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Johannes Beck
Diplom VWL: Currency Board, SS 1999
Currency Board
1. EINLEITUNG
2. GRÜNDE FÜR DIE EINFÜHRUNG
3. MERKMALE UND ARTEN EINES CURRENCY BOARDS
4. FUNKTIONSWEISE EINES CURRENCY BOARD SYSTEMS
5. STABILISIERUNGSMECHANISMEN IM CURRENCY BOARD SYSTEM
5.1 ARBITRAGE IM CURRENCY BOARD
5.2 GELDMENGEN-ZINS-MECHANISMUS
5.3 GELDMENGEN-PREIS-MECHANISMUS
5.4 GELDMENGEN-ZINS-EINKOMMENS-MECHANISMUS
6. STÖRELEMENTE
6.1 INTERNAL DRAIN
6.2 EXTERNAL DRAIN
6.3 BONITÄTSVERLUST
7. VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE FUNKTIONSFÄHIGKEIT EINES CURRENCY BOARDS
7.1 KONSTITUIERENDE MAßNAHMEN BEI DER ETABLIERUNG EINES CURRENCY BOARDS
7.2 FLANKIERENDE MAßNAHMEN
7.3 NATIONALE GELDPOLITIK UND LENDER-OF-LAST-RESORT DURCH MINDESTRESERVE
8. FAZIT
8.1 VORTEILE EINES CURRENCY BOARD SYSTEMS
8.2 NACHTEILE EINES CURRENCY BOARD SYSTEMS
1
Johannes Beck
Diplom VWL: Currency Board, SS 1999
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1. Einleitung
Ein Currency Board ist eine spezielle Art von Festkurssystem. Currency Board heißt übersetzt
Währungsamt. Das Währungsamt kauft zu einem festgelegten Kurs eine ausländische Währung an und
bringt dadurch die nationale Währung in Umlauf. Die Geldschöpfung geht nur über den Ankauf der
Reservewährung.
Der historische Ursprung des Currency Board ist in der Schule um David Ricardo zu suchen. Das
Currency Board System wurde v.a. in den damaligen britischen Kolonien durch Bindung der jeweiligen
inländischen Zentralbankengeldversorgung an das britische Pfund praktiziert. Im Zuge der
Unabhängigkeit der Kolonien verschwand auch das Currency Board System.
Mit einer Bindung an den U$ wurden Currency Board Systeme 1983 in Hongkong, 1991 in Argentinien,
1994 in Litauen und mit DM-Bindung in Estland eingeführt.
2. Gründe für die Einführung
Heute gehen Länder zum Currency Board über, die geldpolitisch national wie international wenig
Vertrauen genießen. Das Ziel ist, Geldwertstabilität zu erlangen, und diese über die Ankerwährung zu
importieren:
•
Länder mit Glaubwürdigkeitsproblemen
(Argentinien).
•
Transformationsländer, die nicht aus marktwirtschaftlichen Systemen stammen und daher
Geldwertstabilität und unabhängige Zentralbank noch nicht verwirklicht haben (Estland).
•
Länder, die über geringes geldpolitisches Know-How verfügen.
aufgrund
einer
inflationsgeprägten
Vergangenheit
Warum keine vollständige Währungssubstitution?
•
Nationale Erwägungen
•
Kosten der Fremdwährungsnutzung
•
Seignorage verbleibt im Inland
•
Höhere Flexibilität
Es gibt Currency Boards in Argentinien, Bulgarien, Djibouti, Estland, Hongkong und Litauen.
3. Arten und Merkmale eines Currency Boards
Klassisches Currency Board:
Geldbasis besteht nur aus Bargeld bei Banken und Nichtbanken (z.B. Hongkong), d.h. Mindestreserven
sind nicht existent, entsprechend ist auch keine Mindestreservepolitik möglich.
Erweitertes Currency Board:
Geldbasis besteht aus Bargeld und Pflichteinlagen der Banken bei der Zentralbank (z.B. Argentinien) =>
Mindestreservepolitik möglich.
Das Currency Board ist eine spezielle Form eines Leitwährungssystems. Es ist vergleichbar mit dem
klassischen Goldstandard, jedoch mit einer Leitwährung statt Gold.
1. Das Currency Board ist ein System fester Wechselkurse, in dem gesetzlich festgelegt ist, daß das
Währungsamt (Currency Board) nationales Geld nur durch den Ankauf einer Reservewährung zu
einer festgelegten Parität in Umlauf bringen darf. Ein Currency Board emittiert Noten und Münzen
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nur unter Wahrung der vollständigen Deckung durch Devisen bzw. verzinsliche Wertpapiere in der
Reservewährung. Die Notenausgabe erfolgt nur durch Eintausch gegen Devisen. Es wird damit eine
einseitige Wechselkursunion mit dem Reservewährungsland eingegangen.
2. Eine vollständige Konvertibilität zum Paritätskurs in die Ankerwährung wird garantiert, evt. mit
geringen Tauschgebühren. Damit sind beide Währungen praktisch vollkommen substituierbar. Es
kann jedoch die Devisen-Aufkaufspflicht wegfallen, um die Möglichkeit zu haben, die eigene
Währung über den Paritätskurs aufwerten zu lassen => Exit-Option.
3. Feste parlamentarisch sanktionierte, gesetzliche Regelbindung für geld- und fiskalpolitische
Maßnahmen, d.h. Verzicht auf diskretionäre aktive Zentralbank-Politik und Verbot der Kreditvergabe
durch das Currency Board. Damit ist eine Monetarisierung von Staatsdefiziten unmöglich.
4. Auch Zahlungsschwierigkeiten der Geschäftsbanken werden nicht durch das Currency Board
finanziert => Verzicht auf das „Lender-of-last-resort“-Prinzip.
Das Currency Board ist also eine Institution, die inländisches Bargeld emittiert, aber über keine
geldpolitische Instrumente verfügt. Es verzichtet auf eine diskretionäre Geldpolitik. Eine Ausnahme
bildet die Mindestreservepolitik beim erweiterten Currency Board.
4. Funktionsweise eines Currency Board Systems
Die Entwicklung der Geldbasis wird allein über die Entwicklung von Angebot und Nachfrage am
Devisenmarkt bestimmt => Devisenzufluß: Ausdehnung der Geldbasis; Devisenabfluß =>
Geldmengenkontraktion.
Da das Currency Board keine Kredite vergibt, wirken sich die Schwankungen im Außenhandel direkter
und intensiver auf das Geldangebot aus. Vorausgesetzt die Noten des Currency Board sind einzig
umlaufendes Zahlungsmittel, und es existieren keine Kapitalbewegungen, so wirken sich Schwankungen
in der Leistungsbilanz direkt 1:1 auf die Geldversorgung aus.
Also:
1. Zentralbankgeldschöpfung allein durch den Kauf von Reservewährung.
2. Keine Offenmarktoperationen sind möglich => Kein Einfluß auf die Zinsbildung. Vielmehr dient der
Zins als Ausgleichsmechanismus.
3. Sterilisation von Effekten des Devisenmarkts auf die inländische Geldmenge ist nicht möglich: Der
Devisenzufluß führt zu einer Ausdehnung der inländischen Geldbasis, ein Devisenabfluß zu einer
Geldmengenkontraktion.
Eine Ausweitung der monetären Basis ist nur durch Nettokapitalimporte und Leistungsbilanzüberschüsse
möglich.
Diese Funktionsweise impliziert, daß die Zahlungsbilanzsituation und damit die Entwicklung der
Währungsreserven wie im klassischen Goldstandard die Veränderung der monetären Basis bestimmt und
so zur entscheidenden Einflußgröße für die Geldmengenentwicklung wird. Neben Änderungen der
monetären
Basis
können
auch
Veränderungen
des
Geldmengenmultiplikators
die
Geldmengenentwicklung beeinflussen.
Weiterhin impliziert ein Currency Board System, daß die Zentralbank nicht zur Finanzierung von
Budgetdefiziten herangezogen werden kann und kein Spielraum für eine diskretionäre Geldpolitik
besteht.
Die Bindung der Geldmengenentwicklung an die Zahlungsbilanzentwicklung ist damit noch enger als in
einem gewöhnlichen Festkurssystem ohne Currency Board, in dem sich die Zentralbanken durch die
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Neutralisierung von Devisenmarktinterventionen einen gewissen geldpolitischen Spielraum verschaffen
können.
Eine eingeschränkte, eigene Geldpolitik oder Lender-of-last-resort-Funktionen sind möglich bei nicht
100%iger Deckung der monetären Basis, einer Mindestreservevorschrift oder bei Überschußreserven des
Währungsamtes.
5. Stabilisierungsmechanismen im Currency Board
Wie im Goldstandard wirken auch im Currency Board Mechanismen, welche die Auswirkungen von
Schwankungen im Außenhandel auf Geldbasis und Geldangebot durch kurzfristige bis mittelfristige
Kapitalbewegungen dämpfen, den fixierten Wechselkurs stabilisieren und für ein ZahlungsbilanzGleichgewicht sorgen.
Zu nennen sind der Arbitragemechanismus (analog zur Goldarbitrage), der Geldmengen-ZinsMechanismus und der Geldmengen-Preis-Mechanismus.
5.1 Arbitrage im Currency Board
Die Banken können beim Currency Board nur Zentralbankengeld bekommen, wenn sie Devisen an die
Währungsinstanz zum festen Paritätskurs verkaufen. Unterscheidet sich die festgelegte Parität vom Kurs
am Devisenmarkt, wird Arbitrage betrieben.
Annahmen: Ein Argentinischer Peso ist laut offizieller Parität ein U$.
Am Devisenmarkt gelte 0,5 Peso = 1 U$, also 1 Peso = 2 U$ => der U$ ist also relativ billiger zur Parität.
Ich tausche 1 Peso zum Devisenmarktkurs gegen 2 U$. Diese 2 U$ tausche ich zur festgelegten Parität
beim Währungsamt gegen 2 Peso => Damit sind aus 1 Peso durch Umweg über den Devisenmarkt 2 Peso
geworden.
Am Devisenmarkt gelte 2 Peso = 1 U$, also U$ ist verglichen zur Parität relativ teuer. Ich kaufe U$ beim
Währungsamt zur festen Parität 1:1, also 1 Peso gegen 1 U$. Diesen U$ tausche ich auf dem
Devisenmarkt gegen 2 Peso. Durch diesen Umweg habe ich aus einem zwei Peso gemacht.
Sehr kurzfristige Stabilisierung erfolgt durch die Arbitrage.
Durch den Arbitragemechanismus erhöht sich die Nachfrage nach der auf dem Devisenmarkt relativ
billigeren Währung und dadurch bewegt sich der Wechselkurs auf dem Devisenmarkt in Richtung
Paritätskurs. Die maximale mögliche Abweichung vom Paritätskurs ist durch die Höhe der
Transaktionskosten vorgegeben. Der Kurs kann zudem noch näher am Paritätskurs gehalten werden,
wenn sich beispielsweise das Währungsamt dazu verpflichtet, die nationale Währung auch an
Nichtbanken zum Paritätskurs in die Ankerwährung umzutauschen.
Außerdem verringert der Wettbewerb der Banken untereinander um den besten Umtauschkurs ein zu
großes Abweichen vom Paritätskurs.
5.2 Geldmengen-Zins-Mechanismus
Angenommen: Es kommt durch eine autonome Preissenkung im Inland zu einer Zunahme der Exporte.
Dies löst eine Devisenbilanzverbesserung aus und setzt den Wechselkurs unter Aufwertungsdruck. Durch
die zusätzlichen Devisen erhöht sich die inländische Geldmenge. Dadurch sinken die Zinsen. Die
gesunkenen Zinsen führen nun ihrerseits zu einem Kapitalexport ins Ausland, wo höhere Zinsen
herrschen. Dies bringt den Wechselkurs unter Abwertungsdruck. Dadurch verschlechtert sich die
Devisenbilanz wieder und es kommt zu einer entsprechenden Verringerung der inländische Geldmenge.
Die Zinsen steigen wieder. Die Zahlungsbilanz gleicht sich aus und der Wechselkurs pendelt sich wieder
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beim Paritätskurs ein.
Es kommt durch eine autonome Preiserhöhung im Inland zu einer Abnahme der Exporte. Dies löst eine
Devisenbilanzverschlechterung aus und setzt den Wechselkurs unter Abwertungsdruck. Durch die
Abnahme der Devisen verringert sich die inländische Geldmenge. Dadurch steigen die Zinsen. Die
gestiegenen Zinsen führen nun ihrerseits zu einem Kapitalimport aus dem Ausland, wo niedrigere Zinsen
herrschen. Dies bringt den Wechselkurs unter Aufwertungsdruck. Dadurch verbessert sich die
Devisenbilanz wieder und es kommt zu einer entsprechenden Ausweitung der inländische Geldmenge.
Die Zinsen sinken wieder. Die Zahlungsbilanz gleicht sich aus und der Wechselkurs pendelt sich wieder
beim Paritätskurs ein.
Kurzfristige Stabilisierung erfolgt durch den Geldmengen-Zins-Mechanismus.
Ebenso wie im Goldstandard trägt der Geldmengen-Zins-Mechanismus durch einen ZahlungsbilanzAusgleich zur Stabilisierung der Wechselkurs bei. Dafür muß Vertrauen in die vollständige
Konvertibilität bestehen und das Kapital international sehr mobil sein, so daß schon geringe
Zinsdifferenzen Kapitalströme auslösen. Der Zinssatz wird durch lokale Anpassungsmechanismen
bestimmt und ist ähnlich, aber aufgrund der Risikoprämie und der durch die Anpassungsmechanismen
und durch die fehlenden, stabilisierenden geldpolitischen Operationen der Zentralbank erhöhte Volatilität
nicht gleich wie im Ankerwährungsland.
5.3 Geldmengen-Preis-Mechanismus
Angenommen: Es kommt zu einer autonomen Preissenkung im Inland. Dadurch steigt der Außenbeitrag
(Exporte-Importe). Dies löst eine Devisenbilanzverbesserung aus und setzt den Wechselkurs unter
Aufwertungsdruck. Durch die zusätzlichen Devisen erhöht sich die inländische Geldmenge. Dadurch
steigen die Preise und verschlechtern somit die Exportchancen des Landes. Der Außenbeitrag sinkt
wieder. Die Zahlungsbilanz gleicht sich aus und der Wechselkurs pendelt sich wieder beim Paritätskurs
ein.
Es kommt zu einer autonomen Preiserhöhung im Inland. Dadurch sinkt der Außenbeitrag (ExporteImporte). Dies löst eine Devisenbilanzverschlechterung aus und setzt den Wechselkurs unter
Abwertungsdruck. Durch die verringerten Devisen sinkt sich die inländische Geldmenge. Dadurch sinken
die Preise und verbessern somit die Exportchancen des Landes. Der Außenbeitrag steigt wieder. Die
Zahlungsbilanz gleicht sich aus und der Wechselkurs pendelt sich wieder beim Paritätskurs ein.
Langfristige Stabilisierung erfolgt durch den Geldmengen-Preis-Mechanismus.
Das bedeutet für die Geldwertstabilität des Currency Board-Landes, daß die Inflation im Currency BoardLand nicht stark von der Inflation des Ankerlandes abweichen kann. Nur die Preise nicht-handelbarer
Güter (bspw. Dienstleitungen) können sich unterschiedlich entwickeln. Handelbare Güter müssen sich
wegen des Wettbewerbs preislich ähnlich entwickeln. Voraussetzung für das vollständige Funktionieren
dieses Effektes sind allerdings liberalisierte internationale Gütermärkte, d.h. Freihandel.
Balassa-Effekt
Dennoch kann empirisch eine langfristig höhere Inflationsrate in den Currency Board-Ländern als in
deren jeweiligen Ankerwährungsländern beobachtet werden. Bela Balassa hat dies folgendermaßen
erklärt: Currency Boards werden vor allem in Entwicklungsländern eingeführt. Dort ist jedoch das
Produktivitätswachstum bei der Herstellung handelbarer Güter höher als in den Industrie-, d.h.
Ankerwährungsländern. Die Produktivitätsfortschritte in den Sektoren handelbarer Güter können zu
Lohnforderungen in Höhe des Produktivitätswachstums führen (noch höhere Forderungen sind wegen der
Güterpreiskonkurrenz mit dem Ausland langfristig nicht durchzusetzen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit
zu gefährden). Sollte es den Arbeitern gelingen, diese Forderungen durchzusetzen, so kann es auch in den
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Sektoren nicht handelbarer Güter zu gleichen Lohnforderungen kommen, ohne das dort vergleichbare
Produktivitätsfortschritte vorlägen. Die über dem Produktivitätswachstum liegenden Lohnabschlüsse in
diesen Sektoren führen nun zu einer höheren Inflation im Currency Board-Land.
5.4 Geldmengen-Zins-Einkommens-Mechanismus (Keynesianisch)
Angenommen: Es kommt durch eine autonome Preissenkung im Inland zu einer Zunahme des
Außenbeitrags. Dies löst eine Devisenbilanzverbesserung aus und setzt den Wechselkurs unter
Aufwertungsdruck. Durch die zusätzlichen Devisen erhöht sich die inländische Geldmenge. Dadurch
sinken die Zinsen. Die gesunkenen Zinsen führen zu einer Ausweitung der Investitionsnachfrage im
Inland. Dadurch erhöht sich das inländische Einkommen und damit auch die Nachfrage nach Importen.
Dies verringert somit die ursprüngliche Erhöhung des Außenbeitrags.
Es kommt durch eine autonome Preiserhöhung im Inland zu einer Abnahme des Außenbeitrags. Dies löst
eine Devisenbilanzverschlechterung aus und setzt den Wechselkurs unter Abwertungsdruck. Durch die
Abnahme der Devisen verringert sich die inländische Geldmenge. Dadurch steigen die Zinsen. Die
gestiegenen Zinsen führen nun ihrerseits zu einer Abnahme der Investitionsnachfrage im Inland. Dadurch
verringert sich das inländische Einkommen und damit auch die Nachfrage nach Importen. Dies verringert
somit die ursprüngliche Abnahme des Außenbeitrags.
Langfristige Stabilisierung erfolgt bei nicht völlig flexiblen Preisen auch durch den Geldmengen-ZinsEinkommens-Mechanismus.
Wichtig ist, daß dieser Mechanismus nur funktionieren kann, wenn die Preise (inkl. Löhne!) nicht völlig
flexibel sind. Denn nur so kann ein Nachfragedefizit entstehen, das dann durch sinkende Zinsen
ausgeglichen werden kann und das Einkommen erhöht. Wenn diese keynesianische Voraussetzung nicht
gegeben ist, wirkt nur der Geldmengen-Zins-Mechanismus. Weiter zu beachten: Der Geldmengen-ZinsEinkommens-Mechanismus führt nur zu einer Abschwächung des Zahlungsbilanzeffektes der
ursprünglichen, autonomen Preissenkung bzw. –erhöhung, nicht jedoch zu einem völligen Ausgleich.
6. Probleme
Im Currency Board gibt es zwei mögliche problematische Entwicklungen: der internal und external
drain. Sie werden aber durch die obigen automatischen Stabilisierungsmechanismen entschärft. Ein
internal oder ein external drain alleine bringt das Currency Board nicht in Gefahr. Treten aber beide
zusammen auf, gerät das Currency Board in eine Krise (Bonitätsverlust).
6.1 Internal Drain
Innerhalb der Geldtheorie bedeutet dies, daß sich das Bargeldverhalten der Nichtbanken verändert.
1. Der Fall, daß die Nichtbanken weniger Bargeld und dafür mehr Sichtguthaben in einem erweiterten
Currency Board halten wollen, ist nicht problematisch. Nach der Geldtheorie steigt mit sinkendem
Bargeldhaltungskoeffizienten k (k = BA/D) der Geldschöpfungsmultiplikator.
2. Problematischer ist aber, wenn die Nichtbanken im Currency Board-Land eine höhere Bargeldhaltung
wünschen und dieses Verhalten nicht saisonal bedingt ist. D.h. sie erhöhen das Verhältnis des
Bargeldes gegenüber den Depositen (k = Bargeldhaltungskoeffizient) und ziehen Sichtgeldeinlagen
und andere Einlagen bei den Geschäftsbanken ab. Dies ist z.B. der Fall, wenn die inländischen
Wirtschaftssubjekte bezüglich der Solvenz einer Geschäftsbank mißtrauisch werden. Betrifft dies nur
eine Bank, so ist das nicht weiter problematisch, da diese Bank sich dann am Geldmarkt weiteres
Zentralbankgeld von Banken, die liquider sind, besorgen kann. Weitet sich das Mißtrauen aber auf
die Solvenz aller nationalen Geschäftsbanken aus und kommt es zu einem Run auf die Banken, wird
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es dagegen problematisch. Massive Bargeldabhebungen bei allen inländischen Geschäftsbanken
können aufgrund der fehlenden „Lender-of-last-resort“-Funktion im klassischen Currency Board nur
über den Rückgriff auf ausländische Devisen kompensiert werden. Ist das Ausland aber von der
Zahlungsfähigkeit des inländischen Bankensystems überzeugt, so reichen bereits relativ geringe
Zinserhöhungen aus, um entsprechende Kapitalimporte hervorzurufen (Geldmengen-ZinsMechanismus). Dies gilt aber nur solange, wie in das gesamte Bankensystem Vertrauen gesetzt wird!
Ziehen die Nichtbanken Sichtguthaben ab und erhöhen ihre Bargeldhaltung (Bargeld Nichtbanken geteilt
durch Sichtguthaben Nichtbanken; k = BANB / DNB), so verringert sich das Geldschöpfungspotential des
Geschäftsbankensystems. Der Geldmengenmultiplikator m [m = k + 1 / (k + r)] wird kleiner.
Da im klassischen Currency Board kein Mindestreservesatz r besteht, so gibt es auch nicht die
Möglichkeit, durch eine Verringerung dieses Mindestreservesatzes die Liquidität der Banken zu erhöhen.
Im erweiterten Currency Board wie in Argentinien ist dies aber möglich! Da die Mindestreserve aber nur
eine Teilreserve der umlaufenden Geldmenge ist, kann sie einen möglichen Bankenrun auch nur teilweise
neutralisieren.
6.2 External Drain
Dabei handelt es sich um einen externen Devisenabzug aus dem Currency Board-Land. Erhöht ein
anderes Land die Zinsen deutlich, werden die internationalen Kapitalströme umgeleitet und Devisen aus
dem Currency Board-Land abgezogen => die Geldbasis verkleinert sich damit. Auf diesem Devisenabzug
kann im Rahmen des Geldmengen-Zins-Mechanismus nur mit einer Zinserhöhung im Currency BoardLand reagiert werden. Zinserhöhungen werden aber nur solange zu Kapitalimporten führen, solange das
Ausland Vertrauen in das Bankensystem des Currency Board-Land hat.
Hier zeigt sich, daß sich das Currency Board-Land nicht von den internationalen Kapitalbewegungen
abkoppeln kann, will es nicht riskieren, bei einem internal drain keinen Ausgleich durch einen „external
gain“ zu gewinnen.
6.3 Bonitätsverlust
Problematisch ist ein Zusammentreffen der beiden Drains. Dies ist der Fall, wenn der external drain
nicht die Folge normaler Vorgänge der Zahlungsbilanz ist, sondern die Folge des internal drains, also
eines Mißtrauens gegenüber dem heimischen Bankensystems.
Obwohl eine 100% Deckung des Zentralbankengelds besteht, ist nicht das ganze im Inland umlaufende
Geld durch Devisen gedeckt (Giralgeld!). Besteht gegenüber dem gesamten Bankensystem Mißtrauen
und ziehen alle ihr Bargeld ab, sind die Banken nicht imstande, soviel Bargeld zur Verfügung zu stellen,
wie das umlaufende Bargeld und die Sichtguthaben zusammen ergeben. Das Bankensystem benötigt nun
Devisenkredite. Wenn nun auch die Ausländer infolge des internal drain das Vertrauen in den
Bankensektor verloren haben, so kann der Devisenzustrom abbrechen. Selbst durch massive
Zinserhöhungen fließt kein Kapital mehr in ein Land, das seine Glaubwürdigkeit völlig verloren hat. Bsp.
Vertrauenskrise während der Tequila-Krise 1995 in Argentinien, die nur durch einen Kredit von IWF,
Weltbank und IADB überstanden werden konnte.
7. Voraussetzungen für die Funktionsfähigkeit eines Currency Boards
7.1 Konstituierende Maßnahmen bei der Etablierung eines Currency Boards
1. Gesetzliche Verankerung des Currency Boards.
2. Volle Konvertibilität und praktisch uneingeschränkter Kapitalverkehr.
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3. Die optimale Reservewährung muß bestimmt werden. Kriterien: die Preisstabilität, die Konvertibilität
und der Grad der Handelsbeziehungen zu dem Reservewährungsland. Es empfiehlt sich das
Haupthandelsland, sofern es über eine stabile, vollständig konvertible Reservewährung verfügt.
4. Die Wahl des „richtigen“ Wechselkurses.
5. Beschaffung der anfänglich benötigten Devisenreserven.
6. Flexible Löhne, Güterpreise und
Anpassungsinstrumente entfallen.
Zinsen,
weil
die
Geld-
und
Wechselkurspolitik
als
7. Gesunde Fiskalpolitik, da die Finanzierung des Staatshaushalts nicht mehr durch Inflation, sondern
nur noch über Steuern oder den inländischen bzw. ausländischen Kapitalmarkt erfolgen kann. Bei
einem hohen Budgetdefizit könnten selbst ohne eine Monetarisierung des Staatsdefizites Zweifel an
der Rückzahlfähigkeit der Schulden auftreten und es damit zu einem Bonitätsverlust sowie einem
internal und external drain kommen, der das Currency Board ins Wanken bringen könnte.
8. Gesundes Banksystem und strikte Bankenkontrolle, um Solvenzprobleme und damit Runs auf das
Bankensystem zu vermeiden, da die Rolle der Notenbank als Lender-of-last-resort wegfällt.
Empfehlenswert ist es z.B. die vorgeschriebene Eigenkapitaldeckung zu erhöhen (in Argentinien z.B.
11% statt wie üblich 8%).
9. Unabhängige personelle Organisationsstruktur, um dem Currency Board Glaubwürdigkeit zu
verleihen.
10. Politischer Wille zur Etablierung und Aufrechterhaltung eines Currency Boards ist notwendig. Die
Abschaffung des Currency Boards darf nicht einmal erwogen werden, um die Glaubwürdigkeit zu
erhalten.
7.2 Flankierende Maßnahmen
1. Einbeziehung ausländischer Fachleute.
2. Selbstbindung des Boards, z.B. durch langjährige Zukunftswechsel zum fixierten Wechselkurs.
3. Möglichst ausgeglichener Staatshaushalt, da Budgetfinanzierung nur über Steuern, Abgaben und
Krediten (bei in- und ausländischen Banken)
4. Hohe Barreserven der Geschäftsbanken (systematische Liquiditätspolitik in Argentinien).
5. Funktionierender Interbankengeldmarkt.
6. Bankenfonds zur gegenseitigen Hilfe unter den Geschäftsbanken, die von den Geschäftsbanken selbst
geschaffen und unterhalten werden.
7.3 Nationale Geldpolitik und Lender-of-last-resort durch Mindestreserve
Im erweiterten Currency Board ergibt Mindestreservepolitik gewissen diskretionären Spielraum.
So können inflationär wirkende Kapitalimporte durch eine Erhöhung der Mindestreserve sterilisiert
werden, ebenso deflationär wirkende Kapitalexporte durch eine Verringerung der Mindestreserve.
Durch eine Verringerung der Mindestreserve kann dem Bankensystem auch zusätzliche Liquidität
bereitgestellt werden (eine Art Lender-of-last-resort).
Im Fall von Überschußreserven kann das Currency Board außerdem durch Offenmarktgeschäfte tägliche
Liquiditäts- und Zinsschwankungen glätten.
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8. Fazit
8.1 Vorteile eines Currency Board Systems
1.
Herstellung der Glaubwürdigkeit der Zentralbank des betreffenden Landes bei Sicherung der
Geldwertstabilität.
2.
Leicht verständliches, transparentes Regelwerk.
3.
Ressourcenersparnis in Form unentgeltlichen Imports geldpolitischen Managementwissens durch
Übertragung der geldpolitischen Verantwortung auf das Reservewährungsland.
4.
Geringer Personalbedarf bei der Notenbank.
5.
Inflationsreduzierung etwa auf das Niveau des Ankerlandes.
6.
Höhere fiskalpolitische Disziplin durch die Verhinderung der Monetarisierung von Staatsdefiziten.
7.
Wegfall Moral Hazard durch fehlende Lender-of-last-resort-Funktion.
8.
Seignorage wird beibehalten, da der Zinsertrag der zur Deckung der Geldbasis erforderlichen
Wertpapiere im Inland verbleibt (direkte Übernahme der Währung des Reservewährungslandes oder
Deckung der nationalen Währung durch Sorten des Ankerlandes läßt den Ertrag im Ankerland
anfallen).
9.
Ein im Vergleich zu eigenständiger Geldpolitik niedrigerer Zins für Auslandskredite (Reduzierung
des Wechselkursrisikos und der Risikoprämie).
10. Leichterer Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten.
11. Anfälligkeit für spekulative Kapitalströme ist geringer als in Festwährungssystemen.
12. Höhere Sicherheit für den Handelssektor durch Wegfall des Wechselkursrisikos zum
Leitwährungsland.
13. Attraktivität für Auslandsinvestitionen aufgrund der Eliminierung des Wechselkursrisikos.
8.2. Nachteile eines Currency Board Systems
1. Keine eigenständige (diskretionäre) Geldpolitik, da die Geldpolitik durch die Zahlungsbilanzveränderungen eindeutig festgelegt ist. Die Geldpolitik kann weder auf interne noch externe
Störungen reagieren, also auch kein eigenständiges Beschäftigungsziel verfolgen. Eine eigenständige
Zinspolitik ist auch nicht möglich (höhere Volatilität der Zinsen im Currency Board System, da Zins
besondere Rolle beim Anpassungsprozeß spielt). Exogene Schocks und Ungleichgewichte auf dem
Arbeitsmarkt lassen sich nicht geldpolitisch abfedern, sondern nur durch Anpassung der relevanten
relativen Preise (einschließlich der Löhne) beseitigen. Im Grunde zwingt ein Currency Board System
die Inlandsmärkte zu hoher Anpassungsflexibilität, da die Anpassung sonst über einen
Beschäftigungsrückgang stattfindet. Verlust der ausgleichenden Zentralbankoperationen am
Devisenmarkt (nur möglich bei Überschußreserven). Besonders schlimm bei schlecht entwickeltem
Interbankenmarkt.
2. Erhöhte Anfälligkeit für Bankruns durch Wegfall des Lender-of-last-resort. Eine Krise des
Geschäftsbankensystems kann nicht durch einen Lender-of-last-resort abgewendet werden, wenn
eine sprunghaft ansteigende Nachfrage nach Bargeld (Run) einsetzt. Teilweise Lender-of-last-resortFunktion: Erweitertes Currency Board mit Mindestreservepflicht sowie Currency Board mit Halten
von Überschußreserven (keine Ankaufspflicht von Devisen).
3. Import der Inflation und der Abwertungen des Ankerwährungslandes. Es ist im Gegensatz zu festen
Wechselkursen nicht möglich, durch ein Realignment der Parität eine Inflation oder Abwertung des
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Leitwährungslands auszugleichen. Durch eine fehlende Devisenaufkaufspflicht kann sich das Land
gegen eine starke Abwertung der Ankerwährung gegenüber den restlichen Währungen der Welt
absichern und durch eine Aufwertung aus dem Currency Board aussteigen oder die Ankerwährung
wechseln.
4. Problem fundamentalistische Wechselkursbestimmung, die nicht so leicht angepaßt werden kann wie
in Festwährungssystemen. Der reale Wechselkurs kann sich anders entwickeln. Bei einer realen Aufwertung kann es im Currency Board-Land bei unflexiblen Preisen und Löhnen zu Rezessionen
kommen.
5. Im Vergleich zu einer Übernahme der Ankerwährung: Kosten für den Gelddruck und den
Geldumtausch (wird aber – im Fall positiver Realzinsen – durch die Seignorage mehr als
wettgemacht).
6. Im Vergleich zu einem Regime freier Wechselkurse höhere Opportunitätskosten aufgrund der
Haltung von höheren Währungsreserven.
7. Kritik an der 100%igen Devisendeckung: Hindernis auf dem Weg zu wirtschaftlichem Wachstum.
Von Kritikern wird eine zu knappe Geldversorgung unterstellt.
Fazit:
•
Die Einführung von Currency Board Systemen lohnt sich vor allem für offene, kleine Länder. Sie
haben nur einen geringen Einfluß auf die Weltmarktpreise und verfügen somit auch nur über einen
niedrigen Grad geldpolitischer Autonomie.
•
Auch lohnend ist ein Currency Board für Länder, deren Geldpolitik national wie international wenig
Vertrauen genießt, z.B. bei wirtschaftlicher Transition (Estland, Litauen) oder nach Hyperinflationen
(Argentinien). Hier kann die Glaubwürdigkeit nationaler Geldpolitik erhöht und damit die
Risikoprämie erheblich reduziert werden.
•
Ebenso ist ein Currency Board vorteilhaft, wenn die Zentralbank im Bereich der Sicherung der
Geldwertstabilität noch unerfahren ist.
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