der zweite Besuch beim Kometen tempel 1

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Welt der Wissenschaft: Kometenforschung
StardustNExT
Der zweite Besuch
beim Kometen Tempel 1
Die US-Raumsonde Stardust-NExT passiert am 14. Februar 2011 den Kern
Erstmals wird Mitte Februar 2011 ein Komet wiederholt von einer
Raumsonde besucht: Stardust-NExT fliegt am Kern des Kometen
9P/Tempel 1 vorbei und nimmt diesen – sechs Jahre, nachdem er von
der Sonde Deep Impact beschossen wurde – erneut unter die Lupe.
des Kometen 9P/Tempel 1 in einem
Abstand von rund 200 Kilometern. Das
Bild des Kometenkerns nahm die
Vorgängersonde Deep Impact am 4. Juli
2005 auf, als ihr Impaktor gerade auf
ihm eingeschlagen war..
Von Harald Krüger
In Kürze
ó Die US-Raumsonde Stardust-NExT
nähert sich am 14. Februar 2011
dem Kern des Kometen Tempel 1
K
ometen sind nach wie vor ein
erneut in das Blickfeld der Forscher. Im
sehr aktuelles Thema in der
Juli 2005 passierte ihn die US-Raumsonde
Planetenforschung, und in der
Deep Impact und ließ dabei ein 372 Kilo-
nächsten Zeit sind spektaku-
gramm schweres Projektil auf der Ober-
läre neue Ergebnisse zu erwarten. Die
fläche des Kometenkerns einschlagen, wo-
Schweifsterne gelten als Archiv aus der
durch Material ausgeworfen wurde und
auf 200 Kilometer an und erkun-
Frühzeit des Sonnensystems. Sie liefern
ein Krater entstand (siehe SuW 9/2005,
det den aus eisigem Staub beste-
uns viele Informationen über die leicht-
S. 20). Das Ereignis wurde während des
henden Brocken im Vorbeiflug.
flüchtigen Bestandteile des solaren Urne-
Vorbeiflugs mit den Kameras und dem
ó Stardust-NExT soll die durch Sub-
bels, aus dem einst die Planeten und
Infrarotspektrometer an Bord der Sonde
limation von flüchtigen Stoffen
Monde
her-
sowie mit zahlreichen Teleskopen von der
erfolgten Veränderungen auf der
vorgingen. Durch geologische Vorgänge
Erde aus beobachtet (siehe Bild oben). Da-
Oberfläche des Kometenkerns kar-
auf diesen Himmelskörpern sind jedoch
bei kartierte Deep Impact große Teile der
tieren, die sich seit dem Vorbeiflug
die Informationen über die ursprüngliche
Kometenoberfläche und untersuchte die
der Vorgängersonde Deep Impact
Zusammensetzung
ausge-
Fontäne aus freigesetztem Auswurfmate-
löscht. In den »kosmischen Tiefkühltru-
rial. Der ausgeworfene Staub war aber so
hen«, wie die eisigen Kometen bisweilen
dicht, dass der Einschlagkrater hinter der
Größe und Tiefe des durch Deep
auch genannt werden, blieben die Urma-
Auswurffontäne verborgen blieb.
Impact erzeugten Einschlagkraters
terialien jedoch nahezu unverändert er-
Knapp sechs Jahre nach dem Vorbeiflug
ermitteln. Zudem erhoffen sich die
halten und lassen sich mit Raumsonden
von Deep Impact wird nun am 14. Februar
Forscher Aufschluss über den in-
untersuchen.
eine zweite Sonde am Kometen Tempel 1
im Juli 2005 ergeben haben.
ó Wenn möglich, soll die Sonde die
neren Aufbau des Kometenkerns.
32
Februar 2011
unseres
Sonnensystems
weitgehend
Nun rückt erstmals ein bereits von
vorbeifliegen: Stardust-NExT soll ihn er-
einer Sonde erkundeter Komet, Tempel 1,
neut untersuchen und dabei Bilder und
Sterne und Weltraum
NASA-JPL
Messdaten zur Erde senden. Warum gibt
reich zur Erde transportierte. Da die Sonde
(DFMI), misst die Staubteilchendichte
es einen zweiten Vorbeiflug an diesem
keine weitere Rückkehrkapsel mitführt,
in der Nähe des Kometenkerns, und ein
Schweifstern, und welche Ergebnisse sind
kann sie leider kein Probenmaterial von
Staubanalysegerät, der Cometary and In-
zu erwarten?
Tempel 1 einsammeln und zur Erde schaf-
terstellar Dust Analyser (CIDA), untersucht
Die Raumsonde Stardust-NExT
fen. Der Zusatz »NExT« im Namen steht
für »New Exploration of Tempel 1«.
die chemische Zusammensetzung der
Stardust-NExT wurde nicht speziell für den
Stardust-NExT ist neben einer Naviga-
mera soll Stardust-NExT einen möglichst
Besuch des Kometen 9P/Tempel 1 gebaut,
tionskamera mit zwei Staubmessinstru-
großen Teil der Kernoberfläche kartieren
sondern ist eine »Recycling-Raumsonde«.
menten ausgerüstet: Ein Staubflussmo-
und auch Bilder des von Deep Impact
Es ist die im Jahr 1999 gestartete Sonde
nitor, das Dust Flux Monitor Instrument
erzeugten künstlichen Einschlagkraters
Staubkörnchen. Mit der Navigationska-
Stardust, die bereits im Jahr 2004 am Kometen 81P/Wild 2 vorbeiflog und diesen
sehr erfolgreich untersuchte. Da sich Star-
Damit Schüler aktiv mit
dust nach der Kometenpassage noch in
den Inhalten dieses
sehr gutem Zustand befand, veränderten
Beitrags arbeiten können,
die Missionskontrolleure der NASA ihre
stehen auf unserer
und einen Vorbeiflug an der Erde so, dass
Internetseite www.wissenschaft-schulen.de didaktische Materialien zur freien
Verfügung. Das zentrale Dokument führt die Schüler der gymnasialen Oberstufe mit
sie nun den Kometen Tempel 1 erreichen
einem kurzen Lesetext direkt auf die Oberfläche des Kometen Tempel 1. Welches
wird (siehe Bild auf S. 34). Stardust hatte
Gewicht hätte man dort? Wie schnell würde ein Körper fallen, ein Pendel schwingen?
auch eine Rückkehrkapsel an Bord, die
Unser Schulprojekt führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für
beim Vorbeiflug an Wild 2 Kometenstaub
Lehrerfortbildung in Bad Wildbad und dem Haus der Astronomie in Heidelberg durch.
Bahn durch mehrere Korrekturmanöver
einsammelte und im Januar 2006 erfolg-
www.astronomie-heute.de
Februar 2011
33
Die Raumsonde Stardust
E
in Weltraumveteran ist die US-Raumsonde Stardust, die
Achsen-stabilisiert und mit einem Hydrazin-Raketenantrieb
bereits im Jahre 1999 gestartet wurde. Nach rund fünf Jahren
ausgerüstet.
Flug durch das Sonnensystem passierte sie im Januar 2004 den
Stardust trägt drei wissenschaftliche Instrumente, die Navi-
Kometen Wild 2 und sammelte mittels eines speziellen Aerogel-
gationskamera, die beim Vorbeiflug am Kern Bilder liefert, einen
Kollektors feinste Staubkörnchen aus dem Umfeld des Kometen
Staubflussmonitor und ein Gerät zur massenspektrometrischen
auf. Zwei Jahre später wurden diese ersten Proben eines Kometen
Untersuchung des Kometenstaubs.
in einer Rückkehrkapsel bei einem dichten Erdvorbeiflug von der
Sonde abgeworfen und landeten sicher im US-Bundesstaat Utah.
Da sich die Sonde nach der Passage von Wild 2 noch in gutem
Bei ihren Durchflügen des unmittelbaren Umfelds der
Kometenkerne fliegt die Sonde mit ihrer schmalsten Silhouette
voran, die zudem von so genannten Whipple-Schilden geschützt
Zustand befand, entschloss sich die NASA, sie noch zu einem
sind. Dies sind mehrlagige Gebilde aus Stahlplatten, die jeweils
weiteren Kometenvorbeiflug zu verwenden. Mittels mehrerer
in mehreren Zentimeter Abstand voneinander montiert sind.
Schubmanöver der Bordtriebwerke und eines weiteren dichten
Sie sollen größere Staubpartikel abfangen, die sonst die Sonde
Erdvorbeiflugs gelangte Stardust, nun als Stardust-NExT bezeich-
bei ihren raschen Vorbeiflügen ernsthaft gefährden könnten.
net, auf die Bahn zum Kometen Tempel 1 (siehe Grafik unten).
Benannt sind diese Schilde nach dem US-amerikanischen Astro-
Stardust wiegt insgesamt 380 Kilogramm, und der kasten-
nomen Fred L. Whipple (1906 – 2004), der im Jahre 1950 erstmals
förmige Zentralkörper ist 1,7 Meter lang. Die Stromversorgung
das Konzept des »schmutzigen Schneeballs« zur Erklärung der
erfolgt mittels zweier Solarzellenausleger. Die Sonde ist Drei-
Kometen vorschlug.
aufnehmen. Dabei interessieren sich die
erfolgt nämlich nur 39 Tage, nachdem der
vorbei und funkte spektakuläre Bilder des
Kometenforscher vor allem für die Größe
Komet den sonnennächsten Punkt seiner
Kerns dieses bisher wenig erforschten Ko-
und Form des Kraters. Zeigt er eine ein-
Bahn um die Sonne, das Perihel, durchlau-
meten zur Erde (siehe SuW 1/2011, S. 22).
fache schüsselartige Form, oder ist seine
fen hat. Bereits 60 Tage vor dem Vorbeiflug
Die Auswertung dieser Daten ist noch voll
Gestalt komplexer? Durchschlug der Im-
nimmt die Sonde Bilder des Kerns auf, um
im Gange.
paktor von Deep Impact unterschiedliche
daraus seine Position genauer zu bestim-
Schichten an der Oberfläche von Tem-
men und seine Aktivität zu messen. Dies
pel 1? Auf diese und weitere Fragen wird
ermöglicht letzte Bahnkorrekturmanöver
9P/Tempel 1:
der kosmische Eisberg:
Stardust-NExT hoffentlich befriedigende
und Anpassungen der wissenschaftlichen
Der deutsche Astronom Ernst Wilhelm
Antworten liefern.
Messungen für den Vorbeiflug.
Leberecht Tempel (1821 – 1889) entdeckte
Wenn Stardust-NExT am 14. Februar
Die Raumsonde Deep Impact, die im
diesen Schweifstern, der in der Folge nach
2011 in einem Abstand von nur rund 200
Jahr 2005 am Kometen Tempel 1 vorbei­
ihm benannt wurde, im Jahr 1867. Die
Kilometern am Kern von Tempel 1 vorbei-
flog, wurde übrigens auch »recycelt«: am
damalige Umlaufperiode des Kometen
fliegt, befindet sich der Komet in der Pha-
4. November 2010 flog sie in nur 700 Kilo-
um die Sonne betrug 5,7 Jahre, und er
se seiner größten Aktivität. Der Vorbeiflug
meter Entfernung am Kometen Hartley 2
ließ sich nur bei zwei Durchgängen durch
das innere Sonnensys­tem beobachten.
Danach galt der Komet als verloren und
Bahn von Komet
Tempel 1
wurde erst im Jahr 1967 wieder entdeckt.
Seitdem sichteten ihn die Astronomen bei
allen Sonnenumläufen. Berechnungen der
Bahn von Tempel 1 ergaben, dass mehrere
Erdbahn
nahe Vorbeiflüge an Jupiter im Zeitraum
Umläufe
1 und 2
von 1881 bis 1953 den Kurs des Kometen
stark veränderten. Seine heutige Umlaufzeit beträgt 5,5 Jahre, er zählt somit zu den
Vorbeiflug an Tempel 1
am 14. Februar 2011
Die Raumsonde Stardust-NExT bewegte
sich seit ihrem Vorbeiflug am Kometen Sonne
81P/Wild 2 im Januar 2004 und dem
Abliefern ihrer Probenkapsel zwei Jahre
1. Erdvorbeiflug
15. Januar 2006
34
Februar 2011
Umläufe
3 und 4
Bahn von Komet
Tempel 1
NASA / SuW-Grafik
2. Erdvorbeiflug
14. Januar 2009
später auf einer gewundenen Bahn um die
Sonne. Sie wurde durch Steuermanöver der
Bordtriebwerke und einen Erdvorbeiflug so
verändert, dass die Sonde am 14. Februar
2011 den Kometen 9P/Tempel 1 in
geringem Abstand passiert.
Sterne und Weltraum
ED-Apochromaten:
Zum Leidwesen der Forscher ließ sich
der erzeugte Einschlagkrater nicht direkt
nach dem Einschlag des Impaktors beob­
achten, da das an der Auswurfwolke gestreute Sonnenlicht den Blick der Bordkamera auf die Einschlagregion versperrte.
Die Messdaten sowohl der Raumsonde
als auch der erdgebundenen Beobachter
zeigten, dass beim Einschlag etwa 10 000
bis 100 000 Tonnen an Kometenmaterial
freigesetzt wurden. Nimmt man einen
NASA
typischen schüsselförmigen Krater an,
der ein Verhältnis von Durchmesser zu
Tiefe von 4:1 aufweist, und rechnet mit
Diese Detailaufnahme der Oberfläche von
einer mittleren Dichte des Kernmaterials
9P/Tempel 1 lichtete der Impaktor von
von 0,35 Gramm pro Kubikzentimeter, so
Deep Impact 90 Sekunden vor dem
sollte das durch den Impaktor geschla-
Einschlag am 4. Juli 2005 ab. Der Impaktor
gene Loch im Kometenkern rund 100 Me-
schlug zwischen den beiden etwa einen
ter groß sein.
halben Kilometer großen »Kratern« in der
Bildmitte ein.
Preis:
Nun müssen wir abwarten, ob Stardustwirklich fotografieren kann. Anhand der
Bilder sollte sich die Kratergröße exakt
der Sonne im Perihel bis auf 1,5 Astrono-
bestimmen lassen. Davon erhoffen sich
mische Einheiten an.
die Forscher mehr Informationen über die
Am 4. Juli 2005 stellte sich der 372 Kilo-
Materialeigenschaften und den inneren
gramm schwere Impaktor der Sonde Deep
Aufbau des Kerns. Vielleicht lässt sich
Impact dem rund sechs Kilometer großen
auch die geologische Geschichte dieses
Kometenkern in den Weg; mit einer Ge-
kleinen Himmelskörpers zumindest in
schwindigkeit von 10,3 Kilometern pro
groben
Sekunde prallten die ungleichen Körper
interessiert dabei die Frage, wie sich der
aufeinander. Gleichzeitig passierte das
Kern seit seiner Entstehung vor rund 4,5
Mutterschiff in 500 Kilometer Entfernung
Milliarden Jahren durch die Einwirkung
den Kern und sandte Bilder vor und wäh-
der Sonne verändert haben mag.
rend des Einschlags zur Erde. Sie zeigen
Zügen
ableiten.
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Insbesondere
einen unregelmäßig geformten Himmels-
Ein eisiger Staubball
körper, dessen Rotationsperiode 41,85
Nach dem Einschlag des Impaktors beob­
Stunden beträgt (siehe Bild oben).
achteten die Bordkamera des Mutterschiffs von Deep Impact, erdgebundene
fenen Kometenmaterials ließ sich bestim-
Teleskope sowie weitere Raumsonden wie
men: Es bewegte sich maximal mit we-
Rosetta die unerwartet große und dichte
nigen hundert Metern pro Sekunde vom
Wolke aus Auswurfmaterial. Durch den
Kern weg. Aus der Bewegung des Auswurf-
Helligkeitsanstieg der Koma war es den
materials ergab sich die Masse des Kerns
zu etwa 4  1013 Kilogramm und eine
Forschern möglich, die freigesetzte Masse
100° Okulare:
an Staub grob abzuschätzen, da die Staub-
Brennweite:
mittlere Dichte von etwa 0,35 Gramm pro
körner das Sonnenlicht reflektierten und
Kubikzentimeter – wesentlich geringer als
streuten. Das beim Einschlag freigesetzte
die Dichte von Wasser. Auch bei anderen
Gas, überwiegend Wasserdampf, wurde in
Kometenkernen zeigten sich derart nied-
der Folge durch die Ultraviolettstrahlung
rige Dichten – offenbar sind sie sehr porös
der Sonne in die elektrisch geladenen
und enthalten möglicherweise auch Hohl-
Bruchstücke Hydroxid (OH-) und Wasser-
räume. Könnte man einen Kometenkern
stoff (H+) zerlegt. Die Hydroxidionen fluo­
zur Erde schaffen, so würde er auf einem
reszierten durch das Sonnenlicht, sodass
irdischen Ozean wie ein Eisberg schwim-
sie sich mit Teleskopen erfassen ließen.
men. Wegen seiner wesentlich geringeren
Die beim Einschlag freigesetzte Masse an
Dichte als derjenigen von kompaktem
Wasser betrug zwischen 5000 und 9000
Wassereis würde hier aber der größte Teil
Tonnen und war damit deutlich geringer
aus dem Wasser herausragen und nicht
als die geschätzte Gesamtmasse an frei-
nur die Spitze des Eisbergs.
gesetztem Staub. Das bisherige Bild über
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kurzperiodischen Kometen. Er nähert sich
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die Zusammensetzung von Kometen als
schmutzigem Schneeball muss durch die
Untersuchungen von Deep Impact möglicherweise korrigiert werden: Tempel 1
ähnelt mehr einem eisigen Staubball.
Echte und falsche Krater
Kometen und ihre Eigenschaften
V
on einem Kometen sieht man in großer Entfernung von der Sonne nur seinen Kern,
der typischerweise wenige Kilometer groß ist. Er besteht überwiegend aus Wasser­
eis, gefrorenem Kohlendioxid und Kohlenmonoxid sowie aus Staub. Der Kern bewegt
sich auf einer elliptischen Bahn um die Sonne, was dazu führt, dass seine Oberfläche
Auf der Oberfläche von Tempel 1 finden
besonders im inneren Teil seiner Bahn durch die Sonnenstrahlung stark erwärmt wird.
sich kreisförmige Strukturen, die Kra-
Dadurch sublimiert überwiegend Eis von seiner Oberfläche und aus einer oberflächen-
tern auf dem Mond oder Merkur ähneln.
nahen Schicht. Das dabei entstehende Gas reißt Staubpartikel mit sich, wodurch die
Allerdings ist nach wie vor unklar, ob es
nahezu kugelförmige Koma des Kometen entsteht, die einen Durchmesser von mehreren
tatsächlich Einschlagkrater sind. Manche
Hunderttausend Kilometern erreicht (siehe Grafik rechts). Die Gasmoleküle in der Koma
dieser Strukturen zeigen bei günstiger
werden durch das Sonnenlicht ionisiert und die dabei entstehenden Ionen durch den
Beleuchtung Schatten und weitere Merk-
Sonnenwind – einen von der Sonne ausgehenden Partikelstrom – aus ihrer ursprüng-
male, die »echten« Kratern gleichen, bei
lichen Bahn vom Kern wegtransportiert. Bei den Staubteilchen ist es der Strahlungsdruck
anderen »Kratern« fehlen solche Merk-
des Sonnenlichts, der sie ebenfalls aus ihrer ursprünglichen Bahn ablenkt und vom Kern
male jedoch.
wegdriften lässt. Daraus entstehen der Gas- und der Staubschweif des Kometen, die
Mit Hilfe von Laborexperimenten und
mehr als 100 Millionen Kilometer lang werden können. Die Gas- und Staubdichten im
Computersimulationen versuchen die Ko-
Schweif sind allerdings sehr gering: Als im Jahr 1910 die Erde den Schweif des Hal-
metenforscher, diesen Strukturen auf die
leyschen Kometen durchlief, war davon am Erdboden nichts zu spüren. Kometen sind
Schliche zu kommen. Im Prinzip lassen
Überreste aus der Frühphase des Planetensystems, die sich über lange Zeiten in den sehr
sich die Vorgänge bei Einschlägen auf die
kalten Außenbezirken des Sonnensystems aufgehalten haben. Ihr Material war somit
»tiefgefroren« und blieb über diese langen Zeiträume praktisch unverändert.
Oberflächen gut simulieren, allerdings
steckt hier der Teufel im Detail. Die Form
des entstehenden Kraters hängt stark
von den Eigenschaften des getroffenen
rungen in der Bahnform des Kometen.
lange Zeit unverändert erhalten. Tempel 1
Materials ab. Jedoch wissen wir über die
Die Bahnen der Schweifsterne durch das
könnte vielleicht ein Schweifstern sein,
Materialien, aus denen ein Kometenkern
Sonnensystem sind auf lange Sicht nicht
der erst vor Kurzem, also vor wenigen
an der Oberfläche besteht, noch viel zu
stabil. Immer wieder kommt es zu dichten
hundert Jahren, wieder zu einem kurzpe-
wenig, um verlässliche Aussagen über
Annäherungen an einen der massereichen
riodischen Kometen geworden ist.
die möglichen Kraterformen zu treffen.
Planeten
Sonnensystem.
Die Forscher hoffen, dass die Bilder des
Sollten die kreisförmigen Strukturen tat-
Insbesondere Jupiter mit seiner großen
von Deep Impact erzeugten künstlichen
sächlich Einschlagkrater sein, dann wäre
Masse und seiner starken Schwerkraft
Einschlagkraters auch Aufschlüsse darü-
die Oberfläche des Kometenkerns viele
wirkt häufig auf die Bahnen von Kometen
ber liefern, ob es tatsächlich weitere echte
hundert Millionen Jahre alt. Das bedeutet,
ein. Kommt ein Schweifstern Jupiter bis
Krater gibt. Eine erfolgreiche Beob­achtung
dass der Komet eine Phase durchlaufen
auf wenige Millionen Kilometer nahe, so
des künstlichen Einschlagkraters mit Star-
hätte, in der die Sublimationsrate von
wird seine Bahn durch dessen Schwerefeld
dust-NExT gelingt jedoch nur dann, wenn
Kometenmate­rial über große Teile seiner
dras­tisch verändert.
sich dieser beim Vorbeiflug auf derjenigen
im
äußeren
Oberfläche sehr gering war. Sonst hätten
Dabei können Kometen wiederholt zwi-
Seite des Kerns befindet, die der Sonde zu-
das verdampfende Wassereis und andere
schen lang- und kurzperiodischen Phasen
gewandt ist und von der Sonne beleuchtet
entweichende flüchtige Stoffe die Krater
»umschalten«. In Phasen, in denen sie als
wird (siehe Bildserie unten). Da sich die
relativ schnell erodiert und zerstört.
langperiodische Kometen sehr lange für
Rotationsperiode des Kerns mit jedem
Eine Möglichkeit, die Oberfläche eines
einen Umlauf um die Sonne benötigen
Umlauf um die Sonne ändert, aber durch
Kometenkerns vor der Erosion durch das
(bis zu mehreren hunderttausend Jahren),
Beobachtungen von Deep Impact und von
Sonnenlicht zu schützen, sind Verände-
bleiben ihre Oberflächenstrukturen für
der Erde aus sehr genau bestimmt wurde,
400 km
TCA –32 s
260 km
TCA –15 s
200 km
TCA
260 km
TCA +15 s
nicht kartiert
NASA
künstlicher Einschlagkrater
von Deep Impact
36
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der Ausrichtung des Kerns ließen sich von
Raketendüse heraus und verändern so in
anfänglich etwa einer halben Kernrota­
erheblichen Maße die Rotationsperio­de.
tion auf wenige Grad reduzieren. Es beste-
Wie dies im Detail vor sich geht, lässt sich
hen also gute Chancen, den künstlichen
jedoch nur schwer modellieren.
Einschlagkrater zu sehen. Dennoch bleibt
Erdgebundene
Beobachtungen
von
es spannend, ob die Vorhersage genau ge-
Tempel 1 zeigten, dass bei den beiden
nug ausfällt. Das Kurskorrekturmanöver,
letzten Periheldurchgängen in den Jahren
mit dem man die Zeit des Vorbeiflugs der
2000 und 2005 seine Rotation beschleu-
Sonde an Tempel 1 endgültig festlegte, er-
nigt wurde. Um die Ausrichtung des
folgte jedenfalls auf der Basis der Modelle.
Kerns für einen bestimmten Zeitpunkt
Größere Bahnänderungen sind danach
vorherzusagen, muss aber bekannt sein,
wegen des dann geringen Treibstoffvor-
wodurch diese Veränderung bewirkt wird.
rats nicht mehr möglich.
Zunächst gingen die Forscher von einem
Weiterhin zeigen die Bilder von Tem-
stetigen, monotonen Übergang aus. Eine
pel 1 Gebiete mit unterschiedlicher Mor-
genauere Berücksichtigung der gemes-
phologie: Regionen mit kraterähnlichen
senen Lichtkurve legt aber eine mehrstu-
Strukturen wechseln sich mit völlig
fige Änderung nahe, und zwar zunächst
glatten Gebieten ab. Höhenprofile, die aus
eine Beschleunigung und anschließend
Stereobildern abgeleitet wurden, zeigen,
dass die glatten Gebiete höher als die mit
»Kratern« bedeckten Regionen liegen.
Besonders deutlich wird dies in der Mitte
des Bilds auf S. 38, wo sich zwei parallele,
Während des Vorbeiflugs in 200 Kilometer
etwa horizontal verlaufende Linien erken-
Entfernung wird Stardust-NExT Bilder von
nen lassen. Dies könnten Hinweise auf ei-
bisher unbeobachteten Regionen des
nen schichtartigen Aufbau des Kerns sein.
Kometenkerns von 9P/Tempel 1 sowie des
Durch eine umfassendere Kartierung der
von Deep Impact erzeugten künstlichen
Teile des Kerns, die beim Vorbeiflug von
Einschlagkraters aufnehmen. Die beste Bild-
Deep Impact im Schatten lagen, lassen
auflösung wird zwölf Meter pro Bildpunkt
sich möglicherweise weitere Informatio­
betragen. Die Bezeichnung TCA steht für
nen darüber gewinnen, ob diese Struk-
»time of closest approach« (Zeit der
turen ihren Ursprung in der Entstehungs-
dichtesten Annäherung).
geschichte des Kerns haben oder durch
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Staubschweif
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So erschien der Kern des Kometen 9P/Tempel 1 kurz vor dem Einschlag des
Projektils der Sonde Deep Impact am 4. Juli
2005. Es ist unklar, ob es sich bei den
runden Flächen um Einschlagkrater handelt
und woraus die auffällig glatte Ablagerung
besteht.
zehn Jahren am Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko
ankommen
und
diesen auf seiner Bahn um die Sonne begleiten. Das mitgeführte Landegerät Phi-
glatte
Ablagerung
lae soll auf seinem Kern landen, um ihn
direkt zu untersuchen; die Muttersonde
wird sich dabei dem Kern bis auf wenige
möglicher Einschlagkrater
möglicher Einschlagkrater
Kilometer nähern. Auch wenn es sich bei
Einschlagort Impaktor
Tschurjumow-Gerasimenko um einen anderen Kometen handelt, dessen Struktur
NASA
1 Kilometer
sich vielleicht von Tempel 1 unterscheidet, könnten die Messdaten von StardustNExT für die Rosetta-Mission hilfreich
sein. Angaben über die Porosität und
Erosionsprozesse an dessen Oberfläche
registrierten die beiden Staubinstrumente
die Homogenität von Kometenmaterial
nachträglich entstanden sind.
auf Stardust einen Unterschied von etwa
sind für die sichere Landung von Philae
Der Vorbeiflug von Stardust-NExT an
einem Faktor 100 im Staubfluss, dessen Ur-
wesentlich und werden von den Missions-
Tempel 1 erfolgt ziemlich genau einen
sache bisher ungeklärt ist. Während CIDA
planern mit großer Spannung erwartet.
Sonnenumlauf des Kometen nach der Pas-
rund 30 Teilchen beim Vorbeiflug registrier-
Über die Ergebnisse des Vorbeiflugs von
sage von Deep Impact. Da nach gängigen
Stardust-NExT an Tempel 1 möchte ich in
Vorstellungen die Kometen besonders im
te, maß DFMI einige Tausend Einschläge.
Möglicherweise schatteten Teile des
inneren Teil ihrer Bahn in Sonnennähe
Staubschilds von Stardust CIDA so ab, dass
und Weltraum« berichten.
viel Material von ihrer Oberfläche verlie-
das Instrument nur Staub sah, der paral-
ren, könnten sich bei diesem zweiten Vor-
lel zur Flugrichtung der Sonde ankam.
beiflug deutliche Veränderungen auf der
Andererseits zeigten sich beim Betrieb
Harald Krüger arbeitet
Kernoberfläche zeigen. Durch die Sonnen-
von DFMI vor dem Vorbeiflug an Wild 2
am Max-Planck-Institut für
wärme sollte reichlich Gas von der Ober-
wiederholt Probleme, die zu einer erhöh-
Sonnensystemforschung
fläche entweichen, sodass dadurch Hänge
ten Zahl von Störsignalen führten. Es
in Katlenburg-Lindau.
instabil werden und trotz der äußerst ge-
lässt sich daher nicht ganz ausschließen,
Seine Hauptarbeitsgebiete
ringen Schwerkraft des Kometenkerns ab-
dass mit DFMI viele Störsignale gemessen
sind die Erforschung
rutschen können. Zudem sind Einschläge
wurden, die fälschlicherweise für echte
von kleinen Himmelskörpern denkbar.
Durch den erneuten Vorbeiflug lässt
Staubeinschläge gehalten wurden und so
kosmischem Staub. Er ist an zwei Staubmess­
einen zu hohen Staubfluss vortäuschten.
instrumenten der Rosetta-Mission beteiligt.
sich möglicherweise auch eine Antwort
Wird es auch bei Tempel 1 wieder derartig
auf eine wichtige, aber nach wie vor offene
große Unterschiede bei der Messung des
Frage finden: Wieviel Material verliert ein
Staubflusses geben?
Literaturhinweise
Folgen für Rosetta?
Küppers, M., Krüger, H.: Boten aus der
Frühzeit des Sonnensystems – Neues
über Kometen. In: Sterne und Weltraum
5/2006, S. 24 – 32
Krüger, H.: Deep Impact – Einschlag
auf einem Kometen. In: Astronomie
und Raumfahrt im Unterricht 1/2008,
S. 13 – 16
Komet bei einem Umlauf um die Sonne?
Daraus lässt sich zudem ableiten, wie lange
Kometen im inneren Sonnensystem über-
Stardust-NExT wird uns hoffentlich eine
leben können. Bisher gehen die Kometen-
Vielzahl neuer Aspekte und Erkenntnisse
forscher davon aus, dass ein Komet rund
über den Kometen Tempel 1 liefern. Diese
hundert bis tausend Durchflüge durch
können auch wichtige Informationen über
das innere Sonnensystem durchhält, be-
die allgemeinen Eigenschaften von Ko-
vor durch die Sonnenhitze sein gesamtes
metenmaterial enthalten, die für künftige
leicht flüchtiges Material aufgebraucht ist.
Der Vorbeiflug von Stardust-NExT an
Weltraummissionen interessant sind. Star­
Tempel 1 bietet auch eine einmalige Gele-
zigen Sonden, die bis auf rund 200 Kilome-
genheit, gewisse Beobachtungen der Sonde
am ersten Zielkometen Wild 2 im Jahr 2004
ter an Kometenkerne herangeflogen sind.
Die europäische Sonde Rosetta wird
besser zu verstehen: Bei diesem Kometen
im Jahr 2014 nach einer Flugzeit von rund
38
Februar 2011
dust und Deep Impact sind bisher die ein-
einer der nächsten Ausgaben von »Sterne
von Kometen und von
http://stardustnext.jpl.nasa.gov
Aktueller Stand der Stardust-Mis­sion
Weitere Weblinks: www.astronomieheute.de/artikel/1057541
Sterne und Weltraum
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Februar 2011
39
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