Welthandel und Wirtschaftliche Entwicklung Prof. Dr. Awudu Abdulai Institut für Ernährungswirtschaft und Verbrauchslehre Wintersemester Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai Einige Fragen • Wer profitiert vom Welthandel? • Welche Folgen hat der Welthandel für Entwicklungsländer? • Welche Folgen hat die Liberalisierung des Welthandels (im Rahmen der WTO) für die Entwicklungsländer? Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 2 Free trade helps reduce poverty, says new WTO secretariat study (http://www.wto.org/english/news) • A new WTO Secretariat study published today (19. June) finds that trade liberalization helps poor countries to catch up with rich ones and that this faster economic growth helps to alleviate poverty. • WTO Director-General Mike Moore (new: Roberto Azevedo) said: “This report confirms that although trade alone may not be enough to eradicate poverty, it is essential if poor people are to have any hope of a brighter future. • For example, 30 years ago, South Korea was as poor as Ghana. Today, thanks to trade led growth, it is as rich as Portugal.” Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 3 Konzept der Globalisierung • Im engeren Sinn bezieht sich Globalisierung auf die wachsende Rolle des internationalen Handels und die grenzübergreifenden Aktivitäten (Weltbank, 1993). • Eine dynamische Serie von Prozessen, die Verbindungen und gegenseitige Abhängigkeiten der nationalen Ökonomien verstärkt (OECD, 1994). • Wirtschaftliche, politische, kulturelle und soziale Integration auf Weltebene (IMF, 1997). Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 4 Der Globalisierung zugrundeliegende Kräfte Internationale Handelsliberalisierung Freier Fluss von Kapital, Arbeit und Investition Abschwächung politischer Spannungen zwischen Supermächten Technologischer Fortschritt in Kommunikation und Transport Bildung von regionalen und anderen überstaatlichen Handels- und Kooperationseinheiten Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 5 Gliederung • Theorie der komparativen Vorteile und Handelsgewinne (Ricardo, Heckscher und Ohlin) • Neuen Außenhandelstheorie • Handelspolitik: Exportförderung und Import-Substitution • „Terms of Trade“ (Prebisch-Singer-These) • Institutionen: GATT und WTO • Fair trade Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 6 Theorie der Komparativen Kostenvorteile (Ricardo) • Ricardo (1817) wird der Verdienst zugeschrieben, als erster Ökonom die Bedeutung unterschiedlicher relativer Kosten oder komparativer Kosten für den internationalen Handel erkannt zu haben. • Er bewies, dass die komparativen und nicht die absoluten Vorteile den internationalen Handel ankurbeln. • Er definierte die komparativen Vorteile als Kostenvorteile. • Im einfachsten Fall werden komparative Preisvorteile auf Komparative Kostenvorteile zurückgeführt • Annahmen: • Länder besitzen unterschiedliche Produktionstechnologien • Es gilt vollständige Konkurrenz auf dem Gütermarkt • Untersucht werden zwei Volkswirtschaften, die zwei Güter produzieren mit einem Produktionsfaktor. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 7 Das Konzept der Opportunitätskosten (1) • Der Begriff der Opportunitätskosten erweist sich als zentral, um den Grad der Spezialisierung erklären zu können. • Dieser bringt zum Ausdruck, um wie viel die Produktion eines anderen Gutes reduziert werden muss, um eine zusätzliche Einheit des betrachteten Gutes produzieren zu können. • Da die Opportunitätskosten eines Gutes genau den inversen Opportunitätskosten des anderen Gutes entsprechen, weist sogar ein Land mit absoluten Nachteilen in beiden Gütern niedrigere Opportunitätskosten in einem der Güter auf. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 8 Das Konzept der Opportunitätskosten (2) Der Handel zwischen zwei Ländern ist immer vorteilhaft, wenn ein Land für ein produziertes Gut auf weniger Einheiten eines anderen Gutes verzichten muss als das andere (niedrigere opportunitätskosten) Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 9 Ein Beispiel • Zwei Länder produzieren zwei Güter (Maschinen und Textilien) mit einem einzigen Input (Arbeit) und handeln im Wettbewerb der internationalen Märkte • Der Parameter aLj stehe für die gesamte eingesetzte Arbeit für die Produktion einer Einheit des Gutes j • Die inländischen Produktionskosten der beiden Güter betragen: • Pj = aLjw • Pj : inländischer Preis des Gutes j • w : inländische Löhne • j = 1,2 Das Ausland weist folgende Kostenstruktur auf: • • P*j = a*Ljw* j = 1,2 Das Inland besitzt genau dann komparative Vorteile bezüglich des Gutes 1, wenn gilt: • aL1/aL2 < a*L1/a*L2 • Pj e = aLjwe oder j = 1,2 P1/P2 < P*1/P*2 e = Wechselkurs Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 10 Produktionstheoretische Annahmen des Ricardo Modells Land Für Maschinen am Für Textilien ac Gesamtes Arbeitsangebot Deutschland 3 4 600 Thailand 16 8 800 am = benötigte Arbeitseinheiten für die Produktion einer Einheit Maschinen ac = benötigte Arbeitseinheiten für die Produktion einer Einheit Textilien Frage: Welche Konsummöglichkeiten (Wohlfahrtsgewinne) eröffnen sich für beide Länder, bei vollständiger Spezialisierung? Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 11 Handelsgewinne durch Spezialisierung (1) M (Maschinen) Annahme: Freihandelspreisverhältnis = 1 Vollständige Spezialisierung 200 Punkt A ist sowohl Konsum, als auch Produktionspunkt bei Autarkie. A Nutzenfunktion Produktionsmöglichkeitenkurve 150 200 C (Textilien) Konsummöglichkeiten für Deutschland Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 12 Handelsgewinne durch Spezialisierung (2) M (Maschinen) Punkt A ist sowohl Konsum-, als auch Produktionspunkt bei Autarkie. 100 Nutzenfunktion 50 A Vollständige Spezialisierung 100 C Textilien Konsummöglichkeiten für Thailand Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 13 Spezialisierung nach komparativen Kostenvorteilen • In einer Welt mit nur zwei Gütern (also Textilien und Maschinen) muss ein inländischer Preis höher als der entsprechende ausländische Preis liegen, während es sich mit dem Preis des anderen Gutes genau umgekehrt verhält. • Dies impliziert, dass jedes Land bezüglich eines Gutes j komparative Vorteile hat, falls die inländischen Opportunitätskosten tiefer liegen als die ausländischen. • Die Länder spezialisieren sich auf die Produktion des Gutes, bei dem sie einen komparativen Kostenvorteil haben. Die Spezialisierung muss jedoch nicht vollständig sein. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 14 Folgerungen des Ricardo-Modells (1) • Jede beliebige Wirtschaftspolitik, die die inländischen Faktorpreise und die Wechselkurse e senkt, reduziert auch die inländischen Produktionskosten und schafft so komparative Vorteile. • Demgegenüber reduziert eine Aufwertung der inländischen Währung das P*j/Pj Verhältnis, die Wettbewerbsfähigkeit des produzierten Gutes j nimmt ab. • Falls die inländischen Kosten die Weltmarktpreise unterbieten, ist es rentabel zu exportieren. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 15 Folgerungen des Ricardo-Modells (2) • Da die Faktoren für Technologie und Input-Output fix sind und auch nicht auf eine Zunahme der Outputs reagieren, wird jedes Land seine Produktionsschwerpunkte in jene Bereiche setzen, in denen es über komparative Vorteile verfügt. • Das Exportvolumen berechnet sich aus der totalen Produktion minus Eigenkonsum. • Falls ein Land den grössten Teil seines Outputs aus einem Sektor selber verbraucht, in dem es komparative Vorteile besitzt, wird diesem Prinzip wenig Bedeutung beigemessen. • Gerade deshalb wird dem Handelsvolumen im Ricard’schen Modell grosse Aufmerksamkeit geschenkt. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 16 Komparative Vorteile nach Heckscher-Ohlin (HO) (1) • Im HO-Modell werden Unterschiede in den Faktorausstattungen zweier Volkswirtschaften anstelle der eben behandelten Technologie-Unterschiede ins Zentrum gerückt. • Damit dies quasi in reiner Form geschehen kann, werden die Technologien in beiden Ländern als identisch angenommen. • Das Konzept der komparativen Vorteile basiert auf Volumenvorteilen, ausgedrückt in Produktions-Konsum-Raten. • Ein Land hat einen komparativen Vorteil bei jenem Gut, zu dessen Produktion jener Faktor relativ intensiv eingesetzt wird, der im Land im Vergleich zu anderswo reichlich vorhanden ist. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 17 Komparative Vorteile nach Heckscher-Ohlin (2) • Die Theorie prognostiziert Handelsmuster zwischen Ländern in einer simplifizierten “zwei-Güter-Welt“, indem Faktoraustattungen und Outputs in Einheiten von Faktorintensitäten miteinander verbunden werden. • Weiter postuliert sie, dass für ein Land dann ein komparativer Vorteil entsteht, wenn es für die Produktion Faktoren nutzt, die im Überfluss vorhanden sind. • In einer “zwei-Güter-Welt“ hat ein Land dann komparative Vorteile, wenn gilt: Y1/C1 > Y2/C2 • mit: Yi = Produktion von Gut i; Ci = Konsum von Gut i Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 18 Komparative Vorteile nach Heckscher-Ohlin (3) • Es sei darauf hingewiesen, dass hier die relativen, nicht die absoluten Unterschiede in der Faktorausstattung betrachtet werden. • Es sind nur Faktorproportionen von Bedeutung. Ein grosses Land kann ohne weiteres die gleichen Faktorproportionen, wie ein kleines Land haben, obwohl die absolute Faktorausstattung viel grosser ist. • Reichliche Ausstattung mit einem Faktor bedeutet demnach für den Fall der Kapital des Landes Thailand, dass (K/A)T < (K/A)D, wobei K und A die jeweiligen gesamtwirtschaftlichen Faktorbestände symbolisieren. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 19 Folgerungen des Heckscher-Ohlin-Modells (1) • Der Übergang von Autarkie zu Freihandel bewirkt in den beiden Volkswirtschaften, dass Produktion und Konsum entkoppelt werden können. • Somit besteht in der Freihandelssituation eine größere Wahlfreiheit der Konsumenten; Handel ist mit eindeutig positiven Effekten auf die Wohlfahrt verbunden. • Wie schon im Ricardo-Modell beobachtet, wird durch Freihandel in jedem Land ein Sektor zugunsten des anderen Sektors schrumpfen. • Die Ursache dafür sind die unterschiedlichen relativen Fakoraustattungen. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 20 Folgerungen des Heckscher-Ohlin-Modells (2) • Das Modell macht zusätzlich zum Ricardo-Modell auf wichtige Interessenskonflikte zwischen den Faktoreigentümern aufmerksam. • Derjenige Faktor, der unter Autarkie in einem Land relativ knapp ist, wird durch eine Öffnung der Grenzen an Bedeutung verlieren und derjenige, der reichlich vorhanden ist, gewinnen. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 21 Empirische Evidenz zum Heckscher Ohlin-Modells (LeontiefParadoxon) • Einer der bekanntesten empirischen Tests in der Ökonomie ist der Versuch von Leontief, die Gültigkeit des Heckscher-Ohlin-Modells zu prüfen. • Nach dem Heckscher-Ohlin–Theorem wird ein Land das Gut exportieren, dessen Produktion (im Vergleich zu einem anderen Gut) mehr von dem Produktionsfaktor erfordert, der (im Vergleich zu einem anderen Land) reichlich vorhanden ist. • Um einem Test dieser Hypothese durchführen zu können, braucht es eine sogenannte Input-Output Tabelle, die sämtliche Lieferbeziehungen der Branchen untereinander aufzeichnet. • Weil Leontief als erster eine solche Input-Output Tabelle für die USA erstellt hatte, war er in der Lage, das Heckscher-Ohlin-Theorem einem Test zu unterziehen (Zweifel und Heller, 1997). Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 22 Kapital- und Arbeitseinsatz zur Produktion amerikanischer Exporte und Importe (Input-Output Matrix mit 50 Sektoren) Leontiefs Input-Output-Tabelle für die USA beruht auf Daten aus dem Jahre 1947 und umfasst 50 Branchen. Die USA galten in den Fünfziger Jahren allgemein als das kapitalreichste Land der Welt. Folglich müsste nach dem Heckscher-Ohlin–Theorem die USA kapitalintensive Güter exportieren und arbeitsintensive Güter importieren. Kapitaleinsatz Kapitalintensität: Arbeitseinsatz (in Kapital/Arbeit (in USD pro Beschäftigungs-jahren) Beschäftigten und Jahr) Exporte akx = 2,550780 alx = 182,313 13’991 Importe akm =3,091339 alm = 170,114 18’184 Quelle: Zweifel und Heller, 1997 Leontiefs Ergebnisse widersprechen jedoch dieser Voraussage. Dieses Ergebnis ist als sogenanntes Leontief-Paradoxon bekannt. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 23 Stoßrichtung der Kritik und Weiterentwicklung der Theor • Annahme der Vollständiger Konkurrenz in beiden Theorien • Mangelnder Preiswettbewerb auf den Weltmärkten • Subventionen • Gesteuerter Handel • Patentschutz • Lokalisierung des komparativen Vorteils • Produktdifferenzierung Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 24 Außenhandeln von Deutschland: Frankreich bester Kunde Wohin die deutschen Exporte gehen* Frankreich 104,5 USA 86,8 Großbritannien 72,2 Niederlande 71 China 66,6 Österreich 57,9 Italien 56 Schweiz 48,8 Belgien 44,6 Polen 42,2 0 20 40 60 in Milliarden Euro * Quelle: Wirtschaftswoche (2014) 25 80 100 120 Exportweltmeister China Ausfuhren (in Milliarden Dollar)* Quelle: Wirtschaftswoche (2014) 26 Deutschlands wichtigste Ausfuhrgüter* Kraftfahrzeuge 191 Maschinen 166 Chemie 105 EDV und Optik 89 Elektrische Ausrüstung 66 Metalle 59 Pharmazie 57 Sonstige Fahrzeuge 51 Nahrungs- und Futtermittel 46 Gummi und Kunststoffe 38 0 50 * Quelle: Wirtschaftswoche (2014) 27 100 150 in Milliarden Euro 200 250 Steigende Skalenerträge und monopolistische Konkurrenz • Nach der Überlegung von Ricardo und HO sollten zwei Länder umso mehr Handel miteinander treiben, je größer diese Unterschiede sind - was in der Realität jedoch nicht beobachtet wird. • Ein Großteil des Außenhandels wird zwischen Staaten abgewickelt, die sich sehr ähnlich sind. • Neue Außenhandelstheorien versuchen, diesen intraindustriellen Handel mit steigenden Skalenerträgen zu erklären ("je höher die Absatzmenge, desto tiefer die durchschnittlichen Kosten"). Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 28 Skalenerträge und Freihandel DK = Durchschnittskosten; P = Preise; n = Firmenzahl; A = Autarkie; F = Freihandel P, DK DKA PA A DKF F PF Im Punkt A (P=DK) machen Firmen weder Verlust, noch Gewinn P η*A η*F Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai η 29 Steigende Skalenerträge • Der Übergang zum Freihandel kann durch einen Anstieg von Gesamtgrösse des Marktes modelliert werden. • In der Abbildung, dreht sich die Funktion nach unten auf DKF. Das neue Gleichgewicht ist also in F. • Erwartungsgemäss ist die Firmenzahl höher als im Binnenmarktmodell und damit erhöht sich auch die Anzahl der für jeden Konsumenten erhältlichen Produktvariationen. • Der im Freihandelsgleichgewicht niedrigere Preis ergibt sich dadurch, dass jede einzelne Unternehmung nach Öffnung der Grenzen eine grössere Menge herstellt und die dadurch realisierte Fixkostendegression an die Kunden weitergibt. • Wohlfahrtsgewinne durch Freihandel für die Konsumenten ergeben sich somit sowohl aus der grösseren Produktvielfalt, als auch aus dem niedrigeren Preis. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 30 Fazit der steigenden Skalenerträge • Große Länder (mit großem Binnenmarkt) geniessen unter geschlossenen Aussengrenzen und bei gleichzeitigem Vorliegen von steigenden Skalenerträgen Vorteile gegenüber kleineren Ländern, da erstere zu geringeren Stückkosten produzieren können, was praktisch synonym mit grösserem Wohlstand ist. • Dieses Modell bietet daher eine konzeptionelle Grundlage für die Behauptung, dass v.a. kleinere Staaten durch handelspolitische Integration hohe Wohlfahrtsgewinne erzielen können. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 31 Komparative Kostenvorteile (Zusammenfassung) (1) • Der Übergang von Autarkie zu Freihandel eröffnet Möglichkeiten zu Handels-Gewinnen, die sich in verbesserten Konsummöglichkeiten niederschlagen. • Es ist jedoch nicht eindeutig, ob die Verteilung dieser Handelsgewinne als fair empfunden wird. • Insbesondere gibt es ständig Maßnahmen der Staaten, beispielsweise nichttarifäre Handelshemmnisse, um die Bedingungen des Handels zum eigenen Vorteil zu gestalten, d. h. die Handelsgewinne zu Lasten der Handelspartner umzuverteilen. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 32 Komparative Kostenvorteile (Zusammenfassung) 2 • Ein weiteres Problem liegt im eher statischen Charakter der Außenhandelstheorie begründet. • Setzt wichtige Merkmale wie Technologie, Faktorausstattungen und Größe des Binnenmarktes als gegeben voraus. • Danach kann eine Spezialisierung zwar unter den jeweils gegebenen Bedingungen vorteilhaft sein, ein Land kann jedoch die zugewiesene Rolle als unbefriedigend empfinden. • Beispielweise ist die Produktion von Textilien eine vergleichsweise einfachere Tätigkeit als die Produktion von Maschinen, und folglich lassen sich damit nicht dieselben Reallöhne verdienen. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 33 Strategien zum Erlangen komparativer Vorteile • Makroökonomische Stabilität • Offene Handelspolitiken • Investitionen in Humankapital • Selektive Interventionen • Förderung der Industrie • Fremdkredite oder Ausländische Investitionen (FDI) Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 34 Stabiles Makroökonomisches Umfeld • Tiefe und v.a. vorhersehbare Inflation • Ausgeglichene Wechselkurse • Vernünftige Verwaltung des Staatshaushaltes • Defizite bewegen sich relativ zum GDP in vernünftigen Größen • Kredite der Zentralbank zur Deckung des Staatsdefizits werden nur in Ausnahmefällen zugestanden Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 35 Internationale Handelspolitik • Exportförderung • Importsubstitution • Institutionen: GATT, WTO Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 36 Exportförderung (Export-led Growth) • Diese Strategie setzt einen liberalisierten Außenhandel voraus. • Sie soll der Inlandsindustrie Anreize geben, damit sie ihre Produktion am Außenhandel orientiert. • Es soll aber keine Verzerrung durch den Außenhandel geben, sondern einen sehr transparenten Markt. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 37 Gründe zugunsten der Exportförderung (Export-Led Growth) • Größere Wettbewerbsfähigkeit ist auf internationaler Ebene eine Voraussetzung für Exportförderung • Sie bringt höhere Rendite und fördert damit das Wirtschaftswachstum. „Economies of Scale“ • Konzentration der Investitionen in den effizientesten Wirtschaftsektoren • Das Wachstum des Exportsektors fördert die Technologie und die Innovation • Wachstum des Konsums im Inland durch wachsende Einkommen in der Exportindustrie Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 38 Argumente gegen das „ Export-led Growth“ für Entwicklungsländer Das Engel’sche Gesetz • Die Ausgaben für Grundnahrungsmittel nehmen mit steigendem verfügbaren Einkommen absolut zu, relativ jedoch ab Die Prebisch-Singer These • Raul Prebish und Hans Singer haben festgestellt, dass Entwicklungsländer immer primäre Produkte exportieren und hergestellte Produkte importieren • Da der Preis von den primären im Verhältnis zu den hergestellten Produkten relativ fällt, führt das zu sinkenden „Terms of Trade“ Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 39 Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel am Einkommen •Afrikaner geben 50-70% ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus, im Vergleich zu 12 % in Deutschland 40 Terms of Trade • Prebisch-Singer-These („Terms of Trade“: TOT) • TOT = PX/PM; PX = Preise der Exportgüter; PM = Preise der Importgüter • Wenn die Terms of Trade über 100 steigen, verbessert sich das Realaustauschverhältnis, wenn sie unter 100 fallen, verschlechtert es sich. • Wenn sich die Terms of Trade eines Landes verbessern, bedeutet dies, dass für die gleiche Exportmenge mehr Importgüter eingeführt werden können. • Eine Verschlechterung der Terms of Trade deutet darauf hin, dass ein Land mehr exportieren muss, um eine gegebene Menge an Importen zu erwerben. • Die Globalisierung hat über die letzten 15 Jahre zu tendenziell sinkenden Preise für Industriegüter geführt, so dass der Vorteil der Industrieländer gegenüber den Entwicklungsländer abnimmt. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 41 Terms of Trade Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 42 Importsubstitution Mit dieser Strategie versucht man, die Importe mit Produkten von der Inlandsindustrie zu ersetzen. Eine solche Strategie setzt hohe Schutzbarrieren an der Grenze voraus. ◦ Zölle und Quoten Sie ist eine nach innen orientierte Strategie. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 43 Institutionen: GATT, WTO • Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) von 1947 ist der Vorläufer der heutigen Welthandelsorganisation (WTO). • Als Ziele des GATT wird vereinbart, den weltweiten Handel mit Hilfe der Senkung von Zöllen und der Beseitigung von anderen Beschränkungen im Außenhandel zu fördern. • Die WTO nimmt 1995 ihre Arbeit auf. • Zwischen 1947 und 1994 gibt es insgesamt acht GATTRunden. 44 Institutionen: GATT, WTO (1) • Fakten zur WTO: Funktion • Administration der WTO Beschlüsse • Forum für Verhandlungen • Streitschlichtung • Monitoring der nationalen Handelspolitiken • Technische Assistenz für Entwicklungsländer • Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 45 Institutionen: GATT, WTO (2) • Grundsätze: • Meistbegünstigung • Reziprozität • Gleichbehandlung • Entscheidungsprozess: • Konsens (Einstimmigkeit) Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 46 Grundsätze • Meistbegünstigung: Vorteile, die ein Land einem anderen Land einräumt, müssen stets auch allen anderen Mitgliedsländern zugestanden werden • Reziprozität: Präferenzen, die ein Mitglied einem Zweiten gewährt, in gleichem Maße vom zuerst begünstigten Land gewährt werden müssen • Gleichbehandlung: Importierende ausländische Unternehmen dürfen nicht gegenüber inländischen Unternehmen benachteiligt werden. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 47 Institutionen: GATT und WTO Zeitraum Zollsenkung im Durchschnitt Zahl der Mitgliedsstaat en Genf 1947 (1) 19 % 21 Annecy 1949 (1) 2% 22 Torquay 1950-51 (2) 3% 33 Genf 1955-56 (2) 2% 34 Dillon 1961-62 (2) 7% 43 Kennedy 1964-67 (3) 35 % 75 Tokio 1973-79 (7) 34 % 86 Uruguay 1986-94 (9) 40 % 124 Runde •Die achte Runde (sog. Uruguay-Runde) endete mit der Gründung der Welthandelsorganisation. •Aktuelle Zahl der Mitgliedsstaaten ist 159. 48 Beispiel: Zolleskalation-Kakao in der Schweiz 16,2 Milchschokolade (ERP) 2,4 Bitterschokolade (ERP) Kakaopulver 8,7 Kakaomasse 9 0,5 Kakaobutter Kakao 0 0 5 10 15 20 äquivalenter ad valorem Zoll (%) Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 49 Nicht-tarifäre Maßnahmen • Große Bedeutung besitzen aber auch die nichttarifären Handelshemmnisse: • Die nicht-tarifäre Handelshemmnisse: • sämtliche Versuche, durch Vorschriften außerhalb des Außenhandelsrechtes ausländischen Anbietern den Marktzugang zu erschweren. • Importquoten: (Importquote für Käse in den USA und EU) • Besondere technische Normen und Zulassungsprozeduren • Industrie-, Gesundheits- und Sicherheitsstandards (z.B. EU Importverbot für Fisch aus Ostafrikanischen Ländern in der 1990er Jahren) • Verpackungen und Etikettierung • Selbstbeschränkungsabkommen • Ausländer diskriminierende Vorschriften und Normen Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 50 Doha-Runde: 2001 bis 2013 • Die Doha-Runde ist die jüngste Welthandelsrunde. Sie will den globalen Handel liberalisieren. • Auf entsprechende Verhandlungen verständigten sich die WTOMitglieder 2001 in der Hauptstadt des Emirats Katar. • Ziel ist „die Verbesserung der Handelsaussichten von EL“. • Zölle sowie Import- und Exportbeschränkungen sollen abgebaut werden. • Die IL fordern freien Zugang für seine Waren und Dienstleistungen zu den Märkten von Schwellenländern. • Diese wollen wiederum, dass die EU und USA Agrarsubventionen abbauen und ihre Märkte für Agrarprodukte von Entwicklungsländern öffnen. 51 Auswirkungen einer Handelsliberalisierung Eine vollständige Liberalisierung kann durch Verluste bezüglich der realen Austauschverhältnisse für einzelne Länder negative Auswirkungen haben, weil sie entweder ◦ Nettolebensmittelimporteure sind und somit gestiegene Agrarpreise ihr Einkommen verringern würden, oder ◦ weil sie vorrangigen Marktzugang besitzen, die durch Liberalisierung zerstört würde Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 52 WTO einigt sich auf elthandelsabkommen • FAZ (7.12.2013): • Die Einigung ist die erste umfassende Handelsreform seit Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) 1995. “Zum ersten Mal in unserer Geschichte hat die WTO wirklich geliefert“, sagte WTO-Chef Roberto Azevedo. „Dieses Mal kam die gesamte Mitgliedschaft zusammen. Wir haben die ’Welt’ wieder in die Welthandelsorganisation gebracht.“ 53 Maßnahmen zur Handelserleichterung • Bindende Anpassung der Zollprozesse der EL an die Standards der IL • Finanzielle Unterstützung zur Umsetzung (Bsp.: EU sichert ca. 400 Mio. Euro für die nächsten 5 Jahre zu • Ziel • Reduzierung der Handelskosten (ca. 16% der EL) • Effizienz des grenzüberschreitenden Handels fördern • Steigerung der globalen Wirtschaftsleistung 54 Fairer Handel als Antwort auf eine ungerechte globale Wirtschaft Fairer Handel hat seine Wurzeln geschlagen in World Visions Projekten in Latein Amerika, wie zum Beispiel Kolumbianische Kooperativen. Fair Trade Transaktionen stellen sicher, dass die Gewinne direkt zu den Produzenten und ihren Gemeinden fließen und nicht über unternehmerische Zwischenhändler. Während multinationale Unternehmen von den steuerfreien Zonen profitieren, zahlen Fair Trade Produzenten Steuern an ihre Regierungen, um ihren Beitrag zu leisten zur Sicherung sozialer Dienste und Stärkung der Wirtschaften. Vorlesung zum Modul Entwicklungsökonomie. Prof. Dr. Awudu Abdulai 55 Auswirkung der Inflation und Abwertung auf die Gewinne der Exporteure • Heute: 12 Cedis pro Dollar -> 12 Cedis = 1$ ; realer Wechselkurs =100 1) Exporteure verkauft Güter im Wert von 2) In lokaler Währung bekommt der Exporteure 3) Produktionskosten in lokaler Währung 4) Gewinn für den Exporteure 100’000 $ 1’200’000 Cedis 900’000 Cedis 300‘000 Cedis • Drei Jahre später, nach Exportboom: Kumulierte inländische Inflation ist 33% höher als auf dem Weltmarkt -> Aufwertung des realen Wechselkurses auf 75. 1)Exporteure verkauft Güter im Wert von 100’000 $ 2)In lokaler Währung bekommt der Exporteure 1’200’000 Cedis 3)Produktionskosten in lokaler Währung 1‘200‘000 Cedis 4)Gewinn für den Exporteure 0 Cedis • 1) Drei Jahre später, nach Abwertung um 33% zu 16 Cedis pro Dollar -> 16 Cedis = 1$; realer Wechselkurs steigt auf 100. Exporteure verkauft Güter im Wert von 2) In lokaler Währung bekommt der Exporteure 3) Produktionskosten in lokaler Währung 4) Gewinn für den Exporteure Bereinigt mit Inflation von 33% 100’000 $ 1’600’000 Cedis 1‘200’000 Cedis 400‘000 Cedis 300‘000 Cedis