Institut für MTA-Ausbildung am Klinikum Osnabrück Fachgebiet Klinische Chemie Dr. Uwe Krämer Säure-Basen-Status und Blutgase: Einleitung Durch die Blutgasanalytik erfasst man: • • • die Versorgung des Organismus mit Sauerstoff den Abtransport des beim Stoffwechsels entstehenden Kohlendioxids Störungen des Säure-Basen-Haushaltes Blutgase Für das Verständnis sind Kenntnisse der Atmungsphysiologie und des Transportes der Atemgase im Blut erforderlich. Dazu wird auf den Physiologieunterricht verwiesen. Säuren und Basen - Puffersysteme Im Stoffwechsel werden Säuren gebildet (Lactat, Acetat u.v.a.m). Ferner werden mit der Nahrung gleichfalls Säuren aufgenommen. Die zugehörigen H+ Ionen müssen zellulär und in der Blutbahn abgepuffert werden. Folgende Puffersysteme halten den pH-Wert des in einem Bereich von 7,35 bis 7,45 konstant: - das Bikarbonatpuffersystem - das Hämoglobinpufferssystem - das Plasmaproteinpuffersystem - das Phosphatpuffersystem Bitte merken Sie sich die Puffersysteme in der hier aufgeführten Reihenfolge ihrer Bedeutung. Löslichkeit von Gasen im Blut Gase lösen sich in Flüssigkeiten. Ein Beispiel dafür sind die Gasbläschen im Mineralwasser. Aber auch die Gase der Umgebungsluft lösen sich in Flüssigkeiten. So gelangt z.B. Luftsauerstoff zur Freude der Fische durch Diffusion in das Wasser eines Aquariums. Die Gasdiffusion erfolgt entsprechend einer Partialdruckdifferenz stets von Ort des höheren Partialdrucks zum Ort des niedrigeren Partialdrucks. Der Gasübertritt erfolgt so lange, bis keine Partialdruckdifferenz mehr besteht. Gaspartialdrucke werden in der Medizin z.Zt. in mm Hg oder Torr angegeben. Gaspartialdrucke lassen sich berechnen. Am einfachsten geht das so: Man messe mit einem Barometer den Gesamtluftdruck. Er betrage z.B. 760 mm Hg. Sauerstoff hat einen Volumenanteil von 21% an der Atmosphärenluft. 21% von 760 mm Gesamtluftdruck ergeben ca. 160 mm Hg. Damit beträgt der Gaspartialdruck für Sauerstoff pO2 in diesem Fall 160 mm Hg. Wegen der oben beschriebenen Gasdiffusion wird aus der Zimmerluft so lange Sauerstoff in das Wasser eines Aquariums diffundieren, bis sich auch hier ein pO2 von 160 mm Hg einstellt. Dieser Sauerstoff befindet sich in Form kleinster Bläschen im Aquariumwasser. Ein Fisch im Aquarium zieht das Wasser durch seine Kiemen und entnimmt den Sauerstoff. Dadurch nimmt der pO2 im Wasser ab. Es entsteht eine Partialdruckdifferenz zwischen der Umgebungsluft und dem Wasser. Diese wird ausgeglichen, indem nun wieder O2 aus der Luft in das Wasser diffundiert. So wird der verbrauchte Sauerstoff im Wasser ständig ergänzt. Was passiert wohl mit dem Fisch, wenn man das Aquarium mit Klarsichtfolie gasdicht abdeckt? Gaspartialdrucke lassen sich mit Elektroden messen. Man kann also die Gaspartialdrucke für Sauerstoff (pO2), für Kohlendioxid (pCO2) und für viele andere Gase unmittelbar in allen möglichen Flüssigkeiten (so auch im Blut!) messen. Aufgabe: Finden Sie heraus, wie eine solche "Sauerstoffelektrode" funktioniert! Hinweis: Der pO2 in den Lungenalveolen liegt nicht bei 160 mm Hg, sondern nur bei ca. 100 mm Hg, da sich die Einatmungsluft (pO2 160 mm Hg) mit der Ausatmungsluft (sauersoffarm) und dem Wasserdampf (Atemfeuchtigkeit) mischt. Man misst bei Gesunden intraalveolär einen pO2 von ungefähr 100 mm Hg. Dieser pO2 findet sich dann auch im arterialisierten Blut, sofern keine Diffusionshindernisse bestehen. Merke: Der pO2 in der Alveole und im Arterienblut liegt bei Gesunden bei 100 mm Hg Die Gasdiffusion für die wichtigen Atemgase O2 und CO2 zwischen Alveole und Blut erfolgt sehr schnell (innerhalb weniger hundert Millisekunden). Die Diffusionsgeschwindigkeit hängt ab von der Molekülgröße des diffundierenden Gases (steht fest und ist konstant) sowie von der Diffusionsstrecke (Dicke der Alveolarmembran; bei manchen Krankheiten ist sie pathologisch verdickt.) • • Im Blut physikalisch gelöst sind alle Gase, die in der Einatemluft enthalten sind. Wichtig sind Sauerstoff und Kohlendioxid. Man kann deren Partialdrucke pO2 und pCO2 mit Hilfe einer Sauerstoffelektrode bzw. eine CO2-Elektrode direkt messen. Merke: Der pCO2-Wert im Arterienblut liegt zwischen 35 und 45 mm Hg. Für Physikinteressierte: Der Druck Definition des Druckes Der Druck (P) ist definiert, als die Kraft (F) dividiert durch die Fläche (A), auf welche diese Kraft senkrecht wirkt: Kraft Druck = -------------Fläche Die Einheit des Drucks beträgt: Newton 1 ------------- = 1 Pascal = 1 Pa 2 m In der Medizin wird meist anstelle der S.I.-Einheit Pascal die alte Einheit mm Hg verwendet: 3 1 mmHg = 133.3 Pa bzw. 1 Pascal = 7.5 · 10 mm Hg Der Partialdruck (das Gesetz von Dalton) Liegen, wie beispielsweise bei der Luft, mehrere Gase als Gemisch vor, so leistet jedes Gas einen entsprechenden Anteil zum Gesamtdruck. Das Dalton’sche Gesetz beschreibt die Aufteilung des Gesamtdruckes eines Gasgemisches auf die im Gemisch vorliegenden einzelnen Gase. Der auf das einzelne Gas entfallende Teil des Druckes wird als Partialdruck (p) dieses Gases bezeichnet. Er ist gegeben durch den Volumenanteil dieses Gases am Gesamtvolumen. Beispiel: Ein Gasgemisch aus 20.0% O2, 5.6% CO2 und 74.4% N2 stehe unter einem Druck von 101 kPa (=757 mm Hg). Der Partialdruck der einzelnen Gase beträgt somit: pO2 = 101· 0.200 = 20.2 kPa = 151 mm Hg pCO2 = 101· 0.056 = 5.7 kPa = 42 mm Hg pN2 = 101· 0.744 = 75.1 kPa = 546 mm Hg Temperatur Grundsätzlich gilt, dass bei gleichem Druck umso mehr Gas in einer Flüssigkeit gelöst werden kann, je niedriger die Temperatur ist. Ohne spezielle klinische Angaben wird bei der Messung der Blutgase von einer Temperatur von 37°C ausgegangen. Auf modernen Blutgasgeräten kann die dem Patienten entsprechende Temperatur eingestellt werden. Allgemein wird jedoch darauf verzichtet, bei Proben von Patienten mit Fieber oder Unterkühlung (Lawinenopfer oder künstliche Unterkühlung bei Operationen auf beispielsweise 26°C) entsprechende Korrekturen vorzunehmen. Dies gilt insbesondere für den pH-Wert und den Partialdruck des Kohlendioxids, wo der Einfluss der Temperaturänderung nur gering ist. Falls bei einer anderen Temperatur als 37°C gemessen wird, sind zusätzlich immer auch die Messwerte für 37°C anzugeben. Löslichkeitskoeffizient Der experimentell bestimmbare Löslichkeitskoeffizient wird auch als Bunsen’scherAbsorptionskoeffizient bezeichnet und entspricht der Anzahl der Milliliter eines Gases, die sich in 1 ml Flüssigkeit bei einem Druck von 760 mm Hg lösen. Das Volumen eines Gases, das sich physikalisch im Plasma löst, ist vom Partialdruck, der Temperatur und dem Löslichkeitskoeffizienten (a) des betreffenden Gases abhängig und berechnet sich daher wie folgt: gelöstes Volumen (ml/L) = α · Druck (mm Hg) / 760 · 1000 oder gelöstes Volumen (ml/L) = α · Druck (kPa) / 101.3 · 1000 oder Für Blut und eine Temperatur von 37°C beträgt der Löslichkeitskoeffizient: • • für O2 = 0,024 für CO2 = 0,49 Beispiel: Blut wird mit einem Gasgemisch, das 14% Sauerstoff enthält, bei einem Luftdruck von 757 mm Hg äquilibriert. Da die Luft mit Blut im Gleichgewicht steht, ist sie mit Wasserdampf gesättigt. Zur Berechnung, des durch das trockene Gas bedingten Druckes, muss zuerst der Wasserdampfdruck vom Luftdruck subtrahiert werden. Druck des trockenen Gases = 757 - 47 = 710 mm Hg Anschließend wird der Partialdruck des Sauerstoffs berechnet: pO2 = 710 · 0.14 = 99.4 mm Hg Der Löslichkeitskoeffizient für Sauerstoff beträgt 0,024 : Menge gelöstes O2 = 0.024 · 99.4/760 · 1000 = 3 ml O2/Liter Fazit: Sauerstoff ist im Blut schlecht löslich: Die Menge des im Blut physikalisch löslichen Sauerstoffs entspricht damit rund 1,5 % des arteriellen Sauerstoffs. Lungenfunktion: pulmonaler Gasaustausch Gasaustausch in der Lunge Der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid zwischen der Atemluft und dem Blut geschieht über die Lungen und wird als Gasaustausch bezeichnet. Er kann in folgende Teilfunktionen unterteilt werden: • • • Ventilation Diffusion und Perfusion. Ventilation Die Ventilation sorgt für die Belüftung des Alveolarraumes, d.h. für den Zutransport von Sauerstoff und den Abtransport von CO2. Dabei wird Luft durch die Atembewegungen zwischen Trachea, Bronchien und Alveolen hin und her bewegt. Die Alveolarluft wird durch molekulare Diffusion ständig durchmischt. Diffusion Unter Diffusion fasst man alle Vorgänge zusammen, durch die der Übertritt des Sauerstoffs von den Alveolen ins Blut und die Abgabe von CO2 in umgekehrter Richtung möglich wird. CO2 diffundiert ca. 20 - 25 mal leichter als O2 , d.h. es gibt keine isolierten CO2-Diffusionsstörungen. In den Bronchien findet kein Gasaustausch statt, zusammen mit Mund-, Nasen- und Rachenraum sowie der Trachea bilden sie den sogenannten Totraum. Perfusion Die Perfusion sorgt für die Durchblutung der Lungen. Durch verschiedene Regulationsmechanismen werden Belüftung und Durchblutung der Alveolen aufeinander abgestimmt, indem die funktionelle Durchblutung in minder belüfteten Lungenbezirken gedrosselt wird. Zusammensetzung der Luft Raumluft enthält rund 78 % Stickstoff und 21 % Sauerstoff. Dazu kommen Spuren von CO2 und weiteren Gasen, vor allem Edelgase. Beim Einatmen wird die Luft in den Atemwegen angefeuchtet, so dass in den Bronchien bei einer Körpertemperatur von 37°C der pH2O 47 mm Hg beträgt. Der Gasdruck für die trockenen Gase ist demnach 760 - 47 = 713 mm Hg und entsprechend liegt der pO2 bei 149 mm Hg. Auf dem weiteren Weg in die Alveolen wird die Luft noch erheblichen Mengen an CO2 ausgesetzt, so dass sich zusammenfassend bei einem Gesamtdruck von 760 mm Hg folgende durchschnittliche Werte ergeben (Abb. 1). Einatmungsluft pO2 = 160 pCO2 = 0.3 pH2O = 5.7 pN2 = 594 Alveolarluft pO2 pCO2 pH2O pN2 = = = = Ausatmungsluft pO2 = 115 pCO2 = 33 pH2O = 47 pN2 = 565 100 40 47 573 Lungenarterie (venös) pO2 = 40 pCO2 = 46 pH2O = 47 pN2 = 573 Lungenvene (arteriell) pO2 = 100 pCO2 = 40 pH2O = 47 pN2 = 573 Abb. 1: Gasdrucke im Atmungssystem Durchschnittliche Werte in mm Hg der einzelnen Partialdrucke im Atmungssystem und in venösem bzw. arteriellen Blut. Die angegebenen Werte basieren auf dem „normalen“ Luftdruck von 760 Torr Atemregulation Die rhythmischen Bewegungen der Atemmuskulatur stehen vor allem unter der Kontrolle der Medulla oblongata (= verlängertes Mark). Wichtigster Reiz für eine Zunahme von Atemtiefe und Atemfrequenz ist ein Anstieg des pCO2 in Blut und Liquor cerebrospinalis. Die CO2 -Konzentration wird von Chemorezeptoren der Medulla oblongata und peripher an der Verzweigung der Arteria carotis communis (Glomus caroticum) und am Aortenbogen (Glomera aortica) gemessen. Unter Normalbedingungen nimmt der Sauerstoffpartialdruck, der ebenfalls von peripheren Chemorezeptoren registriert wird, weit weniger Einfluss auf die Atmung als der pCO2. Sauerstofftransport im Blut In den Lungen diffundiert der Sauerstoff wegen der pO2-Differenz aus den Alveolen in das noch nicht arterialisierte Blut. Sauerstoff wird im Blut auf zwei Arten transportiert, nämlich • • physikalisch im Plasma gelöst und chemisch an Hämoglobin gebunden. Transport des physikalisch gelösten Sauerstoffs im Blut Beim unbehinderten Gasaustausch in den Lungenalveolen gleicht sich der pO2 in den Lungenkapillaren demjenigen der Alveolarluft an. Der Partialdruck des Sauerstoffs, der im venösen Mischblut ca. 40 mm Hg beträgt, steigt in der kurzen Kontaktzeit von knapp 0,3 Sekunden auf einen Wert von 100 - 104 mm Hg an. Bedingt durch physiologischerweise vorhandene arteriovenöse Kurzschlüsse und der nicht völlig gleichmäßigen Belüftung aller Lungenabschnitte, stellt sich ein arterieller pO2 von 80 - 100 mm Hg (10,713,3 kPa) ein. Sauerstoff ist im Blut schlecht löslich: Die Menge des im Blut physikalisch löslichen Sauerstoffs entspricht lediglich rund 1,5 % des arteriellen Sauerstoffs. Transport des chemisch im Hämoglobin gebundenen Sauerstoffs Der weitaus größte Teil des Sauerstoffs wird durch Hämoglobin von den Lungen zu den Zellen transportiert. Hämoglobin ist ein tetrameres Protein, dessen 4 Monomere aus einer Polypeptidkette und dem Häm-Komplex als sauerstoffbindende Gruppe bestehen. Normalerweise kommen 4 verschiedene Peptidketten vor: α-, β -, γ-, und δ-Ketten. Die α-Kette weist 141, die β-Kette 146 Aminosäuren auf. In jedem Hämoglobinmolekül sind je zwei Ketten identisch. So besteht HbA, das bei gesunden Erwachsenen etwa 96 - 98 % des Hämoglobins ausmacht, aus 2 α- und 2 βKetten (α2β2). HbA2 weist 2 α- und 2 δ-Ketten (α2δ2), HbF 2 α- und 2 γ-Ketten (α2γ2) auf. HbF kommt bei Erwachsenen nur in Spuren vor, macht aber bei Neugeborenen 60 - 80 % des Hämoglobins aus. Das Eisen im Häm kann sich chemisch mit Sauerstoff verbinden, wobei Desoxyhämoglobin (Hb) in Oxyhämoglobin (HbO2) überführt wird: Hb + O2 ---> HbO2 Die Aufnahme von Sauerstoff durch das Hämoglobin wird als Oxygenierung, die Abgabe als Desoxygenierung bezeichnet. Es handelt sich bei diesen Reaktionen nicht um eine Oxydation bzw. 2+ Reduktion, da das Eisen immer in zweiwertiger Form (Fe ) vorliegt (Hämoglobin mit oxydiertem d.h. dreiwertigem Eisen wird als Methämoglobin bezeichnet und kann keinen Sauerstoff binden). Jede der 4 Untereinheiten des Hämoglobins kann 1 mol Sauerstoff binden, so dass die Formel korrekterweise folgendermaßen geschrieben werden müsste: Hb + 4 O2 ---> Hb(O2)4 Es ist jedoch üblich, die Bindung des O2 an Hämoglobin bezogen auf eine Untereinheit anzugeben. Von 1 g Hämoglobin können 1.34 ml O2 (= 0.060 mmol) gebunden werden. Der Wert 1.34 wird als Hüfner’sche Zahl bezeichnet und wurde empirisch ermittelt. Beispiel: Bei einem Hämoglobin von 15 g/dl können somit ca. 15 x 1.34 = 20,1 ml O2/dl Blut mmol/Liter) chemisch gebunden transportiert werden. (= 9 Die Hämoglobinkonzentration Die gesamte Konzentration an Hämoglobin (ctHb) setzt sich zusammen aus dem oxygenierten Hämoglobin (HbO2), dem desoxygenierten Hämoglobin (Hb) und den Dyshämoglobinen (HbCO und MetHb). Die Messung erfolgt photometrisch. Die Sauerstoffsättigung Der prozentuale Anteil des oxygenierten Hämoglobins (HbO2) bezogen auf das Hämoglobin, das Sauerstoff transportieren kann, wird als Sauerstoffsättigung bezeichnet. Sie ist vor allem vom Partialdruck des Sauerstoffs abhängig. Da die Sauerstoffsättigung jedoch keine lineare Funktion des pO2 ist, werden die jeweiligen Verhältnisse vorzugsweise in Form einer Kurve angegeben, die als ODK (Sauerstoff-Dissoziations-Kurve) bezeichnet wird. Hier ist eine solche Sauerstoffdissoziationskurve abgebildet: Abb. 2: Die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins in Abhängigkeit vom pO2. Der p50 entspricht dem pO2 bei Halbsättigung (Norm: 24 - 28 mm Hg bzw. 3.2 - 3.8 kPa). Eindrücklich zu sehen ist, dass die Sauerstoffsättigung bei einer Steigerung des pO2 von 80 auf 100 mm Hg praktisch nicht mehr zunimmt. Aus dieser Kurve ist ersichtlich, dass erwartungsgemäß die prozentuale Sättigung des Hämoglobins mit steigendem pO2 zunimmt. Bereits bei 4 kPa (30 mm Hg) ist mehr als die Hälfte des Hämoglobins mit O2 gesättigt. Im Hämoglobinmolekül wirkt immer ein α-β-Dimer als Einheit. Befindet sich ein O2 an einer α-Kette, so erhöht sich die Affinität der zugehörigen β-Kette. Daher wird das nächste O2 von der β-Kette dieses Dimers gebunden und nicht von einer der beiden Ketten des anderen Dimers. Allerdings erhöht sich die Affinität des zweiten Dimers, sobald das erste oxygeniert ist. Dieser Mechanismus beruht auf Elektronenverschiebungen innerhalb des Hämoglobinmoleküls (zunehmende Oxygenierung fördert auch die Tendenz des Hämoglobinmoleküls Protonen abzugeben). In der Dissoziationskurve resultiert daher eine sigmoide Kurve, wenn der Partialdruck des O2 gegen die Sättigung aufgetragen wird. Die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin wird von mehreren Faktoren beeinflusst, in erster Linie durch: • • • • pH (akute Azidose und Alkalose) pCO2 Körpertemperatur (Fieber und Unterkühlung) 2,3-Diphosphoglycerat 2,3-Diphosphoglycerat (2,3-DPG) wird bei der Glykolyse vor allem in Erythrozyten gebildet. Es vermindert durch allosterische Wirkung die Bindung von Sauerstoff an das Hämoglobin. Abb. 3: Der Einfluss verschiedener Faktoren auf die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins. Die blaue und die rote Kurve sind beispielhaft dargestellt, d.h. sie können mehr oder weniger von der grünen Kurve abweichen. Bei erhöhter Affinität des Hämoglobins für Sauerstoff wird der p50-Wert kleiner, bei erniedrigter Affinität wird er größer. Zusammenfassend ergibt sich: • • Hoher pH-Wert, niedriger pCO2, niedrige Temperatur und erniedrigte Werte an 2,3-DPG führen zu einer Linksverschiebung der Kurve. Die Folge ist eine hohe Sauerstoffsättigung bei relativ niedrigem pO2. Unter diesen Bedingungen ist die Beladung des Hämoglobins mit Sauerstoff erleichtert. Niedriger pH-Wert, hoher pCO2, höhere Temperatur und hohe 2,3-DPG Werte verursachen eine Rechtsverschiebung der Kurve. Daraus resultiert eine niedrige Sauerstoffsättigung bei relativ hohem pO2 sowie eine erleichterte Abgabe des Sauerstoffs von Hämoglobin. p50: pO2 bei Halbsättigung Ein Maß für die Lage der Sauerstoffdissoziationskurve und damit für die Hämoglobin-Sauerstoffsättigung ist der p50. Er ist definiert als Sauerstoff-Partialdruck (pO2) bei 50% Sauerstoffsättigung. Der Normbereich liegt zwischen 3.4 und 3.8 kPa (25-29 mmHg). Ein erhöhter p50 Wert bedeutet eine Verschiebung der ODK nach rechts und damit eine Erniedrigung der Hämoglobin-Sauerstoff-Affinität. Umgekehrt heißt ein erniedrigter p50 Wert, dass wegen der erhöhten Hämoglobin-Sauerstoff-Affinität die Abgabe von Sauerstoff an das Gewebe erschwert ist. Der p50 wird nicht gemessen, sondern vom Blutgasanalysegerät berechnet. Die Sauerstoff-Konzentration (ctO2) Die Sauerstoff-Konzentration, im deutschen Sprachgebrauch häufiger als Sauerstoff-Gehalt bezeichnet, umfasst den vom Hämoglobin gebundenen und den physikalisch gelösten Sauerstoff (siehe SäureBasen-Status): (ct = Konzentration) ctO2 = (ctHb · HbO2) + (pO2 · Faktor) Dyshämoglobine Die Hämoglobin-Derivate Carboxyhämoglobin (HbCO), Methämoglobin (MetHb) und Sulfhämoglobin sind nicht in der Lage, Sauerstoff zu binden und werden daher als Dyshämoglobine bezeichnet. Falls diese beiden Derivate im Blut ansteigen, können sie die Transportkapazität des Hämoglobins bedeutend vermindern und damit zu einer Hypoxämie führen. Sowohl HbCO wie auch MetHb verschieben die Sauerstoffdissoziationskurve (ODK) nach links, so dass die Sauerstoffabgabe an das Gewebe erschwert ist. Eine leichte Erhöhung der Dyshämoglobine ist ohne klinische Bedeutung. CO-Hämoglobin Die Bindungsfähigkeit des Hämoglobins für Kohlenmonoxyd (CO) ist ungefähr 200 mal grösser als diejenige für Sauerstoff. Dies bedeutet eine nahezu irreversible Bindung des Kohlenmonoxyds an das Hämoglobin. Erst mit dem Abbau des betreffenden Erythrocyten wird das HbCO aus dem Blutkreislauf ausgeschieden. Met-Hämoglobin Erhöhte MetHb-Werte entstehen durch Methämoglobin bildende Medikamente sowie bei Vergiftungen durch Methämoglobinbildner , z.B. Nitrite, Nitroglycerin, Phenacetin und Phenol. Sulfhämoglobin Sulfhämoglobin entsteht durch eine nicht umkehrbare oxydative Aufspaltung des Häms bei Einwirkung von Schwefelwasserstoff und Sauerstoff. Die häufig mit einer Methämoglobinämie kombinierte Sulfhämoglobinämie tritt nach Vergiftung mit Schwefelwasserstoff und als Folge langzeitiger Einnahme phenacetinhaltiger Schmerzmittel und Sulfonamiden auf. Es kann zur neben der Hypoxämie zu einer hämolytischen Anämie kommen. Säuren Säuren und Basen Säuren sind uns aus dem Alltag bekannt: die Zitronensäure verschiedener Früchte, die Essigsäure oder die Kohlensäure des Mineralwasserwassers. Säuren in der Chemie + Chemisch sind Säuren definiert als Substanzen, welche Protonen [H ] abgeben können. Allgemein formuliert: - wobei: HA = Säure; A = Säureanhydrid Wasserstoffatome besitzen nur ein Elektron, das um den aus einem Proton bestehenden Kern kreist. Gibt das Wasserstoffatom sein Elektron ab, so verbleibt nur das positiv geladene Proton, auch als + Wasserstoffion oder H bezeichnet. Die Salzsäure (HCl), bestehend aus Wasserstoff (chem. Zeichen H) und Chlor (Cl), kann somit Protonen + abgeben. Dabei entsteht aus HCl ---> H und Cl . Die negative Ladung des Chlorids kommt daher, dass das Elektron des Wasserstoffs beim Chloratom geblieben ist. Säuren im Stoffwechsel im Stoffwechsel aller Organismen werden fortlaufend Säuren gebildet. Speziell (und nicht zum eigentlichen Säure-Basen-Status zählend) ist die Bildung der Salzsäure (HCl) in den Zellen der Magenschleimhaut. Die Salzsäure hilft bei der Verdauung der Nahrung. Säuren im Säure-Basenstatus die wichtigste Säure, die im Säure-Basen-Status erfasst wird, ist die Kohlensäure. Sie wird allerdings nicht selber gemessen, sondern durch den pCO2 erfasst. Die "nichtflüchtigen" Säuren (z.B. Schwefelsäure) werden, mit Ausnahme des Lactats, nicht gemessen. Ihr Ausmaß lässt sich aber über den "Anionen gap" schätzen. Basen in der Chemie werden Basen als Substanzen bezeichnet, welche in der Lage Protonen aufzunehmen. Die wichtigste Base im Stoffwechsel ist das Bicarbonat (HCO3 ). Herkunft der Säuren Säureproduktion Durch den normalen Stoffwechsel werden fortlaufend Säuren gebildet, so dass ständig Wasserstoffionen + (H -Ionen) frei werden. Für die Aufrechterhaltung geordneter biochemischer Reaktionsabläufe (enzymatische Reaktionen) haben sich deshalb zur Regulation der Wasserstoffionenkonzentration verschiedene Mechanismen ausgebildet. Für die fortlaufende Säurebildung sind folgende Stoffwechselvorgänge verantwortlich: • • • • Fett- und Kohlenhydratabbau Ketogenese Glykolyse Abbau schwefelhaltiger Aminosäuren und von Phospholipiden Alle diese Protonen werden zunächst im Blut abgepuffert und dann vorwiegend über Lungen und Nieren eliminiert. Fett- und Kohlenhydratabbau Unter Grundumsatzbedingungen werden durch den Fett- und Kohlenhydratmetabolismus über 13 mol Kohlendioxid (CO2) pro Tag gebildet, und bei einer Nahrungsaufnahme von 3000 kcal sind es sogar mehr als 23 mol CO2/d. Das CO2 reagiert mit Wasser zu Kohlensäure (H2CO3), aus der durch Dissoziation Wasserstoffionen und Bicarbonat (HCO3 ) entstehen. Beispiel: beim vollständigen Abbau von Glukose (C6H12O6) entstehen 6 Moleküle CO2 pro Molekül Glucose. C6H12O6 + 6 O2 ---> 6 CO2 + 6 H2O + 6 CO2 + 6 H2O ---> 6 H2CO3 ---> 6 H + 6 HCO3 Ketogenese aus der Beta-Oxidation vonFettsäuren entsteht Acetyl-CoA und aus dessen Überschüssen Acetessigsäure und 2-Hydroxybuttersäure, die bei physiologischem pH vollständig zu Acetoacetat und + 2-Hydroxybutyrat dissoziieren. Dabei entstehen ca. 600 mmol H pro Tag. Glykolyse Beim anaeroben Glukoseabbau werden täglich ca. 400 mmol Milchsäure gebildet, die bei + physiologischem pH zu Lactat- und H dissoziiert. Schwefelhaltige Aminosäuren und Phospholipide Beim Abbau schwefelhaltiger Aminosäuren (Methionin und Cystein) und von Phospholipiden entstehen + 50-100 mmol H in Form sogenannter nicht-flüchtiger Säuren, d.h. Säuren, welche über die Nieren im Urin ausgeschieden werden müssen. Der pH-Wert von Säuren Der pH-Wert ist definiert als der negative dekadische Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration. Berechnung des pH-Wertes Von der Definition her ist also der pH-Wert nichts anderes als die (für die Medizin unnötig) komplizierte Angabe einer Wasserstoffionenkonzentration. Bekanntlich werden Wasserstoffionen bei der Dissoziation + von Säuren frei, also beispielsweise: HCl ---> H + Cl . Wasserstoffionen werden, wie beispielsweise Natrium oder Calciumionen auch, in Stoffmengenkonzentrationen (also mmol/l) gemessen. Anstatt dass man nun aber diesen Wert als Resultat angibt, berechnet man zuerst den Logarithmus dieses Wertes. Da die Konzentration der Wasserstoffionen im Blut kleiner ist als 1 wird der Logarithmus negativ. Damit man nicht mit negativen Werten arbeiten muss, wird der negative Wert (minus mal minus gibt plus) dieses Logarithmus als sogenannter pH-Wert verwendet (das kleine "p" weist demnach auf den negativen Logarithmus hin, das groß geschriebene "H" auf die Wasserstoffionenkonzentration!). Beispiel: eine Wasserstoffionenkonzentration von ergibt einen pH-Wert von + 0 + 1.000 mol H /L = 10 mol H /L ; pH = 0 + -3 + 0.001 mol H /L = 10 mol H /L ; pH = 3 Berechnung der Wasserstoffionenkonzentration aus dem pH-Wert Da gemäß Definition gilt: + pH = -log[H ] so ist: + -pH [H ] = 10 Beispiel: ein pH-Wert von 7.35 entspricht einer Wasserstoffionenkonzentration -pH pH 7.4 ; [H+] = 10 -7.4 = 10 = 39 nmol/l Puffersysteme des Blutes Die fortlaufend im Stoffwechsel entstehenden Säuren hätten eine verheerende Wirkung, wenn sie nicht unverzüglich abgepuffert und anschließend eliminiert würden. Puffersysteme + - Wird eine starke Säure, die praktisch vollständig in H -Ionen und Säureanionen (A ) dissoziiert ist, + einer ungepufferten Lösung (oder Wasser) zugegeben, so nimmt erwartungsgemäß die H Ionenkonzentration dieser Lösung zu und damit der pH-Wert ab. Wird dieselbe Säure jedoch einer + gepufferten Lösung zugegeben, so werden die H -Ionen größtenteils gebunden, so dass der pHWert unverändert bleibt oder nur gering ändert. Gleiches gilt sinngemäß natürlich auch für Laugen. Chemisch ist ein Puffer ein Gemisch aus einer schwachen Säure und einem Salz mit gleichem Anion oder ein Gemisch aus einer schwachen Base und einem Salz mit gleichem Kation. Wir wiederholen noch einmal: Im Blut werden vier Puffersysteme unterschieden: • • • • das Bicarbonatpuffersystem das Hämoglobinpuffersystem in den Erythrozyten das Plasmaproteinpuffersystem und das Phosphatpuffersystem Die Henderson-Hasselbalch'sche Gleichung Der pH-Wert einer Lösung wird durch das Konzentrationsverhältnis zwischen dissoziierter und undissoziierter Form einer Säure bestimmt und kann mit der Gleichung nach Henderson und Hasselbalch berechnet werden: - [A ] pH = pK + log --------------------[HA] - wobei: HA = undissoziierte Säure und A = dissoziierte Säure Der pK-Wert entspricht dem negativen, dekadischen Logarithmus der Dissoziationskonstanten Ka einer Säure (d.h. pKa = -log Ka). Ein Puffer ist am wirkungsvollsten, wenn der pH-Wert der Lösung gleich dem pKa des Puffers ist, d.h. wenn [HA] = [A ]. Das Kohlensäure-Bicarbonatsystem Die Carboanhydrase Sie katalysiert formal die Bildung von Kohlensäure aus Kohlendioxid (CO2)und Wasser. - + Die Kohlensäure dissoziiert anschließend in Bicarbonat (HCO3 )und ein Wasserstoffion (H ). - Das Zusammenspiel von Kohlendioxid (CO2), Kohlensäure (H2CO3) und Bicarbonat (HCO3 ) kann mit der Gleichung nach Henderson und Hasselbalch beschrieben werden kann (pK = 6.1). - [HCO3 ] pH = pK + log --------------------[H2CO3] Das Verhältnis zwischen zwischen Bicarbonat und Kohlensäure beträgt normalerweise etwa 20:1. Chemisch gesehen ist dieses Puffersystem nur wenig wirksam. Die große physiologische Bedeutung dieses Puffers liegt darin, dass die Konzentration der beiden Pufferkomponenten weitgehend unabhängig voneinander verändert werden können, indem CO2 durch die Lunge abgeatmet und Bicarbonat durch die Niere ausgeschieden wird. Der Anteil des Bicarbonatpuffers an der gesamten Pufferkapazität macht daher etwa 75 % aus. In der Praxis wird die Bicarbonatkonzentration nicht gemessen, sondern aus dem pH-Wert und dem pCO2 berechnet. Dazu muss der Löslichkeitskoeffizient (S) für CO2 bekannt sein. Beispiel: Die Bicarbonatkonzentration für einen pCO2 von 40 mm Hg und einen pH von 7.4 soll berechnet werden. Der molare Löslichkeitskoeffizient für CO2 bei 37°C in Plasma beträgt 0.0304 (falls Angabe in mmHg). - [HCO3 ] pH = pK + log --------------------[H2CO3] Die Kohlensäure [H2CO3] wird durch S · pCO2 ersetzt: - [HCO3 ] pH = pK + log --------------------S · pCO2 Umformung der Gleichung: - [HCO3 ] log ----------------- = pH - pK S · pCO2 Entlogarithmieren der Gleichung: - [HCO3 ] pH - pK ----------------- = 10 S · pCO2 in Zahlen: - [HCO3 ] = 0.0304 · 40 · 107.4-6.1 = 24.2 mmol/L Anmerkung: wird der pCO2 in kPa angegeben, so beträgt der Löslichkeitskoeffizient 0,203. Hämoglobinpuffer Rund 88 % des anfallenden CO2 werden vom Hämoglobin aufgenommen. Damit erfüllt das Hämoglobin neben dem O2- und CO2-Transport eine wichtige Funktion bei der Pufferung des Blutes. Hämoglobin ist ja bekanntlich ein Protein, und diese können Säuren und Basen abpuffern. Auf der nächsten Seite folgt eine Schemazeichnung (Abb. 4), welche die Vorgänge der äußeren Atmung darstellt. (Äußere Atmung = Gasaustausch zwischen Alveolen und Blut und zwischen Blu und Zelle. Die "innere Atmung" beschreibt die Vorgänge der ATP-Erzeugung auf mitochondrialer Ebene. Dabei entstehen als "Abfallprodukte" Kohlendioxid (wird ausgeatmet) und Wasser (wird über Niere, Haut und Atmung ausgeschieden). Abb. 4: Abtransport von CO2 aus den Zellen in die Lungen. CH2O steht für ein beliebiges Energiesubstrat. Die beiden Vierecke im Blut stellen Erythrozyten dar. Das in den Zellen bei der Oxidation von Energiesubstraten freiwerdende CO2 diffundiert in das Plasma der Gewebskapillaren. Ein kleiner Teil dieses physikalisch gelösten CO2 wird zu Kohlensäure hydratisiert, ein weiterer, ebenfalls geringer Teil bindet sich an Plasmaproteine (Carbaminoverbindungen), der größte Teil des CO2 diffundiert in die Erythrozyten. Dort bleibt ein geringer Teil physikalisch gelöst, ein Teil geht mit dem Hämoglobin eine Carbaminoverbindung ein. Der überwiegende Teil wird jedoch unter der katalytischen Wirkung der Carboanhydrase über + Kohlensäure in Bicarbonat und H umgewandelt. Die Protonen werden vom Hämoglobin unter O2Abgabe abgepuffert (Bohr-Effekt). Das Bicarbonat wird an das Plasma abgegeben, wobei zur Wahrung der Elektroneutralität Chlorid vom Erythrozyten aufgenommen wird. Von der gesamten Kohlensäure werden 95% als HCO3 und nur 5% als CO2 transportiert. Rund 75% des Bicarbonats sind dabei im Plasma und 25% in den Erythrozyten. In der Lunge wird das Bicarbonat des Plasmas wiederum im Austausch mit Chlorid von den Erythrozyten aufgenommen. Bei der Aufnahme von Sauerstoff gibt das Hämoglobin die gepufferten Protonen wieder ab (Bohr-Effekt). Die H+-Ionen reagieren mit Bicarbonat unter der Wirkung von Carboanhydrase zu Kohlensäure, die in H2O und CO2 dissoziiert. Das CO2 diffundiert leicht von den Erythrozyten in das Plasma und von dort in den Alveolarraum. Plasmaproteine Die Plasmaproteine wirken wegen ihres amphoteren Charakters als Puffer. Bei normalem Blut-pH liegen die meisten Proteine als Anionen vor. - pH = [Protein ] pK + log --------------------[HProtein] Phosphatpuffer Chemisch betrachtet handelt es sich um ein wirksames Puffersystem (pKa= 6.7), physiologisch spielt es aber wegen der geringen Konzentration im Plasma nur eine untergeordnete Rolle, ist jedoch intrazellulär von grosser Bedeutung. - + 2- H2PO4 ---> H + HPO4 - 2- wobei: H2PO4 = primäres Phosphat und HPO4 = sekundäres Phosphat 2- [HPO4 ] pH = pK + log --------------------[H2PO4-] Zusammenhänge zwischen den Puffersystemen Das beim Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel freiwerdende CO2 kann leicht über die Lungen eliminiert werden. Die vorwiegend aus dem Proteinabbau stammenden Schwefel- und Phosphorsäure werden primär durch Bicarbonat neutralisiert, wobei die entstehende Kohlensäure in Wasser und CO2 dissoziiert, das ebenfalls abgeatmet wird. Dadurch kommt es jedoch zu einem laufenden Verlust an Bicarbonat, der vor allem durch die Nieren ergänzt werden muss. Abb. 5: Zusammenhänge zwischen den Puffersystemen. Die im Gewebe entstehenden CO2 und + H sind über das Kohlensäure-Bicarbonat-System austauschbar. Funktion der Nieren im Säure-Basen-Haushalt Die rasch funktionierende Regulierung des pH-Wertes im Blut wird durch Variation des pCO2 über die Atmung erreicht, während die Nieren zwar langsamer, aber nachhaltiger reagieren. Die Nieren kontrollieren den Säure-Basen-Haushalt durch drei Mechanismen: • • • Regulation der Bicarbonat-Ausscheidung Neubildung von Bicarbonat + Ausscheidung von H -Ionen und Ammoniak bzw. Ammoniumchlorid. Bezüglich Bicarbonat stellen sich den Nieren je nach Stoffwechsellage zwei verschiedene Aufgaben: • bei Azidose (erniedrigter Blut-pH) ist das in das Tubuluslumen filtrierte Bicarbonat wieder zurück zu resorbieren. • bei Alkalose (erhöhter Blut-pH) ist ein entsprechender Teil des filtrierten Bicarbonats im Urin auszuscheiden und dem Primärharn hinzuzufügen. Die Bicarbonatrückresorption Bicarbonat wird durch nicht-ionische Diffusion in Form von CO2 in die proximale Tubuluszelle aufgenommen: Abb 6: Die Bicarbonatrückresorption: vom Natriumbicarbonat wird das Natrium im Austausch gegen ein Wasserstoffion aufgenommen. Die dabei entstehende Kohlensäure dissoziiert in Kohlendioxid und Wasser, das im Urin ausgeschieden wird. Das Kohlendioxid wird in die Tubuluszelle aufgenommen, in Bicarbonat umgewandelt, das zusammen in das Blut übertreten kann. Die Neubildung von Bicarbonat in der Niere Die Niere kann nicht nur Bicarbonat rückresorbieren, sondern die Tubuluszellen sind zudem in der Lage, aus CO2 und Wasser mit Hilfe der Carboanhydrase neues Bicarbonat zu generieren, um die Verluste zu ersetzen, die bei der Pufferung nicht-flüchtiger Säuren auftreten. Das Bicarbonat-Ion + wird in das Blut abgegeben, das H -Ion in das Tubuluslumen sezerniert. (Entsprechend der Reaktion in der Tubuluszelle unten links in Abbildung 1). Ausscheidung von Protonen und Ammoniak Die Ausscheidung von H+-Ionen durch die Nieren kann in 3 Formen erfolgen: • • • + freies H -Ion titrierbare Säure Ammoniumion Freie H+-Ionen + + Die Ausscheidung von H in Form von freien H -Ionen im Urin ist mengenmäßig nicht von Bedeutung und würde niemals ausreichen, um ein physiologisches Blut-pH aufrechtzuerhalten. + Selbst bei maximal saurem Urin finden sich weniger als 1 mmol H /L. + Beispiel: bei einem Urin-pH von 5 werden wieviel H -Ionen ausgeschieden ? H + -pH = 10 = -5 10 + mol H /L + = 0.000 010 mol H /L = + 10 µmol H /L Titrierbare (fixe) Säuren Die beim Stoffwechsel anfallenden Protonen der Phosphor- bzw. Schwefelsäuren werden primär durch das Bicarbonatsystem abgepuffert. Pufferung : H3HPO4 + 2 NaHCO3 ----------------> H2SO4 + 2 2 NaHCO3 ----------------> Na2HPO4 + 2 CO2 + 2 H2O Na2SO4 + 2 CO2 + 2 H2O Die Ausscheidung der so entstandenen Natriumsalze Na2HPO4 und Na2SO4 würde zu einem großen Natriumverlust für den Organismus führen. Sie werden daher im Primärurin zu Säuren zurückverwandelt. Die Rückwandlung kann dabei nur bis zum NaH2PO4 erfolgen, wobei ein geringer Natriumverlust in Kauf genommen wird, oder bis zu den reinen Säuren. Letztere werden im Urin durch zusätzliche NH3 Ausscheidung abgepuffert und somit als (NH4)H2PO4 bzw. (NH4)2SO4 ausgeschieden. Primärharn: Rückwandlung + Na2HPO4 + 2 H + NH3 ----------------> + Na2SO4 + 2 H + NH3 ----------------> + (NH4)H2PO4 + 2 Na + (NH4)2SO4 + 2 Na + Etwa ein Drittel bis die Hälfte der im normalen Stoffwechsel anfallenden H -Ionen werden auf diesem Weg eliminiert. Die Kapazität dieser Ausscheidungsform ist begrenzt durch das glomeruläre Angebot, sie spielt daher keine wesentliche Rolle für die Ausscheidung abnormaler Säuremengen. Ammoniumionen Tubuluszellen produzieren beim Abbau von Aminosäuren (vor allem von Glutamin zu Glutamat) Ammoniak, der frei durch die Zellmembran in das Tubuluslumen diffundiert. Dort verbinden sich + + H -Ionen mit dem Ammoniak zu NH4 , das nicht mehr durch die Membran diffundieren kann und demzufolge ausgeschieden wird. Unter normalen Stoffwechselbedingungen werden die Hälfte bis zwei Drittel der nicht-flüchtigen Säuren als Ammoniumsäuren sezerniert. Die Niere ist jedoch in der Lage, bei verstärktem Säureanfall die Produktion von Ammoniumionen beträchtlich zu steigern. Allerdings dauert es 2 bis 5 Tage, bis die maximale Produktion erreicht ist. Dieser Mechanismus ermöglicht es der Niere, große Mengen an Säuren auszuscheiden, ohne das Urin-pH auf einen Wert unter 4.5 abzusenken. Die Entnahme der Probe Die Zuverlässigkeit einer Blutgasanalyse wird von der Blutentnahme wesentlich beeinflusst. Dazu gehören im weitesten Sinne die Vorbereitung des Patienten, die eigentliche Blutentnahme, die Aufbewahrung und die Übertragung der Probe in das Analysengerät. Die Blutentnahmen werden meistens von Ärzten bzw. Pflegepersonal durchgeführt, die Laborantin muss aber die möglichen Quellen von Fehlern kennen, um bei Unstimmigkeiten die Klinik darauf aufmerksam machen zu können. Die Vorbereitung des Patienten Der Patient soll, wie bei anderen Blutentnahmen auch, informiert werden über das, was man vorhat. Ängstliche Patienten neigen zur Hyperventilation, was die Werte der Blutgasanalyse wegen der Abatmung von CO2 drastisch beeinflussen kann. Die Wahl der Punktionsstelle Zur arteriellen Blutentnahme wird die Punktion der Speichenarterie (A. radialis) empfohlen. Die Oberschenkelarterie ist zwar grösser und damit leichter abzutasten, kann aber bei der Blutstillung Schwierigkeiten machen. Geeignet ist auch arterialisiertes Kapillarblut, das dem Ohrläppchen oder bei Neugeborenen bis zu einem Alter von 2-3 Monaten der Ferse entnommen werden kann. Die Wahl des Entnahmematerials Um eine Gerinnung des Blutes zu vermeiden, muss ein Antikoagulans verwendet werden. Empfohlen werden heute Spritzen, die Na- oder Li-Heparin in lyophilisierter oder in kristalliner Form enthalten. Die Benutzung von flüssigem Heparin kann zu Verdünnungsfehlern führen und ist daher zu vermeiden. Heparin ist allerdings chemisch schlecht definiert. Es ist eine Mischung aus verschiedenen Makromolekülen, die an verschiedene Ionen gebunden sind. Heparin wird daher nicht durch das Gewicht, sondern durch seine antikoagulatorische Wirkung beurteilt und in I.E. (internationale Einheiten) oder USP-Einheiten angegeben. (USP=United States Pharmakopoe = US Arzneimittelbuch) Natrium-Heparin enthält 11% Natrium, so dass Natrium der Probe hinzugefügt wird. Auch LithiumHeparin enthält kleine Mengen an Natrium und Kalium. Andererseits bindet Heparin Kationen 2+ 2+ + + (Ca > Mg > K > Na ). Die beiden Effekte, die Addition und die Bindung von Ionen, sind bei qualitativ guten Spritzen vernachlässigbar. Entnahmetechnik Die Probe darf nicht zu schnell angesaugt werden, da sonst ein zu starkes Vakuum entsteht, das zu einer Entgasung des Blutes und damit zu falsch tiefen Blutgaswerten führt. Sehr kritisch sind Luftblasen. Jede Luftblase in der Probe muss sofort, d.h. noch vor dem Mischen, durch Ausspritzen entfernt werden. Da die Konzentration in der Luft von CO2 geringer und von O2 höher ist als im arteriellen Blut, führt der Kontakt mit einer Luftblase zu einer Erniedrigung des pCO2 und zu einer Erhöhung des pO2 im Analysenmaterial. Man kann davon ausgehen, dass eine Luftblase von nur 0,01 ml in einer Blutprobe von 1 ml zu einer Erhöhung des pO2 von fast 15% führt. Beispiel: Ein pO2 von 70 mm Hg kann bedingt durch eine Luftblase dieser Größe auf fast 80 mm Hg ansteigen. Zu beachten ist, dass niedrige Aufbewahrungstemperaturen den Übertritt von O2 aus der Luftblase in die Probe verstärken, da die Löslichkeit von Gasen mit abnehmender Temperatur zunimmt. Der Austausch von Gasen wird auch durch heftige Bewegung der Probe verstärkt (Rohrpost). Aufbewahrung der Probe Proben für Blutgasanalysen sind umgehend, d.h. innerhalb von 10 Minuten bei Raumtemperatur zu analysieren. Der Stoffwechsel der Blutzellen verbraucht Sauerstoff und produziert Kohlendioxid. Dadurch sinkt nicht nur der pO2, sondern mit steigendem pCO2 nimmt auch das pH ab. Die Aufbewahrung in Eiswasser oder im Kühlschrank bei 4°C verlangsamt den Stoffwechsel der Zellen um mindestens das Zehnfache, erhöht aber die Löslichkeit der Blutgase, was bei der unvermeidbaren Gasdurchlässigkeit von Kunststoffspritzen eine Rolle spielt (Glasspritzen sind gasundurchlässig). Zu vermeiden ist eine Kühlung unter 0°C, z.B. durch direkten Kontakt mit Eis, da es dadurch zu einer Hämolyse kommen kann. Die Analyse Vor der Analyse ist die Probe noch einmal gut zu mischen. Die ersten Blut-Tropfen werden verworfen, z.B. durch Ausspritzen in einen Tupfer. Anschließend wird die Probe langsam und gleichmäßig in den Blutgasanalysator eingespritzt. Bei Verwendung von Kapillaren entfällt das. Säure-Basen-Status Der Säure-Basen-Status soll Auskunft geben über den respiratorischen und metabolischen Zustand bei Patienten in Bezug auf den Sauerstoff, das CO2 und den pH-Wert. In der Regel wird arterielles, seltener selten gemischt-venöses Blut untersucht. Arterielles Blut Arterielles Blut wird bevorzugt, da es eine Aussage über die Sauerstoffversorgung des Blutes durch die Lungen und eine Beurteilung der Versorgung der Gewebe mit Sauerstoff erlaubt. Gemischt-venöses Blut Wird Blut einer Vene z.B. der Ellenbeuge entnommen, so sagt die Blutgasanalyse nur etwas aus über die Sauerstoff bzw. CO2 Verhältnisse in diesem Arm. Falls eine Aussage über den Sauerstoffverbrauch im gesamten Organismus verlangt wird, muss vollständig gemischtes, d.h. aus allen Körperregionen stammendes venöses Blut untersucht werden. Dieses gemischt-venöses Blut wird über einen Katheter der A.pulmonalis entnommen. Der Begriff gemischt-venös kommt daher, dass es sich um Blut handelt das aus der V.cava superior und der V.cava inferior im rechten Vorhof “gemischt” wird, bevor es über die rechte Herzkammer in die Pulmonalarterie gelangt. Die Untersuchung von gemischt-venösem Blut wird wegen der aufwendigen Blutentnahme selten durchgeführt. Messung und Berechnung Aus messtechnischen Gründen wird mit Geräten, die zur Bestimmung des Säure-Basen-Status verwendet werden, neben pH und pCO2 gleichzeitig auch der Partialdruck des Sauerstoffs (pO2) gemessen. Die Analytik der Blutgase und des Säure-Basen-Status basiert demnach auf pH, pCO2, Bicarbonat sowie pO2 und Sauerstoffsättigung. Säure-Basen-Status gemessen werden pH-Wert Maß für die H+Ionenkonzentration pCO2 Partialdruck des des Kohlendioxids daraus können berechnet werden - HCO3 aktuell aktuelles Bicarbonat im Plasma Die Berechnung basiert auf der Gleichung von Henderson und Hasselbalch Basenabweichung = Base excess. entspricht der Menge eine starken Säure oder Base, die erforderlich ist, um den pH-Wert bei einer metabolisch bedingten Abweichung zu normalisieren - HCO3 standard Bicarbonatkonzentration im Plasma einer Blutprobe, die bei 37°C mit einem pCO2 von 40 mm Hg und mit Sauerstoff zur Vollsättigung äquilibriert wurde. Gesamtpufferbasen Summe der Konzentrationen all der Pufferformen, die H+-Ionen aufnehmen können, wie HCO3 , Hb-, HBO2-, HPO4- Gesamt CO2 Summe der Konzentrationen von CO2, H2CO3 und HCO3 - Die Basenabweichung (BE, base excess) der Extrazellulärflüssigkeit errechnet sich aus folgenden Größen: BE (mmol/l) = (cHCO3 - 24,2) + 16,2 (pH - 7,4). (c=Konzentration) Sauerstoffversorgung gemessen werden pO2 Partialdruck des Sauerstoffs sO2 Sauerstoffsättigung Prozentsatz des oxygenierten Hämoglobins bezogen auf das Hämoglobin, das fähig ist Sauerstoff zu transportieren: cO2Hb sO2 = ----------------------------------- · 100 cO2Hb + cHHb daraus können berechnet werden HbO2 Fraktion des oxygenierten Hämoglobins Prozentsatz des oxygenierten Hämoglobins bezogen auf das gesamte Hämoglobin (inkl. Dyshämoglobine): cO2Hb O2Hb = ---------------------------------------------------------- · 100 cO2Hb + cHHb + cCOHb + cMetHb p50 Maß für die Lage der Sauerstoff-Dissoziationskurve (ODK). Ist definiert als der pO2, der bei Halbsättigung des oxydierbaren Hämoglobins vorhanden ist. Normwerte des Säure-Basen-Status Die folgenden Normwerte beziehen sich auf arterielles Blut. Analyt Neue Einheiten Alte Einheiten pH 7.35 - 7.45 pCO2 4.67 - 6.00 kPa 32 - 45 mmHg Bicarbonat aktuell 22 - 26 mmol/l 22 - 26 mmol/l Bicarbonat standard 22 - 26 mmol/l 22 - 26 mmol/l Base excess -3 bis +2 mmol/l -2 bis + 3 mmol/l pO2 10.7 - 12.0 kPa 80 - 90 mmHg 7.35 - 7.45 Sauerstoffsättigung (sO2) 95 - 99% 95 - 99% p50 3.2 - 3.8 kPa 24 - 28 mmHg Hämoglobin Frauen 120 - 160 g/l Hämoglobin Männer 140 - 180 g/l CO-Hämoglobin < 2% Met-Hämoglobin < 5% Der bei normaler Körpertemperatur mit dem Leben vereinbare pH-Bereich liegt zwischen pH 7.8 und pH 7.0 (entsprechend einer Wasserstoffionenkonzentration zwischen 16 nmol/l und 100 nmol/l). Anmerkung: der intrazelluläre pH-Wert ist nicht genau messbar, dürfte aber im sauren Bereich liegen. Störungen der Sauerstoffversorgung Überblick Sauerstoff ist ein absolut lebensnotwendiges Element. Der Mensch besitzt jedoch nur kleine Reserven, so dass bereits ein Unterbruch von wenigen Minuten genügt, um schwere Schäden vor allem des Zentralnervensystems zu setzen oder sogar den Tod zu bewirken. Auf der anderen Seite wirkt ein Zuviel an Sauerstoff ebenfalls schädlich (Lungenschädigung, Erblindung von Frühgeborenen durch ein Überangebot an Sauerstoff im Brutkasten (retrolentale Fibroplasie). Die Versorgung der Gewebe mit Sauerstoff und die damit verbundenen Störungen lassen sich didaktisch in 3 Phasen unterteilen: • • • Sauerstoff-Aufnahme Die Aufnahme von Sauerstoff in das Blut wird durch die Lungen bestimmt. Ein gutes Maß für die Lungenfunktion ist der pO2 im arteriellen [pO2(aB)] oder gemischt venösen Blut [pO2(vB)]. Sauerstoff-Transport Die Transport-Kapazität für Sauerstoff ist gegeben durch die Konzentration des Hämoglobins, die Sauerstoffsättigung, die wiederum vom pO2 abhängig ist und die Affinität des Hämoglobins. Sauerstoffabgabe Die Abgabe von Sauerstoff an die Gewebe ist einerseits von der Hämoglobin-SauerstoffAffinität und andererseits vom pO2-Gradienten zwischen den Kapillaren und dem Gewebe abhängig. Ursache der Störungen Störungen der Sauerstoffaufnahme Eine Hypoxämie kann bedingt sein durch eine alveoläre Hypoventilation, eine Verteilungsstörung, vaskuläre Kurzschlüsse, Diffusionsstörungen oder eine Kombination dieser Faktoren. • • • • • Zu tiefer Gehalt an Sauerstoff in der Einatmungsluft Kommt vor allem bei einem Aufenthalt in großer Höhe vor. Bei längerdauerndem Höhenaufenthalt reagiert der Organismus mit der Erhöhung des Hämoglobins durch eine Zunahme der Erythrozytenzahl. Alveoläre Hypoventilation Die verminderte Belüftung der Alveolen bewirkt, dass der pO2 in den Lungenalveolen absinkt und der pCO2 zunimmt. Für die Diagnostik ist der daraus resultierende Anstieg des arteriellen pCO2 (arterielle Hyperkapnie) von besonderer Bedeutung, weil sie im Gegensatz zu den anderen Hypoxämieformen immer auftritt. Alveoläre Hypoventilationen können bei Asthma bronchiale und Lungenemphysem gesehen werden. Ventilations- / Perfusions-Verteilungsstörungen Unter Verteilungsstörungen versteht man eine Störung im Zusammenspiel zwischen Belüftung und Durchblutung in den einzelnen Lungenabschnitten. Verteilungsstörungen sind häufig und praktisch immer an der Entstehung der Hypoxämie bei chronischen Lungenerkrankungen beteiligt. Bei allgemein verstärkter Atmung kann es zur Hypoxämie ohne Hyperkapnie kommen. Vaskuläre Kurzschlüsse Als Rechts-Links-Shunts werden venoarterielle Kurzschlüsse bezeichnet, bei denen venöses Blut direkt unter Umgehung der Lungen bzw. der Alveolarkapillaren direkt, d.h. nicht arterialisiert, in die Lungenvene gelangt. Rechts-Links-Shunts kommen vor bei Missbildungen des Herzens und der großen Gefäße. Bei M.Osler und bei Atelektasen finden sich intrapulmonale Shunts. O2-Diffusionsstörungen Bekannte Ursachen für O2-Diffusionsstörungen sind das destruktive Lungenemphysem (Schwund von Lungenkapillaren), interstitiell fibrosierende Erkrankungen und Anämien. Störungen des Sauerstofftransportes Der Sauerstofftransport in die Gewebe ist vermindert bei erniedrigtem Hämoglobin und ungenügender Auswurfleistung des Herzens (kardiale Insuffizienz). Die Transportfähigkeiten können durch Bluttransfusionen oder durch Reduzierung eventuell vorhandener Dyshämoglobine verbessert werden. Störungen der Sauerstoffabgabe Die Sauerstoffabgabe von den Erythrozyten an die Zellen ist erschwert bei erhöhter HämoglobinSauerstoff-Affinität (Rechtsverschiebung der Sauerstoffdissoziationskurve). Bei verschiedenen Erkrankungen die mit Fieber einhergehen und vor allem bei Sepsis kann der Sauerstoffverbrauch ansteigen. pO2 und Sauerstoffsättigung Der arterielle pO2 ermöglicht die bessere Beurteilung des Gasaustausches in der Lunge als die Sauerstoffsättigung. Bei der Beurteilung des pO2 sind auch Alter und Körperlage zu berücksichtigen. Die Sauerstoffsättigung ist bezüglich der Versorgung des Organismus mit O2 aussagekräftiger als der pO2 . Beispiel: Eine Verschlechterung der Lungenfunktion führt bei einem Patienten zur Abnahme des arteriellen pO2 von 90 auf 70 mm Hg. Diese deutliche Verminderung des Partialdruckes um 20 mm Hg dokumentiert zwar die Lungenerkrankung, hat jedoch nur eine Abnahme von 0,96 auf 0,93 (d.h. von 96% auf 93%) der Sauerstoffsättigung zur Folge. Störungen des Säure-Basen-Haushalts Prinzipien der Einteilung Ein besonderes Risiko, Störungen des Säure/Basen-Haushaltes zu entwickeln, haben Patienten mit insulinabhängigem Diabetes mellitus, chronischen Nierenerkrankungen, chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen, sowie Patienten, die unter Erbrechen und/oder Diarrhoe leiden und Patienten, die Diuretika einnehmen. Schwierig wird die Beurteilung, wenn gleichzeitig mehr als eine Störungsursache vorliegt. Beispiel: Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, die an Erbrechen, Diarrhoe oder diabetischer Ketoazidose leiden. Störungen des Säure-Basen-Haushalts lassen sich entsprechend der pH-Veränderung in Azidosen (pH erniedrigt) und Alkalosen (pH erhöht) unterteilen. Entsprechend der auslösenden Ursache spricht man von metabolisch oder respiratorisch bedingten Azidosen bzw. Alkalosen. Grundsätzlich sind die respiratorischen Störungen immer durch pathologische Veränderungen der Atmung bedingt, so dass primär die Lungenregulation des Kohlensäure-Bicarbonat-Puffersystems gestört ist. Bei metabolischen Störungen des Säure-Basen-Haushaltes gilt grundsätzlich, dass die Lungenfunktion intakt ist und die primäre Änderung das Bicarbonatsystem betrifft. Metabolische Azidose Labor-Befunde - pH pCO2 HCO3 nicht kompensiert sauer normal erniedrigt teilweise kompensiert sauer erniedrigt erniedrigt Ursachen 1. Mit vergrößerter Anionenlücke (Anionenlücke=[ Na+]-([Cl-]+[HCO3 ]) = 8 -16 mmol/L) • • • Erhöhte Produktion von Wasserstoffionen o Diabetische Ketoazidose o Lactatazidose o alkoholische Ketoazidose o Langdauernder Hungerszustand Verminderte Ausscheidung von metabolischen Säuren o Nierenversagen, Urämie Zufuhr von metabolischen Säuren o Salicylatintoxikation o Einnahme von Paraldehyd, Methanol, Ethylenglykol 2. Mit normaler Anionenlücke bzw. Hyperchlorämie • • • Gastrointestinaler Bicarbonatverlust o Diarrhoe o Gastrointestinale Fisteln o Uretero-Sigmoidostomie: selten durchgeführte Operation, bei welcher der Harnleiter in das Colon sigmoideum eingepflanzt wird. Verabreichung von Ammoniumchlorid Renaler Bicarbonatverlust o Renale tubuläre Azidose o Hemmung der Carboanhydrase o Frühes Stadium des Nierenversagens o Verminderte Mineralcorticoide: M. Addison, Hypoaldosteronismus Primärstörung Der Verbrauch oder Verlust von Bicarbonat führt zu einem Mangel an Basen und damit zu einem Überwiegen der Säuren. Kompensation Der Abfall des pH führt zu einer Stimulation der Atmung, Hyperventilation, so dass der pCO2 abnimmt. Zur Kompensation der metabolischen Azidose sollte der pCO2 um ungefähr 1,2 mmHg (0.16 kPa) für jede Erniedrigung des Bicarbonats von 1,0 mmol/l abnehmen. Die Kompensationsmechanismen setzen innerhalb von Minuten ein, es kann jedoch bis zu 24 Stunden dauern, bis sie maximal wirken. Der pCO2 fällt dabei nicht unter einen Wert von 10 mmHg (1.3 kPa). Eine Überprüfung der Situation erfolgt am einfachsten mit dem Säure-Basen-Diagramm. Ist der gemessene pCO2 kleiner als für den vorliegenden Bicarbonatverlust zu erwarten wäre, so liegt neben der metabolischen Azidose zusätzlich eine respiratorische Alkalose vor, nach deren Ursachen (z.B. Sepsis), gesucht werden muss. Ist der pCO2 tiefer als erwartet, so liegt neben der metabolischen auch eine respiratorische Azidose vor (z.B. bedingt durch eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung). Falls die Niere nicht an der Genese der Azidose beteiligt ist, kann auch eine renale Kompensation zur Normalisierung des pH beitragen. Die Niere reagiert auf die Azidose mit einem Anstieg der Bicarbonatrückresorption und einer gesteigerten Ausscheidung von Wasserstoffionen. Folgestörung Durch den Austritt von Kalium aus der Zelle im Austausch mit Wasserstoffionen kommt es zudem zu einer Hyperkaliämie. Eine Ausnahme wird nicht selten bei der diabetischen Ketoazidose beobachtet, bei der es wegen der osmotischen Diurese zu einem starken Kaliummangel kommen kann. Respiratorische Azidose Labor-Befunde - pH pCO2 HCO3 nicht kompensiert sauer erhöht erniedrigt teilweise kompensiert sauer erhöht erhöht Ursachen Die respiratorische Azidose beruht auf einer verminderten CO2-Ausscheidung durch die Lungen (Hypoventilation): • • • • mechanische Behinderung der Ventilation: Lungenfibrose, Lähmung der Atemmuskulatur Störung der Blutversorgung: Lungenembolie, pulmonale Stauung Diffusionsstörungen: Lungenödem Diffusionsstörungen sind selten, da CO2 gut diffundiert. Primärstörung Erhöhung des pCO2 (Hyperkapnie) mit Erniedrigung des pH-Wertes. Kompensation Zunahme des Bicarbonats. Kompensatorisch wird von der Niere vermehrt Bicarbonat rückresorbiert und vermehrt Wasserstoffionen ausgeschieden. Metabolische Alkalose Labor-Befunde - pH pCO2 HCO3 nicht kompensiert alkalisch normal erhöht teilweise kompensiert alkalisch erhöht erhöht Ursachen Die metabolische Alkalose ist weitaus seltener als metabolische Azidose. Sie kann sich bei Verlust von Wasserstoffatomen oder bei einer Anhäufung von Basen (Bicarbonat) entwickeln. • chronisches Erbrechen von saurem Magensaft Primärstörung erhöhte Bicarbonatkonzentration mit pH-Anstieg. Kompensation Hypoventilation Die pH-Erhöhung verursacht eine Dämpfung der Atmung, was zum pCO2-Anstieg führt. Die metabolische Alkalose ist mit einer Hypokaliämie gekoppelt, da intrazelluläre Wasserstoffionen gegen extrazelluläres Kalium ausgetauscht werden. Respiratorische Alkalose Labor-Befunde - pH pCO2 HCO3 nicht kompensiert alkalisch erniedrigt erniedrigt teilweise kompensiert alkalisch normal erniedrigt Ursachen Die respiratorische Alkalose kommt durch eine gesteigerte CO2-Abgabe über die Lungen zustande: • • Hyperventilation Hypoxie Primärstörung Abnahme des pCO2 (Hypokapnie) Kompensation erhöhte Bicarbonatausscheidung durch die Nieren. Die Verminderung des pCO2 führt zu einer pH-Zunahme. Der Austritt von Protonen aus der Zelle im Austausch mit Kalium hat eine Hypokaliämie zur Folge. Die Nieren scheiden einen alkalischen Urin aus, da es wegen des verminderten pCO2 in den Tubuluszellen zu einer Abnahme der Ausscheidung von Wasserstoffionen kommt. Kombinierte Störungen Die Abweichung von den Normwerten ist dann grösser als erwartet, wenn die kompensatorischen Möglichkeiten eingeschränkt sind. Beispiel: Ein Patient mit einer metabolischen Azidose kann bei einer bereits vorliegenden Lungenerkrankung oder bei Rippenfrakturen nicht durch eine entsprechende Hyperventilation vermehrt CO2 abatmen. In der klinischen Beurteilung geht es darum, zuerst die auslösende Ursache der Säure/BasenStörung zu diagnostizieren und anschließend abzuschätzen, ob die Kompensationsmechanismen erwartungsgemäß eingesetzt haben. Dazu eignen sich Säure-Basen-Diagramme. Fallen die Messwerte außerhalb vorgesehener Regionen an, so haben entweder die Kompensationsmechanismen noch nicht voll eingesetzt oder es liegt mehr als eine Störungsursache vor. Diese Diagramme versagen bei Vorliegen von mehr als 2 Störungsursachen oder wenn eine Kombination von metabolischer Azidose und Alkohol vorliegen. In dieser Situation muss die Chloridkonzentration oder die Anionenlücke gemessen werden. Jede Störung des Säure/Basen-Haushaltes besteht aus einer primären Störung und einem kompensatorischen Ereignis. Allerdings können kompensatorische Mechanismen, mit Ausnahme einiger chronischer respiratorischer Alkalosen, den pH-Wert nicht wieder in den normalen Bereich verschieben. Falls bei anormalen Bicarbonat- und pCO2-Werten der pH-Wert normal ist, liegt wahrscheinlich mehr als eine Störungsursache vor. Auswertung von Blutgasanalysen Für die Auswertung einer Blutgasanalyse benötigt man den gemessenen pH-Wert, das Standardbikarbonat in mmol/l und den pCO2-Wert in mm Hg. Ein mit ausgedruckter pO2-Wert in mm Hg kann für die Beurteilung mit herangezogen werden. Nützlich ist ferner die Kenntnis des aktuellen Hb-Wertes und des Base-Excess (BE). 1. Schritt: Man betrachte den pH-Wert und ordne unter Kenntnis der Referenzbereiche (7,35 – 7,45) ein in "Azidose" (pH <7,35), "Alkalose" (pH>7,45) oder "weder noch". 2. Schritt: Man betrachte den pCO2-Wert und ordne ein in "respiratorische Azidose" (pCO2>45), "respiratorische Alkalose" (pCO2<35) oder "weder noch". 3. Schritt: Man betrachte das Standard-Bikarbonat und ordne ein "metabolische Azidose" (St.-Bic. < 22 mmol/l), "metabolische Alkalose" (St-Bic. > 26 mmol/l) oder "weder noch" 4. Schritt: Man betrachte den Base-Excess BE und prüfe, ob sich die unter Schritt 3 getroffene Einteilung bestätigen lässt: BE > +2 passt zu einer metabolischen Alkalose, BE < -3 passt zu einer metabolischen Azidose. 5. Schritt: Man führe die Erkenntnisse der Schritte 1 bis 4 zu einer diagnostischen Aussage zusammen. 6. Schritt: Plausibilitätskontrolle. Dabei muss man folgendes wissen: - Eine metabolische Störung versucht der Körper durch eine gegenregulierende respiratorische Kompensation auszugleichen. Also: eine metabolische Azidose wird durch eine respiratorische Alkalose kompensiert. eine metabolische Alkalose wird durch eine respiratorische Azidose kompensiert. - Eine respiratorische Störung versucht der Körper durch eine gegenregulatorische metabolische Kompensation auszugleichen. Also: eine respiratorische Azidose wird durch eine metabolische Alkalose kompensiert. eine respiratorische Alkalose wird durch eine metabolische Azidose kompensiert. Bei der Plausibilitätskontrolle werden auch (hoffentlich!) Analysenfehler aufgedeckt: Hierfür ein Beispiel: pH 7,25 St.-Bikarbonat 22 mmol/L pCO2 34 mm Hg pO2 92 Der pH-Wert weist auf erhebliche Azidose hin. Das Standardbikarbonat ist normal. Der pCO2-Wert spricht für eine (leichte) respiratorische Alkalose. Das ist ein Widerspruch, der nur durch einen Analysenfehler erklärt werden kann. Wahrscheinlich hat die pH-Elektrode einen Defekt. Versuchen Sie nun, die folgenden BGA-Konstellationen auszuwerten: Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 4 Fall 5 Fall 6 Fall 7 Fall 8 Fall 9 Fall 10 7.29 7.48 7.35 6.90 7.15 7.60 7.40 7.45 7.45 7.10 65 95 100 50 100 21 100 120 100 120 pCO2 70 48 30 50 19 5 35 28 22 22 -7 -15 -22 +50 -5 0 -10 -15 pH pO2 BE +15 +12