DVD RESPEKT STATT RASSISMUS Begleitmaterialien für den Unterricht ................................................................................................................................................................................................................... Arbeitsblatt 1 Es gab einmal einen Staat, wo der Rassismus gesetzlich verankert war: Die Apartheid in Südafrika – ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit Europas Auftauchen im südlichen Afrika Die «Apartheid» Bereits im 16. Jahrhundert besiedelten Portugiesen und Holländer die südafrikanische Küste. Im 17. und 18. Jahrhundert begannen die Holländer in grossem Stil von der Küste gegen Norden vorzudringen. Immer mehr Land wurde erobert, wobei an der einheimischen Bevölkerung (Khoisan-Völker) teilweise ein Völkermord verübt wurde. So entstand im Süden Afrikas ein eigentlicher Kolonialstaat, der von den Nachfahren der holländischen Kolonialisten, den sogenannten Buren, beherrscht wurde. 1948 wurde die Rassendiskriminierung («Apartheid») durch die burische Nationalpartei gesetzlich verankert. Millionen von Menschen schwarzer Haufarbe – aber auch Mischlinge – wurden aus ihren angestammten Wohngebieten vertrieben und in Homelands (Reservate) umgesiedelt. Die Schwarzen mussten fortan in unwirtlichen Gebieten wohnen oder wurden in den Städten in Elendsvierteln, in so genannten Townships zusammengepfercht. Bis in die 80er-Jahre galt Südafrika als Wirtschaftswunderland mit ständig hohen Wachstumsraten. Davon profitierten fast ausschliesslich die Weissen. Die Burenherrschaft Die Buren versklavten weite Teile der einheimischen Bevölkerung. Aus anderen ostafrikanischen Staaten führten sie zudem Tausende von Sklaven ein und verwandelten mit deren Hilfe die südafrikanische Provinz in ein blühendes Land. Dieses war aber nicht nur fruchtbar, es besass auch ausserordentlich viele Bodenschätze (Gold und Diamanten), welche durch die billigen schwarzen Arbeitskräfte ohne grosse Kosten ausgebeutet werden konnten. Mit der Zeit empfanden sich die Buren als «Afrikaner» und lösten sich immer mehr von ihrem ehemaligen Heimatland Holland. Im Kampf gegen die Briten Im 19. Jahrhundert eroberten die Briten die südafrikanische Provinz und wurden zur neuen Kolonialmacht. Dies liessen sich die Buren nicht bieten und wehrten sich vehement gegen die englische Herrschaft. So kam es anfangs des 20. Jahrhunderts in Südafrika zu einem verlustreichen und ausserordentlich hart geführten Unabhängigkeitskampf der Buren gegen die Engländer. Der Aufstand der Buren wurde zwar niedergeschlagen, aber die britische Krone musste den Buren viele Konzessionen zugestehen. Unter anderem blieben die strengen Rassengesetze der Buren weitgehend unangetatstet. Die Buren standen zwar immer noch formal unter britischer Herrschaft, machten aber in Südafrika, was sie wollten. 1913 verabschiedete die Regierung ein neues Landgesetz, das zur massenhaften Vertreibung von Menschen schwarzer Hautfarbe führte. Film 9 Farbe der Wahrheit Widerstand gegen die «Apartheid» Die Apartheidpolitik der Weissen wurde aber nicht widerstandslos hingenommen. Sowohl die schwarze Bevölkerung wie auch viele weisse Südafrikaner wehrten sich gegen die rassistische Politik. Der 1912 gegründete ANC (Afrikanischer Nationalkongress) versuchte bis 1960 mit gewaltlosen Methoden gegen die Rassendiskriminierung vorzugehen. Der südafrikanische Staat reagierte jedoch mit brutaler Repression. Das Massaker von Sharpeville gilt als eigentliche Wende der südafrikanischen Widerstandsbewegung. Am 21. März 1960 feuerte die weisse Polizei während einer friedlichen Demonstration in die flüchtende Menge und erschoss 69 DemonstrantInnen. ANC im Untergrund Der ANC wurde verboten, ihr prominentester Führer, der schwarze Rechtsanwalt Nelson Mandela, kam ins Gefängnis. Von da an griff auch die Widerstandsbewegung der Schwarzen zur Gewalt. Der ANC ging in den Untergrund und führte einen bewaffneten Befreiungskampf, teilweise aus dem Ausland. Die weisse Regierung reagierte mit einem gezielten Ausbau des Sicherheitsapparates. Militär, Geheimpolizei und Todesschwadronen ermordeten Tausende von Menschen. Die Gefängnisse füllten sich. Menschenrechtsverletzungen jeglicher Art wurden von den Behörden und der Regierung gedeckt. Seite 1 | 2 DVD RESPEKT STATT RASSISMUS Begleitmaterialien für den Unterricht ................................................................................................................................................................................................................... Druck von Aussen Mutige Schritte zur Versöhnung Auch aussenpolitisch kam Südafrika unter Druck. Die UNO rief einen Südafrika-Boykott aus. Die Apartheid wurde - wie seinerzeit der Nationalsozialismus in Deutschland - als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bewertet, weil sie auf einer behaupteten Ungleichheit von Menschen unterschiedlicher körperlicher und kultureller Merkmale aufbaute. Südafrika wurde zu einem international geächteten Staat, der mit politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Sanktionen belegt wurde. Nelson Mandela wusste aber, dass das Land Stabilität brauchte und es deswegen zu keinem blutigen Bürgerkrieg kommen durfte. Er war auch überzeugt, dass Südafrika sich keinen massenweissen Auszug der Weissen und langwierige Prozesse leisten konnte. Mandela und seine Regierung entschieden sich zu einem ungewöhnlichen Schritt: 1995 wurde eine sogenannte Wahrheitsund Versöhnungskommission gebildet. Die südafrikanische Regierung versprach jedem Schwarzen und Weissen, die sich während der Zeit der Apartheid Menschenrechtsverletzungen zu Schulden kommen liessen, eine Amnestie, das heisst Straffreiheit. Dies aber nur, wenn sie bereit waren, sich vor der Wahrheitskommission und den Angehörigen zu verantworten, auszusagen und zu bereuen. Die Arbeit der Wahrheitskommission wurde zu einer beeindruckenden Aufarbeitung der Verbrechen des Apartheidregimes. Sie bezog Täter und Opfer ein und trug viel zur Versöhnung der verfeindeten Volksgruppen ein. Die Kommission ist heute (2004) weiterhin an der Arbeit. Die Gewalt eskaliert Die Gewalt nahm ungeheuerliche Formen an: Tausende starben in den Folterkellern oder kamen in den Kämpfen mit der Armee und der Polizei ums Leben. Trotz aller Repression wuchs der Widerstand im Innern. Der weisse südafrikanische Politiker Frederik De Klerk war schliesslich überzeugt, dass sich der Apartheidstaat mit Gewalt nicht mehr retten liess. Unter dem Druck der Ereignisse übernahm er die Regierungsverantwortung, legalisierte 1990 den ANC und entliess Nelson Mandela nach 30-jähriger Haft aus dem Gefängnis. Endlich Frieden – Schwieriges Erbe Nach komplizierten Verhandlungen kam es 1994 zu einer demokratischen Verfassung und zu ersten freien Wahlen in der Geschichte dieses Landes. Der ANC gewann diese Wahlen und Nelson Mandela wurde der erste Staatspräsident des neuen Südafrika. Das Erbe, das der ANC unter Nelson Mandela übernahm, war erdrückend: Südafrika war mittlerweile in eine tiefe Wirtschaftskrise geraten. 4,5 Millionen Weisse, mit dem besten Land ausgestattet, standen 20 Millionen Schwarzen gegenüber, die möglichst schnell zu ihrem Recht kommen wollten. Diese Menschen waren nicht nur hungrig nach Nahrung und Land, sondern forderten auch ausgleichende Gerechtigkeit. 13 Prozent des Landes standen diesen 20 Millionen Schwarzen zur Verfügung, während 87 Prozent des Landes im Besitz der Weissen war. Zahllose Familien – vor allem diejenigen der Farbigen - beklagten Opfer: Menschen, die vom Staatsapparat umgebracht worden waren. Das Land drohte erneut im Chaos zu versinken. Film 9 Farbe der Wahrheit Seite 2 | 2