Praktikumversuch 'Motorenvergleich' EMK-Praktikumversuch Motorenvergleich Ziel des Versuchs: In diesem Versuch sollen Sie das Betriebsverhalten von Antriebsmotoren mittlerer Leistung kennenlernen und erlernen, was beim Einsatz zu beachten ist. 1 Vorbereitung 1.1 Sicherheitshinweise Sie werden in diesem Versuch mit Spannungen bis 230 V arbeiten, die lebensgefährlich werden können. Beachten Sie dies bitte bei der Durchführung, Fahrlässigkeit führt zum Ausschluss vom Versuch! 1.2 Einführung Die meistverwendeten Antriebsmotoren für Wechselstrombetrieb bei mittleren Leistungen sind Reihenschlussmotoren, zu denen auch die Universalmotoren gehören, und Induktionsmotoren mit Kondensatorhilfsphase. In diesem Praktikumversuch wird das Betriebsverhalten von beiden Motortypen untersucht. Ziel der Messungen ist der Vergleich des Betriebsverhaltens von Reihenschluß- und Induktionsmotor. Beispiele für die Anwendung dieser Motoren sind Handbohrmaschinen, Küchenmaschinen und Staubsauger. Erläuterungen ? . 4 Hier sollen Sie sich bei der Versuchsvorbereitung Gedanken zu den entsprechenden Fragen machen. Die Antworten gehören später in die Versuchsausarbeitung. Bitte notieren Sie hier während des Versuchs Ihre Beobachtungen und Meßwerte. Die Aufzeichnungen gehören später ebenfalls in die Versuchsausarbeitung. Die Versuchsbeobachtungen sollen ausgewertet und diskutiert werden. 1 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' 1.3 Reihenschlussmotoren Motoren bestehen vereinfacht aus zwei Baugruppen: Rotor und Stator. Der Rotor ist der drehbare Teil; er wird häufig auch mit Anker oder Läufer bezeichnet. Der Stator ist Teil des Gehäuses und heißt auch Ständer. Die Wirkungsweise eines Gleichstrommotors kann mit Hilfe von Abbildung 1 erklärt werden. An die Bürsten wird eine Gleichspannung angelegt. Dadurch fließt in der Spule ein Strom. Ist ein Erregerfeld vorhanden, im Bild durch einen Permanentmagneten erzeugt, wird auf die stromdurchflossene Spule eine Kraft ausgeübt, die im Abstand r vom Drehpunkt wirkt. Ein Drehmoment ist vorhanden. Nach der Rechten-Hand-Regel dreht sich die Spule in die eingezeichnete Richtung. Abbildung 2 zeigt das elektrische Ersatzschaltbild. In der waagerechten Lage ist die Spule stromlos, denn die Bürsten befinden sich über der Isolation. Die Leiterschleife dreht U Ia Ua Ra Bürste Ia Isolator La U Ie Kommutator Abbildung 1: Gleichstrommotormodell U0 M Le Abb. 2: Fremderregter Gleichstrommo- tor sich aufgrund des Schwungmomentes weiter. Der Stromwender oder Kommutator schaltet dann die Stromrichtung in der Spule um. Die Ströme in den Leitern unter den Polen haben die gleiche Richtung wie vorher. Das Drehmoment wirkt dadurch immer in die gleiche Richtung. Diese Vorgänge wiederholen sich, solange die Spannung am Kommutator liegt. Dreht sich eine Spule im Magnetfeld, entsteht in ihr die Urspannung UUr, die etwa gleich der Leerlaufspannung U0 ist. Sie hängt von der Flußdichte B des Magnetfeldes und von der Drehzahl n ab. Diese Spannung wird in der Ankerwicklung des Gleichstrommotors induziert. Sie ist der an der Ankerwicklung anliegenden Spannung Ua entgegengerichtet und wird deshalb auch als Gegenspannung bezeichnet. Die Größe des Ankerstromes Ia hängt von dieser Spannung ab. Es gilt: 2 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' Ia = Ua − U 0 Ra (1) Beim Einschalten dreht sich der Läufer noch nicht, die Gegenspannung ist Null. Damit der Wirkungsgrad günstig wird, ist der Ankerwicklungswiderstand Ra klein. Der Anlaufstrom IA ist deshalb sehr hoch. Er muß durch einen Anlasserwiderstand begrenzt werden. Der hohe Anlaufstrom erzeugt ein großes Anlaufdrehmoment MA. Die Drehzahl steigt sehr schnell auf den Betriebswert an. Bei Belastung des Motors verringert sich die Drehzahl. Dadurch wird die Gegenspannung U0 kleiner. Der Ankerstrom steigt. Die Drehzahl sinkt solange, bis durch den steigenden Ankerstrom der Motor das Drehmoment erzeugt, das gleich dem Drehmoment der Belastung des Motors ist. Wird die Spannung Ua an der Ankerwicklung größer, steigt der Ankerstrom Ia. Dadurch wird das Drehmoment M des Motors größer und der Läufer dreht sich schneller. Nun steigt die Gegenspannung U0 an. Der Ankerstrom Ia wird wieder kleiner. Die Drehzahl n steigt auf einen Wert, bei dem der Ankerstrom Ia seine ursprüngliche Größe hat. Dann hat der Motor das gleiche Drehmoment M wie vorher. Ähnliche Überlegungen führen zu dem Ergebnis, daß die Drehzahl n sinkt, wenn die Spannung Ua an der Ankerwicklung fällt. Bei der Verringerung des Erregerstromes Ie wird die Gegenspannung U0 kleiner. Dadurch steigt der Ankerstrom Ia und damit das Drehmoment M. Der Läufer wird mit höherer Drehzahl n angetrieben. Die Gegenspannung U0 steigt dadurch wieder und der Ankerstrom Ia verringert sich. Die Drehzahl des Motors steigt solange an, bis wieder ein Gleichgewicht der Drehmomente herrscht. Der Drehzahlanstieg ist also umgekehrt proportional zur Feldschwächung. Stellt man für die Vergrößerung des Erregerstromes ähnliche Überlegungen an, kommt man zu dem Ergebnis, daß die Drehzahl sinkt. Die Drehzahl eines Gleichstrommotors kann mit der Spannung Ua an der Ankerwicklung und mit dem Erregerstrom Ie gesteuert werden. Diese Beschreibung galt dem Gleichstrommotor. Beim Reihen- oder Hauptschlussmotor sind Anker- und Erregerwicklung in Reihe geschaltet. Das heißt die Bezeichnung Reihenschlussmotor bezieht sich auf die interne Verschaltung bzw. Verdrahtung des Gleichstrommotors, siehe Abbildung 3. Beim Nebenschlussmotor sind entsprechend die Anker- und Erregerwicklung parallel geschaltet, siehe Abbildung 4. Da die Anker- und Erregerwicklung beim Reihenschlussmotor in Reihe geschaltet sind, ist der Strom in allen Wicklungen gleich groß. Die Drehrichtung des Motors 3 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' hängt von der Richtung des Erregerstromes Ie in der Erregerwicklung und von der Richtung des Ankerstromes Ia in der Ankerwicklung ab. Beim Reihenschlussmotor kann die Drehrichtung durch Änderung der Stromrichtung in der Anker- oder in der Feldwicklung umgekehrt werden. Die Drehzahl n ist sehr lastabhängig. Wird der Motor belastet, steigt der Ankerstrom Ia und damit der Erregerstrom Ie, denn es gilt I = Ia = Ie. Bei steigendem Erregerstrom Ie wird die Drehzahl n kleiner. Wird die Belastung des Motors kleiner, so steigt seine Drehzahl stark an. Bei Leerlauf wird sie unzulässig hoch, der Motor geht durch. Reihenschlussmotoren dürfen deshalb nicht ohne Belastung betrieben werden. U U Ia Ia Ua Ra Ua M Ra La La U0 Ie Le Re U0 M Le Re Abbildung 3: Reihenschlussmotor Abbildung 4: Nebenschlussmotor Das Drehmoment M ist proportional der Kraft F auf die Ankerwicklung. Diese hängt von der Flußdichte B und dem Strom Ia in der Ankerwicklung ab, denn es gilt F = B ⋅l ⋅ I ⋅ z . (2) Die Flußdichte B hängt unterhalb der magnetischen Sättigung vom Strom Ie der Erregerwicklung ab. Da diese Ströme gleich dem aufgenommenen Strom I sind, hängt das Drehmoment M des Reihenschlussmotors vom Quadrat des Motorstromes I ab. Die Widerstände der Wicklungen sind sehr klein, damit der Wirkungsgrad η günstige Werte annimmt. Dadurch ist der Anlaufstrom IA und damit auch das Anzugsdrehmoment des Reihenschlussmotors sehr groß. Deswegen eignet er sich besonders gut für den Einsatz in Werkzeugen, Küchengeräten und Fahrantrieben. 4 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' Hat ein Motor ein großes Anzugsdrehmoment MA und ist seine Drehzahl n sehr lastabhängig, dann hat er Reihenschlussverhalten. In der Regel wird die Bauform der Motoren an das Antriebsproblem angepaßt. Dazu gehört bei Universalmotoren wesentlich die Betriebsdauer, für die die Kommutierung auszulegen ist. Der Bürstenverschleiß begrenzt die Betriebsdauer. Als Kommutator bei Kleinmotoren werden Kohlebürsten in Form von Metallgraphitbürsten verwendet. Sie werden als Köcher- oder Hammerbürstenhalter ausgeführt, siehe Abbildung 5. Häufig werden auch Abschaltkohlen verwendet, um den Kommutator zu schützen. Der Verschleiß einer Bürste setzt sich aus dem mechanischen Abrieb und dem elektrischen Abbrand zusammen. Während der mechanische Abrieb mit größer werdender Andruckkraft steigt, fällt der Abbrand. Typische Bürstenstandzeiten für einfache Anwendungen wie Bohrmaschinen und Kaffeemühlen sind 50–100 h, für Handmixer 250–500 h und für Staubsauger 700–1500 h. Die Grenze für hochwertige Motoren z.B. in Positionierantrieben liegt bei 10000 h. Abbildung 5: Hammerbürstenhalter und Köcherbürstenhalter ? Verständnisfragen 1) Erklären Sie kurz die Wirkungsweise von Reihenschlussmotoren. 2) Warum kann der Universalmotor mit Gleich- und mit Wechselspannung betrieben werden? 3) Wie kann der Anlaufstrom IA berechnet werden? 4) Welche Möglichkeiten gibt es zur Drehzahlregelung eines Reihenschlussmotors? 5 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' 1.4 Induktionsmotoren Induktions- oder Asynchronmotoren sind wegen ihres einfachen, betriebssicheren und billigen Aufbaus die in der Praxis am häufigsten verwendeten elektrischen Antriebsmaschinen. Nut Abbildung 6: Ständer eines zweipoligen Drehstrom-Asynchronmotors Abbildung 6 zeigt den Aufbau des Stators oder Ständers eines zweipoligen Drehstrom-Asynchronmotors. Er besteht aus einem Gehäuse mit einem Dynamoblechpaket. In dessen Nuten befindet sich die Wicklung, die aus einer Anzahl von Einzelspulen besteht. 6 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' Die Magnetfelder mehrerer stromdurchflossener Spulen überlagern sich zu einem resultierenden Gesamtfeld. An dem Beispiel eines zweipoligen Ständers – das heißt er besteht aus drei Spulen – wird nun das Gesamtfeld eines DrehstromAsynchronmotors erarbeitet. In Abbildung 6 erkennen Sie, dass die Wicklung aus drei Einzelspulen besteht, die räumlich versetzt um 120° angeordnet und verschachtelt in die Nuten des Blechpaketes eingelegt sind. Abbildung 7: Entstehung des zweipoligen Drehfeldes mit Drehstrom 7 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' Mit Hilfe von drei um 120° räumlich versetzt angeordneten Spulen, die von Drehstrom durchflossen werden, wird ein Magnetfeld erzeugt, das sich mit hoher Drehzahl bewegt. Ein Magnetfeld dieser Art nennt man Drehfeld. Die Drehung dieses Drehfeldes hängt von der Phasenfolge ab, denn sie kann durch Vertauschen der Anschlüsse geändert werden. Dreiphasiger Wechselstrom heißt Drehstrom, weil er ein Drehfeld erzeugen kann. In Abbildung 7 können Sie die Entstehung des Drehfeldes erkennen. In dem Liniendiagramm ist der zeitliche Verlauf der drei Spulenströme i1, i2 und i3 eingetragen. Die Stromrichtung in den Spulen wurde dem Liniendiagramm entnommen. Damit ergibt sich der dargestellte Feldlinienverlauf. Es bildet sich ein zweipoliges Magnetfeld, das sich von einem zum nächsten betrachteten Zeitpunkt um 120° dreht, während einer Periode also um 360°. Es ist ebenfalls zu sehen, dass sich die Drehrichtung aufgrund des Vertauschens zweier Anschlüsse umkehrt. Werden drei um 120° versetzt angeordnete Spulen von Drehstrom durchflossen, dann entsteht ein Drehfeld. Ein Drehfeld ist ein Magnetfeld, das sich mit konstanter Drehzahl um eine Drehachse dreht. Die Drehrichtung des Drehfeldes ändert sich, wenn sich die Phasenfolge ändert. Der Läufer eines Drehstrom-Asynchronmotors besteht aus einer Welle mit einem darauf befestigten Dynamoblechpaket. In den Nuten befindet sich meistens eine Käfigwicklung – daher der Name Käfigläufer –, seltener eine Drehstromwicklung. Die Käfig- oder Kurzschlusswicklung besteht aus Kupfer- oder Aluminiumstäben, die an beiden Enden durch je einen Kupfer- bzw. Aluminiumring kurzgeschlossen sind, siehe Abbildung 8. Abbildung 8: Käfig- bzw. Kurzschlussläufer Ist ein Drehfeld vorhanden, dann wird auf den Käfigläufer ein Drehfeld ausgeübt. Er dreht sich dadurch in die gleiche Drehrichtung wie das Drehfeld, aber mit niedrigerer Drehzahl. 8 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' Zur einfachen Erklärung wird eine Spule der Käfigwicklung betrachtet. Beim Anschalten dreht sich das Drehfeld mit der Drehfelddrehzahl nf. Der Läufer befindet sich noch in Ruhestellung. Die Fläche, durch die der magnetische Fluss φ hindurchtritt, hat sich jetzt verkleinert. Aufgrund dieser Flussänderung wird in der Spule eine Spannung induziert. Es entsteht eine Wechselspannung, denn im Verlauf einer Umdrehung ändert sich die Richtung des magnetischen Flusses der Spule. Da der Stromkreis über die Kurzschlussringe geschlossen ist, fließt ein Wechselstrom. Auf stromdurchflossene Leiter im Magnetfeld wird eine Kraft ausgeübt, deswegen läuft der Läufer in Drehrichtung an. Solange der Läufer sich langsamer dreht als das Drehfeld, wird in der Läuferwicklung eine Spannung induziert, und es wirkt ein Drehmoment. Dreht sich das Drehfeld und der Läufer mit der gleichen Drehzahl, findet keine Flussänderung statt, es wird keine Spannung induziert und es fließt kein Läuferstrom. Ein Drehmoment ist nicht mehr vorhanden. Die Läuferdrehzahl erreicht deshalb nur einen Wert unterhalb der Drehfelddrehzahl. Läufer und Drehfeld drehen asynchron, d.h. nicht mit der gleichen Drehzahl. Im Läufer eines Drehstrom-Asynchronmotors wird ein Drehmoment erzeugt, das in Drehfeldrichtung wirkt. Der Läufer dreht sich dabei mit einer Drehzahl unterhalb der Drehfelddrehzahl. Weil die Drehzahlen asynchron sind, heißen diese Motoren Drehstrom-Asynchronmotoren. Drehfeld und Läufer drehen immer in die gleiche Richtung. Die Drehrichtung des Läufers eines Drehstrom-Asynchronmotors kann nur durch Umkehrung der Drehfeldrichtung geändert werden. Die relative Drehzahl zwischen Läufer und Drehfeld wird mit Schlupfdrehzahl ns bezeichnet. ns = nf − n (3) Der Schlupf s ist das Verhältnis der Schlupfdrehzahl zur Drehfelddrehzahl: nf − n s= . (4) nf Die Grundlage zum Betrieb von Wechselstrom-Asynchronmotoren ist sein Drehfeld. Darum muß mit dem einphasigen Wechselstrom ein Drehfeld erzeugt werden. Ist in einem Einphasen-Asynchronmotor eine von Wechselstrom durchflossene Spule vorhanden, entsteht in ihr ein Wechselfeld. Es ist ein räumlich stillstehendes Magnetfeld, dessen Größe sich laufend ändert und dessen Richtung sich periodisch umkehrt, also kein Drehfeld. Hat der Motor zwei um 90° räumlich versetzt angeordnete Wicklungen und verwendet man zusätzliche Bauelemente wie Kondensatoren, Wirkwiderstände oder 9 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' Abbildung 9: Erzeugung eines Drehfeldes mit einphasigem Wechselstrom Drosselspulen, so kann auch mit einphasigem Wechselstrom ein Drehfeld erzeugt werden, siehe Abbildung 9. Wenn in beiden Spulen ein gleich großes Wechselfeld erzeugt wird, entsteht bei einer Phasenverschiebung zwischen den Spulenströmen von 90° ein Drehfeld, dessen Magnetfluss jederzeit gleich ist. Ist die Phasenverschiebung nicht genau 90°, entsteht ebenfalls ein Drehfeld. Der magnetische Fluss ist dann allerdings nicht immer gleich – es entsteht ein elliptisches Drehfeld. Abbildung 10 zeigt die Entstehung des Drehfeldes mit Wechselstrom. Aus den Wechselfeldern zweier um 90° versetzt angeordneten Spulen bildet sich ein Drehfeld, wenn zwischen den Spulenströmen eine Phasenverschiebung von nahezu 90° besteht. Die Drehrichtung des Drehfeldes hängt von den Stromrichtungen in den Spulen ab. Auch in einem Drehstrom-Asynchronmotor kann mit einphasigem Wechselstrom bei Verwendung der Steinmetzschaltung ein Drehfeld erzeugt werden. Der Motor wird im Stern oder im Dreieck geschaltet. Die Wechselspannung wird an zwei Anschlüsse gelegt. Der dritte Anschluss wird über einen Kondensator mit einer der beiden Phasen verbunden. 10 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' Abbildung 10: Entstehung des Drehfeldes bei Wechselstrom Das Drehmoment des Motors hängt von der Kraft F ab, die auf die stromdurchflossenen Leiterstäbe im Rotor ausgeübt wird. Diese ist wiederum abhängig von dem Produkt magnetischer Flußdichte multipliziert mit dem Strom in den Läuferstäben und der Länge der Läuferstäbe. F = B ⋅l ⋅ I (5) Sowohl Flussdichte als auch Läuferstrom hängen von der anliegenden Spannung ab. Daraus folgt nun, daß das Drehmoment des Motors von dem Quadrat der anliegenden Spannung abhängt. Der aufgenommene Strom I eines Käfigläufermotors hängt von der anliegenden Spannung U und das Drehmoment M von dem Quadrat der anliegenden Spannung, also U2, ab. Soll der Anlaufstrom IA des Käfigläufermotors herabgesetzt werden, muß die an der Wicklung anliegende Spannung verringert werden. Das hat zur Folge, daß das Anlaufdrehmoment MA quadratisch mit der Spannung U sinkt. 11 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' ? Verständnisfragen 5) Erklären Sie kurz die Wirkungsweise von Asynchronmotoren. 6) Wie kann die Drehzahl bei Asynchronmotoren verändert werden? 7) Beschreiben Sie die Beschaltungsvarianten zur Drehfelderzeugung für den Betrieb am Einphasenwechselstromnetz und diskutieren Sie Vor- und Nachteile. 8) Wie kann der hohe Anlaufstrom bei diesen Motoren reduziert werden? 1.5 Aufgabenstellung Ziel der Messungen ist der Vergleich des Betriebsverhaltens von Reihenschluß- und Induktionsmotor. Folgende Messungen werden hierbei durchgeführt: a) Reibmoment im Leerlauf über der Drehzahl. b) Drehmoment in Abhängigkeit der Drehzahl. c) Leistungsaufnahme, Leistungsfaktor und Wirkungsgrad in Abhängigkeit der Drehzahl. d) Untersuchung der Drehzahlregelung des Universalmotors. ? Bitte bringen Sie zum Kolloquium eine Planung für die Versuchsdurchführung in Form der vorbereiteten Meßprotokolle mit. 12 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' 2 Versuchsaufbau Für die Messungen steht Ihnen ein Versuchsaufbau mit zwei Maschinensätzen zur Verfügung. Die beiden zu vermessenden Motoren sind über Faltenbalgkupplungen an die Bremsmotoren angeflanscht. Abbildung 11 zeigt den elektrischen Aufbau als Schaltbild. Motor 1/2 Inetz < Regeltrafo Unetz Kondensator Hilfsphase MotorRegler Regelung ein/aus Bremsmotor 1 Bremsmotor 2 Ibrm < Bremswiderstand Ubrm Bremsmotor 1/2 Erzeugung der Erregerspannung fuer die Bremsmotoren < Netz Abbildung 11: Schaltbild des elektrischen Aufbaus Die Bremsmotoren sind Nebenschlussmotoren und werden durch das GeneratorWiderstands-Ersatzschaltbild vollständig beschrieben, Nebeneffekte wie Hystereseverluste werden nicht berücksichtigt. Nebenschlussmotoren sind Gleichstrommotoren, bei denen die Feld- und die Läuferwicklung parallel geschaltet sind. Die technischen Daten der verwendeten Bremsmotoren bei der installierten Erregung entnehmen Sie bitte Tabelle 1: 13 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' Widerstand der Läuferwicklung 22 Ω Generatorkonstante 2.63 V⋅s Momentenkonstante 0.38 Nm/A Tabelle 1: Technische Daten der Bremsmotoren Folgende Geräte aus Tabelle 2 werden für die Versuchsdurchführung benötigt: Bezeichnung Anzahl Gleichspannungsnetzgerät PE 4831 1 Wirkleistungsmessgerät Wattavi 1 Multimeter Elavi 3 4 Voltmeter Multizet (Dreheisen) 1 Drehwiderstand 330 Ω 1 Drehwiderstand 1000 Ω 1 Drehwiderstand 5600 Ω 1 Regeltrenntrafo 1 Tabelle 2: Für den Versuch benötigte Geräte ? Verständnisfragen 9) Skizzieren Sie das Generator-Widerstands-Ersatzschaltbild der verwendeten Bremsmotoren. 10) Wie lässt sich aus den technischen Daten der Bremsmotoren die Drehzahl und das Drehmoment berechnen? 14 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' 3 Versuchsdurchführung und Ausarbeitung 3.1 Hinweise zur Versuchsdurchführung Sie haben es bei diesem Versuch mit durchweg hohen Gleichspannungen zu tun. Der Versuchsaufbau und die Meßgeräte können zudem durch die hohen erreichbaren Leistungen Schaden nehmen. Entfernen Sie deshalb bei Versuchsbeginn alle Zuleitungen zu dem Aufbau und unterbrechen Sie den Versuchsablauf, wenn einer der verwendeten Motoren so heiß wird, daß Sie ihn nicht mehr anfassen können. 3.2 Leerlaufmoment der beiden Maschinensätze Beide Maschinensätze haben eine drehzahlabhängige Reibung. Für das Reibmoment in Abhängigkeit von der Drehzahl soll ein Approximationspolynom entwickelt werden. Zur Einleitung des Leerlaufdrehmomentes sollen die Bremsmotoren benutzt werden. Um die Bremsmotoren als Antrieb zu verwenden, ist an den Klemmen Ubrm eine Gleichspannung einzuspeisen. ? . 4 Welche Größen müssen Sie für diesen Versuch messen? Wie errechnet sich das Reibmoment Mreib und die Drehzahl n? Bei der fest verdrahteten Erregung ermitteln Sie das Reibmoment bei einer Spannung an Bremsmotor 1 bis 120 Volt und an Bremsmotor 2 bis 200 Volt. Ermitteln Sie das Reibmoment im Leerlauf über der Drehzahl und ein Approximationspolynom 2. Ordnung für das Reibmoment über der Drehzahl. Zeichnen Sie das Reibmoment für beide Motoren in ein Diagramm. Diskutieren Sie das Ergebnis. 3.3 Verhalten bei unterschiedlicher Last Das Lastmoment wird durch eine elektrische Last an den Ausgangsklemmen der Bremsmotoren Ubrm erzeugt. Über die Regelwiderstände wird der Laststrom und damit das Lastmoment eingestellt. Die Drehzahl wird über die Generatorkonstante, den Läuferwiderstand und den Laststrom Ibrm sowie der Spannung Ubrm errechnet. In diesem Versuchsteil soll das Drehmoment in Abhängigkeit der Drehzahl ermittelt werden. ? Welche Größen müssen Sie für diesen Versuch messen? Wie errechnet sich das Drehmoment Mel und die Drehzahl n? 15 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' . 4 Ermitteln Sie das Drehmoment in Abhängigkeit der Drehzahl bei einer Motorspannung von 160 und 230 Volt. Dabei soll das Leerlaufmoment herausgerechnet werden. Zeichnen Sie die vier Kennlinien in ein Diagramm und diskutieren Sie das Ergebnis. 3.4 Leistungsaufnahme, Leistungsfaktor, Wirkungsgrad Messen Sie in diesem Versuchsteil die Leistungsaufnahme S, den Leistungsfaktor cos ϕ und den Wirkungsgrad η der beiden Motoren in Abhängigkeit der Drehzahl bei 160 und 230 Volt. Die Wirkleistungsaufnahme kann durch das eingeschleifte Wattmeter in Inetz und Unetz direkt gemessen werden (Spannung beachten). Bei der Versuchsdurchführung ist darauf zu achten, daß die Motoren nicht überhitzen. ? Wie errechnet sich die Leistungsaufnahme S der Motoren? Welche Größen müssen hierfür gemessen werden? ? Wie errechnet sich der Leistungsfaktor cos ϕ der Motoren? Welche Größen müssen hierfür gemessen werden? ? Wie läßt sich der Wirkungsgrad η errechnen? Welche Größen müssen hierfür gemessen werden? . 4 Ermitteln Sie Leistungsaufnahme, Leistungsfaktor und Wirkungsgrad in Abhängigkeit der Drehzahl bei einer Motorspannung von 160 und 230 Volt. Rechnen Sie das ermittelte Reibmoment für alle Darstellungen heraus. Erstellen Sie für den Induktions- und Universalmotor je ein Diagramm. Diskutieren Sie das Ergebnis. 3.5 Motorregelung Universalmotoren werden heute häufig mit einer Drehzahlregelung betrieben. Zum Einsatz kommt in der Regel eine Phasenanschnittssteuerung mit Lastkompensation. Untersuchen Sie die Drehzahlregelung des Universalmotors. Der Universalmotor wurde in den vorangegangenen Versuchen ohne Regelung betrieben. Schalten Sie die Regelung ein und messen Sie die Drehzahl-Drehmoment-Kennlinie ausgehend von einer Leerlaufdrehzahl von 2500 U/min. Messen Sie die jeweilige Spannung Umot hinter dem Motor-Regler mit einem Dreheisen-Voltmeter. 16 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' ? . 4 Welche Größen müssen Sie für diesen Versuch messen? Ermitteln Sie die Drehzahl/Drehmoment-Kennlinie ausgehend von einer Leerlaufdrehzahl von 2500 U/min. Dabei soll das Leerlaufmoment herausgerechnet werden. Stellen Sie das Meßergebnis graphisch dar und diskutieren Sie das Ergebnis. 3.6 Hinweise zur Ausarbeitung Zur einfachen Auswertung und grafischen Darstellung der Meßwerte kann das Programm Excel auf den PCs im Rechnerraum benutzt werden. Sie können die Auswertung selbstverständlich auch von Hand mit „Papier und Bleistift“ durchführen. Mit kurzen stichwortartigen Antworten auf die obigen Fragen sollen Sie zeigen, was sie verstanden haben. Begründete Vermutungen sind auch erlaubt, blindes Raten jedoch nicht. Vielleicht vermerken Sie auch am Schluß, was Sie an dem Versuch gut fanden, und was Sie verbessern würden. 4 Literaturhinweise AEG Telefunken: Datenblatt zur Phasenanschnittssteuerung U210B (optional) Böhm, Werner: Elektrische Antriebe Würzburg: Vogel Buchverlag 1989 Signatur NTB: 33.1.137 und 33.1.146 Moczala, Helmut: Elektrische Kleinmotoren: Wirkungsweise, Bauformen, Eigenschaften, Hinweise für den Einsatz Ehningen bei Böblingen: Expert, 1993 ISBN 3-8169-0909-4 Signatur NTB: 33.1.162, (..140, ..141, ..142, ..147, ..153, ..154) und 33.1.148 ROT Schröder, Dierk: Elektrische Antriebe 1, Grundlagen Berlin, Heidelberg: Springer, 1994 ISBN 3-540-57517-0 Signatur NTB: 33.1.166 Stölting, Hans-Dieter: Elektrische Kleinmaschinen: eine Einführung Stuttgart: Teubner, 1987 ISBN 3-519-06321-2 Signatur NTB: 33.1.139 hier Kapitel 2 und 4 Weißmantel / Hoppach: Skript Elektrische Kleinantriebe, TU-Darmstadt 1998 17 Praktikumversuch 'Motorenvergleich' Stand: April 2004, Bearbeiter: Weber 18