Aus dem Department für Interdisziplinäre Zahnmedizin und Technologie der Donau-Universität Krems, Österreich Universitätslehrgang „Master of Science Parodontologie“ Aktuelle Aspekte der Papillenrekonstruktion (Literaturübersicht) vorgelegt: 2008 von Julia Pilar Savić-Quilez Würzburg Prüfer: Priv. Doz. Dr. M. Stelzel Meinem Mann Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 2. Ziel der Arbeit 2 3. Theoretische Grundlagen 3 3.1 Anatomie 3 3.1.1 Allgemein 3 3.1.2 Spezielle Papillenanatomie 5 3.2 Faktoren des Papillenerhaltes 6 3.3 Klassifikation der Interdentalpapillen 7 3.4 Parodontale Rezessionen 9 3.4.1 Miller-Klassen 9 3.4.2 Einteilung nach Sullivan und Atkins 11 3.5 Ätiologie des Papillenverlustes 13 3.5.1 Endogene Faktoren 13 3.5.2 Exogene Faktoren 14 3.5.3 Parodontalchirurgie 16 3.5.3.1 Gingivektomie 16 3.5.3.2 Lappenoperationen 17 3.5.3.3 Knochenchirurgie 17 Inhaltsverzeichnis II 4. Material und Methoden 4.1 Auswahlkriterien 19 19 4.1.1 Suchwörter für Internet-Datenbanken 19 4.1.2 Suchwörter für Printmedien 19 4.2 Datenerfassungsquellen 19 4.2.1 Internet-Datenbanken 19 4.2.2 Printmedien 20 4.3 Datenerfassungszeitraum 20 21 5. Ergebnisse 5.1 Datenquantität 21 5.1.1 Internetdatenbank 21 5.1.2 Printmedien 21 5.2 Trefferquote 21 5.2.1 National Center for Biotechnology Information 21 5.2.2 Journal of Clinical Periodontology 22 5.2.3 Quintessenz Parodontologie 22 6. Diskussion 23 6.1 Diskussion der Methode 23 6.2 Diskussion der ermittelten Ergebnisse 24 6.2.1 Parodontal-Chirurgische Papillenrekonstruktion 24 6.2.1.1 Einschichtiges Verfahren 24 6.2.1.2 Zweischichtiges Verfahren 24 6.2.1.3 Osseo-Augmentative Verfahren 26 Inhaltsverzeichnis III 6.2.2 Konservierende Therapien 27 6.2.3 Prothetische Therapien 30 6.2.3.1 Provisorien 30 6.2.3.2 Gingivaepithesen 31 6.2.4 Parodontal-Kieferorthopädische Kombinationstherapie 33 7. Konklusion 36 8. Zusammenfassung 37 9. Summary 38 10. Literaturübersicht 39 Danksagung 44 Lebenslauf 45 Eidesstattliche Erklärung 46 Einleitung 1 1 Einleitung Die Anwesenheit der interdentalen Papille ist sowohl für den Zahnarzt als auch für den Patienten von außerordentlicher Wichtigkeit. Die Retraktion bzw. das vollständige Fehlen der approximalen Gingiva führt zu ästhetischen, phonetischen und funktionellen Beeinträchtigungen. Die offenen Interdentalräume werden von Patienten als störende und oftmals sozial stigmatisierende „schwarze Dreiecke“ wahrgenommen. Desweiteren wirken sich die offenen approximalen Areale negativ auf die Bildung von S-, Sch- und Z-Lauten aus und belasten so die Patienten zusätzlich mit „feuchter Aussprache“. Die Speiseimpaktionen sind ein weiteres Problem der Patienten, welches nur mit frequenteren und intensiveren Mundhygienemaßnahmen zu beseitigen ist. Jedoch ist dabei zu beachten, dass eine große Anzahl an Patienten mit Papillenverlust höheren Alters ist und notwendige manuellprophylaktische Handlungen nur noch bedingt durchführen können. Die vollständige und vorhersagbare Rekonstruktion der verlorengegangenen interdentalen Gingiva stellt eine große Herausforderung an den behandelnden Zahnarzt. In der Literatur sind ausschließlich Falldokumentationen zur Papillenrekonstruktion zu finden, wobei die wissenschaftliche Datenlage bezüglich der Langzeitprognose und Vorhersagbarkeit des Ergebnisses gering ist. Die Herangehensweise parodontalchirurgische der Autoren ist indes multiplex, es werden [NEMCOVSKY 2001], konservierende [SIGUSCH 2008], prothetische [EICKHOLZ 2008] und kombiniert parodontal-kieferorthopädische Therapien [CARDAROPOLI ET AL. 2004] vorgeschlagen. Ziel der Arbeit 2 2 Ziel der Arbeit Ziel dieser Arbeit ist es, einen Literaturüberblick über den aktuellen Stand der Wissenschaft zur chirurgischen und nichtchirurgischen Papillenrekonstruktion zu geben. Theoretische Grundlagen 3 3 Theoretische Grundlagen 3.1 Anatomie 3.1.1 Allgemein Die orale Mukosa kleidet die Mundhöhle aus und kann morphologisch unterteilt werden in die keratinisierte Mukosa (Gingiva und harter Gaumen), die auskleidende Mukosa (weicher Gaumen, Mundboden, Alveolarfortsätze, Lippen, Wangen und Zungenunterseite) und die spezialisierte, sensorische Mukosa (Zungenrücken) [ORBAN AND SICHER 1945]. Die Gingiva ist Teil der keratinisierten oralen Mukosa und beschreibt das unmittelbar am Zahn anliegende, den koronalen Teil des Alveolarfortsatzes bedeckende Weichgewebe. Dabei wird unterschieden zwischen freier, nicht am Zahn befestigter Gingiva und sich apikal anschließender befestigter Gingiva, welche dem Zahnhals und dem oralen sowie vestibulären Alveolarfortsatz fest anhaftet [LINDHE 1986]. Die freie Gingiva ist blaßrosa gefärbt mit matter Oberfläche und fester Konsistenz. In koronaler Richtung endet sie im freien Gingivalrand, der arkadenförmig verläuft. Der Gingivalrand liegt der Zahnoberfläche eng an und besitzt eine abgerundete Oberkante. Diese stellt sich bei konturierten Zahnoberflächen schmal dar, weist jedoch bei flachen, nicht gewölbten Zahnoberflächen einen wesentlich breiteren Rand auf. Im Sulkus reicht die freie Gingiva bis an den Beginn des Saumepithels. Die sondierbare Tiefe dieser klinischen Tasche beträgt physiologisch 1-2 mm vestibulär und oral, interdental 2-3 mm [FUDER AND JAMISON 1963]. Theoretische Grundlagen 4 Die befestigte Gingiva hat wie die freie Gingiva eine feste Konsistenz mit blaßrosaner Färbung. Oberflächenstippelung Bei etwa ersichtlich. 40 % Die der Erwachsenen befestigte Gingiva ist ist eine durch Bindegewebsfasern mit dem Alveolarknochen und Wurzelzement fixiert und in Folge dessen auf den darunterliegenden Geweben kaum verschiebbar. Abbildung 1: Schemazeichnung der Gingiva [RAMFJORD ET AL. 1984] Kaudal geht die befestigte Gingiva in die alveoläre Mukosa über. Diese Demarkation zwischen den beiden Geweben wird als mukogingivale Grenzlinie bezeichnet. Die alveoläre Gingiva ist dunkler gefärbt und nur lose mit dem darunterliegenden Alveolarknochen verbunden, Verschieblichkeit auf der Unterlage resultiert. so dass daraus eine Theoretische Grundlagen 5 Die Breite der befestigten Gingiva variiert zwischen Zähnen und Kiefern [AINAMO AND LOE 1966, BOWERS 1963]. Die breiteste Zone befestigter Gingiva findet sich in den anterioren Regionen, von den Eckzähnen nach distal nimmt die Breite ab. Am schmalsten ist die befestigte Gingiva bukkal der ersten Prämolaren des Unterkiefers, am breitesten in der Region der Frontzähne des Oberkiefers [BOWERS 1963]. Lingual des Unterkiefers erreicht die befestigte Gingiva einen Durchschnittswert von 3-4 mm, unterdessen im Oberkiefer palatinal keine definierte Grenzlinie zur keratinisierten Mukosa des Gaumens auszumachen ist. Im fortschreitenden Alter verbreitert sich die befestigte Gingiva unter der Voraussetzung, dass keine Rezessionen vorliegen. 3.1.2 Spezielle Papillenanatomie Das interdentale und den Alveolarkamm bedeckende Gewebe wird als Papille bezeichnet und zur freien Gingiva gezählt. Die Form der Interdentalpapille wird modelliert durch die Kontaktverhältnisse zwischen den begrenzenden Nachbarzähnen, die Breite der Approximalflächen und den Verlauf der Schmelzzementgrenze [LINDHE 1986]. Dort, wo die Zähne approximalen Kontakt haben, erstreckt sich die Papille fast bis zum Kontakt der Zähne. Im Frontzahnbereich haben die Papillen Pyramidenform, während im Prämolarenund Molarengebiet zwei relativ gleichmäßige Dreieckspyramiden durch eine interdentale Sattelzone verbunden sind [RAMFJORD ET AL. 1984]. Bei fehlendem Kontaktpunkt hat die Interdentalpapille eine in vestibulooraler Richtung abgerundete Oberfläche, welche nach koronal nicht immer den Approximalkontakt erreicht. Im Gegensatz zum Frontzahngebiet, wo zwischen Zähnen Kontakt-Punkte vorherrschen, weisen die Prämolaren und Molaren meist Kontakt-Flächen auf. Theoretische Grundlagen 6 Dieses führt dazu, dass sich das interdentale Gewebe dieser Struktur anpasst und es so auf Höhe der Kontakt-Fläche zu einer Konkavität (sog. Col) der Papille mit vestibulären und oralen Anteilen kommt [RAMFJORD ET AL. 1984]. Abbildung 2: Schemazeichnung mit approximaler Grenzlinie [RAMFJORD ET AL. 1984] 3.2 Faktoren des Papillenerhalts TARNOW ET AL. [1992] stellten in ihrer empirischen Studie die maßgeblichen Faktoren für eine bis an den Approximalkontakt heranreichende Papille vor. In dieser Arbeit verglichen sie den Abstand des Kontaktpunktes zweier Zähne zum Limbus alveolaris in Relation zur Ausdehnung der Papille. Aus ihren Beobachtungen konnte der Schluss gezogen werden, dass ein Abstand bis 5 mm zu einer nahezu vollständigen Ausfüllung des Interdentalraums durch Papillengewebe führt. Bei einer Distanz von 6 mm ist eine vollständige Auskleidung des interdentalen Raumes nur noch in 56 % der Fälle zu beobachten. Beträgt der Abstand 7 mm und mehr, ist eine komplette Auffüllung des Approximalraums mit Papillengewebe lediglich zu maximal 27 % zu erwarten. Theoretische Grundlagen 7 Neuere Studien konnten zeigen, dass die Rekonstruktion des Kontaktpunktes in Relation zum Limbus alveolaris zu einer Wiederherstellung der Papille mit optimaler interdentaler Auskleidung führt und histologisch gleichzusetzen ist mit physiologisch ausgeformter papillärer Mukosa [HAN TAKEI AND 1996, PAPALEXIOU ET AL. 2006]. HEINS UND W IEDER [1986] zeigten in ihrer Studie, dass der Abstand der Wurzeln zueinander ebenfalls Auswirkungen auf das Vorhandensein der Papillen hat. Beträgt dieser Zwischenraum mehr als 0,5 mm, ist zu ca. 90% interradikulärer Knochen vorhanden, welcher als Fundament für die Papillen dient. Unterhalb von 0,5 mm ist nahezu kein spongiöser Knochen mehr anzutreffen mit der Folge, dass die notwendige knöcherne Basis für das Weichgewebe fehlt. 3.3 Klassifikation der Interdentalpapillen Die Klassifikation der Interdentalpapillen nach NORDLAND AND TARNOW [1998] betrachtet die papilläre Resthöhe in Relation zum Kontaktpunkt benachbarter Zähne. Daraus physiologische, ergibt den sich ein 3 Interdentalraum gradiger Papillenindex, ausfüllende Papille wobei nicht in die das Klassifizierungssystem miteinbezogen wird. Anhand der graduellen Einteilung ist eine Gegenüberstellung der prätherapeutischen Ausgangssituation mit der posttherapeutischen Endsituation möglich. Theoretische Grundlagen 8 Papillenindex - Grad I: Die Interdentalpapille befindet sich zwischen dem Kontaktpunkt und der Schmelz-Zement-Grenze der Nachbarzähne. Papillenindex – Grad II: Die Interdentalpapille befindet sich auf gleichem Niveau wie die approximale Schmelz-Zement-Grenze. Papillenindex – Grad III: Die Interdentalpapille befindet sich auf gleichem Niveau wie die faziale Schmelz-Zement-Grenze oder apikal davon. Theoretische Grundlagen 9 3.4 Parodontale Rezessionen Der Verlust der Interdentalpapille ist in vielen Fällen mit parodontalen Rezessionen vergesellschaftet. MILLER [1985] teilte diese Defekte im Hinblick auf die Erfolgswahrscheinlichkeit der chirurgischen Intervention in ein vierteiliges Rezessionsschema ein. Wichtigstes Kriterium dieser Gradeinteilung ist die apikokoronale Ausdehnung der Rezession in Relation zur mukogingivalen Grenzlinie. Weitere Berücksichtigung findet die approximale, interdentale Alveolarkammhöhe und die Zahnstellung. 3.4.1 Miller-Klassen Miller-Klasse I Die Miller-Klasse I umfasst kurze breite und kurze schmale Rezessionen, ohne dass die mukogingivale Grenzlinie überschritten wird. Interdental sind Alveolarknochen und bedeckende Gingiva vollständig erhalten. Die Prognose des parodontal-chirurgischen Eingriffes ist sehr gut, eine vollständige Wurzeldeckung ist zu erwarten. Theoretische Grundlagen 10 Miller-Klasse II Die Miller-Klasse II beinhaltet lange schmale und lange breite Rezessionen mit Durchbruch der mukogingivalen Grenzlinie. Wie bei der Miller-Klasse II sind interdentaler Knochen einschließlich Weichgewebe komplett erhalten. Auch hier ist eine vollständige Rezessionsdeckung zu erwarten. Miller-Klasse III Die Miller-Klasse III ist eine Kombination der Klassen I oder II mit dem partiellen Verlust von interdentalem Alveolarknochen und bedeckender Gingiva. Es kann in Folge dessen zu Zahnfehlstellungen kommen. Die Rezession überschreitet die Mukogingivallinie. Nach chirurgischer Intervention ist mit einer teilweisen Wurzeldeckung zu rechnen. Theoretische Grundlagen 11 Miller-Klasse IV Die Miller-Klasse IV umfasst mukogingival überschreitende Rezessionen mit ausgeprägtem interdentalen Knochen- und Weichgewebsverlust. Schwere Zahnfehlstellungen können auftreten. Eine Wurzeldeckung ist ausgeschlossen. 3.4.2 Einteilung nach Sullivan und Atkins Zusätzlich zur Miller-Klassifizierung ist eine morphologische Einteilung nach SULLIVAN UND ATKINS [1968] möglich. Diese sieht eine Beurteilung der Breite der parodontalen Rezession vor, durch die ebenfalls Rückschlüsse Vorhersehbarkeit des chirurgischen Erfolges gezogen werden können. Flache, enge Rezession zur Theoretische Grundlagen Flache, weite Rezession Tiefe, enge Rezession Tiefe, weite Rezession 12 Theoretische Grundlagen 13 3.5 Ätiologie des Papillenverlustes Die Problematik des Papillenverlustes bzw. der Papillendestruktion geht in vielen Fällen mit Rezessionen einher und ist auf verschiedene endogene und exogene Faktoren zurückzuführen. 3.5.1 Endogene Faktoren Zu den endogenen Einflüssen zählen parodontitisassoziierte Destruktionsvorgänge, deren Konsequenz alveoläre Knochen- und Weichgewebsverluste sind. Chronische parodontale und gingivale Entzündungen führen zu einem schleichenden Verlust des Gewebes [WAERHAUG 1979], wohingegen akute Entzündungen (Nekrotisierende Ulzerierende Gingivitis - NUG / Nekrotisierende Ulzerierende Parodontitis - NUP) zu einem progredienten Verlust der interdentalen Papille führen [DGP 2002, BOWERS 1963]. Aufgrund von Zahnfehlstellungen wird das Risiko für Rezessionen und in Folge dessen auch für Papillenverluste erhöht. Die unphysiologische Durchbruchsrichtung sowie Größe und Form des Zahnes können eine fehlende oder unzureichende knöcherne Bedeckung begünstigen, was zu einer prozentual höheren Anfälligkeit für Rezessionen und Papillenverlust in diesem Bereich führt [BERNIMOULIN AND CURILOVIE 1977]. In Folge von Zahnverlust kann es ebenfalls zu einem Abbau der Papille kommen, da das nichtbelastete Areal zu einer Atrophie des alveolären Knochens führt und somit dem Weichgewebe die stützende Funktion der knöchernen Unterlage entzogen wird. Am Antagonisten kommt es aufgrund Theoretische Grundlagen 14 fehlender Abstützung zu einer Extrusion und im weiteren Verlauf ebenfalls zum Papillenverlust. Einfluss auf das Weichgewebe nehmen auch hoch inserierende Bändchen von Zunge, Lippen, Wangen oder Muskeln. Der permanente Zug in Verbindung mit dünnem Gingivatyp verstärkt die Problematik der Rezession in Verbindung mit interdentalem Papillenverlust [EGER ET AL. 1996]. Alterungsprozesse der parodontalen Gewebe haben zur Folge, dass das Bindegewebe dichter wird. Die Rezessionshäufigkeit und Anzahl nimmt mit dem Alter zu [LÖE ET AL. 1992]. Die Gingiva enthält mit zunehmendem Alter weniger Bindegewebszellen und ist dünner. Die Folge ist eine herabgesetzte Elastizität des Gewebes. Im Rattenmodell konnte die mit zunehmendem Alter reduzierte Kollagenproduktion gezeigt werden [OEHMKE ET AL. 2004]. 3.5.2 Exogene Faktoren Die knöcherne alveoläre Bedeckung der Wurzel im vestibulären Anteil, besonders bei Frontzähnen, ist oftmals sehr dünn. In vielen Fällen ist eine Fenestrierung oder Dehiszenz des Knochens in diesem Areal nachzuweisen. Iatrogene, traumatische Faktoren sind in der Lage, diese Situation negativ zu beeinflussen. Kieferorthopädische Therapien können als Folge übermäßiger fazialer Zahnbewegungen eine Rezession der Gingiva aufweisen. In Studien an Patienten mit kieferorthopädischen Apparaturen im Unterkiefer konnte für den anterioren Bereich ein Verlust an befestigter und freier Gingiva bis hin zu deutlichen Rezessionen nachgewiesen werden [FOUSHEE WENNSTRÖM ET AL. 1987, KARRING ET AL. 1982]. ET AL. 1985, Theoretische Grundlagen Insuffiziente 15 und abstehende Restaurationsränder von Kronen- und Brückenversorgungen sowie Teile von Prothesen (Klammern, Geschiebe, Doppelkronen, etc.) können zu Plaqueanhäufungen und in Folge dessen zu entzündlichen Veränderungen der umgebenden Weichgewebe führen [VALDERHAUG 1980]. Die Auswirkungen von okklusalen Traumata und Bruxismus auf die Entstehung von Rezessionen und damit vergesellschafteten Problemen werden in der Literatur kontrovers diskutiert. Einerseits wird der durch die unphysiologische Okklusion entstehende Druck auf den Zahn und die damit verbundene Minderdurchblutung als ausschlaggebender Grund für das Zurückziehen der Gingiva angesehen [MORMANN ET AL. 1979]. Andererseits kann kein Zusammenhang zwischen okklusalen Faktoren und der damit verbundenen Entstehung von Rezessionen festgestellt werden [BUHL 1991]. Wangen-, Zungen- und Lippenpiercings sind heutzutage ebenfalls als Auslöser von Gingivarezessionen anzusehen. Die Lokalisation, Größe, Materialbeschaffenheit und Tragezeit des Piercings ist für die Entstehung und das Ausmaß einer Rezession ausschlaggebend [SARDELLA KAPFERER ET AL. ET AL. 2002]. [2007] konnten zeigen, dass Lippenpiercings gingivale Probleme in Form von Rezessionen deutlich begünstigen. Auch ein Zusammenhang mit lokalisierter Parodontitis im Bereich des Piercings wurde festgestellt. LEICHTER AND MONTEITH [2006] haben in ihrer Studie ein im Vergleich zur Kontrollgruppe 7½-fach höheres Risiko für Rezessionen in der Piercinggruppe nachgewiesen. Traumatische Zahnputztechniken als Auslöser für gingivale Rezessionen sind noch nicht hinlänglich geklärt [RAJAPAKSE ET AL. 2007]. Sollte ein Zusammenhang bestehen, so ist davon auszugehen, dass Faktoren wie Anpressdruck, Putzfrequenz, Borstenhärte, Putzdauer und manuelle Fertigkeit Theoretische Grundlagen 16 Einfluss nehmen auf die Entstehung und Ausprägung der gingivalen Rezessionen [KHOCHT ET AL. 1993]. 3.5.3 Parodontalchirurgie Parodontalchirurgische Eingriffe haben das Ziel, pathologisch verändertes Parodont unter Elimination des Infektes in einen physiologischen, gesunden Zustand zu überführen [LINDHE 1986, RAMFJORD ET AL. 1984]. 3.5.3.1 Gingivektomie Die Gingivektomie bezeichnet die chirurgische Taschenbeseitigung als auch die Neumodellierung und Rekonturierung des Gingivagewebes [LINDHE 1986, RAMFJORD ET AL. 1984]. Indikationen für eine Gingivektomie sind [LÖE AND WRIGHT 1965]: ⇒ Beseitigung von Parodontaltaschen mit mehr als 3 mm Tiefe zur Verbesserung der Mundhygiene ⇒ Schaffung eines Zuganges zu tiefer liegenden Konkrementen ⇒ Korrektur pathologischer Konturen der Gingiva ⇒ Elimination von Gingivahyperplasien ⇒ Optimierung für prothetische Belange Die Exzision von Gingivaanteilen führt zu einer generellen apikalen Verschiebung des Weichgewebes. Die Folge für alle oben genannten Indikationen ist daher ein potenzieller Papillenverlust. Theoretische Grundlagen 17 3.5.3.2 Lappenoperationen Die klassischen Indikationen für Lappenoperationen sind: ⇒ Die chirurgische Beseitigung von Parodontaltaschen ⇒ Begünstigung für Reattachment und Knochenregeneration ⇒ Korrektur gingivaler und mukogingivaler Beeinträchtigungen Zu den (Klassische Operationstechniken Widman-Lappen, zählen verschiedene Modifizierter Lappenoperationen Widman-Lappen, Apikaler Verschiebelappen, Vorhanglappen nach Frisch et al., Papillenerhaltungslappen nach Takei et al., Keilexzision nach Robinson). Durch die Operationen wird der Zugang zu sämtlichen Wurzeloberflächen erhöht und somit die Effizienz von Scaling und Wurzelglättung gesteigert. Desweiteren wird eine Verbesserung der Reinigungsmöglichkeit der pathologisch exponierten Wurzeloberflächen durch den Patienten erreicht [LINDHE 1986, RAMFJORD ET AL. 1984]. Die Wiederherstellung der physiologischen Morphologie des marginalen Parodonts erfolgt jedoch zulasten eines deutlich reduzierten Weichgewebeniveaus mit Verlust an Alveolarkammhöhe und interdentalen Papillen [W OOD ET AL. 1972]. 3.5.3.3 Knochenchirurgie Das Ziel der resektiven Knochenchirurgie ist die Erstellung einer positiven und physiologischen Architektur des Alveolarknochens. Modellierender Abtrag nicht zahntragenden Knochens nennt man Osteoplastik. Der Abtrag von zahntragenden Anteilen definiert hingegen die Ostektomie [LINDHE 1986, RAMFJORD ET AL. 1984]. Indikationen für diese Methode sind: ⇒ intraossäre Defekte Theoretische Grundlagen 18 ⇒ interdentale Knochenverluste ⇒ Reduzierung von Kanten, Exostosen und Tori ⇒ Taschenelimination ⇒ Knochenverluste aufgrund von Entzündungen oder Traumata mit unregelmäßigem marginalen Verlauf Wie bei der Parodontalchirurgie ist in der resektiven Knochenchirurgie eine Wiederherstellung physiologischer Morphologie nur auf reduziertem Weichgewebe- und Knochenniveau möglich. Die Folge sind Verluste der interdentalen Gingiva. Material und Methoden 4 19 Material und Methoden 4.1 Auswahlkriterien 4.1.1 Suchwörter und Suchwortkombinationen für Internet-Datenbanken Suchwortkombinationen der Recherche waren „Interdental Papilla Augmentation“, „Interproximal Papilla Augmentation“, „Papilla Reconstruction“, „Interdental Papilla Reconstruction“ und „Papillae Reconstruction“. 4.1.2 Suchwörter und Suchwortkombinationen für Printmedien Suchwortkombinationen der Recherche waren „fehlende Interdentalpapille“ und „Gingivaepithesen“ 4.2 Datenerfassungsquellen 4.2.1 Internet-Datenbanken Die Internetrecherche wurde mithilfe der Datenbank von www.pubmed.gov der „National Center for Biotechnology Information“ und der Datenbank von www.efp.net des „Journal of Clinical Periodontology“ durchgeführt. Material und Methoden 20 4.2.2 Printmedien Für die printmediale Suche wurde die Zeitschrift „Parodontologie“ aus dem Quintessenz-Verlag herangezogen. 4.3 Datenerfassungszeitraum Der Erfassungszeitraum für die Internetrecherche bei beiden InternetDatenbanken umfasste die Jahre 1986-2008. Der Erfassungszeitraum für die printmediale Recherche bezog sich auf das Jahr 2008. Ergebnisse 5 21 Ergebnisse 5.1 Datenquantität 5.1.1 Internetdatenbank Insgesamt wurden über beide Internetdatenbanken 23 Literaturangaben (Überschneidungen herausgerechnet) in dem Zeitraum von 1986 bis 2008 recherchiert. 5.1.2 Printmedien Das Ergebnis der printmedialen Recherche waren 2 Artikel. 5.2 Trefferquote 5.2.1 National Center for Biotechnology Information Suchbegriff: Interproximal Papilla Augmentation ⇒ 1 Treffer Suchbegriff: Interdental Papilla Augmentation ⇒ 1Treffer Suchbegriff: Papilla Reconstruction ⇒ 17 Treffer Suchbegriff: Interdental Papilla Reconstruction ⇒ 8 Treffer Suchbegriff: Papillae Reconstruction ⇒ 4 Treffer Ergebnisse 5.2.2 Journal of Clinical Periodontology Suchbegriff: Interproximal Papilla Augmentation ⇒ 0 Treffer Suchbegriff: Interdental Papilla Augmentation ⇒ 0 Treffer Suchbegriff: Papilla Reconstruction ⇒ 1 Treffer Suchbegriff: Interdental Papilla Reconstruction ⇒ 0 Treffer Suchbegriff: Papillae Reconstruction ⇒ 0 Treffer 5.2.3 Quintessenz Parodontologie Suchbegriff: Fehlende Interdentalpapille ⇒ 1 Treffer Suchbegriff: Gingivaepithesen ⇒ 1 Treffer 22 Diskussion 6 23 Diskussion 6.1 Diskussion der Methode Die Hauptsuche erfolgte mithilfe der Internetdatenbank von „Pubmed“. Zusätzlich wurde auch die Datenbank des „Journal of Clinical Periodontology“ herangezogen. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten Artikel nur Fallberichte beschreiben und kein einziges evidenzbasiertes Suchergebnis ergeben haben. Einzig die Arbeit von EICKHOLZ [2008] zu flexiblen Gingivaepithesen kann auf mehrere Jahre der erfolgreichen Anwendung des Behandlungskonzeptes verweisen. Diskussion 24 6.2 Diskussion der ermittelten Ergebnisse 6.2.1 Parodontal-Chirurgische Papillenrekonstruktion Für Parodontal-Chirurgische Therapien zur Papillenrekonstruktion werden in der Literatur verschiedene Herangehensweisen anhand von Fallberichten beschrieben [AZZI ET AL. 1998, BEAGLE 1992, BIJLANI 1999, HAN AND TAKEI 1996, PINI PRATO ET AL. 1986]. Zu unterscheiden sind diese in der Anwendung mukogingivaler Lappen ohne und mit bindegewebigen Transplantaten. 6.2.1.1 Einschichtiges Verfahren Das einschichtige mukogingivalen Verfahren Lappen bezeichnet verschiedener die reine Präparationsart Verwendung von (Rotationslappen, koronal verschobene Lappen) zur Wiederherstellung verlorengegangener interdentaler Weichgewebe [AUBERT ET AL. 1994]. Eine hinreichend breite und dicke befestigte Gingiva ist Grundvoraussetzung für Anwendungen dieser Art [BALDI ET AL. 1999]. Mithilfe dieser operativen Methode ist auch die implantologisch-prothetische Papillenrekonstruktion möglich [GROSSBERG 2001, NEMCOVSKY ET AL. 2000]. 6.2.1.2 Zweischichtiges Verfahren Als zweischichtiges Verfahren wird die kombinierte Verwendung von subepithelialen Bindegewebstransplantaten in Verbindung mit Spaltlappen bezeichnet. Diese chirurgische Technik ermöglicht eine Vaskularisation und Einheilung des eingebrachten Transplantates. verbesserte Diskussion 25 NEMCOVSKY [2001] hat eine Studie an 9 Patienten mit 10 Papillenaugmentationen durchgeführt. Ziel dieser Arbeit war die Evaluierung eines neuartigen chirurgischen Procederes aus Papillenlappen und Bindegewebstransplantat. Der Ablauf umfasst eine minimale Inzision palatinal auf Höhe des Alveolarkammes der zu rekonstruierenden Papille. Zusätzlich wird interdental die Papille sulkulär mittels Skalpell scharf durchtrennt. Danach erfolgt die tunnelierende Präparation nach bukkal unter Schonung des vestibulären Weichgewebes. Das Bindegewebstransplantat wird mithilfe eines dünnen Fadens von palatinal nach bukkal in die präparierte Tasche eingefädelt und dort zur Stabilisierung vernäht. Zusätzlich wird das Transplantat auch auf der oralen Seite vernäht. Ziel dieser chirurgischen Technik ist die kraniale Rückverlagerung der unterfütterten Papille in ihre physiologische Position. In 8 von 10 Fällen konnte eine zum Teil deutliche Zunahme der interdentalen Papillenhöhe festgestellt werden. In der Fallpräsentation von CARNIO [2004] wird ebenfalls das zweischichtige Verfahren an einer 20-jährigen Patientin zur Rekonstruktion der Papille angewendet. Dazu wird im Bereich der zu therapierenden Interdentalpapille ein Spaltlappen ca. 2 mm koronal zur mukogingivalen Grenzlinie gebildet. Nach erfolgter sulkulärer Inzision wird die papilläre Gingiva komplett abgelöst. Das aus dem harten Gaumen entnommene subepitheliale Transplantat wird interdental positioniert und der Spaltlappen darüber vernäht. Dieses Vorgehen führte in diesem Fall zu einem stabilen Langzeiterfolg. AZZI ET AL. [1999] beschreiben das zweischichtige Verfahren der Interdentalpapillen-Rekonstruktion in Kombination mit der Therapie einer Klasse IV-Rezession. Die chirurgische Vorgehensweise beginnt mit der sulkulären Durchtrennung der zu versorgenden Areale inklusive der Nachbarzähne. Daraufhin erfolgt die semilunare, bis ins Vestibulum reichende Inzision in Regio der mukogingivalen anschließende Grenzlinie zur Entlastungsinzision Bildung wird zur eines Spaltlappens. verbesserten Die cranialen Diskussion 26 Rückverlagerung und Neupositionierung der gingivalen Weichgewebe durchgeführt. Im weiteren Verlauf werden die Papillen zur Aufnahme des Bindegewebstransplantates mobilisiert. Der schonend Kontaktpunkt unterminiert wird mittels und der Komposit Spaltlappen verblockt. Die Repositionierung des Lappens wird durch Nähte fixiert, welche über dem verblockten Kontaktpunkt zum liegen kommen. AZZI ET AL. [2002] schildern in einer weiteren Studie die Problematik nicht ideal positionierter und inserierter Implantate. Die Folge sind Implantatpositionen in wenig oder nicht keratinisierter Gingiva, die aus ästhetischer Sicht nur sehr schwierig zu versorgen sind, da der prothetische Kronenrand oftmals supragingival zum Liegen kommt. Anhand von 3 Fällen wird die Möglichkeit der plastischen Parodontalchirurgie bestehend aus Tunnelierungstechnik in Kombination mit einem Weichgewebstransplantat beschrieben. Dieses Vorgehen erlaubt sowohl die Volumenvergrösserung der bestehenden Gingiva als auch die Rekonstruktion der Papillen an prothetisch versorgten Implantaten. 6.2.1.3 Osseo-Augmentative Verfahren TARNOW ET AL. [1992] haben in ihrer Studie die maßgeblichen Punkte für Papillenerhalt und Papillenwiedergewinnung dargestellt (siehe 2.2 „Faktoren des Papillenerhaltes“). Das Verhältnis des approximalen Kontaktpunktes zum Limbus alveolaris darf maximal 5 mm betragen, um das erklärte Ziel einer langzeitstabilen Interdentalpapille zu erreichen. AZZI ET AL. [2001] zogen daraus den Schluss, dass die Rekonstruktion einer aus ästhetischen und funktionellen Gesichtspunkten benötigten Interdentalpapille in der Notwendigkeit der knöchernen Rekonstruktion besteht. Das chirurgische Therapieverfahren in seiner Falldokumentation sieht die Entnahme eines autologen Knochenblocks vor (in ihrem Fall aus dem Tuber), welcher mittels Diskussion 27 Pins oder Minischrauben interdental im Bereich des zu augmentierenden Areals fixiert wird. Zusätzlich wird noch ein Bindegewebs-Transplantat auf das Augmentat aufgelagert. Daraufhin folgt die Repositionierung des gebildeten Lappens und sauberes Wundmanagement sowie Nahtverschluss. Zur Verbesserung des Kontaktpunktverhältnisses der betroffenen Zähne werden am Schluss noch Veeners adhäsiv befestigt. 6.2.2 Konservierende Therapien Konservative Behandlungstherapien stützen sich auf die restaurative und ästhetische Versorgung freier Interdentalräume. In der Fallstudie von SIGUSCH [2008] wurde der Wiederaufbau der Papillen unter Verwendung des gingivafarbenen Kompomers CompNatur® der Firma Voco (Cuxhafen) durchgeführt. Die Möglichkeit der farblichen Anpassung an die Gingiva ist durch die Farbscala der Firma Voco (Cuxhafen) gegeben. Zusätzlich ist eine Modifizierung und Farboptimierung durch verschiedene Opaker gewährt. Als Bonding-System wird das Adhäsiv Futurbond NR® (All in one) der Firma Voco (Cuxhafen) eingesetzt. Wichtig bei der Vorgehensweise ist eine sukzessive Applikation der zu polymerisierenden Kompomerschicht, so dass eine optimale Aushärtung gewährleistet ist. Entscheidend bei der Ausarbeitung ist die Überschußentfernung von Bonding und Kompomer, insbesondere im gingivalen Randbereich der Restauration. Die Plaqueentfernung und allgemeine Hygienefähigkeit ist unbedingt zu gewährleistet. Die vorgestellte Methode eignet sich auch für Zähne mit Lockerungsgraden, die aus parodontaltechnischer Sicht mit einer Schienung versorgt werden müssen. Die klinischen Ergebnisse zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe mit unversorgten Interdentalräumen keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Entzündungsparameter. Die Plaque- und Blutungswerte der Kontrollgruppe Diskussion 28 lagen nach 12 und 24 Monaten tendenziell höher, was wahrscheinlich zurückzuführen ist auf die schwierigere Entfernung von Belägen aus den weiten Interdentalräumen. Ein nach 24 Monaten signifikant erhöhter mittlerer Wert konnte in der Kontrollgruppe für die Sondierungstiefe festgestellt werden, gestützt durch mikrobiologische Tests, wonach nach 12 und 24 Monaten erhöhte Anhäufungen von F. nucleatum und P. gingivalis in der Kontrollgruppe nachgewiesen werden konnten. Farbskala Applikation Regio 33 Diskussion Regio 33 vor Restauration Reinigungsmöglichkeit Ausarbeitung 29 Diskussion 30 Fertige Restauration Alle Bilder aus Fallpräsentation [SIGUSCH 2008] 6.2.3 Prothetische Therapien 6.2.3.1 Provisorien WAKI [2006] zeigt in seiner Fallstudie, im Hinblick auf die Rekonstruktion der interdentalen Papillen, die Wichtigkeit des Emergenzprofils einer provisorischen Einzelkrone unter besonderer Berücksichtigung der approximalen Anteile. Er beschreibt den Fall einer 20-jährigen Patientin, die mit ihrer Krone in Regio 21 und der interdentalen Ausformung des Weichgewebes unzufrieden war. Ihm gelang die Wiederherstellung der interdentalen Papillen mit rein prothetischer Behandlung. Seine Schlussfolgerung ist, dass die approximalen, labialen und subgingivalen Konturen der provisorischen Krone von außerordentlicher Wichtigkeit für die Regeneration und Ausformung der Papillen sind. Diskussion 31 6.2.3.2 Gingivaepithesen EICKHOLZ [2008] zeigt anhand mehrerer Fälle die Möglichkeiten der Versorgung approximaler und fazialer/oraler Rezessionen unter Anwendung von flexiblen Gingivaepithesen auf. Diese sind dann indiziert, wenn eine alternative Rekonstruktion des verlorenen interdentalen Gewebes aufgrund erheblich fortgeschrittener Destruktion durch parodontalchirurgische, konservierende oder kieferorthopädische Maßnahmen nicht mehr zu realisieren ist. Oftmals leiden die Patienten unter enormen ästhetischen und funktionellen Einschränkungen. Zusätzlich kann noch eine Beeinträchtigung der Phonetik und Artikulation hinzukommen. Die flexiblen Zahnfleischmasken werden aus biokompatiblem Silikonmaterial hergestellt (Gingivamoll®; Firma Detax GmbH & Co. KG, Ettlingen), sind mit einem Gewicht von 0,7 bis 1,5 g sehr leicht, kostengünstig herzustellen, reißfest und zeigen keine Ermüdungsbrüche. Die Retention erfolgt über die Interdentalräume mit sehr gutem Halt. Die freie Einfärbbarkeit der Epithesen ermöglicht eine nahezu perfekte Farbadaptation an die natürliche Gingiva. Die Nachteile der Zahnfleischmasken sind seltene allergische Reaktionen und die Beständigkeit der Farbe gegenüber äußeren Einflüssen. Durch Lichteinstrahlung, Beläge, Fluoride und Rauchen kommt es zu einer Verfärbung der Epithesen. Der mittlere Tragezeitraum wird von EICKHOLZ [2008] mit 15 Monaten angegeben. Als Voraussetzung gelten stabile parodontale Verhältnisse und abgeschlossene oder zumindest provisorisch versorgte prothetische Sanierungen. Die epithesengedeckten Zahnanteile müssen mit definitiven Füllungen versehen sein und der Patient sollte angehalten werden, regelmäßige Zahnreinigungen professionell durchführen zu lassen [EICKHOLZ 2008]. Diskussion 32 Getragene Gingivaprothese Neue Gingivaprothese Bild [EICKHOLZ 2008] Patientenbilder vor und nach Eingliederung der Gingivaepithese [EICKHOLZ 2008] Diskussion 33 Patientenbilder vor und nach Eingliederung der Gingivaepithese [EICKHOLZ 2008] 6.2.2 Parodontal-Kieferorthopädische Kombinationstherapie Die nachfolgenden Fallpräsentationen beschäftigen sich mit kombiniert parodontal-kieferorthopädischer Behandlung von erwachsenen Parodontitispatienten. CARDAROPOLI ET AL. [2004] untersuchten in ihrer Studie an 28 Patienten mit intraossären Defekten und Extrusion eines der beiden mittleren oberen Inzisiven die Rekonstruierbarkeit interdentaler Papillen. Alle Patienten wiesen zu Beginn der Studie ein offenes interdentales Diastema und Diskussion 34 verlorengegangene Interdentalpapillen auf. An allen Patienten wurden zu Beginn der Therapie eine offene Kürettage zur Konkrement- und GranulationsEntfernung durchgeführt. Es wurden keine Augmentate oder Membranen eingebracht. Nach 7-10 Tagen postoperativ wurde die kieferorthopädische Behandlung zur Intrusion des betroffenen Zahnes begonnen. Die Patienten wurden angewiesen, sich alle 3-4 Monate zur professionellen Zahnreinigung einzufinden. Die kieferorthopädische Therapie wurde über 6-18 Monate aufrechtgehalten, mit einer mittleren Tragedauer von 11,71 Monaten. Danach erfolgte bei allen Patienten die Fixation der Situation mit einem Retainer über die gesamte Länge der Dentes canini mit 6 Elementen zur Rezidivvermeidung. Die angesetzten Parameter für Taschentiefe, Attachmentlevel und Papilla presence index wurden zu Beginn der Therapie, nach Beendigung der Therapie und nach 1 Jahr erhoben. Alle Parameter zeigten nach Therapieende eine deutliche Verbesserung und ein stabiles, gleichbleibendes Ergebnis nach 1 Jahr. Es konnte eine vorhersagbare Rekonstruktion der interdentalen Papille durchgeführt werden, wobei der Gingivatyp Endergebnis genommen hat. keinen Einfluss auf das Diskussion 35 Die Bilder (S. 33/34) zeigen die klinische Ausgangssituation (a), die Situation nach Behandlungsende (b), die Situation nach 1 Jahr (c) und die Röntgenbilder zu Anfang und Ende der Behandlung (d). Alle Bilder aus Fallpräsentationen [CARDAROPOLI ET AL. 2004] Die Studie von INOCENCIO AND SANDHU [2008] hat den gleichen Behandlungsansatz. Der Fall einer 37 jährigen Patientin zeigt nach offener Kürettage und Mesialbewegung kieferorthopädischer der mittleren Behandlung Inzisiven die zur Intrusion und Wiederherstellung der physiologischen Kontaktpunkte. Diese Behandlungsstrategie führte zu einer raschen, im weiteren Verlauf stabilen Regeneration der Interdentalpapillen mit optimierter Ästhetik. Vergleichbare Studien zu diesem Sachverhalt führten CARDAROPOLI [2005] und ZACHRISSON [2004] durch. AND RE Konklusion 7 36 Konklusion Die Techniken der Parodontal-Chirurgischen Papillenrekonstruktion sind vielversprechend, jedoch sind zu diesem Zeitpunkt nur Fallberichte zu finden und keine evidenzbasierten Therapien. In Folge dessen sind vorhersagbare Ergebnisse bis heute nicht möglich. Zudem ist der Erfolg dieser Techniken in hohem Maße vom chirurgischen Können und der Erfahrung des Operateurs abhängig. Eine für den Patienten zusätzliche Belastung stellt der operativ notwendige Zweiteingriff zur Transplantat-Entnahme dar. Die Kombination dieser Techniken mit augmentativen Maßnahmen zur Wiederherstellung des von TARNOW ET AL. [1992] beschriebenen Kontaktverhältnisses des interdentalen Areals scheint die langzeitstabilsten Ergebnisse hervorzubringen. Diese müssen aber ebenso in randomisierten, kontrollierten klinischen Studien nachgewiesen werden. Die Fallstudie von SIGUSCH [2008] zum konservierenden Papillenaufbau mittels gingivafarbener Kompomere zeigt die nicht-chirurgischen Möglichkeiten zu Papillenrekonstruktion auf. Neben der deutlich verbesserten Ästhetik sind nach 24 Monaten die im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant geringeren Plaqueund Blutungswerte sowie Sondierungstiefen zu nennen. Die Behandlung unter Verwendung von flexiblen Gingivaepithesen wird von EICKHOLZ [2008] für Fälle vorgeschlagen, die mit alternativen Methoden nicht mehr zu therapieren sind. Das entsprechende Material ist seit 1983 auf dem Markt und hat sich klinisch bewährt. Der mittlere Tragezeitraum bis zur Neuanfertigung beträgt 15 Monate. Eine weitere Möglichkeit zur papillären Rekonstruktion besteht in der Parodontal-Kieferorthopädischen CARDAROPOLI ET AL. Kombinationstherapie. Die Studie von [2004] an 28 Patienten zeigt einen vorhersagbaren Erfolg in Bezug auf die Rekonstruktion der interdentalen Papille unabhängig von Gingivatyp. Zusammenfassung 8 37 Zusammenfassung Das Fehlen des interdentalen papillären Komplexes führt zu ästhetischen, phonetischen und funktionellen Problemen. Die Wiederherstellung der Interdentalpapille stellt hohe Anforderungen an den Zahnarzt, wobei es in der Literatur über das Thema der chirurgischen und nichtchirurgischen Papillenrekonstruktion nur Falldokumentationen und keine evidenzbasierten Therapieempfehlungen gibt. Die beschriebenen Möglichkeiten umfassen den aktuellen Stand parodontalchirurgischer, konservierender, prothetischer und kombiniert parodontal-kieferorthopädischer Therapien und werden in dieser Übersichtsarbeit vorgestellt. Summary 9 38 Summary The missing of the interdental papillary complex leads to esthetic, phonetic and functional problems. The regeneration of the interdental papilla demands high standards of the dentist whereas there is no evidence based literature about the surgical and nonsurgical reconstruction of the interdental papilla, only documentations. The described possibilities include the current stand of periodontal-surgical, conservative, prosthetic and combined periodontalorthodontic therapies. They are presented in this overview. Literaturübersicht 10 39 Literaturübersicht 1. Ainamo, J. and Loe, H., Anatomical characteristics of gingiva. A clinical and microscopic study of the free and attached gingiva, J Periodontol, 37 (1966), pp. 5-13. 2. Aubert, H., Bertrand, G., Orlando, S., Benguigui, F. and Acocella, G., [Deep rotated connective tissue flap for the reconstruction of the interdental papilla], Minerva Stomatol, 43 (1994), pp. 351-357. 3. Azzi, R., Etienne, D. and Carranza, F., Surgical reconstruction of the interdental papilla, Int J Periodontics Restorative Dent, 18 (1998), pp. 466-473. 4. Azzi, R., Etienne, D., Sauvan, J. L. and Miller, P. D., Root coverage and papilla reconstruction in Class IV recession: a case report, Int J Periodontics Restorative Dent, 19 (1999), pp. 449-455. 5. 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