Benefits! Das bAV-Fachmagazin von Towers Watson Deutschland Ausgabe 03 | Dezember 2012 towerswatson.de „Die „ Potentiale der bAV werden häufig noch nicht optimal ausgeschöpft – das ist vielen Unternehmen bewusst.“ Mittelstand: Potenzial der bAV noch nicht ausgeschöpft, schlanke Lösungen gefragt „Hochwertig“: Begriffsdiskussion – auch A-Anleihen für Zinsfestlegung zulässig? DPR prüft 2013 verstärkt die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen nach IAS 19 bAV? App-solut! Zeitgemäße bAV-Kommunikation – Information, Entscheidungsgrundlage Starker Engpass bei Rekrutierung von Leistungsträgern und Nachwuchstalenten – Studie Muster-Rubrik Inhalt Dezember 2012 Herausgeber: Towers Watson GmbH V.i.S.d.P.: Reiner Jung Editorial 4 Viel zu kompliziert? Redaktion Ulrike Lerchner-Arnold Im Fokus 5 bAV in KMU – schlanke Lösungen gefragt 24 Bilanzierung von Altersteilzeit 8 Potenzial noch nicht ausgeschöpft 27 CTA: Ausweis von Veränderungen des Planvermögens Praxis bAV 10 PSV-Beitrag: Neue Reformvorschläge 28 MicroBilG und Pensionen 12 Produktvergleich bei Versicherungen 29 Investieren in Unternehmenskredite 14 Großbritannien: bAV für alle Recht & Steuern 31 Insolvenzsicherheit von CTA bestätigt Bilanzen & Finanzen 17 A-Unternehmensanleihen für Zinsfestlegung zulässig? 33 Rentenanpassung bei Gesamtversorgung Verantwortlich: Prof. Dr. Dr. Wolfgang Förster Dr. Michael Karst Sybille Siefer Dr. Manfred Stöckler Dr. Claudio Thum Online-Archiv Benefits! ist auch online abrufbar unter: www.towerswatson.de/newsletters/ benefits-fachmagazin 19 PSV-Beitrag für 2012 20 Zinssatzunabhängige Gestaltung von Direktzusagen 21 Sterblichkeitsanalyse 2012 22 Pensionsverpflichtungen als DPR-Prüfungsschwerpunkt 34 Zurechnung von Rentenbausteinen 34 „Betriebsrente erst mit 67?“ 35 Versorgungszusage aufgrund betrieblicher Übung 36 Reichweite einer Tariföffnungsklausel 38 Versorgungsausgleich: Kein Rententrend bei Prüfungsanpassung 39 Auswirkungen vorzeitiger Altersleistungen 40 Pauschalierte Teilungskostenumlage Administration & Software 43 bAV? App-solut! HR-Strategie, Talent & Rewards 45 Unternehmen optimieren HR-Management 47 Rekrutierungsengpass bei Leistungsträgern (Studie) News 50 Pensionskassentag 2013 50 Rückblick: bAV-Konferenz 2012 Benefits! 3 Editorial Viel zu kompliziert? Nein, ganz einfach! Fünf Durchführungswege mit unterschiedlichen steuerlichen und bilanziellen Implikationen, zahlreiche Paragrafen und Urteile, unzählige unternehmensspezifische Lösungsmöglichkeiten … kein Wunder, dass die betriebliche Altersversorgung (bAV) als komplex und kompliziert gilt. Viele bAV-Spezialisten, gerade in großen Unternehmen, meistern dieses Chaos hervorragend. Im Zusammenspiel mit Beratern und Dienstleistern finden sie wegweisende, für ihr Unternehmen optimal ausgestaltete bAV-Lösungen. „Zu aufwändig, zu teuer, zu riskant“ meinen hingegen viele Geschäftsführer und Personalmanager in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Werden Firmen mit eng begrenzten personellen Ressourcen gesteuert, ist diese Sorge nur allzu verständlich. Doch keine bAV anzubieten ist auch keine Lösung. Der Anspruch der Mitarbeiter, zumindest eine bAV aus eigenem Entgelt aufbauen zu können, besteht nun schon mehr als zehn Jahre. Daher finden sich gerade in Unternehmen ohne „offizielle“ bAV eine Vielzahl unterschiedlicher, z. T. vom Vor-Arbeitgeber mitgebrachter Entgeltumwandlungsverträge – was die Personalverwaltung eher verkompliziert. Personalpolitische Zielsetzungen werden somit nicht immer erreicht. Wirtschaftliche Optimierungschancen zugunsten des Unternehmens und der Mitarbeiter bleiben ungenutzt. Dann ist die bAV tatsächlich komplex und teuer. „Vereinfachen!“ lautet daher der Wunsch vieler Unternehmenslenker, gerade im Mittelstand. Das ist nicht nur möglich, sondern von Mitarbeitern häufig sogar gewünscht. Mit einem gut überschaubaren Pensionsplan, der die Vorteile der bAV zu nutzen versteht, tun Unternehmen daher sowohl sich selbst als auch ihren Mitarbeitern einen Gefallen. „Mit „ einem gut überschaubaren Pensionsplan tun Unternehmen sowohl sich selbst als auch ihren Mitarbeitern einen Gefallen.“ externer Dienstleister für Gestaltung, rechtliche Absicherung, Finanzierung oder Verwaltung der bAV. Towers Watson trägt gerne zur Vereinfachung der bAV bei – nicht nur mit Beratung und Dienstleistungen, sondern auch mit der Bereitstellung von überbetrieblichen Finanzierungsplattformen wie etwa dem Towers-Watson-CTA und den Towers-WatsonUnterstützungskassen. An diesen Strukturen können Unternehmen sich schnell, einfach und bei klaren Kosten beteiligen. Der erste Schritt zur Vereinfachung ist jedoch die genaue Kenntnis des Sachverhalts. Auch hierzu trägt diese Ausgabe von Benefits! gerne bei. Eine interessante Lektüre wünscht Dr. Thomas Jasper Leiter Retirement Solutions Towers Watson Deutschland Das Repertoire an Vereinfachungsmöglichkeiten ist mannigfaltig. Es reicht von der Pensionsplangestaltung über die Systematisierung des historisch gewachsenen Nebeneinanders unterschiedlicher Pensionspläne bis hin zum intelligenten Einsatz Die nächsten Ausgaben Ab 2013 werden die Erscheinungstermine von Benefits! vorverlegt. Das Fachmagazin erscheint dann jeweils im März, im Juli und im November. Der Newsletter Benefits! online bietet zwischen den einzelnen Ausgaben des Fachmagazins ein kurzes Update zu Recht und Bilanzierung. Er erscheint im Januar, im Mai und im September. 4 towerswatson.de Im Fokus „Die „ Entwicklung eines durchdachten Pensionsplans sollte einer schnellen Lösung vorgezogen werden, um nicht im laufenden Betrieb auf anfänglich übersehene Stolpersteine zu stoßen.“ bAV in KMU – schlanke Lösungen gefragt Optimierung durch unternehmensspezifisches Gesamtkonzept Anders als in großen Konzernen, wo komplexe Versorgungskonzepte sinnvoll sein können, setzen KMU eher auf überschaubare, aufwandsarme bAV-Lösungen. In der Praxis herrschen jedoch häufig vielfältige Einzelzusagen vor, so dass Optimierungsbedarf besteht. Eine ergänzende Altersversorgung ist unverzichtbar – davon ist ein Großteil der Arbeitnehmer überzeugt. Studien wie etwa der „Retirement Attitudes Survey“ von Towers Watson (siehe auch Benefits! August 2012) belegen das. Und Personalverantwortliche sehen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) ein wesentliches HR-Instrument, das die grundsätzliche Entscheidung für einen Arbeitgeber, aber auch die langfristige Bindung ans Unternehmen unterstützt. Ohne bAV lassen sich talentierte Mitarbeiter nur schwer gewinnen, wie 67 Prozent der Besucher der letzten bAV-Konferenz von Towers Watson bestätigten. Unkomplizierte bAV: gewünscht von Unternehmen und Mitarbeitern Diese positive Wertung betrieblicher Versorgungswerke trifft aber insbesondere in kleineren und mittelständischen Betrieben (KMU) häufig auf eine reservierte bis ablehnende Haltung bei der Unternehmensführung. Daher ist die bAV gerade in kleineren Unternehmen deutlich weniger verbreitet, wie eine Studie von TNS Infratest Sozialforschung zeigt. „Zu hohe Kosten“ (43 Prozent) und „zu kompliziert / zu hoher Aufwand“ (18 Prozent) führen die Unternehmen, die ihren Mitarbeitern keine bAV anbieten, häufig als Begründung an (siehe auch Benefits! August 2010). Auch die Langfristigkeit, etwaige Risiken, mangelnde Flexibilität oder ein hoher Administrationsbedarf werden häufig als Gegenargumente angeführt. Gerade wenn Unternehmen mit begrenzten personellen Ressourcen gesteuert werden – laufen in KMU doch häufig alle operativen und administrativen Entscheidungen und Aufgaben bei den Geschäftsführer-Ehegatten zusammen – wird die „gefühlt erwartete“ Belastung aus einem Versorgungswerk höher bewertet als dessen durchaus erkannte personal- und auch sozialpolitische Bedeutung. Stellt man die Erwartungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an betriebliche Versorgungswerke gegenüber, wird jedoch schnell deutlich, dass diese so weit nicht auseinander liegen: Beide Seiten streben nach einem einfachen, sicheren und gut steuerbaren Versorgungsplan. Aus Unternehmenssicht wäre es ideal, wenn mit einem einmal jährlich geleisteten Versorgungsbeitrag die Verpflichtung weitgehend erfüllt ist und damit ein aus Arbeitnehmersicht gutes Versorgungsergebnis erreicht wird. Durch eine externe Anlage sollen Nachfinanzierungsrisiken minimiert werden. So stellt das Versorgungswerk nur eine geringe Belastung für die künftige Unternehmensentwicklung dar. Gerade letzteres gewinnt vor dem Hintergrund häufig ungeklärter und unsicherer Unternehmensnachfolge in KMU an Bedeutung. Benefits! 5 Im Fokus Abb. 1: Wie soll eine moderne betriebliche Altersversorgung ausgestaltet sein? Sicht … … des Unternehmens •• Risikominimiert •• Kalkulierbar •• Wettbewerbsfähig •• Leicht zu verwalten •• Flexibel / anpassungsfähig •• „Belastungsarm“(Unternemenstransaktionen) Daher setzen viele KMU auf versicherungsförmig finanzierte Versorgungswerke, insbesondere auf betriebliche Direktversicherungen. Häufig wurden diese allerdings wenig koordiniert umgesetzt. Sie werden vor allem genutzt, um dem Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf eine bAV aus Entgeltumwandlung zu entsprechen. Aus Sicht der Arbeitnehmer bedauerlich ist dabei, dass der Arbeitgeber die somit gesparten Sozialversicherungsbeiträge oftmals nicht als zusätzlichen Versorgungsbeitrag einsetzt. Diese für den Arbeitgeber „kostenneutrale“ und den Mitarbeiter attraktive Förderungsmöglichkeit bleibt in vielen KMU ungenutzt. Optimierungspotenzial: Gesamtkonzept statt unwirtschaftlicher Einzellösungen Die Erfahrung zeigt auch, dass Angebote „von der Stange“ oder „vom Arbeitnehmer mitgebrachte“ Versorgungen die Interessenlage des Arbeitgebers nicht unbedingt treffen müssen oder fehlerbehaftet sein können (siehe Abb. 2). Darüber hinaus kann mit der Direktversicherung für Führungskräfte und Leistungsträger nur ein geringer Teil des Versorgungsbedarfs abgedeckt werden, da die steuer- und abgabenfreien Dotierungsmöglichkeiten auf einen Betrag in Höhe von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der … der Mitarbeiter •• Versorungsbedarfsorientiert •• Flexibel •• Verständlich •• Vorteilhaft gegenüber Privatvorsorge •• Angepasst an verändertes Umfeld gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) begrenzt sind. Dies entspricht derzeit maximal 2.688 Euro pro Jahr (ab 2013: 2.784 Euro pro Jahr), ggf. zzgl. 1.800 Euro. Damit ist die Direktversicherung als alleiniges Versorgungsinstrument zumindest bei Einkommen oberhalb der BBG (2012: 67.200 Euro, 2013: 69.600 Euro) weniger interessant. Hier bedarf es ergänzender Instrumente, die den Anforderungen an Sicherheit und Ausfinanzierung genügen und den Komplexitätsgrad nicht wesentlich erhöhen. Eine – je nach gewünschtem Flexibilisierungsgrad – Ergänzung durch eine rückgedeckte Unterstützungskasse oder rückgedeckte Direktzusage kann bei entsprechender Ausgestaltung und Betreuung „aus einer Hand“ zu einem für beide Seiten attraktiven Gesamtkonzept führen. Unternehmensspezifische Lösung vs. bAV „von der Stange“ Um bei der Umsetzung Fehler zu vermeiden und eine den Interessen des Unternehmens entsprechende Lösung zu finden, empfiehlt es sich am Anfang zu investieren, damit man am Ende nicht „drauflegen muss“. Eine sorgfältige Analyse der Interessenlage, eine nicht produktgetriebene Entwicklung des Versorgungskonzepts und die neutrale Auswahl des Anbieters sind wesentliche Voraussetzungen, um das Ziel einer attraktiven, einfachen Abb. 2: Fehler bei der Umsetzung von Entgeltumwandlungsmodellen Mängel in der Vertragsgestaltung: Mangelnde (wirtschaftlich) optimale Ausgestaltung: •• Abweichung zwischen Tarifvertrag, Betriebsverein­ barung und der umgesetzten Entgeltumwandlung •• Wirtschaftlich ungünstige Vertragsgestaltung (Einzelstatt Kollektivtarif, falsche Berufsgruppen, zu hohe Kosten, …) •• Unterlassene Anpassung der vertraglichen Regelungen an rechtliche Änderungen oder sogar •• mangelhafte vertragliche Regelungen •• Fehlerhafte Behandlung von Ausscheidefällen oder ruhenden Arbeitsverhältnissen •• Keine Verknüpfung oder Abstimmung mit vorhandener arbeitgeberfinanzierter bAV •• Nicht vertragskonforme Zahlungsströme Fehlerhafte bzw. unzureichende Information: •• Verletzungen von Informationspflichten des Arbeitgebers insbesondere bei vorhandenen Wahlrechten •• Unzureichende Kommunikation über das vorhandene System 6 towerswatson.de Fehlende Abstimmung des Modells mit der personalpolitischen Zielsetzung Abb. 3: Problemfelder und Lösungsstrategien Planungsgestaltung (z. B. Leistungszusage) •• Hoher Nachfinanzierungsbedarf bei endgehaltsabhängigen Plänen Problem •• Nachfinanzierungsbedarf bei vorzeitigem Ausscheiden •• Rentenanpassungsrisiko •• Mangelnde Transparenz / Wertschätzung Lösung •• Veränderte Plangestaltung •• Kapitalzusage •• Beitragsorientierte Leistungszusage Anlagerisiko •• Keine konkrete Zuordnung von Vermögenswerten •• Ausfinanzierungslücke bei bestehender Rückdeckung infolge Zinstief •• Belastung des operativen Cashflows •• Liquiditätsmanagement •• Bildung von Assets •• Transfer des Kapitalanlage­ risikos auf Mitarbeiter und sicheren bAV zu erreichen. Zeit und Geld für die Beratung durch unabhängige Experten ist hier gut angelegt. Ebenso gilt es, die Vielzahl historisch gewachsener Verpflichtungen aus unterschiedlichen Direktzusagen und ggf. Unterstützungskassen zu einer Gesamtlösung zusammenzuführen. Eine zielorientierte Analyse der Problemlage und die Entwicklung einer an den Unternehmenszielen orientierten, einfachen Lösungsstrategie sollte der schnellen Lösung vorgezogen werden, um nicht im laufenden Betrieb anfänglich nicht bedachten Problemen begegnen zu müssen (siehe Abb. 3). Fazit In KMU werden vor allem einfache, leicht beherrschbare bAV-Lösungen angestrebt – und diese Anforderungen lassen sich in einem durchdachten Gesamtkonzept gut umsetzen. Jedoch wird deutlich, dass eine solche Lösung sinnvoll nicht „von der Stange“ genommen werden kann, sondern gemeinsam mit einem Spezialisten entwickelt und genau auf die unternehmensspezifischen Umstände abgestimmt werden sollte. Beratung durch Towers Watson Towers Watson unterstützt – neben zahlreichen länderübergreifend tätigen Großunternehmen – eine Vielzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen in Deutschland bei der Ausgestaltung, Überarbeitung und versicherungsmathematischen Bewertung ihrer betrieblichen Versorgungszusagen, im Besonderen auch der Zusagen an die GesellschafterGeschäftsführer. Darüber hinaus nutzen viele mittelständische Unternehmen die Expertise von Towers Watson bei der Ausgestaltung und Betreuung einer versicherungsförmigen Finanzierung der Versorgungszusagen und schätzen die Towers-Watson-Unterstützungskassen als Versorgungsträger. Biometrische Risiken •• Langlebigkeit: Längere Rentenzahlungsdauer infolge steigender Lebenserwartung •• Vorzeitige Risiken: Bilanzsprungrisiko bei Eintritt von Invalidität bzw. im Todesfall •• Kapitalzusage •• Rückdeckung •• Abischerung durch Rückdeckungsversicherung Nicht zuletzt ist der Experte gefragt, wenn es darum geht, die Versorgungssituation der Unternehmensleitung in den Blick zu nehmen. Aufgrund der nicht ausreichenden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt sich gerade bei (Gesellschafter-) Geschäftsführern ein besonderer Versorgungsbedarf, der eine bAV sinnvoll und steuerlich attraktiv machen kann. Aufgrund der in der Regel besonderen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Zusagen sind hier besondere Risikoaspekte im Hinblick auf Bilanzierung, Liquidität und Absicherung der Versorgung zu beachten. Von besonderer Bedeutung sind bei (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführern schließlich die in ihrer besonderen Situation begründeten steuerlichen Restriktionen für die Ausgestaltung der Zusagen. Ziel muss es auch hier sein, eine aus Sicht des Unternehmens und des Versorgungsanwärters langfristige, sichere und attraktive Lösung zu entwickeln. In der Praxis werden bei der Einführung neuer Versorgungspläne zunächst kurzfristige Effekte häufig stärker berücksichtigt als die langfristige Belastung. Dies führt dazu, dass Unternehmen häufig damit konfrontiert werden, bestehende Pensionszusagen nachträglich „zu renovieren“. Aufgrund der steuerlichen Restriktionen sind aber auch an diese Restrukturierungsmaßnahmen hohe Anforderungen geknüpft, die durch Standardlösungen nur unzureichend abgebildet werden können. Heiko Gradehandt heiko.gradehandt@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-228 Benefits! 7 Im Fokus Nachgefragt Potenzial noch nicht ausgeschöpft bAV-Praxis und bAV-Trends für KMU Was zeichnet die bAV in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus? Benefits! fragt Berater, die täglich im Kontakt mit Geschäftsführern und Personalleitern aus dem Mittelstand stehen. Herr Gradehandt, Frau Weber, ist die bAV in KMU eher Last als Lust? Gradehandt: Beides. Ich erlebe in Gesprächen mit bAV-Verantwortlichen immer wieder, dass sie die Altersversorgung im Unternehmen verbessern oder die vorhandenen Einzellösungen zumindest systematisch zusammenfassen wollen. Die Potentiale der bAV werden häufig noch nicht optimal ausgeschöpft – das ist vielen Unternehmen bewusst und wir werden hinzugeholt, weil sie das ändern wollen. Gerade angesichts des demografischen Wandels sehen viele Unternehmen Handlungsbedarf bei den Themen bAV, betriebliche Sozial- und Nebenleistungen und Vergütung. Weber: Ich höre oft ein „eigentlich“ und ein „ja, aber …“. Dass die bAV ein wichtiges Personalinstrument ist, steht außer Frage. Jedoch stören die finanziellen Verpflichtungen, das interne Knowhow zu geschlossenen bzw. vor vielen Jahren eingeführten Versorgungswerken ist verloren gegangen, es fehlt schlichtweg an Zeit und /oder die Administration wird als mühsam empfunden. In KMU gibt es zur bAV oft mehr Fragen als Antworten. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass die bAV in KMU oft „nebenbei“ von der Geschäftsleitung mit verantwortet wird, während in Großunternehmen häufig fachlich versierte Personal- oder Finanzmanager mit der bAV betraut sind. Was antworten Sie darauf? Weber: Frei nach dem Motto „je einfacher desto besser“ kann man für KMU unkomplizierte und überschaubare Versorgungskonzepte entwickeln. Gerade mit Versicherungs- oder Rückversicherungslösungen lässt sich sicherstellen, dass die Verpflichtungen ausfinanziert sind und der Arbeitsaufwand und die fachlichen Anforderungen an die bAV-Verantwortlichen im Rahmen bleiben. 8 towerswatson.de Kann man dafür nicht auf Standardlösungen zurückgreifen? Gradehandt: Standardlösungen sind in manchen Fällen sicher sinnvoll. Die allererste Frage sollte aber sein: „Welche bAV passt am besten zu meinem Unternehmen und zu dem Versorgungsbedarf meiner Mitarbeiter?“ Diese Frage sollten Entscheidungsträger losgelöst von allen Produktangeboten beantworten. Ist die Interessenslage genau umschrieben, lässt sich schnell sagen, ob ein Standardprodukt oder nicht eher eine unternehmensspezifische Lösung die beste Wahl ist. Wichtig ist, dass der Aufwand (für die Einführung sowie Verwaltung) und der personal- bzw. versorgungspolitische Ertrag im rechten Verhältnis stehen. Wie sieht die „typische“ bAV in KMU aus? Gradehandt: Das „typische“ Modell gibt es meiner Erfahrung nach nicht. In der Praxis findet sich häufig ein historisch gewachsenes Nebeneinander von Direktzusagen mit einer geringen Anzahl von Rentnern, unverfallbar Ausgeschiedenen oder Anwärtern sowie weiteren Durchführungswegen wie Direktversicherung, Pensionskasse oder Unterstützungskasse. Das ist von dem erklärten Ziel vieler KMU, über eine einfache und überschaubare bAV-Lösung zu verfügen, noch weit entfernt. Und wenn viele Mitarbeiter Direktversicherungen vom Vor-Arbeitgeber mitbringen, ergibt sich schnell ein noch bunteres Bild … Weber: Die Frage, wie Arbeitgeber mit den mitgebrachten Verträgen neuer Arbeitnehmer umgehen können und sollen, wird tatsächlich häufig gestellt. Nach dem Betriebsrentengesetz gibt es die Möglichkeit, Versorgungsansprüche für die Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds an den neuen Arbeitgeber zu übertragen, je nach Art und Alter der Zusage. Damit geht auch die Frage einher, wie es um die Haftung des Arbeitgebers hierbei bestellt ist und worauf der neue Arbeitgeber bei der Übertragung achten soll. Hierzu lassen sich jedoch keine pauschalen Antworten geben, es kommt auf die jeweilige Zusage an. Was beschäftigt KMU mit Blick auf ihre bAV noch? Weber: Mit Blick auf die vorhandenen Direktzusagen spielt die Frage, wie und zu welchen Kosten Pensionsverpflichtungen extern ausfinanziert werden können, eine wichtige Rolle. Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen sorgen immer wieder für neue Fragen. Auch Fragen der bAV-Administration werden immer wieder angesprochen. Gradehandt: Werden Pensionspläne neu gestaltet, spielen dagegen ganz andere Frage eine Rolle: Wie sieht ein modernes Versorgungswerk aus? An welchen Benchmarks müssen wir uns orientieren? Wie können wir den Nutzen für unsere Mitarbeiter möglichst transparent machen? Ist ein Grobkonzept entworfen, geht es darum, den richtigen Anbieter zu finden, was weitere Fragen aufwirft. Aber auch die Frage der künftigen administrativen Belastungen spielt eine Rolle. Diese möchten KMU mangels vorhandener Ressourcen und mit Blick auf die Risiken möglichst gering halten. Zum Abschluss: Was würden Sie KMU in Puncto bAV mit auf den Weg geben? Gradehandt: Viele Mitarbeiter fühlen sich nicht wohl dabei, die Verantwortung für ihre Altersversorgung alleine zu schultern. Das lässt sich aus unterschiedlichen Towers-Watson-Studien ablesen. Zudem vertrauen Mitarbeiter im Hinblick auf die Altersvorsorge eher ihrem Arbeitgeber als Finanzinstituten. Unternehmen können bei Mitarbeitern und Bewerbern punkten, wenn sie eine gute Lösung anbieten – selbst dann, wenn sie nur wenig zur Dotierung beitragen. Gerade Unternehmen, die über Nachwuchsmangel klagen, sollten diese Chance nutzen. Weber: Nichts zu tun, macht langfristig mehr Arbeit. Der Anfangsaufwand, der notwendig ist, um eine passende Gesamtlösung zu entwickeln, macht sich schnell bezahlt. Für Unternehmen ist es zum Beispiel viel einfacher, nur ein Direktversicherungsmodell zu verwalten als viele unterschiedliche mitgebrachte Verträge weiterzuführen. Das lohnt sich auch für die Mitarbeiter, weil dann günstige Kollektivtarife gewählt werden können, so dass bei gleichem Beitrag höhere Versorgungsleistungen erzielt werden können. Skaleneffekte sind auch in KMU möglich! Heiko Gradehandt heiko.gradehandt@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-228 Beate Weber beate.weber@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-342 Benefits! 9 Muster-Rubrik Praxis bAV „Unternehmen „ in Deutschland sollten insbesondere Mitarbeitern mit kleineren und mittleren Einkommen die Notwendigkeit und Vorteilhaftigkeit der (bAV) verständlich nahebringen.“ Neue Vorschläge zur Reform des PSV-Beitrags BDA-Konzept modifiziert /Aktuelles Gutachten Die BDA hat ihre Vorschläge zu einer risikoorientierten Bemessung des PSV-Beitrags überabeitet. Ein aktuelles Gutachten meldet hierzu jedoch rechtliche Bedenken an. Ein Konsens der deutschen Arbeitgeber zur PSV-Beitragsreform ist noch nicht in Sicht. In den letzten Jahren hatte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. (BDA) ein Konzept zur Reform der Insolvenzsicherung über den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) vorgelegt (siehe auch Benefits!, April 2010). Dabei gilt die Insolvenzsicherung durch den PSV als gesetzt. Diskutiert wurde lediglich eine risikoadäquate Finanzierung. Das BDA-Modell betrachtete zunächst Contractual Trust Agreements (CTA), kongruent rückgedeckte Unterstützungskassen- und Direktzusagen sowie eine Beitragsdifferenzierung zwischen versicherungsförmigen und nicht versicherungsförmigen Pensionsfonds. Der Vorschlag der BDA wurde einer Bewertung in einem Gutachten von Heubeck (Oktober 2011) unterzogen (siehe auch Benefits! April 2012). Heubeck schlug neben fünf Risikoklassen für eine neue PSV-Beitragsstruktur auch vor, eine modifizierte Brutto-Beitragsbemessungsgrundlage einzuführen, hierbei bestimmte Vermögenswerte risikogewichtet anzurechnen, einen Vermögensübergang von CTAVermögen auf den PSV einzuführen, CTA künftig in zwei Qualifikationsstufen mit unterschiedlichen Beitragsreduktionen zu berücksichtigen sowie Pensionskassen in die PSV-Sicherung miteinzubeziehen. 10 towerswatson.de BDA-Konzept nach Heubeck-Gutachten überarbeitet Die BDA nutzte die Ergebnisse des Heubeck-Gutachtens, um ihre Vorschläge zum Teil zu überarbeiten und einige Vorschläge von Heubeck zu modifizieren. Danach sollte die Beitragsbemessungsgrundlage wie bisher ermittelt und nicht modifiziert werden, damit sich für die Unternehmen ohne anrechenbares Vermögen am bisherigen Prozess nichts ändert. Das anrechenbare Vermögen sollte über einen sog. Zinsfaktor ab- bzw. aufgezinst werden, um Vermögen und Verpflichtungen auf eine vergleichbare Basis zu bringen. Auch die BDA will nur das Vermögen anrechnen, das für die PSV-gesicherten Verpflichtungen vorhanden ist. Dabei sollen etwaige Überdeckungen nicht berücksichtigt werden. Zur Vereinfachung sollte es nur zwei Sicherheitsfaktoren für anrechenbares Vermögen geben: Pensionsfondsvermögen sollte zu 80 Prozent, anrechenbares Vermögen für Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen zu 40 Prozent berücksichtigt werden. Die von Heubeck ermittelten Umverteilungseffekte zwischen den Beitragspflichtigen werden sich nach Auffassung der BDA dadurch nicht verändern, weil diese Prozentsätze Mittelwerte für die von Heubeck dargestellten Risikofaktoren seien. Der PSV sollte dem Übergang von anrechenbarem Vermögen innerhalb eines Jahres widersprechen können, um zu verhindern, dass belastetes oder kostenintensives Vermögen auf ihn übergeht. Die BDA will schließlich Pensionskassen nicht in das PSV-Sicherungssystem einbeziehen. Gutachten zum neuen BDA-Vorschlag: verfassungsrechtliche Anforderungen nicht erfüllt In einem neuen Gutachten zum BDA-Konzept äußert Prof. Gregor Thüsing, Universität Bonn, erhebliche Bedenken gegen dieses Konzept. Als Grundsatz stellt er seinen Überlegungen die verfassungsrechtlich geprägte Leitlinie voran, dass ein Systemwechsel von der bisherigen reinen Betrachtung des abstrakten Insolvenzrisikos zu einer am individuellen Insolvenzrisiko orientierten Betrachtung grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt sei, sofern folgende Bedingungen erfüllt seien: •• Realitätsgerechte, angemessene Typisierung •• Eignung zur Erreichung des Regelungsziels •• „innerer Zusammenhang“ zwischen den Unterschieden und den Differenzierungen •• Sachliche Rechtfertigung von Differenzierungen, insbesondere bei Auftreten von Systemwidrigkeiten Diese Anforderungen sieht Thüsing durch das BDA-Konzept ggf. nicht als erfüllt an. Berücksichtigt werde nicht das individuelle Insolvenzrisiko des Unternehmens, sondern nur die individuellen Bemühungen der Unternehmen um Schadensminderungen. Diese lediglich partielle Berücksichtigung des konkreten Insolvenzrisikos der Unternehmen durch das BDA-Konzept ist laut Thüsing verfassungsrechtlich fragwürdig, weil die Bedingungen der Insolvenzfestigkeit und nachhaltigen Werthaltigkeit des Sicherungskapitals durch die Ausgestaltung des Konzepts ggf. nicht erfüllt sind. Zivilrechtliche Bedenken Konkrete Bedenken gegenüber dem BDA-Konzept bestehen nach dem neuen Gutachten auf zivilrechtlicher Ebene. Die Insolvenzfestigkeit setze das – nicht durch Anfechtung bedrohte – Vorliegen von Aus- bzw. Absonderungsrechten in der Insolvenz voraus. Dies sei bei CTA am ehesten noch bei der doppelseitigen Treuhand durch Vertrag zu Gunsten Dritter erfüllt, aber die Insolvenzfestigkeit dieser CTA sei weiterhin nicht höchstrichterlich entschieden (siehe auch „Insolvenzsicherheit von CTA bestätigt“ auf S. 31). Eine Anlage in Eigentitel sei nicht hinreichend ausgeschlossen. Die Bewertung des CTA-Vermögens gemäß Testat des Wirtschaftsprüfers reiche für diese Zwecke nicht aus, da aufgrund der geltenden Bewertungsvorschriften zu alte Werte (ggf. mit einem Alter von bis zu zwei Jahren) herangezogen würden. Die dauerhafte Zweckbindung des Treuhandvermögens sei nicht sichergestellt, eine Rückübertragung in Insolvenznähe bleibe möglich. Die Verwertung des Treuhandvermögens im Insolvenzfall sei unklar. Die Beitragsdifferenzierung in nur zwei Klassen (80 und 40 Prozent) sei angreifbar, da systemwidrig und nicht hinreichend realitätsgerecht. Auch die grobe Pauschalierung und Bildung von Mittelwerten aus dem Heubeck-Gutachten (obwohl das dort berücksichtigte rechtliche Risiko nach dem BDA-Konzept gerade keine Rolle spielen solle) sei sachwidrig. Sie erhöhe in bestimmten Konstellationen sogar den möglichen „Schaden“ beim PSV. Nicht alle Kritikpunkte sachlich gerechtfertigt Das neue Gutachten fasst viele der Kritikpunkte, die verschiedentlich bereits formuliert wurden, zusammen und unterlegt die Kritik mit verfassungsrechtlichen Erwägungen. Nicht alle Kritikpunkte sind sachlich gerechtfertigt. So ist z. B. eine Rückübertragung von Treuhandvermögen in Insolvenznähe jedenfalls bei größeren Kollektiven praktisch nicht umsetzbar. Damit ist dieser Einwand eher ein Scheinargument. Auf der anderen Seite ist zu konstatieren, dass in der aktuell existenten CTA-Landschaft in Deutschland sicherlich noch eine gewisse Professionalisierung der vereinbarten Prozesse erforderlich bleibt, um eine revisionssichere Abwicklung sicherzustellen und auch für den Eintritt des Sicherungsfalls gerüstet zu sein. Fazit Letztlich zeigt das Gutachten, dass in der Frage der PSV-Reform bislang kein Konsens der deutschen Arbeitgeber gefunden wurde. Dies ist derzeit auch nicht in Sicht. Ohne Konsens lässt sich eine PSV-Reform jedoch nicht umsetzen. In der Folge bliebe es beim bisherigen Beitragssystem, das in der Vergangenheit seinerseits gerade wegen der fehlenden Berücksichtigung von Kapitaldeckungsmaßnahmen und der damit verbundenen Schadensminderungseffekte beim PSV massiv in die Kritik geraten war. Insofern bleibt die nunmehr anstehende weitere Diskussion zur risikoorientierten PSVReform in der BDA abzuwarten. Eine abschließende Entscheidung der BDA zum weiteren Vorgehen ist für Januar 2013 angekündigt. Dr. Michael Karst michael.karst@ towerswatson.com Telefon: +49 7121 3122-261 Benefits! 11 Muster-Rubrik Praxis bAV Produkt- und Anbietervergleich bei Versicherungslösungen in der bAV Detaillierte Prüfung des Regelwerks / Risikominimierung Soll eine versicherungsbasierte bAV-Lösung umgesetzt werden, gilt es, die in Frage kommenden Versicherungsprodukte mit ihrem gesamten Regelwerk zu prüfen und vergleichbar zu machen. Nur so lässt sich eine optimierte und systematisierte Finanzierungsentscheidung gewährleisten. Bei der Einführung oder Neuordnung betrieblicher Versorgungswerke spielen regelmäßig auch versicherungsförmige Gestaltungsformen wie Direktversicherungen, Pensionskassen oder versicherungsförmige Pensionsfonds, aber auch versicherungsförmig rückgedeckte Direktzusagen und Unterstützungskassen eine wichtige Rolle. Auch bereits bestehende Versicherungslösungen sollten regelmäßig überprüft werden, um etwaiges Optimierungspotenzial nutzen zu können. •• Details zur (medizinischen) Risikoprüfung bei Vertragsabschluss und zur Prüfung im Leistungsfall •• etwaige Meldepflichten im Leistungsbezug •• Angaben zur Spezifizierung der Vertragsverwaltung durch den Anbieter •• ausgewählte Anbieterkennzahlen (zur Einschätzung der Solidität und Effizienz sowie der Rentabilität der Kapitalanlage) •• Bewertungen nationaler und internationaler Ratingagenturen Eine qualifizierte Auswahl und Beurteilung der Anbieter erfordert jedoch umfassenden Sachverstand. Gilt es doch, das konkrete Versicherungsprodukt mit den zugrunde liegenden Rahmenbedingungen zu untersuchen, vergleichbar zu machen und die finanzielle Leistungskraft des Anbieters zu beurteilen. Dabei sind neben aktuellen Messgrößen auch fundierte Einschätzungen zur mittel- und langfristigen Entwicklung von Bedeutung. Für den Anbietervergleich bietet sich ein Vorgehen in drei Schritten an. Insbesondere medizinische Risikoprüfungen bei der Aufnahme in die Versorgung sind immer ein „Ärgernis“ im Unternehmen. Hier kann es neben Risikozuschlägen im Extremfall auch zu Leistungsausschlüssen kommen, wenn nicht im Rahmen der Ausschreibung entsprechende praxistaugliche Regelungen vereinbart werden können, die eine Gesundheitsprüfung vermeiden. Auch im Leistungsfall ist eine vereinfachte Abwicklung wichtig, sodass etwa im Invaliditätsfall bei Vorlage des Rentenbescheides wegen voller Erwerbsminderung nicht noch eine zusätzliche Risikoprüfung durch den Anbieter erforderlich wird. Auch im Todesfall hilft die Vereinbarung zur Vorlage einer Kopie der Sterbeurkunde und nicht etwa einer amtlich beglaubigten Erklärung, die ggf. im zweiten Schritt eine Überprüfung der Todesursache und ggf. Befreiung von der Leistungspflicht zur Folge haben kann (sog. Verzicht auf Selbstmordklausel). 1. Definition der Gestaltung, Vorauswahl von Anbietern Nach Abstimmung der detaillierten versicherungstariflichen Ausgestaltung werden die relevanten Mitarbeitergruppen und risikospezifischen Gegebenheiten eruiert. Dabei ist es wichtig, genau das Mengengerüst (z. B. potentieller Personenkreis, Beitragsvolumen oder berufsspezifische Leistungsmerkmale) zu erfassen, da dies maßgebenden Einfluss auf die Kalkulationsgrundlagen (z. B. Tarifbereich oder Höhe der Stückkosten) des Anbieters hat. Entsprechend dem erarbeiteten Anforderungsprofil werden passende Produkte oder Produktgruppen identifiziert. Dabei sollten leistungsstarke Anbieter mit entsprechendem Know-how und Service-Angeboten gewählt werden. 2. Abfrage der Prüfungskriterien Im nächsten Schritt erhalten die vorausgewählten Anbieter einen Anforderungskatalog zusammen mit detaillierten Kriterien und zeitlichen Vorgaben für die Angebotsabgabe. Hier werden alle für die Ausschreibung relevanten Faktoren abgefragt. Das sind u. A.: •• Angebotswerte im Rahmen der Tarifkalkulation •• wichtige Tarif-, Leistungs- und Servicemerkmale 12 towerswatson.de 3. Vergleich und Endauswahl Abschließend werden die Angaben der einzelnen Anbieter gegenübergestellt. Hierbei werden detaillierte Ranking- und Ratingbetrachtungen durchgeführt. Die Ergebnisse werden in Präsentationsform für die Entscheidungsfindung aufbereitet. Zusätzlich kann eine ergänzende Scorecard erarbeitet werden, die sämtliche Ratingergebnisse bewertet und zusammenfassend in eine Rangfolge (mit und ohne Gewichtung) bringt. Ein solches Vorgehen gewährleistet ein optimierte und systematisierte Finanzierungsentscheidung. Es dient der Risikominimierung und der Qualitätskontrolle. Schließlich lassen sich durch diesen Prozess die objektiven und nachvollziehbaren Kriterien, die zur Entscheidungsfindung geführt haben, umfassend und rechtssicher dokumentieren. Hinweis für die Praxis Ein Anbietervergleich sollte rechtzeitig und unter Einbindung von externem Sachverstand durchgeführt werden. Für einen qualifizierten Anbietervergleich (Abstimmung der Prämissen, Ausarbeitung eines Anforderungskatalogs, Auswertung der Inhalte und Erstellung der Entscheidungsvorlage) sollten i. d. R. fünf bis sechs Wochen Zeitvorlauf eingeplant werden. Sofern bei international ausgerichteten Unternehmen eine Entscheidung der Konzernmutter erforderlich wird, ist hier die frühzeitige Einbindung der Verantwortlichen zu empfehlen. Dabei gilt es gegenüber angloamerikanischen Mitarbeitern die Besonderheiten der deutschen Versicherungsgestaltung verständlich und nachvollziehbar zu kommunizieren. Beratung durch Towers Watson Towers Watson unterstützt Unternehmen vom Ausschreibungsprozess über den Anbietervergleich, die Auswahl des Versorgungsträgers bzw. Anbieters und der Produktauswahl bis hin zur Umsetzung, Einrichtung und dauerhaften Betreuung der Versicherungslösung. Das umfasst auch alle Tätigkeiten im Rahmen des Vertragsabschlusses sowie Kommunikationsmaßnahmen zur rechtssicheren Information der Arbeitnehmer und Schulungen der im Unternehmen verantwortlichen Ansprechpartner. Christopher Schumbert christopher.schumbert@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-273 Praxis bAV Großbritannien: bAV für alle Reform führt automatische Zusatzvorsorge ein / Obligatorium für Unternehmen Unternehmen in Großbritannien sind künftig verpflichtet, ihre Mitarbeiter in einem betrieblichen Pensionsplan (oder alternativ in eine staatliche Ersatzlösung) anzumelden. Somit werden nahezu alle Arbeitnehmer automatisch für ihr Alter vorsorgen – es sei denn, sie entscheiden sich explizit dagegen. Da die staatliche Rente in Großbritannien eher die Funktion einer Grundversorgung erfüllt, ist die betriebliche Altersversorgung (bAV) traditionell deutlich weiter verbreitet als in Deutschland. Allerdings hat ihre Verbreitung und die Höhe der Leistungen im Zuge der Diskussion um Personalkosten und Finanzierungsrisiken abgenommen. Um der dadurch gegebenen Gefahr einer umgreifenden Altersarmut zu vermeiden, wurden nun die Empfehlungen einer Expertenkommission (TurnerKommission) aus 2004 umgesetzt. Ab Oktober 2012 werden nach und nach alle Unternehmen und nahezu alle Arbeitnehmer verpflichtend von den neuen Regelungen erfasst. Die britische Regierung schätzt, dass aufgrund der Reform zwischen fünf und acht Millionen Arbeitnehmer – das sind 25 Prozent der arbeitenden Bevölkerung – erstmals für die Altersversorgung sparen oder ihre Altersvorsorgebeiträge aufstocken werden. Dies dürfte einen bedeutsamen Einschnitt für die bAV in Großbritannien darstellen. Auch in Deutschland wird derzeit wieder diskutiert, wie ein ausreichendes Alterseinkommen für Arbeitnehmer sichergestellt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, die Reform in Großbritannien genauer zu betrachten. Auch für Unternehmen mit Tochtergesellschaften in Großbritannien ist eine Vorbereitung auf die neuen gesetzlichen Anforderungen an betriebliche Pensionspläne anzuraten. Automatische Altersvorsorge Auf Empfehlung der Turner-Kommission wurde zunächst ein kosteneffizienter, landesweiter Durchführungsweg für die private oder betriebliche Altersversorgung geschaffen, der sog. National Employment Savings Trust (NEST). Arbeitgeber sind künftig gesetzlich verpflichtet, ihre Angestellten, soweit sie nicht bereits Mitglieder in einem betrieblichen Pensionsplan sind, in den NEST einzuschreiben. Arbeitgeber, die einen eigenen Pensionsplan anbieten, können ihre Mitarbeiter in diesen Pensionsplan einschreiben, sofern er gesetzlich definierte Mindeststandards erfüllt. Diese Verpflichtung besteht für Mitarbeiter im Alter zwischen 16 und 74 Jahren mit einem jährlichen Verdienst von mehr als 8.105 britischen Pfund (das entspricht rund 10.000 Euro). Im Hinblick auf Mitarbeiter mit geringerem Einkommen bestehen eingeschränkte Verpflichtungen für die Arbeitgeber. 14 towerswatson.de Zunächst werden von den neuen Regelungen nur die größten Unternehmen erfasst: Zum 1. Oktober sind Arbeitgeber mit einem betrieblichen Pensionsplan mindestens 120.000 Mitgliedern verpflichtet, ihre noch nicht versorgten Mitarbeiter im NEST oder einem adäquaten betrieblichen Pensionsplan zu registrieren. In monatlichen Schritten wird der Kreis der einbezogenen Arbeitgeber immer weiter gezogen bis im Juni 2015 alle Arbeitgeber mit Pensionsplänen mit mindestens 30 Planteilnehmern erfasst sind. Noch kleinere Arbeitgeber oder Unternehmen ohne einen Pensionsplan sind spätestens ab 1. April 2017 betroffen. Opting out: Für Mitarbeiter möglich Gemäß der neuen Regelungen werden alle Mitarbeiter automatisch, ohne eigenes Zutun in die neue Vorsorgelösung aufgenommen (auto-enrolment). Der Mitarbeiter muss sich also nicht aktiv entscheiden, dem Pensionsplan beizutreten oder auch eine Investmententscheidung zutreffen. Eine aktive Entscheidung ist allerdings erforderlich, um aus dem Plan auszuscheiden und keine Mitarbeiterbeiträge zu zahlen („Opting out“, siehe auch Benefits! August 2012). Die Abwahl auf eigenen Wunsch ist jedoch erst nach der erstmaligen Anmeldung möglich. Ein Auto-Enrolment ist in Großbritannien bereits heute weit verbreitet. Rund 47 Prozent der FTSE100-Unternehmen nehmen ihre Mitarbeiter bereits heute automatisch in ihren Pensionsplan auf, wie eine Umfrage von Towers Watson zeigt. Auch in diesem Fall ist eine aktive Entscheidung nur erforderlich, wenn die Mitarbeiter sich gegen die Teilnahme an dem angebotenen Pensionsplan aussprechen. Auch in den USA sehen Arbeitgeber – ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein – im Auto-Enrolment eine wirksame Maßnahme, die Teilnahmequote an beitragsbasierten Pensionsplänen (Defined-Contribution-Plänen, oftmals 401 (k)-Pläne) zu steigern. Eine Towers-Watson-Erhebung zeigt, dass 65 Prozent der befragten Unternehmen auf Auto-Enrolment setzen, eine Steigerung um acht Prozentpunkte gegenüber 2010. Mindeststandards: Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge Will ein Arbeitgeber statt des landesweit einheitlichen NEST-Plans einen betrieblich organisierten Pensionsplan einsetzen, so muss er die Erfüllung bestimmter Tabelle 1: B eitragssätze für betriebliche Pensionspläne Zeitraum Mindestbeitrag 1 in Prozent des Bruttogehalts Gesamtbeitrag davon Arbeitgeberbeitrag 1.10.2012 bis 30.9.2017 2 % 1 % 1.10.2017 bis 30.9.2018 5 % 2 % Ab 1.10.2018 7 % 3 % 1 Für Pensionspläne, bei denen das gesamte Bruttogehalt pensions- bzw. beitragsfähig ist Mindeststandards nachweisen (sog. „quality test“). Dabei spielt die Höhe der insgesamt, d. h. von Mitarbeiter und Unternehmen, in den Plan einzubringenden Beiträge eine entscheidende Rolle. Am einfachsten sind die gesetzlichen Anforderungen für Beitragspläne (Defined-Contribution-Pläne) definiert, welche die staatliche Rente ergänzen. Die Beiträge sollen in bestimmten Schritten steigen, bis ab 2018 ein Gesamtbeitragssatz von sieben Prozent des Bruttoeinkommens erreicht ist (siehe Tabelle 1). Ist nur ein Teil des Bruttoeinkommens pensions- bzw. beitragsfähig, gelten höhere Prozentsätze. Schlussfolgerungen für die Rentendiskussion in Deutschland Die jüngste Diskussion um die notwendige Verbesserung der Altersvorsorge in Deutschland ähnelt den Debatten, die vor einem Jahrzehnt zur Einrichtung der Turner-Kommission in Großbritannien führten. Zwar ist das Niveau der gesetzlichen Rente Altersversorgung in Großbritannien Die britische Sozialversicherung gehört mit zu den ältesten sozialen Sicherungssystemen weltweit. Die Altersversorgung teilt sich bislang in zwei Teile, eine Grundsicherung (Festbetrag) sowie eine gehaltsabhängige Rente: •• Aus der – moderaten – Grundsicherung (Basic State Pension) erhalten Rentner einen Festbetrag in Höhe von 10.745 britischen Pfund (rund 13.000 Euro pro Jahr, Stand: 2012). •• Die gehaltsabhängige Rente (State Second Pension, S2P-Rente) ersetzt ca. 20 Prozent des Einkommens zwischen 14.700 und 40.040 britischen Pfund p. a. (18.000 bis 50.000 Euro). Künftig wird auch die S2P-Rente in ein Festbetragssystem überführt werden. Die S2P-Rente kann bislang durch die betriebliche Altersversorgung ersetzt werden (sog. contracting-out). Hierfür werden i. d. R. sehr werthaltige Pensionspläne genutzt. Renten aus solchen Pensionsplänen wurden jahrzehntelang an der Standardformel „1 /60-tel des Endgehalts mal Anzahl der Dienstjahre“ gemessen. Mitarbeiter, die ihr ganzes Arbeitsleben von einem solchen Pensionsplan erfasst waren, erhalten somit ein deutlich höheres Ersatzeinkommen – immerhin 60 Prozent des letzten Gehalts. Diese im Vergleich zu Deutschland deutlich werthaltigeren Pensionszusagen, verbunden mit der Verpflichtung zur Kapitaldeckung, haben einen der größten Pensionsmärkte der Welt geschaffen. Die zentrale Schwäche des Systems zeigt sich jedoch an der steigenden Anzahl von Arbeitnehmern, die über keine oder nur eine deutlich geringere bAV verfügen. in Deutschland bislang (noch) höher als das der obligatorischen Systeme (State Pension und State Second Pension, siehe Infokasten) in Großbritannien. Aber generell haben die Rentenreformen der letzten Dekade in Deutschland dazu geführt, dass auch Mitarbeiter mit Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung eine ergänzende private oder betriebliche Altersversorgung benötigen, um ihren Lebensstandard im Alter zu sichern. Diese Bevölkerungsgruppe nutzt freiwillige Vorsorgeangebote, sei es im Rahmen der bAV (Entgeltumwandlung gem. § 1a Betriebsrentengesetz, BetrAVG) oder der Riester-Rente bislang noch zu selten bzw. nicht im erforderlichen Umfang. Hier bleibt der Fortgang der aktuellen Diskussion abzuwarten. Hinweis für die Praxis Unternehmen in Deutschland sollten daher insbesondere Mitarbeitern mit kleineren und mittleren Einkommen die Notwendigkeit und Vorteilhaftigkeit der bAV verständlich nahebringen. Durch einen Ausbau der bAVbezogenen Kommunikation sowie ggf. durch die Einführung von Matching-Beiträgen oder Opting-Out-Systemen (siehe Benefits! August 2012) können Mitarbeiter zu einer verstärkten Eigenvorsorge im Rahmen der bAV motiviert werden. Dies wäre ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Altersvorsorgesituation in Deutschland. Für Arbeitgeber mit Tochterunternehmen in Großbritannien ist eine rechtzeitige Vorbereitung auf die Umsetzung sinnvoll, wobei die Unternehmenszentrale wichtige Leitlinien setzen sollte. Ernst Schmandt ernst.schmandt@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-255 Benefits! 15 Bilanzen & Finanzen „Fonds„ und rückdeckungsakzessorische Zusagen bieten den Vorteil, dass Bilanzierungsüberraschungen durch eine zinsbedingte Volatilität in der internationalen Bilanzierung vermieden werden können.“ „Hochwertig“: Auch A-Unternehmensanleihen für Zinsfestlegung zulässig? Begriff „High Quality Corporate Bonds“ diskutiert Angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus und in Folge der Herabstufung einiger AA-Unternehmensanleihen wird derzeit diskutiert, künftig auch Unternehmensanleihen mit A-Rating für die Zinsbestimmung zuzulassen. Towers Watson begrüßt diese Diskussion. Seit Juli verharrt der für die Bewertung von DefinedBenefit-Plänen nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften heranzuziehende Rechnungszins auf einem historisch niedrigen Stand. Der nach dem RATE:Link-Modell von Towers Watson ermittelte Referenzzins für den am ehesten repräsentativen Musterbestand („Mischbestand“ aus Anwärtern und Leistungsbeziehern) liegt per Ende Oktober 2012 bei 3,6 Prozent p. a. Gegenüber dem Stand vom Dezember 2011 ergibt sich dadurch ein drastischer Rückgang von 190 Basispunkten. Für die Musterbestände der Rentner und der Aktiven liegen mit aktuell 3,2 Prozent p. a. und 3,8 Prozent p. a. vergleichbar niedrige Zinssätze vor. Für die finale Zinsfestlegung bleiben natürlich noch die Marktverhältnisse zum Bilanzstichtag 31.12.2012 abzuwarten. Der beispiellose Sinkflug der Zinsen im ersten Halbjahr 2012 scheint nun vorerst gestoppt zu sein, eine Erholung auf ein als „normal“ empfundenes Zinsniveau ist jedoch kurzfristig nicht in Sicht. „Hochwertig“: nur AA- oder auch A-Unternehmensanleihen? Der für die internationale Bewertung von Pensionsverpflichtungen relevante Zinssatz orientiert sich bekanntlich an der Umlaufrendite hochwertiger Unternehmensanleihen („High Quality Corporate Bonds“), welche die gleiche Laufzeit haben und in gleicher Währung lauten wie die zu bewertenden Versorgungsverpflichtungen. Unter „hochwertig“ wird in der Praxis mindestens ein AA-Rating verstanden. Dabei sind die Verhältnisse am Bilanzstichtag zugrunde zu legen. Führten Rating-Aktionen neben einer Umwälzung der für die Zinsfestsetzung verwendeten Portfolien aus AA-Unternehmensanleihen per Saldo oftmals auch zu deren Schrumpfung, waren in 2012 aber auch gegenläufige Effekte zu beobachten. So berichtet Fitch Ratings davon, dass im ersten Halbjahr 2012 zum ersten Mal seit Erhebung dieser Studie die europäischen Großunternehmen mehr Anleihen begeben als sich über Bankenkredite refinanziert hätten. Mitursächlich hierfür seien die niedrigen Zinsen auf Anleihen gewesen, die aus der verstärkten Nachfrage an hochwertigen Unternehmensanleihen außerhalb des Finanzsektors resultierten. Manche Zinsverfahren nahmen in der Vergangenheit Bezug auf eine in einem Index zusammengefasste Anleihengruppe, z. B. den sog. iBoxx Euro Corporates A A 10 + Index. Dieser ist allerdings, u. a. aufgrund der oben beschriebenen Rating-Änderungen, mittlerweile nur noch aus acht Anleihen von sechs Emittenten zusammengesetzt. Diese Unzulänglichkeit wurde in den vergangenen Monaten in der Fachliteratur und in verschiedenen Fachveranstaltungen eingehend diskutiert. Dabei wurde überzeugend dargelegt, dass die iBoxx Euro Corporates AA Index Familie als alleinige Datengrundlage zur Zinsfestsetzung künftig nicht mehr ausreicht. In der Folge wurde diskutiert, künftig auch Unternehmensanleihen mit A-Rating für die Zinsbestimmung zuzulassen (sog. „6A-Portfolio“, zusammengesetzt aus Anleihen mit AAA-, AA- und A-Bewertung). Klärungsprozess gestartet Towers Watson unterstützt ausdrücklich diese Diskussion und Entwicklung. Denn gerade das Fehlen einer klaren, unmissverständlichen und krisenfesten Definition der zugrunde zu legenden Datengrundlage – auch als (Anleihen-) „Universum“ bezeichnet – im Standard selbst führte zur gegenwärtigen, die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse erschwerenden Zinsvielfalt. Das Abstellen auf ein breiteres Universum würde somit die Belastbarkeit der Berechnungsergebnisse wesentlich erhöhen. Schließlich wäre ein solcher Schritt auch aus Sicht des Risikomanagements zu begrüßen, weil u. a. ein Hedging gegen Zinsschwankungen in einem liquiden Markt eher möglich ist. In diesem Kontext wäre es sicherlich besonders hilfreich, wenn der Nachweis gelänge, dass die großen Ratingagenturen in den vergangenen beiden Jahrzehnten ihre Bewertungsgrundsätze verschärft haben. Als erster Erfolg kann sicherlich verbucht werden, dass der IFRS-Fachausschuss des DRSC sich im Sommer 2012 mit der Auslegung des Begriffs „hochwertige Unternehmensanleihen“ befasst hat und – auf der Suche nach einer prinzipienbasierten und vor allem weltweit tragfähigen Definition – eine entsprechende Umfrage an andere nationale Benefits! 17 Muster-Rubrik Bilanzen & Finanzen 6,5 6,0 5,5 5,0 4,5 4,0 3,5 Zinsniveaus Oktober 2012 HGB (BilMoG) Globale RATE:Link Rentnerbestand 4,8 % 3,2 % Mischbestand 5,06 % 3,6 % Aktivenbestand 4,9 % 3,8 % Dez 12 Okt 12 Nov 12 Aug 12 Sep 12 Jul 12 Jun 12 Mai 12 Apr 12 Mrz 12 Feb 12 Jan 12 Dez 11 Okt 11 Nov 11 Sep 11 Jul 11 Aug 11 Jun 11 Mai 11 Apr 11 Feb 11 Mrz 11 Jan 11 Dez 10 Nov 10 Okt 10 3,0 Sep 10 Rechnungszins in Prozent (Mischbestand) Abb. 1: Rechnungszins nach IFRS, US-GAAP und HGB (BilMoG) Bilanzstichtag: Monatsende HGB (BilMoG) BilMoG (Prognose) Rechnungslegungsgremien („National Standard Setters“) zur Klärung der Relevanz dieser Frage für ihr jeweiliges Land startete. Schließlich beschloss das DRSC, dieses Thema dem IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) im Rahmen einer offiziellen Anfrage („Potential Agenda Item Request“) zu unterbreiten. Dementsprechend hat das IFRS IC dieses Thema auf die Agenda seiner Sitzungen vom 13. /14.11.2012 genommen und als Vorbereitung für diese Sitzungen u. a. Anfang Oktober die das IASB beratende Expertengruppe „Employee Benefits Working Group“ (EBWG) konsultiert. Anfang November wurden bereits die die IFRS IC Sitzungen vorbereitenden Arbeitspapiere des Staff der IFRS Foundation veröffentlicht. Diesen „Staff Papers“ kann folgende Auffassung entnommen werden: •• Der Standard enthält eine ausreichend präzise Anleitung zur Bestimmung des Rechnungszinses, legt jedoch nicht fest, welche Ratings als „high quality“ anzusehen sind. •• Dementsprechend sollte es auch nicht die Aufgabe des Interpretation Committee sein, festzulegen, welche Mindest-Ratings als „high quality“ gelten können. •• Folglich haben die Unternehmen ihr Ermessen dahingehend auszuüben, welche Mindest-Ratings sie als „high quality“ ansehen. •• Gemäß IAS 1.122 ist diese Ermessensentscheidung des Managements im Bilanzanhang offenzulegen, da es sich beim Rechnungszins um einen Parameter mit signifikantem Einfluss auf die im Jahresabschluss gebuchten Beträge handelt. •• Der Staff schlägt somit vor, dieses Thema nicht auf die Agenda des IFRS IC zu nehmen. 18 towerswatson.de Global RATE: Link Anders als erwartet, folgte das Interpretation Committee in den Sitzungen vom 13. /14.11.2012 den Vorschlägen des Staff jedoch nicht. Es lehnte eine schnelle Entscheidung ausdrücklich ab. Stattdessen soll dieses Thema nun doch auf die Agenda des IFRS IC genommen werden. Als Zwischenlösung plante das Interpretation Committee zeitnah eine Kurzmitteilung zu veröffentlichen (diese lag zum Redaktionsschluss von Benefits! noch nicht vor). Demnach sieht das Interpretation Committee keinen Grund, von der bisherigen Auslegung des „high quality“-Begriffs für Fragen der Zinsfestsetzung abzuweichen. Zudem hätten Unternehmen bei einer geplanten Neu-Interpretation die (Offenlegungs-) Vorschriften von IAS 1 und 8 zu beachten („Changes in Accounting Estimates“, ggf. „Changes in Accounting Policies“). Nach Ansicht von Towers Watson ist folglich in diesem Jahr bei der Wahl des Rechnungszinses eine frühzeitige Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer dringend angeraten. Für den Fall einer Neu-Interpretation des „high quality“ Begriffs z. B. im Sinne eines „6A-Portfolios“, ergeben sich Rechnungszinsen, welche zum 31.10.2012 durationsabhängig zwischen 30 und 40 Basispunkten höher liegen, als bei unveränderter Auslegung. Der Rechnungszins läge somit zum genannten Stichtag bei 3,5 Prozent für einen typischen Rentnerbestand, 3,95 Prozent für den Mischbestand sowie 4,2 Prozent für einen Musterbestand der Aktiven. Zinsfestlegung zum Jahresende Da es ungeachtet dieser zweifellos positiven Entwicklung gleichwohl unsicher ist, dass bereits bis zum Zeitpunkt der Erstellung der nächsten Jahresabschlüsse eine belastbare Neu-Interpretation des Begriffs „hochwertiger Unternehmensanleihen“ vorliegt, sollten nach Einschätzung von Towers Watson daneben Ansätze verfolgt werden, welche innerhalb der bestehenden Auslegung des Standards zu einem vertretbaren Ergebnis führen. In der Praxis werden Zinsempfehlungen oftmals auf Basis der sog. „Duration“ eines Pensionsplans (d. h. der gewichteten, durchschnittlichen Zahlungsfälligkeit der zum Bilanzstichtag erdienten Leistungen) abgegeben. Zu beachten ist angesichts des gegenwärtigen Zinstiefs jedoch verstärkt, dass die Duration selbst eine Funktion des Rechnungszinses ist, d. h. sinkt der Rechnungszins so erhöht sich die Duration und umgekehrt. So betrug die Duration der bereits erwähnten Musterbestände der Rentner, des Mischbestands und der Aktiven zum 31.12.2011 bezogen auf das damalige Zinsniveau zwar noch ca. zehn, 15 bzw. 20 Jahre. Infolge des drastischen Zinsrückganges nach IFRS und US-GAAP hat sich aber seit Jahresanfang die Duration der Musterbestände signifikant erhöht. Sie beträgt beispielsweise für den Mischbestand zum 31. Oktober 18,3 Jahre bei einem Rechnungszins von 3,6 Prozent. Wird diese Durationserhöhung gegenüber dem Vorjahr nicht beachtet, besteht folglich die Gefahr, um ca. zehn bis 15 Basispunkte zu niedrige Zinsvorschläge zu erhalten. HGB für alle Altersversorgungs- und vergleichbaren Verpflichtungen unterstellt werden kann) ein im Vergleich zum Vorjahr (5,14 Prozent) ermäßigter Zinssatz von ca. 5,03 Prozent erwartet. Für 2013 ist ein weiterer moderater Rückgang des BilMoGZinses um ca. zehn bis 20 Basispunkte zu erwarten, sofern die für den Siebenjahresdurchschnitt heranzuziehenden Stichtagszinsen im kommenden Jahr auf dem gegenwärtigen äußerst niedrigen Niveau verharren sollten. Nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) in der Fassung des Bilanzmodernisierungsgesetzes (BilMoG) bestimmt sich der Rechnungszins als Durchschnittswert der Umlaufrenditen hochwertiger Unternehmensanleihen über einen Zeitraum von sieben Jahren. Er wird von der Bundesbank in einem stark vereinfachten Verfahren festgelegt. Wegen dieser Durchschnittsbildung spiegelt sich das gesunkene Zinsniveau in den Bewertungen nach BilMoG nur stark gedämpft bzw. verzögert wieder. Zu Ende 2012 wird für eine Restlaufzeit von 15 Jahren (die nach der Vereinfachungsregel des Ausblick Die Ergebnisse der weiteren Diskussion um den Begriff „hochwertige“ Unternehmensanleihen sowie etwaige Klärungsbemühungen durch die Standardsetter bleiben abzuwarten. Benefits! wird weiter über dieses Thema berichten. Alfred-E. Gohdes alfred.gohdes@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-4407 Jürgen Fodor juergen.fodor@ towerswatson.com Telefon: +49 7121 3122-266 PSV-Beitrag für 2012 beträgt 3,0 Promille Der Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) hat seinen Beitragssatz für das Jahr 2012 auf 3,0 Promille (Vorjahr 1,9 Promille) festgesetzt. Der höhere Beitrag resultiert daraus, dass gegenüber dem Vorjahr mehr Insolvenzen eingetreten sind und eine deutlich gestiegene Anzahl von Versorgungsberechtigten zu verzeichnen war. Der Beitragssatz für 2012 liegt knapp unter dem langjährigen durchschnittlichen Beitragssatz von 3,1 Promille. Bereits nach Ende des ersten Halbjahrs 2012 hatte der PSVaG eine Beitragsprognose abgegeben, die sich zu diesem Zeitpunkt auf vier Promille belief (siehe auch Benefits! August 2012). Der Beitragssatz wird bezogen auf die von den rund 92.500 Mitgliedsunternehmen bis 30. September 2012 gemeldete Beitragsbemessungsgrundlage. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die abgesicherten Rückstellungen für Betriebsrenten in den Bilanzen der Unternehmen, die sich auf rund 304 Mrd. Euro addieren. Insgesamt müssen die Mitgliedsunternehmen in diesem Jahr somit rund 912 Mio. Euro (Vorjahr: rund 560 Mio. Euro) zahlen. Benefits! 19 Bilanzen & Finanzen Muster-Rubrik Zinssatzunabhängige Gestaltung von Direktzusagen Zinsbedingte Volatilität in IFRS-Bilanz vermeiden In den letzten Monaten sind die Zinssätze für die Abdiskontierung von Versorgungszusagen nach IFRS bzw. US-GAAP deutlich gesunken. Dies kann zu einer unerwünschten Bilanzvolatilität führen. Mit einer Umstellung auf fonds- oder rückdeckungsakzessorische Versorgungszusagen lässt sich dies vermeiden. Nach dem derzeitigen Stand ist zu erwarten, dass die zum Bewertungsstichtag festzulegenden Zinssätze für Ende 2012 im Vergleich zum Vorjahr um etwa zwei Prozentpunkte niedriger liegen werden. In der Folge ist eine – i. d. R. im Vorfeld nicht budgetierte – deutliche Erhöhung der Pensionsverpflichtungen (DBO nach IFRS bzw. PBO nach US-GAAP) zu erwarten. Das Ausmaß der Erhöhungen hängt maßgeblich von der Duration der zugrundeliegenden Verpflichtungen ab; es kann bis zu 30 oder 40 Prozent der Vorjahresrückstellung betragen. Unterschiedlicher Verpflichtungsumfang nach HGB- und IFRS-Bilanzierung In der internationalen Bilanzierung führt die Erhöhung der Verpflichtungen zu einer korrespondierenden Verringerung des Eigenkapitals. Die Gewinn- und Verlustrechnung wird jedoch i. d. R. nicht (oder nur zukünftig verteilt über die Korridormethode) beeinflusst, wenn das Unternehmen sich nicht bereits in der Vergangenheit für eine vollständige Erfassung (immediate recognition) entschieden hat. Die zu erwartenden Reduzierung des Eigenkapitals wird jedoch nur in einem geringfügigen Ausmaß in der deutschen Handelsbilanz nachvollzogen, da hier für die Bestimmung des Diskontierungszinssatzes ein Siebenjahresdurchschnitt herangezogen wird. Insofern sind größere Abweichungen zwischen beiden Bewertungsansätzen zum Jahresende wahrscheinlich. Die unterschiedliche Bewertung der Pensionsrückstellungen nach IFRS bzw. US-GAAP im Vergleich zur deutschen Handelsbilanz wird darüber hinaus insbesondere im Rahmen von Unternehmenstransaktionen für Diskussionen sorgen. Käufer werden daran interessiert sein, den internationalen Bewertungsansatz (DBO, PBO) heranzuziehen, um auf Basis der hohen Bewertung eine entsprechende Kaufpreisreduzierung oder alternativ einen korrespondierenden Vermögensübertrag für die Verpflichtungen zu realisieren. Umgekehrt ist der Verkäufer eher an einer – derzeit niedrigeren – handelsrechtlichen Bewertung interessiert. 20 towerswatson.de Lösungsansatz: fonds- oder rückdeckungsakzessorische Zusagen Eine Möglichkeit, Budget-Überraschungen oder die oben genannten Diskussionen bei der Kaufpreisbewertung zu vermeiden, besteht in der Gestaltung von unmittelbaren Versorgungszusagen, deren Bewertung in der internationalen Bilanz und in der deutschen Handelsbilanz unabhängig von der Höhe des Diskontierungszinssatzes ist. Hierfür kommen fonds- oder rückdeckungsakzessorische Versorgungszusagen in Frage. Diese Zusageformen bieten neben einer ausgewogenen Risikoverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer insbesondere den Vorteil, dass – nach Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer – i. d. R. ein vereinfachter, diskontierungszinssatzunabhängiger Bewertungsansatz gewählt werden kann. Bei fondsakzessorischen Versorgungszusagen sammelt der Arbeitgeber als unmittelbar Zusagender Vermögensmittel für die Mitarbeiter an. Die Höhe der Versorgungsleistung ergibt sich unmittelbar aus der Entwicklung dieser versorgungsspezifischen Aktiva. Aus rechtlichen Gründen enthalten derartige Zusagen i. d. R. eine Mindestgarantie des Arbeitgebers von null Prozent (Beitragserhalt). Häufig wird darüber hinaus eine Trustabsicherung über eine Treuhandkonstruktion gewählt, die zu einer Saldierung von Verpflichtungen und Vermögenswerten in der Bilanz führt. Die Mittel für rückdeckungsakzessorische Versorgungszusagen werden hingegen in eine Rückdeckungsversicherung investiert; die Leistungen an den Mitarbeiter ergeben sich aus der Leistung der Rückdeckungsversicherung. Die Garantieverzinsung wird in diesem Fall unmittelbar vom Rückdeckungsversicherer getragen (derzeit 1,75 Prozent). Sowohl fonds- als auch rückdeckungsakzessorische Versorgungszusagen sind aufgrund der rechtlich zu gewährenden Mindestgarantie des Arbeitgebers formal als Leistungszusagen (Defined-Benefit-Pläne) einzustufen. Da sich aber die wirtschaftliche Verpflichtung des Arbeitgeber im Wesentlichen auf die „Weiterleitung“ der extern angesammelten Vermögensmittel beschränkt, kann ein vereinfachtes Bewertungsverfahren angewendet werden. Hierbei wird der Marktwert der Vermögenswerte als Höhe des Verpflichtungsumfangs angesetzt, ohne dass ein Diskontierungszinssatz angewandt wird. Erst wenn der Marktwert des Vermögens unter die garantierten Leistungen fällt, ist die Unterdeckung zu bilanzieren. Der Pensionsaufwand entspricht (vereinfacht) den Beitragszahlungen des Arbeitergebers bzw. den Prämienzahlungen an die Rückdeckungsversicherung. Einer der wesentlichen Vorteile solcher Zusagegestaltungen ist, dass Bilanzierungsüberraschungen durch eine zinsbedingte Volatilität in der internationalen Bilanzierung vermieden werden können. Dies dürfte insbesondere für Unternehmen mit internationaler Ausrichtung relevant sein. Markus Stein markus.stein@ towerswatson.com Telefon: +49 89 51657-4618 Hinweis für die Praxis Unternehmen sollten sich bereits im Vorfeld des Bilanzstichtags mit der Frage beschäftigen, in welchem Ausmaß die Höhe der Pensionsrückstellung in der internationalen Bilanz auf Veränderungen des Diskontierungszinssatzes reagiert. Sollen das Zinsrisiko und somit die Volatilität der Rechnungslegung eingedämmt werden, bietet sich eine Umstellung auf fonds- oder rückdeckungsakzessorische Versorgungszusagen an. Dies lässt sich für Neueintritte leicht durchführen (unter Beachtung der Kündigungsfristen von bestehenden Betriebsvereinbarungen). Auch bestehende oder zukünftige Anwartschaften bereits bestehender Versorgungszusagen können ggf. in eine fonds- oder rückdeckungsakzessorische Zusage übergeleitet werden. Hierbei sind allerdings im Vorfeld die arbeitsrechtliche Zulässigkeit sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen sorgfältig zu prüfen. Sterblichkeitsanalyse 2012 Vollanpassung 2011 weiter „best estimate“ Abweichungen zwischen der rechnerischen und der tatsächlich beobachteten Sterblichkeit sollten ggf. bei der Bewertung von Pensionsverpflichtungen berücksichtigt werden, um den Verpflichtungsumfang bestmöglich einzuschätzen und etwaige Bilanzsprungeffekte frühzeitig zu vermeiden. Für die versicherungsmathematische Bewertung von Pensionsverpflichtungen sind die biometrischen Wahrscheinlichkeiten – sog. „Sterbetafeln“ – essentiell. In Deutschland allgemein anerkannt sind die Heubeck-Richttafeln 2005 G. Um der Erfahrung Rechnung zu tragen, dass die Lebenserwartung im Zeitablauf voraussichtlich stetig steigt, hat der Herausgeber im Jahr 2005 erstmals Generationentafeln veröffentlicht – also Tafeln, bei denen die Wahrscheinlichkeiten nicht nur vom Alter, sondern auch vom Geburtsjahr abhängen. Dennoch ist es möglich, dass im Zeitablauf Abweichungen zwischen der rechnerischen Lebenserwartung, die sich aus den Richttafeln ergibt, und der aus der tatsächlich beobachteten Sterblichkeit abgeleiteten Lebenserwartung auftreten. Um solche Abweichungen frühzeitig zu erkennen, vergleicht Towers Watson seit 2009 regelmäßig die Lebenserwartung gemäß Heubeck-Richttafeln mit den Daten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und empfiehlt ggf. Modifikationen der Richttafeln, um diese an die beobachteten Daten der DRV anzupassen. Mit dieser Anpassung werden im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt. Zum einen sehen die gängigen Rechnungslegungsstandards (IFRS, US-GAAP, HGB) vor, dass die versicherungsmathematischen Annahmen auf Basis der bestmöglichen Einschätzung des Unternehmens („best estimate“) festzulegen sind. Wenn also die Beobachtung nahelegt, dass die tatsächliche Lebenserwartung von der rechnerischen Lebenserwartung der Richttafeln abweicht, dann sollten diese angepasst werden. Zum anderen hat eine regelmäßige Anpassung der verwendeten Tafeln für das bilanzierende Unternehmen den Vorteil, dass die anpassungsbedingten Bilanzeffekte gleitend auftreten sollten – im Gegensatz zu einem einmaligen Bilanzsprung, der auftreten könnte, wenn die Sterbetafeln in größeren zeitlichen Abständen gewechselt würden. Benefits! 21 Bilanzen & Finanzen Im Jahr 2011 hat Towers Watson auf Basis der damals vorliegenden Daten zur Modifikation eine Altersverschiebung um ein halbes Jahr vorgeschlagen (Vollanpassung 2011). Das heißt, für die Bewertung werden die Personen ein halbes Jahr jünger eingestuft, als sie tatsächlich sind. Diese Altersverschiebung führt dann zu einem Anstieg der verbleibenden Lebenserwartung und damit zu etwas höheren Pensionsverpflichtungen. Bei der diesjährigen Untersuchung konnte erstmals auf die DRV-Sterbetafel 2009 /11 zurückgegriffen werden. Es zeigt sich, dass die Differenz zwischen den Heubeck-Richttafeln 2005 G und den Beobachtungsdaten der DRV geringfügig zurückgegangen ist. Das heißt, die tatsächliche Lebenserwartung ist innerhalb eines Jahres etwas weniger stark gestiegen als in den Richttafeln vorweggenommen. Dr. Heinke Conrads Hinweis für die Praxis Die Differenz zwischen den Heubeck-Richttafeln und den Beobachtungsdaten der DRV liegt weiterhin in der Größenordnung, die nach Einschätzung von Towers Watson angemessen durch eine Altersverschiebung von einem halben Jahr ausgeglichen wird. Daher empfiehlt Towers Watson für handelsrechtliche Bewertungen von Pensionsverpflichtungen weiterhin die Vollanpassung 2011. In der deutschen Steuerbilanz ist das BMF-Schreiben vom 9.12.2011 (IV C 6 - S 2176 /07/10004:001) zu beachten, welches für die Verwendung modifizierter Richttafeln nähere Untersuchungen der Bestandsdaten des jeweiligen Unternehmens (über die Sterblichkeit hinaus) verlangt. [email protected] Telefon: +49 89 51657-4606 Dr. René Zimmermann [email protected] Telefon: +49 611 794-244 Pensionsverpflichtungen (IAS 19) sind DPR-Prüfungsschwerpunkt 2013 Standardkonformität im Fokus Im kommenden Jahr wird die DPR insbesondere die Rechnungslegung für Pensionen nach IFRS prüfen. Dies erfordert für den Abschluss zum 31.12.2012 eine erhöhte Sorgfalt bei der Rechnungslegung für Pensionen. Am 11.10.2012 hat die DPR ihre Prüfungsschwerpunkte für das Jahr 2013 bekanntgegeben. Im Vordergrund der Prüfung steht die Standardkonformität und weniger eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Werden Fehler festgestellt, ist das jeweilige Unternehmen verpflichtet, diese mit Begründung im elektronischen Bundesanzeiger und einem überregionalen Börsenpflichtblatt zu veröffentlichen. Die Ankündigung der Prüfstelle erfordert daher von Unternehmen zum anstehenden Abschlussstichtag 31.12.2012 eine erhöhte Aufmerksamkeit und Sorgfalt bei der Rechnungslegung für Pensionen. Haupttreiber für mögliche Fehler in der Rechnungslegung waren in den zurückliegenden Jahren der Umfang und die hohe Komplexität der IFRS sowie die Effekte der Finanz- und Wirtschaftskrise. Letztere 22 towerswatson.de führten insbesondere bei Risiko- und Prognoseberichten zu Fehlern. Im Fokus der Prüfungssaison 2013 stehen – neben anderen Prüfungsfeldern – insbesondere auch aktuelle Änderungen der ökonomischen Rahmenbedingungen und deren potenzielle Auswirkungen auf die Bilanzierung und Berichterstattung von Leistungen an Arbeitnehmer gemäß IAS 19. Bei leistungsorientierten Pensionsverpflichtungen (Defined-Benefit-Plänen) sollen folgende Aspekte verstärkt geprüft werden: Versicherungsmathematische Annahmen, Abzinsungssatz (IAS 19.75 und 19.78 (2008)) Die Prüfung richtet sich auf die Plausibilität der versicherungsmathematischen Annahmen und insbesondere den Abzinsungssatz zur Bestimmung der Pensionsverpflichtung. Der Abzinsungssatz hat sich eng an den Kapitalmarktverhältnissen zum Bilanzstichtag zu orientieren. Nach bisherigem Verständnis ist er auf der Grundlage von Umlaufrenditen hochwertiger Unternehmensanleihen zu bestimmen (siehe auch Beitrag „„Hochwertig“: Auch A-Unternehmensanleihen für Zinsfestlegung zulässig?“ auf S. 17 in diesem Heft). Die sonstigen ökonomischen und demographischen (biometrischen) Bewertungsannahmen sind grundsätzlich nach dem Prinzip einer langfristig besten Schätzung zu ermitteln. Auf eine inhaltliche Konsistenz von Zinssatz, Gehalts- und Rententrend ist zu achten. Planvermögen: erwarteter Ertrag (IAS 19.106), Bewertung (IAS 19.102) Dem erwarteten Ertrag aus vorhandenem Planvermögen liegen die zu Beginn des Wirtschaftsjahres vorherrschenden Erwartungen bzw. Schätzungen bezüglich der Anlageerträge (bzw. der Anlagerendite) für den gesamten Zeitraum zugrunde, in dem die dazugehörige Pensionsverpflichtung besteht. Änderungen des Zeitwerts des Planvermögens, die sich aufgrund von Beitragszahlungen des Arbeitgebers an den externen Fonds und /oder aufgrund von Leistungszahlungen des Fonds an die Begünstigten ergeben, sind zu berücksichtigen. Pensionsbezogene Anhangsangaben (IAS 19.120 ff.) Auch die Vollständigkeit der Angaben zu Pensionsverpflichtungen und Planvermögen im Konzernanhang wird die DPR genauer betrachten. Zweck der Erläuterungen im Anhang ist es bei leistungsorientierten Pensionsplänen bisher im Wesentlichen, einzelne Bestimmungsfaktoren sowie das Zustandekommen der in der Bilanz ausgewiesenen Pensionsrückstellung und die einzelnen Komponenten des ergebniswirksam verrechneten Nettopensionsaufwands bzw. -ertrags für die Abschlussadressaten transparent zu machen. Angaben zu künftig anzuwendenden pensionsbezogenen IFRS-Standards (z. B. IAS 8.30) gefasst worden. Die neuen Vorschriften (IAS 19 rev. 2011) sind nach dem erfolgten Endorsement durch die Europäische Union verpflichtend ab 2013 anzuwenden (§ 315a HGB). Neben der Angabe der Art der bevorstehenden Änderungen der Rechnungslegungsmethoden und des Erstanwendungszeitpunkts sollten die erwarteten Auswirkungen der erstmaligen Anwendung auf den Abschluss des Unternehmens dargelegt werden (vgl. IAS 8.31 e (i)). Beratung durch Towers Watson Towers Watson unterstützt seine Kunden gerne mit fundierten Argumenten bei der Erfüllung der Standardanforderungen. Mehr zum Thema Die Pressemitteilung der DPR zu den Prüfungsschwerpunkten für 2013 ist nachzulesen unter www.frep.info/Prüfverfahren/Prüfungsschwerpunkte.php. Dr. Manfred Stöckler manfred.stoeckler@ towerswatson.com Telefon: +49 89 51657-4601 Thomas Weppler thomas.weppler@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-245 Der für Leistungen an Arbeitnehmer bislang einschlägige Standard IAS 19 (1998 /2008) ist 2011 neu Enforcement-Verfahren Um die Einhaltung der einschlägigen Rechnungslegungsnormen in Unternehmensabschlüssen zu überwachen, wurde mit dem Bilanzkontrollgesetz (BilKoG) vom 15.12.2004 in Deutschland ein zweistufiges „Enforcement-Verfahren“ eingeführt. Adressaten des Verfahrens sind kapitalmarktorientierte Unternehmen. Liegen konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften vor, prüft zunächst gemäß §§ 342b bis 342e HGB die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) den Unternehmensabschluss (Stufe 1). Geprüft wird, ob der zuletzt festgestellte Jahresabschluss (meistens der Jahresabschluss der Muttergesellschaft) oder der zuletzt gebilligte Konzernabschluss samt der dazugehörigen Lageberichte den gesetzlichen Vorschriften sowie sonstigen durch Gesetz zugelassenen internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) entsprechen. Die DPR wurde vom Bundesjustizministerium (BMJ) im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium (BMF) als privatrechtlicher Träger für diese Prüfung vertraglich anerkannt. Deckt die Prüfung Fehler auf und können sich Prüfinstanz und Unternehmen nicht auf eine Lösung zur Fehlerbeseitigung einigen, wird in einer zweiten Verfahrensstufe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht tätig (BaFin) tätig (§§ 37n bis 37s WpHG). Benefits! 23 Bilanzen & Finanzen Bilanzierung von Altersteilzeitverhältnissen nach IFRS DRSC-Entwurf nach Stellungnahmen angepasst Der Entwurf eines Anwendungshinweises des IFRS-Fachausschusses des DRSC zur „Bilanzierung von Aufstockungsverpflichtungen im Rahmen von Altersteilzeitregelungen nach IFRS“ vom 4. Juli 2012 wurde seit seiner Veröffentlichung in einigen Punkten verändert. Zu dem Entwurf vom 4. Juli (siehe auch Benefits! August 2012) wurden insgesamt sechs Stellungnahmen beim DRSC eingereicht. Sie wurden in der 8. und 9. Sitzung des IFRS-Fachausschusses (IFRS-FA) sowie in der vom DRSC veranstalteten öffentlichen Diskussion am 4. September 2012 erörtert. Hieraus resultierten mehrfache Anpassungen des Entwurfs, die im Folgenden dargestellt werden (auf Basis der Entwurfsfassung, mit der sich der IFRS-FA im Rahmen seiner 10. Sitzung am 29. Oktober 2012 befasste). Finanzierungsbeginn Der Zeitpunkt, ab dem die Aufstockungsleistungen erdient werden und als Schuld anzusammeln sind, kann alternativ nach der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ oder auf der Grundlage einer „angenommenen Planformel“ bestimmt werden. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise geht davon aus, dass der jeweilige Arbeitnehmer die Aufstockungsleistungen grundsätzlich ab Entstehen der Verpflichtung erdient. Bei einer Individualvereinbarung 1 ist dies spätestens der Abschluss der Vereinbarung bzw. der frühere Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein verbindliches Angebot unterbreitet hat und sich dem nicht mehr entziehen kann. Bei einer Kollektivvereinbarung ist dies der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteil- zeit-Vertrags (ATZ-Vertrags), z. B. auf Basis einer Betriebsvereinbarung, entsteht. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist damit sowohl bei einer Individual- als auch bei einer Kollektivvereinbarung ab Entstehen der Verpflichtung mit der Ansammlung der Schuld zu beginnen. Folgt der Erdienens- und Ansammlungsprozess hingegen einer Planformel, so ist diese zunächst zu bestimmen. Hierbei ist auf die jeweilige Vertragssituation, ggf. unter Berücksichtigung von Mindestbeschäftigungszeiten, abzustellen. Berücksichtigung von Mindestbeschäftigungszeiten Mindestbeschäftigungszeiten, die sich teilweise oder vollumfänglich auf einen Zeitraum erstrecken, der vor dem Zeitpunkt liegt, ab dem die Aufstockungsleistungen erdient werden bzw. ab dem mit der Ansammlung der Schuld zu beginnen ist, führen zu nachzuverrechnendem Dienstzeitaufwand, insoweit hierfür noch kein Aufwand erfasst wurde. Finanzierungsende Hinsichtlich der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die vereinbarten Aufstockungsleistungen erdient und die Schuld angesammelt wird, soll danach differenziert werden, wann die Aufstockungsleistungen unverfallbar werden. 1 Vereinbarung, die nicht im Rahmen einer Kollektivvereinbarung abgeschlossen wird. 24 towerswatson.de a) D ie Aufstockungsleistungen gelten bereits mit Erbringung der Arbeitsleistung als unverfallbar erdient. In diesem Fall hat der Arbeitgeber im Störfall keinen Anspruch auf Verrechnung bereits geleisteter Aufstockungsleistungen mit dem Erfüllungsrückstand bzw. auf Erstattung. Beim Blockmodell erfolgt die Finanzierung der während der Aktivphase fälligen Aufstockungen bis zu deren Fälligkeit. Die Finanzierung der während der Passivphase fälligen Aufstockungen stellt auf das Ende der Aktivphase ab („degressiv-ratierliche m /n-tel Methode“). Im Rahmen des Gleichverteilungsmodells ist die Schuld bis zur Fälligkeit der jeweiligen Aufstockungsleistung anzusammeln. b) D ie Aufstockungsleistungen gelten erst mit störfallfreiem Ableisten der ATZ als unverfallbar, d. h. dem Arbeitgeber steht im Störfall ein Rückerstattungs- bzw. Verrechnungsanspruch in Bezug auf bereits geleistete Aufstockungszahlungen zu. Dann hat die Finanzierung aller Aufstockungen im Blockmodell einheitlich auf das Ende der Aktivphase und im Gleichverteilungsmodell auf das Ende des ATZ-Zeitraums zu erfolgen. Im Fall b kann nach Auffassung des DRSC (unabhängig davon, ob Block- oder Gleichverteilungsmodell angewandt werden) wahlweise nach zwei Varianten vorgegangen werden: b1) Die Aufstockungsleistungen werden als „zusammenhängender Leistungsbaustein“ betrachtet, da der Arbeitnehmer den Anspruch darauf entweder gesamtheitlich erdient oder bei Eintritt eines Störfalles verwirkt. Dies ist als (ratierliches) m /n-tel-Verfahren mit einheitlichem Finanzierungsabschluss auf das Ende der Aktivphase zu deuten. Hierbei erfolgt ein Abbau der Schuld („liability“) in Höhe der bereits getätigten Aufstockungszahlungen, auch sofern diese noch nicht ausfinanziert sind. b2) Die Aufstockungsleistungen werden als „einzelne Leistungsbausteine“ betrachtet. Diese Methode unterscheidet sich von Variante b1 dadurch, dass der Abbau der Schuld durch die bereits gezahlten Aufstockungsbeträge jeweils nur bis zur Höhe bereits angesammelter Schuldbeträge vorgenommen wird. Der diesen ausfinanzierten Schuldbetrag übersteigende Teil der Aufstockungszahlung ist in Analogie zu IAS 19.11 (a) (sog. „Prepaid-Ansatz“) als Vorauszahlung des Arbeitgebers auf noch nicht erdiente Aufstockungsbeträge zu verstehen und daher aktivisch abzugrenzen (siehe auch Beispiel 1). Wenn die Unterscheidung, ob die Aufstockungsleistungen bereits mit Erbringung der Arbeitsleistung unverfallbar erdient oder erst mit störfallfreiem Ableisten der gesamten Altersteilzeit unverfallbar werden, als notwendig angesehen wird, wäre nach Einschätzung von Towers Watson gegenüber dem Fall b2 ein Modell zu bevorzugen, bei dem etwaige, gegen den Erfüllungsrückstand aufzurechnende Rückabwicklungsansprüche bei der Bewertung des Erfüllungsrückstands berücksichtigt und nicht aktivisch abgegrenzt werden. Dabei wäre die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Störfalls zu berücksichtigen. Zudem dürfte es nach Auffassung von Towers Watson zumindest strittig sein, ob die Attribution gem. Fall b1 IAS 19-konform ist. Keine Aussage zu Abfindungsleistungen Während der aktuelle Entwurf die Qualifizierung des Erfüllungsrückstands (ebenfalls) als „other long-term employee benefits“ bestätigt, findet sich nach wie vor keine Aussage zu Abfindungsleistungen. Da Abfindungsleistungen üblicherweise nur dann gewährt werden, wenn das ATZ-Verhältnis bis zum regulären Ende durchgeführt wird, liegt nach Einschätzung von Towers Watson hier eine Analogie zu Aufstockungsleistungen vor. Das bedeutet im Blockmodell eine Ansammlung bis zum Ende der Aktivphase und im Gleichverteilungsmodell eine Ansammlung bis zum Ende der Altersteilzeit. Von dieser Betrachtung ist nach Einschätzung von Towers Watson nur dann abzuweichen, wenn die Abfindungsleistung unabhängig von zukünftigem „Service“ zur Auszahlung kommt. Benefits! 25 Bilanzen & Finanzen Beispiel 1: Rückstellungsverlauf im Blockmodell Bewertungsstichtag Aufstockungsleistung Ansammlung kumuliert per Ende Berichtsperiode 31.12.XX Vor ATZ X1 a) b1) Aktivphase X2 b2) a) 25 66,67 25 50 b1) X3 b2) a) b1) Passivphase X4 b2) a) b1) X5 b2) a) X6 b1 b2) a) b1) b2) 0 0 0 31.12.X1 31.12.X2 31.12.X3 100 33,33 31.12.X4 100 25 31.12.X5 100 25 25 31.12.X6 100 25 25 100 216,67 Summe Schuld 108,33 100 100 200 50 200 200 75 50 50 75 75 100 100 50 50 75 75 100 100 100 200 225 225 200 200 100 200 200 75 100 50 200 100 100 100 Auszahlung kumuliert 100 200 300 ./. Aufwand kumuliert 75 200 300 Summe Aktivum 25 0 0 Altersteilzeitregelung 1: Die Altersteilzeit (ATZ) läuft über vier Jahre (Jahre X3 – X6), davon jeweils zwei Jahre Aktiv- und Freistellungsphase. Der Aufstockungsbetrag pro Berichtsperiode währen der ATZ betrage 100. Die Altersteilzeitvereinbarung wird bereits zwei Jahre vor Beginn der Altersteilzeitphase zum 1.1.X1 abgeschlossen. Die Rückstellungsverläufe und der Verlauf der aktivischen Abgrenzung im Fall b2 werden in der Tabelle ohne Berücksichtigung von abzinsungs- und versicherungsmathematischen Aspekten dargestellt. Durch die erforderliche Berücksichtigung der abzinsungsund versicherungsmathematischen Aspekte wird insbesondere Fall b1 komplex. Alfred-E. Gohdes Ausblick Auf der Basis der Diskussion am 29.10.2012 ist anzunehmen, dass der nunmehr zu erstellende „Near Final Draft“ (NFD) nicht wesentlich von dem hier vorgestellten Entwurf abweichen wird. Zum weiteren Vorgehen beschloss der Fachausschuss, den Entwurf mit den zuständigen Mitarbeitern des IASB abzustimmen. Zu Redaktionsschluss war der NFD noch nicht verabschiedet. Er soll voraussichtlich im Rahmen der 11. Sitzung am 4. /5. Dezember 2012 verabschiedet werden. Benefits! wird in den kommenden Ausgaben weiter darüber berichten. 26 towerswatson.de [email protected] Telefon: +49 611 794-4407 Dr. Manfred Stöckler [email protected] Telefon: +49 89 51657-4601 CTA: Ausweis von Veränderungen des Planvermögens Kapitalflussrechnung nach IAS 7/ Dissens DPR – IDW In der Praxis werden die in ein CTA eingebrachten Zahlungsmittel sowie die spätere Leistungserbringung hieraus häufig zum operativen Cashflow, alternativ aber auch zum Cashflow aus Finanzierungstätigkeit oder aus Investitionstätigkeit zugeordnet. Das IASB ist mit der Klärung dieser Frage befasst. Die Kapitalflussrechnung stellt das zentrale Berichterstattungsinstrument für die Finanzlage von Konzernunternehmen dar. Dabei kommt insbesondere dem operativen Cashflow eine besondere Bedeutung zu. Er entspricht dem aus der laufenden Geschäftstätigkeit des Unternehmens erzielten Zahlungsüberschuss. Während direkte Auszahlungen von Betriebsrenten durch das Unternehmen an die Versorgungsberechtigten in der Praxis üblicherweise mindernd den Cashflows aus betrieblicher Tätigkeit zugeordnet werden, besteht zwischen der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) als privatrechtlich organisierter Enforcementinstitution (§ 342b Abs. 1 HGB) und dem Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) Dissens hinsichtlich des sachlich zutreffenden Ausweises von zahlungswirksamen Veränderungen des Planvermögens. Während die DPR eine Zuordnung der in einen CTA eingebrachten Zahlungsmittel oder -äquivalente sowie die spätere Leistungserbringung hieraus zum operativen Cashflow als zwingend ansah, spricht das IDW nur eine entsprechende Empfehlung aus. Alternativ zu dieser präferierten Handhabung ist nach Ansicht der Wirtschaftsprüfer auch der Ausweis der Zahlungsströme im Cashflow aus Finanzierungstätigkeit oder ggf. auch im Cashflow aus Investitionstätigkeit möglich. Eine genauere Betrachtung der Konzernabschlüsse der DAX 30-Unternehmen zeigt, dass die Ausweispraxis in der Kapitalflussrechnung höchst unterschiedlich ist. Das liegt zum einen daran, dass die operativen Cashflows direkt oder indirekt ermittelt werden können (vgl. hierzu z. B. DRS 2 Tz. 26 und Tz. 27). Zum anderen ist entweder eine Bruttodarstellung der Zahlungsströme (Dotierung des Planvermögens, Leistungszahlung des Arbeitgebers an die Begünstigten, Erstattung durch das Planvermögen) oder eine Nettodarstellung (abgekürzter Zahlungsweg: direkte Auszahlung der Versorgungsleistungen aus dem Planvermögen) denkbar. Die Einbringung von Vermögenswerten (z. B. Wertpapieren) in das CTA muss nicht zwingend zahlungswirksam erfolgen und erscheint daher u. U. gar nicht in der Kapitalflussrechnung. Häufig sind in den Abschlüssen keine konkreten Angaben zur Behandlung von Veränderungen des Planvermögens enthalten. Da es sich bei betrieblicher Altersversorgung (bAV) um einen Vergütungsbestandteil für Mitarbeiter handelt, kann grundsätzlich argumentiert werden, dass zahlungswirksame Dotierungen des Planvermögens im operativen Cashflow auszuweisen sind. Mit dem ökonomischen Charakter eines CTAs als Maßnahme zur externen Finanzierung der Versorgungsverpflichtungen oder der Qualifikation einer Rentenzahlung als „Kredittilgung“ kann aber auch eine alternative Erfassung aller oder nur bestimmter Zahlungsströme (z. B. konsistent zu einer in der Gewinn- und Verlustrechnung vorgenommenen Aufwandsspaltung) im Cashflow aus Finanzierungstätigkeit gerechtfertigt werden. Da der Arbeitgeber wirtschaftlicher Eigentümer des CTA-Vermögens und der hieraus erzielten Erträge bleibt, ist auch ein Ausweis im Cashflow aus Investitionstätigkeit denkbar. Thomas Weppler thomas.weppler@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-245 Ausblick Die DPR hat ihre zunächst kompromisslos erscheinende Position nicht vollständig aufgegeben. Es ist ihrer Meinung nach unverändert nicht sachgerecht, wenn bei einem verkürzten Zahlungsweg weder die Einzahlung in das CTA, noch die Leistungsauszahlung an die Begünstigten im operativen Cashflow gezeigt werden. Allerdings kommt bei Zweifelsfragen zu einzelnen IFRS-Standards auf internationaler Ebene der Auffassung des Interpretations Committees des IASB (IFRS IC) eine entscheidende Bedeutung zu. Das IFRS IC ist im Rahmen der laufenden Diskussionen zu IAS 7 bereits seit einiger Zeit mit der Frage befasst. Solange das IFRS IC die entsprechenden Sachverhalte noch diskutiert, wird die DPR die weitgehende Praxisvielfalt i. d. R. wohl akzeptieren und keine Anlassprüfungen wegen eines Verstoßes gegen Rechnungslegungsvorschriften einleiten. Benefits! wird über die weitere Entwicklung dieses Themas berichten. Benefits! 27 Bilanzen & Finanzen MicroBilG und Pensionen Erleichterungen der Unternehmenspublizität bei Kleinstkapitalgesellschaften Für Kleinstkapitalgesellschaften sollen künftig weniger strenge Veröffentlichungspflichten der Rechnungslegung gelten. Die Erleichterung soll bereits für Geschäftsjahre mit Abschlussstichtag nach dem 30. Dezember 2012 greifen. Auf der Grundlage der Richtlinie 2012 /6 /EU vom 14.3.2012 hat die Bundesregierung am 19.9.2012 mit dem Ziel der Kostenentlastung und Deregulierung den Gesetzesentwurf über den handelsrechtlichen Jahresabschluss von Kleinstkapitalgesellschaften und Kleinstpersonengesellschaften ohne vollhaftende Person (Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz, MicroBilG) verabschiedet. Die Neuregelungen gelten nicht für Zwecke der Konzernabschlusserstellung. Die für die neu eingeführte Unternehmenskategorie der sog. „Micros“ angestrebten Rechtsänderungen bei der Unternehmenspublizität sollen größtenteils bereits für nach dem 30.12.2012 endende Geschäftsjahre gelten. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ca. 500.000 Gesellschaften, also etwa die Hälfte aller offenlegungspflichtigen Unternehmen in Deutschland betroffen sind. Neben mittelständischen Kleinstbetrieben werden auch nicht operativ tätige Holdinggesellschaften mit großer Bilanzsumme und wenigen Arbeitnehmern von den Erleichterungen erfasst. „Micros“ sind eine Unterform der „kleinen Kapitalgesellschaft“ i. S. d. § 267 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB). Hierzu zählen Gesellschaften, die zwei von drei Schwellenwerten nicht übersteigen bzw. nur einen Wert überschreiten (§ 267a HGB-E): •• Bilanzsumme 350.000 Euro •• Umsatzerlöse 700.000 Euro •• Zehn Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt Keine Änderungen bei der Bewertung von Pensionsverpflichtungen, Verzicht auf Zeitwertbewertung von Deckungsvermögen Bezüglich des Bilanzansatzes und der Bewertung von Pensionsrückstellungen ergeben sich durch das MicroBilG grundsätzlich keine Veränderungen. Allerdings steht die Inanspruchnahme der Publizitätserleichterungen unter dem Vorbehalt eines Verzichts auf die Bewertung von Deckungsvermögen zum beizulegenden Zeitwert nach § 253 Abs. 1 Satz 3 HGB. Die Verpflichtung zur Verrechnung des Deckungsvermögens mit den Pensionsverpflichtungen besteht weiter (§ 246 Abs. 2 S. 2 HGB), ist aber auf Basis der fortgeführten Anschaffungskosten vorzunehmen (§ 253 Abs. 1 Sätze 5 und 6 HGB-E). 28 towerswatson.de Verkürzte Gliederungstiefe der Bilanz Den „Micros“ sollen deutliche Erleichterungen im Rahmen der Offenlegung des Jahresabschlusses eingeräumt werden. Hierzu gehört z. B. eine stark verkürzte Gliederungstiefe der Bilanz (§ 266 Abs. 1 Satz 4 HGB-E), wobei nur die Buchstabenposten (§ 266 Abs. 2 und 3 HGB) herangezogen werden. Auf der Passivseite wäre demnach nur die Oberposition „Rückstellungen“ ohne weitere Untergliederung auszuweisen. Die Unterposition „Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen“ wäre nicht gesondert darzustellen. Ein positiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung kann ggf. als gesonderter Posten auf der Aktivseite ausgewiesen werden. In der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ist ebenfalls eine verkürzte Staffelung zulässig (§ 275 Abs. 5 HGB-E). Lediglich der Personalaufwand ist als Unterposition explizit auszuweisen. (Ein „davon-Vermerk“ für soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung“ ist nicht vorgesehen.) Aus der bAV resultierende Zinsaufwendungen und -erträge sind als solche nicht offen erkennbar, sondern unter den Sammelposten „sonstige Aufwendungen“ bzw. „sonstige Erträge“ auszuweisen. Anhangserstellung nicht mehr Pflicht Zusätzlich zu den bereits reduzierten Angabepflichten (§ 288 HGB) sollen die „Micros“ darüber hinaus von der Erstellung eines Anhangs befreit werden (§ 264 Abs. 1 Satz 5 HGB-E). Wird kein Anhang erstellt, sollen Haftungsverhältnisse allerdings „unter dem Bilanzstrich“ offengelegt werden. Das IDW, aber auch die Bundesregierung haben in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht vermittelt wird, wenn der Abschluss keine Angaben zu ggf. nicht passivierten Verpflichtungen aus Altzusagen oder mittelbaren Pensionsverpflichtungen (Art. 28 Abs. 2 EGHGB) enthält. Das MicroBilG führt leider zu keinen Erleichterungen bei den steuerlichen Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten. Durch die E-Bilanz-Taxonomie (XBRL-Reporting) entsteht für die Buchhaltung und die Abschlusserstellung eine Art „umgekehrte Maßgeblichkeit“ der Steuerbilanz für die handelsrechtliche Bilanzierung. Denn die Daten werden nach dem Schema „große Kapitalgesellschaft“ an die Finanzbehörden überspielt. Allerdings sollen die „Micros“ nach § 326 Abs. 2 HGB-E beim elektronischen Bundesanzeiger nur zur Hinterlegung ihres „Bilanztorsos mit den erforderlichen Angaben unter dem Strich“ verpflichtet werden. Der erwirtschaftete Jahresüberschuss /-fehlbetrag ist in der Bilanz nicht auszuweisen. Er erscheint nur in der GuV, die aber nicht zu hinterlegen ist. Auch ein kostenpflichtiger Veröffentlichungsauftrag muss dem Registergericht nicht erteilt werden. Mehr zum Thema Sonderregelungen gelten gemäß § 325a HGB-E für in Deutschland belegene Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland. Fazit Das MicroBilG stellt auch bei den Pensionsrückstellungen einen wichtigen Schritt zur Vereinfachung der Rechnungs- und Offenlegungspflichten für Kleinstkapitalgesellschaften dar. Die Zielrichtung des Gesetzes ist aus Sicht des nicht kapitalmarktorientierten Mittelstands sehr zu begrüßen. Die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten bleiben abzuwarten. Der Gesetzesentwurf ist nachzulesen unter www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/ pdfs/RegE_MicroBilG.html. Thomas Weppler thomas.weppler@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-245 Investieren in Unternehmenskredite Langfristig stabiler Cashflow/ Hinterlegung durch Kreditsicherheiten Während festverzinsliche Anlagen derzeit nur geringe Erträge erzielen, bietet die Investition in Unternehmenskredite (Senior Secured Loans) solide Renditeerwartungen. Sie eignet sich insbesondere für Anlagen mit langfristigem Anlagehorizont, z. B. Pensionsvermögen, als ertragsstärkendes Element in einer konservativen Anlagestrategie. Das extrem niedrige Zinsniveau lässt es kaum zu, mit festverzinslichen Anlagen befriedigende Erträge zu erzielen. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren unter zwei Prozent und Industrieanleihen hoher Bonität bringen nur gut ein Prozent mehr. Bei Pfandbriefen liegt die Rendite dazwischen. Um mit festverzinslichen Papieren deutlich höhere Renditen zu erzielen, muss der Investor entweder auf erstklassige Bonität oder auf Liquidität verzichten. Unternehmenskredite stellen hier einen attraktiven Kompromiss dar. Sie sind zwar weniger handelbar als verbriefte Forderungen (Anleihen) und meist nicht von den großen Rating Agenturen bewertet. Dafür bieten sie aber einen langfristig stabilen Cashflow, der einzelvertraglich durch Kreditsicherheiten abgesichert ist. Der Investor braucht jedoch einen qualifizierten LoanManager, der Zugang zu Darlehensplatzierungen hat und in der Lage ist, ein robustes und diversifiziertes Kreditportfolio zusammenstellen und zu pflegen. Mit solch einem Senior-Secured-Loans-Portfolio lässt sich eine stabile Rendite von gut fünf Prozent bei relativ geringer Volatilität erzielen. Senior Loans sind direkt bei institutionellen Investoren platzierte Darlehen an Unternehmen, die durch Aktiva des Kreditnehmers abgesichert sind und variabel verzinst werden. Banken treten dabei oft als Vermittler auf, wenn sie selbst die mit dem Darlehen verbundenen Kreditrisiken nicht aufs Buch nehmen wollen. Die Investoren verlangen für die Übernahme der Kreditrisiken Erstrangigkeit im Insolvenzfall und zusätzliche Sicherheiten (Bürgschaft, Grundschuld etc.). Sie haben zudem Nachverhandlungsmöglichkeiten bei Vertragsverletzung und können ggfs. Zinsanpassungen durchsetzen, Benefits! 29 Bilanzen & Finanzen die ein erhöhtes Kreditrisiko kompensieren. Die Verzinsung ist variabel, d. h. der Kupon verändert sich mit dem Interbanken-Zinssatz. Der Investor profitiert so von Zinsanstiegen und erhält damit einen gewissen Inflationsschutz. In den USA hat sich seit über einem Jahrzehnt ein Sekundärmarkt entwickelt, auf dem diese Darlehen ohne Einwirkung von Banken platziert und gehandelt werden. In den letzten Jahren hat das Volumen der Platzierungen im Europäischen Markt deutlich zugenommen. Als Fremdfinanzierungsinstrument werden Senior Secured Loans, die direkt an institutionelle Investoren vermittelt werden, für Unternehmen zunehmend interessant, auch weil die neuen Eigenkapital-Unterlegungsvorschriften für Banken (Basel 3) deren Kreditvergabe-Spielraum mittelfristig einschränken. Zwar können sich Unternehmen auch über Anleihen am Kapitalmarkt finanzieren. Dies lohnt jedoch nur bei größeren Volumina und längeren Laufzeiten, denn es werden erhebliche Kosten für ein offizielles Rating und die Marktbegebung durch ein Brokerkonsortium fällig. Darlehensplatzierungen sind flexibler, denn die Konditionen werden mit den Investoren abgestimmt und die Größe und Laufzeit der Emissionen kann genauer an die Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden. Längerer Anlagehorizont, Nachjustierung weniger leicht Die Kreditnehmer sind vorwiegend mittelgroße Unternehmen, die von den Rating-Agenturen keine hohe Bonitätsnote bekommen würden. Anleihen müssten sie meist im High-Yield Segment platzieren, wobei der Spread fünf bis 7,5 Prozent über Staatsanleihen liegt. Im Senior-Loan-Markt zahlen sie, je nach Bonität und Sicherheitsunterlegung, drei bis sechs Prozent variable Zinsen über dem Geldmarkt. Der Anleger muss gegenüber Bonds eine geringere Handelbarkeit seiner Forderung in Kauf nehmen und kann sein Portfolio weniger leicht adjustieren. Er braucht einen längeren Anlagehorizont und muss stärker auf die Kreditprüfung durch seinen Loan-Manager vertrauen. Der Kreditnehmer kompensiert ihn dafür durch eine höhere laufende Verzinsung und Sicherheiten, die letztlich dafür sorgen, dass das Kapitalverlust-Risiko im Insolvenzfall deutlich niedriger ausfällt als bei einer Anleihe (ca. 20 Prozent bei Loans gegenüber 40 Prozent und mehr bei High-Yield-Bonds). Kreditrisiken müssen in jedem Fall durch Diversifizierung gemindert werden. Bei einem Senior-LoanPortfolio muss der Kreditmanager von Anfang an die optimale Diversifikation herstellen, denn spätere Umschichtungen sind kostspielig. Daraus geht bereits hervor, dass ein vom liquiden Bond-Markt deutlich unterschiedener Manager-Typus gefragt ist. Eingehende Prüfung des Einzelkredits und lau- 30 towerswatson.de fende Überwachung der Bonitätsentwicklung und der Sicherheiten stehen im Mittelpunkt. LoansManager sind ständig im Kontakt mit Kreditnehmern und potentiellen Emittenten. Sie werden ihre Fähigkeiten in der Regel bei einer Bank erworben haben. Sie konkurrieren auch mit Kreditinstituten um attraktive Assets, d. h. um Kreditrisiken, die günstig gepreist sind. Umfangreiche Marktkontakte müssen gepaart sein mit hervorragenden Kreditbewertungsfähigkeiten. Vor allem am Londoner Finanzplatz gibt es einige Loan-Manager, die ihre Erfahrungen im hoch entwickelten US-Markt gesammelt haben und diese nun für den Aufbau globaler Portfolios mit einem wachsenden Anteil europäischer Darlehen nutzen. Hinweis für die Praxis Die attraktive durchschnittliche Renditeerwartung von über fünf Prozent darf nicht darüber hinweg täuschen, dass die Marktbewertung der Darlehen zwischenzeitlich deutlich schwanken kann. Je nach Ausfallwahrscheinlichkeit werden die Darlehen auf dem Sekundärmarkt mit mehr oder weniger großen Abschlägen gehandelt bzw. Neuplatzierungen müssen einen entsprechend höheren Kupon bringen. Konjunktur- und Branchenzyklen wirken auf die kurz- und mittelfristige Wertentwicklung ein. Diese Wertschwankungen werden jedoch durch die stetige Verzinsung im Jahresverlauf aufgefangen, so dass ein negatives Jahresergebnis nur in extremen Marktphasen (z. B. 2008) auftritt. Die durchschnittliche Ausfallrate auf Einzelkredit-Ebene liegt bei zwei Prozent. Für die Implementierung eines ausgewogenen Secured-Loan-Portfolios braucht der Investor einen kompetenten Manager sowie ein geeignetes Investmentformat, das den regulatorischen Anforderungen gerecht wird. Dr. Harald Eggerstedt [email protected] Telefon: +49 69 1505-5264 Dr. Alexander Zanker [email protected] Telefon: +49 69 1505-5206 Recht & Steuern „Wann „ eine betriebliche Übung einsetzt hängt unter anderem davon ab, wie häufig Leistungen oder Vergünstigungen erbracht werden und in welchem Verhältnis die Zahl der Anwendungsfälle zur Belegschaftsstärke steht.“ Insolvenzsicherheit von CTA bestätigt LAG Berlin-Brandenburg vom 27.10.2011 – 5 Sa 1310 /11 (nicht rechtskräftig) Treuhandkonstruktionen werden vielfach zur Insolvenzsicherung von betrieblicher Altersversorgung und Ansprüchen aus Altersteilzeit eingesetzt. Durchgesetzt hat sich dabei die doppelseitige Treuhand. Deren Insolvenzfestigkeit ist in der juristischen Fachliteratur diskutiert worden. Sie wurde nun gerichtlich bestätigt; die höchstrichterliche Entscheidung steht jedoch noch aus. Erstmals hat jetzt ein Landesarbeitsgericht (LAG) die Insolvenzfestigkeit eines Contractual Trust Arrangements (CTA) im Wege einer doppelseitigen Treuhand bestätigt. In dem entschiedenen Fall hatte ein Arbeitgeber sich eines CTA bedient, um seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Insolvenzsicherung von Ansprüchen aus Altersteilzeit gemäß § 8a Altersteilzeitgesetz nachzukommen. Die mit den Mitarbeitern abgeschlossenen Altersteilzeitarbeitsverträge wiesen ausdrücklich auf die durchzuführende Insolvenzsicherung hin. Der Arbeitgeber (Treugeber) hatte mit einem Treuhänder und einer Kapitalanlagegesellschaft eine Rahmenvereinbarung sowohl zur Rückdeckung der Zahlungsverpflichtungen aus Altersteilzeit als auch zur Insolvenzsicherung geschlossen. Laut Treuhand- vertrag zwischen Treugeber und Treuhänder sollte der Treuhänder für die Mitarbeiter jeweils Depots im eigenen Namen einrichten und die darauf eingezahlten Beträge in eigenem Namen, aber für Rechnung des Treugebers verwalten. Wirtschaftlich Berechtigter war danach der Treugeber. Im vertraglich näher definierten Insolvenzfall des Treugebers sollte die wirtschaftliche Berechtigung an den Depots bis zur Höhe der jeweiligen Wertguthaben auf den berechtigten Mitarbeiter übergehen. Der Treuhandvertrag sah insofern eine Auszahlung an den jeweils berechtigten Mitarbeiter vor. Über seine Verpflichtung zur Überwachung nicht ausgezahlter Lohnbestandteile auf dem Treuhandkonto und die Auszahlung im Insolvenzfall informierte der Treuhänder die Mitarbeiter schriftlich. Benefits! 31 Recht & Steuern Nach der Insolvenz des Treugebers ist zwischen dessen Insolvenzverwalter und einer Altersteilzeitmitarbeiterin in der Freistellungsphase die Auszahlung des Altersteilzeitentgelts aus der Treuhand streitig. Grundsätzlich handelt es sich bei Entgelt­ ansprüchen in der Freistellungsphase um einfache Insolvenzforderungen – auch bei Insolvenzeröffnung während der Freistellungsphase. CTA als geeignetes Instrument zur Insolvenzsicherung Das LAG Berlin-Brandenburg hat in den konkreten CTA-Verträgen eine im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter (§ 328 BGB) vereinbarte doppelseitige Treuhand gesehen und deren Insolvenzfestigkeit ausdrücklich bestätigt. Es verweist darauf, dass ein solches CTA in der Gesetzesbegründung zu § 8a Altersteilzeitgesetz ausdrücklich als geeignetes Instrument zur Insolvenzsicherung eingestuft sei. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu doppelseitigen Treuhandverhältnissen und der überwiegend in der juristischen Literatur vertretenen Auffassung stellte es fest, dass jedenfalls dann, wenn in einem doppelseitigen Treuhandvertrag Verwaltungs- und Sicherungstreuhand klar voneinander getrennt seien, die Sicherungstreuhand über die Insolvenz des Treugebers hinaus Bestand hat und nicht wie die Verwaltungstreuhand gemäß §§ 115, 116 Insolvenzordnung erlischt. Das Valutaverhältnis zwischen Treuhänder und berechtigtem Mitarbeiter bleibe unberührt. Kriterien zur Vertragsgestaltung Die klare Trennung der beiden Treuhandverhältnisse entnahm das LAG den CTA-Verträgen durch Auslegung. Neben der ausdrücklichen Nennung des Insolvenzsicherungszwecks im Vertrag stellt es entscheidend auf die vertragliche Begründung eines aufschiebend bestimmten eigenen Anspruchs des Mitarbeiters gegen den Treuhänder, bedingt durch den Insolvenzfall, ab. Gestützt wird das Auslegungsergebnis zusätzlich durch die schriftliche Mitteilung 32 towerswatson.de des Treuhänders an den Mitarbeiter, aus dem das Verständnis des Treuhänders hervorgeht, die Sicherungstreuhand habe über die Insolvenz des Treugebers hinaus Bestand. Dass laut der Rahmenvereinbarung ursprünglich eine zusätzliche Verpfändung vorgesehen war, die aber nicht durchgeführt wurde, lässt das LAG nicht an der Insolvenzsicherheit einer doppelseitigen Treuhand im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter zweifeln. Die Verpfändung hätte lediglich eine zusätzliche Sicherheit herbeigeführt. Aufgrund der Besonderheit des entschiedenen Falls ging das LAG von einem Aussonderungsrecht des Mitarbeiters an dem vom Treuhänder gehaltenen Depot aus. Im Regelfall wird jedoch bei einer doppelseitigen Treuhand ein Absonderungsrecht des Treuhänders angenommen. Die Entscheidung des LAG ist bisher nicht rechtskräftig. Das Revisionsverfahren vor dem BAG ist anhängig unter dem Aktenzeichen 6 AZR 47/12. Hinweis für die Praxis Die Entscheidung des LAG ist zu begrüßen, da sie die Insolvenzsicherheit des in der Praxis zur Insolvenzsicherung von Ansprüchen verbreitet gewählten CTA-Modells der doppelseitigen Treuhand bestätigt und nähere Kriterien zur Vertragsgestaltung herausarbeitet. Christine Bleeck [email protected] Telefon: +49 611 794-336 Rentenanpassung bei Gesamtversorgung BAG vom 14.2.2012 – 3 AZR 685 /09 Auch dann, wenn der Arbeitgeber eine Gesamtversorgung zusagt, ist Bezugsobjekt der Anpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG grundsätzlich die vom Arbeitgeber geschuldete und gezahlte Betriebsrente und nicht die Gesamtversorgung. Dem Kläger war eine Gesamtpension in Höhe von 65 Prozent seines letzten vereinbarten Bruttomonatsgehalts (Berechnungsgrundlage) zugesagt worden. Die jährlichen Steigerungen sollten ein Prozent betragen, bis zu einem Maximalwert von 75 Prozent der Berechnungsgrundlage. Die Gesamtpension setzte sich aus der von der Beklagten geschuldeten Betriebsrente sowie aus Rentenbezügen aus der Angestelltenversicherung, Versorgungsleistungen aus dem BVV, einer weiteren Pensionszusage eines anderen Arbeitgebers und ggf. einer sonstigen Versorgung (soweit sie nicht überwiegend auf Beiträgen des Vertragsinhabers beruht) zusammen. Der Kläger vertrat die Auffassung, das Bezugsobjekt der Anpassung seiner Betriebsrente i. S. d. § 16 BetrAVG sei in seinem Fall nicht der bei Rentenbeginn von der Beklagten gezahlte Betrag, sondern die Gesamtversorgung in Höhe von 75 Prozent der Bemessungsgrundlage. Er klagte auf entsprechende Rentenanpassungen. Dies war bereits von der Vorinstanz abgewiesen worden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigte die Klageabweisung. Demnach kann der Kläger seinen Anspruch nicht auf die gesetzliche Regelung des § 16 BetrAVG stützen. Bezugsobjekt der Anpassung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG ist nach Ansicht des BAG die Ausgangsrente, d. h. die Betriebsrente, die sich nach der Versorgungsvereinbarung zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls errechnet und vom Arbeitgeber gezahlt wird – und nicht die Gesamtversorgung. Das ergebe eine Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen. Das BAG führt hier zunächst den Wortlaut des § 16 Abs. 1 BetrAVG an. Weiterhin ergebe sich das auch daraus, dass die Belange der Versorgungsempfänger – wie aus § 16 Abs. 2 BetrAVG folge – im Ausgleich des Kaufkraftverlustes seit Rentenbeginn, also in der Wiederherstellung des ursprünglich vorausgesetzten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung, bestehe. Nach Ansicht des BAG können die Parteien in der Versorgungsregelung die Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zwar dahin modifizieren, dass die Gesamtversorgung als Bezugsobjekt der Anpassungsprüfung gelten soll. Ob dies zutrifft, sei durch Auslegung der jeweiligen Versorgungsvereinbarung zu ermitteln. In dem entschiedenen Fall konnte der Kläger jedoch aus der Pensionszusage nach Ansicht des Gerichts keine weitergehenden Anpassungsansprüche herleiten. Hinweis für die Praxis Die Entscheidung gibt grundsätzlich Klarheit zu der Frage des Bezugsobjekts bei der Rentenanpassung von Gesamtversorgungszusagen. Entscheidend ist jedoch letztlich immer die Auslegung der konkreten Zusage. In Zweifelsfällen empfiehlt sich daher insoweit eine sorgfältige Prüfung. Henning Rihn henning.rihn@ towerswatson.com Telefon: +49 89 51657-4650 Benefits! 33 Recht & Steuern Zurechnung von Rentenbausteinen ist keine Altersdiskriminierung BAG vom 17.4.2012 – 3 AZR 481 /10 Eine tarifliche Regelung, nach der Mitarbeitern, die aufgrund einer tariflichen Altersgrenze zwischen der Vollendung des 55. und 60. Lebensjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, für die restliche Zeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs ein Rentenbaustein pro Jahr zugerechnet wird, ist keine unzulässige Altersdiskriminierung. Gemäß einer tariflichen Regelung bei der beklagten Luftfahrtgesellschaft endet das Arbeitsverhältnis von Mitarbeitern des Cockpitpersonals zwischen der Vollendung des 55. und 60. Lebensjahrs. Nach dem Ausscheiden erhalten diese Mitarbeiter eine tarifliche Übergangsversorgung. Nach dem einschlägigen Tarifvertrag Betriebsrente werden ihnen jährliche Rentenbausteine für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der tariflichen Altersgrenze bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs zugerechnet. Der Kläger schied aufgrund der tariflichen Altersgrenze mit Vollendung des 60. Lebensjahrs aus den Diensten der Beklagten aus und bezieht seit der Vollendung seines 63. Lebensjahrs im Jahr 2002 eine Betriebsrente aufgrund des o. g. Tarifvertrags. Bei der Berechnung seiner Betriebsrente wurden ihm drei Rentenbausteine zugerechnet. Er meint, dass er durch die Zurechnungsregelung wegen seines Alters diskriminiert werde, da einem mit Vollendung des 55. Lebensjahrs ausgeschiedenen Kollegen mit derselben Betriebszugehörigkeit acht Rentenbausteine zugerechnet werden. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) verstößt diese Zurechnungsregelung nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das AGG ist in zeitlicher Hinsicht anwendbar, da unter seinem zeitlichen Geltungsbereich (seit 1.8.2006) ein Rechtsverhältnis besteht. Dies muss kein Arbeitsverhältnis sein; es reicht, wenn der Mitarbeiter mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschieden ist oder Betriebsrentner ist. Unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt Das BAG hat es dahinstehen lassen, ob der Kläger durch die tarifliche Regelung überhaupt wegen des Alters eine weniger ungünstige Behandlung gegenüber einem Kollegen in einer vergleichbaren Situation erfährt. Selbst wenn eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters vorliegen sollte, wäre diese nach § 10 Satz 1 und 2 AGG gerechtfertigt. Die unterschiedliche Behandlung von Piloten, die nach der tariflichen Altersgrenze erst mit Vollendung des 60. Lebensjahrs ausscheiden, gegenüber Piloten, die mit derselben Betriebszugehörigkeit bereits mit Vollendung des 55. Lebensjahrs ausscheiden, hinsichtlich der Anzahl der zuzurechnenden Rentenbausteine sei zulässig. Denn sie sei objektiv und angemessen und durch ein legitimes, im Allgemeininteresse bestehendes Ziel gerechtfertigt; die eingesetzten Mittel zur Erreichung des Ziels seien angemessen und erforderlich. Ziel dieser tariflichen Zurechnungsregelung sei die Sicherstellung einer angemessenen betrieblichen Altersversorgung (bAV) für diejenigen Mitarbeiter, die deutlich vor dem Erreichen der in der Versorgungsordnung vorgesehenen festen Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und denen „Betriebsrente erst mit 67?“ – Aktuelles Urteil des BAG In einer jüngst veröffentlichten Einzelfallentscheidung vertrat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Meinung, dass in Pensionszusagen „regelmäßig“ auf die jeweilige Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abzustellen sei – auch wenn dort als Rentenzugangsalter im Sinne der betriebsrentenrechtlich maßgeblichen festen Altersgrenze das vollendete 65. Lebensjahr definiert ist (BAG vom 15.5.2012 – 3 AZR 11 /10). Diese häufig als „Grundsatzurteil“ beschriebene Entscheidung hat unter bAV-Verantwortlichen für einigen Wirbel gesorgt, zumal zum Teil die Auffassung geäußert wird, dass nun bei solchen Zusagearten die betriebliche Regelaltersrente „automatisch“ erst ab dem 67. Geburtstag zu beziehen sei. Hier ist eine differenzierte Betrachtung angezeigt. Dennoch eröffnet das Urteil Handlungsoptionen bzw. erzeugt in einigen Unternehmen auch Handlungsbedarf. Towers Watson hat dieses Urteil in einem Sonder-Newsletter im September genauer betrachtet. Der Newsletter ist Online-Archiv von Benefits! abrufbar (www.towerswatson.de/newsletters/benefits-fachmagazin) 34 towerswatson.de damit ein weiterer Aufbau von Rentenansprüchen nicht möglich sei. Die Sicherstellung einer angemessenen Altersversorgung liege im Allgemeininteresse und sei sozialpolitischer Art. Dieses Ziel sei daher legitim im Sinne von § 10 Satz 1 AGG. Von diesem Regelungszweck her sei die vorgesehene Zurechnung von Rentenbausteinen naheliegend und damit angemessen. Die tarifliche Regelung gehe nicht über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist. Sie führe auch nicht zu einer Aushöhlung des Verbots der Altersdiskriminierung. Das BAG führt weiter aus, dass es über die Vereinbarkeit der tariflichen Regelungen mit dem Unionsrecht selbst entscheiden konnte, da die Auslegung und Anwendung der maßgebenden Vorschriften durch die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geklärt seien. Hinweis für die Praxis Die Entscheidung zeigt anschaulich, dass die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für das Vorliegen einer Altersdiskriminierung und deren Rechtfertigung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung zunehmend an Konturen gewinnt. Angesichts der Komplexität der gesetzlichen Regelungen und ihrer konkreten Ausfüllung durch die jüngere Rechtsprechung des EuGH und des BAG empfiehlt sich in jedem Fall eine sorgfältige Prüfung etwaiger Zweifelsfälle. Henning Rihn henning.rihn@ towerswatson.com Telefon: +49 89 51657-4650 Die Tarifregelung hält auch im Übrigen einer Rechtskontrolle stand. In diesem Zusammenhang führt das BAG aus, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG hinsichtlich des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters keine weitergehenden Anforderungen enthalte als § 10 AGG und Art. 6 der Richtlinie 2000 /78 /EG. Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage durch betriebliche Übung BAG vom 15.5.2012 – 3 AZR 610 /11 Erteilt ein Arbeitgeber Mitarbeitern regelmäßig eine Versorgungszusage, nachdem diese eine bestimmte Dienstzeit vollendet haben, entsteht eine betriebliche Übung, die nicht ohne weiteres beendet werden kann. Erbringt ein Arbeitnehmer die fragliche Dienstzeit, kann er daher verlangen, dass auch ihm eine solche Versorgungszusage erteilt wird. Der beklagte Arbeitgeber – eine Landesbank – hatte seit 1972 nahezu allen Mitarbeitern nach 20-jähriger Tätigkeit im Bankgewerbe, davon mindestens zehn Jahre bei der Beklagten, eine Versorgungszusage nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erteilt. Weitere Voraussetzung war lediglich, dass die Mitarbeiter gute Beurteilungen erhalten hatten und ihr Gesundheitszustand eine vorzeitige Zurruhesetzung nicht erwarten ließ. Die formale Entscheidung traf der Vorstand. Die Praxis wurde im Laufe der Zeit mehrfach intern kommuniziert, etwa in einem Mitarbeiterhandbuch. Als Folge der Finanzkrise hat sich die Beklagte 2009 entschlossen, keine weiteren Versorgungszusagen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen mehr zu erteilen. Stattdessen sollte die betriebliche Altersversorgung (bAV) auf ein beitragsorientiertes System umgestellt werden. Hiervon war auch der Kläger betroffen, der kurz nach dieser Entscheidung die erforderliche Dienstzeit von 20 Jahren vollendete und auch die weiteren Voraussetzungen „gute Leistung und Führung“ sowie „gesundheitliche Eignung“ erfüllte. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger die von ihm begehrte Versorgungszusage entsprechend der bisherigen Praxis anzubieten. Der Kläger konnte seinen Anspruch auf eine ihm günstige betriebliche Übung stützen. Eine betriebliche Übung entsteht, wenn der Arbeitnehmer aus einem gleichförmigen und wiederholten Verhalten des Arbeitgebers schließen darf, eine Leistung oder Vergünstigung werde auch künftig gewährt. Sie ist als Rechtsquelle vom Gesetzgeber anerkannt und in § 1 b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG erwähnt. Kriterien für betriebliche Übung Das BAG hat noch keine allgemein verbindliche Regel entwickelt, wann eine betriebliche Übung Benefits! 35 Recht & Steuern einsetzt. Dies hängt unter anderem davon ab, wie häufig Leistungen oder Vergünstigungen erbracht werden und in welchem Verhältnis die Zahl der Anwendungsfälle zur Belegschaftsstärke steht. Bei für den Arbeitnehmer sehr bedeutsamen Leistungen, wie z. B. der bAV, geht das BAG eher von einer betrieblichen Übung aus, während es bei weniger wichtigen Leistungen, wie etwa einem Jubiläumsgeld, höhere Anforderungen formuliert. Ein Arbeitnehmer, der sich auf eine betriebliche Übung beruft, muss nicht selbst schon in den Genuss der Leistung oder Vergünstigung gekommen sein. Es reicht aus, dass er aufgrund der Praxis des Arbeitgebers erwarten darf, eine Leistung zu erhalten, wenn er zu einem späteren Zeitpunkt bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Der Mitarbeiter muss nicht nachweisen, ob und wann ihm eine betriebliche Übung bekannt geworden ist. Das BAG geht von der allgemeinen Erfahrung aus, dass Leistungen und Vergünstigungen, die für die Mitarbeiter vorteilhaft sind, allgemein bekannt werden. Will ein Arbeitgeber verhindern, dass eine betriebliche Übung entsteht, muss er ausdrücklich klar stellen, dass aus einer tatsächlichen Leistung auch bei ihrer Wiederholung keine rechtliche Bindung für die Zukunft eintreten soll. In dem aktuellen Fall hat das BAG eine betriebliche Übung darauf gestützt, dass der Arbeitgeber seit 1972 allen Mitarbeitern nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (insbesondere 20-jährige Dienstzeit) eine beamtenähnliche Versorgungszusage erteilt hat. Daher konnte sich auch der Kläger hierauf berufen, nachdem er selbst die Bedingungen erfüllte. Das BAG betrachtet die betriebliche Übung als (individual-)vertraglichen Anspruch, der schon mit Eintritt des Mitarbeiters Teil seines Arbeitsverhältnisses wird. Daher ist es für Arbeitgeber schwer, eine betriebliche Übung zu beenden. Häufig gelingt dies nur für neu eintretende Mitarbeiter, indem im Rahmen des Arbeitsvertrags deutlich geregelt wird, dass eine bestimmte Vergünstigung oder Leistung nicht (mehr) erbracht wird. Hinweis für die Praxis Das Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung. Ansprüche auf eine bAV können auch dann entstehen, wenn keine schriftliche oder ausdrückliche Versorgungszusage erteilt wird. Schon durch eine wiederholte tatsächliche Praxis kann sich der Arbeitgeber binden, und zwar auch gegenüber Mitarbeitern, die von dieser Praxis (noch) nicht profitierten. Eine einseitige Beendigung einer solchen betrieblichen Übung ist schwierig. Sie wird häufig nur für Neueintritte in Betracht kommen. Umso wichtiger ist es, dass Arbeitgeber von vornherein durch richtig formulierte Vorbehalte ausdrücklich klarstellen, wenn sie eine Bindung für die Zukunft vermeiden wollen. Dr. Dirk Kruip [email protected] Telefon: +49 611 794-4403 Reichweite einer Tariföffnungsklausel Betriebsvereinbarung mit unechter Rückwirkung / BAG vom 22.5.2012 1 Eine Tariföffnungsklausel, die den Betriebsparteien die abweichende Ausgestaltung der Tarifnormen durch eine nicht erzwingbare Betriebsvereinbarung ermöglicht, ist dahingehend auszulegen, dass die Betriebspartner auch rückwirkende Regelungen treffen können. Dies gilt nicht, wenn besondere Umstände des Vertrauensschutzes im Einzelfall dagegen sprechen. In dem zugrundeliegenden Fall stritten die Parteien über den Zeitpunkt der Weitergabe einer Tariflohnerhöhung aufgrund einer durch Tariföffnungsklausel abgeschlossenen Betriebsvereinbarung. Ausgangspunkt war ein Vergütungs-Tarifvertrag, der Tariflohnerhöhungen ab 1. Februar sowie ab 1. Mai 2009 vorsah. Zudem war folgende Öffnungsklausel vereinbart: „Durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann der Beginn der Tarifperiode (…) entsprechend der wirtschaftlichen Lage 1 1 AZR 103 /11 (1 AZR 104 /11, 1 AZR 105 /11, 1 AZR 106 /11) 36 towerswatson.de des Betriebs vom 1. Mai 2009 längstens bis zum 1. Dezember 2009 verschoben werden. In diesem Fall gelten die Lohn- und Gehaltstabellen sowie die Ausbildungsvergütungen vom 1. Februar 2009 bis zu dem in der Betriebsvereinbarung festgelegten Termin weiter.“ Die beklagte Arbeitgeberin war Mitglied ohne Tarifbindung (OT-Mitglied) im Arbeitgeberverband und hatte Tariferhöhungen in der Vergangenheit grundsätzlich an ihre Arbeitnehmer weitergegeben. Ende April 2009 gab sie durch Aushang bekannt, dass Entscheidungen über mögliche Lohn- /Gehaltserhöhungen für das Jahr 2009 bis Ende Juni ausgesetzt werden bzw. (laut einer weiteren Mitteilung) vorerst nicht getroffen werden. Per Betriebsvereinbarung wurde im November 2009 vereinbart, dass die zweite Stufe der Gehaltserhöhung (anstelle zum 1. Mai) erst ab dem 1. Oktober 2009 wirksam werden sollte. Rückwirkende Regelungen möglich Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass die Verschiebung der zweiten Stufe der Tariferhöhung auf Basis der Betriebsvereinbarung wirksam ist. Dies ergibt sich durch Auslegung des Vergütungs-Tarifvertrags und der darin vereinbarten Tariföffnungsklausel nach Wortlaut und Regelungszweck. Dabei ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen: Eine Tariföffnungsklausel, die den Betriebsparteien die abweichende Ausgestaltung der Tarifnormen durch eine nicht erzwingbare Betriebsvereinbarung ermöglicht, ist (abgesehen von besonderen Umständen) dahingehend auszulegen, dass diese entsprechend den für tarifliche Normen geltenden Grundsätzen auch rückwirkende Regelungen treffen können. Wollen die Tarifvertragsparteien den durch die Tariföffnungsklausel geschaffenen Freiraum zeitlich begrenzen, muss das im Tarifvertrag klar formuliert werden. Dies war vorliegend nicht erfolgt. Vertrauensschutz beachten Ob und wann die Normunterworfenen mit einer rückwirkenden Regelung rechnen müssen, ist eine Frage des Einzelfalls. Dabei ist das Vertrauen in den Bestand des Anspruchs schutzwürdig. Dies gilt unabhängig davon, ob der Tarifvertrag das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien oder aufgrund vertraglich vereinbarter Anwendung erfasst (BAG vom 17.10.2007 – 4 AZR 812 /06). Arbeitnehmer müssen i. d. R. nicht damit rechnen, dass in bereits entstandene Ansprüche eingegriffen wird, auch wenn sie noch nicht erfüllt oder noch nicht fällig sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn bereits vor der Entstehung des Anspruchs hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Tarifvertragsparteien diesen Anspruch zuungunsten der Arbeitnehmer ändern werden. Dabei hat der Wegfall des Vertrauensschutzes nicht zur Voraussetzung, dass der Einzelne positive Kenntnis von den maßgeblichen Umständen hat. Entscheidend und ausreichend ist vielmehr die Kenntnis der betroffenen Kreise (BAG vom 22.10.2003 – 10 AZR 152 /03). Mitteilungen der Beklagten nicht entstanden. Ein ausdrücklicher Verweis der Beklagten auf die Tariföffnungsklausel und den insoweit noch zu erfolgenden Abschluss einer Betriebsvereinbarung ist für den Ausschluss schutzwürdigen Vertrauens insoweit nicht erforderlich. Hinweis für die Praxis Gemäß der ständigen Rechtsprechung des BAG zur tarifvertraglichen Regelungsmacht tragen tarifvertragliche Regelungen auch während ihrer Laufzeit den immanenten Vorbehalt ihrer rückwirkenden Abänderbarkeit durch einen neuen Tarifvertrag in sich. Dies gilt selbst für bereits entstandene und fällig gewordene, aber noch nicht abgewickelte Ansprüche. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zu einem rückwirkenden Eingriff ist durch den Vertrauensschutz für die Normunterworfenen begrenzt. Insoweit gelten die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bei der (unzulässigen) echten und (zulässigen) unechten Rückwirkung von Gesetzen. Abgesehen von den Fällen, in denen die betriebliche Altersversorgung (bAV) bereits tarifvertraglich geregelt ist, ist bei Ausgestaltungen auf Basis von tariflichen Öffnungsklauseln darauf zu achten, den Gestaltungsspielraum der Betriebspartner umfassend auszuloten und zu nutzen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen analog der Gestaltungsprivilegien für Tarifpartner erfüllt sind. Dr. Rekka Schubert-Eib rekka.schubert-eib@ towerswatson.com Telefon: +49 7121 3122-235 Henning Rihn henning.rihn@ towerswatson.com Telefon: +49 89 51657-4650 Ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf Weitergabe der zweiten Tariflohnerhöhung bereits ab dem 1. Mai 2009 ist aufgrund der bestehenden Öffnungsklausel sowie der (rechtzeitig) erfolgten Benefits! 37 Recht & Steuern Versorgungsausgleich: Kein Rententrend bei Prüfungsanpassung OLG Frankfurt vom 7.8.2012 – 1 UF 192 /11 Im VersAusglG ist nicht geregelt, ob zukünftige Rentenanpassungen durch das Familiengericht zu prognostizieren sind. Ist die zukünftige Entwicklung nicht eindeutig vorgezeichnet, hat sie daher außer Betracht zu bleiben. Mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt liegt erneut eine OLG-Entscheidung dazu vor, ob bei Versorgungszusagen mit Prüfungsanpassung bei der Berechnung der Barwerte im Versorgungsausgleich ein Rententrend anzusetzen ist. Rententrends sind Prognosen darüber, ob und in welcher Höhe die Leistungen künftig angepasst werden. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war ein Versorgungsanwärter ausgleichspflichtig. Das auszugleichende betriebliche Versorgungsanrecht enthielt keine konkreten Angaben zur Höhe künftiger Anpassungen (z. B. ein Prozent pro Jahr o. Ä.), sondern stellte auf die sog. Prüfungsanpassung (§ 16 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Betriebsrentengesetz – BetrAVG) ab. Die Frage, ob in den Barwert ein Rententrend einzurechnen sei, war in diesem Fall entscheidend dafür, ob der Versorgungsträger die externe Teilung einseitig verlangen konnte (§ 17 Versorgungsausgleichsgesetz – VersAusglG) oder ob der Grenzwert hierfür überschritten war. Stichtagsprinzip – Rententrend nicht anzusetzen Das OLG Frankfurt entschied, dass ein Rententrend aufgrund des Stichtagsprinzips (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG) nicht anzusetzen sei. Das VersAusglG enthalte keine Regelung dazu, dass künftige Anpassungen zu schätzen sind, soweit sie dem Grunde und der Höhe nach nicht sicher feststehen. Soweit künftige Entwicklungen nicht eindeutig vorgezeichnet sind, hätten sie außer Betracht zu bleiben. Bei der internen Teilung nehme der Ausgleichsberechtigte kraft Gesetzes an der Dynamik der auszugleichenden Versorgung teil. Bei der externen Teilung profitiere er von der Dynamik der jeweiligen Zielversorgung. Etwaige Nachteile durch die externe Teilung seien dem Stichtagsprinzip und dem Wunsch des Gesetzgebers geschuldet, die Versorgungsschicksale der Ehegatten frühzeitig, d. h. bei der Scheidung, zu trennen. Daher seien sie hinzunehmen. Andernfalls müsse der Ausgleichswert zudem abhängig davon, ob intern oder extern geteilt werden soll, unterschiedlich berechnet werden, was das Gesetz jedoch gerade nicht vorsehe. BGH: Keine Korrektur von Dynamik­ unterschieden Anders als das OLG Frankfurt steht das OLG München (22.9.2011 – 16 UF 171 /11) auf dem Rechtsstandpunkt, dass bei Prüfungsanpassun- 38 towerswatson.de gen der Rententrend anzusetzen sei. Der Wert einer Versorgung hänge auch von deren künftiger Dynamik ab, was auch in der nach früherem Versorgungsausgleichsrecht maßgeblichen Barwertverordnung (BarwertVO) berücksichtigt worden sei. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich zwar noch nicht explizit zu dieser Frage geäußert, ließ jedoch in anderem Zusammenhang erkennen, dass Dynamikunterschiede nach dem VersAusglG nicht mehr korrigiert werden. Bei der internen Teilung sei die Teilhabe an der künftigen Wertentwicklung durch § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG gesichert, bei der externen Teilung verzichte das Gesetz auf eine nachträgliche Korrektur von Dynamikunterschieden. Zudem könne der Ausgleichspflichtige bei externer Teilung Zuwächse in der gewählten Zielversorgung erreichen (BGH vom 29.2.2012 – XII ZB 609 /10, Rn. 26, 27). Obgleich sich diese Ausführungen des BGH unmittelbar auf fondsorientierte Zusagen beziehen, stützen sie den Ansatz des OLG Frankfurt, keinen Rententrend anzusetzen. Hinweis für die Praxis In der Praxis ist insbesondere bei externer Teilung häufig zu beobachten, dass Familiengerichte oder Rechtsanwälte Ausgleichsberechtigter die Berücksichtigung von Rententrends verlangen und sich dabei auf die Entscheidung des OLG München stützen. Dem können jedenfalls die Entscheidung des OLG Frankfurt und auch die Sichtweise des BGH auf Dynamikunterschiede im Allgemeinen entgegen gehalten werden. Mehr zum Thema Tiefergehende Ausführungen zu diesem Thema sind nachzulesen in: Hufer / K arst: „Versorgungsausgleich bei Direktzusagen: Keine Berücksichtigung von Rententrends“ in „Der Betrieb“, Heft 45, 2012, S. 2576. Dr. Andreas Hufer [email protected] Telefon: +49 611 794-4419 Versorgungsausgleich: Auswirkungen vorzeitiger betrieblicher Altersleistung BGH vom 7.3.2012 – XII ZB 599/10 Ist die Entscheidung für die vorzeitige Inanspruchnahme von Altersleistungen nach Ehezeitende gefallen, ist im Versorgungsausgleich die Altersleistung zu teilen, die ohne Kürzung infolge der vorzeitigen Inanspruchnahme zu leisten gewesen wäre. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat erstmals nach neuem Versorgungsausgleichsrecht entschieden, wie die Kürzung einer Versorgungsleistung infolge vorzeitiger Inanspruchnahme im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist. Der relevante Zeitpunkt in diesem Zusammenhang ist der Stichtag Ehezeitende. In dem behandelten Sachverhalt hatte der Ausgleichspflichtige seine Entscheidung für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersleistung bei einem berufsständischen Versorgungswerk und die damit einhergehenden Abschläge nach Ehezeitende getroffen. Streitig war, ob bei den Berechnungen im Versorgungsausgleich die Altersleistung in der tatsächlichen (gekürzten) Höhe oder die ungekürzte Altersleistung, die er ohne vorzeitigen Bezug zu einem späteren Zeitpunkt erhalten hätte, anzusetzen ist. Relevant: Verhältnisse zum Stichtag Ehezeitende Nach Auffassung des BGH ist entscheidend, welche Versorgung zum Stichtag Ehezeitende (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Versorgungsausgleichsgesetz – VersAusglG) verlangt werden konnte. War zu diesem Zeitpunkt eine gekürzte vorzeitige Altersleistung geschuldet, weil die Entscheidung für die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersleistung (d. h. der Antrag darauf) vor Ehezeitende gefallen war, ist die gekürzte Leistung für die Berechnungen im Versorgungsausgleich maßgeblich. Ist die Entscheidung für die vorzeitige Inanspruchnahme jedoch erst nach Ehezeitende gefallen, ist die ungekürzte Versorgungsleistung zu teilen, die der Ausgleichspflichtige ohne die vorzeitige Inanspruchnahme hätte verlangen können. Dies wirkt sich zu Lasten des Ausgleichspflichtigen aus: Die wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme gekürzte vorzeitige Altersleistung wird wegen des Versorgungsausgleichs zusätzlich um den Wert der halben ehezeitanteiligen ungekürzten Versorgungsleistung verringert. Dadurch erhält der Ausgleichspflichtige im Ergebnis bezogen auf die Ehezeit einen geringeren Teil der Versorgung als der Ausgleichsberechtigte (was grundsätzlich aus Halbteilungsgesichtspunkten bedenklich wäre). Dies sei aber hinzunehmen, da die Entscheidung für die vorzeitige Altersleistung auf einem individuellen Entschluss des Ausgleichspflichtigen beruhe. Der BGH führt ferner aus, dass zwar nach § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG nach Ehezeitende neu eintretende tatsächliche oder rechtliche Umstände bei den Berechnungen im Versorgungsausgleich zu Benefits! 39 Recht & Steuern berücksichtigen sind. Die nach Ehezeitende getroffene Entscheidung für vorzeitige Altersleistung sei jedoch ein individueller nachehezeitlicher Umstand, der von dieser Regelung nicht erfasst werde, da er keinen Bezug zur Ehezeit habe. Durch diese Entscheidung knüpft der BGH an seine ständige Rechtsprechung zum früheren Recht an (zuletzt BGH vom 14.11.2011 – XII ZB 23 /08). Ausdrücklich verwirft er die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 21.10.2010 – 17 UF 222 /10. Das OLG Stuttgart vertrat die Auffassung, es sei unabhängig davon, wann die Entscheidung für die vorzeitige Altersleistung gefallen ist, die gekürzte Leistung zu teilen, die der Ausgleichspflichtige tatsächlich bezieht, da die Entscheidung für die vorzeitige Inanspruchnahme nach § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG als neue Tatsache zu berücksichtigen sei. Dr. Andreas Hufer andreas.hufer@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-4419 Hinweis für die Praxis Bislang war häufig zu beobachten, dass Familiengerichte bei vorzeitig in Anspruch genommener Altersleistung Nachfragen auch an betriebliche Versorgungsträger stellten und teilweise sogar doppelte Berechnungen (mit und ohne Berücksichtigung der Abschläge für vorzeitige Inanspruchnahme) anforderten. Diese zusätzlichen Berechnungen hatte der Versorgungsträger dann vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen, wobei er Kosten für Berechnungen selbst tragen muss. Künftig dürfen Versorgungsträger damit rechnen, solche kostspieligen Doppelberechnungen vermeiden zu können. Voraussetzung ist, dass entsprechend der Differenzierung des BGH •• bei vor Ehezeitende beantragter vorzeitiger Altersleistung die wegen vorzeitiger Inanspruchnahme gekürzte Altersleistung, •• bei nach Ehezeitende beantragter vorzeitiger Altersleistung die ungekürzte Altersleistung angesetzt wird. Sollte es zu Nachfragen kommen, kann auf die Entscheidung des BGH Bezug genommen werden. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der BGH insoweit zwischen verschiedenen Versorgungsträgern (berufsständische Versorgungswerke, betriebliche Versorgungsträger etc.) differenziert. Die Entscheidung des BGH zeigt – wie auch andere in jüngerer Zeit ergangene Entscheidungen des BGH – die Tendenz auf, die Versorgungsschicksale der Ehegatten so weit wie möglich bezogen auf den Stichtag Ehezeitende endgültig voneinander zu trennen. Pauschalierte Teilungskostenumlage bei interner Teilung BGH vom 27.6.2012 – XII ZB 275/11 Bei interner Teilung kann der Versorgungsträger grundsätzlich die gesamten Teilungskosten auf die Ehegatten umlegen. Hierzu kann er einen pauschalierten Kostenansatz wählen. Die gerichtliche Angemessenheitsprüfung stellt nur ein Korrektiv dar, das ggf. zu einer Begrenzung der Kostenumlage führt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits zuvor entschieden, dass Versorgungsträger alle Teilungskosten auf die Ehegatten umlegen dürfen (1.2.2012 – XII ZB 172 /11). Die interne Teilung soll dadurch für den Versorgungsträger kostenneutral erfolgen, um diese seitens des Gesetzgebers präferierte Teilungsmethode möglichst weit zu verbreiten. Diese Rechtsprechung hat der BGH zwischenzeitlich mehrfach bestätigt (4.4.2012 – XII ZB 310 /11, 11.7.2012 – XII ZB 459 /11 sowie mit der hier näher betrachteten Entscheidung). Rechtsprechung weiter präzisiert In der Entscheidung vom 27.6.2012 hat der BGH seine Rechtsprechung hinsichtlich der pauschalierten Teilungskostenumlage weiter präzisiert. 40 towerswatson.de In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Versorgungsträger die Teilungskosten als Prozentsatz des ehezeitanteiligen Barwerts der Versorgung (zwei Prozent) angesetzt. Eine Obergrenze war nicht vorgesehen. Das zuständige Oberlandesgericht (OLG) hatte an die Stelle dieser Pauschalierung eine andere – aus seiner Sicht vorzugswürdige – Pauschalierungsmethode gesetzt. Vorbild war die Vorgehensweise einiger kommunaler und kirchlicher Zusatzversorgungskassen. Demnach ist ein Sockelbetrag von zwei Prozent des Fünffachen der Bezugsgröße des § 18 Abs. 3 VersAusglG (das entspricht rund 263 Euro für 2012 und rund 270 Euro für 2013) sowie ein Zusatzbeitrag von 0,5 Prozent des ehezeitanteiligen Kapitalwerts anzusetzen. Das OLG begründete seine Argumentation u. a. damit, dass es bei der Festlegung angemessener Teilungskosten nur darum gehen könne, einen sowohl im Interesse der Ehegatten als auch des Versorgungsträgers angemessenen Teil der sonst durch die „versicherten Betriebsangehörigen solidarisch“ zu tragenden Mehrkosten auf die Ehegatten zu verlagern. Versorgungsträger legt Pauschalierungsmethode fest Nach Auffassung des BGH kann der Versorgungsträger demgegenüber die entstehenden Teilungskosten vollständig auf die Ehegatten umlegen. Es gehe nicht um die Verlagerung nur eines aus Sicht des Versorgungsträgers und der Ehegatten angemessenen Teils dieser Kosten. Die Angemessenheitsprüfung ist lediglich ein Korrektiv, das zu einer Begrenzung führt, wenn der Kostenabzug die Ehegatten über Gebühr belastet. Das OLG war nach Auffassung des BGH nicht befugt, seine Pauschalierung an die Stelle der seitens des Versorgungsträgers geltend gemachten Pauschalierung zu setzen. Versorgungsträger seien – gerade im Bereich der betrieblichen Altersversorgung – höchst unterschiedlich aufgestellt. Sowohl anzusetzende Wertgrenzen (d. h. Obergrenzen) als auch die Pauschalierungsmethode können daher von der Art der auszugleichenden Versorgung abhängig gemacht werden. Gerichte, die Zweifel an der Angemessenheit geltend gemachter Teilungskosten haben, sind nach Auffassung des BGH berechtigt und verpflichtet, sich durch den Versorgungsträger weitere Einzelheiten erläutern zu lassen. Zusätzlich haben sie ggf. ein Sachverständigengutachten durch einen gerichtlich beauftragten Sachverständigen einzuholen. Die Entscheidung des BGH vom 27.6.2012 stärkt Versorgungträger, die Teilungskosten pauschal ansetzen, weiter. Allerdings beantwortet sie nicht alle insoweit denkbaren Fragen. Relevant für Versorgungsträger sind aktuell insbesondere folgende Aspekte: chende Wertgrenzen festzusetzen hat, sind jedoch auch höhere Obergrenzen zulässig (vgl. dazu OLG Düsseldorf vom 29.3.2012 – II-2 UF 110/11). Gerichtliche Nachfragen und Darlegung der Teilungskosten Für Gerichte ist es durch die Rechtsprechung des BGH deutlich schwieriger geworden, Teilungskostenansätze, die der Versorgungsträger begründet hat, zurückzuweisen. Zudem hat der BGH aktuell in der Entscheidung vom 27.6.2012 klargestellt, dass der Versorgungsträger die Pauschalierungsmethode vorgibt. Ungeachtet dessen haben Gerichte jedoch das Recht und die Pflicht, weitere Erkundigungen einzuholen, sofern sie Zweifel an der Angemessenheit der angesetzten Teilungskosten haben. Sofern Versorgungsträger auf Nachfragen nicht mit dezidierten Ausführungen reagieren, ist es Gerichten noch immer möglich, angesetzte Teilungskosten mit dem Argument zu kürzen, der Versorgungsträger habe trotz gerichtlicher Nachfrage keine Begründung dargelegt, weswegen die Teilungskosten angemessen sind. Hinweis für die Praxis Aus Sicht des Versorgungsträgers ist es entscheidend, konkrete sachliche Argumente dafür vorzubringen, weswegen Teilungskosten und eine eventuelle Obergrenze wie gehandhabt angesetzt wurden. Dr. Andreas Hufer andreas.hufer@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-4419 Berücksichtigungsfähige Teilungskosten Durch die Entscheidungen des BGH ist zwischenzeitlich geklärt, dass sowohl die Kosten des Teilungsvorgangs als auch Teilungsfolgekosten für die Verwaltung des zugunsten des Ausgleichsberechtigten eingerichteten Anrechts in der Anwartschaftsund Leistungsbezugsphase berücksichtigungsfähig sind. Demgegenüber sind Kosten für die Erteilung der Auskünfte und die damit zusammenhängenden Berechnungen nicht berücksichtigungsfähig. Pauschal können auch höhere Teilungskosten als 500 Euro angesetzt werden. In der Entscheidung vom 1.2.2012 wird zwar ausgeführt, dass eine angemessene Obergrenze für pauschale Teilungskosten vielfach bei 500 Euro liege. Da jeweils der Versorgungsträger entsprechend der spezifischen Besonderheiten seines Versorgungswerks entspre- Benefits! 41 Administration & Software „Gerade „ weil moderne Versorgungswerke mehr und mehr Entscheidungen von den Mitarbeitern erfordern, ist es unerlässlich, die notwendigen Informationen strukturiert und verständlich vorzulegen.“ bAV? App-solut! Zeitgemäße bAV-Kommunikation Der mobile Internetzugriff, Smartphones, Tablet-PCs und Apps prägen die aktuellen Mediennutzungsgewohnheiten von Mitarbeitern aller Altersgruppen. Dies lässt sich für die Kommunikation der bAV nutzen. Insbesondere jüngere Mitarbeiter erwarten entsprechende Angebote. Etwa drei Viertel der Deutschen – und damit wahrscheinlich die überwiegende Zahl der aktiven Mitarbeiter – nutzen das Internet. Das restliche Viertel, die typischen „Offliner“, sind durchschnittlich 67 Jahre alt und nicht (mehr) berufstätig. Mehr als ein Drittel der Deutschen besitzt ein Smartphone, das im Vergleich zum herkömmlichen Mobiltelefon eher als transportabler Computer in besonders leichter Ausführung und Handhabung mit Touchscreen-Display verstanden werden kann. Bereits 2015 wird (Schätzungen zufolge) praktisch jeder ein Smartphone besitzen. Zum gleichen Zeitpunkt wird das mobile Internet den hergebrachten Internetzugang via PC überholen. Abb. 1: bAV-App Wenig Wissen über bAV, aber großes Interesse Dies gilt auch für die betriebliche Altersversorgung (bAV), die gerade für jüngere Mitarbeiter ein wesentliches Thema ist. Unter 35-jährige Mitarbeiter nennen die bAV (32 Prozent) fast genauso oft wie die gesetzliche Rente (33 Prozent) als wichtigste Einkommensquelle im Ruhestand, wie eine Studie von Towers Watson zeigt (siehe auch Benefits! August 2012). Drei Viertel der Mitarbeiter geben an, sie seien bereit, einen Teil ihrer Bezüge in eine garantierte Rente umzuwandeln. Das dies in der Praxis wesentlich seltener in die Tat umgesetzt wird, mag nicht zuletzt an der Komplexität der bAV liegen. Vor allem aber kennt und versteht nur die Hälfte der Mitarbeiter den für sie gültigen Pensionsplan. Angesichts der öffentlichen Debatte um die Altersversorgung möchten Mitarbeiter jedoch regelmäßiger und genauer über ihre Betriebsrente informiert werden. Ein Großteil der Unternehmen geht davon aus, dass der Informationsbedarf der Mitarbeiter und Betriebsrentner in den kommenden Jahren weiter steigen wird, wie die Studie „bAVAdministration 2012“ von Towers Watson zeigt. Abb. 2: Freistellungsrechner (Zeitwertkonto) Smartphones werden buchstäblich rund um die Uhr genutzt – morgens bereits vor dem Aufstehen (38 Prozent der User), auf dem Arbeitsweg (69 Prozent), in der Mittagspause (62 Prozent), nachmittags, abends und nachts bis direkt vor dem Einschlafen (50 Prozent der User). Diese Entwicklung wird u. a. von der Nutzung sozialer Netzwerke getrieben, aber auch von Musik-, Video- und Spiele-Apps sowie unzähligen sachbezogenen Applikationen. Insbesondere von jüngeren Mitarbeitern werden Apps geradezu in allen Bereichen erwartet. Benefits! 43 Administration & Software Information und Entscheidungsgrundlage Eine wesentliche Aufgabe der Personalabteilungen in Unternehmen besteht also darin, bAV-Themen für die Mediennutzungsgewohnheiten und -präferenzen ihrer Mitarbeiter aufzubereiten. Mitarbeiter, die ihren Pensionsplan verstehen, werden ihre guten Vorsorgevorsätze eher in die Tat umsetzen. Gerade weil moderne Versorgungswerke mehr und mehr Entscheidungen von den Mitarbeitern erfordern, ist es unerlässlich, die notwendigen Informationen strukturiert und verständlich vorzulegen. Das gilt für Fragen wie: •• Was bringt mir eine Entgeltumwandlung? •• Welche Leistungen kann ich wählen? •• Wie hoch ist der Spareffekt? •• Mit welcher Rentenleistung kann ich rechnen? An diesen Erfordernissen sollte eine bAV-App (siehe Abb. 1) ansetzen. Sie kann z. B. folgende Funktionalitäten enthalten: •• Allgemein verständliche Informationen zu Altersversorgung und bAV •• Informationen zum speziellen Regelungswerk im Unternehmen •• „Simulationsrechner“ zur Kalkulation von Leistungshöhen oder Spareffekten (siehe Abb. 2) •• Informationen zum Stand des bAV-Kontos und ggf. der jeweiligen Kapitalentwicklungen •• Eingabemöglichkeiten zur Ausübung von Wahl­ optionen, Aktualisierung von Adressdaten o. Ä. Die Herausforderungen sind hierbei sowohl inhaltlicher als auch technischer Art. Design und Inhalt sind mit den Vorgaben des Unternehmens und vor allem den Bedürfnissen der Nutzer in Einklang zu bringen. Bei der technischen Entwicklung sind sowohl die ITspezifischen Möglichkeiten zu berücksichtigen als auch die bAV-spezifischen Implikationen zu beachten. Zudem sollte die Verarbeitung und Bereitstellung personenbezogener Daten den datenschutzrechtlichen Anforderungen genügen. Fazit Eine bAV-App kann Mitarbeiter dabei unterstützen, die Effekte ihres Handelns bzw. ihrer Vorsorgeentscheidungen in Euro und Cent zu messen sowie den Überblick über ihre bAV zu behalten. Unternehmen können somit effektiv und effizient auf den Informationsbedarf ihrer Mitarbeiter reagieren. Vor allem zeigen Unternehmen mit einer bAV-App, dass sie die Sprache ihrer Mitarbeiter sprechen. bAV ist dann nicht mehr eine HR-Leistung unter vielen, sondern ein innovatives Thema zum Anfassen. Thomas Hoffmann thomas.hoffmann@ towerswatson.com Telefon: +49 611 794-168 Kirsten Koslowski kirsten.koslowski@ towerswatson.com Telefon: +49 69 1505-5177 44 towerswatson.de HR-Strategie, Talent & Rewards „Immer „ mehr Unternehmen bereiten sich auf große Investitionen in die Neuaufstellung des HR-Managements vor.“ Gegen Nachwirkungen der Rezession: Unternehmen optimieren HR-Management Vermehrte Ausgaben in HR-Technologien Knapp ein Drittel (31 Prozent) aller Unternehmen weltweit planen ihre Investitionen in HR-Technologien im kommenden Jahr zu erhöhen, um in Anbetracht der wachsenden wirtschaftlichen Anforderungen Wachstum und Effizienz zu steigern, wie die HR Service-Delivery-Studie 2012 von Towers Watson zeigt. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der befragten Unternehmen weltweit werden hingegen ihre Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr konstant halten. Nur 16 Prozent planen ihre Budgets für HR-Technologien zu kürzen. Trotz des unübersehbaren Kostendrucks der letzten Jahre wurde also in vielen Unternehmen entschieden, Investitionen nicht weiter aufzuschieben und die Leistungen der Personalabteilungen anzupassen, um mit den wirtschaftlichen Notwendigkeiten Schritt zu halten Neustrukturierung bringt Effizienz in verändertem Umfeld nach Rezession Die Studie zeigt, dass viele Unternehmen in den kommenden Jahren die Struktur ihrer HR-Abteilungen überarbeiten wollen, um sie effizienter zu gestalten: Fast die Hälfte (44 Prozent) der befragten Unternehmen wollen ihre Personalabteilung im kommenden Jahr neu ordnen. Dies bedeutet einen deutlichen Anstieg gegenüber den 26 Prozent, die dies noch im letzten Jahr planten. In der Beratungspraxis von Towers Watson zeigt sich, dass sich immer mehr Unternehmen auf große Investitionen in die Neuaufstellung des HR-Managements vorbereiten – ganze 75 Prozent mehr als im letzten Jahr. Hierbei handelt es sich meist um umfassende Change-Projekte, die viel Planung erfordern und daher sehr ernst genommen werden. Nach der Unsicherheit und den Sparmaßnahmen der letzten Jahre wächst in vielen Organisationen das Bewusstsein, dass HR-Strukturen erneuert werden müssen, um sich an die Unternehmensstrukturen anzupassen, die sich in den vergangenen Jahren ebenfalls tiefgreifend verändert haben. Dies gilt auch für Deutschland, das bisher von der Krise eher verschont wurde. Benefits! 45 HR-Strategie, Talente & Rewards Unter den geplanten Maßnahmen steht die Zentralisierung der HR-Funktionen ganz oben auf der Liste: 39 Prozent der Unternehmen wollen zunächst hier ansetzen. Fast ein Drittel (31 Prozent) der befragten Unternehmen hat vor, das Dienstleistungsangebot der Shared Services Organisation zu erweitern. Europäische Unternehmen zielen dabei besonders darauf ab, die Kapazitäten von Talent- und Performance-Management-Software, Weiterbildungsprogrammen und Vergütungssystemen zu erhöhen. Hier wird es insbesondere im SAP-Land Deutschland interessant sein, die Auswirkungen der SuccessFactors-Akquisition zu beobachten. Vermehrte Aufmerksamkeit auf Optimierung der HR-Technologien Im Bereich HR-Technologie planen die befragten Unternehmen, in erster Linie in die zusätzliche Einbindung externer Dienstleister, die Verbesserung von HR-Management-Systemen und die Erweiterung bestehender Selbstbedienungslösungen zu investieren. Sechs von zehn Unternehmen (60 Prozent) verfügen bereits über ein HR-Portal als Schnittstelle zwischen Personalabteilung und den restlichen Mitarbeitern. Mit diesen Maßnahmen wollen die Firmen neben der höheren Effizienz für die Abteilung die Vernetzung von Prozessen und Investitionen, Qualitätssteigerung sowie Kostensenkung erreichen. Trend: Glokalisierung Die diesjährige Befragung zeigt zudem eine Verstärkung des Glokalisierungstrends im HRManagement. Drei Viertel der in nur einem Land aktiven Unternehmen setzt auf eine zentrale HRFunktion für die gesamte Organisation, während sich lediglich ein Drittel (32 Prozent) der global operierenden Firmen für dieses Modell entscheidet. International tätige Unternehmen bevorzugen HR-Funktionen, die globales Denken mit Wissen um lokale und funktionale Besonderheiten in Einklang bringen. Teams mit internationalem Hintergrund, die gleichzeitig um die lokalen Besonderheiten wissen, können die Durchführbarkeit von Prozessentscheidungen, Technologielösungen und Umsetzungsplänen meist besser überprüfen. Damit passt sich das HR-Management ideal an die Gegebenheiten der jeweiligen Einheit an. Unternehmen sind somit in der Lage, über Ländergrenzen hinweg von Erfahrungen und HR-Kapazitäten zu profitieren. Mehrsprachlichkeit ist hier allerdings eine Voraussetzung, gerade im europäischen Kontext. Martin Wolff martin.wolff@ towerswatson.com Telefon: +49 89 51657-4809 In der Praxis ist eine signifikante Verlagerung von Technologieausgaben in Richtung Software-as-a-Service (SaaS) zu beobachten. Mehr als ein Drittel der Unternehmen, die im kommenden Jahr Investitionen in Technologie planen, favorisieren externe IT-Infrastrukturen. Noch vor zwei Jahren hat sich nur jedes zehnte Unternehmen dafür interessiert. Die Marktkonsolidierung und große Fortschritte in Sachen Zuverlässigkeit, Datensicherheit und Usability haben aus SaaS-Systemen eine attraktive Option für viele Unternehmen gemacht. Die Studie Emerging Choices, Enduring Changes Creating Service Delivery Success in an Era of New Opportunity 2012 HR Service Delivery and Technology Survey Executive Summary Report 46 towerswatson.de Für die HR Service-Delivery-Studie wurden HR- und HR-IT-Verantwortliche aus 628 Unternehmen weltweit zu Trends und Einflussfaktoren ihrer Arbeit im letzten Jahr befragt. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Teilnehmer stammt aus Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern. Die Studie erscheint jährlich und wurde 2012 bereits zum fünfzehnten Mal in Folge durchgeführt. Die gesamte Studie steht zum Download bereit unter www.towerswatson.com/united-states/research/7805. Rekrutierungsengpass bei Leistungsträgern und Nachwuchstalenten HR-Programme nicht optimal ausgerichtet Im internationalen Vergleich haben deutsche Unternehmen bei der Gewinnung und Bindung einzelner Mitarbeitern größere Probleme als ihre Wettbewerber weltweit, wie eine aktuelle Studie von Towers Watson zeigt. venten (weltweit: rund ein Fünftel der Unternehmen). Deutlich besser schneiden die deutschen Unternehmen bei der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern für die breite Belegschaft ab: Hier berichten sie seltener als ihre Wettbewerber im Ausland von Schwierigkeiten. Rund 70 Prozent der Unternehmen in Deutschland haben Schwierigkeiten, ihren Nachwuchstalenten (High-Potentials) den Verbleib in der Firma schmackhaft zu machen, aber nur 54 Prozent weltweit. Zu diesem Ergebnis kommt die „Global Talent Management & Rewards Study 2012“, für die die aktuellen Herausforderungen im Vergütungs- und Talentmanagement von insgesamt 1.605 Unternehmen weltweit abgefragt wurden, darunter 36 aus Deutschland. Auch Hochschulabsolventen laufen den deutschen Firmen eher davon als Unternehmen im Ausland, wie 34 Prozent der Unternehmen in Deutschland, aber nur 20 Prozent weltweit bestätigen. Leistungsträger (Top-Performer) sowie Mitarbeiter mit erfolgskritischen Fähigkeiten (z. B. fachlich spezialisierte Ingenieure im Anlagenbau) lassen sich offenbar sowohl in Deutschland als auch weltweit in gut der Hälfte der Firmen nur schwer zum Verbleib bewegen. Unternehmen in Deutschland berichten darüber hinaus seltener als Unternehmen weltweit, dass ihre Mitarbeiter sie als guten Arbeitgeber weiterempfehlen. High Potentials ticken (nicht völlig) anders Angesichts dieser Engpässe sollten Unternehmen noch genauer auf die Wünsche und Bedürfnisse der gesuchten Mitarbeitergruppen eingehen. Tatsächlich schätzen viele Unternehmen die Interessen ihrer „Nachwuchsstars“ treffend ein, wie ein Abgleich der Studienergebnisse mit den Mitarbeitermeinungen, die in der Global Workforce Study (siehe Benefits! August 2012) erhoben wurden, zeigt. Demnach wünschen High Potentials überdurchschnittlich häufig Karrieremöglichkeiten und herausfordernde Aufgaben. Wenn zudem das Gehalt und das Vertrauen in die Unternehmensleitung stimmen, bleiben sie ihren Unternehmen treu. Was viele Unternehmen jedoch übersehen: Auch High Potentials suchen – angesichts der volatilen wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre – einen sicheren Arbeitsplatz. In diesem Punkt unterscheiden sie sich kaum vom Rest der Belegschaft. Unternehmen sollten daher nicht nur die angebotenen Karrierechancen sondern auch die Sicherheit des Jobs betonen – sonst passen das Jobangebot und die Nachfrage nicht zusammen. Hier könnten die Schwierigkeiten bei der Gewinnung und Bindung dieser Mitarbeitergruppe begründet liegen. Noch schwieriger ist es für deutsche Unternehmen, Leistungsträger, High Potentials und Mitarbeiter mit erfolgskritischen Fähigkeiten zu rekrutieren. Während weltweit rund 60 Prozent der Unternehmen von diesbezüglichen Engpässen berichten (bei Mitarbeitern mit erfolgskritischen Fähigkeiten: 70 Prozent), sind es in Deutschland rund 80 Prozent der Unternehmen. Engpässe zeigen sich auch bei der Rekrutierung von Hochschulabsolventen: Rund ein Drittel der Unternehmen in Deutschland berichten von Schwierigkeiten bei der Gewinnung und Bindung von Hochschulabsol- Abb. 1: Rekrutierungsengpässe bei unterschiedlichen Mitarbeitergruppen Anteil der Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, folgende Mitarbeitergruppen zu gewinnen Top Performer 83 59 Mitarbeiter mit erfolgskritischen Fähigkeiten 71 High-Potentials 78 60 Hochschulabsolventen 36 18 18 Alle Mitarbeiter 0 % 10 % 20 % Deutschland 81 31 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % Weltweit Quelle: Towers Watson Talent Management & Rewards Survey 2012 Benefits! 47 HR-Strategie, Talente & Rewards Angebot an Mitarbeiter nicht klar formuliert Die Studie zeigt auch, dass die meisten Unternehmen ihr Angebot an ihre Mitarbeiter im Sinne einer Employer Value Proposition (EVP) und einer Total-Rewards-Strategie nicht klar formuliert haben. Eine EVP dokumentiert, was der Mitarbeiter vom Unternehmen erwarten kann und was das Unternehmen im Gegenzug vom Mitarbeiter erwartet. Daran anschließend beschreibt eine Total-Rewards-Strategie, welche unterschiedlichen Formen von Belohnung und Wertschätzung – sei es etwa Grundgehalt, Bonus oder Karrieremöglichkeiten – dem Mitarbeiter im Unternehmen zu Gute kommen. Beide Konzepte sind in Deutschland (aber auch global) noch relativ wenig verbreitet. Dass diese beiden übergreifenden Konzepte einzelne Maßnahmen sinnvoll bündeln und in ein stimmiges Gesamtgefüge einbetten können, zeigt ein Blick auf die Ergebnisse der weltweiten Befragung. Unternehmen, die ihre Maßnahmen im Rahmen einer effektiven EVP und Total-Rewards-Strategie abstimmen, unterschieden sich nicht nur deutlich von anderen Unternehmen im Hinblick auf die Effektivität von Vergütungs- und Talentmanagementprogrammen. Sie weisen insgesamt eine deutlich höhere Arbeitgeberattraktivität und eine bessere finanzielle Performance als der Wettbewerb auf. genau auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Mitarbeitergruppen auszurichten, geht bislang nur knapp die Hälfte der Unternehmen. Gerade passgenaue Karrieremöglichkeiten sind es jedoch, die High Potentials dazu bewegen, einen Job anzunehmen und länger im Unternehmen zu verweilen. Fazit Unternehmen sollten sich der unterschiedlichen Anforderungen von besonders begehrten Mitarbeitergruppen stärker bewusst werden. Eine Segmentierung und differenzierte Ausgestaltung von Talent- und RewardProgrammen kann hier ein erster wichtiger Schritt sein. Dass Karrieremöglichkeiten und Vergütung zentrale Treiber von Mitarbeiterbindung und Gewinnung darstellen, verdeutlicht, dass Unternehmen mehr denn je herausarbeiten müssen, was sie ihren Mitarbeitern anbieten. Einzelne Komponenten lassen sich in einer an die Unternehmensziele angepassten EVP und Total-Reward-Strategie als schlüssiges Gesamtkonzept besser vermitteln und können in Summe effektiver wirken. Gerade Karrieremöglichkeiten lassen sich zudem auf Basis von Stellenarchitekturen und bewertungen deutlich ausbauen und transparenter kommunizieren. Jürgen Haselgruber [email protected] Telefon: +49 221 8000-3320 Bedarfsgerechte Personalentwicklungsprogramme als Wettbewerbsvorteil Gute Ansatzpunkte zur Verbesserung der Gewinnung und Bindung von High Potentials lassen sich in vielen Unternehmen beobachten. Rund zwei Drittel haben ihre Leistungsträger und Nachwuchstalente genau identifiziert. Dies ist ein guter erster Schritt – und er scheint sich zu lohnen. Unternehmen, die Klarheit über die unterschiedlichen Mitarbeitergruppen in ihrer Belegschaft haben, berichten über bessere Karriereentwicklungsmöglichkeiten ihrer Mitarbeiter und effektivere Nachfolgeplanungsprozesse. Dr. Johannes Berger [email protected] Telefon: +49 221 8000-3491 Jedoch bringen längst nicht alle Unternehmen den Ball bis ins Tor. Den nächsten Schritt – nämlich Karriereplanungs- oder Personalentwicklungsprogramme Die Studie Die Befragung „Global Talent Management and Rewards Survey“ wurde gemeinsam von der Unternehmensberatung Towers Watson und WorldAtWork von April bis Juni 2012 durchgeführt und enthält Antworten von 1.605 Unternehmen weltweit, darunter 36 Unternehmen aus Deutschland. Die Studie untersucht •• die Schwierigkeiten, bestimmte Mitarbeitergruppen im Markt zu gewinnen und diese an das Unternehmen zu binden, •• die aus Unternehmenssicht wesentlichen Faktoren für Mitarbeitergewinnung und -bindung sowie die •• Verbreitung, Ausgestaltung und Effektivität von unterschiedlichen Talentmanagement- und Vergütungsprogrammen. Schließlich gleicht die Studie die Einschätzungen der Unternehmen mit den Ansichten von Mitarbeitern ab, wie sie in der Towers Watson „Global Workforce Studie 2012“ erhoben wurden. 48 towerswatson.de News „Aufgrund „ des demografischen Wandels werden die künftigen Belegschaften älter, weiblicher und vielfältiger mit Blick auf Herkunft, Familiensituation und kulturelle Werte. Diese Vielfalt ist ein Wettbewerbsvorteil.“ News Towers Watson Pensionskassentag 2013 Konferenz am 17. April 2013 in Frankfurt am Main Pensionskassen stehen derzeit vor vielfältigen Herausforderungen. Aktuell laufen die Quantitative Impact Studies (QIS). Sie werden verdeutlichen, welche finanziellen Auswirkungen die diskutierte Verschärfung der EU-Regulierung auf die Eigenmittelanforderungen und die ganzheitliche Bilanz der Pensionskassen hätte. Das quantitative und qualitative Risikomanagement ist auszubauen; zudem gilt es, die Effizienz der Kapitalanlage im aktuellen Niedrigzinsumfeld zu verbessern. Steigende Qualitätsanforderungen bei der Anwartschafts- und Rentenadministration und bei der Berichterstattung führen zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand. Sie stoßen Diskussionen über eine mögliche Auslagerung von Funktionen und Prozessen auf externe Dienstleister an. Dabei darf die bedarfsgerechte Leistungsplangestaltung nicht aus dem Blickfeld geraten. Die aktuellen Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten sowie Best-Practice-Beispiele präsentiert Towers Watson auf dem Pensionskassentag, der am 17. April 2013 in Frankfurt am Main stattfinden wird. Die hochkarätigen Vorträge sowie praxisnahen Workshops werden von Experten von Towers Watson sowie Referenten aus namhaften Unternehmen gehalten. Die Konferenz gibt den Verantwortlichen der Pensionskassen die Gelegenheit, sich intensiv und umfassend auf die anstehenden Novellierungen vorzubereiten. Darüber hinaus bietet sie die Möglichkeit zum Austausch mit Fachkollegen und -experten, Vorständen und Entscheidern aus unterschiedlichen Pensionskassen sowie HR- und Finanzmanagern von Trägerunternehmen. Information und Anmeldung Das Konferenzprogramm im Einzelnen sowie ein Anmeldeformular sind demnächst zu finden unter www.towerswatson.de/events/. Der Pensionskassentag ist eine kostenfreie Veranstaltung; eine Anmeldung ist jedoch bis zum 10. April 2013 erforderlich. Rückblick: Towers Watson bAV-Konferenz 2012 Umfrage: bAV in Gefahr – Mythos oder Realität? Das aktuelle Niedrigzinsumfeld sowie neue regulatorische Vorgaben stellen die betriebliche Altersversorgung (bAV) in Deutschland vor ernst zu nehmende Herausforderungen, bringen sie jedoch nicht in Gefahr. Gleichzeitig steigt die Nachfrage von Mitarbeitern nach betrieblichen Versorgungsplänen – ein Faktor, den Unternehmen im Wettbewerb um Talente nutzen können. So lautet das Fazit der bAV-Konferenz, die Towers Watson am 27. September für rund 200 Teilnehmer in Frankfurt ausgerichtet hatte. Referenten namhafter Unternehmen wie Continental, Daimler, Siemens, Deutsche Bank, Allianz, Deutsche Post, Bayer oder Novartis erläuterten anhand ihrer Unternehmenspraxis Herausforderungen und Gestaltungsoptionen für die bAV. Sowohl in Referaten als auch in Pausengesprächen wurde das Thema „bAV in Gefahr?“ mit Blick auf das aktuelle wirtschaftliche Umfeld sowie die Schlagzeilen der letzten Monate umfassend disku- 50 towerswatson.de tiert. So hält rund die Hälfte der in einer Umfrage befragten Konferenzteilnehmer das aktuelle Niedrigzinsumfeld für ein reales Problem, während 36 Prozent die Aussage „Pensionslasten erdrücken Konzerne“ als „Mythos einstufen (siehe Abb. 1). „Das Niedrigzinsumfeld sorgt dafür, dass Pensionsverpflichtungen mit einem derzeit schnell steigenden Wert in den Bilanzen zu erfassen sind, während die Pensionsvermögen nur langsam wachsen“, erläutert Dr. Thomas Jasper, Leiter der bAV-Beratung von Towers Watson Deutschland die Sachlage. Jasper betont jedoch, dass gerade bei so langfristig Abb. 1: Droht der bAV Gefahr durch … 54 36 Niedrigzinsumfeld 10 31 47 Neue Regulierung 22 0 % 10 % ja nein 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % weiß nicht Quelle: Befragung von 150 bAV-Verantwortlichen im Rahmen der Towers Watson bAV-Konferenz 2012 laufenden Verpflichtungen wie Betriebsrenten den Unternehmen ein sehr langfristiger Anlagehorizont zur Verfügung steht, um die gewünschte Zielrendite auf die Pensionsvermögen zu erwirtschaften: „Viele Betriebsrenten sind erst in Jahren oder Jahrzehnten auszuzahlen, so dass das momentane Zinsniveau allein kein Grund zur Sorge ist. Zudem stellen gerade neuere Pensionszusagen eher auf eine kapitalmarktnahe Verzinsung als auf Festzinsmodelle ab. Sie sind damit gegen Niedrigzinsphasen von vornherein ‚immunisiert‘.“ Regulierungsbestrebungen sorgsam beobachten Sehr aufmerksam verfolgen bAV-Verantwortliche auch die bAV-Regulierungsbestrebungen der Europäischen Union. „In den Geltungsbereich der EU-Richtlinie (IORP-Richtlinie) zu Einrichtungen der bAV fallen nicht alle im Betriebsrentengesetz definierten Durchführungswege, sondern nur Pensionskassen und Pensionsfonds, wo rund 30 Prozent der Deckungsmittel der bAV angelegt sind. Der weitaus größere Teil der Altersversorgungszusagen in Deutschland wird davon also gar nicht erfasst“, so Jasper. Dementsprechend halten auch nur 31 Prozent der während der Konferenz Befragten die mögliche Verschärfung dieser Richtlinie für eine Gefahr für die bAV. bAV-Experte Jasper warnt jedoch davor, das Thema zu unterschätzen „Es gilt gleichwohl, die Weiterentwicklung der Regulierung genau zu beobachten, um unerwünschte Folgen frühzeitig abzuwenden. So könnten etwa höhere Eigenmittelanforderungen und höhere Kosten durch zusätzlichen Verwaltungsaufwand die Weiterführung von Pensionszusagen über Pensionsfonds und Pensionskassen in Frage stellen.“ Ohne bAV keine Talente Dass Mitarbeiter heute von ihrem Arbeitgeber eine gute Altersversorgung erwarten, darin waren sich die Teilnehmer – vor allem Personalmanager aus internationalen Konzernen und großen mittelständischen Unternehmen – einig: 67 Prozent stimmten der Aussage zu, dass sich talentierte Mitarbeiter nur gewinnen lassen, wenn nicht zuletzt das bAV-Angebot stimmt. Bestätigt wird dies von den Arbeitnehmern selbst: Drei Viertel der Angestellten wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber sich aktiv für ihre bAV engagiert und ihnen zumindest einen effizienten Rahmen für eine gute Eigenvorsorge bietet, wie die Towers-Watson-Studie „Altersversorgung und bAV aus der Arbeitnehmerperspektive“ belegt. „Unternehmen, welche diesem Wunsch entgegenkommen, haben damit die Chance, sich im Wettbewerb um talentierte Mitarbeiter als Arbeitgeber hervorzuheben“, betont Jasper. Transparenz und Kalkulierbarkeit der bAV Auf der Konferenz erläuterten Referenten aus namhaften Unternehmen und Institutionen sowie Experten von Towers Watson aktuelle Herausforderungen und Gestaltungsoptionen für die betriebliche Altersversorgung. So bestätigt auch Burkhard Klare, Leiter Compensation & Benefits von der Continental AG, Hannover, dass auch bei dem Automobilzulieferer die bAV einen wichtigen Baustein zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern bildet. Dementsprechend hatte das Unternehmen bereits vor der Jahrtausendwende eine Vielzahl unterschiedlicher Pensionszusagen aus verschiedenen Unternehmenseinheiten in einen einheitlichen, gut verständlichen und werthaltigen Pensionsplan überführt. Dieser hat seitdem zahlreiche weitere Mitarbeiter aus neu zugekauften Unternehmen aufgenommen, zuletzt 2011 die Mitarbeiter aus den VDO-Gesellschaften. „Für Continental ist es wichtig, dass die bAV sowohl für die Mitarbeiter als auch für das Unternehmen jederzeit transparent und kalkulierbar ist“, betont Klare. Daher setzt das seit kurzem wieder im DAX gelistete Unternehmen in der bAV auf Komplexitätsreduktion durch eine klare Plangestaltung. Der einheitliche Pensionsplan für den gesamten Konzern sorgt nicht nur für ein konzernweit einheitliches Altersversorgungsniveau, Benefits! 51 News Muster-Rubrik er hilft auch, den Administrationsaufwand und damit die Kosten für die bAV zu reduzieren. Zugleich fördert Continental die Eigenvorsorge seiner Mitarbeiter im Rahmen der bAV durch Unternehmenszuschüsse. Neue Rahmenbedingungen erfordern weitere Professionalisierung Ein Praxisbeispiel zur effizienten Strukturierung von bAV-Prozessen stellte Dr. Matthias Schmidt, Leiter Finanz- und Rechnungswesen von Novartis Pharma, Nürnberg, vor. „Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen, insbesondere zum Risikomanagement, sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Für Novartis Pharma war klar: Die veränderten Rahmenbedingen machen eine Professionalisierung und Auslagerung der bAV-Verwaltung erforderlich“, so Schmidt. Daher wurde ein neues, innovatives Verwaltungsmodell entwickelt und zahlreiche weitere Verwaltungstätigkeiten an einen externen Dienstleister, Towers Watson, ausgelagert. „Diese Lösung ist ein ‚Quantensprung‘; sie entlastet Novartis Pharma weitgehend von der Administrationstätigkeit“, erklärt der Finanzexperte. Sein Resümee: „Auslagerung funktioniert!“ Unternehmen, die ähnliche Projekte angehen wollen, empfiehlt Schmidt, früh mit dem Projekt zu beginnen, ausreichend Zeit für die Analyse der aktuellen Situation, der auszulagernden Prozesse und der anstehenden Veränderungsmöglichkeiten vorzusehen und in die Planung auch mögliche Ressourcenengpässe, etwa durch Ausscheiden von Wissensträgern oder Jahresabschlussarbeiten, einzubeziehen. „Die sorgsame Vorbereitung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Auslagerung“, betont Schmidt. Arbeit der Zukunft Zum Abschluss der Konferenz erläuterte Jeanette Huber, Mitglied der Geschäftsleitung des Zukunftsinstituts, Kelkheim, welche Trends die Arbeitswelt in Zukunft prägen werden. „Aufgrund des demografischen Wandels werden die künftigen Belegschaften älter, weiblicher und vielfältiger mit Blick auf Herkunft, Familiensituation und kulturelle Werte. Diese Vielfalt ist nicht nur unausweichlich, sondern ein Wettbewerbsvorteil. Denn eine bunte Belegschaft kann eine Fülle unterschiedlicher Denkansätze hervorbringen, es entsteht ein evolutionärer Wettbewerb innovativer Ideen, von denen die besten überleben werden. Und dies ist für Unternehmen heute überlebensnotwendig. Denn im Zeitalter gesättigter Märkte ist Arbeit Erzeugung des Unterschieds, Unternehmen sind heute stärker denn je zuvor gezwungen, sich von ihren Wettbewerbern abzuheben.“ 52 towerswatson.de Wesentlich werde das künftige Arbeitsleben auch von einer stärkeren Wertschätzung der Work-LifeBalance und einer größeren Familienorientierung geprägt: „Während bislang das Leben häufig um die Arbeit herum organisiert wurde, wird sich Arbeit künftig stärker an die Lebensumstände der Menschen anpassen müssen“, so die Zukunftsforscherin. Über Towers Watson Towers Watson ist eine der führenden Unternehmens­ beratungen weltweit und unterstützt seine Kunden, ihren Unternehmenserfolg durch ein effektives HR-, Finanz- und Risikomanagement zu steigern. Weltweit sind wir mit rund 14.000 Mitarbeitern vertreten, in Deutschland mit ca. 800 Mitarbeitern an den Standorten Frankfurt, Köln, München, Reutlingen und Wiesbaden. Wir entwickeln Lösungen für die betriebliche Altersvorsorge und Nebenleistungen, für das Personal- und Vergütungsmanagement sowie das Risiko- und Finanzmanagement, einschließlich der Beratung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen. Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bietet Towers Watson die Expertise, um Unternehmen weltweit bei der Gestaltung, dem Finanzmanagement, der Administration und der Kommunikation der verschiedensten Versorgungspläne zu unterstützen. In Deutschland haben die Experten von Towers Watson zahlreiche bAV-Neuordnungen bei großen Unternehmen gestaltet und dabei die Gestaltungsmodelle für Pensionspläne maßgeblich weiterentwickelt. Fast alle derzeit zugelassenen Unternehmenspensionsfonds wurden bzw. werden von Towers Watson beraten. Ebenso ist Towers Watson ein führender Anbieter im stark wachsenden Markt der bAV-Administration (betriebliche Versorgungswerke, Unterstützungskassen, Pensionsfonds, Pensionskassen etc.) und weiterer Long-Term Employee Benefits (z. B. Zeitwertkonten). Ein Mehrwert für zahlreiche Kunden wird durch effiziente Administrationslösungen, zertifizierte Prozesse und transparente, planbare Kosten geschaffen. Towers Watson verwaltet mehrere hunderttausend Versorgungsanwartschaften und rechnet über einhunderttausend Betriebsrenten ab. Experten von Towers Watson sind als anerkannte Spezialisten aktiv beratende Mitglieder in zahlreichen Verbänden, Arbeitsgemeinschaften und Organisationen. Ebenso sind sie gefragte Fachautoren und Referenten für zahlreiche Seminare und Vorträge. Towers Watson führt regelmäßig Studien zu HR-, bAV- und Risikomanagement durch. Unsere Büros in Deutschland Frankfurt Reutlingen Kontakt Redaktion Benefits! 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