Prof. Dr. Markus Kukuk

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Optische Analyse des Achillessehnenreflexes
Projektleitung
Prof. Dr. Markus Kukuk
Stud. Mitarbeit
Sarah Pagliardini (2D)
Meik Frischke (3D)
Zeitraum
seit 2011
Förderung
Land NRW:
FH-BASIS 2010
Fachhochschule
Dortmund
Forschungsbudget
Kontakt
Prof. Dr. Markus Kukuk
Fachbereich Informatik
Fachhochschule
Dortmund
Emil-Figge-Str. 42
44227 Dortmund
Tel.: 0231 755-6715
E-Mail: markus.kukuk
@fh-dortmund.de
Forschungsgegenstand
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes soll
ein System zur einfachen und nicht-invasiven
Untersuchung des Gesundheitszustandes der
Achillessehne entwickelt werden. Dabei sollen
keine aufwendigen bildgebende Verfahren aus der
Radiologie eingesetzt werden, sondern konventionelle (Hochgeschwindigkeits-) Kameras, welche
einen Einsatz im Heimbereich erlauben. Ziel des
Systems ist es, dem Patienten eine routinemäßige
Kontrolle des Gesundheitszustandes seiner Achillessehne zu ermöglichen und ggfs. vor der Gefahr
einer bevorstehenden Achillessehnenruptur zu
warnen. Dazu sollen in regelmäßigen Abständen
und über einen größeren Zeitraum hinweg Messungen vorgenommen und deren zeitlicher Verlauf
mit den Werten einer Kontrollgruppe verglichen
werden.
Die grundlegende Idee ist es, den Gesundheitszustand der Sehnen nicht direkt über das Vorhandensein von Entzündungen oder Ablagerungen zu
bestimmen, wie es bei traditionellen Methoden
der Fall ist, sondern über eine indirekte Methode, welche den Achillessehnenreflex analysiert.
Der Achillessehnenreflex gehört zur Gruppe der
Eigenreflexe (wie auch der bekannte Kniesehnenreflex) und wird durch einen leichten Schlag auf
die Achillessehne ausgelöst und führt zu einer
Streckung des Sprunggelenks. Dabei soll die zentrale Hypothese untersucht werden, ob der exakte
Bewegungsablauf sowie das exakte Zeitverhalten
des Achillessehnenreflexes Informationen über
den Gesundheitszustand der Sehne enthält,
welche mit klassischen Mitteln der Datenanalyse
extrahiert werden können.
Medizinischer Hintergrund
Die Achillessehne ist entsprechend einer Tragfähigkeit von bis zu 800 Kilogramm gewachsen.
Trotzdem gibt es in Deutschland jährlich ca.
20.000 Fälle einer Achillessehnenruptur. Für
den Patienten bedeutet eine Ruptur oftmals eine
offene Operation mit einer anschließenden Ruhigstellung von mehreren Monaten.
Aufgrund der hohen Belastbarkeit der Achillessehne tritt ein Riss meist nur bei Vorschädigung ein.
Die Sehne erfährt dabei immer wieder kleinere
Verletzungen, die die Blutversorgung des Gewebes stören und so zu oftmals chronischen Entzündungen und Degeneration des Gewebes führen.
Meist ohne warnende Symptome reißt die Sehne
dann plötzlich bei normalen Bewegungen mit
einem lauten peitschenknallähnlichen Geräusch.
Abb. 1: Einzelbild aus einer aufgenommenen Sequenz,
kurz vor der freien Auslösung des Reflexes mit dem
Reflexhammer.
Abb. 2: Vier Reflexe einer Testperson, charakterisiert durch die Winkeländerung des
Fußes (siehe Abb. 1)
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Leider sind derzeit nur invasive Methoden zur
Diagnose von Entzündungen und Degeneration
der Achillessehne bekannt, welche jeweils nur
aus Momentaufnahmen bestehen. Hierzu zählen
Röntgenaufnahmen zur Feststellung von Kalziumablagerungen, Ultraschall und Magnet-Resonanz
Tomographie (MRT) Aufnahmen zur Diagnose von
Entzündungen der Sehne. Diese Methoden sind
jedoch für den beschwerdefreien Patienten als
reine Kontrollmaßnahme ungeeignet. Es besteht
daher Bedarf für ein System zur einfachen und
nicht-invasiven Untersuchung sowie zur langfristigen Verlaufskontrolle und Dokumentation des
Gesundheitszustandes der Achillessehnen.
Erste Ergebnisse
Die Analyse des Achillessehnenreflexes erfolgt
mit Hilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera
(Optronis CR3000x2). Dabei werden zwei Ansätze
Abb. 3: Versuchsaufbau der 3D Vermessung. Zueinander korrespondierende Kreuzungspunkte aus Kamera- und
Projektorbild können zu einem 3D Oberflächenpunkt trianguliert werden (weiße Linien).
verfolgt. Bei der 2D Analyse wird nach der Auslösung des Reflexes mit einem Reflexhammer eine
Sequenz von ca. 1000 Bildern des ca. eine Sekunde dauernden Reflexes aufgenommen. Im ersten
Bild der Sequenz werden drei auf der Haut befestigte Marker (siehe Abb. 1) vom Benutzer durch
jeweils einen Mausklick identifiziert. Die Zentren
der Marker bilden ein Dreieck zwischen Knöchel,
Ferse und Fußspitze, welches in allen weiteren
Bildern automatisch bestimmt wird. Als eine erste
Charakterisierung des Reflexes wurde der Winkel
zwischen Fußsohle (rote Linie) und der Horizontalen des Bildes bestimmt und bezüglich der Zeit
geplottet. Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse eines
Probanden, bei dem der Reflex viermal ausgelöst
wurde. Die nicht standardisierte Art der Auslösung
führt zu deutlich unterschiedlichen Amplituden.
Abb. 4: Kamerabild: Fuß einer Testperson mit projiziertem De Bruijn Gitter
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Dennoch sind die Verlaufsformen zueinander sehr
ähnlich. Besonderes Interesse gilt dem Zeitfenster
um ca. 250ms, in welchem die Sehne ihre maximale Dehnung erfährt. Weitere Untersuchungen
werden zeigen müssen, inwieweit der Verlauf hier
charakteristisch für den Gesundheitszustand bzw.
das Alter der Sehne ist.
Da eine exakte Ausrichtung des Fußes parallel
zur Bildebene nicht garantiert werden kann, ist
eine 2D Analyse inhärent fehlerbehaftet. Deshalb
wird gleichzeitig an einer 3D Analyse des Reflexes
gearbeitet. Das 3D Messsystem basiert auf einer
kalibrierten Hochgeschwindigkeitskamera und
einem kalibrierten Projektor (Liesegang dv465),
welcher ein statisches, rechtwinkliges Gitter auf
den Fuß projiziert. Die Kalibrierung der Kamera
und des Projektors, also die Bestimmung der
jeweiligen internen Abbildungsparameter und
die der Lage und Orientierung zueinander, wurde
mit Hilfe einer von uns abgewandelten Standardmethode durchgeführt, welche eine signifikant
höhere Liniendichte und damit eine genauere
Rekonstruktion ermöglicht.
Abbildung 3 zeigt ein Foto des Versuchsaufbaus mit einem Fußmodell. Die Abbildung zeigt
ebenfalls das vom Projektor projizierte Projektorbild und das von der Kamera aufgenommene
Kamerabild. Die horizontalen und vertikalen
Abstände des projizierten Gitters folgen einer
De Bruijn Sequenz und garantieren somit, dass
Bildausschnitte einer vorgebebenen Größe sich
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Abb.5: Segmentierungsergebnis der horizontalen
(rot) und vertikalen (blau) Gitterlinien aus Abb. 4.
Abb. 6: Kreuzungspunkte (weiß), gewonnen aus der
Segmentierung aus Abb. 5, überlagert auf Abb. 4
nicht im Gitterbild wiederholen. Nach Auslösung
des Reflexes nimmt die Kamera eine Sequenz des
sich bewegenden Fußes von ca. 1000 Bildern auf.
Abbildung 4 zeigt exemplarisch ein Bild aus der
von einer Testperson aufgenommenen Sequenz.
Die in diesem Projekt entwickelte Software
segmentiert vollautomatisch für jedes Bild der Sequenz die horizontalen und vertikalen Linien des
projizierten Gitters und berechnet die Kreuzungspunkte. Abbildung 5 zeigt das Ergebnis der Liniensegmentierung des in Abbildung 4 gezeigten
Bildes. Die so gefundenen Kreuzungspunkte
werden in Abbildung 6 als weiße Punkte dem
Ausgangsbild in Abbildung 4 überlagert dargestellt. Das Ergebnis zeigt, dass Kreuzungspunkte
mit einer hohen Genauigkeit und Zuverlässigkeit
berechnet werden können. Unter Ausnutzung der
Grundlagen der Epipolargeometrie lassen sich im
Kamera- und Projektorbild zu einander korrespondierende Kreuzungspunkte ermitteln und damit
eine Triangulierung des Oberflächenpunktes im
Raum berechnen (siehe Linien in Abb. 3). Die
hierzu entwickelte Software befindet sich zurzeit
in der Testphase. In der sich anschließenden
Projektphase sollen die sich aus der Triangulierung ergebenen Oberflächennetze des Fußes über
die Zeit miteinander registriert werden, um den
Bewegungsablauf des Reflexes zu analysieren.
Hieraus ergeben sich interessante Forschungsfragen, wie z.B. die Aufgabe aus einer Menge von
3D Oberflächenpunkten, aufgenommen über die
Dauer des Reflexes, physikalische Größen wie
z.B. Reflexdauer, Amplitude, Geschwindigkeit,
Beschleunigung, Kraft, etc. abzuleiten.
Ausblick
In Zukunft soll die Winkelbestimmung der 2D Reflexanalyse vollautomatisch und ohne zusätzliche,
auf der Haut aufgebrachten Marker funktionieren.
Desweiteren sollen physikalische Größen wie Winkelgeschwindigkeit und –beschleunigung durch
jeweilige Tiefpassfilterung im Frequenzbereich
und anschließender numerischer Differentiation
berechnet werden. Außerdem soll eine Vorrichtung konstruiert werden, welche Auftreffgeschwindigkeit und –ort des Reflexhammers normiert.
Danach können Messreihen von mehreren Personen aufgenommen und miteinander verglichen
werden. Hierbei ist ein Vergleich der gemessenen
Größen zwischen zweier Testpersonen mit einem
signifikanten Altersunterschied von z.B. 40 Jahren
von besonderem Interesse. Da sich die physiologischen Eigenschaften der Achillessehne mit
zunehmendem Alter ändern, sollte sich dies in
den Messreihen widerspiegeln.
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