Europäisches Parlament 2014-2019 Petitionsausschuss 29. 9. 2015 MITTEILUNG AN DIE MITGLIEDER Betrifft: 1. Petition Nr. 2689/2014, eingereicht von Jose Riquelme López, spanischer Staatsangehörigkeit, im Namen der spanischen Vereinigung der Opfer von Thalidomid (AVITE), zu den Folgen von Thalidomid für die betroffenen Patienten Zusammenfassung der Petition Der Petent beschreibt im Detail das Leiden und das Hin und Her der von Thalidomid (Contergan) geschädigten Personen in den 1960er und 1980er Jahren. Der Wirkstoff wurde schwangeren Frauen gegen Übelkeit verschrieben, führte bei den ungeborenen Kindern im Mutterleib jedoch zu Missbildungen und schwerwiegenden Folgen nach der Geburt. Der Petent beschwert sich, dass das deutsche Pharmaunternehmen, das die Medikamente herstellte, die spanischen Behörden nicht umgehend über die schädliche Wirkung informiert habe und dass die spanischen Behörden nicht sorgfältig genug gehandelt hätten. Der Petent, der ein Opfer von Thalidomid ist, gibt an, dass die Opfer in Deutschland mehr Entschädigung erhielten als die spanischen Opfer. Da er diesen Umstand als diskriminierend ansieht, fordert er das Europäische Parlament auf, dafür Sorge zu tragen, dass alle Thalidomid-Opfer in der EU die gleiche Entschädigung erhalten. 2. Zulässigkeit Für zulässig erklärt am 2. September 2015. Die Kommission wurde um Auskunft gebeten (Artikel 216 Absatz 6 der Geschäftsordnung). 3. Antwort der Kommission, eingegangen am 29. September 2015 Der Thalidomid-Skandal wurde durch ein Medikament ausgelöst, das in einigen europäischen Ländern in den 1950er und frühen 1960er Jahren schwangeren Frauen gegen morgendliche CM\1074316DE.doc DE PE569.474v01-00 In Vielfalt geeint DE Übelkeit verschrieben wurde. Dies führte zu einem dramatischen Anstieg der Fälle von Phokomelie (einer Missbildung der Extremitäten bei Neugeborenen). Als epidemiologische Daten die ursächliche Beziehung zwischen Thalidomid und Phokomelie belegten, waren bereits tausende Babys mit schwerwiegenden Missbildungen des Skelettsystems zur Welt gekommen. Es deutet vieles darauf hin, dass es in Spanien im Vergleich zu anderen europäischen Staaten wesentlich länger dauerte, bis die betreffenden Produkte vom Markt genommen wurden. Nachdem gegen den deutschen Hersteller des Produkts und/oder den lokalen Vertreiber/Lizenzinhaber, insbesondere in den 1960er/1970er Jahren, geklagt wurde, richteten zahlreiche Mitgliedstaaten Entschädigungsfonds für die Opfer ein, oft als direkte Folge der Beendigung des Rechtsstreits. In den meisten Fällen war die Gewährung einer Entschädigung aus diesen Fonds mit dem Hersteller oder dem Vertreiber des Produkts verbunden, das den Schaden verursacht hatte. Bezugsberechtigte des deutschen Systems, das von der deutschen Contergan-Stiftung betreut wird, sind beispielsweise die Überlebenden, deren Missbildungen mit dem Produkt in Verbindung gebracht werden, das direkt vom deutschen Hersteller verkauft wurde. Zu diesen gehören Opfer in Deutschland, aber auch in anderen Mitgliedstaaten der EU. Ziel des britischen Thalidomid-Trusts ist hingegen, den Menschen, die im Vereinigten Königreich geboren und geschädigt wurden, weil ihre Mütter während der Schwangerschaft Thalidomid in der Form, wie es von einem britischen Unternehmen hergestellt wurde, einnahmen, Unterstützung und Hilfe zur Verfügung zu stellen. Für die Gesundheitspolitik sowie die Organisation und Bereitstellung der Gesundheitsversorgung sind gemäß Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Mitgliedstaaten zuständig. Somit liegen Entschädigungspläne nicht im Zuständigkeitsbereich der EU. Die Kommission kann daher in dieser Angelegenheit zumindest in Bezug auf die rechtliche Seite nicht tätig werden. Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass der EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis sich vor kurzem mit Überlebenden aus dem Vereinigten Königreich, Schweden, Italien und Spanien getroffen hat, um über deren Situation zu sprechen. Dieses Treffen folgte auf drei Treffen des früheren Gesundheitskommissars Tonio Borg mit Überlebenden. Schlussfolgerung Wie bereits in früheren Petitionen zu ähnlichen Themen (0426/95, 1229/94 und 1106/10) festgestellt wurde, ist die Kommission in dieser Angelegenheit nicht zuständig und kann daher nicht tätig werden. PE569.474v01-00 DE 2/2 CM\1074316DE.doc