: Außenfinanzierung mittels Eigenkapital - Hans-Böckler

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Information | Januar 2013
Inhalt
Alexander Sekanina, Wirtschaftsreferent
Einleitung ............................. 2
Außenfinanzierung mittels Eigenkapital
Die Funktion des
Eigenkapitals als Risikopuffer
............................................. 3
Eigenkapitalaufnahme am
Kapitalmarkt: Der Börsengang
............................................. 4
Formen der privaten
Eigenkapital-Beteiligung ....... 7
Finanzinvestoren als
Kapitalgeber ......................... 9
Auf einen Blick …
 Eigenkapitalgeber sind als wirtschaftliche Eigentümer i. d. R.
langfristig am Unternehmen beteiligt.
 Da sie vorrangig die Verluste des Unternehmens zu tragen
haben, erfüllt das Eigenkapital die Rolle eines Haftungs- oder
Risikopuffers.
 Je nach Rechtsform kann ein Unternehmen Eigenkapital am
öffentlichen Kapitalmarkt oder durch private Beteiligung von
Investoren aufnehmen.
 Eine besonders umstrittene Rolle als Eigenkapitalgeber spielen
die sogenannten Private-Equity-Investoren.
1 | Einleitung
Im Bereich der Außenfinanzierung sind v. a. zwei Hauptformen der
Mittelbeschaffung zu unterscheiden: Der Eigenkapital- und der Fremdkapital-Finanzierung. Zudem existieren verschiedene Mischformen, die
Eigenschaften beider Finanzierungsarten aufweisen und mit dem Begriff „Mezzanine Capital“ zusammengefasst werden (dazu gehören u. a.
Genussrechte, Gesellschafterdarlehen und Wandelanleihen.).
Der wichtigste Unterschied zwischen Eigen- und Fremdkapital besteht
in der rechtlichen Stellung der Kapitalgeber: Einem Fremdkapitalgeber
steht grundsätzlich ein fester Anspruch auf die Rückzahlung seiner zur
Verfügung gestellten Finanzmittel zu. Die Bereitstellung dieser Gelder
wird ihm in Form fester (in selteneren Fällen auch variabler) Zinszahlungen entlohnt. Typische Beispiele für Fremdfinanzierung sind Bankkredite und Unternehmensanleihen (englisch: Bonds).
Im Gegensatz dazu sind die Rückflüsse an den Eigenkapitalgeber variabel, d. h. sie schwanken im Zeitverlauf. Der Eigenkapitalgeber ist der
wirtschaftliche Eigentümer des Unternehmens und hat somit die Mehrheit seiner Chancen und Risiken zu tragen. Ihm steht der Bilanzgewinn
des Unternehmens in theoretisch unbegrenzter Höhe zu. Im Gegenzug
haben jedoch die Ansprüche der Arbeitnehmer (Löhne), der Gläubiger
(Zinsen und Tilgung) und des Staates (Steuern) Vorrang gegenüber
seiner eigenen Entlohnung. Es besteht also die Möglichkeit, dass nach
Auszahlung all dieser Ansprüche kein Bilanzgewinn mehr übrig bleibt
und der Eigenkapitalgeber einen Verlust zu tragen hat. Im Gegensatz
zum vertraglich fixierten Anspruch der Fremdkapitalgeber und der
Arbeitnehmer spricht man für die Eigentümer deshalb von einem Residual- oder Rest-Anspruch.
Abbildung 1: Eigenschaften von Eigen- und Fremdkapital
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2 | Die Funktion des Eigenkapitals als Risikopuffer
Das Eigenkapital spielt für das Unternehmen eine zentrale Rolle, weil
es die Funktion eines Risikopuffers erfüllt. Sofern Verluste geschrieben
werden, müssen diese, wie oben beschrieben, von den Eigenkapitalgebern getragen werden. Durch wiederholte Verluste wird das Eigenkapital nach und nach aufgezehrt, so dass letztlich der Zustand der Überschuldung eintreten kann: Der Gesamtwert des Unternehmensvermögens ist in diesem Fall geringer als der Gesamtwert seiner Schulden.
Überschuldung ist nach deutschem Recht neben der Zahlungsunfähigkeit und der drohenden Zahlungsunfähigkeit ein möglicher Insolvenzgrund.1 Je mehr Eigenkapital ein Unternehmen aufweist, desto größer
ist der „Schutzwall“ vor einer Überschuldung.
Vor dem Hintergrund dieser Puffer-Funktion spielt die Eigenkapitalquote (also der Anteil des Eigenkapitals am gesamten Kapital des
Unternehmens) u. a. eine wichtige Rolle für die Urteile der RatingAgenturen über die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens.2 Je großzügiger ein Unternehmen mit Eigenkapital ausgestattet ist, desto geringer
ist das Risiko einer Überschuldung und eines Verlusts der Gläubiger.
Somit besteht die Aussicht auf eine gute Rating-Note und somit günstige Kredit-Konditionen
1
2
Seit 2008 besteht in Deutschland im Falle der Überschuldung kein zwingender Anlass
zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mehr, sofern zugleich eine positive Fortführungsprognose besteht, der Geschäftsbetrieb also voraussichtlich im laufenden und
kommenden Geschäftsjahr aufrecht erhalten werden kann.
Dennoch ist die Eigenkapital-Ausstattung nur einer von vielen Aspekten, die das
Rating beeinflussen können. Verschiedenen Finanzkennzahlen spielen ebenso eine
Rolle, wie z. B. die wirtschaftliche Situation im Unternehmens-Umfeld (Vgl.
Eilers/Rödding/Schmalenbach [2008], S. 317 ff.).
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3 | Eigenkapitalaufnahme am Kapitalmarkt: Der
Börsengang
Die deutsche Börse gibt für die Nutzung
der Wertpapier-Märkte (u. a. des Aktienmarktes) bestimmte MindestVoraussetzungen an die Berichterstattung
vor, die zur Einordnung in den sogenannten „General Standard“ oder „Prime
Standard“ führen. Zur Aufnahme in den
DAX-30 sowie den MDAX, SDAX und
TecDAX ist eine Aufnahme in den anspruchsvolleren „Prime Standard“ erforderlich.
Die Finanzierung des Unternehmens mit Eigenkapital kann grundsätzlich über zwei Wege erfolgen: über die Ausgabe von Aktien an der Börse oder über eine private Beteiligung von Investoren.
Aktien sind Wertpapiere, die den Anteilsbesitz am Kapital des Unternehmens verbriefen. Der Aktionär stellt dem Unternehmen dafür Kapital in Form einer Einlage zur Verfügung und wird somit zum wirtschaftlichen Miteigentümer. Folglich ist er auch an möglichen Gewinnen des
Unternehmens beteiligt. Die Entscheidung, ob diese Gewinne ihm in
Form der Dividende ausgeschüttet werden, hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab: So muss laut § 150, Abs. 1 AktG im Unternehmen
eine gesetzliche Rücklage in bestimmter Höhe angespart werden. Solange diese die verlangte Höhe nicht erreicht hat, sind jährlich fünf Prozent des Gewinns darin einzustellen. Über die Verwendung des übrigen
Gewinns entscheidet die Hauptversammlung der Aktionäre nach Vorschlag durch den Vorstand und den Aufsichtsrat. Schreibt ein Unternehmen Verluste, so verliert der Aktionär im Extremfall seinen vollständigen Investitionsbetrag.
Die Möglichkeit der Aktienausgabe steht in Deutschland nur Unternehmen bestimmter Rechtsformen offen: der Aktiengesellschaft (AG),
der Kommanditgesellschaft auf Aktienbasis (KGaA) und der Europäischen Aktiengesellschaft (SE). Neben der Rechtsform müssen börsennotierte Unternehmen weitere Kriterien hinsichtlich ihrer Größe und des
Umfangs ihrer Berichterstattung (z. B. Aufstellung des Jahresabschlusses nach IFRS-Standards, Erstellung von Zwischen- und Ad-HocBerichten) erfüllen. Die umfangreiche Berichterstattung soll v. a. der
Tatsache Rechnung tragen, dass die Aktionäre trotz ihrer Position als
Eigentümer nur einen sehr begrenzten Einblick in die Tätigkeit der Geschäftsführung und den Einsatz ihrer Gelder haben. Dieser Informationsmangel soll somit behoben werden.
Die Finanzierung über Aktienkapital hat unter anderem den Vorteil,
dass auch private Kleinanleger die Möglichkeit haben, in das Unternehmen zu investieren und sich so der Kreis möglicher Geldgeber erweitert. Um Aktionär des Unternehmens zu werden, ist nur eine vergleichsweise kleine Investition nötig, ein Verlust kann maximal in Höhe
der gezahlten Einlage entstehen und das Ausscheiden als Investor ist
über den Verkauf der Aktien relativ problemlos und unbürokratisch
möglich. Zugleich bedeutet ein Weiterverkauf, dass dem Unternehmen
trotz des Ausscheidens des ursprünglichen Aktionärs ein Geldgeber
erhalten bleibt. Im Falle einer Personengesellschaft oder GmbH wäre
bei Ausscheiden eines Gesellschafters eine aufwendige Suche nach
einem Nachfolger nötig, da die Anteile nicht an der Börse gehandelt
werden.
Neben den anspruchsvollen und teuren Berichtspflichten bestehen aus
Unternehmenssicht auch weitere Nachteile in der Ausgabe von Aktien:
So verursacht ein erstmaliger Börsengang (englisch: Initial Public Offering, IPO) in der Regel hohe Nebenkosten u. a. durch Verwaltungsauf-
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wand und Beauftragung einer Bank mit der Organisation und Durchführung. Zudem kann die freie Handelbarkeit der Aktien eine eventuelle
Übernahme des Unternehmens durch einen Großaktionär erleichtern.
Erwirbt dieser genügend Aktien, um die Stimmrechtsmehrheit in der
Hauptversammlung zu erlangen, so kann er die Unternehmenspolitik
maßgeblich beeinflussen. Je nach Zielen und strategischer Ausrichtung
des Investors kann das negative Folgen für Mitarbeiter, Management
und/oder Gläubiger des Unternehmens haben (z. B. wenn es mit dem
Ziel der Kostenersparnis zu massiven Entlassungen kommt, das Management ausgetauscht wird oder die Verschuldung deutlich erhöht
wird).
Hinsichtlich möglicher Aktienarten, die ein Unternehmen ausgeben
kann, ist v. a. die Unterscheidung von Vorzugsaktien und Stammaktien
wichtig: Stammaktien sind grundsätzlich mit einem Stimmrecht in der
Hauptversammlung verbunden und ermöglichen es somit, Einfluss auf
die Geschäftspolitik des Unternehmens zu nehmen. In der Hauptversammlung wird u. a. über Änderungen der Unternehmenssatzung und
Kapitalerhöhungen, also die Aufnahme weiteren Eigenkapitals, entschieden. Die Wahl der Aktionärsbank des Aufsichtsrates durch die
Hauptversammlung eröffnet zudem indirekten Einfluss auf die operative Geschäftsführung des Unternehmens. Im Gegensatz dazu bieten
Vorzugsaktien i. d. R. keine Stimmrechte, sind dafür aber z. B. mit dem
Anspruch auf eine höhere Dividende und Vorzugsbehandlung im Insolvenzfall verbunden.
Abbildung 2: Übersicht möglicher Aktiengattungen
Eine weitere Unterscheidung muss hinsichtlich der Veräußerbarkeit von
Aktien und der Anonymität ihrer Investoren getroffen werden. Die
überwiegende Zahl der in Deutschland gehandelten Aktien sind soge-
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nannte Inhaberaktien: Sie sind frei verkäuflich und ihre Inhaber sind
dem Unternehmen unbekannt. Im Falle einer Namensaktie ist der Aktionär dagegen zur Eintragung in das Aktienregister verpflichtet, um auf
der Hauptversammlung stimmberechtigt zu sein. Er ist gegenüber dem
Unternehmen also nicht anonym. Für vinkulierten Namensaktien besteht zudem das Hindernis, dass das Unternehmen einem Verkauf der
Aktie an einen anderen Investor zustimmen muss. Es hat somit einen
größeren Einfluss auf die Struktur seiner Aktionäre.
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4 | Formen der privaten EigenkapitalBeteiligung
Im Gegensatz zum Börsengang steht die Aufnahme von Eigenkapital
durch private Beteiligungen einer erheblich größeren Zahl von Unternehmen offen. Gesellschaften in den Rechtsformen des Einzelunternehmers, der offenen Handelsgesellschaft (OHG), der Kommanditgesellschaft (KG) und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
sind zur Eigenkapitalaufnahme gänzlich auf Privatinvestoren angewiesen.
Der Einzelunternehmer haftet grundsätzlich mit seinem gesamten Privatvermögen für die Verluste seines Unternehmens. Durch dieses hohe
persönliche Risiko hat er jedoch zugleich das alleinige Recht, die Geschäfte der Firma zu führen. Da die Menge des beschaffbaren Kapitals
auf diesem Weg jedoch begrenzt ist, besteht in der Rechtsform der offenen Handelsgesellschaft (OHG) die Möglichkeit, die Kapitalbasis
durch weitere Gesellschafter zu vergrößern. Da weiterhin alle Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen haften, sind Konflikte über die Aufteilung der Unternehmensleitung nur innerhalb kleiner Personenkreise
vermeidbar bzw. lösbar (i. d. R. verfügt eine OHG über zwei bis vier
Gesellschafter, vgl. Hügelow [2006], S. 21).
Die Kommanditgesellschaft (KG) bietet die Möglichkeit zusätzlich zu
den voll umfänglich haftenden Gesellschaftern (in diesem Fall Komplementäre genannt) auch Teilhafter, sogenannte Kommanditisten, am
Unternehmen zu beteiligen. Diese verlieren im Falle einer Insolvenz
zwar ihre investierte Einlage, müssen darüber hinaus jedoch nicht mit
ihrem Privatvermögen haften. Da sie ein geringeres Risiko als die
Komplementäre tragen, sind sie von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Die Kommanditgesellschaft auf Aktienbasis (KGaA) ist eine Sonderform der KG, bei der die Kommanditisten sich über den Kauf von
Aktien am Unternehmen beteiligen.
In der GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) ist letztlich die
Haftung aller Gesellschafter auf die Einlage, also das ins Unternehmen
eingezahlte Kapital, beschränkt. Sie ähnelt in dieser Hinsicht der Aktiengesellschaft (AG), wobei ein wichtiger Unterschied im fehlenden
Börsenhandel der Gesellschafteranteile besteht. Ein Weiterverkauf der
Anteile wird daher erheblich erschwert und erfordert zudem eine notarielle Beglaubigung (vgl. Hügelow [2006], S. 22). Zugleich entfallen
jedoch u. a. die Verwaltungs- und Organisationskosten eines Börsengangs und ggf. diverse Berichtspflichten. Zudem verlangt das deutsche
GmbH-Gesetz für Gesellschaften mit beschränkter Haftung ein Stammkapital von mindestens 25.000 Euro, während die Gründung einer Aktiengesellschaft erst ab einem Grundkapital 50.000 Euro möglich ist.3
Die Barrieren einer Gründung sind also niedriger, so dass die GmbH v.
3
Stammkapital und Grundkapital sind analoge Begriffe für die Rechtsformen GmbH
und AG. Der Anteil eines Gesellschafters bzw. Aktionärs am Stamm- bzw. Grundkapitals bestimmt seine Stimmrechte auf der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung.
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a. als Rechtsform des Mittelstands eine deutlich größere Rolle spielt als
die Aktiengesellschaften.
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5 | Finanzinvestoren als Kapitalgeber
Eine zunehmende Bedeutung als Eigenkapitalgeber von Unternehmen
hat in den vergangenen Jahren die Gruppe der Kapitalbeteiligungsgesellschaften bzw. Finanzinvestoren erhalten. Darunter fallen v. a. jene
Investoren, die unter den Begriffen Private-Equity- und VentureCapital-Gesellschaften eingeordnet werden. Sie werden häufig von
Banken oder Versicherungen gegründet, sammeln große Kapitalbeträge
v. a. von institutionellen Anlegern (z. B. Pensionsfonds) ein und bündeln diese in einem Fond. Anschließend suchen sie ein passendes
Unternehmen (Zielunternehmen) in welches diese Gelder für einen begrenzten Zeitraum (i. d. R. vier bis sieben Jahre) investiert werden. Ziel
der Beteiligung ist die Erzielung eines möglichst hohen Gewinns aus
dem späteren Weiterverkauf des Unternehmens.
Abbildung 3: Vereinfachter schematischer Ablauf einer Private Equity Finanzierung (Eigene Darstellung
in Anlehnung an Maurenberger [2008], S. 60)
Es muss zwischen den Begriffen Privat-Equity und Venture-Capital
unterschieden werden: Private-Equity ist der Oberbegriff für sämtliche
Beteiligungsgesellschaften, die nach der beschriebenen Strategie vorgehen. Von „private“ wird gesprochen, da auch zuvor börsengehandelte
Unternehmen durch den Aufkauf der Aktien ggf. „vom Markt“ genommen werden. Venture-Capital-Gesellschaften sind eine Sonderform von
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Private Equity und speziell auf junge Unternehmen spezialisiert. Diese
konnten ihr Geschäftsmodell am Markt noch nicht unter Beweis stellen
und haben daher häufig Probleme Kreditgeber zu finden. Im Gegenzug
verspricht sich die Beteiligungsgesellschaft besonders von innovativen
Jungunternehmen mittelfristig ein hohes Gewinnwachstum und somit
eine starke Wertsteigerung bis zum Weiterverkauf.
Klassische Private-Equity-Investors wählen ihre Zielunternehmen nach
verschiedenen Faktoren aus: Gute Zukunfts- und Wachstumsaussichten,
mögliche Sparpotenziale, eine aussagekräftige Rechnungslegung und
ein kompetentes Management können wichtige Kriterien sein. Die Beteiligung kann sowohl über die Börse, durch vollständigen Aufkauf der
gehandelten Anteile, als auch auf privatem Weg, z. B. durch Erwerb der
Gesellschafteranteile einer GmbH, erfolgen. Auch für den späteren
Ausstieg des Investors, also den Weiterverkauf der Unternehmensanteile, kann die Börse in Anspruch genommen werden. Mögliche Ausstiegswege sind aber auch der Verkauf an eine andere Beteiligungsgesellschaft, ein Rückkauf durch die alten Eigentümer oder die Übernahme durch ein einen Konkurrenten.
Die Beteiligung von Private-Equity-Gesellschaften ist aus Sicht des
übernommenen Unternehmens häufig zwiespältig zu bewerten. Im Venture-Capital-Bereich fällt es den relativ jungen Unternehmen häufig
schwer, überhaupt Geldquellen zu finden, so dass Investitionen ohne
diese Geldgeber kaum durchführbar wären. Sie werden daher weniger
kritisch betrachtet als andere Private-Equity-Investoren. Häufig stellen
die Venture-Capital-Investoren dem Management des Zielunternehmens
umfassende Beratungsleistungen (sog. „smart money“) zur Verfügung.
Dies kann v. a. für Unternehmen in der Frühphase ihrer Entwicklung
nützlich sein.
Auf der anderen Seite stellt sich jedoch die Frage nach den Zielen der
Beteiligungsgesellschaft: Sie bestehen v. a. in einer möglichst hohen
Rendite aus dem Weiterverkauf des Unternehmens. Das Engagement ist
also von vorneherein zeitlich begrenzt und von finanziellen Zielen geprägt. In den meisten Fällen ist von einem Finanzinvestor also eine völlig andere Geschäftspolitik zu erwarten, also von einem langfristigen,
strategischen Investor. So spielen häufig Kostenersparnisse und Reduzierungen auf das Kerngeschäft eine wesentliche Rolle.4 Massiver Stellenabbau kann eine Folge sein.
Riskant für die langfristige Stabilität des Unternehmens kann v. a. die
Ausnutzung des sogenannten „Leverage-Effekts“ durch den PrivateEquity-Investor sein: durch massive Verschuldung des Zielunternehmens kann er seine eigene Rendite (Eigenkapitalrendite) deutlich erhöhen. Das funktioniert jedoch nur so lange das Zielunternehmen mit seinem Kapital eine Rendite erwirtschaftet, die höher ist als die Kreditzinsen. Für das Unternehmen steigt auf diesem Wege das Risiko einer Insolvenz, insbesondere bei Verschlechterung der Geschäftslage. Nach
4
Dies ist v. a. im Rahmen der sogenannten „Turnaround-Finanzierung“ zu beobachten,
bei der die Beteiligungsgesellschaft ein Unternehmen in wirtschaftlich schwieriger Lage übernommen hat und seinen Wiederverkaufswert erhöhen will. In dieser Situation
sind Unternehmen häufig auf Private Equity angewiesen, da es an anderen zahlungsbereiten Geldgebern fehlt.
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Ausscheiden der Private-Equity-Gesellschaft bleibt es häufig auf dem
Schuldenberg sitzen.
Beispiel 1: Leverage-Effekt
Die Aktien der Muster AG sind Anfang 2011 vom Private-Equity-Investor PE übernommen worden. Dieser ist somit Inhaber des gesamten Eigenkapitals in Höhe von 400 Euro.
Außerdem verfügt die Muster AG durch Bankkredite noch über Fremdkapital in Höhe
von 200 Euro (Zins: 4%), so dass insgesamt 600 Euro an Kapital zur Verfügung stehen.
Am Ende des Jahres 2011 hat die Muster AG vor Zinsen einen Gewinn von 30 Euro erwirtschaftet. Bezogen auf das gesamte eingesetzte Kapital entspricht das einer Rendite
von 30 Euro/600 Euro = 5 % (sogenannte Gesamtkapitalrendite).
Dieser Gewinn fällt Investor PE nach Abzug der Kredit-Zinsen vollständig zu:
30 Euro – 4% x 200 Euro = 30 Euro – 8 Euro = 22 Euro.
PE geht davon aus, dass die Muster AG 2012 so erfolgreich bleibt wie 2011 und erneut
eine Rendite von 5% erwirtschaftet. Da die Kredit-Konditionen der Muster AG gleich
geblieben sind, nimmt sie zusätzliche Kredite in Höhe von 400 Euro auf. Insgesamt beträgt der Schuldenstand jetzt also 200 Euro + 400 Euro = 600 Euro. Inklusive des Eigenkapitals kann die Muster AG jetzt also mit 600 Euro + 400 Euro = 1.000 Euro wirtschaften.
Erreicht die Muster AG in 2012 tatsächlich wieder eine Rendite von 5%, dann ergibt sich
vor Zinsen ein Gewinn von 5% x 1.000 Euro = 50 Euro.
Auf die Schulden der Muster AG sind Zinsen in Höhe von 4% x 600 Euro = 24 Euro zu
bezahlen.
PE erwirtschaftet aus seiner Beteiligung an der Muster AG also einen Gewinn von 50
Euro – 24 Euro = 26 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr konnte sie ihren Gewinn (von 22
auf 26 Euro) steigern, ohne zusätzlich eigenes Kapital zu investieren. Dieser Effekt wird
als Leverage-Effekt bezeichnet. Er fällt umso höher aus, desto größer die Differenz ist,
um die die Gesamtkapitalrendite die Fremdkapital-Zinsen übersteigt und desto höher die
Verschuldung des Unternehmens ist.5 Allerdings liegen in diesem Vorgehen große Risiken: So müsste das Unternehmen mit den zusätzlichen Krediten eine Gesamtkapitalrendite erwirtschaften, welche die Kreditzinsen übersteigt. Dies kann beispielsweise für einen
Anbieter auf einem weitestgehend gesättigten Markt schwer zu erreichen sein.6
Ein Anstieg der Kredit-Zinsen oder ein Absinken der Rendite kann zu einer gefährlichen
Umkehrung des Effektes führen. Durch die hohen Zinslasten aus den Krediten würden
Verluste verursacht, die das verhältnismäßig geringe Eigenkapital in kurzer Zeit aufbrauchen. Es bestünde also eine erhöhte Überschuldungsgefahr. Hohe Zins- und Tilgungszahlungen würden zudem die Liquidität und somit die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens
belasten.
2011
2012
400
400
Eigenkapital der Muster
AG
200
600
Fremdkapital der Muster
5
6
Mit Verschuldung ist in diesem Fall der sogenannte Verschuldungsgrad, also das
Verhältnis des Fremdkapitalbestands zum Eigenkapitalbestand des Unternehmens,
gemeint.
Begründung: Eine Ausweitung der Produktion und somit des Angebots hätte voraussichtlich ein Absinken des am Markt durchsetzbaren Verkaufspreises zur Folge, so
dass sich die Rendite aus dem Verkauf der Güter verringert.
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AG
Gesamtkapital
Fremdkapitalzinsen
Gesamtkapitalrendite
Gewinn vor Zinsen
Gewinn nach Zinsen
400 + 200 = 600
200 x 4 % = 8
5%
600 x 5 % = 30
30 – 8 = 22
400 + 600 = 1.000
600 x 4 % = 24
5%
1.000 x 5 % = 50
50 – 24 = 26
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Literaturübersicht
Eilers, S./Rödding, A./Schmalenbach, D. (2008): Unternehmensfinanzierung – Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Rechnungslegung, 1.
Auflage.
Hügelow, A. (2006): Finanzinstrumente: Möglichkeiten der Außenfinanzierung von Unternehmen – Kompendium von Asset Backed
Securities bis Zinsdarlehen, 1. Auflage (Download unter:
www2.igmetall.de/homepages/db_bb/file_uploads/broschrefinanzinstrumente.pdf).
Maurenberger, P. (2008): Sanierung mittelständischer Unternehmen
durch Private Equity-Gesellschaften, 1. Auflage.
Autor
Alexander Sekanina
Wirtschaftsreferent der Hans-BöcklerStiftung
Ansprechpartner
Alexander Sekanina
Hans-Böckler-Stiftung
Abteilung Mitbestimmungsförderung
Referatsleiter Wirtschaft IV
Hans-Böckler-Straße 39
40476 Düsseldorf
Tel.: 0211 / 77 78 168
Fax: 0211 / 77 78 4168
[email protected]
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