Die Afrikanische Schweine pest kommt näher!

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Tiergesundheit
Die Afrikanische
Schweine­pest
kommt näher!
top agrar: Beinahe wöchentlich hört man
von neuen Ausbrüchen der Afrikanischen
Schweinepest (ASP) in Russland. Müssen
wir bald auch in Deutschland mit ersten
Fällen rechnen?
Dr. Blome: Die Situation in Russland
und im Kaukasus ist in höchstem Maße
besorgniserregend. Seit der ersten
Einschleppung im Jahr 2007 breitet sich
das Virus jährlich um rund 350 km aus.
Ursprünglich war nur der Süden
Russlands betroffen. Inzwischen ist das
Virus aber auch in Zentralrussland und
unmittelbar an den EU-Außengrenzen
angekommen. Die Gefahr, dass die
Afrikanische Schweinepest auch nach Deutschland eingeschleppt
werden könnte, ist
dementsprechend hoch.
widerstandsfähig ist, ist es hier besonders wichtig, die vorgeschriebene
Konzentration und Einwirkzeit einzuhalten. Zudem wird die Bekämpfung
unter dem Gefrierpunkt schwierig.
Erschwerend kommt hinzu, dass der
Erreger durch Lederzecken übertragen
werden kann. Diese Vektoren haben bei
den ASP-Ausbrüchen in Afrika, Portugal
und Spanien eine wichtige Rolle gespielt. In Russland gibt es bislang keine
Hinweise auf eine Beteiligung von
Lederzecken am Ausbruchsgeschehen,
ausschließen können wir es jedoch nicht.
Als einzige Bekämfungsmaßnahme
bleibt uns bislang das
Keulen der infizierten
Schweine, da es noch
keinen Impfstoff gegen
den ASP-Erreger gibt.
Die Forschung läuft
zwar auf Hochtouren,
ich gehe aber nicht
davon aus, dass uns
innerhalb der nächsten
zehn Jahre ein kommerzieller Impfstoff zur
Verfügung stehen wird.
top agrar: Was macht den
Erreger der Afrikanischen
Schweinepest so gefährlich?
Dr. Blome: Das Virus der
ASP ist in der Umwelt
außerordentlich stabil
und daher schwer zu
bekämpfen. In gekühltem Fleisch kann es etwa
top agrar: Woran
15 Wochen überleben, in
Dr. Sandra Blome, Leiterin
erkennt man die
der Nationalen Referenztiefgefrorenem Fleisch
Afrikanische Schweinelabore für Klassische und
sogar jahrzehntelang.
pest? Gibt es typische
Afrikanische Schweinepest,
Selbst bei pH-Werten
Symptome?
FLI, Insel Riems.
unter 4 und über 12
Dr. Blome: Leider nein.
bleibt der Erreger noch
Die ASP ist klinisch
überlebensfähig. Zur
nicht von der KlassiDesinfektion eignen sich daher nur
schen Schweinepest zu unterscheiden.
wenige Mittel. In der DVG-Liste ist ein
Es gibt eine Vielzahl von untypischen
einziges Mittel aufgelistet, das zur
Symptomen wie hohes Fieber, eine
Bekämpfung der Afrikanischen Schweierhöhte Atemfrequenz, Abgeschlagennepest zugelassen ist. Da das Virus so
heit und Fressunlust. Diese Krankheits-
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top agrar 3/2012
Foto: dpa
LKW-Fahrer und Saisonarbeiter können die Afrikanische
Schweinepest jederzeit in die EU einschleppen. top agrar
sprach mit Dr. Sandra Blome vom Friedrich-Loeffler-Institut.
Die russischen Veterinärbehörden bekommen die Afrikanische Schweinepest
nicht unter Kontrolle. Inzwischen ist sie
an der Grenze zur EU angekommen.
bilder kann man aber auch mit einer
Vielzahl von anderen Erkrankungen in
Verbindung bringen. Gewissheit erlangt
man erst durch eine Laboruntersuchung.
Die Erfahrungen in Russland zeigen,
dass sich nicht jedes Schwein infizieren
muss. Jedes Tier, das sich angesteckt hat,
verendet jedoch innerhalb einer guten
Woche! Die Ausbreitung erfolgt in
erster Linie über Blut bzw. bluthaltige
Flüssigkeiten. Ohne Blutkontakt kann
die Erkrankung durch den Bestand
kriechen. Mit Blutkontakt erfolgt die
Verbreitung dagegen rasend schnell.
top agrar: Warum bekommen die
russischen Veterinärbehörden das
Seuchengeschehen nicht in den Griff?
Dr. Blome: Das hat mehrere Gründe.
Erstens sind die Veterinärbehörden mit
der Situation komplett überfordert.
Sperr- und Kontrollmaßnahmen werden
oftmals nur unzureichend umgesetzt.
Das liegt unter anderem auch
daran, dass in vielen Gebieten
vor ein paar Jahren noch
Krieg herrschte.
Zweitens ziehen nicht alle
Schweinehalter bei der
Bekämpfung mit, da die
Entschädigungszahlungen nicht
eindeutig geregelt sind. Im Süden waren
zudem bislang hauptsächlich Kleinstbetriebe betroffen, in denen die Hygienestandards nicht sehr hoch sind.
Die Verschleppung über größere
Distanzen erfolgt häufig über Angehörige des russischen Militärs. Zum Teil
wurden bei Truppenbewegungen
infizierte Schweine mit zum nächsten
Standort genommen. Oftmals erhalten
die Soldaten aber auch per Post aus der
Heimat Wurst- bzw. Fleischwaren, die
mit dem ASP-Erreger infiziert sind.
vor der Rückreise nicht sorgfältig
gereinigt und desinfiziert werden,
stellen sie eine große Gefahr dar. Die
Kontrolle der Desinfektion ist außerordentlich schwierig, gerade im Winter.
Hinzu kommt der Personenverkehr
von Osteuropa gen Westen.
Viele Touristen, Saisonarbeiter
und russische LKW-Fahrer
bringen aus ihrer Heimat
Lebensmittel mit, die sie dann
unterwegs verzehren. Autobahn-Raststätten stellen hier
eine besondere Gefahr dar. Denn
achtlos weggeworfene Speisereste
können von Wildschweinen aufgenommen werden, die sich dann auf diese
Weise infizieren.
„Jedes infizierte Schwein stirbt
innerhalb einer guten Woche.“
top agrar: Auf welchen Wegen könnte
das Virus nach Deutschland gelangen?
Dr. Blome: Legale Fleisch- und
Viehtransporte von Russland nach
Deutschland sind derzeit nicht möglich.
In der anderen Richtung gibt es pro Jahr
jedoch rund 3 000 Zucht- und Schlachtviehtransporte von Deutschland nach
Russland. Und wenn diese Fahrzeuge
top agrar: Welche Rolle spielen Wildschweine bei der Übertragung?
Dr. Blome: Infektionsversuche haben
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Tiergesundheit
Foto: Reuters
allerdings, dass Landwirte und Tierärzte
von den Ausschlussuntersuchungen
auch wirklich Gebrauch machen. Zumal
der Ausschluss kein Verdacht ist.
Ausschlussuntersuchungen sind mit
keinerlei Maßnahmen verbunden. Es
geht hier wirklich nur darum, den
Seucheneintrag so früh wie möglich zu
erkennen.
top agrar: Wie können Schweinehalter
ihre Bestände vor einer Infektion mit dem
ASP-Virus schützen?
Dr. Blome: Wichtig ist, dass sich
Schweinehalter immer wieder die
wichtigsten Hygieneregeln in Erinnerung rufen und dass sie diese Vorgaben
bei der täglichen Arbeit auch tatsächlich
leben. Stallbesuche sollten auf ein
Minimum beschränkt werden und nur
in Verbindung mit einem kompletten
Kleiderwechsel erlaubt werden.
Ganz wichtig ist zudem, dass Wildschweine keinen Zugang zu Futtermitteln oder CCM-Silos haben. Denn sonst
könnte der ASP-Erreger über infiziertes
Bilder, die an die MKS-Bekämpfung in
England erinnern: Gekeulte Schweine,
die auf aus Stroh und Altreifen geschichteten Scheiterhaufen verbrannt werden.
gezeigt, dass Wildschweine genauso
empfänglich für das ASP-Virus sind wie
Hausschweine. Alle Altersklassen
können betroffen sein. Vom Frischling
bis zum zehn Jahre alten Keiler sterben
die Tiere relativ schnell, nachdem sie
mit dem Virus Kontakt hatten.
Sobald in einer Region gehäuft
Wildschweine verenden, sollte man die
Kadaver deshalb auch auf ASP untersuchen lassen. Angesichts der großen
Wildschweinebestände in Deutschland
und der fehlenden Impfoption wäre
eine ASP-Infektion hier so ziemlich das
Schlimmste, was uns passieren kann.
Die Erfahrungen mit der Klassischen
Schweinepest haben uns gezeigt, dass
Infektionen im Schwarzwild nicht selten
die Ursache für Ausbrüche bei den
Hausschweinen waren.
top agrar: Welche Maßnahmen würden
bei uns im Falle eines ASP-Seuchenausbruchs ergriffen?
Dr. Blome: Die erforderlichen Schritte
sind in der deutschen Schweinepestverordnung geregelt. Die Sperrfristen
für die Sperrbezirke und Beobachtungsgebiete erstrecken sich über einen
längeren Zeitraum als bei der Klassischen Schweinepest. Zudem würde
noch umfangreicher gekeult, weil selbst
für extreme Notfälle kein Impfstoff zur
Verfügung steht.
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Viele Symptome der ASP wie
hohes Fieber,
Abgeschlagenheit und entzündete
Augenlider beobachtet man
auch bei anderen Erkrankungen.
Foto: Blome
top agrar: Sind die deutschen Veterinärbehörden auf einen ASP-Seuchenzug
vorbereitet?
Dr. Blome: Natürlich sind die deutschen Veterinärbehörden sensibilisiert.
Die Untersuchungseinrichtungen der
Länder wurden in den letzten Monaten
mit der notwendigen PCR ausgestattet,
um im Rahmen von Ausschlussuntersuchungen den ASP-Verdacht bestätigen
oder ausschließen zu können. Alle
Untersuchungseinrichtungen haben an
einem Ringtest teilgenommen. Die
Ergebnisse waren sehr gut.
Insofern habe ich keine Bedenken,
dass im Rahmen der Ausschlussuntersuchungen ein ASP-Ausbruch übersehen werden könnte. Voraussetzung ist
Futter in den Stall eingeschleppt werden.
Schweinehalter, die sich in ihrer
Freizeit jagdlich betätigen, müssen
besonders vorsichtig sein. Auf keinen
Fall darf man mit den Gummistiefeln
und der Jacke, mit denen man eben
durch den Wald gestapft ist, im nächsten Moment durch den Schweinestall
spazieren. Wild sollte niemals auf dem
Hofgelände aufgebrochen werden. Und
jeder Schweinehalter sollte es sich
dreimal überlegen, ob er an einer
Wildschweinejagd in Osteuropa
teilnimmt und womöglich infizierte
Jagdtrophäen mit nach Hause bringt!
Das Interview führte top agrar-Redakteur
Henning Lehnert
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