Personalstudie Personalstudie Fahrermangel in der Busbranche Ermittlung des aktuellen und mittelfristigen Personal- und Qualifikationsbedarfs für die Mitgliedsunternehmen der Verbände RDA und gbk - Analyse, Perspektiven und Handlungsempfehlungen - 1 Impressum Personalstudie Fahrermangel in der Busbranche Ermittlung des aktuellen und mittelfristigen Personal- und Qualifikationsbedarfs für die Mitgliedsunternehmen der Verbände RDA und gbk Analyse, Perspektiven und Handlungsempfehlungen Verfasser: Uwe Loof (PAON GmbH) Norbert Christmann (PAON GmbH) Hannover, April 2014 2 2 PAON GmbH Bertastrasse 1 30159 Hannover www.paon.de Personalstudie Inhalt Personalstudie 1. AUSGANGSLAGE 5 2. VORGEHENSWEISE 6 2.1 Methodik 2.2 Teilnehmerkreis 3. PERSONALSTRUKTUREN 7 3.1 Geschäftsbereiche und Unternehmensgrößenklassen 3.2 Beschäftigungsstrukturen 4. GESCHÄFTSENTWICKLUNG 9 4.1 Aktuell 4.2 Planungen 5. EINSTELLUNGSPOLITIK 10 5.1 Einstellungen von Busfahrern in 2013 5.2 Planungen für Einstellungen 5.3 Herausforderungen und Hindernisse in der Bedarfsdeckung 6. HERAUSFORDERUNGEN BEI DER PERSONALGEWINNUNG 12 6.1 Personalbeschaffungswege aktuell 6.2 Künftige Möglichkeiten zur Personalgewinnung 7. PERSONALMARKETING UND MITARBEITERBINDUNG 14 7.1 Finden von neuen Mitarbeitern 7.2 Binden der vorhandenen Mitarbeiter 8. BERUFSAUSBILDUNG 15 8.1 Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten 8.2 Schaffung von Ausbildungsplätzen 9. ZUSAMMENFASSUNG UND EMPFEHLUNG 17 3 3 3 Abbildungen Abbildung 1: Umfragebeteiligung je Bundesland (in absoluten Zahlen) 6 Abbildung 2: Umfragebeteiligung nach Geschäftssparten (in Prozent) 7 Abbildung 3 Altersstruktur des Fahrpersonals (in Prozent) 7 Abbildung 4: Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit der Busfahrer in den Unternehmen in Jahren (nach Gruppen in Prozent) 8 Abbildung 5: Beschäftigungsquoten Männer/Frauen (in Prozent) 8 Abbildung 6: Durchschnittliche Fluktuationsquote in den Unternehmen (in Prozent) 8 Abbildung 7: Einschätzung der Geschäftsentwicklung je Geschäftssparte - aktuell (in Prozent) 9 Abbildung 8: Einschätzung der Geschäftsentwicklung je Geschäftssparte - in Zukunft (in Prozent) 9 Abbildung 9: 2013 eingestellte Busfahrer je Geschäftssparte (in Prozent) 10 Abbildung 10: Künftige Einstellung von Busfahrern je Geschäftssparte (in Prozent) 10 Abbildung 11: Einstellungsgründe für Neueinstellung von Busfahrern (in Prozent) 11 Abbildung 12: Gründe für die Schwierigkeiten zur Abdeckung des erforderlichen Bedarfs an Busfahrern (Anzahl Nennungen) 11 Abbildung 13: Anzahl Initiativbewerbungen pro Jahr (nach Gruppen in Prozent) 12 Abbildung 14: Personalbeschaffungswege (Nennungen aller Befragten in Prozent) 13 Abbildung 15: Künftige Personalbeschaffungsmöglichkeiten (Nennungen aller Befragten in Prozent) 13 Abbildung 16: Besondere Herausforderungen bei der Personalgewinnung von Busfahrern (Nennungen aller Befragten in Prozent) 14 Abbildung 17: Übliche Vergütungskomponenten (Nennungen aller Befragten in Prozent) 14 Abbildung 18: Fahrerspezifische Ausbildungsberufe (Nennungen aller Befragten in Prozent) 15 Abbildung 19: Gründe für fehlende Ausbildung (Nennungen aller Befragten in Prozent) 15 Abbildung 20: Ausbildungsaktivitäten gegen den Busfahrer-Mangel (Nennungen aller Befragten in Prozent) 16 4 4 Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche 1. AUSGANGSLAGE Die Unternehmen der Bustouristik stehen für nachhaltige Mobilität und ausgeprägte Kundenorientierung. Sie befördern im Personennah-, Regional- und Fernverkehr jährlich über 5 Mrd. Fahrgäste. Rund 144.000 Beschäftigte realisieren tagtäglich Dienstleistungen mit einem hohen Qualitätsanspruch. Nach starken Veränderungen in den letzten Jahren, nicht zuletzt im regulatorischen Bereich, steht nun auch die Bustouristik wie andere Dienstleistungs- und Wirtschaftsbranchen vor der Aufgabe, die Auswirkungen des demografischen Wandels zu meistern. Für die Busbranche bedeutet der demografische Wandel sowohl Segen als auch Fluch: Während mit der Generation 60plus auch die wichtigste Zielgruppe der Bustouristik wächst, steuert der hohe Altersdurchschnitt der Chauffeure das Gewerbe in einen personellen Engpass. Denn viele Fahrer sind über lange Jahre in diesem Beruf tätig und streben nun auf die Verrentung zu, was einen erheblichen Bedarf an Ersatzeinstellungen erwarten lässt. Um die aktuellen und künftigen Personalbedarfe der Mitgliedsunternehmen von gbk und RDA systematisch zu erfassen und zu analysieren, wurde die PAON GmbH von beiden Verbänden beauftragt, die Studie „Fahrermangel in der Busbranche“ zu erstellen. Ziel der Studie war die Ermittlung des aktuellen und mittelfristigen Personal- und Qualifikationsbedarfs für die Mitgliedsunternehmen sowie des aktuellen Status Quo der personalwirtschaftlichen Maßnahmen. Dieser Verlust von qualifiziertem Personal ist um so bedeutsamer, als im letzten Jahr der „Neue Markt” für Fernbuslinien entstanden ist und weiteren zusätzlichen Personalbedarf an Busfahrern nach sich ziehen wird. So wird gemäß der BDOKonjunkturumfrage 2013/2014 von vielen Unternehmen in der Branche bereits der Fahrermangel als die TOP-Herausforderung gesehen, um auch in Zukunft als Unternehmen erfolgreich sein zu können. Allerdings waren innerhalb der Bustouristik vor Beginn der Studie noch keine verlässlichen Informationen über den konkreten und spezifischen Personalbedarf verfügbar. 5 5 Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche 2. VORGEHENSWEISE Die Ergebnisse stützen sich auf eine bundesweite Online-Befragung von fast 750 Mitgliedsunternehmern, die den großen Branchenverbänden gbk und RDA angehören. Daneben erfolgte für die Vorbereitung und Durchführung der Studie eine aktive Einbindung von Fachexperten aus beiden Branchenverbänden. 2.1 Methodik Die Studienergebnisse zum künftigen Personalbedarf für Bus-Chauffeure und die daraus resultierenden personalwirtschaftlichen Herausforderungen in den Mitgliedsunternehmen von RDA und gbk wurden durch die PAON GmbH mittels einer online-gestützten Befragung erhoben. Im Durchführungszeitraum vom 06.02. – 26.02.2014 hatten die teilnehmenden Unternehmen die Möglichkeit, über eine Online-Befragung (mit 22 Fragen) ihre Einschätzung und Rückmeldung zu den Herausforderungen abzugeben. Darüber hinaus war auch die Möglichkeit für persönliche Einschätzungen sowie eine unmittelbare Benennung und Kommentierung der Problembereiche seitens der Teilnehmer gegeben, was von den befragten Unternehmen umfangreich genutzt wurde. stellt die Studie auf eine solide Datenbasis. Die höchste Beteiligung an der Studie kam von Mitgliedsunternehmen aus Baden-Württemberg (22 % der Antworten), Nordrhein-Westfalen, (18 %) Bayern (16 %) und Niedersachsen (13 %), geringe Teilnehmerzahlen waren aus Ostdeutschland und den Bundesländern Berlin, Hamburg und Bremen zu verzeichnen. Ihren Sitz haben die teilnehmenden Unternehmen vor allem in ländlichen Regionen (verteilt auf die gesamte Bundesrepublik); die Metropoloregionen waren bei den teilnehmenden Unternehmen deutlich geringer vertreten. Innerhalb der Erhebung wurden die Themenkomplexe Personalstrukturdaten, Personalbedarfsermittlung, Personalbeschaffung und Berufsausbildung in ihren verschiedenen Facetten behandelt. 2.2 Teilnehmerkreis Der hohe Rücklauf von rund 26 % für eine Online-Studie dokumentiert das große Interesse der Branche am Thema und 6 6 Abbildung 1 Umfragebeteiligung je Bundesland (in absoluten Zahlen) Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche 3. PERSONALSTRUKTUREN 3.1 Geschäftsbereiche und Unternehmensgrößenklassen Die Unternehmen in beiden Verbänden sind nahezu alle im Reiseverkehr tätig (96 %), etwa die Hälfte der an der Studie teilnehmenden Mitgliedsunternehmen ist auch im ÖPNV tätig. Lediglich 10 % bieten Leistungen im Fernlinienverkehr an. Hier ist aufgrund der Marktentwicklung mit einem weiteren Wachstumspotenzial innerhalb der Branche zu rechnen. Die Branche ist in ihren Unternehmensstrukturen mittelständisch geprägt: Rund 95 % der befragten Unternehmen beschäftigen weniger als 100 Mitarbeiter, ca. 87 % sogar weniger als 50 Mitarbeiter. 3.2 Beschäftigungsstrukturen Die Unternehmen weisen gegenüber anderen Branchen einen hohen Anteil älterer Mitarbeiter auf; mehr als 67 % der Beschäftigten sind zwischen 46 und 65 Jahren. Bereits 16,3 % des Fahrpersonals in den teilnehmenden Mitgliedsunternehmen sind älter als 61 Jahre und werden damit zeitnah in den Ruhestand treten. Nur 7,3 % des beschäftigten Fahrpersonals sind unter 30 Jahre alt, was den erheblichen Bedarf an Nachwuchskräften innerhalb der Branche deutlich unterstreicht. 7 Abbildung 2 Umfragebeteiligung nach Geschäftssparten (in Prozent) Abbildung 3 Altersstruktur des Fahrpersonals (in Prozent) 7 7 Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche Bei der Betriebszugehörigkeit ist eine langjährige Verweildauer im Unternehmen festzustellen. Mehr als 75 % der Beschäftigten in den befragten Mitgliedsunternehmen sind länger als 6 Jahre für Ihr Unternehmen tätig, die größte Personengruppe (39 %) ist zwischen 11 und 20 Jahren im gleichen Unternehmen angestellt. Abbildung 4 Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit der Busfahrer in den Unternehmen in Jahren (nach Gruppen in Prozent) Der Anteil weiblicher Beschäftigter im Fahrdienst ist bei den teilnehmenden Unternehmen hingegen mit 9,3 % sehr gering ausgeprägt, ebenso wie der Anteil von Arbeitsverhältnissen in Teilzeit (14,7 %). Durch eine Aktivierung dieser Beschäftigungsformen ließen sich neue Zielgruppen für das Berufsbild des Bus-Chauffeurs erschließen. Abbildung 5 Beschäftigungsquoten Männer/Frauen (in Prozent) 8 8 Die Fluktuationsquote im Bereich des Fahrpersonals liegt mit 12,2 % über dem des Gesamtdurchschnitts von Busunternehmen (11,5 %) und führt zu hohen Folgekosten für Ersatzbeschaffungen und Aufwendungen für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Die bislang eingesetzten Instrumente zur Mitarbeiterbindung (Vermögenswirksame Leistungen und Betriebliche Altersversorgung) haben angesichts der hohen Fluktuation innerhalb des Berufsbildes nach den vorliegenden Studienergebnissen bislang nur einen geringen Wirkungsgrad auf eine aktive Bindung von Fahrpersonal. Abbildung 6 Durchschnittliche Fluktuationsquote in den Unternehmen (in Prozent) Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche 4. GESCHÄFTSENTWICKLUNG 4.1 Aktuell Die Studienergebnisse verdeutlichen, dass der Fernlinienbereich aus Sicht der befragten Unternehmen sowohl aktuell, als auch in Zukunft, die besten Perspektiven für eine positive Geschäftsentwicklung bietet. In den Sparten Reiseverkehr (67,3 %) und ÖPNV (70,2 %) wird von den Mitgliedsunternehmen für das laufende Geschäftsjahr eine eher konstante Geschäftsentwicklung prognostiziert. 4.2 Planungen Aufgrund der Öffnung des Marktes für den Fernlinienverkehr erwarten die befragten Unternehmen in diesem Geschäftsbereich den größten Zuwachs (51,5 %). Aber auch im etablierten Markt des Reiseverkehrs gehen etwas mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen von einer steigenden Geschäftsentwicklung aus. Die teilnehmenden Unternehmen, die im öffentlichen Nahverkehr tätig sind, werden ihr Beschäftigtenvolumen nach aktueller Planung nicht signifikant ausweiten. Insofern charakterisieren die erhobenen Personalbedarfe nahezu vornehmlich Ersatzbedarf, bei den Fernlinien ist aufgrund des Wachstumsmarktes mit Zusatzeinstellungen zu rechnen. Abbildung 7 Einschätzung der Geschäftsentwicklung je Geschäftssparte - aktuell (in Prozent) Abbildung 8 Einschätzung der Geschäftsentwicklung je Geschäftssparte - in Zukunft (in Prozent) 9 9 9 Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche 5. EINSTELLUNGSPOLITIK 5.1 Einstellungen von Busfahrern in 2013 Im Jahr 2013 war die Einstellungspolitik im Durchschnitt durch ein zurückhaltendes Vorgehen am Arbeitsmarkt gekennzeichnet. Mehr als die Hälfte (52,6 %) der 2013 neu eingestellten Bus-Chauffeure wurde im ÖPNV eingesetzt, gefolgt von 36,5 % im Reiseverkehr. Nur 10,9 % entfielen bei den Neueinstellungen auf den sich neu entwickelnden Fernlinienverkehr. Im Durchschnitt haben die teilnehmenden Mitgliedsunternehmen im Jahr 2013 etwa 4 neue Fahrer für Ihr Unternehmen rekrutiert. Weiterhin wird der überwiegende Personalbedarf von den teilnehmenden Unternehmen vor allem für die Buslinien im ÖPNV (50,3 %) als auch im Reiseverkehr (37,4 %) gesehen. Beim Fernlinienverkehr gehen die Unternehmen gegenüber dem Vorjahr (10,9 %) von einem steigenden Personalbedarf (12,2 %) aus. Überraschend ist, dass im Hinblick auf die vorhandene Altersstruktur in der Branche sowie den demografischen Perspektiven, die Anzahl geplanter Einstellungen gegenüber 2013 insgesamt rückläufig ist. Bei den Gründen für die Neueinstellungen werden die Folgen des demografischen Wandels deutlich spürbar, denn 57 % der Einstellungen erfolgen als Nachbesetzung für Bus-Chauffeure, die in Ruhestand gehen. Weiterhin dominiert der Ersatzbedarf für Nachbesetzungen infolge von Arbeitgeberwechseln (29 %). Abbildung 9 2013 eingestellte Busfahrer je Geschäftssparte (in Prozent) 5.2 Planungen für Einstellungen Die Planzahlen in den einzelnen Ge10schäftssparten für künftige Einstellungen zeigt ein ähnliches Bild wie im Vorjahr. 10 Abbildung 10 Künftige Einstellung von Busfahrern je Geschäftssparte (in Prozent) Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche Somit entfallen mehr als 80 % des Personalbedarfs nur auf die Ersatzbeschaffung neuer Mitarbeiter, ohne dass damit weitere signifikante wirtschaftliche Effekte erzielt werden können. Rekrutierungs– und Qualifizierungsmaßnahmen nicht mehr ausreichen. Vielmehr bedarf es hier neuer und zusätzlicher Maßnahmen im Personalmarketing und in der Personalgewinnung, um neue Beschäftigtengruppen für das Berufsbild des Bus-Chauffeurs zu gewinnen. 5.3 Herausforderungen und Hindernisse in der Bedarfsdeckung Die Unternehmen sehen sich vor die zentrale Herausforderung gestellt, dass sowohl insgesamt (53 Nennungen) als auch in der jeweiligen Region (57 Nennungen) nicht mehr genügend Busfahrer zur Verfügung stehen. Abbildung 11 Einstellungsgründe für Neueinstellung von Busfahrern (in Prozent) Auf Basis der Befragungsergebnisse erscheint diese Annahme sehr valide, denn die befragten Unternehmen gehen im kommenden Jahr im Durchschnitt von 3,1 Einstellungen pro befragtem Unternehmen aus. Unterstellt man diesen durchschnittlichen Bedarf für alle Mitgliedsunternehmen, ist unter Berücksichtigung der Daten aus der Fahrerstudie für das Jahr 2015 von einem Bedarf von rund 2.400 Einstelllungen von Bus-Chauffeuren in den Mitgliedsunternehmen von gbk und RDA auszugehen. Der überwiegende Teil der Unternehmen (54 %) geht nicht mehr davon aus, den erforderlichen Personalbedarf abdecken zu können. In vielen Fällen wird es bereits heute als schwierig angesehen, den Personalbedarf durch Neueinstellungen abzudecken. Nimmt man diesen Bedarf exemplarisch auch für die insgesamt 4.700 Omnibusunternehmen in Deutschland an, benötigen die Busunternehmen künftig rund 14.500 Bus-Chauffeure pro Jahr. Für die Deckung dieses erheblichen Personalbedarfs werden die bisherigen Abbildung 12 Gründe für die Schwierigkeiten zur Abdeckung des erforderlichen 11 11 11 Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche Da die Unternehmen ihr Personal bislang vorwiegend innerhalb der eigenen Branche (siehe auch Kapitel 6.1.) rekrutiert haben, verstärkt das fehlende Mitarbeiterpotenzial den Handlungsdruck und macht Investitionen in eine gezielte Mitarbeitergewinnung nötig. Dabei muss auch auf neue und bisher noch nicht erschlossene Arbeitsmärkte fokussiert werden. Als zentrales Hindernis bei der Deckung des künftigen Personalbedarfs wird von den Unternehmen aber auch die mangelnde Qualifikation von Bewerbern angeführt. Neben fehlendem Interesse an einer serviceorientierten Aufgabe sind ebenfalls die hohen Einstiegskosten für den notwendigen Erwerb der Fahrerlaubnis für den Personentransport ein wichtiger Grund, warum sich nicht mehr Quereinsteiger und Jobsuchende außerhalb der Busbranche für das Berufsbild des Bus-Chauffeurs bewerben. Die fehlende Serviceorientierung als auch die geringe Bereitschaft zur Wochenendarbeit erschwert vor allem im Reiseverkehr die Abdeckung des erforderlichen Bedarfs an Busfahrern und stellt so einen Engpassfaktor für dieses traditionell stärkste Geschäftsfeld der Bustouristik dar. Denn gerade dieses Geschäftsfeld erfordert aus Sicht der Unternehmen vom BusChauffeur ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und zusätzlich den sicheren Umgang mit Fremdsprachen. Ausgehend von den vorliegenden Befragungsergebnissen ist es bislang der Branche noch nicht gelungen, diese wichtigen Anforderungen ausreichend am Arbeitsmarkt zu adressieren und eine mittel-und langfristige Bedarfsabdeckung hierfür sicherzustellen. 6. HERAUSFORDERUNGEN BEI DER PERSONALGEWINNUNG Im Hinblick auf den sich abzeichnenden Personalbedarf in Verbindung mit den demografischen Entwicklungen wird die gezielte Gewinnung von neuen Busfahrern in Zukunft erhöhte Anstrengungen im Personalmarketing und der Personalgewinnung erfordern. 6.1 Personalbeschaffungswege aktuell Bei der Personalgewinnung können die Unternehmen nur in geringem Maße auf Initiativbewerbungen zurückgreifen, die vor allem unter Kosten- und Effizienzgesichtspunkten sehr attraktiv sind. 76 % der befragten Unternehmen erhalten pro Jahr weniger als 10 Initiativbewerbungen. 12 12 Abbildung 13 Anzahl Initiativbewerbungen pro Jahr (nach Gruppen in Prozent) Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche Das erfordert im Gegenzug von den Unternehmen zur Deckung Ihres Personalbedarfs regelmäßig Investitionen in die Personalbeschaffung. Aus den Studienergebnissen wird deutlich, dass „klassische“ Wege der Personalbeschaffung noch ein deutliches Übergewicht haben. Neben der Einbindung der Außenstellen der Bundesagentur für Arbeit nimmt die Stellenanzeige in klassischen Printmedien die dominierende Rolle bei den Beschaffungswegen ein. Die Rekrutierung über die eigene Homepage erreicht im Ranking nur den 4. Platz der Nennungen. Eine Präsenz als Arbeitgeber in sozialen Netzwerken und vor allem auf Messen wird bislang kaum genutzt. Dies ist gegenläufig zu den Entwicklungen in anderen Branchen mit hohem Personalbedarf, die sich zunehmend auch bei der Rekrutierung von neuen Fachkräften die „Digitalisierung des Arbeitsmarktes“ und entsprechender Suchwege zu Nutzen machen. infolge der Altersstruktur in den kommenden Jahren massiv Mitarbeiter verlieren wird, ist auch hier ein Umdenken und neues Handeln erforderlich. Das hohe Durchschnittsalter bei Busfahrern erzeugt bereits mittelfristig einen enormen Rekrutierungsdruck, dem kurzfristig zunächst nur mit einer gezielten Bindung und Weiterentwicklung des bestehenden Personals begegnet werden kann. Mit der Gewinnung von Frauen und Teilzeitarbeitskräften lassen sich neue Erwerbsgruppen für die Bustouristik erschließen, die nach den vorliegenden Studienergebnissen noch erhebliches Potenzial bieten. Um diese Personengruppen gezielt anzusprechen, erfordert es aber auch eines höheren Bekanntheitsgrads der Busunternehmen als Arbeitgeber in ihrer Region und einer besseren Kommunikation der unterschiedlichen Beschäftigungsformen innerhalb des Berufsbildes „Bus-Chauffeur“. Ohne diese zusätzlichen Personalgewinnungsmaßnahmen „trocknet der Personalbestand langsam aber sicher aus“ und wirkt damit existenzgefährdend auf den Fortbestand der Busunternehmen. Dies bestätigen auch zahlreiche der befragten Unternehmen. Abbildung 14 Personalbeschaffungswege (Nennungen aller Befragten in Prozent) 6.2 Künftige Möglichkeiten zur Personalgewinnung Bislang lag der Fokus der Personalsuche 13in der eigenen Branche. Da diese aber Abbildung 15 Künftige Personalbeschaffungsmöglichkeiten (Nennungen aller Befragten in Prozent) 13 13 Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche 7. PERSONALMARKETING UND MITARBEITERBINDUNG 7.1 Finden von neuen Mitarbeitern Beim Finden von neuen Mitarbeitern sind nach Ansicht der befragten Unternehmen sowohl anspruchsvolle Arbeitsbedingungen (z.B. zeitliche Belastung durch Mehrtagesreisen bzw. Schicht- und Wochenendarbeit) in Verbindung mit geringen beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten ein deutliches Hemmnis. Da bislang dafür nur vereinzelt flexiblere Formen der Arbeitszeitgestaltung oder Lösungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeboten werden, bietet sich hier ein Optimierungspotenzial, das durch die Unternehmen gezielt anzugehen ist. 7.2 Binden der vorhandenen Mitarbeiter In einer Branche, deren Mitarbeiter traditionell eher in niedrigen Lohngruppen beschäftigt sind, ist die Vergütung nach wie vor das aktuelle Bindungsinstrument. Die Vergütung besteht überwiegend aus den Komponenten Grundgehalt plus Mehrarbeits- und Feiertagszuschlagsbezahlung. Im Bereich der betrieblichen Nebenleistungen dominiert die Zahlung von Vermögenswirksamen Leistungen und Beiträgen zur Betrieblichen Altersversorgung. Mit Blick auf die hohe Fluktuation bei den Busfahrern entfalten diese Leistungen offensichtlich mehr eine kapitalbildende, als eine mitarbeiterbindende Wirkung. Sowohl Leistungs- und Erfolgsprämien als auch Provisionsregelungen sind als Vergütungskomponenten derzeit bei den befragten Unternehmen kaum verbreitet. Abbildung 16 Besondere Herausforderungen bei der Personalgewinnung von Busfahrern (Nennungen aller Befragten in Prozent) 14 14 Abbildung 17 Übliche Vergütungskomponenten (Nennungen aller Befragten in Prozent) Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche 8. BERUFSAUSBILDUNG Die demografische Entwicklung in der Branche deutet auf die Notwendigkeit zu einem verstärkten Aufbau von Nachwuchskräften aus den eigenen Reihen hin, um den steigenden Personalbedarf aufgrund altersbedingter Fluktuation zu kompensieren. Im Rahmen der Studie wurde die aktuelle Situation in diesem wichtigen Aspekt analysiert. 8.1 Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten Bislang fehlen in vielen der befragten Unternehmen fachspezifische Ausbildungsmöglichkeiten, denn nur 10 % der Unternehmen bieten eine Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb an. 79 % hingegen bilden überhaupt keine Fachkräfte aus. Dabei ist aus den Studienergebnissen keine Differenzierung nach Unternehmensgröße bzw. Regionen erkennbar. Als Gründe für die fehlenden Ausbildungsangebote werden der hohe finanzielle und zeitliche Aufwand für die Durchführung der Ausbildung sowie das Fehlen von Ausbildern angeführt. Des Weiteren sehen die Unternehmen derzeit zu wenig qualifizierte Bewerber für eine Berufsausbildung. Überraschend war festzustellen, dass trotz des in der Studie testierten Mangels an Busfahrern eine Berufsausbildung von einigen teilnehmenden Unternehmen als nicht erforderlich angesehen wird. Abbildung 19 Gründe für fehlende Ausbildung (Nennungen aller Befragten in Prozent) Abbildung 18 Fahrerspezifische Ausbildungsberufe (Nennungen aller Befragten in Prozent) 15 15 15 Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche 8.2 Schaffung von Ausbildungsplätzen Um die erforderlichen Ausbildungsplätze zu schaffen, wird die Errichtung von Ausbildungskooperationen von den Busunternehmen deutlich vor dem Ausbau bestehender Ausbildungsaktivitäten präferiert. Hier besteht für die Verbände die Möglichkeit, die notwendige Nachwuchssicherung in der Branche über eine gezielte Vernetzung von Unternehmen, die an einer Ausbildung interessiert sind, aktiv zu unterstützen. Abbildung 20 Ausbildungsaktivitäten gegen den Busfahrer-Mangel (Nennungen aller Befragten in Prozent) 16 16 Studie des IBV zum Fahrermangel in der Busbranche 9. ZUSAMMENFASSUNG UND EMPFEHLUNG Das auf die Branche zukommende Problem des „Busfahrer-Mangels“ wird auf Basis der Studienergebnisse derzeit noch nicht umfassend von allen Unternehmen in seiner Dynamik wahrgenommen. Infolge der aktuellen Beschäftigungsstrukturen als auch der demografischen Entwicklung wird sich diese Herausforderung jedoch noch signifikant verstärken und beschleunigen. Die Stellenbesetzung stellt für die Unternehmen nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Problem dar, da durch zunehmenden Wettbewerb in der Branche und steigender Serviceerwartungen auf Kundenseite die erforderlichen Qualifikationen an den BusChauffeur steigen werden. Ohne zielgerichtete Qualifizierung des Fahrpersonals kann diesen Kundenbedürfnissen dauerhaft nicht entsprochen werden. Die teilnehmenden Unternehmen sehen vor allem mittelgroße bis große Probleme bei der Rekrutierung von Mitarbeitern im Fahrdienst, nicht zuletzt auch aufgrund der besonderen Beschäftigungsbedingungen (z.B. Wochenend- und Schichtarbeit). Als wichtigsten Grund für zu erwartenden Engpässe bei der Gewinnung von Personal sehen die Unternehmen das bisherige Image der Branche und des Berufsbildes an, das bislang wenig mit positiven Aspekten im Fokus der Öffentlichkeit stand. Weitere Ursachen werden in der fehlenden regionalen und qualifikatorischen Übereinstimmung von Arbeitskräfteangebot und –bedarf sowie einem grundsätzlichen Mangel an qualifiziertem Personal auf den Arbeitsmärkten gesehen. Um in den kommenden Jahren den demografischen Wandel und seine Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte erfolgreich bewältigen zu können und geeignetes Personal für sich zu gewinnen, werden 17 die Unternehmen der Bustouristik insbe- 17 sondere auf folgenden Handlungsfeldern aktiv werden müssen: Hohe Fluktuation und die derzeitigen „Abwerbepraktiken“ innerhalb der Branche sind für die Unternehmen/Branche schädlich und teuer. Mitarbeiterbindung und Mitarbeiterzufriedenheit müssen durch entsprechende Maßnahmen erhöht werden. Darüber hinaus gilt es, neue bzw. „schlummernde“ Arbeitsmärkte zu aktivieren sowie neue Rekrutierungswege zu erschließen. Um die dafür erforderlichen Investitionen tätigen zu können, gilt es, die Personalkosten sinnvoll zu optimieren und wirkungsvoller für Personalbindung und Mitarbeitergewinnung zu nutzen. Die Busbranche hat bislang eine „Quereinsteigerphilosophie“ und keine Ausbildungstradition. Die Unternehmen werden ihr Engagement in der Ausbildung erhöhen müssen, um im Wettbewerb mit angrenzenden Branchen über ausreichend Nachwuchskräfte aus eigenen Reihen zu verfügen. Die Entwicklungen im Arbeitsmarkt erfordern neue Methoden der Personalsuche und -ansprache. Hierbei wird insbesondere die Nutzung der neuen Medien für die Personalgewinnung immer wichtiger. Grundsätzlich wird der Außenauftritt der Branche und der Unternehmen als Arbeitgeber noch professioneller werden müssen. 17