenprogramms vorzustellen. Neben
Pünktlichkeit und regelmäßiger Teilnahme verpflichten sich die Teilnehmer zur Einhaltung gebräuchlicher
Kommunikations- und Verhaltensregeln sowie zur absoluten Verschwiegenheit und vertrauensvollen
Behandlung von Informationen, die sie über andere Teilnehmer erfahren werden. Weiterhin behalten sich
die Moderatoren vor, Jugendliche, die offensichtlich unter starkem Suchtmitteleinfluss [in der Art, dass eine
sinnvolle Teilnahme nicht mehr möglich ist] stehen, vom Gruppentreffen auszuschließen [siehe Anhang
A1].
Ziel des ersten Gruppentreffens ist es, Kontakt zwischen den Teilnehmern untereinander und zu den
Moderatoren herzustellen, um eine funktionierende, vertrauensvolle Gruppensituation zu gewährleisten.
Ergänzend zur der gegenseitigen Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen und Regeln findet deshalb
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enterpriseTRICK_psychoedukatives Gruppenmanual
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ein methodisches Kennenlernen [Paarinterview] statt. Die Gruppe teilt sich in vier Paare, die sich
gegenseitig 15 Minuten interviewen. Idealerweise denken sich die Jugendliche eigene Fragen aus,
trotzdem kann auch auf einen vorgefertigten Fragenkatalog [vgl. Anhang A2] zurückgegriffen werden. Im
Anschluss stellen sich die Interviewpartner gegenseitig der Gesamtgruppe vor.
Danach erhalten die Teilnehmer noch einmal Gelegenheit Fragen zu stellen und ihre Erwartungen an das
Gruppenmanual zu schildern.
Zum Abschluss des ersten Treffens und als Vorbereitung auf die Informationsphase wird ein thematisch
relevanter Filmbeitrag gezeigt.
7.3 Informationsphase [Module 2 – 4]
7.3.1 Cannabis – Die Substanz [Modul 2]
Das erste Themenmodul beschäftigt sich umfassend mit der Substanz Cannabis und bildet somit eine
wichtige thematische Basis für die weiteren Themenmodule. Ein vielschichtiger, sachgerechter
Wissensstand zu den substanzspezifischen Aspekten von Cannabis ist für ein eigenverantwortliches
Risikomanagement und eine entsprechende Risikokompetenz notwendig.
Edukation. Die Moderatoren vermitteln zum Einstieg in einem Impulsreferat faktisches, pharmakologisches
Wissen. Inhaltlich werden folgende Fragestellungen aufgearbeitet und erörtert:
Was ist Cannabis?
□
Geschichte: Nutzpflanze, Heilmittel, Rauschdroge
□
Marktformen: Haschisch, Marihuana, Haschischöl
□
Konsumformen: Rauchen, Essen/Trinken
Wie wirkt Cannabis?
□
akute psychische Wirkungen [erwünscht - unerwünscht]
□
akute körperliche Wirkungen [erwünscht - unerwünscht]
□
neurophysiologische Wirkungsweise [Cannabisrezeptoren, Neurotransmitter, ...]
□
Einflussfaktoren [drug, set & setting]
□
Nachweisbarkeit im Blut und Urin
Welche Risiken
Risiken birgt Cannabis?
Cannabis?
□
körperliche Risiken: Erkrankungen der Atemwege [Lungen, Bronchien,...]
□
psychische [und psychiatrische] Risiken: Antriebs- und Lustlosigkeit, psychische Abhängigkeit,
depressive Symptomatiken,...
Interaktion und Transfer. Wichtig ist es, dass die Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen, die sie bisher mit
Cannabis erlebten, auch mit der systematisch dargestellten Pharmakologie von Cannabis abgleichen.
Dadurch lässt sich zunächst eine Vertiefung neu erworbenen Wissens erzielen. Zusätzlich beginnen die
Jugendlichen abstrakter über ihre eigenen Konsumerfahrungen nachzudenken und eigene Konsummotive
und -funktionen zu erkennen. Die Moderatoren stellen hierzu vier „Cannabis-Wirkboxen“ auf, jeweils für
eine Wirkkategorie [körperliche Wirkung + erwünscht / körperliche Wirkung + unerwünscht / psychische
Wirkung + erwünscht / psychische Wirkung + unerwünscht]. Die Jugendlichen erhalten jetzt ausreichend
Zeit, bekannte und erlebte Cannabiswirkungen kurz zu notieren, diese der Gruppe zu schildern und ihre
Notiz anschließend in die passende Wirkbox zu werfen.
7.3.2
.3.2 Cannabis und [Straf]recht [Modul 3]
e_buero.
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Dieses Modul beschäftigt sich einerseits mit den strafrechtlichen Aspekten im Hinblick auf Cannabis sowie
mit dem Thema <Cannabis und Straßenverkehr> und den daraus resultierenden führerscheinrechtlichen
Konsequenzen.
Erfahrungsgemäß bestehen insbesondere in diesen Themenfeldern Informationsdefizite oder
Falschwissen [„Cannabis in kleinen Mengen ist legal, wieso ermittelt dann die Polizei“; „in den
Niederlanden ist Cannabis erlaubt“; „bekifft fährt man vorsichtiger“...] auf Seiten der Jugendlichen.
Dieses Themenmodul verdeutlicht ein für Cannabis typisches Spannungsfeld: Jugendliche erleben die
Verwendung von Cannabis in ihren lebensweltlichen Bezügen als „quasi-normal“, Cannabisgebrauch ist
häufig im gesamten Freundeskreis verbreitet und in die Alltagspraxis integriert, der Erwerb und Verkauf hat
sich in ähnlicher Weise privatisiert. In dieser Situation entwickeln viele Jugendliche kein
Unrechtsbewusstsein im Hinblick auf ihren Umgang mit Cannabis, drohende strafrechtliche Konsequenzen
scheinen deshalb für die Konsumentscheidung kaum noch eine Rolle zu spielen. Demgegenüber stehen
die anzuwendenden strafrechtlichen Vorschriften.
Edukation. Als Gastreferent wird ein Jurist in die Thematik einführen und auf folgende inhaltliche
Schwerpunkte Bezug nehmen:
Betäubungsmittelgesetz
□
Strafrahmen und strafrechtliche Konsequenzen
□
Mengenbegriffe im BtMG [geringe Menge zum Eigenbedarf, die nicht-geringe Menge]
□
regionale Einstellungspraxis [bei Erstauffälligen]
□
Eintragung ins Erziehungsregister/Führungszeugnis,
□
„Therapie statt Strafe“
Cannabis und Straßenverkehr:
□
Beeinträchtigungen durch Cannabis beim Führen von Fahrzeugen
□
Übernahme von Verantwortung im Straßenverkehr für sich und andere
Führerscheinrechtliche Konsequenzen:
□
Fahren unter dem Einfluss berauschender Mittel [§24aStVG]
□
Überprüfung der Fahreignung [§ 14 FeV]: fachärztliches Gutachten, medizinisch-psychologische
Untersuchung [MPU]
Interaktion. Anhand von vorgegeben, exemplarischen Gerichtsfällen übernehmen die Jugendlichen im
Rahmen einer Laien-Gerichtsverhandlung die Rolle von Richter, Staatsanwalt und Verteidiger. Durch die
selbständige Anwendung der gesetzlichen Vorschriften vertiefen sie ihr rechtliches Wissen. Zudem werden
sie aus einer für sie völlig neuen Perspektive mit den juristischen Rahmenbedingungen konfrontiert.
Transfer. Der Gastreferent steht den Jugendlichen zum Abschluss für weitere Fragen zur Verfügung. Die
Jugendlichen erhalten so Gelegenheit, ihre eigene Situation und gegebenenfalls ihre persönlichen
Erfahrungen mit betäubungsmittelrechtlichen Ermittlungs- und Strafverfahren im Dialog mit einem Juristen
zu erörtern. Die Teilnehmer lernen dadurch das strafrechtliche Ausmaß des Umgangs mit Cannabis
realistischer einzuschätzen und dies auch im Hinblick auf zukünftige Konsumentscheidungen zu
berücksichtigen.
7.3.3 Cannabis
Cannabis und Psyche [Modul 4]
Das vierte Modul behandelt das Verhältnis von Cannabiskonsum und psychischen Belastungen. Inhaltlich
werden überblicksartig Merkmale, Entstehung, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten relevanter
psychischer Belastungen und psychiatrischer Störungen [psychotische Störungen, Depression,
e_buero.
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Angststörungen] vermittelt und bestehende Hypothesen zum Zusammenhang mit Cannabiskonsum
diskutiert.
Das Modul zielt darauf ab, Jugendliche auch für diese Thematik zu sensibilisieren, ihnen entsprechende
Informationen zu vermitteln und ihnen die Möglichkeiten psychologischer und psychiatrischer
Behandlungsmethoden aufzuzeigen.
Edukation. Als externer Referent stellt ein Psychologe wissenschaftliche Erkenntnisse zum
Zusammenhang von Cannabisgebrauch und psychischen Erkrankungen in verständlicher Weise dar und
geht auf häufig gestellte Fragen ein:
□
Was bedeutet Vulnerabilität für bestimmte Erkrankungen?
□
Was ist eine Depression, wie lässt sich diese von einer schlechten Stimmung unterscheiden?
□
Was ist eine schizophrene Erkrankung?
□
Welche ist die häufigste psychiatrische Erkrankung im Zusammenhang mit Cannabiskonsum?
□
Wie können psychiatrische Erkrankungen erkannt, diagnostiziert und behandelt werden?
Zentral für dieses psychoedukative Modul ist die objektive Risikobewertung des Cannabiskonsums in
Bezug auf die Entwicklung bzw. die Verstärkung psychiatrischer Erkrankungen. Als ein relevantes
Erklärungskonzept in diesem Zusammenhang wird das Diathese-Stress-Modell erörtert.
Interaktion & Transfer.
Nach dem Inputreferat werden die Symptome relevanter psychischer Erkrankungen auf ca. 30 Kärtchen
unter den Teilnehmenden verteilt. Sie erhalten jetzt die Aufgabe, die einzelnen Symptome den jeweiligen
psychiatrischen Erkrankungen zuzuordnen. Der Psychologe kommentiert die Zuordnungen und gibt
weiterführende Erklärungen.
Mit einer weiteren gruppenpädagogischen Methode wird den Jugendlichen das Diathese –Stress-Modell
erörtert. Jeder Jugendliche erhält „seine individuelle Diathese“ in Form einer Streichholzschachtel mit
einer unbekannten Anzahl von Streichhölzern. Jetzt werden den Teilnehmern die verschiedenen
Stressoren vorgestellt, für jeden individuell zutreffenden Stressor ziehen die Jugendlichen ein weiteres
Streichholz. Abschließend wird die Streichholzschachtel geöffnet und die gezogenen Stressoren werden
zur enthaltenen Diathese [persönlichen Vulnerabilität] addiert. Als Grenze für die Auslösung einer
psychischen Erkrankung werden vorab bspw. 10 Streichhölzer festgelegt.
Abschließend besteht für die Jugendlichen das Angebot einer „Psychologischen Sprechstunde“, um sich
über diesbezügliche Fragen und Problemstellungen mit einem Experten auszutauschen.
7.4 Transferphase
In der Transferphase lernen die Teilnehmer das neu erworbene Wissen anzuwenden und auf ihre
individuelle Situation zu übertragen. Nicht mehr <Cannabis> sondern der <Umgang mit Cannabis> und
die Möglichkeiten zur Konsumreduktion und Abstinenz rücken in den Mittelpunkt der Betrachtungsweise.
7.4.1 Cannabiskonsum: Muster, Motive & Funktionen [Modul
[Modul 5]
Modul 5 beschäftigt sich mit der Bestimmung und Abgrenzung der Begriffe <Konsummuster>,
<Konsummotive> und <Konsumfunktionen> und vermittelt den Teilnehmern entsprechende
Unterscheidungskriterien und tools für eine Reflektion des individuellen Konsumverhaltens.
e_buero.
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Edukation.
Edukation. Bereits die theoretische Erarbeitung erfolgt in diesem Themenmodul interaktiv. In einem ersten
Schritt plakatieren die Moderatoren den Raum mit vorbereitenden Definitionen verschiedener
Konsummuster:
□
experimenteller Konsum
□
genussorientierter Konsum
□
missbräuchlicher Konsum
□
abhängiger Konsum
und diskutieren diese mit den Teilnehmern.
Danach werden mögliche Konsummotive und Konsumfunktionen erörtert, gemeinsam diskutiert und
stichpunktartig auf einer flip-chart notiert:
□
Cannabis als Genussmittel: Entspannung, Spaß haben, Alltag verschönern, intensives Erleben,
Befriedigung jugendtypischer Bedürfnisse
□
Cannabiskonsum als Stimmungs- und Kontaktmittel: Mittel zur Überwindung von Hemmungen
und/oder zur Kontaktaufnahme
□
Cannabiskonsum als Ausdruck eines Lebensstils: Verstärkung eines Zusammengehörigkeitsgefühls
[Zugehörigkeit zu einer peergroup, Jugendkultur], Ausdruck des Wunsches nach Nonkonformismus
□
Cannabiskonsum als jugendtypisches Risikoverhalten: Befriedigung eines Risikobedürfnisses,
Grenzen ausprobieren, Normverletzung als Ablehnung der elterlichen/gesellschaftlichen
Wertvorstellung, Experimentierverhalten, demonstrativer Vorgriff auf das Erwachsensein,...
□
Cannabiskonsum als problemausweichendes Verhalten: Konfliktregulation, Bewältigungsversuch bei
Entwicklungsproblemen/Ängsten, Konflikte/Spannungen kurzzeitig abschwächen, Reaktion auf
Widersprüche bei der Realisierung eigener Lebensentwürfe und der äußeren Realität
□
Cannabiskonsum als Selbstmedikation/Belastungsregulation/Gefühlsmanipulation: Verbesserung
subjektiv negativ empfundener Befindlichkeiten, emotionale/soziale Belastungen kurzzeitig
ausgleichen/verdrängen
Interaktion. Im anschließenden Praxisteil werden das theoretische Wissen und die entsprechenden
Unterscheidungskriterien zunächst noch einmal interaktiv vertieft. Hierzu ziehen die Jugendlichen
vorbereitete Karten mit Beschreibungen verschiedener fiktiver Cannabiskonsumenten in unterschiedlichen
Konsumsituationen. Diese werden zunächst in der Gruppe vorgestellt und dann im Hinblick auf die
zugrunde liegenden Konsummuster und Konsummotive den entsprechenden hierfür vorgesehen
Kategorien zugeordnet.
Transfer. Durch die theoretische Einführung und die Anwendung der verschiedenen Kategorien auf die
fiktiven Beispiele sind die Jugendlichen jetzt ausreichend vorbereitet und mit den tools vertraut, so dass sie
ihr eigenes Konsumverhalten, ihre konkreten Konsummuster und –motive beschreiben und reflektieren
können. Welchen Kategorien würden sich die Teilnehmer selbst zuordnen? Die Selbstbeschreibung jedes
einzelnen Teilnehmers wird dann durch das Plenum diskutiert. Die Rückmeldungen bieten eine gute
Möglichkeit, die Selbstwahrnehmung durch andere überprüfen zu lassen, Widersprüchlichkeiten werden
auffällig und thematisiert: Wie hat sich das Konsummuster im Laufe der Zeit verändert? Welche Vor- und
Nachteile hat das Konsumverhalten? Sind die Motive des Konsums bekannt? Welche Funktionen
übernimmt der Konsum tatsächlich? Handelt es sich um einen selbstbestimmten Konsum? Stimmt die
Selbsteinschätzung des Konsumverhaltens mit der Wahrnehmung der anderen über ein? Gibt es Gründe
das Konsumverhalten zu verändern? Welche Alternativen bieten sich an?...
e_buero.
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7.4.2 Cannabisko
Cannabiskonsum:
annabiskonsum: In
Individuelle Risikoeinschätzung [Modul
[Modul 6]
Als zentrales Thema behandelt Modul 6 eine übergreifende Risikoeinschätzung des Cannabiskonsums.
Hierfür ist es erforderlich, die Inhalte bisheriger Themenmodule unter dem Risikoaspekt zusammen zu
fassen, zu bewerten und auf das eigene Konsumverhalten zu übertragen.
Interaktion. Aufgrund des notwendigen Rekurses auf vorangegangene Inhalte ändert sich im Modul 6 die
vorstrukturierte Reihenfolge: Der edukative Part folgt erst nach einem interaktiven Einstieg:
Die Teilnehmer ziehen Behauptungskarten [vgl. Anhang A3] zum Thema „Risiko Cannabis“ und
kategorisieren diese nach <richtig> oder <falsch>. Die Entscheidungen sind in der Gruppe zu begründen
werden diskutiert und gegebenenfalls ergänzt. Inhaltlich werden folgende Bereiche fokussiert:
Körperliche Gesundheit: z. B. Erkrankungen der Atemwege
Abhängigkeitsentwicklung: Differenzierung psychische – physische Abhängigkeit
Amotivationales Syndrom: Antriebs- und Lustlosigkeit, Gleichgültigkeit, verringerte Leistungsfähigkeit
Psychische und psychiatrische Erkrankungen
Einstiegsdroge Cannabis?
Straf- und führerscheinrechtliche Konsequenzen
Edukation. Der edukative Teil beschäftigt sich mit weiteren Einflussfaktoren auf die Risiken des
Cannabiskonsums. Die Moderatoren erörtern die Bedeutung so genannter protektiver Faktoren und so
genannter Risikofaktoren und stellen die zentralen Erkenntnisse aus diesem Bereich der
Präventionsforschung vor.
Als Risikofaktoren gelten
gelten: Frühes Einstiegsalter, psychische Labilität bzw. Vorerkrankungen, ungünstige
soziale Kontextbedingungen [mangelnde Unterstützung durch Familie, ausschließlich konsumierende
Freunde, soziale Perspektivlosigkeit [z.B. arbeitslos].
Als protektive Faktoren kommen in Frage:
Frage „stabile Persönlichkeit“ mit ausreichend sozialen Kompetenzen,
vielfältige Freizeitbeschäftigungen, intakte familiäre Beziehungen, Kontakt zu abstinenten Freunden, gute
schulische/berufliche Perspektive.
Die Inhalte werden in der Gruppe diskutiert.
Transfer. Zum Abschluss wird der selbstreflektive Teil in Form einer Hausaufgabe ausführlich vorbereitet.
Ziel ist es, die Informationen über grundsätzliche Risiken der Substanz Cannabis [Modul 2 und 4], die
möglichen straf- und führerscheinrechtlichen Konsequenzen [Modul 3], mit den Kategorien der
Konsummuster und Konsummotive [Modul 5] und dem neu erworbenen Wissen über Risikofaktoren und
protektive Faktoren in Verbindung zu bringen. Beispielhaft wird dies anhand einer fiktiven Geschichte
eines Konsumverlaufes durchgeführt. Als Hausaufgabe sind folgende Fragen vorzubereiten und zu
beantworten:
Woran könntest du persönlich erkennen, ob Beeinträchtigungen durch den Cannabiskonsum bestehen?
Bestehen Schwierigkeiten oder Probleme in anderen Lebensbereichen, die du mit deinem
Cannabiskonsum in Verbindung bringen würdest? Welche protektive Faktoren treffen auf dich zu? hast du
das Gefühl, sie helfen dir, deinen Konsum zu kontrollieren? Welche Risikofaktoren treffen auf dich zu?...
7.4.3 Cannabiskonsum:
Cannabiskonsum: Risikokompetenz, Konsumveränderung & Abstinenzstabilisierung
[Modul 7]
Grundlage für Themenmodul 7 bildet die kritische Hinterfragung des eigenen Konsumverhaltens in der
Hausaufgabe [Modul 6]. Auf dieser Basis werden Grundlagen zur Konsumveränderung, Strategien zur
e_buero.
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17
Risiko- und Konsumreduktion und Möglichkeiten der Abstinenzerreichung und –stabilisierung erörtert. Auch
für dieses Themenmodul ist eine veränderte Reihenfolge der vorstrukturierten Teilbereiche erforderlich.
Transfer.
Transfer. Die Ergebnisse der Selbstreflektion werden in der Gruppe diskutiert und stichpunktartig von den
Moderatoren an der flip-chart skizziert. Durch die Verbalisierung möglicher negativer Auswirkungen des
Cannabiskonsums soll eine kritische „Kosten-Nutzen-Analyse“ des Cannabiskonsums angestoßen
werden: Gründe, die für einen Konsum sprechen, werden den Gründen, die für eine Veränderung des
Konsumverhaltens sprechen an der flip-chart gegenübergestellt. Jeder Jugendliche soll daraus die für ihn
persönlich relevanten Gründe ableiten und schriftlich festhalten.
Interaktion. Eine moderierte Diskussion thematisiert typische Schwierigkeiten, mit denen in der ersten
Phase zu rechnen ist, wenn der Cannabiskonsum reduziert oder eingestellt wird.
Die Teilnehmer werden gebeten, Beispiele zu nennen, die eine Konsumreduktion, bzw. -beendigung
erschweren, aber auch Strategien zu beschreiben, die hilfreich sind, um das Konsumverhalten zu
verändern. Die Ergebnisse werden wiederum auf Plakaten schriftlich fixiert.
Edukation. Im abschließenden edukativen Teil gehen die Moderatoren auf diese Schwierigkeiten ein und
vermitteln Informationen im Hinblick auf entsprechende Kontroll- und Copingstrategien:
□
Formulierung und Einhaltung von Konsumregeln: abstinente Tage, Dosis beschränken, Tageszeit
oder Wochentag festlegen, Konsum auf bestimmte Anlässe beschränken
□
Identifikation von konsumauslösenden Situationen & entsprechende Vorbeugungs- und
Verhaltensmöglichkeiten
□
Vermeidung: Kontakt zu konsumierenden Freunden reduzieren
□
Umgang mit Entzugssymptomen [Einschlafprobleme]: Einschlafrituale, Training von Schlaf- und
Wachrhythmus, Hausmittel [warmes Bad, Spaziergang,...]
□
Strukturierung des Alltags: gezielt Tätigkeiten/Freizeitaktivitäten nachgehen, die nicht mit dem
Cannabiskonsum verbunden werden
□
Kompensation und Ablenkung: alternative Entspannungsmöglichkeiten suchen, neue Aktivitäten
ausprobieren, alte Interessen mobilisieren
Zum Abschluss des siebten Moduls erhalten die Gruppenteilnehmer einen feedback-Fragebogen, den sie
bis zum nächsten Termin ausfüllen sollen [siehe Anhang A5].
7.5 Endmodul [Abschlusstreffen]
Im Endmodul soll jeder Teilnehmer seine persönlichen konsumabhängigen und konsumunabhängigen
Ziele formulieren, diese begründen und eine Einschätzung abgeben, was er bisher schon erreicht hat und
was ihm besonders schwer fällt. Moderatoren und Jugendliche erhalten dann Gelegenheit zur Bewertung.
Grundsätzlich erhält jeder Teilnehmer das Angebot, weitere Unterstützung im enterprise_pdp zu erhalten
und ein follow-up-Gespräch zur Zielüberprüfung zu vereinbaren.
Mit dem feedback-Fragebogen erhalten die Jugendlichen Gelegenheit, Anregungen und Kritik im Hinblick
auf das Gruppenprogramm und die Moderatoren zu äußern.
Hinweis:
Teilweise sind die verwendeten gruppenpädagogischen Methoden dem FreD-Handbuch entnommen und
in adaptierter oder modifizierter Form in das enterpriseTRICK-Programm eingefügt worden.
e_buero.
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Anhang A. Regeln und Materialien
A1. enterpriseTRICKenterpriseTRICK-Regelkatalog
Vertraulichkeit und Verschwiegenheit: Die teilnehmerbezogenen Inhalte der Gruppentreffen dürfen
nicht an Dritte weitergegeben werden.
Regelmäßige Teilnahme: Jeder Jugendliche verpflichtet sich zur vollständigen Teilnahme an den
acht Gruppenabenden. Fehlt ein Teilnehmer zu zwei Terminen unentschuldigt, ist das
Gruppenprogramm für ihn beendet.
Pünktlichkeit: Eine Verspätung um mehr als 15 Minuten verhindert die Teilnahme am Gruppentreffen
und muss als unentschuldigtes Fehlen gewertet werden.
Kommunikations- und Verhaltensregeln: Alle Teilnehmer verpflichten sich, andere ausreden zu
lassen und rücksichtsvoll miteinander umzugehen [keine Beleidigungen, Kränkungen,
Verspottungen, keine Gewalt[androhungen]].
Drogenkonsum: Die Gruppenleiter behalten sich vor, Teilnehmer, die offensichtlich unter
übermäßigem Suchtmitteleinfluss [Alkohol, Cannabis, etc] stehen, von dem Gruppentreffen
auszuschließen, wenn eine sinnvolle Teilnahme nicht mehr möglich ist. Ein Ausschluss wird als
unentschuldigtes Fernbleiben gewertet.
A2. Paarinterview. Fragenkatalog
Wie heißt du? Wie alt bist du?
Lebst du bei deinen Eltern oder alleine?
Was machst du schulisch/beruflich?
Was machst du in deiner Freizeit?
Welche Pläne hast du für die Zukunft?
Wieso bist du im Kurs?
Was hättest du heute Abend gemacht, wenn du nicht im Kurs wärst?
A3. Behauptungskarten [Themenmodul 6].
6].
Wirkungen & Mischkonsum.
Kiffen kann flash-backs [Rauscherlebnisse ohne vorausgegangenen Cannabiskonsum] auslösen.
Das Essen oder Trinken von Cannabisprodukten führt zu einer wesentlich stärkeren Wirkung als das
Rauchen.
Der gleichzeitige Konsum von Cannabis & Alkohol, vermindert die Wirkung des Alkohols.
Die Wirkung von Cannabis kann bis zu 6 Stunden anhalten.
Für die psychoaktive [rauscherzeugende] Wirkung von Cannabis ist der Inhaltstoff THC
[Tetrahydrocannabinol] verantwortlich.
Haschisch enthält grundsätzlich höhere THC-Konzentrationen als Marihuana.
Cannabiskonsum kann im Blut länger nachgewiesen werden als im Urin.
Cannabis wird in der Medizin als ärztlich verordnetes Medikament verwendet.
Haschisch ist das gepresste Harz der weiblichen Cannabispflanze.
Cannabis hat eine leistungssteigernde Wirkung.
Risiken.
Kiffen führt zu Impotenz.
e_buero.
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Bong rauchen schädigt die Lungen weniger als Joint rauchen.
Die Risiken des Cannabiskonsums entstehen vor allem durch die Streckmittel im Haschisch.
Auch regelmäßiges Cannabis rauchen kann keine Abhängigkeit verursachen.
Häufiges Cannabis rauchen mindert die Intelligenz.
Kiffen kann psychische Erkrankungen [Depressionen, Angststörungen, etc...] auslösen.
Cannabis ist eine Einstiegsdroge.
BtMG, Führerschein und Datenschutz.
Der Besitz einer geringen Menge Cannabis zum Eigenverbrauch ist legal.
Der Anbau von Cannabispflanzen ist nur dann verboten, wenn die geernteten Pflanzenteile nicht zum
rauchen getrocknet werden.
Der Konsum von Cannabisprodukten ist in Deutschland nicht strafbar.
Strafrechtlich spielt es keine Rolle, ob ein 22-jähriger ein piece an einen Gleichaltrigen oder an einen
16-jährigen verkauft.
Die Polizei kann Drogenberater verpflichten, auszusagen, in welchem Umfang Klienten mit Drogen
dealen.
Wer als Fußgänger von der Polizei mit 2 Gramm Haschisch erwischt wird, dem kann der
Führerschein entzogen werden.
A4. IntakeIntake-Fragebogen
Alter bei Erstkonsum?
Alter zu Beginn eines regelmäßigen Konsums?
Wie oft hast du Cannabis in den letzten 12 Monaten konsumiert?
nie
einmal
etwa einmal pro Monat
etwa 1-2-mal pro Woche
mind. 3-mal pro Woche
täglich
Wie oft hast du Cannabis in den letzten 4 Wochen konsumiert?
konsumiert?
nie
einmal
etwa einmal pro Woche
etwa 2-3-mal pro Woche
[fast] täglich
Wie hoch ist deine durchschnittliche
durchschnittliche Tagesdosis [am Konsumtag]
Konsumtag]?
bis 0,5 g
0,6g bis 2g
mehr als 2g
Wie konsumierst du gewöhnlich?
gewöhnlich?
Joint
Bong
orale Einnahme
e_buero.
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Was konsumierst du gewöhnlich?
Haschisch
Marihuana
Wie würdest du deinen Umgang mit Drogen bezeichnen?
bezeichnen?
leichtsinnig – verantwortungsbewußt [Skala von -3 bis 3]
Wie informiert schätzt du dich zum Thema Cannabis ein?
nicht informiert – gut informiert [Skala von -3 bis 3]
Welche Risiken siehst du beim Cannabiskonsum?
keine
Abhängigkeit
Schädigung des Körpers
Psychische Probleme
Juristische Probleme
Probleme in Schule/Ausbildung/Beruf
andere [Feld für eigene Angaben]
A5.
A5. Abschlussfragebogen.
Bin ich insgesamt mit dem Gruppenangebot zufrieden?
War ich mit dem setting zufrieden?
Konnte ich mein Wissen über Cannabis erweitern?
Hat sich etwas an meiner Einstellung zum Thema Cannabis geändert?
Hat sich meine Risikoeinschätzung hinsichtlich des Cannabiskonsums verändert?
Hat sich mein Konsumverhalten verändert?
Hat sich meine Fähigkeit zur Selbstbeobachtung erweitert?
Kann ich Strategien der Selbstkontrolle und des Risikomanagements im Alltag anwenden?
Was fand ich besonders gut bzw. besonders schlecht?
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e_buero.
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Anhang B. Literatur und Medien
Literatur.
BMGS [2004]. Pressemitteilung der Bundesdrogenbeauftragten 30.11.2004 zum Abschluss der
Fachtkonferenz <Jugendkult Cannabis – Risiken und Hilfen>. Berlin 29. und 30.11.2004
BZgA. [2004]. Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2004. Eine
Wiederholungsbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Teilband Illegale Drogen.
Köln 2004.
EBDD [2004]. Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht. Stand der
Drogenproblematik in der europäischen Union und Norwegen. Jahresbericht 2004. Lisabon
Kraus, L. & Augustin, R. [2001]. Repräsentativerhebung zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen bei
Erwachsenen in Deutschland 2000. Sucht, Sonderheft 1.
Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Gesundheitsabteilung Koordinationsstelle Sucht (Hrsg):
Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten (FreD) - Handbuch
Simon, R. & Sonntag, D. [2004]. Cannabisbezogene Störungen: Umfang, Behandlungsbedarf und
Behandlungsangebot in Deutschland. BMGS. München 2004.
Schneider, M. [2004]. Langzeiteffekte des chronischen Cannabiskonsums. Sucht Nr. 50. S. 309 – 319.
Schneider, W. [1995]. Risiko Cannabis? Bedingungen und Auswirkungen eines kontrollierten, sozialintegrierten Gebrauchs von Haschisch und Marihuana. Studien zur qualitativen Drogenforschung und
akzeptierenden Drogenarbeit. Band 5. VWB. Berlin 1995
Medien.
Stoned. Über die Wirkungen und Folgen von Cannabis-Konsum. Videodokumentation 68min.
Medienprojekt der Stadt Wuppertal. 2000
„Cannabis – Die Wissenschaft vor 100 Fragen.“ TV-Dokumentation, 45 min. aus der Reihe „Gehirn unter
Drogen“, ARTE, Frankreich. 2005
„Haschkids“. Eine TV-Dokumentation aus der Reihe „Menschen hautnah“, WDR. 2005
Gruppenpädagogische Methoden.
Görgen, W.; Kremer, G.; Marzinzik, K.; Meyer, R.; Sarrazin, D.; Schmid, Wehner, E.; Winkler, K.-R.; Wirth,
N. (2003): Handbuch zum Modellprojekt FreD-Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten.
Herausgegeben vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe / Koordinationsstelle Sucht.
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