1 Flüchtlingskinder Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) GRUPPENARBEIT MIT KINDERN AUS FLÜCHTLINGSFAMILIEN Trauma – Flucht Fachtagung der Bundeskonferenz für Erziehung Fulda 12.04.2016 – 13.04.2016 Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 3 Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge (PSZ) in Rheinland-Pfalz PSZ Altenkirchen PSZ Mayen PSZ Mainz PSZ Trier PSZ Ludwigshafen Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 4 Organisation der PSZ in Rheinland-Pfalz • Träger: Caritas, Diakonie, Ökumenische Beratungsstelle • Zusammenschluss zur AG „Flucht in Trauma Rheinland-Pfalz“ www.ag-fluchtundtrauma.de • Mitglied in der BafF – der Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. www.baff-zentren.org Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 5 Angebote der PSZ Beratung und Information Asyl- und aufenthaltsrechtliche Beratung Psychosoziale Beratung Diagnostik und Therapie Traumatherapie Einzel- und Familientherapie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie Kunsttherapie Gutachten und Stellungnahmen Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 6 Angebote der PSZ Gruppenangebote, z.B. im PSZ Mayen: Maßnahmen für Flüchtlingskinder Erholungswochenenden Café International Sprachkurse Multiplikatorenarbeit – Interkulturelle Öffnung Tagungen, Fortbildungen Unterstützung und Schulung von Ehrenamtlichen Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 7 Flüchtlingsfamilien Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 8 Lebenssituation von Flüchtlingskindern Erfahrungen und traumatische Erlebnisse • Flucht – vielfach sehr lang andauernde Flucht • Kriegserlebnisse • Direkte und indirekte Gewalterfahrungen • Entwurzelung aus vertrauten Familienstrukturen, Werte- und Normmustern • Bildungsabbruch – kein Schulbesuch mehr möglich Im Exil: • Hoher Anpassungsdruck (Regeln, Schule, Sprache etc.) • Schlechte Wohnsituation, z.T. in Großunterkünften • Teilweise langjährige Unsicherheit zwischen Bleibereicht und Abschiebung • Übernahme von Erwachsenenfunktionen • Gesellschaftliche Ausgrenzung Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 9 Uns begegnen Kinder… die nicht mehr lachen die sich zurückziehen die nicht mit Konflikten umgehen können die verängstigt sind die kein Vertrauen aufbauen können die klassische Symptome einer Traumatisierung zeigen (z.B. Alpträume, posttraumatisches Spiel, Aggressivität) Aber auch Kinder… die lachen die sehr kreativ sind die widerstandsfähig sind die neugierig sind die begeisterungsfähig sind Kinder, - aus unterschiedlichen Milieus - aus anderen Kulturen - aus anderen Erziehungssystemen Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 10 Trauma - Definition Ein psychisches Trauma ist ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt. (Fischer & Riedesser, Lehrbuch Psychotraumatologie) Ein psychisches Trauma ist eine Verletzung der Seele durch ein tragisches, erschütterndes, stark belastendes Erlebnis, das außerhalb der üblichen menschlichen Erfahrung steht. Kennzeichnend für ein traumatische Situation ist das Erleben von Bedrohung, Ausgeliefertsein, Entsetzen, Hilflosigkeit, soweit Todesangst. Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 11 Sequentielle Traumatisierung nach H. Keilson Erste traumatische Sequenz: Unheil, Krieg und Verfolgung kommen immer näher. Die Bedrohung des Einzelnen und der Familie wird konkreter Zweite traumatische Sequenz: Die direkte Verfolgung des Einzelnen/der Familie – Fluchtgeschehen Dritte traumatische Sequenz: Ankunft im Exilland Nachweis durch Keilson: Die dritte Sequnez ist von entscheidender Bedeutung für die langfristige Entwicklung der Betroffenen. Durch Sicherheit, gute Versorgung und tragfähige Beziehungen können Langzeitschäden gemildert und vermieden werden. Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 12 Symptomatik ÜBERERREGBARKEIT Allgemein Speziell bei Kindern • Schlafstörungen • Nächtliches Aufwachen • Reizbarkeit und Wut • Angst vor dem Zubettgehen • Konzentrationsschwierigkeiten • Hyperaktivität • Übertriebene Schreckreaktionen • Ungehorsam und Aggressivität • Extreme und schnelle Stimmungswechsel Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 13 Symptomatik WIEDERERLEBEN Allgemein • Speziell bei Kindern Beständig traumabezogene Affekte • Intrusive Erinnerungen • Träume mit wiedererkennbarem Inhalt • Posttraumatisches Spiel • Wiederinszenierung im Spiel • Albträume mit/ohne spezifischen Inhalt Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 14 Symptomatik VERMEIDEN Allgemein • • • • • • Speziell bei Kindern Vermeidung von Gedanken, Gefühlen, Gesprächen, Aktivitäten, Erinnerungen Vermindertes Interesse Entfremdungsgefühle Eingeschränkte Affekte Eingeschränkte Körperwahrnehmung Hoffnungslosigkeit • Abflachung der allg. Reagibilität • Eingeschränkte Spielfähigkeit • Vermeiden von Ruhephasen • Sozialer Rückzug • Regression • Gefühl ständiger Langeweile und Leere • Verändertes Essverhalten Tina Heidger Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 15 Gruppenarbeit mit Flüchtlingskindern – Was kann sozial- und freizeitpädagogische Arbeit leisten? Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 16 Flüchtlingskinder brauchen: • • • • • • • Stabilität Struktur Geborgenheit Das Gefühl von Sicherheit und Schutz Normalität Orientierung Tragfähige Beziehungen – Vertrauensvolle Bezugspersonen • Sprach- und Kulturmittler Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 17 Das STOP- Modell und Resilienz Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 18 Das STOP - Modell S tructure T alking and time O rganized play P arent support oder Parenting (Quelle: Gustafsson, L.: „The Stop Sign – A model for intervention to assist children in war“, New York, 1986) Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 19 Förderung der Resilienz Resilienz = Widerstandsfähigkeit Die Fähigkeit eines Menschen mit belastenden Lebenssituationen umgehen zu können (Corinna Wustmann) „Resilienz ist die Fähigkeit, Elend, Not und Traumata zu überwinden“ (Conen/Walsch) Wurzeln schützender Faktoren der Entwicklung von Resilienz: Zuversicht, Selbstbewusstsein, gesunde Beziehungen zu anderen Personen und zu sich selbst, Fähigkeit zu Empathie und zu Handlungsfähigkeit Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 20 Drei-Säulen-Modell zur Förderung von Resilienz – Wo setzt Gruppenarbeit an? Nach D. Irmler, CaritasTherapiezentrum für Folteroper, Köln Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 21 Gruppenarbeit… Bewegt sich in der dritten traumatischen Sequenz nach Keilson Bewegt sich im Feld der psychosozialen Stabilisierung, wobei sozialpädagogische und therapeutische Arbeit fließend sein kann und ineinander greift Nicht jedes Kind braucht nach einem traumatisierenden Erlebnis therapeutische Unterstützung, es gibt einen hohen Prozentsatz an „Selbstheilern“. Ein stützendes soziales Umfeld kann u.U. ausreichend sein. Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 22 Gruppenarbeit… Kann Erlebnisse und Erfahrungen aufgreifen Raum bieten, um Verarbeitungsprozesse in Gang zu bringen Selbstbewusstsein stärken Struktur und Orientierung vermitteln Ressourcen aufdecken Erholung und Entspannung vermitteln Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 23 Gruppenarbeit… Als Schutzraumangebot Als integratives Angebot In der offenen Kinder- und Jugend(sozial)arbeit Im Verein In der Flüchtlingsunterkunft In Beratungs- und Therapieeinrichtungen Im kreativen Bereich (Musik, Tanz, Fotografie, Bildnerisches Gestalten) Im Sport Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 24 Was ist wichtig im Umgang mit (traumatisierten) Flüchtlingskindern in der Gruppenarbeit? Klarheit in Beziehungen und Strukturen Klare Regeln Grenzen setzen – Grenzen einhalten Vereinbarung über Gewaltverzicht Kindgerechtes Gespräch, wenn das Kind möchte Ängste wahrnehmen und ernst nehmen Sicherheit herstellen Empathie, aber nicht Mitleid Gemeinschaft erleben Deutlichkeit Druck ernst nehmen Blick dafür, dass weder Täter- noch Opferrolle sich einstellt Altersgerechte Angebote „Inseln der Freude schaffen“ Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 25 Gruppenarbeit konkret Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 26 Ferienerholungsmaßnahmen Kinder treffen Kinder mit ähnlichen Lebenserfahrungen Klar strukturierter Tagesablauf Klare Regeln Gemeinsames Erleben von Tagesablauf, Spielen, Ausflügen und Mahlzeiten Übernahme angemessener Verantwortungsbereiche (Küchendienst, internationales Kochen) „Kind sein dürfen“, Vertrauen fassen, Akzeptanz und Wertschätzung erfahren, Selbstbewusstsein aufbauen und stärken, tragfähige Beziehungen zu erwachsenen Bezugspersonen, Erholung und Entspannung, familienentlastende Wirkung Innere Schätze bewahren zur Ausbildung resilienzfördernder Potentiale Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 27 Interkulturelle Hip Hop-Werkstatt Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 28 Hip Hop und Breakdance Hip Hop ist eine der größten globalen Jugendkulturen Hohe Identifikation benachteiligter Kinder und Jugendlicher mit dem Entstehungshintergrund – Parallelen zu den eigenen Lebensbedingungen „Breaker zeigen, dass das Unmögliche möglich ist. Sie überwinden Grenzen auf physischer Ebene und können daraus eine innere Stärke für den Umgang mit den Herausforderungen des Lebens entwickeln.“ Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 29 Hip Hop und Breakdance – Erfahrungen Guter Zugang zu Kindern möglich Ausdrucksformen unabhängig von Sprache Bewusste Wahrnehmung von sich selbst und der Mittanzenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Teilnehmenden werden wertfrei erfahren – jeder hat Erfolgserlebnisse Gruppengefühl Stärkung des Selbstvertrauens durch planen und umsetzen komplexer Bewegungsabläufe – positives Körpergefühl Steigerung des Selbstbewusstseins durch öffentliche Auftritte Wirksamkeit und Erleben der eigenen Handlungsfähigkeit Trainings als sicherer Ort zum abschalten und zum Umgang mit Krisen Stärkung der Resilienz: v.a. Eigenaktivität, Selbstwirksamkeit, Emapthie, Soziale Handlungsfähigkeit, Vertrauen Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 30 Interkulturelle HipHop-Werkstatt – Auftritt Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 31 Interkulturelle HipHop-Werkstatt – Auftritt Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 32 Was braucht eine erfolgreiche Umsetzung? Klarheit über die eigene Belastbarkeit Klarheit über eigene Grenzen Interkulturelle Kompetenz Supervision Reflexion eigener Handlungsabläufe und bestehender Konzepte im Kontext der Lebenssituation und der Bedürfnisse von Flüchtlingskindern und ihren Familien Verlässliche Kooperationspartner Niedrigschwellige intensive Beziehungsarbeit mit den Kindern und ihren Eltern Unterstützung durch Ehrenamtliche Geduld Gelassenheit Und ganz viel Humor Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. Fachdienst Migration IN TERRA Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PSZ) 33 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Markus Göpfert Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V. 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