Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft

Werbung
Die Lage der Weltwirtschaft
und der
deutschen Wirtschaft
im Frühjahr 2001
Beurteilung der Wirtschaftslage
durch folgende Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft deutscher
wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute e.V., Essen:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin
Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv, Hamburg
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München
Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel
Institut für Wirtschaftsforschung Halle
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, Essen
Abgeschlossen in Berlin am 6. April 2001
5/2001
10.04.2001, 7. Jahrgang
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung .....................................................................................................................
91
1. Die Lage der Weltwirtschaft ................................................................................................. 95
Überblick .......................................................................................................................................
Nachlassende Weltkonjunktur ...................................................................................................
Wirtschaftspolitik wieder auf expansivem Kurs .........................................................................
Weltwirtschaft stabilisiert sich ....................................................................................................
Prognoserisiko USA ..................................................................................................................
USA: Kräftiger Abschwung – aber keine Rezession
95
95
95
96
97
.....................................................................
100
...........................................................................
102
Gedämpfter Produktionsanstieg in den Entwicklungs- und Schwellenländern ..............................
102
Vorübergehende Abschwächung der Expansion in Mittel- und Osteuropa ..................................
104
Japan: Keine durchgreifende Erholung in Sicht
2. Die wirtschaftliche Lage in der Europäischen Union ..................................................... 105
Großbritannien: Finanzpolitik stützt Konjunktur ............................................................................
105
Abkühlung der Konjunktur im Euroraum .......................................................................................
Geringfügig stärkerer Anstieg der Löhne ..................................................................................
Finanzpolitik expansiv ausgerichtet ...........................................................................................
Monetäre Rahmenbedingungen leicht anregend .....................................................................
Ausblick: Konjunkturbelebung im kommenden Jahr ..................................................................
106
107
107
108
110
3. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ........................................................................... 111
Überblick .......................................................................................................................................
Verschlechterung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen .............................................
Wirtschaftspolitik stützt Konjunktur ............................................................................................
Gesamtwirtschaftliche Produktion bleibt aufwärts gerichtet ......................................................
111
112
112
113
Exportboom geht zu Ende .............................................................................................................
114
Ausrüstungsinvestitionen nehmen vorübergehend schwächer zu
...............................................
117
............................................................................................
118
Privater Konsum mit mehr Schwung .............................................................................................
118
Preisauftrieb lässt nach .................................................................................................................
119
Verhaltener Anstieg der Produktion
120
Keine Erholung der Bauinvestitionen
..............................................................................................
Beschäftigungsanstieg verlangsamt sich
......................................................................................
121
Vorübergehender Anstieg des Budgetdefizits ..............................................................................
123
Zur Entwicklung in Ostdeutschland ...............................................................................................
125
4. Zur Wirtschaftspolitik ............................................................................................................. 126
Finanzpolitik ..................................................................................................................................
Zur Finanzpolitik im Euroraum ..................................................................................................
128
131
Geldpolitik
.....................................................................................................................................
132
Lohnpolitik .....................................................................................................................................
134
Die wichtigsten Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
90
......................... 135
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Frühjahr 2001
– Zusammenfassung –
Weltkonjunktur kühlt sich deutlich ab
Die weltwirtschaftliche Expansion hat sich seit
Mitte 2000 deutlich verlangsamt. Damit ging eine
Phase außerordentlich hoher Dynamik zu Ende. Verantwortlich war zum einen der Anstieg der Ölpreise, der die wirtschaftliche Aktivität dämpfte. Zum
anderen bremste die Geldpolitik mit dem Ziel, das
bis zur Jahresmitte hohe konjunkturelle Tempo zu
verringern und so einer Inflationsbeschleunigung
entgegenzuwirken. Eine geringere konjunkturelle
Expansion war somit wirtschaftspolitisch gewollt.
Besonders stark kühlte die Konjunktur in den
USA ab. Damit fiel die maßgebliche Antriebskraft
der Weltwirtschaft aus. In Japan kam die ohnehin
zögerliche konjunkturelle Belebung im Verlauf des
vergangenen Jahres erneut ins Stocken; die binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte reichten nicht
aus, um den Wegfall der außenwirtschaftlichen
Impulse zu kompensieren. Im Euroraum ging das
Expansionstempo ebenfalls zurück, wenn auch
nicht so ausgeprägt. Die Abkühlung war primär
dadurch bedingt, dass die Realeinkommen wegen
des Kaufkraftabflusses in die Ölexportländer langsamer stiegen.
Als in den USA zum Jahresende die deutliche
Abschwächung der Konjunktur erkennbar wurde,
vollzog die Zentralbank eine entschlossene Zinswende. Auf eine erneute Eintrübung der Konjunkturperspektiven hat auch die Bank von Japan reagiert. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre
Leitzinsen bislang unverändert gelassen. Sie dürfte
sie in Erwartung einer abgeschwächten konjunkturellen Expansion und eines nachlassenden Preisauftriebs aber noch im Frühjahr senken. In zahlreichen Ländern Europas und in den USA werden
Steuern reduziert.
Die Dynamik der Weltwirtschaft bleibt in den
kommenden Monaten verhalten. Zwar sind die Ölpreise wieder gefallen. Doch bestimmt die Abschwächung in den USA vorerst das weltwirtschaftliche Klima. Einer stärkeren Abkühlung
wirkt im Euroraum die expansive Finanzpolitik
entgegen. Zudem stützt in der ersten Jahreshälfte
2001 noch der niedrige Eurokurs. Mit der weltwirtschaftlichen Belebung beschleunigt sich der
Produktionsanstieg im kommenden Jahr wieder,
bleibt aber deutlich verhaltener als im vergangenen Jahr. Der Preisauftrieb wird im Prognosezeitraum nachlassen.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Aufschwung in Deutschland zu Ende – aber
keine ausgeprägte Konjunkturschwäche
In Deutschland ist der konjunkturelle Aufschwung im zweiten Halbjahr zu Ende gegangen:
Die Auslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten hat nicht weiter zugenommen; sie ist zuletzt
sogar etwas zurückgegangen. In der Industrie waren Auftragseingänge und Produktion zwar weiterhin aufwärts gerichtet. Das Geschäftsklima hat
sich jedoch merklich eingetrübt. Die Abkühlung
der Konjunktur strahlte auch auf den Arbeitsmarkt
aus. Seit Beginn dieses Jahres steigt die Zahl der
Erwerbstätigen nur noch verhalten. Der Preisauftrieb hat sich kaum abgeschwächt.
Ein Nachlassen der konjunkturellen Dynamik
war von den Instituten in ihrem Gemeinschaftsgutachten vom Herbst letzten Jahres erwartet worden.
Dafür sprachen der Ölpreisschock sowie die
Straffung der Geldpolitik in den USA und im Euroraum. Allerdings wurde das Ausmaß der Abschwächung unterschätzt. So wurde die Binnennachfrage
durch den Ölpreisschock stärker belastet als erwartet. Zudem kühlte sich die Konjunktur in den
USA stärker ab als noch im Herbst des vergangenen Jahres angenommen; das hat die Exporterwartungen gedämpft und das Geschäftsklima verschlechtert. Obwohl die Konjunktur in Deutschland stärker als erwartet an Fahrt verloren hat,
halten die Institute an ihrer Einschätzung fest, dass
es nicht zu einer ausgeprägten Konjunkturschwäche oder gar zu einer Rezession kommen wird.
Vielmehr bleibt die gesamtwirtschaftliche Produktion merklich aufwärts gerichtet. Das reale Bruttoinlandsprodukt wird in diesem Jahr um 2,1 %
und im nächsten um 2,2 % steigen. Die Lage am
Arbeitsmarkt wird sich weiter verbessern, und der
Preisauftrieb wird nachlassen (vgl. Tabelle).
Fortsetzung des Stabilitätskurses in der
Wirtschaftspolitik – kein Grund für hektischen
Aktionismus
Ob aus der konjunkturellen Abkühlung ein wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf abzuleiten ist,
hängt vor allem von dem Urteil ab, was die konjunkturelle Abkühlung bewirkt hat, wie sich die
Wirtschaft in absehbarer Zeit entwickeln wird und
wie der aktuelle Kurs der Wirtschaftspolitik einzuschätzen ist.
91
1998
1999
2000
2001
2002
1)
Bruttoinlandsprodukt
(Veränderung in % gegenüber dem Vorjahr)
2)
Westdeutschland
Ostdeutschland
Erwerbstätige Inländer (1000 Personen)
2)
Westdeutschland
Ostdeutschland
Arbeitslose (1000 Personen)
2)
Westdeutschland
Ostdeutschland
3)
Arbeitslosenquote (in %)
2)
Westdeutschland
Ostdeutschland
2,1
2,3
0,7
1,6
1,6
1,4
3,0
3,2
1,1
2,1
2,2
1,5
2,2
2,2
2,0
37 479
31 257
6 222
37 879
31 609
6 270
38 466
32 291
6 175
38 801
32 660
6 141
39 093
32 940
6 153
4 279
3 024
1 256
4 099
2 872
1 227
3 889
2 645
1 244
3 695
2 455
1 240
3 470
2 260
1 210
10,2
8,8
16,8
9,8
8,3
16,4
9,2
7,6
16,8
8,7
7,0
16,8
8,2
6,4
16,4
1,0
0,6
1,9
2,1
1,5
-2,1
-1,4
-1,7
-1,2
4)
Verbraucherpreise
(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)
Finanzierungssaldo des Staates
1)
4)
2)
5)
1,5
- 3)
In Preisen von 1995. - Und Berlin. Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Wohnortkonzept).5)
Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte - In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen
(ESVG 95) in % zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Angabe für 2000: Einschließlich der als Nettoabgang an immateriellen
Wirtschaftsgütern gebuchten Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Arbeitskreis VGR der Länder; Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder;
Bundesanstalt für Arbeit; 2001 und 2002: Prognose der Institute.
Im Jahre 2000 nahm das reale Bruttoinlandsprodukt sowohl in Deutschland als auch im Euroraum mit der höchsten Rate seit rund einer Dekade
zu. Dies war wesentlich begünstigt durch eine
kräftige Expansion der Weltkonjunktur. Es konnte
allerdings nicht damit gerechnet werden, dass die
Weltwirtschaft auf Dauer in dem hohen Tempo
– die Produktion nahm rascher zu als jemals zuvor
in den vergangenen 15 Jahren – wachsen würde.
Insbesondere wäre es in den USA bei anhaltend
hoher Überauslastung der Kapazitäten zu inflationären Spannungen gekommen, die wahrscheinlich
eine ausgeprägte Rezession nach sich gezogen
hätten. Neben der Weltkonjunktur hat ein weiterer
Faktor die Exporte begünstigt, der als nicht nachhaltig bezeichnet werden kann: Die Abwertung des
Euro hat sowohl in Deutschland wie auch im Euroraum zu dem ungewöhnlich kräftigen Exportboom beigetragen. Es war nicht zu erwarten, und
es war auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht
erwünscht, dass der Euro weiter abwerten würde.
Tatsächlich hat er sich seit Herbst des vergangenen Jahres etwas erholt.
Die Europäische Zentralbank hat noch nicht
auf die Verschlechterung der konjunkturellen Aussichten reagiert, sondern die Leitzinsen unverändert gelassen. Dies ist sowohl vor dem Hintergrund der geldpolitischen Strategie der EZB als
92
auch der Indikatoren zur Konjunktur- und Preisentwicklung nachvollziehbar. Um Konsistenz mit
früheren Entscheidungen und damit Glaubwürdigkeit zu wahren, sollte sich die EZB weiterhin allein
auf die von ihr selbst gewählte Zwei-Säulen-Strategie stützen. Zum einen orientiert sie sich an einem Referenzwert für die Geldmengenentwicklung.
Zum anderen verwendet sie ein breites Bündel von
Indikatoren, um die künftige Entwicklung der Inflation abzuschätzen. Beide Säulen deuten darauf
hin, dass sich die Gefahren für die Preisstabilität
im Prognosezeitraum wohl verringern werden. Um
kein falsches Signal für die Preisstabilität zu geben, kann die monetäre Lockerung zum derzeitigen
Zeitpunkt nur geringfügig ausfallen. Die Institute
halten eine Senkung der Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte für gerechtfertigt.
Gegenwärtig wird kontrovers diskutiert, wie die
Finanzpolitik auf die konjunkturelle Abschwächung reagieren soll. Die Institute plädieren wie in
früheren Gutachten dafür, dass die automatischen
Stabilisatoren der Finanzpolitik wirken sollen. Das
bedeutet zum einen, dass es nun nicht um zusätzliche Ausgabenprogramme gehen kann, etwa um die
Nachfrage zu stimulieren. Zum anderen besteht
aber auch kein Anlass, jetzt vermehrt zu sparen
oder Abgaben zu erhöhen, weil die Defizite in den
öffentlichen Haushalten konjunkturbedingt höher
Wirtschaft im Wandel 5/2001
ausfallen, als noch vor einigen Monaten erwartet
worden war.
Die Institute schlagen ein Konzept der Haushaltskonsolidierung vor, bei dem sich die Finanzpolitik weniger an den Haushaltsdefiziten und
mehr an einem mittelfristig fixierten Ausgabenpfad
orientiert. Um letzteren nicht zu gefährden, darf der
Staat zusätzlichen Ausgabenwünschen nur nachgeben, wenn gleichzeitig Einsparungen an anderer
Stelle vorgeschlagen und auch akzeptiert werden.
Eine derartige Regelbindung der Haushaltspolitik
ist in den USA mit dem „Budget Enforcement Act“,
wo ein solcher Pfad für die konsumtiven Ausgaben
festgelegt wurde, erfolgreich praktiziert worden.
Dabei wurde für die jährlich zu bewilligenden
Ausgaben eine Obergrenze vorgegeben. Bei einer
drohenden Überschreitung dieser Grenze mussten
Kürzungen bei anderen Ausgaben vorgenommen
werden. Auf diese Weise konnte der Ausgabenanstieg gebremst werden. Die konjunkturbedingten
Mehreinnahmen konnten dann entsprechend zum
Abbau des Budgetdefizits und danach zum Schuldenabbau verwendet werden. Mit entsprechenden
Vorkehrungen würde auch in Deutschland der
mittelfristig vorgesehene Budgetausgleich erleichtert.
Die moderaten Tarifabschlüsse der vergangenen Jahre haben wesentlich dazu beigetragen, dass
sich die Beschäftigung wieder erhöhte und gleichzeitig der Preisauftrieb trotz spürbarer außenwirtschaftlicher Teuerungsimpulse begrenzt blieb.
Jetzt geht es darum, die tarifpolitischen Weichen
für das Jahr 2002 und darüber hinaus zu stellen.
Die Institute plädieren dafür, den moderaten Kurs
fortzusetzen. Dies bedeutet, dass sich die Lohnentwicklung prinzipiell am Produktivitätszuwachs
orientieren sollte, allerdings bei entsprechender
Berücksichtigung der Lage am Arbeitsmarkt.
Die Glaubwürdigkeit eines anhaltend moderaten lohnpolitischen Kurses könnte erhöht werden,
wenn die Tarifparteien Lohnabschlüsse tätigen
würden, die etwas weiter in die Zukunft reichen.
Eine Möglichkeit wäre – wie schon in der Vergangenheit praktiziert –, längere Laufzeiten von Tarifverträgen zu vereinbaren. Allerdings gibt es an deren Ende – wie in diesem Jahr – auch Unsicherheiten, ob der lohnpolitische Kurs tatsächlich fortgesetzt wird. Eine andere Möglichkeit wäre, die
Lohnabschlüsse nicht – wie sonst üblich – für das
laufende, sondern für das jeweils kommende Jahr
abzuschließen. Dies würde der Geldpolitik frühzeitig signalisieren, wie der Kurs der Lohnpolitik
auf mittlere Sicht einzuschätzen ist und auch die
Planungssicherheit der Unternehmen nähme zu.
The World and the German Economy in Spring 2001
– Summary –
World wide economic activity is slowing down
The global expansion has slowed down noticeably since the middle of the year 2000. At the
same time, a phase of especially high dynamics
came to an end. On the one hand, it was decisive
that the increase in oil prices stemmed economic
activity. On the other hand, monetary policy slowed down in order to reduce the high pace of the
economy by the middle of the year and to decrease
accelerated inflation. In this respect, smaller economic expansion was wanted.
The economy in the USA slowed down particularly heavily. Therefore, the decisive stimulus of
the world economy was lost. In Japan, the unassertive economic upturn began to flag once again
during the previous year; domestic buoyant forces
were not sufficient enough to compensate the loss
of external stimuli. The rate of expansion within
Europe fell as well, even if it wasn’t particularly
Wirtschaft im Wandel 5/2001
noticeable. Slowing down was primarily conditional upon the fact that real incomes increase
slower due to purchasing power outflows in the oil
exporting countries.
As the decline of the economy was recognizable
in the USA at the end of the year, the central bank
fulfilled an intended turnaround in interest rate
movements. The Bank of Japan also reacted to a
renewed clouding of the economy perspectives.
The European Central Bank (ECB) has left its key
interest rates unchanged so far. It would be allowed to decrease its interest rates in spring still,
however, in anticipation of a weakened economic
expansion and a falling acceleration in prices.
Fiscal policy is also expansively orientated in the
forecasting horizon in the industrial countries. In
numerous European countries and in the USA
taxes are lowered. The dynamics of the world economy is to remain restrained in the coming
months. In fact, oil prices sank again and fiscal
93
policy has a stimulating effect. But yet, the decline
in the USA determines, for the time being, the
global economic climate. In Europe, expansive
fiscal policy counteracts a stronger decline. Furthermore, the Euro rate is still supporting in the
first half of the year 2001. The production increase
is speeding up in the coming year again with the
global economic upturn. In the later course of this
year, world wide economic activity would be able
to improve gradually. The upsurge of prices will
slack off in the forecasting horizon.
Uncertainties on the size and length of the economic weaknesses in the USA are currently substantial. This concerns, on the one hand, domestic
demand. On the other hand, the US dollar could
definitely deteriorate in value. This could be the
case if investors were no longer prepared to invest
capital in the USA to the same extent as up to now
because the prospects on rates of return are poorly
estimated.
Upswing at an end in Germany – but no distinctive weaknesses of economic activity
In Germany, the economic upswing came to an
end in the second half of the year: the utilization of
the macroeconomic capacities did not increase
again; it even declined a little in the long-run. In
industry as a whole, inflows of orders and production, on top of that, were upwardly. Business climate, however, clouded over markedly. The slowing down of the economy was also spread to the
job market. Since the beginning of this year, the
number of gainfully employed has still only increased slowly. The upward trend of prices has
dropped off.
A reduction of the economic dynamics was expected by the institutes in their joint report in fall
of last year. Therefore, the oil price shock, as well
as the streamlining of monetary policy in the USA
and in Europe were discussed. However, the size
of the decline was underestimated. Therefore, domestic demand through the oil price shock was
more strained than expected. In addition, the economy in the USA slowed down stronger than was
assumed only in fall last year; that stemmed the
expectations of exports and worsened the business
climate. Although the economy in Germany had a
greater loss than expected, the institutes adhere to
their assessments that it will not come to a marked
weakness of economic activity or to a recession
either. Instead, macroeconomic production remains markedly upward.
94
No fundamental change of policy required
Whether there is need for economic action, derived from the slowing down of economy, depends,
above all, on the judgment of how the economy is
to be developed in foreseeable future and how the
current rate of economic policy is to be valued.
In the year 2000, real gross domestic product
increased in both – Germany and in Europe – with
the highest rate for approximately ten years. This
was significantly preferred through a substantial
expansion of world wide economic activity. It
could, however, not be counted upon that the
world economy – the production increased more
rapidly than ever before in the last 15 years –
would grow on a continuing basis at high pace. It
would have especially resulted in inflationary
strains in the USA with persistently high above operating rates of capacity, which would have
probably followed a pronounced recession. Along
with the world wide economic activity, a further
factor promoted exports, which can be referred to
as ineffective: the devaluation of the euro has
added to the unusually strong export boom in both
Germany and in Europe. It was not to be expected,
nor was it desired from the macroeconomic point
of view, that the euro would further devalue. In
fact, since fall last year the euro has somewhat recovered.
The European Central Bank has still not reacted
to the deterioration of the economic prospects but
the key interest rates have remained unchanged.
This is comprehensible against both the background
of monetary policy strategies of the ECB, as well as
the indicators to economic and price development.
In order to maintain consistency in earlier decisions
and along with that credibility as well, the ECB
should continue to base itself only on the two-pillarstrategy which it chose. On the one hand, it orientates towards a reference-value for the development
of money supply. In addition, it uses a broad pack
of indicators in order to evaluate the trend of inflation in future. Both pillars indicate to the fact that
the risks for price stability in the forecasting horizon will no doubt decrease. For there to be no incorrect signal for price stability, the monetary loosening at that point in time can only slightly fall. The
institutes regard a 0.5% reduction of key interest
rates to be justified.
Currently, it is controversially being discussed
how the fiscal policy should react to the economic
decline. The institutes are pleading, as in earlier reports, that automatic stabilizers should affect fiscal
policy. On the one hand, that means it can now not
be a matter of additional spending programmes, for
Wirtschaft im Wandel 5/2001
instance, to stimulate demand. On the other hand,
there is, however, no reason now to heighten saving
or raise taxes and fiscal charges as the deficits in
public authorities are falling cyclically higher than
was expected a few months ago.
The institutes suggest a concept of budget consolidation to determine the medium-term spending
path. In order not to risk this, the government is
only allowed to stem additional spending desires if,
at the same time, reductions of costs in other areas
are suggested and also accepted. Such a rule obligation of budgetary policies was successfully practiced in the USA with the Budget Enforcement Act,
where such a path was determined for consumption
expenditure. In so doing, a ceiling was put forward
for the spending that has to be approved on a yearly
basis. Due to a threatening overrun of these borderlines, cutbacks of other spending must be undertaken. In this way, the increase in spending was able
to be slowed down. The cyclical additional proceeds
could then be used with respect to reducing the
budget deficit and thereafter to pay off debts. The
medium-term specified balancing of the budget
would be made easier also in Germany with corresponding provisions.
The moderate conclusion of pay agreements of
last year have significantly meant that employment
went up again and, at the same time, that the upsurge of prices remained restricted in spite of noticeable external impulses of general price increases. Now it is an issue of setting the future
course of wage rate policy for the year 2002 and
beyond. The institutes are pleading to continue with
the moderate rate. This means that the behavior of
wages should principally be orientated towards
productivity increases and especially with regard to
the labor market situation.
The credibility of a persistently moderate wage
policy rate could be increased if wage parties were
to engage in wage agreements, which suffice
somewhat further in the future. A possibility would
be – as already practiced in the past – to stipulate
longer terms of collective agreements. However, to
this end there are also – as in last year – uncertainties as to whether wage policy is actually proceeded with. Another possibility would be to terminate wage agreements not just for the current
but for each coming year. This early signal of
monetary policy is to be assessed in the mediumterm as with the rate of the wage policy.
1. Die Lage der Weltwirtschaft
Überblick
Nachlassende Weltkonjunktur
Die weltwirtschaftliche Expansion hat sich seit
Mitte 2000 deutlich verlangsamt. Damit ging eine
Phase außerordentlich hoher Dynamik zu Ende.
Maßgeblich war zum einen, dass der Anstieg der
Ölpreise die wirtschaftliche Aktivität dämpfte.
Zum anderen bremste die Geldpolitik, um das bis
zur Jahresmitte hohe konjunkturelle Tempo zu verringern und so einer Inflationsbeschleunigung entgegenzuwirken. Insofern war eine geringere konjunkturelle Expansion wirtschaftspolitisch gewollt.
Besonders stark kühlte die Konjunktur in den
USA ab. Die Ausweitung der gesamtwirtschaftlichen Produktion kam gegen Ende des vergangenen
Jahres nahezu zum Stillstand. Dämpfend wirkte
neben den höheren Ölpreisen und deutlich verschlechterten Finanzierungsbedingungen, dass die
Wettbewerbsfähigkeit unter der Aufwertung des
Dollar litt. Die Ausrüstungsinvestitionen gingen
zuletzt sogar zurück, vor allem im IT-Bereich, wo
Überkapazitäten entstanden sind.
Mit der schwächeren Expansion der US-Wirtschaft fiel die maßgebliche Antriebskraft der weltWirtschaft im Wandel 5/2001
wirtschaftlichen Dynamik aus. Bereits deutlich
spürbar ist die Abkühlung in den Schwellenländern
Asiens, wo die Produktion nach einer kräftigen Erholung zuletzt nur noch leicht aufwärts gerichtet
war. Hier wirkte sich die gedämpfte Nachfrage
nach High-Tech-Gütern besonders stark aus. In Japan kam die ohnehin zögerliche konjunkturelle
Belebung im Verlauf des vergangenen Jahres erneut ins Stocken; die binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte reichten nicht aus, um den Wegfall der
außenwirtschaftlichen Impulse zu kompensieren.
Im Euroraum ging das Expansionstempo ebenfalls zurück. Die Abkühlung war primär dadurch
bedingt, dass die Realeinkommen wegen des Kaufkraftabflusses in die Ölexportländer langsamer
stiegen. Hinzu kamen die dämpfenden Effekte aus
den USA. Die nachlassende Konjunktur in Westeuropa strahlte auch auf die mittel- und osteuropäischen Länder aus.
Wirtschaftspolitik wieder auf expansivem Kurs
In den beiden vergangenen Jahren war die
Geldpolitik in den westlichen Industrieländern gestrafft worden, um Inflationsgefahren zu begegnen.
Die Leitzinsen waren in den USA bis Mai 2000
95
um insgesamt 1¾ Prozentpunkte auf 6,5 % und im
Euroraum bis Oktober 2000 um 2¼ Prozentpunkte
auf 4,75 % heraufgesetzt worden. In Japan war die
Zentralbank vor dem Hintergrund verbesserter
Konjunkturerwartungen im August des vergangenen Jahres von ihrer Nullzinspolitik abgerückt.
Als in den USA zum Jahresende die deutliche
Abschwächung der Konjunktur erkennbar wurde,
vollzog die Zentralbank eine entschlossene Zinswende. Seit Anfang Januar 2001 senkte sie die Federal-Funds-Rate in drei Schritten um insgesamt
1½ Prozentpunkte. Auf eine erneute Eintrübung
der Konjunkturperspektiven hat auch in Japan die
Zentralbank reagiert; sie ist faktisch zur Nullzinspolitik zurückgekehrt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Leitzinsen bislang unverändert gelassen. Sie dürfte in Erwartung einer abgeschwächten konjunkturellen Expansion und eines
nachlassenden Preisauftriebs ihre Zinsen im Frühjahr aber senken. In den USA werden die Zinsen
nochmals herabgesetzt.
Auch die Finanzpolitik wird im Prognosezeitraum in den Industrieländern expansiv ausgerichtet
sein. In zahlreichen Ländern Europas und in den
USA werden Steuern gesenkt. In Japan gehen von
der Finanzpolitik vor dem Hintergrund der zunehmend kritischen Lage der öffentlichen Finanzen
freilich nur geringe Impulse aus.
Weltwirtschaft stabilisiert sich
Die Dynamik der Weltwirtschaft bleibt in den
kommenden Monaten verhalten. Zwar sind die Öl-
preise wieder gesunken, und die Finanzpolitik
wirkt stimulierend. Doch bestimmt die Abschwächung in den USA vorerst das weltwirtschaftliche
Klima. So sind die Absatz- und Ertragsaussichten
der Unternehmen sowie die Einkommenserwartungen der privaten Haushalte in den Industrieländern
eingetrübt.
In den USA geht die laufende Zuwachsrate der
gesamtwirtschaftlichen Produktion auf Jahresbasis
gerechnet von über 5 % im ersten Halbjahr 2000
auf weniger als 1 % in der ersten Hälfte 2001 zurück. Damit ist die Abschwächung innerhalb eines
Jahres stärker als in der Rezession 1990/1991. Die
Auslastung der gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten war aber zu Beginn des derzeitigen
Abschwungs wesentlich höher als damals. Durch
die schnelle und kräftige Reaktion der Geldpolitik
wurden allerdings die Erwartungen sowohl der
Unternehmen als auch der privaten Haushalte stabilisiert, so dass sich die Konjunktur in den USA
schon in der zweiten Jahreshälfte wieder beleben
dürfte. Im Prognosezeitraum kommt es daher nur
zu einer leichten Unterauslastung (Abbildung 1.1).
Die japanische Volkswirtschaft dagegen wird
angesichts der in diesem Jahr schwachen Auslandsnachfrage nur wenig expandieren. Erst im
nächsten Jahr wird es zu einer leichten Erholung
kommen, die von den Exporten ausgeht. Die binnenwirtschaftliche Dynamik bleibt trotz der expansiv ausgerichteten Geldpolitik immer noch verhalten, da nach wie vor erhebliche Strukturprobleme
bestehen.
Abbildung 1.1:
1)
Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Auslastungsgrads in den USA
%
%
4,0
4,0
3,0
3,0
2,0
2,0
1,0
1,0
0,0
0,0
-1,0
-2,0
-1,0
Prognosezeitraum
-3,0
-2,0
-3,0
-4,0
-4,0
1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
1)
Abweichung des realen Bruttoinlandsprodukts vom Produktionspotential gemäß den Schätzungen des
Congressional Budget Office bis 2002.
Quellen: Congressional Budget Office; Berechnungen der Institute; ab 1. Quartal 2001: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
96
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Tabelle 1.1:
Reales Bruttoinlandsprodukt in ausgewählten Regionen der Weltwirtschaft
Jahr kaum noch Impulse aus; ihr
Beitrag zum Wachstum im Euroraum geht von rund 0,3 Pro- Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in % zentpunkten im ersten Halbjahr
2000
2001
2002
2000 auf null zurück. Der direkte dämpfende Effekt ist damit
Industrieländer insgesamt
3,7
1,8
2,4
aber nur halb so stark wie im
darunter:
USA
5,0
1,5
2,5
Gefolge der Wirtschaftskrisen in
Japan
1,7
0,8
1,4
Ostasien und Russland 1997/98
Euroraum
3,4
2,6
2,6
(Abbildung 1.2). Allerdings dürfÜbriges Westeuropa
3,1
2,5
2,5
te die Gesamtwirkung auf die
Schwellenländer
Ausfuhr aus dem Euroraum wie
darunter:
damals auch durch DrittmarktMittel- und Osteuropa
5,1
3,4
3,5
Ostasien
6,9
3,8
5,0
effekte verstärkt werden. Den
Lateinamerika
4,2
3,0
3,8
dämpfenden außenwirtschaftlichen Impulsen wirkt die expanInsgesamt
3,9
2,0
2,6
sive Finanzpolitik entgegen. ZuNachrichtlich: Welthandel, real
13,0
7,5
7,0
dem stützt in der ersten JahresGewichteter Durchschnitt aus: Südkorea, Taiwan, Indonesien, Thailand, Malaysia, Singapur, Philippinen.
hälfte 2001 noch der niedrige
Gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt von 1999 in US-Dollar.- Gewichteter Durchschnitt aus: Brasilien,
Eurokurs. Mit der weltwirtMexiko, Argentinien, Kolumbien, Venezuela, Chile. Gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt von 1999 in
US-Dollar.- Summe der aufgeführten Ländergruppen. Gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt von 1999
schaftlichen Belebung beschleuin US-Dollar.
nigt sich der Produktionsanstieg
Quellen: Angaben nationaler und internationaler Institutionen; Berechnungen der Institute; 2001 und 2002:
im kommenden Jahr wieder.
Prognose der Institute.
Alles in allem dürfte sich die
Weltkonjunktur im späteren
Verlauf dieses Jahres allmählich bessern. Im
Abbildung 1.2:
kommenden Jahr wird die Produktion ähnlich
Wachstumsbeiträge der Ausfuhren
schnell ausgeweitet wie im mittelfristigen Trend.
aus dem Euroraum
Der Welthandel wird sich im Verlauf des Prognoin ausgewählte Absatzgebiete
sezeitraums wieder etwas beleben. Gleichwohl
Prozentpunkte
bleibt die Rate im Jahresdurchschnitt 2002 mit 7 %
0,6
etwas niedriger als in diesem (Tabelle 1.1). In den
Industrieländern wird die gesamtwirtschaftliche
0,4
Produktion 2001 um 1,8 % und im kommenden
USA (2000-2002)
0,2
Jahr um 2,4 % zunehmen (Tabelle 1.2). Das Expansionstempo bleibt damit auch im Jahre 2002,
0,0
verglichen mit dem starken Anstieg im Jahre 2000,
moderat. Der Preisauftrieb wird im PrognosezeitSüdostasien
-0,2
und Russland
raum nachlassen.
1)
2)
3)
1)
2)
3)
1)
(1997-1999)
-0,4
-0,6
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Quartale
1)
Südkorea, Taiwan, Indonesien, Thailand, Malaysia, Singapur,
Philippinen.
Quellen: Internationaler Währungsfonds, Direction of Trade Statistics;
ab 4. Quartal 2000 Schätzung und Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
Im Euroraum verlangsamt sich die Konjunktur
im Vergleich zu den USA und Japan nur wenig.
Zwar gehen von der Ausfuhr in die USA in diesem
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Prognoserisiko USA
Gegenwärtig sind die Unsicherheiten über
Ausmaß und Dauer der konjunkturellen Schwäche
in den USA erheblich. Zwar besteht durchaus die
Möglichkeit, dass die Stärke der amerikanischen
Wirtschaft – wie häufig in den vergangenen Jahren –
unterschätzt wird. Gewichtiger erscheint aber das
Risiko, dass es zu einem ungünstigeren Konjunkturverlauf kommt, als die Institute derzeit für
wahrscheinlich erachten. Dies wäre beispielsweise
der Fall, wenn starke Kursverluste an den Aktienmärkten oder allgemein ungünstigere Einkommenserwartungen die Konsumausgaben spürbar
dämpfen würden. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor
97
Tabelle 1.2:
Reales Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote in den Industrieländern
Gewicht
(BIP)
in %
3)
4)
Verbraucherpreise
Bruttoinlandsprodukt
Arbeitslosenquote
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
2000
2001
2002
2000
2001
in %
2002
2000
2001
2002
Deutschland
9,1
3,0
2,1
2,2
2,1
2,0
1,4
8,0
7,6
7,2
Frankreich
6,2
3,2
2,6
2,5
1,8
1,5
1,4
9,5
8,5
8,2
Italien
5,1
2,9
2,3
2,2
2,6
2,4
2,0
10,5
9,9
9,5
Spanien
2,6
4,1
3,1
3,0
3,5
3,2
2,5
14,1
13,3
12,8
Niederlande
1,7
3,8
3,3
3,1
2,2
4,1
2,5
2,5
2,7
2,7
Belgien
1,1
4,0
2,8
2,7
2,7
2,3
1,9
7,0
6,6
6,3
Österreich
0,9
3,2
2,3
2,4
2,0
1,7
1,4
3,7
3,6
3,6
Finnland
0,6
5,7
4,3
4,3
3,0
2,5
2,1
9,8
9,0
8,5
Griechenland
0,5
3,9
4,0
4,0
3,6
3,3
3,2
11,8
10,5
10,0
Portugal
0,5
2,9
2,5
2,4
2,8
3,6
3,0
4,2
4,4
4,4
Irland
0,4
11,0
8,0
7,0
5,3
4,2
4,5
4,3
3,8
3,5
Luxemburg
0,1
8,1
5,8
5,4
3,8
2,8
2,2
2,2
2,1
2,1
1)
28,7
3,4
2,6
2,6
2,4
2,3
1,8
9,0
8,4
8,1
Großbritannien
6,2
3,0
2,0
3,0
0,8
1,1
1,3
5,5
5,3
5,3
Schweden
1,0
3,8
3,0
3,0
1,3
1,3
1,4
5,9
5,3
5,0
Dänemark
0,8
2,5
2,0
2,2
2,7
2,3
2,0
4,7
4,9
4,7
36,8
3,3
2,5
2,6
2,1
2,1
1,7
8,3
7,8
7,5
Euroraum
1)
Europäische Union
Schweiz
1,1
3,2
2,4
2,3
1,6
1,4
1,2
2,5
2,2
2,1
Norwegen
0,7
3,0
2,5
2,4
3,1
2,5
2,4
3,2
3,3
3,2
Westeuropa
38,6
3,3
2,5
2,6
2,1
2,1
1,7
8,1
7,6
7,3
USA
39,9
5,0
1,5
2,5
3,4
3,2
2,6
4,0
4,6
4,8
Japan
18,8
1,7
0,8
1,4
-0,7
-0,2
0,3
4,7
4,9
5,0
2,7
4,7
2,3
2,7
2,6
2,4
2,3
6,8
7,0
7,0
100,0
3,7
1,8
2,4
2,1
2,1
1,8
6,0
6,1
6,0
3,6
2,5
2,7
2,2
2,2
1,9
1)
Kanada
Insgesamt
Nachrichtlich:
Insgesamt exportgewichtet
1)
2)
Summe der aufgeführten Länder. Bruttoinlandsprodukt und Verbraucherpreise gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt von 1999 in
US-Dollar; Arbeitslosenquote gewichtet mit der Zahl der Erwerbspersonen von 1999.den Anteilen an der deutschen Ausfuhr von 1999.4)
3)
2)
Summe der aufgeführten Länder. Gewichtet mit
Westeuropa (außer Schweiz): Harmonisierter Verbraucherpreisindex.-
Standardisiert.
Quellen: Angaben nationaler und internationaler Institutionen; Berechnungen der Institute; 2001 und 2002: Prognose der Institute.
ist die Entwicklung auf den Devisenmärkten. In
der Prognose wurde unterstellt, dass der US-Dollar
weder abrupt noch kräftig abwertet. Doch könnte
er deutlich an Wert verlieren, wenn Investoren
nicht mehr in dem Maße wie bisher bereit wären,
Kapital in den USA anzulegen, etwa weil die Renditeaussichten schlechter eingeschätzt werden.
Die Konsequenzen derartiger Ereignisse für die
gesamtwirtschaftliche Produktion in den Indust98
rieländern wurden mit Hilfe eines makroökonometrischen Mehrländermodells abgeschätzt (Kasten 1.1). Zum einen wurden die Effekte einer um
einen Prozentpunkt geringeren Zuwachsrate des
realen Bruttoinlandsprodukts der USA berechnet,
zum anderen die einer Abwertung des US-Dollar
um 10 %. Untersucht wurden dabei jeweils die Gesamteffekte, d. h. sowohl die primären Auswirkungen als auch die wechselseitige Verstärkung des
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Impulses durch die Außenhandelsverflechtung der
Länder. Dabei wurde angenommen, dass keine
wirtschaftspolitische Reaktion erfolgt. In der ersten
Simulation wurden zudem die Wechselkurse konstant gehalten. Ein zusätzlicher abrupter Vertrauensverlust in Europa, der die Effekte hier verstärken könnte, wurde nicht berücksichtigt.
Dem Modell zufolge würde ein Rückgang der
Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts
der USA im Jahre 2001 um einen Prozentpunkt im
Vergleich zur Prognose die Konjunktur in den übrigen Industrieländern nicht sehr stark beeinträchtigen. Im Euroraum insgesamt ebenso wie in
Deutschland wäre die gesamtwirtschaftliche Produktion im ersten Jahr um 0,1 % und in Japan um
0,2 % niedriger als in der Prognose der Institute
(Tabelle 1.3).1 Im Folgejahr läge das reale Bruttoinlandsprodukt im Euroraum um 0,3 % unter dem
im Basisszenario, in Deutschland um 0,4 % sowie
in Großbritannien und Japan jeweils um 0,5 %.
Der größere Effekt in den beiden letztgenannten
Ländern ergibt sich vor allem aus der engeren Außenhandelsverflechtung mit den USA.
In einem zweiten Szenario wurde quantifiziert,
was geschehen würde, wenn der US-Dollar gegenüber den Währungen der anderen Industrieländer
dauerhaft um 10 % niedriger bewertet wird. In den
USA würde dies die gesamtwirtschaftliche Produktion im Vergleich zum Basisszenario im ersten
Jahr um 0,4 % und im zweiten Jahr um 1,7 % erhöhen. In den anderen Industrieländern sind die
Effekte einer derartigen Veränderung der Währungsrelationen etwas größer als bei dem Nachfrageschock. Zwischen den Industrieländern unterscheiden sich die Wirkungen in ihrem Ausmaß
beträchtlich. Im Euroraum wäre das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahre 2002 um 0,2 %, in
Deutschland um 0,3 % geringer2 (Tabelle 1.4).
Großbritannien und Japan wären aufgrund ihrer
Handelsstruktur mit einem Rückgang um 1,1 %
bzw. 0,8 % wiederum stärker betroffen.
1 Die Umsetzung einer solchen weltwirtschaftlichen Ent-
wicklung in nationale Modelle für Deutschland liefert
ähnliche Ergebnisse.
2 Eine Aufwertung des Euro um 10 % nicht nur gegenüber
dem US-Dollar, sondern gegenüber allen anderen Währungen hätte größere Folgen. In diesem Fall wäre die gesamtwirtschaftliche Produktion im Euroraum im Jahre 2001 um
0,5 % und im kommenden Jahr um 1,0 % geringer. Diese
Abschwächung resultiert nicht primär aus der Aufwertung
gegenüber dem US-Dollar, sondern aus dem Verlust an
preislicher Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den europäischen Ländern, die nicht dem Euroraum angehören.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Kasten 1.1:
Zu den Simulationen
Die Simulationen wurden mit dem Oxford Economic Forecasting Model (OEF) durchgeführt.a Das
Modell enthält für jedes Industrieland und die
wichtigsten Schwellenländer nationale Module, die
sich aus einem realen und einem monetären Sektor
zusammensetzen. Die Reaktionsfunktionen der
Zentralbanken sind gemäß der Taylor-Regel modelliert. Die Interdependenzen zwischen den Ländern
werden durch Import- und Exportfunktionen erfasst.
Es wurden zwei Simulationen durchgeführt und deren Ergebnisse mit denen des Basisszenarios verglichen.
Simulation 1: Nachfrageschock, Rückgang der
Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts in
den USA um einen Prozentpunkt im Jahre 2001 gegenüber dem Basisszenario.
Der private Verbrauch in den USA wurde für das
Jahr 2001 exogen so weit verringert, dass sich für
das Gesamtjahr eine um einen Prozentpunkt geringere Zunahme des Bruttoinlandsprodukts gegenüber
dem Basisszenario ergibt. Für das Jahr 2002 wurde
die Wachstumsrate wieder endogen im Modell bestimmt. Der dämpfende Impuls beeinflusst die Expansion der gesamtwirtschaftlichen Produktion
nicht nur im ersten Jahr, sondern wirkt in der Folgeperiode nach. So verringern sich beispielsweise
die Investitionen und die Erwerbstätigkeit erst mit
Verzögerung.
Um allein die Effekte eines Rückgangs der gesamtwirtschaftlichen Expansion in den USA zu untersuchen, wurden Wechselkursanpassungen und Reaktionen der Geldpolitik ausgeschaltet, indem die Wechselkurse und die kurzfristigen Zinsen exogen auf
dem Wert des Basisszenarios festgehalten wurden.
Simulation 2: Wechselkursschock, Abwertung des
US-Dollar um 10 % gegenüber den Währungen der
anderen Industrieländer im Vergleich zum Basisszenario.
Hier wurde der Wechselkursmechanismus für die
Währungen der Industrieländer im Modell außer
Kraft gesetzt und statt dessen der Wert des USDollar ab dem ersten Quartal 2001 gegenüber den
Werten des Basisszenarios um 10 % reduziert. Die
kurzfristigen Zinsen wurden wiederum auf den
Werten des Basisszenarios festgehalten.
Beide Simulationen wurden unabhängig voneinander durchgeführt.
a
Vgl. http:\\www.OEF.CO.UK.
Treten beide Ereignisse – schwächere Konjunktur in den USA und Abwertung des US-Dollar –
gleichzeitig ein, summieren sich die Effekte, d. h.
99
im Euroraum läge die gesamtwirtschaftliche Produktion im zweiten Jahr um 0,5 % unter dem Niveau im Basisszenario. Die in die Gegenrichtung
wirkende Wachstumsverstärkung in den USA in
der Abwertungsvariante ist dabei nicht berücksichtigt.
Hebt man die technische Annahme einer unveränderten Wirtschaftspolitik auf, wären die Wirkungen aufgrund des im Modell angelegten Gegensteuerns der Zentralbanken geringer als hier
simuliert. So wäre beispielsweise der negative Impuls, der von einer Abschwächung in den USA
ausgeht, bereits im zweiten Jahr in den übrigen Industrieländern überwunden.
Tabelle 1.3:
Nachfrageschock1)
Abweichungen des realen Bruttoinlandsprodukts
- in % gegenüber dem Basisszenario –
USA
Japan
Großbritannien
Euroraum
Deutschland
2001
2002
-1,0
-0,2
-0,2
-0,1
-0,1
-2,3
-0,5
-0,5
-0,3
-0,4
1)
Rückgang der Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts in den USA im Jahr 2001 um einen Prozentpunkt gegenüber dem Basisszenario.
Tabelle 1.4:
Wechselkursschock1)
Abweichungen des realen Bruttoinlandsprodukts
- in % gegenüber dem Basisszenario –
USA
Japan
Großbritannien
Euroraum
Deutschland
2001
2002
0,4
-0,2
-0,2
-0,2
-0,2
1,7
-0,8
-1,1
-0,2
-0,3
1)
Abwertung des US-Dollar um 10 % gegenüber den Währungen der anderen Industrieländer im Vergleich zum Basisszenario.
USA: Kräftiger Abschwung – aber keine
Rezession
In den USA hat sich die Konjunktur deutlich
stärker abgekühlt, als noch vor einem halben Jahr
erwartet worden war. Im zweiten Halbjahr 2000
stiegen gesamtwirtschaftliche Nachfrage und Produktion nur noch mit einer laufenden Jahresrate
von 1,5 %, nachdem das Expansionstempo in der
ersten Hälfte 2000 mit mehr als 5 % deutlich über
dem Trend gelegen hatte.
100
Der Umschwung war nicht zuletzt deshalb so
markant, weil der Investitionsboom, der maßgeblich zur Beschleunigung der Expansion beigetragen hatte, abrupt endete. Die Investitionen in Ausrüstungen und Software sind Ende 2000 merklich
zurückgegangen, nach zweistelligen Zuwachsraten
bis zur Jahresmitte. In der Industrie sinkt die Kapazitätsauslastung seit Mitte vergangenen Jahres,
und sie ist nunmehr so niedrig wie zuletzt vor neun
Jahren. Insbesondere in den High-Tech-Bereichen
der Wirtschaft hat sich die Stimmung eingetrübt,
zumal sich die Finanzierungsbedingungen durch
das erhöhte Risikobewusstsein der Anleger und
Banken deutlich verschlechterten.
Auch die Expansion des privaten Konsums hat
sich spürbar abgeschwächt, weil die realen verfügbaren Einkommen infolge des Ölpreisanstiegs sowie der geringeren Beschäftigungsausweitung
langsamer zunahmen. Mit der Aufwertung des USDollar ließ die Nachfrage aus dem Ausland ebenfalls merklich nach.
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich trotz
des Konjunkturabschwungs bisher kaum eingetrübt. Zwar wurde die Beschäftigung insgesamt
nur noch wenig ausgeweitet, und in einigen Bereichen kam es vermehrt auch zu Entlassungen. Aber
da das Arbeitsangebot ebenfalls verlangsamt zunahm und die hohe Flexibilität der Arbeitskräfte
einen schnelleren Wechsel aus der Industrie in den
immer noch wachsenden Dienstleistungssektor begünstigt, hat sich die Arbeitslosenquote nur wenig
erhöht. Mit dem konjunkturbedingten Nachlassen
des Produktivitätsanstiegs haben die Lohnstückkosten zuletzt wieder etwas stärker angezogen.
Auch die Inflation hat sich im Verlauf des vergangenen Jahres beschleunigt. Dies geht vorwiegend
auf die gestiegenen Energiepreise zurück, aber
auch die Kernrate hat sich erhöht.
Die amerikanische Zentralbank hat seit Beginn
dieses Jahres die monetären Zügel deutlich gelockert. Als Reaktion auf die verschlechterten Finanzierungsbedingungen für Unternehmen senkte sie
in drei Schritten sowohl den Zielzinssatz für Federal Funds als auch den Diskontsatz um 150 Basispunkte auf zuletzt 5 % bzw. 4,5 %. In dieser Prognose wird mit einer weiteren Zinssenkung um 25
Basispunkte bis zum Sommer gerechnet. Die monetären Rahmenbedingungen wirken damit deutlich expansiv, zumal ein schwächerer Außenwert
des US-Dollar und weiter niedrige langfristige
Zinsen erwartet werden.
Auch von der Finanzpolitik wird die Konjunktur Impulse erhalten: Die neue Regierung hat einen
Gesetzentwurf zur mehrstufigen Senkung der EinWirtschaft im Wandel 5/2001
Abbildung 1.3:
Reales Bruttoinlandsprodukt in den USA
Saisonbereinigter Verlauf
%
Index
120
10
laufende Jahresrate¹(rechte Skala)
erstes Quartal 1999 = 100
Jahresdurchschnitt²
Prognosezeitraum
115
8
2,5
110
6
1,5
5,0
105
4
4,2
100
2
95
0
I
1)
2)
II
III
1999
IV
I
II
III
2000
IV
I
II
III
2001
IV
I
II
III
2002
IV
Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet.
Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: OECD; Berechnungen der Institute; ab 1. Quartal 2001: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
kommensteuer in den Kongress eingebracht. Die
Maßnahmen werden in diesem Jahr wohl nur die
unterste Steuerklasse betreffen und in der Summe
gering sein. Für das nächste Jahr wird eine Entlastung von etwa 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts
unterstellt. Zudem dürfte bereits die glaubhafte
Ankündigung eines umfassenden Maßnahmenpakets das Verbrauchervertrauen und so den privaten
Verbrauch stützen.
Von zentraler Bedeutung für die Prognose ist
die Entwicklung der Sparquote der privaten Haushalte. Der Rückgang der Aktienkurse könnte dazu
führen, dass sich der bisher verbrauchsfördernde
Vermögenseffekt umkehrt und es zu einer deutlichen Erhöhung der – derzeit negativen – Sparquote
kommt. Dies geschah beispielsweise im Anschluss
an den Aktien-Crash im Jahre 1987; damals war
die Sparquote innerhalb von zwei Jahren um rund
zwei Prozentpunkte auf reichlich 8 % erhöht worden. Im Gegensatz zur jetzigen Situation befand
sich die amerikanische Wirtschaft aber Ende 1987
am Beginn einer Phase deutlich steigender Zinsen.
Die Verschuldungssituation war damals – gemessen
am verfügbaren Einkommen – ähnlich; allerdings
ist heute der Anteil von Hypothekenkrediten höher, die leichter umgeschuldet werden können, so
dass die Haushalte schneller von den sinkenden
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Zinsen profitieren. Damals dürfte die Erhöhung der
Sparquote nicht zuletzt eine direkte Reaktion auf
die mit den steigenden Zinsen erhöhte Tilgungsbelastung der privaten Haushalte gewesen sein. Weder
Ausmaß noch Tempo der derzeit beobachteten
Kurskorrekturen sind mit denen Ende der achtziger
Jahre vergleichbar: Im Herbst 1987 stürzten die
Kurse innerhalb von drei Monaten um rund ein
Drittel ab, während derzeit die Kurse im Laufe eines ganzen Jahres, gemessen am umfassenden Aktienindex S&P-500, rund ein Fünftel an Wert verloren haben. Die Marktteilnehmer hatten also
deutlich mehr Zeit, sich auf die veränderten Rahmenbedingungen einzustellen. Ferner hätte sich selbst
bei einem Rückgang der Kurse um ein weiteres
Zehntel für die Aktionäre in der Summe die Vermögensposition gegenüber dem Beginn der Hausse
im Jahre 1995 immer noch deutlich verbessert.
Die Institute halten daher nur eine graduelle
Erhöhung der Sparquote für wahrscheinlich. Der
private Konsum wird so zum Jahresende wieder an
Schwung gewinnen; einer schwächeren Zunahme
der realen Einkommen und einer leichten Erhöhung der Sparquote stehen die Entlastungen durch
die Finanzpolitik gegenüber.
Die Investitionsschwäche dürfte vor dem Hintergrund der verschlechterten Finanzierungsbedin101
gungen noch bis zum Sommer anhalten. Das rasche und kräftige Gegensteuern der Zentralbank
wird aber dazu beitragen, dass sich die Investitionstätigkeit in der zweiten Jahreshälfte wieder stabilisiert. Der Wohnungsbau wird von den niedrigeren Hypothekenzinsen profitieren; die Baugenehmigungen deuten bereits auf eine lebhaftere Nachfrage hin. Mit der Abkühlung der Konjunktur in
wichtigen Handelspartnerländern bleibt die Ausfuhr vorerst gedämpft. Da die schwächere Expansion der Gesamtnachfrage zugleich den Importanstieg weiter bremst, dürfte der negative Außenbeitrag in diesem Jahr nur leicht zunehmen und 2002
geringfügig sinken. Das Defizit in der Leistungsbilanz dürfte sich bei rund 4 % des Bruttoinlandsprodukts einpendeln.
Insgesamt wird die gesamtwirtschaftliche Expansion vorerst noch gedrückt bleiben (Abbildung
1.3). Wegen der nunmehr deutlich expansiven
wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wird
allerdings kein Abgleiten der Konjunktur in eine
Rezession erwartet; vielmehr dürfte sich die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte 2001 wieder
stabilisieren. Die Produktion wird im Jahresdurchschnitt 2001 den Vorjahreswert nur noch um rund
1,5 % übersteigen, nach 5 % im Jahre 2000; im
kommenden Jahr dürfte der Zuwachs rund 2,5 %
betragen (Tabelle 1.2). Die laufenden Raten werden in diesem Jahr deutlich unter denen des Potentials liegen; dabei wird aber lediglich die Überauslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten
zurückgeführt (Abbildung 1.1).3 Die Arbeitslosenquote wird zeitweilig auf über 5 % zunehmen, was
gemessen an früheren Abschwungphasen gering
ist. Die Inflationsrate geht im Durchschnitt dieses
Jahres wegen des Rückgangs der Ölpreise auf
3,2 % und im kommenden Jahr auf 2,6 % zurück.
Japan: Keine durchgreifende Erholung
in Sicht
In Japan stieg die gesamtwirtschaftliche Produktion im Jahresdurchschnitt 2000 um 1,7 % –
und damit schneller als im Vorjahr. Allerdings hat
sich die Konjunktur im zweiten Halbjahr wieder
abgeschwächt. Zuletzt nahmen nur noch die Unternehmensinvestitionen deutlich zu, insbesondere
– teilweise staatlich gefördert – im Bereich der Informationstechnologie. Die Exporte legten dagegen angesichts der Abkühlung der Weltkonjunktur
3 Zugrunde gelegt wurden die Schätzungen des Congressio-
nal Budget Office, nach denen das Produktionspotential
derzeit um 3,7 % pro Jahr wächst.
102
nur noch geringfügig zu. Der private Verbrauch
war sogar rückläufig.
Die Verbraucherpreise blieben im vergangenen
Jahr – trotz der Ölpreissteigerungen – deutlich
nach unten gerichtet. Die fortgesetzte Deflation erschwert eine Belebung der Inlandsnachfrage. Angesichts zunehmender gesamtwirtschaftlicher Risiken hat die japanische Zentralbank einen erneuten
Kurswechsel vollzogen und ist letztlich zur Nullzinspolitik zurückgekehrt. Direkt gesteuert werden
soll allerdings nun das Volumen der von den Geschäftsbanken bei der Zentralbank gehaltenen Reserven. Die Bank von Japan hat erklärt, dass sie an
dieser Linie festhalten wird, bis der Rückgang der
Verbraucherpreise gestoppt ist. Die Institute erwarten, dass sie damit nur geringe expansive Wirkungen erreichen kann. Es wird nicht zu der intendierten kräftigen Ausweitung der Kreditvergabe
kommen, auch weil Unternehmen und private
Haushalte nach wie vor bestrebt sind, ihre Verschuldung abzubauen. Um diesen Prozess zu
durchbrechen, ist eine Überwindung der Deflation
notwendig.
Der Handlungsspielraum der Finanzpolitik ist
inzwischen eng begrenzt. Die umfangreichen Programme der Vergangenheit haben zu einem dramatischen Anstieg der Verschuldung des Staates in
Relation zum Bruttoinlandsprodukt beigetragen,
ohne die Binnennachfrage nachhaltig zu beleben.
Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Schwäche
und der bevorstehenden Wahlen wird die Regierung
die Nachfrage in diesem Jahr trotzdem stützen. Der
fiskalische Impuls wird jedoch gering sein, da die
Politik die mit der hohen Staatsverschuldung verbundenen Gefahren zunehmend erkennt.
Vor diesem Hintergrund wird die japanische
Wirtschaft im Prognosezeitraum nur sehr moderat
expandieren (Abbildung 1.4). Dabei werden Umstrukturierungen im Unternehmens- und Bankensektor zunächst noch die Binnennachfrage dämpfen. Sie schaffen aber die Grundlage für eine größere Effizienz dieser Bereiche. Die Exporte werden dadurch gestützt, dass der Yen abgewertet hat;
im Jahre 2002 nehmen sie im Zuge der lebhafteren
Weltkonjunktur wieder deutlicher zu. Das Bruttoinlandsprodukt wird 2001 um 0,8 % und im Jahre
2002 um 1,4 % steigen (Tabelle 1.2).
Gedämpfter Produktionsanstieg in den
Entwicklungs- und Schwellenländern
In den asiatischen Entwicklungs- und Schwellenländern expandierte die Wirtschaft im vergangenen Jahr kräftig. Die Inlandsnachfrage belebte
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Abbildung 1.4:
Reales Bruttoinlandsprodukt in Japan
Saisonbereinigter Verlauf
Index
%
110
14
laufende Jahresrate¹ (rechte Skala)
erstes Quartal 1999 = 100
Jahresdurchschnitt²
108
12
106
10
1,4
104
0,8
1,7
8
102
6
100
4
0,8
98
2
96
0
94
-2
Prognosezeitraum
92
-4
90
-6
I
1)
2)
II
III
1999
IV
I
II
III
2000
IV
I
II
III
2001
IV
I
II
III
2002
IV
Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet.
Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: OECD; Berechnungen der Institute; ab 1. Quartal 2001: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
sich mit fortschreitender Erholung merklich. Triebkraft des Aufschwungs blieben aber bis in die zweite
Hälfte des Jahres 2000 die Exporte von Elektronikprodukten. So wurde das Bruttoinlandsprodukt
insbesondere in Südkorea, Malaysia und Singapur
in hohem Tempo ausgeweitet, deren Produzenten
auf die Herstellung dieser Güter spezialisiert sind.
Mit dem Ende der Hochkonjunktur im HighTech-Bereich haben sich die wirtschaftlichen Aussichten verdüstert. Die nachlassende Exportdynamik dürfte schwerlich durch die Inlandsnachfrage
kompensiert werden. Denn nach wie vor bestehen
in vielen Ländern gravierende Probleme im Finanzsektor, so dass die Möglichkeiten der Geldpolitik, die Konjunktur anzuregen, derzeit begrenzt
sind. Trotz niedriger Zinsen bleibt die Kreditnachfrage der Unternehmen angesichts einer häufig
immer noch hohen Verschuldung gering. Gleichzeitig besteht für eine expansive Fiskalpolitik zumeist wenig Spielraum. Lediglich in einzelnen
Ländern, beispielsweise in Südkorea, hat sich die
Lage des Staatshaushalts im Zuge des Aufschwungs wieder so weit verbessert, dass auch fiskalische Stimulierungsmaßnahmen getroffen werden dürften. In einer Reihe von Ländern ist dagegen angesichts immer noch beträchtlicher Haushaltsdefizite und einer stark gestiegenen Staatsverschuldung ein Kurs der Haushaltskonsolidierung
Wirtschaft im Wandel 5/2001
notwendig, um der Gefahr einer Schuldenspirale
zu begegnen. Bei diesen Rahmenbedingungen
rechnen die Institute mit einer deutlichen Abschwächung der wirtschaftlichen Expansion in der
Region von 6,9 % im Jahre 2000 auf nur noch
3,8 % im laufenden Jahr. Im kommenden Jahr
dürfte sich der Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts mit der Belebung der US-Konjunktur
allmählich wieder beschleunigen.
In Lateinamerika hat sich die Wirtschaft im
vergangenen Jahr deutlich erholt – bei allerdings
großen Unterschieden von Land zu Land. Besonders stark expandierte im Gefolge des Booms in
den USA die gesamtwirtschaftliche Produktion in
Mexiko und in Chile. Die Verlangsamung der USKonjunktur hat sich hier jedoch schon deutlich
bemerkbar gemacht. In Brasilien stieg die Produktion hingegen bis zuletzt kräftig. Gleichzeitig verharrte die Wirtschaft Argentiniens in der Rezession; die Produzenten handelbarer Güter leiden
nach wie vor unter mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und den hohen Realzinsen, die erforderlich
sind, um die Parität des Peso zum US-Dollar im
Rahmen des Currency Boards zu gewährleisten.
In Mexiko und Chile wird sich die konjunkturelle Expansion angesichts der engen Handelsverflechtungen mit den USA weiter abflachen. Demgegenüber verlangsamt sich die Konjunktur in Bra103
schwächte sich auch hier die Expansion im Verlauf
des Jahres deutlich ab. Dämpfend wirkten der
Kaufkraftentzug durch den hohen Ölpreis, die
nachlassende westeuropäische Konjunktur sowie
die teilweise beträchtlichen realen Aufwertungen
der Währungen gegenüber dem Euro. Wegen der
günstigen Entwicklung der Dienstleistungsexporte
nahmen die Leistungsbilanzdefizite – trotz der sich
meist verschlechternden Handelsbilanzen – überwiegend ab, allerdings blieben sie in einzelnen
Ländern hoch. Die Verbraucherpreise, die bis zur
Jahresmitte 2000 ölpreisbedingt – vielfach auch
wegen deutlich höherer Nahrungsmittelpreise –
beschleunigt gestiegen waren, erhöhten sich seither
wieder langsamer. Die Arbeitslosenquote nahm
aufgrund fortgesetzter Umstrukturierungen auf betrieblicher Ebene zum Teil deutlich zu.
Im Prognosezeitraum dürfte die Binnennachfrage zumeist lebhaft bleiben, gestützt auch durch
die für den geplanten EU-Beitritt erforderlichen
Investitionen, z. B. in den Bereichen Infrastruktur
und Umwelt. Gleichzeitig geht von der Verlangsamung der westeuropäischen Konjunktur eine
silien nur wenig. Hier dürfte sich die Inlandsnachfrage dank einer weiteren Lockerung der Geldpolitik und Impulsen durch die Fiskalpolitik robust
entwickeln. Für die argentinische Wirtschaft werden sich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen im Prognosezeitraum durch die Senkung
der Zinsen in den USA tendenziell verbessern. Jedoch ist es der Wirtschaftspolitik noch nicht gelungen, die Voraussetzungen für einen spürbaren
Rückgang der Realzinsen zu schaffen, der für eine
nachhaltige Erholung erforderlich ist. Alles in allem wird sich der Produktionsanstieg in Lateinamerika im laufenden Jahr merklich abschwächen.
Im kommenden Jahr wird die Konjunktur im Zuge
der Anregungen durch Weltwirtschaft und Geldpolitik wieder anziehen.
Vorübergehende Abschwächung der
Expansion in Mittel- und Osteuropa
Erstmals seit Beginn der Transformation nahm
im Jahre 2000 die gesamtwirtschaftliche Produktion gleichzeitig in allen Ländern zu. Allerdings
Tabelle 1.5:
Reales Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote in Mittel- und Osteuropa
Gewicht
(BIP)
in %
Polen
Tschechien
Ungarn
Rumänien
Slowakei
Slowenien
Bulgarien
Bruttoinlandsprodukt
Verbraucherpreise
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
2000
2001
2002
2000
2001
2002
Arbeitslosenquote
in %
2000
2001
2002
28,0
9,7
8,8
6,2
3,4
4,0
2,3
4,1
3,1
5,3
1,6
2,2
4,8
5,0
3,0
3,0
4,5
1,0
3,0
4,5
3,0
4,0
3,5
5,0
1,5
3,0
5,0
3,0
10,1
3,9
9,8
45,6
12,0
8,9
9,9
7,0
3,5
9,5
40,0
7,0
8,0
7,5
6,0
3,0
8,5
35,0
6,0
7,5
6,0
14,0
9,0
9,3
7,0
18,8
7,0
16,8
15,5
8,0
8,5
7,5
18,5
6,5
16,5
15,0
7,5
8,0
8,0
18,0
6,0
16,5
62,4
3,8
3,1
3,8
12,7
10,2
8,9
11,7
12,1
11,9
Estland
Lettland
Litauen
0,9
1,1
1,9
6,0
6,6
2,9
5,0
5,0
2,0
5,0
5,0
3,0
4,0
2,6
1,0
4,0
2,0
1,0
3,5
1,5
1,5
13,2
14,0
15,0
12,0
13,0
15,0
11,0
12,0
14,5
Baltische Länder
4,0
4,7
3,6
4,0
2,2
2,0
2,0
14,4
13,8
13,1
Mitteleuropa und
Baltikum
66,4
3,9
3,1
3,8
12,0
9,7
8,5
11,9
12,3
12,0
Russland
33,6
7,6
4,0
3,0
20,2
25,0
20,0
10,5
9,5
9,0
100,0
5,1
3,4
3,5
14,8
14,8
12,3
11,1
10,6
10,2
4,3
3,4
3,8
1)
Mitteleuropa
1)
Insgesamt
nachrichtlich:
2)
Exportgewichtet
1)
Summe der aufgeführten Länder. Bruttoinlandsprodukt und Verbraucherpreise gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt von
2)
1999 in US-Dollar; Arbeitslosenquote gewichtet mit der Zahl der Erwerbspersonen von 1999.- Gewichtet mit den Anteilen an
der deutschen Ausfuhr in diese Länder von 1999.
Quellen: Angaben nationaler und internationaler Institutionen; Berechnungen der Institute; 2001 und 2002: Prognose der Institute.
104
Wirtschaft im Wandel 5/2001
dämpfende Wirkung aus. In Polen bremst zudem
die restriktive Geldpolitik die Ausweitung der
Nachfrage. Das reale Bruttoinlandsprodukt in den
mitteleuropäischen und den baltischen Ländern
wird in der Folge mit 3,1 % im Jahre 2001 schwächer expandieren als im Vorjahr. Im kommenden
Jahr wird sich die Zunahme der gesamtwirtschaftlichen Aktivität bei einem sich allmählich verbessernden weltwirtschaftlichen Umfeld und einer
insgesamt kräftigeren Binnennachfrage auf knapp
4 % beschleunigen. Hohe Investitionsgüterimporte
und weitere reale Aufwertungen werden zu einer
Zunahme der Leistungsbilanzdefizite führen. Deren Finanzierung dürfte allerdings in den meisten
Ländern unproblematisch sein, da zu erwarten ist,
dass der Zufluss an ausländischen Direktinvestitionen hoch bleibt. Der Preisauftrieb wird sich im
Prognosezeitraum weiter verlangsamen; die Inflationsraten werden zumeist einstellig sein. Die Arbeitslosigkeit dürfte sich bei fortgesetzter Umstrukturierung im Unternehmenssektor nur wenig
verringern.
In Russland nahm das reale Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr begünstigt, durch drastisch gestiegene Erlöse aus dem Erdöl- und Erdgasgeschäft, mit 7,6 % sehr kräftig zu. Angesichts
spürbarer Gewinnsteigerungen und hoher Reallohnzuwächse expandierte die Binnennachfrage
kräftig. Die Investitionen stiegen um knapp 18 %,
die realen Konsumausgaben der Haushalte legten
um über 8 % zu. Allerdings schwächte sich die
wirtschaftliche Expansion gegen Ende des Jahres
2000 ab; die Industrieproduktion ging zuletzt sogar
zurück. Der Preisauftrieb beschleunigte sich – auch
infolge der deutlich verstärkten Geldmengenausweitung – wieder. Im Jahresdurchschnitt 2000 lag
die Inflationsrate bei 20,2 %. Da die Strukturreformen nur zögerlich vorankommen und die internationale Wettbewerbsposition angesichts kräftig
steigender Reallöhne sich zunehmend verschlechtert, dürfte sich der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts im Prognosezeitraum deutlich verlangsamen
(Tabelle 1.5).
2. Die wirtschaftliche Lage in der Europäischen Union
Auch die Länder der Europäischen Union waren mit hohen Zuwachsraten in das Jahr 2000 gestartet, doch hat sich die konjunkturelle Expansion
im Laufe des vergangenen Jahres infolge des
Kaufkraftentzugs durch die Ölpreiserhöhung und
einer strafferen Geldpolitik spürbar verlangsamt.
Dabei ging die Arbeitslosenquote nicht mehr in
dem Maße wie vorher zurück. Bei weiterhin moderater Lohnentwicklung beschleunigte sich der Anstieg der Verbraucherpreise (HVPI), vor allem wegen der Energieverteuerung.
Großbritannien: Finanzpolitik stützt
Konjunktur
Der lang anhaltende Aufschwung in Großbritannien hat sich im vergangenen Jahr fortgesetzt;
das reale Bruttoinlandsprodukt expandierte mit
3 % kräftig. Im Jahresverlauf hat sich die Konjunktur in der Grundtendenz vergleichsweise wenig abgeschwächt; die Abflachung im Schlussquartal war wesentlich durch Sonderfaktoren bedingt.
Wichtigste Triebkraft der Konjunktur blieb der
private Verbrauch, weil der Realeinkommenszuwachs hoch war. Die Beschäftigung wurde merklich ausgeweitet; zudem nahmen die Reallöhne zu,
weil sich die Teuerung verringerte und die staatliWirtschaft im Wandel 5/2001
chen Transferzahlungen aufgestockt wurden. Die
Unternehmensinvestitionen stiegen mit einer Jahresrate von rund 2 % nur schwach. Wegen des hohen Pfundkurses profitierte die Wirtschaft nur unterdurchschnittlich von der Dynamik der Weltkonjunktur.
Nach mehreren Jahren restriktiver Finanzpolitik
werden nunmehr starke Impulse gegeben: Es wurden Ausgabenprogramme beschlossen, deren Umfang 1 % des Bruttoinlandsprodukts in diesem und
0,5 % im nächsten Jahr ausmacht. Nach den Planungen werden die Ausgaben für öffentliche Investitionen von 2000 bis 2003 von real gut 10 Mrd.
auf rund 20 Mrd. Pfund steigen. Trotz dieser erheblichen Ausgabenausweitungen wird das Budget
in diesem Jahr nur ein geringes Defizit aufweisen.
Die Geldpolitik wird in den kommenden Monaten weiter gelockert werden, insbesondere weil
der Anstieg des Einzelhandelspreisindex, an dem
sich die Bank von England orientiert, zuletzt mit
1,9 % erheblich unter dem Zielwert von 2,5 % lag.
Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI)
erhöhte sich sogar nur um 1 %. Die Zinssenkungen
werden die Investitionstätigkeit im Prognosezeitraum stimulieren und auch die Kreditnachfrage der
privaten Haushalte anregen. Der private Verbrauch
wird zudem durch die gute Lage am Arbeitsmarkt
gestützt. Die britischen Exporte werden im Zuge
105
der Konjunkturabkühlung in der übrigen Welt
– insbesondere in den USA, dem wichtigsten Handelspartner – deutlich schwächer expandieren als
zuvor.
Kasten 2.1:
Zu den Auswirkungen der Maul- und
Klauenseuche
Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS)
in einigen Mitgliedsländern der EU stellt für die
vorliegende Prognose ein Risiko dar. Direkte Auswirkungen auf die Produktion zeigen sich bei der
Viehwirtschaft und ihr nahe stehenden Produktionsbereichen. Indirekt betroffen sind vor allem der
Tourismus und der Verkehrssektor, da der Personen- und Güterverkehr eingeschränkt wird, um die
Seuche einzudämmen. Bei tiefen und lang anhaltenden Einschnitten kann sogar die Industrieproduktion durch Engpässe bei der Belieferung mit
Vorprodukten behindert werden. Diese Effekte
können gravierender sein als die direkten und bleiben nicht auf die unmittelbar betroffenen Regionen
und Länder beschränkt. Dies gilt auch für die Wirkung auf die Preise. Kurzfristig kann es wegen vorzeitiger Schlachtungen zu Preisrückgängen kommen; aufgrund des verminderten Viehbestandes ist
anschließend das Angebot knapp, und die Preise
dürften kräftig steigen.
Die Wirkungen auf das Wirtschaftswachstum lassen
sich allerdings aus mehreren Gründen schwer quantifizieren. Erstens hängen sie wesentlich von
Verbreitung und Dauer der Epidemie ab; beides
lässt sich derzeit kaum absehen. Zweitens kann in
den indirekt betroffenen Bereichen ein Teil des
Produktionsausfalls nachgeholt werden. Drittens ist
die tatsächliche Belastung der Verbraucher schwer
abzuschätzen, da sich das Konsumentenverhalten
als Reaktion auf die Seuche ändern kann.
Ungeachtet dieser Schwierigkeiten liegen mittlerweile für Großbritannien, wo die Seuche landesweit
ausgebrochen ist, Schätzungen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen vor. Darin werden die negativen Folgen auf bis zu 1 % des Bruttoinlandsprodukts beziffert, wobei die indirekten Wirkungen die
direkten deutlich übertreffen. Für die Niederlande,
wo erste MKS-Fälle aufgetreten sind, wird eine
Dämpfung der gesamtwirtschaftlichen Produktion
um 0,75 % befürchtet, sollte sich hier die Seuche
ähnlich weit verbreiten wie in Großbritannien.
Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche
(MKS) wird die gesamtwirtschaftliche Produktion
in Großbritannien im laufenden Jahr spürbar beeinträchtigen (Kasten 2.1). Obwohl eine Schätzung
106
der Folgen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet
ist, wurde für 2001 ein Abschlag in Höhe von
0,5 % des Bruttoinlandsprodukts vorgenommen.
Im Jahre 2002 fällt die Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts bei der angenommenen Normalisierung der Situation entsprechend höher aus.
Die konjunkturelle Grundtendenz bleibt angesichts des fiskalischen Stimulus vergleichsweise
kräftig. Aufgrund der Auswirkungen der MKS
wird die gesamtwirtschaftliche Expansion auf 2 %
zurückgehen. Im nächsten Jahr werden die finanzpolitischen Impulse geringer sein; gleichzeitig
wirken das Wiederanziehen der Konjunktur in den
USA und im Euroraum sowie die geldpolitische
Lockerung anregend. Hinzu kommt der Wegfall
des MKS-Effekts. Im Durchschnitt dürfte das reale
Bruttoinlandsprodukt daher um rund 3 % steigen.
Der Anstieg der Verbraucherpreise wird in diesem
Jahr bei reichlich 1 % und im nächsten Jahr bei
etwa 1,3 % liegen. Die Arbeitsmarktlage wird sich
nur wenig verändern.
Abkühlung der Konjunktur im Euroraum
Die Expansion der gesamtwirtschaftlichen Produktion verlangsamte sich in der Grundtendenz im
Laufe des vergangenen Jahres merklich. Das reale
Bruttoinlandsprodukt stieg im zweiten Halbjahr
2000 mit einer laufenden Jahresrate von 2,5 %,
nach 3,5 % in der ersten Jahreshälfte.
Vor allem die Binnennachfrage ist seit der Jahresmitte 2000 verlangsamt gestiegen. Ausschlaggebend dafür waren die monetäre Straffung und
der Kaufkraftentzug infolge des Ölpreisschocks.
Die Konsumausgaben der privaten Haushalte
nahmen in der zweiten Jahreshälfte merklich langsamer zu. Einer stärkeren Dämpfung wirkten steuerliche Entlastungen in einer Reihe von Ländern
entgegen. Die Dynamik bei den Ausrüstungsinvestitionen blieb hoch, auch weil die Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe über ihrem
langjährigen Durchschnitt liegt. Kräftige Impulse
kamen von der Auslandsnachfrage. Darüber hinaus
stimulierte weiterhin der niedrige Außenwert des
Euro. Besonders deutlich wurden die Lieferungen
in die westeuropäischen Länder außerhalb des Euroraums, nach Mittel- und Osteuropa sowie nach
Südostasien ausgeweitet. Die Importe stiegen beschleunigt.
Die Zahl der Beschäftigten nahm im vergangenen Jahr um etwa 2 % zu. Die Arbeitslosenquote
sank im Januar 2001 auf 8,8 %, den niedrigsten
Stand seit 10 Jahren. Der Preisanstieg im Euroraum war, gemessen am Harmonisierten VerbrauWirtschaft im Wandel 5/2001
cherpreisindex (HVPI), bis zuletzt höher als von
der Europäischen Zentralbank angestrebt und betrug im Februar dieses Jahres 2,6 %. Maßgeblich
dafür waren die bis zum Beginn des Winters gestiegenen Rohölnotierungen. Die höheren Energiekosten wurden – auch ermöglicht durch die gute
Konjunkturlage – weitgehend überwälzt. Nicht
zuletzt deshalb ist die Kernrate der Inflation (d. h.
ohne die Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol
und Tabak) merklich gestiegen. Gleichwohl gibt es
keine Anzeichen für Zweitrundeneffekte.
Geringfügig stärkerer Anstieg der Löhne
Der Lohnauftrieb blieb im Laufe des vergangenen Jahres moderat. Die Arbeitnehmerentgelte je
Beschäftigten stiegen im vergangenen Jahr mit
2,2 % nur wenig rascher als im Jahr zuvor; in
ähnlichem Umfang erhöhten sich auch die Verdienste im verarbeitenden Gewerbe. Real blieben
die Arbeitseinkommen damit praktisch unverändert, im vierten Quartal dürften sie sogar leicht gesunken sein. Die Arbeitskosten je Stunde haben
sich nur geringfügig schneller erhöht. Zwar legten
sie im Unternehmenssektor (ohne Landwirtschaft)
deutlich beschleunigt zu. Dies ist aber vor allem
auf eine kalenderbedingt geringere Zahl von Arbeitstagen4 in einigen Ländern sowie auf die
Verringerung der Wochenarbeitszeit in Frankreich
und Einmalzahlungen in einzelnen Sektoren in Italien zurückzuführen. Im öffentlichen Sektor, für
den auf EWU-Ebene keine Angaben vorliegen,
dürfte der Anstieg sogar niedriger gewesen sein.
Dafür sprechen insbesondere die in den meisten
Ländern geringen Anhebungen der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst.
Die Tarifparteien haben bisher kaum auf die
unerwartet deutliche Teuerung reagiert; in vielen
Ländern gelten allerdings die Tarifverträge bis
weit in dieses Jahr hinein. Bisher gibt es auch
kaum Anzeichen dafür, dass es zu ausgeprägten
Nachholeffekten kommen wird. Dies dürfte auch
auf die Senkung der Einkommensteuer in den
meisten Ländern zu Beginn dieses Jahres zurückzuführen sein. In mehreren kleinen Ländern dürfte
sich allerdings der im Vergleich zum Euroraum
insgesamt ohnehin schon höhere Lohnanstieg
weiter verstärken. Hier hat die Beschäftigung infolge der seit einigen Jahren günstigen konjunkturellen Entwicklung so stark zugenommen, dass es
am Arbeitsmarkt zu Anspannungen gekommen ist,
die sich vorläufig noch verstärken werden. Elemente einer Indexierung bestehen noch in Spanien
und in Griechenland. In Italien liegt dem seit Anfang 1999 laufenden dreijährigen Lohnabkommen
auf nationaler Basis eine projizierte Inflationsrate5
zugrunde, die geringer als die tatsächliche war; bei
der Neuverhandlung Ende dieses Jahres ist eine
gewisse Kompensation für die im laufenden Abkommen zu niedrig angesetzte Teuerungsrate nicht
auszuschließen.
Insgesamt dürfte der Lohnanstieg im Euroraum
in diesem und im nächsten Jahr moderat bleiben.
Da die Arbeitsproduktivität etwas langsamer steigt
als im Durchschnitt des vergangenen Jahres, dürften die Lohnstückkosten im Prognosezeitraum
leicht zunehmen.
Finanzpolitik expansiv ausgerichtet
Das Defizit der öffentlichen Haushalte verringerte sich im Euroraum im vergangenen Jahr um
etwa einen halben Prozentpunkt auf 0,8 % des
Bruttoinlandsprodukts (Tabelle 2.1). Einschließlich der einmaligen Einnahmen aus dem Verkauf
von Mobilfunklizenzen (UMTS) ergab sich sogar
ein Überschuss in Höhe von 0,3 %. Die Verbesserung der Haushaltslage war fast ausschließlich auf
die gute Konjunktur zurückzuführen. Im Gefolge
des Aufschwungs nahmen die Einnahmen trotz
verschiedentlicher Reduzierung der Steuerlast rascher zu, und die arbeitsmarktabhängigen Ausgaben konnten vermindert werden. Gleichzeitig verringerte sich auch der Schuldendienst. Der Primärsaldo, d. h. der Budgetsaldo ohne Zinszahlungen
zur Bedienung der Staatsschuld, war in allen Ländern deutlich positiv.
Der Bruttoschuldenstand sank im Vorjahr in
Relation zum Bruttoinlandsprodukt um etwa zwei
Prozentpunkte und lag nur noch in drei Ländern –
in Italien, Belgien und Griechenland – deutlich
über der im Vertrag von Maastricht festgesetzten
Zielmarke von 60 %, in mehreren Ländern dagegen schon erheblich darunter. Im Durchschnitt des
Euroraums belief sich der Schuldenstand im Jahre
2000 auf knapp 70 % des Bruttoinlandsprodukts.
In diesem Jahr wird die Finanzpolitik gelockert.
Dabei kommen die Impulse von der Einnahmenseite. Insgesamt wird sich die Steuerentlastung im
Euroraum im Jahre 2001 auf Grund der Reduktion
direkter und indirekter Steuern auf rund ¾ % des
Bruttoinlandsprodukts belaufen.
4 Für die Interpretation der Arbeitskostenvergleiche vgl. DIW;
HWWA; ifo; IWH; RWI: Die Lage der Weltwirtschaft und
der deutschen Wirtschaft im Herbst 2000, in: IWH, Wirtschaft im Wandel 14/2000, S. 405 ff.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
5 Vgl. DIW; HWWA; ifo; IWH; RWI, a. a. O.
107
Tabelle 2.1:
Indikatoren zur Situation der öffentlichen Haushalte in den EWU-Ländern
1)
1998
Deutschland
Frankreich
Italien
60,7
Bruttoschulden
1999
2000
2001
61,1
60,3
58,7
1)
2002
1998
Finanzierungssaldo
1999
2000
2001
2002
58,4
-2,1
-1,4
-1,0
-1,7
-1,2
59,7
58,7
58,0
57,0
56,0
-2,7
-1,6
-1,3
-1,8
-1,5
116,2
114,5
110,2
107,5
104,5
-2,8
-1,8
-1,5
-2,0
-1,7
Spanien
64,7
63,4
60,6
57,0
55,0
-2,6
-1,2
-0,4
0,0
0,1
Niederlande
66,8
63,2
56,3
53,0
50,0
-0,7
1,0
1,3
0,5
0,5
119,8
116,4
110,9
106,0
101,0
-0,9
-0,7
0,0
0,3
0,6
Österreich
63,9
64,7
62,8
61,0
59,5
-2,3
-2,1
-1,5
-1,0
-0,5
Finnland
48,8
46,9
44,0
40,5
37,0
1,3
1,8
6,7
5,5
5,5
Belgien
Griechenland
105,5
104,6
103,9
99,5
95,0
-3,2
-1,8
-0,9
0,0
0,3
Portugal
55,3
55,0
53,8
52,0
51,0
-2,2
-2,0
-1,7
-1,5
-1,2
Irland
55,0
50,1
39,1
31,0
26,5
2,1
2,1
4,5
4,1
4,1
Luxemburg
6,4
6,0
5,3
5,0
5,0
3,2
4,7
5,3
4,0
3,5
2)
73,5
72,0
69,7
68,0
66,4
-2,1
-1,2
-0,8
-1,1
-0,8
Euroraum
1)
In % des Bruttoinlandsprodukts; Abgrenzung gemäß Vertrag von Maastricht. Finanzierungssaldo ohne einmalige
2)
Einnahmen aus der Vergabe von Mobilfunklizenzen.- Summe der Länder: Gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt
von 1999 in Euro.
Quellen: Eurostat; 2001 und 2002: Prognose der Institute.
Besonders groß ist die Entlastung in Deutschland, Frankreich und Italien. In Frankreich, wo im
vergangenen Jahr die Verbrauchssteuern deutlich
gesenkt wurden, liegt der Akzent nunmehr auf einer Entlastung bei den direkten Steuern. Von erheblichem Gewicht und auch die Abschaffung der
Kfz-Steuer (Vignette). Zudem wurden in Frankreich und in Italien Mineralölprodukte steuerlich
entlastet, was für sich genommen den Anstieg der
Verbraucherpreise dämpft. In Italien wurde zudem
rückwirkend zum vierten Quartal 2000 die
Lohnsteuer reduziert, wodurch insbesondere Familien und Bezieher niedriger Einkommen begünstigt werden. In Deutschland, Italien, Belgien,
den Niederlanden und Finnland wurden außerdem
die Sozialabgaben verringert, um die Lohnnebenkosten zu senken.
In einigen Ländern werden die steuerlichen Impulse allerdings dadurch gedämpft, dass Abgaben
und Gebühren angehoben oder die Bemessungsgrundlagen verbreitert (Deutschland, Portugal) wurden. In Deutschland wurde die Kraftfahrzeugsteuer
erhöht; wie in den Niederlanden wurde auch hier
die Ökosteuer zu Jahresbeginn angehoben. In den
Niederlanden, wo die Einkommensteuer besonders
kräftig gesenkt wurde, dämpft die Anhebung des
Mehrwertsteuersatzes von 17,5 % auf 19 %; die
Erhöhung indirekter Steuern wirkt preistreibend.
108
Im kommenden Jahr sind nach den bisherigen
Budgetplänen die steuerlichen Impulse im Euroraum deutlich geringer als 2000. Das aggregierte
Budgetdefizit wird im Jahre 2002 bei 0,8 % des
Bruttoinlandsprodukts – nach 1,1 % in diesem Jahr
– liegen, der Schuldenstand in Relation zum Bruttoinlandsprodukt auf 66,4 % sinken.
Monetäre Rahmenbedingungen leicht anregend
Seit Anfang Oktober letzten Jahres hat die EZB
ihre Zinspolitik nicht verändert. Der Leitzins6 liegt
seitdem bei 4,75 %. Im gleichen Zeitraum ist der
Satz für Dreimonatsgeld auf dieses Niveau gesunken. Der kurzfristige Realzins liegt – misst man die
kurzfristigen Inflationserwartungen an der aktuellen Kerninflationsrate – mit rund 3 % in der Nähe
seines langjährigen Durchschnitts.
Die monetären Rahmenbedingungen insgesamt
dürften die Konjunktur im Euroraum leicht anregen. Die langfristigen Nominalzinsen, gemessen
an der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen, sind
von November bis Ende März um fast einen halben Prozentpunkt auf 5 % gesunken (Abbildung
2.1). Hierfür dürften zum einen die Erwartung fallender Notenbankzinsen im Euroraum, aber auch
die Entwicklung am US-amerikanischen Kapital6 Mindestbietungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Abbildung 2.1:
Zur monetären Lage im Euroraum
1)
Nominalzinsen
%
Index
1.Q. 1999 = 100
10,0
Wechselkurs
2)
US-Dollar/Euro
140
1,4
nominaler Wechselkurs
US-Dollar/Euro
(rechte Skala)
130
8,0
1,3
120
1,2
110
1,1
langfristig
6,0
100
1,0
4,0
kurzfristig
realer effektiver
Wechselkurs des Euro
(linke Skala)
90
0,9
80
2,0
94
95
96
97
98
99
00
0,8
94
01
95
96
3)
9,0
98
99
00
01
6)
Veränderung der Geldmenge M3
%
97
Preisentwicklung
%
3,5
gegenüber Vormonat 4) 5)
%
3,5
3,0
7,5
3,0
Veränderungsrate
des HVPI
2,5
6,0
2,0
4,5
2,5
Referenzpfad
der EZB
2,0
1,5
Referenzwert
der EZB
3,0
1,0
gegenüber Vorjahresmonat 5)
1,5
1,5
Kerninflationsrate
1,0
0,5
0,0
0,5
0,0
94
95
96
97
98
99
00
01
0,0
94
95
96
97
98
99
00
01
1)
Kurzfristig = 3-Monats-Euribor; langfristig = 10-Jahres-Staatsanleihen.- 2) Vor 1999: ECU.- 3) M3 = Bargeldumlauf, täglich fällige Einlagen, Einlagen mit
einer vereinbarten Laufzeit von bis zu 2 Jahren, Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu 3 Monaten, Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile
und -papiere, Schuldverschreibungen bis zu 2 Jahren; Index, Veränderungsraten in %.-
gleitender Dreimonatsdurchschnitt.unverarbeitete Nahrungsmittel.
6)
Quellen: Europäische Zentralbank; Deutsche Bundesbank; Berechnungen der Institute.
markt eine Rolle gespielt haben. Trotz der ölpreisbedingten Inflationssteigerung im vergangenen
Winterhalbjahr haben sich die langfristigen Inflationserwartungen – gemessen an der Differenz der
Renditen inflationsindexierter und nichtindexierter
zehnjähriger französischer Bonds7 – nicht verändert. Sie liegen weiterhin bei 1,5 %. Der so berechnete langfristige Realzins beträgt danach gegenwärtig knapp 3,5 %, das ist ein halber Prozentpunkt weniger als der langfristige Durchschnitt für
Deutschland.8 Der nominale Wechselkurs des Euro
gegenüber dem US-Dollar hatte sich zwischen No7 Indexierte und nichtindexierte Staatsanleihen gleicher
Laufzeit, deren Renditedifferenz sich zur Messung der Inflationserwartungen eignet, gibt es innerhalb des Euroraums nur in Frankreich.
8 Für den Vergleich der Realzinsen mit langjährigen Durch-
schnittswerten werden hier nicht die aggregierten Durchschnitte der Länder des heutigen Euroraums verwendet, da
diese Verzerrungen sowohl durch Risikoprämien als auch
durch Wechselkurserwartungen enthalten.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
4)
Saisonbereinigt, auf Jahresrate hochgerechnet.-
5)
Zentrierter
HVPI = Harmonisierter Verbraucherpreisindex; Kerninflationsrate = Veränderungsrate des HVPI ohne Energie und
GD Frühjahr 2001
vember und Januar gefestigt, seither hat er sich
aber wieder abgeschwächt. Vom realen effektiven
Wechselkurs dürften bis zuletzt deutlich anregende
Wirkungen auf die Exportwirtschaft und die Konjunktur ausgegangen sein. Die Verlangsamung des
Geldmengenwachstums von M3 hat sich im Februar nicht fortgesetzt und betrug wie im Januar
4,7 % gegenüber dem Vorjahr. Der Dreimonatsdurchschnitt der Vorjahresraten sank auf 4,8 %.
Die saisonbereinigte laufende Rate gegenüber dem
Vorquartal stieg dagegen im Februar wieder leicht.
Auf Jahresbasis hochgerechnet beträgt sie 5,4 %,
der Dreimonatsdurchschnitt lag jedoch ebenfalls
bei 4,8 %.
Der Anstieg der Verbraucherpreise (HVPI) hat
sich im vergangenen Halbjahr, vor allem aufgrund
der verzögerten Effekte der Ölpreiserhöhungen
und der Verteuerung von Nahrungsmitteln als
Folge von BSE und MKS, nur wenig verringert.
Im Februar lag er mit 2,6 % gegenüber dem Vor109
Abbildung 2.2:
Reales Bruttoinlandsprodukt im Euroraum
Saisonbereinigter Verlauf
%
Index
8
laufende Jahresrate¹ (rechte Skala)
erstes Quartal 1999 = 100
Jahresdurchschnitt²
114
Prognosezeitraum
2,6
110
6
2,557484113
2,6
106
3,4
4
2,5
102
2
98
94
0
I
II
III
1999
1)
2)
IV
I
II
III
2000
IV
I
II
III
IV
I
2001
II
III
IV
2002
Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet.
Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: Eurostat; Berechnungen der Institute; ab erstes Quartal 2001: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
jahr noch immer deutlich über der mittelfristigen
Obergrenze der EZB von 2 %. Im Prognosezeitraum wird der Preisauftrieb im Zuge der konjunkturellen Verlangsamung und günstigerer außenwirtschaftlicher Faktoren deutlich zurückgehen
und im kommenden Jahr unter 2 % sinken. Darauf
deutet auch die Expansion der Geldmenge M3 hin,
die mittlerweile unter die Rate von 5 % gesunken
ist, die nach Einschätzung der Institute mittelfristig
mit Geldwertstabilität vereinbar ist.
Bei diesen günstigen Perspektiven für die
Preisentwicklung erwarten die Institute, dass die
EZB die Leitzinsen noch im Frühjahr senken wird,
und zwar um 50 Basispunkte. Die Kapitalmarktzinsen werden im laufenden Jahr noch etwas zurückgehen; im Jahre 2002 dürften sie, auch unter
dem Einfluss internationaler Entwicklungen, wieder leicht anziehen. Für den realen effektiven
Wechselkurs des Euro wird im Verlauf dieses Jahres eine Aufwertung unterstellt (vgl. Annahmen
der Prognose im Deutschlandteil). Die anregenden
Wirkungen des Wechselkurses auf die Konjunktur
werden daher deutlich abnehmen. Insgesamt gehen
von den monetären Rahmenbedingungen in diesem
Jahr Anregungen auf die Konjunktur im Euroraum
aus. Im kommenden Jahr lassen diese nach.
110
Ausblick: Konjunkturbelebung im kommenden
Jahr
Der Produktionsanstieg im Euroraum hat sich
um die Jahreswende wohl nur vorübergehend
leicht beschleunigt. Die Frühindikatoren deuten
darauf hin, dass das Tempo der Expansion in den
kommenden Monaten nachlässt (Abbildung 2.2).
So hat sich das Konsumentenvertrauen ebenso wie
das Vertrauen in der Industrie zuletzt wieder eingetrübt.
Ausschlaggebend für die konjunkturelle Verlangsamung ist die schwächere Auslandsnachfrage
(Tabelle 2.2). Im Verlauf dieses Jahres werden zunehmend Drittmarkteffekte der nachlassenden Dynamik in den USA spürbar. Mit der in der zweiten
Jahreshälfte einsetzenden Erholung in den USA
werden die Ausfuhren wieder angeregt.
Der private Verbrauch wird im ersten Halbjahr
2001 von der beschleunigten Zunahme der verfügbaren Einkommen profitieren. Danach werden die
Effekte der steuerlichen Entlastungen allmählich
auslaufen. Die Investitionen werden zunächst noch
im Zeichen der konjunkturellen Abkühlung stehen.
Im Zuge der Aufhellung des weltwirtschaftlichen
Umfeldes dürften sich die Absatz- und Ertragserwartungen wieder festigen, so dass mit einer kräftigeren Investitionstätigkeit im späteren Verlauf
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Tabelle 2.2:
Eckdaten zur Wirtschaftsentwicklung im Euroraum
2000
2001
2002
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
Reales Bruttoinlandsprodukt
3,4
2,6
2,6
Privater Konsum
2,6
2,6
2,4
Öffentlicher Konsum
1,6
1,6
1,6
Bruttoanlageinvestitionen
4,7
3,3
3,9
Export1)
11,7
8,2
8,1
10,3
8,7
8,2
0,6
0,0
0,1
2,4
2,3
1,8
Import
1)
Außenbeitrag2)
3)
Verbraucherpreise
in % des nominalen Bruttoinlandsprodukts
Leistungsbilanzsaldo
-0,4
-0,5
-0,2
Finanzierungssaldo4)
-0,8
-1,1
-0,8
in % der Erwerbspersonen
5)
Arbeitslosenquote
9,0
8,4
8,1
1)
Exporte und Importe umfassen Waren und Dienstleistungen einschließlich des grenzüberschreitenden Handels innerhalb
des Euroraums.- 2) Veränderung des Außenbeitrags gegenüber dem Vorjahr in % des realen Bruttoinlandsprodukts des
Vorjahres.- 3) Harmonisierter Verbraucherpreisindex.- 4) Gesamtstaatlich; ohne einmalige Einnahmen aus der Vergabe von
Mobilfunklizenzen.- 5) Standardisiert.
Quellen: Angaben nationaler und internationaler Institutionen; Berechnungen und Schätzungen der Institute; 2001 und 2002:
Prognose der Institute.
dieses Jahres gerechnet werden kann. Im kommenden Jahr wird die Investitionstätigkeit auch durch
die monetäre Lockerung begünstigt. Insgesamt
wird das reale Bruttoinlandsprodukt im Euroraum
in diesem und im nächsten Jahr um jeweils 2,6 %
expandieren. Die Arbeitslosenquote wird nicht
mehr so stark zurückgehen wie im vergangenen
Jahr.
Der Preisanstieg im Euroraum wird sich allmählich abschwächen. Ausschlaggebend dafür sind
vor allem die niedrigeren Notierungen an den Rohölmärkten. Allerdings wird sich die Kerninflationsrate zunächst noch erhöhen, insbesondere da die
höheren Energiekosten noch nicht voll überwälzt
sind. Der Verbraucherpreisanstieg wird 2,3 % im
Jahre 2001 und 1,8 % im nächsten Jahr betragen.
3. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland
Überblick
In Deutschland ist der konjunkturelle Aufschwung im zweiten Halbjahr 2000 zu Ende gegangen: Die Auslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten hat nicht weiter zugenommen;
sie ist zuletzt sogar etwas gesunken. In der Industrie
waren Auftragseingänge und Produktion zwar
weiterhin aufwärts gerichtet. Das Geschäftsklima
hat sich jedoch merklich eingetrübt. Die Abkühlung der Konjunktur strahlte auch auf den Arbeitsmarkt aus. Seit Beginn dieses Jahres steigt die
Zahl der Erwerbstätigen nur noch verhalten. Der
Preisauftrieb hat sich kaum abgeschwächt.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Ein Nachlassen der konjunkturellen Dynamik
war von den Instituten in ihrem Gemeinschaftsgutachten vom Herbst vergangenen Jahres prognostiziert worden. Dafür sprachen der Ölpreisschock
sowie die Straffung der Geldpolitik in den USA
und im Euroraum. Allerdings wurde das Ausmaß
der Abschwächung unterschätzt. So wurde die
Binnennachfrage durch den Ölpreisschock mehr
belastet als erwartet. Zudem kühlte sich die Konjunktur in den USA stärker ab als angenommen;
das hat die Exporterwartungen gedämpft und das
Geschäftsklima verschlechtert.
Obwohl die Konjunktur in Deutschland deutlicher als erwartet an Fahrt verloren hat, halten die
111
Institute an ihrer Einschätzung fest, dass es nicht
zu einer ausgeprägten Konjunkturschwäche oder
gar zu einer Rezession kommen wird. Vielmehr
bleibt die gesamtwirtschaftliche Produktion merklich aufwärts gerichtet.
Die Verlangsamung der weltwirtschaftlichen
Expansion in der zweiten Jahreshälfte 2000 hat
beim deutschen Export bisher kaum Bremsspuren
hinterlassen. Zwar haben sich die Exporterwartungen seit einiger Zeit eingetrübt. Die Ausfuhren
sind aber bis Anfang dieses Jahres anhaltend kräftig gestiegen. Der Außenbeitrag erhöhte sich jedoch nicht mehr, da sich im zweiten Halbjahr der
Anstieg der Einfuhren erheblich beschleunigte,
obwohl die konjunkturelle Dynamik in Deutschland nachließ und der Euro abgewertet hatte.
Die Expansion der Binnennachfrage hat sich
seit Mitte vergangenen Jahres spürbar abgeschwächt. Als Folge des Ölpreisschocks und des
damit einhergehenden Kaufkraftverlustes hat vor
allem der private Verbrauch an Dynamik eingebüßt. Mit der Verschlechterung der Exportperspektiven wie auch der Absatz- und Ertragsaussichten im Inland haben zudem die Unternehmen
ihre Ausrüstungsinvestitionen nicht mehr in dem
Maße ausgeweitet wie zuvor. Darüber hinaus blieben die Bauinvestitionen bis zuletzt abwärts gerichtet. Stärker noch als die alten Bundesländer
sind davon die neuen betroffen. Dies war auch ein
wesentlicher Grund dafür, dass das Wachstum des
realen Bruttoinlandsprodukts in Ostdeutschland im
vergangenen Jahr erneut deutlich hinter dem in
Westdeutschland zurückblieb. Hingegen kommt
im verarbeitenden Gewerbe der Aufholprozess offenbar voran; dort stieg die Produktion während
des vergangenen Jahres wiederum stärker als im
Westen.
Verschlechterung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen
Die Effekte der weltweiten Konjunkturabschwächung dürften nunmehr stärker werden. Von
daher ist eine deutliche Verringerung der Exportdynamik absehbar, doch ist ein Einbruch nicht zu
erwarten. Wie im weltwirtschaftlichen Teil dieses
Gutachtens dargelegt, spricht vieles dafür, dass in
den USA eine Rezession ausbleibt und sich die
Wirtschaft dort in der zweiten Jahreshälfte wieder
erholt. Zudem wird die konjunkturelle Verlangsamung im übrigen Euroraum, der fast die Hälfte der
deutschen Exporte aufnimmt, nicht annähernd so
stark ausfallen wie in den USA. Schließlich wird
sich die Nachfrage aus den Öl produzierenden
Ländern weiter spürbar erhöhen. Von der wirt112
schaftlichen Entwicklung im Ausland wird die
Ausfuhr deshalb nach wie vor angeregt, wenn auch
nicht mehr in dem selben Maße wie in den beiden
vergangenen Jahren.
Zur Dämpfung der Exportdynamik trägt auch
die Wechselkursentwicklung bei. Die stimulierenden Effekte der letztjährigen Abwertung des Euro
lassen mehr und mehr nach. Ferner wirkt sich die
leichte Höherbewertung des Euro ebenfalls negativ
aus; dies dürfte jedoch weitgehend über eine Verringerung der – im Gefolge der Euroschwäche
spürbar gestiegenen – Gewinnspannen der Exportunternehmen aufgefangen werden.
Wirtschaftspolitik stützt Konjunktur
Den dämpfenden außenwirtschaftlichen Einflüssen stehen erhebliche Impulse insbesondere
von Seiten der Finanzpolitik gegenüber. Vor allem
von der „Steuerreform 2000“, die private Haushalte und Unternehmen um rund 45 Mrd. DM bzw.
1,1 % des Bruttoinlandsprodukts entlastet, gehen
im laufenden Jahr kräftige Anregungen aus. Diese
werden von der weiterhin sparsamen Haushaltsführung allerdings etwas gedämpft. Im Jahre 2002
wirkt die Finanzpolitik leicht restriktiv; die konjunkturbereinigten Ausgaben des Staates nehmen
infolge der anhaltenden – wenn auch weniger intensiven – Konsolidierungsbemühungen etwas
schwächer zu als das nominale Bruttoinlandsprodukt, und die Abgabenbelastung steigt leicht.
Wie im weltwirtschaftlichen Teil dargelegt, ist
damit zu rechnen, dass die Leitzinsen im Frühjahr
um einen halben Prozentpunkt gesenkt und dann
auf diesem Niveau gehalten werden. Der Kurs der
Geldpolitik wird somit leicht anregend. Zwar wird
die Lockerung die Konjunktur vorwiegend im
kommenden Jahr stimulieren; es sind aber, da die
Erwartungen stabilisiert werden, auch schon kurzfristig positive Effekte wahrscheinlich.
Die langfristigen Zinsen haben seit Herbst vergangenen Jahres im Gefolge der schwächeren
Weltkonjunktur deutlich nachgegeben. Mit rund
4,7 % sind sie gegenwärtig in Deutschland um
reichlich einen halben Prozentpunkt niedriger als
im September 2000. Zwar werden die Kapitalmarktzinsen mit der weltwirtschaftlichen Erholung
im Laufe des nächsten Jahres wieder leicht anziehen; dies wird die Konjunktur aber nicht nennenswert beeinträchtigen.
Die Lohnpolitik hat im vergangenen Jahr durch
maßvolle Tarifabschlüsse wesentlich dazu beigetragen, dass der Preisauftrieb in Deutschland trotz
erheblicher außenwirtschaftlicher Teuerungsimpulse moderat blieb. In diesem Jahr steigen die TaWirtschaft im Wandel 5/2001
riflöhne um reichlich 2 % und damit in einer ähnlichen Größenordnung wie im vergangenen Jahr.
Für das Jahr 2002 wird unterstellt, dass die Lohnpolitik auf moderatem Kurs bleibt; die Tariflöhne
dürften mit 2½ % etwas stärker angehoben werden
als in diesem Jahr. Da auslastungsbedingte Produktivitätssteigerungen nur noch in geringem Umfang anfallen, werden sich die Lohnstückkosten
zwar leicht erhöhen, ein nennenswerter Preisdruck
ist von dieser Seite aber nicht zu erwarten.
Gesamtwirtschaftliche Produktion bleibt aufwärts
gerichtet
Das Bild der Konjunktur in Deutschland wird
in diesem Jahr von gegensätzlichen Einflüssen geprägt. Die Abschwächung der weltwirtschaftlichen
Expansion und die abklingenden stimulierenden
Effekte der Abwertung des Euro führen dazu, dass
die Nachfrage aus dem Ausland langsamer steigen
wird. Die Ausfuhr büßt daher schon bald deutlich
an Fahrt ein. Die Eintrübung der Absatz- und Ertragserwartungen im Export beeinträchtigt tendenziell auch die Investitionsneigung der Unternehmen. Überdies kommt die letztjährige Straffung
der Geldpolitik mehr und mehr zum Tragen. Beides wirkt auf eine ruhigere Gangart bei der Binnennachfrage hin. Schließlich gehen auch von den
Folgen des Ölpreisanstiegs immer noch retardierende Effekte aus. Zwar ist der Ölpreis inzwischen
wieder auf rund 25 US-Dollar pro Barrel gesunken, so dass sich die Ausgaben für die Ölimporte
in diesem Jahr wieder etwas verringern. Doch die
Kaufkraft der privaten Haushalte wird zunächst
noch durch höhere Energierechnungen gemindert.
Diesen dämpfenden Effekten stehen die von der
Steuerreform ausgehenden Impulse gegenüber, die
insbesondere in der ersten Jahreshälfte zu Buche
schlagen und zu einer deutlichen Beschleunigung
der konjunkturellen Expansion führen.
Im Jahre 2002 sind von der Erholung der Weltkonjunktur Anregungen zu erwarten. Überdies
wirkt die Geldpolitik allmählich stimulierend. Im
Prognosezeitraum bleibt die gesamtwirtschaftliche
Produktion in der Grundtendenz spürbar aufwärts
gerichtet. Die Zuwachsrate entspricht dabei in etwa
dem mittelfristigen Trend, der nach Schätzung der
Institute bei gut 2 % liegt.
Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich weiter
bessern, wenn auch nicht mehr in dem Maße wie
im vergangenen Jahr. Der Preisauftrieb wird sich
mit dem Abklingen der außenwirtschaftlichen
Teuerungsimpulse merklich verlangsamen; die Inflationsrate sinkt im Prognosezeitraum deutlich
unter 2 %.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Einen Unsicherheitsfaktor bildet bei alledem
die Lage in den USA. In der Prognose ist unterstellt, dass sich die Konjunktur dort bald wieder
stabilisiert. Eine ungünstigere Entwicklung würde
schon wegen des großen Gewichts der amerikanischen Volkswirtschaft auf die europäischen Länder
und damit auch auf Deutschland ausstrahlen. Die
im weltwirtschaftlichen Teil dieses Gutachtens angeführten Simulationsrechnungen zeigen aber,
dass auch ein deutlich schwächeres Wachstum in
den USA noch keine Rezession in Deutschland
auslösen würde.
Kasten 3.1:
Annahmen für die Prognose
Der Prognose liegt eine Reihe von Annahmen
zugrunde, die ihrerseits zumeist auf prognostischen Überlegungen beruhen, in einigen Fällen
jedoch lediglich Setzungen sind. Im Einzelnen
wird angenommen:
–
Die Expansion der Weltwirtschaft wird
sich – wie im weltwirtschaftlichen Teil
dieses Gutachtens dargelegt – in diesem
Jahr deutlich verlangsamen und im nächsten Jahr etwas beschleunigen.
–
Der Rohölpreis (Brentöl) wird auf dem gegenwärtigen Stand von 25 US-Dollar pro
Barrel verharren. Die Weltmarktpreise für
Industrierohstoffe erhöhen sich moderat.
–
Der reale effektive Außenwert des Euro
wird im Verlauf dieses Jahres leicht steigen; im kommenden Jahr wird er unverändert sein.
–
Die Europäische Zentralbank wird die
Leitzinsen im Frühjahr 2001 um 50 Basispunkte senken. Die Kapitalmarktzinsen
bleiben vorerst auf niedrigem Niveau und
ziehen im kommenden Jahr leicht an.
–
Die Tarifverdienste je Stunde werden sich
im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt in
diesem Jahr um 2¼ % erhöhen, im nächsten Jahr um 2½ %.
–
Von der Finanzpolitik gehen in diesem
Jahr aufgrund der Steuerentlastungen kräftige Impulse aus; im kommenden Jahr wird
sie leicht restriktiv wirken.
113
Exportboom geht zu Ende
Die Ausfuhren expandierten trotz der Abkühlung der Weltkonjunktur bis zu Beginn dieses Jahres noch kräftig (Abbildung 3.1 und Tabelle 3.1).
Die nachlassende Dynamik wird nun aber mehr
und mehr durchschlagen, so dass sich das Expansionstempo deutlich verringert. Die Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe aus dem Ausland sind zu Jahresbeginn bereits zurückgegangen,
wenngleich von hohem Niveau aus. Darüber hin-
aus lassen die Impulse aus der letztjährigen Abwertung des Euro nach. Seit Herbst kam es sogar
zu einer leichten Aufwertung. Die Ausfuhren
dürften davon aber kaum beeinträchtigt werden, da
die Aufwertungseffekte weitgehend in den Gewinnspannen aufgefangen werden.
Mit einem Einbruch der Exporte – wie im Gefolge der Krisen in Südostasien und Russland im
Jahre 1998 – ist nicht zu rechnen. Die Beiträge der
Ausfuhren zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts werden zwar deutlich zurückgehen, sie blei-
Abbildung 3.1:
Außenhandel nach Ländern und Regionen
Spezialhandel; saisonbereinigte Quartalswerte in Mrd. DM
EU
USA
190
30
170
25
150
20
130
15
110
10
90
5
70
1991
1994
1997
2000
1991
1994
1)
1997
2000
2)
OPEC-Staaten
Südostasien
18
8
16
7
14
6
12
5
10
4
8
3
6
4
1991
2
1994
1997
2000
1991
1994
1997
2000
3)
Mitteleuropäische Reformländer
Russland
9
24
8
21
7
18
6
15
5
12
4
9
3
6
2
1
1991
3
1994
1997
2000
1991
Ausfuhr
1)
1994
1997
2000
Einfuhr
2)
Hongkong, Singapur, Südkorea, Taiwan, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand.- Algerien,
Libyen, Nigeria, Venezuela, Irak, Iran, Saudi-Arabien, Kuwait, Katar, Vereinigte Arabische Emirate, Indo3)
nesien.- Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute.
114
GD Frühjahr 2001
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Tabelle 3.1:
Deutsche Exporte nach Regionen
- nominaler Export (Spezialhandel) Ländergruppe
Insgesamt
EU
2)
EFTA
3)
NAFTA
4)
Ostasien
5)
MOE
Übrige Länder
Mrd.
DM
955,2
539,8
52,4
103,8
66,8
88,5
103,9
1)
1998
Anteile
in %
in %
1)
des BIP
100,0
56,5
5,5
10,9
7,0
9,3
10,9
25,2
14,3
1,4
2,7
1,8
2,3
2,7
Mrd.
DM
997,5
573,8
53,2
115,4
70,5
84,3
100,3
1999
Anteile
in %
in %
1)
des BIP
100,0
57,5
5,3
11,6
7,1
8,5
10,1
2000
Anteile
in %
Mrd.
DM
25,7
14,8
1,4
3,0
1,8
2,2
2,6
1167,3
659,9
59,9
137,9
91,1
103,6
114,9
2)
in %
1)
des BIP
100,0
56,5
5,1
11,8
7,8
8,9
9,8
29,4
16,6
1,5
3,5
2,3
2,6
2,9
3)
4)
In % des nominalen Bruttoinlandsprodukts.- Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein.- USA, Kanada, Mexiko.- Japan
5)
China, Hongkong, Taiwan, Singapur, Thailand, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Südkorea.- Polen, Ungarn, Tschechien,
Slowakai, Bulgarien, Rumänien, Russland, Ukraine, Weißrussland.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute.
ben jedoch positiv (Abbildung 3.2). Im nächsten
Jahr dürfte die Ausfuhr wieder etwas an Fahrt gewinnen. Die Konjunktur im außereuropäischen
Raum wird sich ausgehend von der Überwindung
der Schwäche in den USA beleben. Die Lieferungen in die OPEC-Länder und nach Russland werden aufgrund der gestiegenen Öleinnahmen dieser
Länder weiter deutlich aufwärts gerichtet sein.
Auch die Nachfrage seitens der Handelspartner in
der Europäischen Union wird relativ kräftig bleiben. Insgesamt werden die Exporte von Waren und
Dienstleistungen in diesem Jahr auch wegen des
hohen Niveaus zu Jahresbeginn um 10,1 % zunehmen. Im nächsten Jahr werden sie um 6,7 %
ausgeweitet (Abbildung 3.3).
Im Jahre 2000 sind auch die Importe außerordentlich stark gestiegen; das geht nicht zuletzt auf
die kräftige Zunahme der Exporte und der Ausrüstungsinvestitionen zurück, die beide einen hohen Importgehalt aufweisen. Im Jahresverlauf
2001 wird sich der Anstieg der Einfuhr angesichts
der schwächeren Dynamik bei Exporten und Ausrüstungsinvestitionen merklich verringern. Wegen
des kräftigen Zuwachses Ende des Jahres 2000
werden die Importe im laufenden Jahr allerdings
nochmals im Durchschnitt mit einer zweistelligen
Rate zunehmen;9 im Jahre 2002 wird die Rate
6,3 % betragen (Tabelle 3.2).
9 Möglicherweise ist der Anstieg der Einfuhr überzeichnet.
Dafür spricht, dass der Deflator der Wareneinfuhr nach
VGR in der zweiten Jahreshälfte deutlich schwächer gestiegen ist als der Einfuhrdurchschnittswert im Spezialhandel, bei ähnlicher Zunahme der Nominalwerte in beiden
Rechnungen. Üblicherweise sind die Unterschiede in der
Preisentwicklung nur gering.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Abbildung 3.2:
Wachstumsbeiträge der Ausfuhren
aus Deutschland
in ausgewählte Absatzgebiete
Prozentpunkte
0,8
0,6
0,4
USA (2000-2002)
0,2
0,0
-0,2
-0,4
Südostasien1) und
Russland (1997-1999)
-0,6
-0,8
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Quartale
1)
Südkorea, Taiwan, Indonesien, Thailand, Malaysia, Singapur,
Philippinen.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute;
2001 und 2002: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
Der Wachstumsbeitrag der Außenwirtschaft
wird sich damit merklich, von einem Prozentpunkt
im vergangenen Jahr auf 0,2 Prozentpunkte in diesem und 0,3 Prozentpunkte im nächsten Jahr, verringern (Tabelle 3.3). Im Prognosezeitraum gehen
somit von der Außenwirtschaft erheblich geringere
Impulse auf die Konjunktur in Deutschland aus.
Die Leistungsbilanz wird sich erneut verschlechtern und in diesem Jahr mit einem Defizit von
115
Abbildung 3.3:
Reale Exporte von Waren und Dienstleistungen
Saison- und arbeitstäglich bereinigter Verlauf
Mrd. DM
400
%
50
laufende Jahresrate¹ (rechte Skala)
Mrd. DM
Jahresdurchschnitt²
375
350
45
10,1
6,7
40
13,2
325
300
30
5,1
7,0
275
35
25
11,3
Prognosezeitraum
250
20
225
15
200
10
175
5
150
0
125
-5
100
-10
I
II
III
IV
I
1997
1)
2)
II
III
IV
I
1998
II
III
IV
I
II
1999
III
IV
I
II
2000
III
2001
IV
I
II
III
IV
2002
Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet.
Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute; ab 3. Quartal 2000: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
Tabelle 3.2:
Indikatoren zur Außenwirtschaft1)
1998
1999
2000
2001
2002
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
Exporte, real
Waren
Dienstleistungen
7,0
7,7
2,2
5,1
5,3
3,2
13,2
13,9
8,8
10,1
10,4
7,8
6,7
6,8
6,2
Importe, real
Waren
Dienstleistungen
8,6
9,8
3,8
8,1
7,9
8,8
10,2
11,1
6,8
10,0
10,7
7,4
6,3
6,5
5,4
Terms of Trade
1,9
0,8
-4,8
-0,1
0,2
77,0
15,7
-50,0
87,0
25,2
-40,0
in Mrd. DM
Nachrichtlich:
Außenbeitrag, real
Außenbeitrag, nominal
Leistungsbilanzsaldo2)
60,3
57,5
-11,8
32,2
37,6
-32,9
69,6
15,3
-45,0
1)
In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG 95).- 2) In der
Abgrenzung der Zahlungsbilanzstatistik.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Deutsche Bundesbank; 2001 und 2002:
Prognose der Institute.
50 Mrd. DM schließen. Im kommenden Jahr wird
das Defizit leicht sinken.
Die Terms of Trade haben sich in jüngster Zeit
verbessert. Im Prognosezeitraum bleiben sie nahezu unveändert. Die Einfuhrpreise gingen in den
116
vergangenen Monaten infolge der Wende bei den
Rohölnotierungen und einer leichten Aufwertung
des Euro seit Herbst 2000 deutlich zurück. Diese
Tendenz wird sich aber nicht fortsetzen, weil die
Ölpreise im Prognosezeitraum stabil bleiben dürfWirtschaft im Wandel 5/2001
Tabelle 3.3:
Beiträge der Nachfragekomponenten zum Anstieg
des Bruttoinlandsprodukts1)
Ausrüstungsinvestitionen nehmen vorübergehend schwächer zu
- in Prozentpunkten -
Die Dynamik bei den Ausrüstungsinvestitionen
hat in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres
unter dem Einfluss der geldpolitischen Straffung
und der eingetrübten Ertragserwartungen nachgelassen. Für das laufende Jahr deuten die ungünstigeren Geschäftserwartungen der Unternehmen auf
eine weitere Abflachung hin. Maßgeblich hierfür
sind die pessimistischeren Absatzaussichten im
Export. Hinzu kommt, dass sich durch die Steuerreform die Kapitalkosten für Sachinvestitionen in
Deutschland wegen der verschlechterten Abschreibungsbedingungen tendenziell erhöhen. Die hiervon ausgehenden dämpfenden Wirkungen werden
durch die anregenden Impulse aus der Steuerreform auf die Gesamtnachfrage und auf die Renditen aus Sachinvestitionen nur zum Teil kompensiert (Abbildung 3.4).
Im kommenden Jahr dürften sich die Perspektiven für die Ausrüstungsinvestitionen wieder aufhellen. Die Ertragserwartungen bleiben bei weiterhin moderaten Lohnerhöhungen und niedrigen Kapitalmarktzinsen günstig. Mit der Erholung der
Weltwirtschaft und den Anregungen von der Geld-
2000
2001
2002
Konsumausgaben
2)
Private Haushalte
Staat
1,2
0,9
0,3
1,4
1,2
0,2
1,4
1,2
0,2
Anlageinvestitionen
Ausrüstungen und
sonstige Anlagen
Bauten
0,5
0,3
0,7
0,9
-0,3
0,6
-0,3
0,7
0,0
Vorratsveränderungen
0,2
0,2
-0,1
Inlandsnachfrage
1,9
1,9
1,9
1,0
4,0
-3,0
0,2
3,4
-3,2
0,3
2,4
-2,2
3,0
2,1
2,2
Außenbeitrag
Exporte
Importe
3)
Bruttoinlandsprodukt
1)
Abweichungen in den Summen durch Runden der Zahlen.Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.3)
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
2)
Quellen: Statistisches Bundesamt; 2001 und 2002: Prognose
der Institute.
ten und sich die allgemeinen Preissteigerungen
durchsetzen. Sowohl die Einfuhrpreise als auch die
Ausfuhrpreise werden sich nur moderat erhöhen.
Abbildung 3.4:
Reale Investitionen in Ausrüstungen und sonstige Anlagen
Saison- und arbeitstäglich bereinigter Verlauf
Mrd.DM
%
115
32
laufende Jahresrate¹ (rechte Skala)
Mrd. DM
Jahresdurchschnitt²
110
6,5
28
5,9
105
24
100
9,0
20
95
Prognosezeitraum
7,4
90
16
12
9,4
85
8
80
4
75
0
70
65
-4
I
1)
2)
II
III
1997
IV
I
II
1998
III
IV
I
1999
II
III
IV
I
2000
II
III IV
2001
I
II
III IV
2002
Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet.
Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute; ab 1. Quartal 2001: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
Wirtschaft im Wandel 5/2001
117
politik werden auch die Investitionen wieder stärker anziehen. Wegen der hohen Nachfrage nach
Software im Vorfeld der Einführung des EuroBargeldes werden die Investitionen in sonstige
Anlagen kräftig expandieren. Insgesamt werden
die Ausrüstungsinvestitionen einschließlich sonstiger Anlagen 2001 um 5,9 % und 2002 um 6,5 %
zunehmen, nach 9,0 % im Jahre 2000.
Keine Erholung der Bauinvestitionen
Die Bauinvestitionen haben sich auch im vergangenen Jahr entgegen dem allgemeinen Konjunkturverlauf entwickelt. Die seit 1995 andauernde Schwäche hielt bis zuletzt an. Geprägt wird
die Entwicklung vom Wohnungsbau, der im vergangenen Jahr besonders stark geschrumpft ist.
Dazu trug nicht nur der Rückgang im Mietwohnungsbau bei. Auch wurde die Förderung von
Wohneigentum eingeschränkt; dies traf insbesondere den Bau von Eigenheimen.
Der Wohnungsbau dürfte vorerst abwärts gerichtet bleiben. Maßgeblich dafür ist, dass auf der
Angebotsseite regional immer noch erhebliche
Überhänge bestehen. Zudem nehmen im Mietwohnungsbau die Anreize für Investoren wegen der geringeren Grenzsteuersätze infolge der Steuerreform
ab. Der Eigenheimbau dürfte dagegen im Verlauf
des kommenden Jahres bei steigenden Einkommen
und weiterhin niedrigen Zinsen etwas anziehen.
Insgesamt schrumpfen die Wohnungsbauinvestitionen in diesem Jahr um 3,5 % und im Jahre 2002
um 1 %.
Der Wirtschaftsbau zeigt in jüngster Zeit erste
Anzeichen einer Erholung. Impulse kommen vor
allem aus dem Dienstleistungssektor; das signalisieren die Baugenehmigungen. Dämpfend wirken
aber immer noch die Leerstände bei Gewerbeimmobilien, insbesondere in Ostdeutschland. Insgesamt wird der Wirtschaftsbau im Jahre 2001
nochmals leicht zurückgehen. Im kommenden Jahr
werden sich die Erholungstendenzen angesichts
günstigerer Ertragsaussichten und eines niedrigen
Zinsniveaus festigen; die gewerblichen Bauinvestitionen werden um 1 % steigen (Tabelle 3.4).
Die öffentlichen Bauinvestitionen werden in
diesem Jahr nochmals abnehmen. Zwar hat der
Bund zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen beschlossen, doch engt sich der Finanzierungsspielraum der Gemeinden infolge der Steuerreform ein.
Im kommenden Jahr entspannt sich die Kassenlage
der Gemeinden etwas, so dass wieder mehr Mittel
für Bauinvestitionen aufgewendet werden.
Privater Konsum mit mehr Schwung
Die Konsumausgaben der privaten Haushalte
haben seit Mitte vergangenen Jahres real kaum zugenommen, da die Energieverteuerung im Gefolge
des Ölpreisanstiegs den Konsumenten in beträchtlichem Ausmaß Kaufkraft entzogen hat. Hinzu
kamen in den letzten Monaten Anhebungen administrierter Preise und steigende Nahrungsmittelpreise aufgrund der BSE-Krise. Die zu Beginn des
Jahres in Kraft getretene „Steuerreform 2000“ hat
deshalb – den vorliegenden Indikatoren zufolge –
den privaten Konsum bisher erst wenig angeregt.
Gleichwohl ist zu erwarten, dass er im weiteren
Jahresverlauf an Schwung gewinnen wird (Abbildung 3.5).
Die von der Steuerreform ausgehenden Impulse
sind beträchtlich. Zwar nehmen die Bruttolöhne
und -gehälter in diesem Jahr mit 3,1 % etwas
schwächer zu als im Jahre 2000 (3,3 %), doch erhöhen sich die Nettolöhne und -gehälter mit 4,8 %
deutlich stärker als im Vorjahr (3,7 %). Auch die
Transfereinkommen steigen rascher. Beim Wohnund Erziehungsgeld sowie beim BAföG wurden
Leistungsverbesserungen wirksam. Zudem erhalten einkommensschwache Haushalte einen Heiz-
Tabelle 3.4:
Reale Bauinvestitionen 1)
2000
2000
Anteile in %
2001
2002
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
Wohnbauten
57,6
-2,9
-3,5
-1,0
Nichtwohnbauten
42,4
-2,0
-0,6
0,7
Gewerblicher Bau
29,7
-2,6
-0,4
1,0
Öffentlicher Bau
12,7
-0,6
-1,2
0,1
100
-2,5
-2,3
-0,3
Bauinvestitionen
1)
In Preisen von 1995.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute; 2001 und 2002: Prognose der Institute.
118
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Abbildung 3.5:
1)
Reale Konsumausgaben der privaten Haushalte
Saisonbereinigter Verlauf
Mrd.DM
%
580
18
laufende Jahresrate² (rechte Skala)
Mrd. DM
Jahresdurchschnitt³
570
560
2,1
16
14
2,2
1,6
550
12
540
10
2,6
530
8
Prognosezeitraum
2,0
520
6
0,7
510
4
500
2
490
0
480
-2
470
-4
I
II
III
1997
IV
I
II
III
1998
IV
I
II
III
1999
IV
I
II
III
IV
2000
I
II
III
2001
IV
I
II III
2002
IV
1)
Einschließlich Organisationen ohne Erwerbszweck.
2)
Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet.
3)
Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute; ab 1. Quartal 2001: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
kostenzuschuss. Außerdem werden die Renten zur
Jahresmitte infolge der wieder lohnorientierten
Anpassung kräftiger als zuvor angehoben. Unter
Berücksichtigung der beschleunigt steigenden
Selbständigeneinkommen expandieren die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte im Jahre
2001 um 4,4 %, real um 2,5 %. Da ein nennenswerter Teil des aus der Steuerentlastung resultierenden Einkommenszuwachses erfahrungsgemäß
nicht ausgegeben wird, dürfte sich die Sparquote
leicht erhöhen. Insgesamt nimmt der private Konsum real um 2,2 % zu.
Im nächsten Jahr werden die Arbeitseinkommen brutto um 3,2 % zunehmen, netto – bei wieder
voll greifender Steuerprogression – allerdings nur
um 2,4 %. Die monetären Sozialleistungen werden
leicht beschleunigt expandieren, nicht zuletzt wegen stärker steigender Altersrenten und der hier
unterstellten Anhebung des Kindergeldes um monatlich jeweils 30 DM für das erste und zweite
Kind. Bei dieser Prognose wurde angenommen,
dass die steuerliche Förderung des privaten Vorsorgesparens im Zuge der Rentenreform lediglich
zu Umschichtungen zwischen alternativen Anlageformen führt. Bei kaum veränderter Sparquote
wird der reale private Konsum mit 2,1 % in nahezu
gleichem Tempo wie die Realeinkommen steigen.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Preisauftrieb lässt nach
Obwohl die Rohölnotierungen seit Herbst vergangenen Jahres wieder deutlich nachgegeben haben, blieb der Verbraucherpreisanstieg unverändert
kräftig. Maßgeblich war, dass die Preise für Gas
und Fernwärme, die mit Verzögerung an die Ölpreise gekoppelt sind, nun auch erheblich gestiegen sind. Hinzu kam die weitere Erhöhung der
Mineralöl- und Stromsteuer sowie der Kraftfahrzeugsteuer für ältere und weniger schadstoffarme
Pkws. Ferner wurden die Rundfunk- und Fernsehgebühren angehoben. Schließlich zogen die Preise
von Fleisch und Fleischprodukten im Gefolge der
Tierseuchen merklich an. Im März war das Preisniveau um 2,5 % höher als im Vorjahr.
Im weiteren Verlauf des Jahres dürfte sich der
Preisauftrieb auf der Verbraucherstufe wieder verlangsamen. So geben die Preise für Energie allmählich nach. Von der Aufwertung des Euro gehen preisdämpfende Effekte aus. Insgesamt werden die Verbraucherpreise im Jahresdurchschnitt
2001 voraussichtlich um 2,1 % steigen. Im Jahre
2002 dürfte sich die Inflationsrate auf 1,5 % verringern.
119
Verhaltener Anstieg der Produktion
Obwohl der Produktionsrückgang im Baugewerbe auch Auswirkungen auf die baunahen Bereiche im verarbeitenden Gewerbe hatte, erhöhte
sich die Industrieproduktion mit knapp 12 % weiterhin sehr kräftig. Stärker als im früheren Bundesgebiet wurde die Erzeugung von Vorleistungsgütern ausgeweitet. Bei den Investitionsgütern war
die Produktionszunahme dagegen wegen des in
Ostdeutschland weniger bedeutsamen Auslandsgeschäfts geringer. Der Anteil der Exporte an den gesamten Industrieumsätzen stieg zwar in den letzten
Jahren auf 21 % (1995: 12 %), er liegt jedoch immer noch weit unter dem in Westdeutschland (37 %).
Im laufenden Jahr erhöht sich die Erzeugung im
verarbeitenden Gewerbe in ähnlichem Ausmaß wie
im vergangenen Jahr, auch weil sie wegen des
niedrigeren Ausfuhranteils weniger stark von der
abflauenden Auslandsnachfrage betroffen sein
wird. Insgesamt steigt im Jahre 2001 die gesamtwirtschaftliche Produktion in Ostdeutschland um
rund 1½ %. Im nächsten Jahr wird sich das
Wachstumstempo in den neuen Ländern dem in
Westdeutschland nahezu angleichen, nicht zuletzt
weil der Rückgang im Baugewerbe – bei weiterhin
hohen Steigerungen in der Industrie – im Vergleich zu 2001 geringer ausfällt.
Nach der konjunkturellen Abschwächung im
zweiten Halbjahr 2000 wird die gesamtwirtschaftliche Produktion in der ersten Hälfte dieses Jahres
wieder stärker zunehmen. Maßgeblich hierfür ist,
dass der private Konsum durch die Einkommensteuerentlastung stimuliert wird. Diese Impulse
klingen jedoch in der zweiten Jahreshälfte ab; die
schwächere Expansion der Auslandsnachfrage
schlägt dann auf die Konjunktur durch.
Im Laufe des nächsten Jahres wird sich der
Produktionsanstieg – insbesondere wegen der Besserung der Weltkonjunktur – wieder leicht beschleunigen. Die Binnennachfrage wird durch die
Geldpolitik angeregt. Insgesamt wird das reale
Bruttoinlandsprodukt im Jahresdurchschnitt 2001
um 2,1 % und im Jahre 2002 um 2,2 % zunehmen
(Abbildung 3.6).
In Ostdeutschland (ohne Berlin) fiel das Wachstum im Jahre 2000 mit einer Rate von 1,1 % deutlich niedriger aus als in Westdeutschland (3,2 %),
nach annähernd gleichen Raten im Jahre 1999 (Tabelle 3.5). Die mit Produktionseinschränkungen
verbundene Strukturanpassung im Baugewerbe
und im Staatssektor wurde nicht durch hinreichend
hohe Zuwächse in anderen Wirtschaftsbereichen
ausgeglichen.
Abbildung 3.6:
Reales Bruttoinlandsprodukt in Deutschland
Saison- und arbeitstäglich bereinigter Verlauf
%
Mrd. DM
1 040
12
laufende Jahresrate¹ (rechte Skala)
Mrd. DM
Jahresdurchschnitt²
1 000
960
2,2
10
2,1
3,0
8
1,6
2,1
920
Prognosezeitraum
6
1,4
880
4
840
2
800
0
760
-2
720
-4
I
1)
2)
II III
1997
IV
I
II III
1998
IV
I
II III
1999
IV
I
II III
2000
IV
I
II III
2001
IV
I
II III
2002
IV
Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet.
Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute; ab 1. Quartal 2001: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
120
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Tabelle 3.5:
Eckdaten der Prognose für Deutschland
1998
1999
2000
2001
2002
1)
Bruttoinlandsprodukt
(Veränderung in % gegenüber dem Vorjahr)
2)
Westdeutschland
Ostdeutschland
2,1
2,3
0,7
1,6
1,6
1,4
3,0
3,2
1,1
2,1
2,2
1,5
2,2
2,2
2,0
37 540
37 942
38 532
38 870
39 160
4 279
4 099
3 889
3 695
3 470
10,2
9,8
9,2
8,7
8,2
1,0
0,6
1,9
2,1
1,5
0,0
0,6
-0,1
0,8
0,8
Finanzierungssaldo des Staates
in Mrd. DM
in % des nominalen Bruttoinlandsprodukts
-77,8
-2,1
-55,0
-1,4
58,3
8)
1,5
8)
-71,5
-1,7
-52,4
-1,2
Nachrichtlich:
Finanzierungssaldo der Gebietskörperschaften
in der Abgrenzung des ESVG 95 (in Mrd. DM)
-83,0
-65,8
53,1
9)
-80,7
-63,9
Leistungsbilanzsaldo (in Mrd. DM)
-11,8
-32,9
-45,0
-50,0
-40,0
3)
Erwerbstätige (1000 Personen)
Arbeitslose (1000 Personen)
4)
Arbeitslosenquote (in %)
5)
Verbraucherpreise
(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)
6)
Lohnstückkosten
(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)
7)
1)
2)
- 3)
4)
In Preisen von 1995.- Und Berlin. Im Inland.- Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Wohnortkonzept).6)
Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte - Im Inland entstandene Arbeitnehmerentgelte je Arbeitnehmer
7)
bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt in Preisen von 1995 je Erwerbstätigen.- In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen
8)
Gesamtrechnung (ESVG 95). - Einschließlich der als Nettoabgang an immateriellen Wirtschaftsgütern gebuchten Erlöse aus
9)
der Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Höhe von 99,4 Mrd. DM. Die bereinigte Defizitquote liegt bei -1,0%.- Einschließlich
der als Nettoabgang an immateriellen Wirtschaftsgütern gebuchten Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen.
5)
Quellen: Statistisches Bundesamt; Bundesanstalt für Arbeit; Arbeitskreis VGR der Länder; Bundesministerium der Finanzen;
Deutsche Bundesbank; 2001 und 2002: Prognose der Institute.
Beschäftigungsanstieg verlangsamt sich
Die Beschäftigung in Deutschland wurde im
vergangenen Jahr kräftig ausgeweitet, im Verlauf
schwächte sich die Zunahme allerdings ab. Neben
dem Nachlassen der konjunkturellen Dynamik
spielten hierbei Sondereffekte10 eine Rolle. Die
Abflachung machte sich vor allem im verarbeitenden Gewerbe und im Handel bemerkbar; im Baugewerbe wurde verstärkt Personal freigesetzt.
In diesem Jahr wird sich der Beschäftigungsanstieg weiter verlangsamen (Abbildung 3.7). Dies
10 Aufgrund der gesetzlichen Neuregelung von geringfügigen
Beschäftigungsverhältnissen
(630-Mark-Jobs)
wurden
Zweitjobs auf dieser Basis finanziell unattraktiver. Diese
Stellen wurden in hohem Maße durch ausschließlich geringfügig Beschäftigte wiederbesetzt, was die Zahl der Erwerbstätigen erhöhte. Dieser Effekt lässt jedoch nach. Außerdem wurde durch die Kontingentierung bei der Einberufung von Zivildienstleistenden der Zugang zu dieser Art
von Beschäftigungsverhältnissen beschränkt.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
ist in erster Linie auf die Verringerung des konjunkturellen Tempos zurückzuführen. Alles in allem wird sich die Zahl der Erwerbstätigen im Jahresdurchschnitt 2001 um nahezu 350 000 Personen
erhöhen. Am Jahresende werden 270 000 Personen
mehr beschäftigt sein als ein Jahr zuvor. Im Verlauf des kommenden Jahres dürfte sich der Beschäftigungsanstieg wieder leicht verstärken.
Die Besserung beschränkt sich allerdings auf
den westdeutschen Arbeitsmarkt. In den neuen
Bundesländern wird die Beschäftigung 2001 noch
leicht zurückgehen, im kommenden Jahr dann geringfügig zunehmen (Tabelle 3.6). Zwar wird in
der Industrie der Personalbestand weiter aufgestockt, doch überwiegen zunächst noch die strukturell bedingten Beschäftigungsverluste in der Bauwirtschaft, im Handel und im öffentlichen Dienst.
Erst im nächsten Jahr lässt der Rückgang im Baugewerbe nach, und der Beschäftigungsaufbau bei
den privaten Dienstleistern verstärkt sich.
121
Tabelle 3.6:
Arbeitsmarktbilanz
- Jahresdurchschnitte in 1 000 Personen 1997
Deutschland
Erwerbstätige Inländer
1998
1999
2000
2001
2002
37 131
37 479
37 879
38 466
38 800
39 095
33 217
3 914
33 500
3 979
33 939
3 940
34 522
3 944
34 850
3 950
35 125
3 970
Pendlersaldo
Erwerbstätige Inland
63
37 194
61
37 540
63
37 942
66
38 532
70
38 870
70
39 160
Arbeitslose
1)
Arbeitslosenquote
4 384
10,6
4 279
10,2
4 099
9,8
3 889
9,2
3 695
8,7
3 470
8,2
3 888
9,5
3 687
9,0
3 428
8,3
3 245
7,8
3 081
7,4
2 890
6,9
183
301
400
115
384
324
119
430
333
86
313
324
80
265
350
70
275
390
30 943
31 257
31 609
32 291
32 660
32 940
3 136
9,2
3 024
8,8
2 872
8,3
2 645
7,6
2 455
7,0
2 260
6,4
136
80
234
83
86
191
93
100
204
63
83
195
60
75
210
50
75
235
Ostdeutschland
5)
Erwerbstätige Inländer
6 188
6 222
6 270
6 175
6 140
6 155
Arbeitslose
1)
Arbeitslosenquote
1249
16,8
1256
16,8
1227
16,4
1244
16,8
1240
16,8
1210
16,4
47
221
166
32
298
133
26
330
129
23
230
129
20
190
140
20
200
155
Arbeitnehmer
Selbständige
2)
Erwerbslose
3)
Erwerbslosenquote
Aktive Arbeitsmarktpolitik
Kurzarbeit
Beschäftigung schaffende Maßnahmen
Berufl. Vollzeitweiterbildung
Westdeutschland4)
5)
Erwerbstätige Inländer
Arbeitslose
1)
Arbeitslosenquote
Aktive Arbeitsmarktpolitik
Kurzarbeit
Beschäftigung schaffende Maßnahmen
Berufl. Vollzeitweiterbildung
Aktive Arbeitsmarktpolitik
Kurzarbeit
Beschäftigung schaffende Maßnahmen
Berufl. Vollzeitweiterbildung
1)
2)
Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Erwerbstätige plus Arbeitslose). - Definition der ILO. 4)
Erwerbslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Erwerbstätige plus Erwerbslose). - Und Berlin. 5)
Schätzung der Institute auf Basis der Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder und des Mikrozensus.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Bundesanstalt für Arbeit; Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung des Bundes
und der Länder; 2001 und 2002: Prognose der Institute.
3)
Die Arbeitslosigkeit in Deutschland nahm im
vergangenen Jahr weiterhin weniger stark ab, als
die Erwerbstätigkeit stieg. Die Erwerbsquote erhöhte sich durch die Beschäftigung von Personen,
die vorher nicht als Arbeitsuchende registriert waren. Im Prognosezeitraum werden sich die Arbeitslosigkeit und die Erwerbstätigkeit fast spiegelbildlich zueinander entwickeln, auch weil die
geringfügige Beschäftigung nicht mehr im gleichen Ausmaß ausgeweitet wird wie im Anschluss
an die Neuregelung des 630-Mark-Gesetzes. Die
Arbeitslosenzahl sinkt im Verlauf dieses Jahres um
122
gut 180 000 Personen auf 3,62 Mio. im vierten
Quartal. Ein Jahr später wird sie 3,37 Mio. Personen betragen (Abbildung 3.8). Die Arbeitslosenquote (bezogen auf alle inländischen Erwerbspersonen) wird von 8,7 % im laufenden Jahr auf
8,2 % im Jahre 2002 sinken.
In den neuen Bundesländern nimmt die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr nicht zu, weil bei
rückläufiger Arbeitskräftenachfrage auch das Arbeitsangebot zurückgeht. Im Jahre 2002 wird die
Zahl der Arbeitslosen um rund 30 000 auf 1,21
Mio. abnehmen.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Abbildung 3.7:
Erwerbstätige
Inlandskonzept; saisonbereinigter Verlauf
%
Mill.
40
5
laufende Jahresrate¹ (rechte Skala)
Mill. Personen
Jahresdurchschnitt²
1,1
39
38
0,8
0,9
1,6
4
3
Prognosezeitraum
0,9
-0,2
37
2
36
1
35
0
34
-1
I
1)
2)
II III
1997
IV
I
II III
1998
IV
I
II III
1999
IV
I
II III
2000
IV
I
II III
2001
IV
I
II III
2002
IV
Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet.
Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute; ab 1. Quartal 2001: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
Abbildung 3.8:
Arbeitslose
Saisonbereinigter Verlauf, in 1 000 Personen
5 000
5 000
Deutschland
4 500
4 000
3 500
4 500
Prognosezeitraum
4 000
3 500
Westdeutschland
3 000
3 000
2 500
2 500
2 000
2 000
Ostdeutschland
1 500
1 500
1 000
1 000
500
500
0
0
I
II
III
1996
IV
I
II
III
1997
IV
I
II
III
IV
I
1998
II
III
1999
IV
I
II
III
2000
IV
I
II
III
2001
IV
I
II
III
IV
2002
Quellen: Bundesanstalt für Arbeit; Berechnungen der Institute; ab 2. Quartal 2001: Prognose der Institute.
GD Frühjahr 2001
Vorübergehender Anstieg des Budgetdefizits
Die Staatsausgaben, die im vergangenen Jahr
– bereinigt um die Erlöse aus der Versteigerung
der UMTS-Lizenzen11 (99,4 Mrd. DM) – insbesondere infolge des „Sparpakets“ lediglich um
11 Die Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen wer-
den in der VGR als Verkäufe von nichtproduzierten Vermögensgütern verbucht; dadurch verringern sich also die
Staatsausgaben.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
1,4 % expandierten, werden in diesem Jahr um 1,8
% und im kommenden Jahr um 2,7 % ausgeweitet.
Die Personalausgaben des Staates dürften – nach
dem leichten Rückgang im Jahre 2000 – nur mäßig
zunehmen, da der Personalbestand im öffentlichen
Dienst weiterhin reduziert wird. Die arbeitsmarktabhängigen Ausgaben sinken infolge der abnehmenden Arbeitslosigkeit weiter. Zu Mehrausgaben
kommt es demgegenüber durch die Aufstockung
von Sozialleistungen: So wurden das Wohngeld,
das Erziehungsgeld sowie die BaföG-Leistungen
123
angehoben und einmalige Heizkostenzuschüsse für
einkommensschwache Haushalte gewährt, und im
kommenden Jahr wird voraussichtlich das Kindergeld erhöht. Höhere Aufwendungen fallen zudem
im Zusammenhang mit der BSE-Krise an. Die
Zinsausgaben für die öffentlichen Schulden nehmen im laufenden Jahr trotz steigender Neuverschuldung kaum zu, weil der Bund den größten
Teil der Erlöse aus der Versteigerung der UMTSLizenzen zu Beginn dieses Jahres zur Schuldentilgung verwendete. Die Investitionsausgaben werden nur wenig ausgeweitet. Zwar setzt der Bund
einen Teil der aus dem Schuldenabbau resultierenden Zinsersparnisse zur Aufstockung der Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur ein, doch
schmälern die steuerreformbedingten Einnahmeausfälle die Investitionsbudgets der Gemeinden.
Die um die UMTS-Erlöse bereinigte Staatsquote geht von 48,1 % im Jahre 2000 auf 47,2 %
im kommenden Jahr zurück. Allerdings wird die
angestrebte qualitative Konsolidierung, d. h. die
Verbesserung der Ausgabenstruktur zugunsten investiver Ausgaben, verfehlt. Die öffentlichen Investitionen dürften mit 0,9 % bzw. 1,4 % im Prognosezeitraum deutlich schwächer als das nominale
Bruttoinlandsprodukt expandieren, so dass die Investitionsquote sinkt. 12
Das Steueraufkommen wird in diesem Jahr um
2,4 % zurückgehen. Ausschlaggebend hierfür ist
die zu Jahresbeginn in Kraft getretene “Steuerreform 2000“. Das Aufkommen wird durch die Reform der Unternehmensbesteuerung um 17 Mrd.
DM, durch die Reduktion der Einkommensteuersätze um 28 Mrd. DM verringert. Aufkommensmindernd wirkt sich im laufenden Jahre zudem
aus, dass bei den Veranlagungssteuern – bedingt
durch rückläufige Unternehmens- und Vermögenseinkommen im Jahre 1999 – erheblich geringere
Nachzahlungen anfallen. Diesen Ausfällen stehen
Mehreinnahmen aus der weiteren Anhebung der
Mineralöl- und der Stromsteuer im Rahmen der
dritten Stufe der ökologischen Steuerreform
(5 Mrd. DM) gegenüber. Insgesamt zeichnet sich
ein Rückgang der Steuerquote um 1,3 Prozentpunkte auf 23,2 % ab. Im kommenden Jahr werden
die Steuereinnahmen mit 5,8 % deutlich kräftiger
12 Die Investitionsquote sinkt entgegen den Ankündigungen im
Stabilitätsprogramm selbst dann, wenn man die in diesem
Programm anvisierte Entwicklung der öffentlichen Investitionen zugrunde legt, denn ihr Anstieg wird dort mit durchschnittlich 2 % nur halb so stark veranschlagt wie das
Wachstum des nominalen Bruttoinlandsprodukts. (Vgl. Bundesministerium der Finanzen: Deutsches Stabilitätsprogramm,
Aktualisierung Oktober 2000, Volks- und Finanzwissenschaftliche Berichte, S. 23 und 30).
124
als das Bruttoinlandsprodukt expandieren; bei steigenden Einkommen und Gewinnen schlagen die
Progressionswirkung des Einkommensteuertarifs
und die weitere Anhebung der Ökosteuern aufkommenssteigernd zu Buche.
Das Beitragsaufkommen der Sozialversicherung
wird in diesem und im nächsten Jahr mit jeweils
knapp 2½ % um jeweils ¾ Prozentpunkte schwächer zunehmen als die Bruttolöhne und -gehälter, da
der Beitragssatz zur Rentenversicherung zu Jahresbeginn von 19,3 % auf 19,1 % reduziert wurde und
im kommenden Jahr mit einer Senkung auf 19 % zu
rechnen ist. Damit verringert sich die Belastung mit
Sozialabgaben nur wenig – um 3 Mrd. DM in diesem Jahr bzw. um 1½ Mrd. DM im nächsten. Die
Beitragssenkungen werden durch die im Rahmen
der ökologischen Steuerreform aufgestockten Zuschüsse des Bundes an die Rentenversicherung ermöglicht. Eine Reduzierung des Beitragssatzes zur
Arbeitslosenversicherung ist nicht unterstellt; den
sich durch die Besserung der Arbeitmarktlage öffnenden Finanzierungsspielraum nutzt der Bund in
diesem Jahr zumindest teilweise, um Ausgaben
(Strukturanpassungsmaßnahmen, Programm zur
Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen) auf
die Arbeitslosenversicherung zu verlagern.
Die Steuer- und Sozialabgabenquote, die in den
neunziger Jahren kräftig gestiegen war und im
Vorjahr mit 43,2 % einen neuen Höchststand erreichte, sinkt in diesem Jahr vor allem steuerreformbedingt auf 41,7 %; für das nächste Jahr
zeichnet sich eine leichte Zunahme ab.
Nachdem die öffentlichen Haushalte im vergangenen Jahr – bedingt durch die Erlöse aus der
Versteigerung der Mobilfunklizenzen – erstmals
seit 1989 einen Haushaltsüberschuss erzielten,
werden sie 2001 wieder ein Defizit aufweisen. Es
dürfte sich in der Abgrenzung des Europäischen
Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen
(ESVG 95) auf 71,5 Mrd. DM bzw. auf 1,7 % des
Bruttoinlandsprodukts belaufen und damit den –
um die UMTS-Erlöse bereinigten – Fehlbetrag
vom Vorjahr (41 Mrd. DM bzw. 1,0 % des Bruttoinlandsprodukts) übertreffen. Ausschlaggebend
für den Anstieg des Defizits sind die steuerreformbedingten Ausfälle. Demgegenüber werden die öffentlichen Haushalte durch eine höhere Gewinnabführung der Bundesbank entlastet; sie beträgt 16,3
Mrd. DM in diesem Jahr, nach 7,6 Mrd. DM im
Vorjahr. Im nächsten Jahr werden sich die Haushaltsfehlbeträge aufgrund der Fortsetzung des
Konsolidierungskurses und infolge arbeitsmarktbedingter Entlastungen auf 52,5 Mrd. DM verringern; die Defizitquote liegt mit 1,2 % leicht über
Wirtschaft im Wandel 5/2001
dem von der Bundesregierung im Stabilitätsprogramm anvisierten Zielwert von 1%. Die staatliche
Schuldenquote wird 2001 auf 58,7 % und 2002 auf
58,4 % sinken; sie liegt dann erstmals seit 1996
unter 60 % und damit unter dem Referenzwert des
Vertrags von Maastricht.
Zur Entwicklung in Ostdeutschland
Die ostdeutsche Wirtschaft hat im vergangenen
Jahr trotz der kräftigen konjunkturellen Expansion
in Deutschland erneut wenig Dynamik entwickelt.
Das reale Bruttoinlandsprodukt nahm um magere
1,1 % zu, im früheren Bundesgebiet (einschließlich
Berlin) hingegen um 3,2 %. Damit blieben die
neuen Länder das vierte Jahr in Folge beim Wirtschaftswachstum hinter den alten zurück, und die
Schere in der Pro-Kopf-Produktion hat sich wieder
vergrößert. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner ist auf rund 60 % des Niveaus im früheren
Bundesgebiet gefallen, einen Stand, der schon
Mitte der neunziger Jahre erreicht worden war
(Tabelle 3.7). Vor dem Hintergrund der konjunkturellen Abkühlung rechnen die Institute auch für
den Prognosezeitraum nicht mit einer grundlegenden Besserung. So bleibt Unterbeschäftigung weit
Tabelle 3.7:
Indikatoren zum wirtschaftlichen Aufholprozess in Ostdeutschland
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
Westdeutschland = 100
Bruttoinlandsprodukt
(nominal) je Einwohner1)
33,1
41,2
50,9
57,3
59,7
61,7
61,8
61,2
61,4
60,4
Investitionen in neue Ausrüstungen und sonst. Anlagen
(nominal) je Einwohner2)
62,3
76,1
98,6
106,2
105,9
105,7
103,1
96,5
94,9
87,2
Bauinvestitionen
(nominal) je Einwohner2)
Wohnbauten
Nichtwohnbauten
70,3
45,8
97,1
103,1
61,7
151,5
131,0
81,2
194,9
164,1
110,0
241,7
175,7
131,2
240,5
180,7
143,2
237,7
172,8
140,7
223,2
153,2
121,4
205,1
147,3
115,3
198,9
134,7
102,7
185,8
Kapitalstock je Einwohner2) 3)
44,3
47,6
51,2
54,8
58,4
62,0
65,5
68,4
70,7
72,5
Arbeitnehmerentgelt je
1)
Arbeitnehmer
49,3
61,9
69,2
72,6
75,2
75,8
76,1
76,2
77,0
77,1
41,9
52,0
60,4
64,5
65,1
67,2
68,0
67,8
68,2
69,3
117,6
119,1
114,5
112,7
115,5
112,8
111,9
112,5
113,0
111,3
1) 4)
Arbeitsproduktivität
1) 5)
Lohnstückkosten
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
Bevölkerung1)
Ostdeutschland
Westdeutschland
Erwerbstätige (Inland)1)
Ostdeutschland
Westdeutschland
-1,3
1,2
-0,7
1,0
-0,6
0,5
-0,4
0,4
-0,4
0,4
-0,3
0,3
-0,4
0,1
-0,5
0,2
-0,4
0,2
-12,4
0,8
-2,5
-1,1
2,4
-0,6
1,9
-0,1
-0,7
-0,2
-1,4
0,0
0,2
1,1
0,4
1,2
-1,5
2,1
8,7
17,6
5,1
8,6
15,8
5,4
8,0
14,5
4,9
7,5
12,6
4,7
6,8
11,4
4,1
6,6
10,7
4,1
5,6
8,2
3,9
4,8
6,9
3,3
4,6
6,5
3,2
3,5
4,4
2,8
2,6
2,8
2,5
1,9
1,5
2,3
1,7
1,1
2,2
1,5
0,9
2,0
1,4
1,0
1,8
1,7
1,6
1,8
2,1
2,3
1,9
2,5
2,6
2,4
Kapitalstock2) 3)
Ostdeutschland
Ausrüstungen
Bauten
Westdeutschland
Ausrüstungen
Bauten
1)
Angaben für Ostdeutschland: neue Bundesländer ohne Berlin, für Westdeutschland: alte Bundesländer und Berlin.–
Angaben für Ostdeutschland: neue Bundesländer und Ostberlin, für Westdeutschland: früheres Bundesgebiet.–
3)
Unternehmen ohne Wohnungsvermietung, in Preisen von 1991; VGR-Konzeption vor Einführung des ESVG 95.–
4)
Bruttoinlandsprodukt in Preisen von 1995 je Erwerbstätigen.– 5) Im Inland entstandene Arbeitnehmerentgelte je
Arbeitnehmer bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt in Preisen von 1995 je Erwerbstätigen.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder; Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder; ifo Investorenrechnung; Berechnungen der Institute.
2)
Wirtschaft im Wandel 5/2001
125
verbreitet, und die Arbeitslosenquote ist mehr als
doppelt so hoch wie in den alten Ländern.
Diese Tatbestände sind enttäuschend. Positiv ist
aber, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Unternehmen leicht verbessert hat. Dazu
trug – insbesondere im vergangenen Jahr – eine
moderate Lohnentwicklung bei.
Im verarbeitenden Gewerbe hat die Wertschöpfung im vergangenen Jahr mit 8,3 % erneut stärker
zugelegt als im früheren Bundesgebiet (5,5 %).
Die Unternehmen aus Ostdeutschland konnten
aufgrund ihrer gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit
zunehmend auf den internationalen Märkten Fuß
fassen und so am Exportboom teilhaben. Da die
Produktivität in den Unternehmen schneller gestiegen ist als das Arbeitnehmerentgelt je Beschäftigten, sind die Lohnstückkosten gesunken, und
auch die Ertragslage hat sich gebessert. Die Lohnstückkosten im verarbeitenden Gewerbe liegen
etwa auf dem Niveau im früheren Bundesgebiet. In
diesem Wirtschaftsbereich ist der Aufholprozess
weiter vorangekommen.
Die Dynamik in einzelnen Bereichen kommt
gesamtwirtschaftlich jedoch nicht zum Tragen,
solange die Bauwirtschaft und der Staatssektor so
stark schrumpfen. Zwar ist der Beitrag des Baugewerbes zur Wertschöpfung der Gesamtwirtschaft
inzwischen auf unter 10 % gefallen, aber der Rückgang im vergangenen Jahr mit einer fast zweistelligen Rate konnte selbst durch das kräftige Wachstum im verarbeitenden Gewerbe nicht aufgewogen
werden.
Auch im Prognosezeitraum reicht die Eigendynamik der ostdeutschen Wirtschaft nicht aus, um
den Aufholprozess gesamtwirtschaftlich wieder in
Gang zu setzen. Ostdeutschland kann noch nicht
auf Förderung verzichten.13 Letztlich müssen dabei die Wachstumskräfte im Mittelpunkt stehen.
Deshalb darf auch in Ostdeutschland der Pfad des
moderaten Lohnanstiegs nicht verlassen werden.
Eine moderate Lohnentwicklung ist insbesondere auch für den öffentlichen Dienst erforderlich,
um den Spielraum der ostdeutschen Länder und
Gemeinden zur Finanzierung der Infrastruktur zu
erhöhen. Auch würde die von den Instituten wiederholt geforderte Infrastrukturoffensive dazu beitragen, das Umfeld für Produktivitätsfortschritte
und so die Standortqualität Ostdeutschlands zu verbessern. Allerdings muss institutionell gesichert
sein, dass die den Ländern und Gemeinden gewährte finanzielle Hilfe zum Ausbau der Infrastruktur auch in die geplanten investiven Verwendungen fließt.
4. Zur Wirtschaftspolitik
Der Konjunkturaufschwung in Deutschland ist
zu Ende gegangen. Die hohe Zuwachsrate des realen Bruttoinlandsprodukts im vergangenen Jahr,
die merklich über dem mittelfristigen Trend lag,
wird im Prognosezeitraum nicht erreicht werden;
dasselbe gilt für den Euroraum. Ob daraus ein
wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf abzuleiten
ist, hängt vor allem von dem Urteil darüber ab,
was die Ursachen für die konjunkturelle Abkühlung sind, wie sich die Wirtschaft in absehbarer
Zeit entwickeln wird und wie der aktuelle Kurs der
Wirtschaftspolitik einzuschätzen ist.
Im Jahre 2000 nahm das reale Bruttoinlandsprodukt sowohl in Deutschland als auch im Euroraum mit der höchsten Rate seit rund einer Dekade
zu. Dies war wesentlich durch eine kräftige Expansion der Weltkonjunktur begünstigt. Allerdings
war nicht damit zu rechnen, dass die Weltwirtschaft auf Dauer in diesem hohen Tempo – die
Produktion nahm rascher zu als jemals in den vergangenen 15 Jahren – wachsen würde. Insbesondere wäre es in den USA bei anhaltend hoher Überauslastung der Kapazitäten zu inflationären Span126
nungen gekommen, die über eine geldpolitische
Restriktion wahrscheinlich eine ausgeprägte Rezession nach sich gezogen hätten. Neben der Weltkonjunktur hat ein weiterer Faktor die Exporte begünstigt, der nicht als nachhaltig bezeichnet werden kann: Die Abwertung des Euro hat sowohl in
Deutschland als auch im Euroraum zu dem ungewöhnlich kräftigen Exportboom beigetragen. Es
war nicht zu erwarten – und aus gesamtwirtschaftlicher Sicht auch nicht erwünscht –, dass der Euro
weiter abwerten würde. Tatsächlich hat er sich seit
Herbst des vergangenen Jahres etwas erholt.
Nachdem die Impulse seitens der Weltkonjunktur und des Wechselkurses nachgelassen hatten, war ein Abflachen der Konjunktur auch in
Deutschland unausweichlich. Ähnlich wie zur Zeit
der Asienkrise kann sich die deutsche Wirtschaft
den Einflüssen der Weltkonjunktur nicht entziehen. Doch obwohl die Landung der Konjunktur in
13 Vgl. das Herbstgutachten 2000 der Institute: Die Lage der
Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Herbst
2000, Oktober 2000.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
den USA nun härter ausfällt als erwartet und dadurch auch die Entwicklung in anderen Regionen
der Welt beeinträchtigt wird, ist ein markanter Abschwung hier zu Lande wenig wahrscheinlich.
Nach Einschätzung der Institute wird sich die Produktion etwa im Ausmaß des Trendwachstums erhöhen; die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten
werden in diesem wie im kommenden Jahr also
ähnlich ausgelastet sein wie im langjährigen
Durchschnitt. Auch wenn eine deutlichere Abschwächung nicht ausgeschlossen werden kann, ist
eine Rezession aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Dafür spricht schon die Tatsache, dass die
Wirtschaftspolitik weder in Deutschland noch im
Euroraum restriktiv ausgerichtet ist. Vielmehr wird
die Konjunktur in diesem Jahr sowohl von den
monetären Rahmenbedingungen als auch von der
Finanzpolitik angeregt; zudem verhält sich die
Lohnpolitik stabilitätsgerecht. Auch aus diesen
Gründen besteht kein Anlass für die Wirtschaftspolitik, in Aktionismus zu verfallen.
Die Wirtschaftspolitik sollte in allen Bereichen
auf einem mittelfristig orientierten Kurs bleiben,
der das Wirtschaftswachstum stärkt und die Arbeitslosigkeit verringert. Die Lohnpolitik hat in
den vergangenen Jahren wesentlich zu den Beschäftigungserfolgen beigetragen; dies gilt sowohl
für Deutschland als auch für den Euroraum insgesamt. So sind die Lohnanhebungen über mehrere
Jahre fast ausnahmslos hinter dem Produktivitätsfortschritt zurückgeblieben. Dies ist ein Grund dafür, dass das Potentialwachstum derzeit größer sein
dürfte als Mitte der neunziger Jahre. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass es nach
dem Ölpreisschock nicht zu höheren Lohnabschlüssen gekommen ist, der durch die Verschlechterung der Terms of Trade bedingte Realeinkommensverlust also hingenommen wurde.
Anders als in vergleichbaren Phasen in der Vergangenheit blieben Verteilungskonflikte aus. Dies
hat es der EZB ermöglicht, ihr Stabilitätsziel mit
niedrigeren Zinsen zu verfolgen, als es sonst der
Fall gewesen wäre; damit wurde die Konjunktur
gestützt.
Eine Fortsetzung des moderaten Kurses in der
Lohnpolitik liegt daher im Interesse aller Beteiligten. Es wäre hilfreich, wenn bald absehbar wäre,
dass es in den kommenden Jahren bei dem moderaten Kurs bleibt. Die Tarifparteien müssten verbindlich erklären, sich bei den Tarifabschlüssen
auf Dauer an der Produktivität zu orientieren, wobei die Höhe der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen ist. Dies ist der Kern, um den es beim „Bündnis für Arbeit“ gehen muss; andernfalls hätte diese
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Institution keinen Sinn. Eine solche Vereinbarung
hätte einen Vorteil, insbesondere wenn sie auf den
Euroraum insgesamt ausstrahlen würde: Die EZB
könnte stärker darauf vertrauen, dass die Preisstabilität von dieser Seite nicht beeinträchtigt wird;
sie brauchte also nicht präventiv die Geldpolitik
unnötig zu straffen.
Es ist daher wichtig, eine Beschleunigung des
Lohnanstiegs zu vermeiden. In Deutschland laufen
im kommenden Jahr für die meisten Bereiche der
Wirtschaft die Tarifverträge aus. Die jüngste Diskussion über Nachschlagsforderungen und die Ankündigung einer „harten Lohnrunde 2002“ sind für
Konjunktur und Beschäftigung kontraproduktiv.
Auch sollte vermieden werden, dass die geplante
Reform der Rentenversicherung zu höheren Tariflöhnen führt. Die darin vorgesehene private Vorsorge dient den Einkommen der Arbeitnehmer in
der Zukunft. Der Versuch, den mittelfristig mit der
höheren Ersparnis verbundenen Konsumverzicht
über höhere Löhne auszugleichen, würde zweifellos zu Lasten der Beschäftigung gehen.
Gegenwärtig wird kontrovers diskutiert, wie die
Finanzpolitik auf die konjunkturelle Abschwächung reagieren soll. Die Institute plädieren wie in
früheren Gutachten dafür, dass die automatischen
Stabilisatoren der Finanzpolitik wirken sollen. Das
bedeutet zum einen, dass es nun nicht um zusätzliche Ausgabenprogramme gehen kann, etwa um die
Nachfrage zu stimulieren. Zum anderen besteht
aber auch kein Anlass, jetzt vermehrt zu sparen
oder Abgaben zu erhöhen, weil die Defizite in den
öffentlichen Haushalten konjunkturbedingt höher
ausfallen, als noch vor einigen Monaten erwartet
worden war.
Der längerfristig angelegte Konsolidierungskurs in der Finanzpolitik sollte fortgesetzt werden.
Die Bundesregierung hat sich ebenso wie die anderen Regierungen der EWU-Länder verpflichtet, die
öffentlichen Haushalte mittelfristig auszugleichen;
mehrere Mitgliedstaaten weisen bereits im laufenden Jahr ein ausgeglichenes Budget oder sogar einen Überschuss auf. Um das Ziel des ausgeglichenen Haushalts zu erreichen, plant die Bundesregierung eine erhebliche Rückführung der Staatsquote.
Dies ist zur Senkung der Haushaltsfehlbeträge und
zur Finanzierung der Steuerentlastungen – der
Fahrplan steht hier für die kommenden Jahre mehr
oder weniger fest – auch erforderlich. Es wäre für
die Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik schädlich,
wenn diese mittelfristigen Ziele nicht erreicht würden.
Gegen das Ziel der Haushaltskonsolidierung
wird vielfach eingewendet, sie beeinträchtige die
127
Wachstumskräfte der Wirtschaft, da die Begrenzung der Ausgaben zu Lasten der öffentlichen Investitionen gehe. Dies ist aber alles andere als
zwangsläufig. Die Regierungen sollen vielmehr, so
die „Grundlinien zur Wirtschaftspolitik“ der Europäischen Union, die Struktur der öffentlichen Ausgaben zugunsten der Investitionen ändern. Dies ist
im Sinne einer Wachstumspolitik sinnvoll, denn
die Erfahrung zeigt, dass die Wachstumskräfte
eher gestärkt werden, wenn im Zuge der Konsolidierung der Anteil der öffentlichen Investitionen
zunimmt. Die Ausgabenpolitik der Gebietskörperschaften in Deutschland entspricht diesem Ziel seit
geraumer Zeit nicht. In den kommenden Jahren ist
sogar ein Rückgang der öffentlichen Investitionen
(in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) angelegt.
Dies geht zu Lasten des Potentialwachstums in
Deutschland, und es beeinträchtigt insbesondere
die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland.
Die Europäische Zentralbank hat noch nicht auf
die Verschlechterung der konjunkturellen Aussichten reagiert, sondern die Leitzinsen unverändert gelassen. Dies ist sowohl vor dem Hintergrund
der geldpolitischen Strategie der EZB als auch der
Indikatoren zur Konjunktur- und Preisentwicklung
nachvollziehbar. So verfolgt die EZB keine ausdrückliche Konjunkturorientierung wie etwa die
amerikanische Notenbank. Abgesehen davon
schwächt sich die wirtschaftliche Aktivität im Euroraum offenbar sehr viel weniger ab als in den
USA. Auch signalisieren die beiden Säulen der
geldpolitischen Strategie nicht eindeutig, dass eine
Lockerung der Politik unbedingt erforderlich ist.
So stieg die Geldmenge M3 lange Zeit schneller
als im Referenzwert vorgesehen, und die Inflation
im Euroraum blieb bis zuletzt höher als 2 % und
auch höher, als vielfach erwartet worden war. Dies
dürfte der wesentliche Grund dafür gewesen sein,
dass die EZB bislang die Geldpolitik nicht gelockert hat.
Die Institute erwarten, dass die EZB die Leitzinsen recht bald senken wird, und zwar um einen
halben Prozentpunkt. Ein solcher Schritt ist aus
heutiger Sicht gerechtfertigt. So hat sich die Expansion der Geldmenge seit einiger Zeit verlangsamt, der Referenzwert der EZB ist annähernd erreicht. In den kommenden Monaten ist vor dem
Hintergrund der konjunkturellen Abschwächung
kaum damit zu rechnen, dass die Geldnachfrage
beschleunigt steigt. Ferner ist es wahrscheinlich,
dass sich die Inflation im Euroraum im Laufe dieses Jahres zurückbildet und im Jahre 2002 unter
die Obergrenze von 2 % sinken wird. Diese Perspektive dürfte sich auch im Rahmen der Inflati128
onsprognose der EZB ergeben, der zweiten Säule
der geldpolitischen Strategie also. So rechnete die
Notenbank noch im Dezember des vergangenen
Jahres, als die Projektionen erstmals veröffentlicht
wurden, für das Jahr 2002 mit einer Rate von rund
2 %, allerdings unter der Prämisse eines anhaltend
kräftigen Aufschwungs im Euroraum. Als Folge der
Abkühlung der Konjunktur dürften sich die Perspektiven für die Preisentwicklung etwas günstiger
darstellen als in der Projektion vom Dezember 2000.
Bei der weiteren Politik sollte sich die EZB eng
an dem Rahmen orientieren, der durch die beiden
Säulen der geldpolitischen Strategie vorgegeben
wird. Diese Strategie hat sich in der kurzen Geschichte der Europäischen Währungsunion durchaus bewährt, und es besteht nach Ansicht der Institute kein Grund, davon abzurücken. Im Interesse
der Reputation der EZB ist es wünschenswert, dass
die Geldmenge in diesem Jahr nicht wie in den
beiden Vorjahren stärker zunimmt, als es mit dem
Ziel der Preisstabilität vereinbar ist. Die Einhaltung
des Stabilitätsziels ist die zentrale Aufgabe der EZB.
Durch ihre Politik muss sie sicherstellen, dass die
Inflationsrate im Euroraum nicht nachhaltig über
der vorgegebenen Obergrenze von 2 % liegt.
Finanzpolitik
Aufgrund der Steuerreform gehen von der Finanzpolitik in diesem Jahr erhebliche Impulse für
die Konjunktur aus. Die (um die UMTS-Erlöse bereinigte) gesamtstaatliche Defizitquote steigt von
1,0 % im vergangenen Jahr auf 1,7 % in diesem
Jahr. Auch wenn sich das Defizit damit deutlich
erhöht, so ist darin keine generelle Abkehr vom
Konsolidierungskurs zu sehen. Nach der Prognose
der Institute wird die Defizitquote im nächsten Jahr
auf 1,2 % sinken (Tabelle 4.1). Die Finanzpolitik
wirkt sich dann wieder leicht restriktiv auf die
Konjunktur aus.
Die Prognose des Budgetdefizits birgt derzeit
aber besondere Risiken. Neben den Konjunkturrisiken gibt es erhebliche Unsicherheiten bei der Abschätzung der Mindereinnahmen infolge der „Steuerreform 2000“. Unsicherheiten gibt es aber auch
auf der Ausgabenseite. So könnten u. a. die aus
BSE sowie Maul- und Klauenseuche resultierenden Mehrausgaben höher werden als hier unterstellt. Aber selbst wenn die hier geschätzten Defizitquoten erreicht werden, sind sie um jeweils 0,2
Prozentpunkte höher als in dem im Herbst 2000
aktualisierten Stabilitätsprogramm der Bundesregierung für 2001 und 2002 vorgesehen (Tabelle 4.2).
Der beim gesamtstaatlichen Haushalt im Jahre
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Tabelle 4.1:
Ausgewählte finanzwirtschaftliche Indikatoren 1991 bis 2002
- in % des nominalen Bruttoinlandsprodukts Staatseinnahmen
darunter:
SozialbeiInsgeSteuern
träge
samt
Staatsausgaben
darunter:
InsgeZinsausBruttoinsamt
gaben
vestitionen
Finanzierungssaldo
NachrichtSchuldenlich:
stand1)
Zins/SteuerQuote2)
1991
44,1
22,4
17,2
47,1
2,8
2,7
-3,0
1992
45,5
22,8
17,6
48,1
3,3
2,9
-2,5
43,1
14,3
1993
46,1
22,9
18,2
49,3
3,4
2,8
-3,1
47,1
14,6
46,5
22,9
18,6
49,0
3,3
2,7
-2,4
49,4
14,6
45,9
22,5
18,8
49,3
3,7
2,3
-3,3
57,1
16,3
1996
46,8
22,9
19,4
50,3
3,7
2,1
-3,4
59,8
16,1
1997
46,5
22,6
19,6
49,2
3,6
1,9
-2,7
60,9
16,1
1998
46,6
23,0
19,2
48,6
3,6
1,8
-2,1
60,7
15,6
1999
47,2
24,1
18,9
48,6
3,5
1,8
-1,4
61,1
14,7
1994
1995
3)
4)
40,4
4)
12,7
2000
47,0
24,5
18,7
48,1
3,3
1,8
-1,0
60,3
13,5
2001
45,7
23,2
18,5
47,4
3,2
1,7
-1,7
58,7
13,9
2002
45,9
23,8
18,3
47,2
3,2
1,7
-1,2
58,4
13,5
1)
2)
Verschuldung in der Abgrenzung des Maastricht-Vertrages.Zinsausgaben des Staates in Relation zum
Steueraufkommen.- 3) Ohne Vermögenstransfers im Zusammenhang mit der Übernahme der Schulden der
Treuhandanstalt und der Wohnungswirtschaft der ehemaligen DDR (233,9 Mrd. DM).- 4) Ohne Erlöse aus der
Versteigerung der UMTS-Lizenzen (99,4 Mrd. DM).
Quellen: Statistisches Bundesamt; Berechnungen der Institute; 2001 und 2002: Prognose der Institute.
Tabelle 4.2:
Stabilitätsprogramm der Bundesregierung1)
1999
2000
2001
2002
2003
2004
44
in % des Bruttoinlandsprodukts
Staatsquote
48,6
48
46½
45½
44½
Einnahmenquote
47,2
47
45
44½
44
44
dar.: Steuerquote
24,1
24½
23
23½
23
23½
Sozialbeitragsquote
18,9
18½
18
17½
17½
17
Abgabenquote
43,1
43
41
41
40½
40½
Defizitquote
-1,4
-1
-1½
-1
-½
0
Schuldenquote
61,1
60
58
57½
56½
54½
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
Nachr.: Reales BIP
1)
1,6
2¾
2¾
2½
2½
2½
BIP-Deflator
0,9
½
1½
1½
1½
1½
Nominales BIP
2,5
3¼
4¼
4
4
4
Ohne Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen; Stand September 2000.
Quelle: Bundesministerium der Finanzen.
2004 und beim Bundeshaushalt im Jahre 2006
vorgesehene Budgetausgleich würde angesichts
des etwas höheren Ausgangsniveaus nur dann erreicht, wenn die Konsolidierungsbemühungen intensiviert werden.
Ein wichtiger Grund für das im Vergleich zum
Stabilitätsprogramm höhere Defizit ist die schwäWirtschaft im Wandel 5/2001
chere gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Im Defizit spiegeln sich auch die im öffentlichen Finanzsystem enthaltenen automatischen Stabilisatoren
auf der Einnahmen- und Ausgabenseite wider. Ein
Versuch der Finanzpolitik, die konjunkturbedingten Belastungen für das Budget aufzufangen, indem sie Abgaben erhöht oder Ausgaben kürzt,
129
würde die Konjunktur zusätzlich schwächen. Deshalb halten es die Institute für falsch, auf die höheren Defizitschätzungen etwa mit einem Haushaltssicherungsgesetz zu reagieren.
Ein weiterer Grund für das im Vergleich zum
Stabilitätsprogramm höhere Defizit ist der strukturell stärkere Anstieg der Ausgaben. Die Senkung
der Staatsquote fällt im Prognosezeitraum deutlich
geringer aus als dies im Stabilitätsprogramm geplant ist. Der (um die UMTS-Erlöse bereinigte)
Anstieg der Staatsausgaben ist nach der Schätzung
der Institute in den Jahren 2001 und 2002 um jeweils ¾ Prozentpunkte höher als im Stabilitätsprogramm vorgesehen. Dies erklärt – rein rechnerisch –
etwa die Hälfte der Differenz zwischen der hier für
das Jahr 2002 prognostizierten Staatsquote und der
Quote im Stabilitätsprogramm. Die andere Hälfte
der Abweichung resultiert daraus, dass der Zuwachs des nominalen Bruttoinlandsprodukts, also
der Bezugsgröße, deutlich geringer ausfällt als im
Stabilitätsprogramm unterstellt.
Damit stellt sich die Frage, ob und wie die Finanzpolitik auf die sich gegenwärtig abzeichnenden Abweichungen vom Stabilitätsprogramm bei
der Staatsquote und bei der Abgabenquote reagieren soll. Im Hinblick auf die nächste Aktualisierung des Stabilitätsprogramms muss den veränderten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung getragen werden. Generell sollte
aber das Konzept der finanzpolitischen Konsolidierung neu definiert werden. Bislang ist die Finanzpolitik zu einseitig am Abbau des Budgetdefizits ausgerichtet. Dabei besteht die Gefahr, dass es
– wie zur Zeit – aufgrund überraschender Veränderungen in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
zu Abweichungen kommt, die dann, wenn ihre Ursachen der Öffentlichkeit nicht entsprechend erläutert werden, das Vertrauen in die mittelfristige
Haushaltskonsolidierung gefährden.
Bei der Aktualisierung des Stabilitätsprogramms ist die veränderte mittelfristige Entwicklung
des
nominalen
Bruttoinlandsprodukts
zugrunde zu legen. Das reale Trendwachstum der
Gesamtwirtschaft ist mit reichlich 2 % zu veranschlagen und die mittelfristige gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate (BIP-Deflator) mit reichlich 1 %. Dies ergibt einen (trendmäßigen) Anstieg
des nominalen Bruttoinlandsprodukts von 3½ %;
das ist etwas weniger als im derzeitigen Stabilitätsprogramm unterstellt. Damit sind mittelfristig
weniger Staatseinnahmen, aber auch weniger
Staatsausgaben zu erwarten. Falls der Staat nicht
von dem Ziel einer Rückführung der Abgabenquote und auch nicht wesentlich von dem Zeitpfad
130
für den mittelfristigen Budgetausgleich abrückt,
muss auch der Anstieg der nominalen Staatsausgaben im Stabilitätsprogramm für die nächsten Jahre
niedriger als die vorgesehenen 2 % angesetzt werden. Dies bedeutet nicht, dass der Ausgabenpfad
für die realen Staatsausgaben gesenkt werden
muss, denn bei einem – im Vergleich zum Stabilitätsprogramm – geringeren allgemeinen Preisanstieg steigen auch die Preise für die vom Staat bereitgestellten Güter und Leistungen entsprechend
langsamer als dort implizit unterstellt.
Die Institute schlagen ein Konzept der Haushaltskonsolidierung vor, bei dem sich die Finanzpolitik an einem mittelfristig festgelegten Ausgabenpfad orientiert. Um diesen nicht zu gefährden,
darf der Staat zusätzlichen Ausgabenwünschen nur
nachgeben, wenn gleichzeitig Einsparungen an anderer Stelle vorgeschlagen und auch akzeptiert
werden. Eine derartige Regelbindung der Haushaltspolitik ist in den USA mit dem „Budget Enforcement Act“, wo ein solcher Pfad für die konsumtiven Ausgaben festgelegt wurde, erfolgreich
praktiziert worden. Dabei wurde für die jährlich zu
bewilligenden Ausgaben eine Obergrenze vorgegeben; bei einer drohenden Überschreitung müssen
Kürzungen bei anderen Ausgaben vorgenommen
werden. Auf diese Weise ist der Ausgabenanstieg
gebremst worden. Die konjunkturbedingten Mehreinnahmen konnten dann zum Abbau des Budgetdefizits und später zum Schuldenabbau verwendet
werden. Mit entsprechenden Vorkehrungen würde
auch in Deutschland der mittelfristig vorgesehene
Budgetausgleich erleichtert.
Neben der „quantitativen Haushaltskonsolidierung“ sollte in Zukunft mehr auf die „qualitative
Haushaltskonsolidierung“ geachtet werden. Darunter ist zu verstehen, dass zum einen die Abgabenquote weiter sinkt, insbesondere für den nach
wie vor hoch belasteten Faktor Arbeit, und dass
zum anderen die aus wachstumspolitischer Sicht
besonders wichtigen investiven Ausgaben stärker
ausgeweitet werden. Seit längerem geht nämlich
der Anteil der öffentlichen Investitionen am Bruttoinlandsprodukt und auch an den gesamten
Staatsausgaben zurück. Nach der Prognose der Institute beträgt im Jahre 2002 der Anteil der öffentlichen Bruttoinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt nur noch 1,7 % und der Anteil an den Staatsausgaben 3,6 %. Diese Anteile sind deutlich niedriger als Mitte der neunziger Jahre; im Jahre 1994
lagen sie bei 2,7 % bzw. 5,4 %. Da inzwischen die
Abschreibungen auf öffentliche Anlagen ähnlich
hoch sind wie die Bruttoinvestitionen, reichen die
öffentlichen Investitionen derzeit lediglich aus, den
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Infrastrukturbestand zu erhalten. Da aber die gesamtwirtschaftliche Produktion und das Realeinkommen der Bevölkerung weiter steigen, resultiert
daraus eine Senkung des Infrastrukturangebots je
Einheit des Bruttoinlandsproduktes. Eine derartige
Entwicklung führt früher oder später zu Infrastrukturengpässen mit entsprechend negativen
Wirkungen auf das Wachstum.
Bei der Bewertung der staatlichen Investitionen
ist allerdings zu berücksichtigen, dass in den letzten Jahren infolge von Privatisierungen Investitionen aus dem öffentlichen Sektor in den Unternehmenssektor verlagert wurden, so dass die tatsächliche Investitionsentwicklung in den einzelnen Infrastrukturbereichen vermutlich günstiger war und die
Investitionsausgaben im öffentlichen Sektor die
tatsächlichen Infrastrukturinvestitionen unterschätzen. Auch wenn durch diese Verlagerungen die
Analyse des Infrastrukturangebots erschwert wird,
dürfte die Folgerung, dass ohne eine verstärkte
„qualitative Konsolidierung“ in Zukunft zunehmend Engpässe in wichtigen Infrastrukturbereichen auftreten werden, dennoch gültig sein.14
Zur Finanzpolitik im Euroraum
Da in mehreren Ländern des Euroraums die
Steuern gesenkt werden, gehen von der Finanzpolitik in diesem Jahr positive Impulse auf die Konjunktur im Euroraum aus. Mit der erstmals wieder
expansiveren Finanzpolitik verändert sich auch der
Policy-Mix zwischen Finanzpolitik und Geldpolitik im Euroraum, und es ist notwendig, die gegenseitigen Abhängigkeiten dieser beiden Politikbereiche zu betrachten. Generell gilt, dass die EZB
die Zinsen um so weniger senken muss, je mehr
die Finanzpolitik im Durchschnitt der Euroländer
der Abschwächung der EWU-Konjunktur entgegenwirkt, und umgekehrt können bei einem restriktiven finanzpolitischen Kurs, der die gesamtwirtschaftliche Auslastung und damit die Inflationsrate im Euroraum senkt, die Leitzinsen niedriger sein. Dieser Zusammenhang ergibt sich jedenfalls aus dem geldpolitischen Konzept der EZB.
Danach ist eine Zinssenkung erforderlich, wenn
sich bei einer Abschwächung der Konjunktur oder
deflatorischen Tendenzen das Geldmengenwachstum entsprechend verlangsamt und unter den Refe14 Vgl. Infrastrukturelle Nachholbedarfe Ostdeutschlands. Zu-
sammenfassung der Gutachten der folgenden Institute:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin; Institut
für Ländliche Strukturforschung, Frankfurt/Main; Ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, Institut für Wirtschaftsforschung Halle und Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, Essen.
www.rwi-essen.de/presse/fg/finanzen/soli-2.pdf
Wirtschaft im Wandel 5/2001
renzwert zu sinken droht. Da bei einer expansiven
Finanzpolitik der Konjunkturabschwung gemildert
wird, werden auch das Geldmengenwachstum und
der Preisanstieg weniger zurückgehen als bei einer
neutralen oder restriktiven Finanzpolitik, so dass
die Zinsen weniger gesenkt werden müssen. Würde
– anders als in den Stabilitätsprogrammen vorgesehen – in Zukunft bei hoher gesamtwirtschaftlicher Auslastung die Finanzpolitik expansiv ausgerichtet bleiben und Inflationsrisiken hervorrufen,
müsste die EZB entsprechend ihrem Auftrag und
ihrem Konzept die Zinsen erhöhen.
Neben der Frage der finanzpolitischen Ausrichtung im Durchschnitt der Länder im Euroraum
ist auch zu klären, welchen Spielraum die einzelnen Länder bei der Gestaltung ihrer Finanzpolitik
haben sollten. In jüngster Zeit ist die Finanzpolitik
insbesondere in Irland als zu expansiv kritisiert
worden. Irland hat ein – im Vergleich zum Durchschnitt des Euroraums – überdurchschnittlich hohes Wirtschaftswachstum und eine überdurchschnittlich hohe Inflationsrate. Gleichzeitig weist
der öffentliche Haushalt einen erheblichen Überschuss auf; im Jahre 2000 betrug er 4,5 % des
Bruttoinlandsprodukts. Er verringert sich jetzt allerdings auf etwa 4 %, insbesondere weil die Steuern gesenkt wurden. Darin sieht die EU-Kommission angesichts der ohnehin schon relativ hohen
Inflationsrate eine zu expansive Ausrichtung der
Finanzpolitik.
Bei der Beurteilung der Situation in Irland sind
allerdings verschiedene Besonderheiten zu berücksichtigen: Die Inflationsrate dürfte dort schon aus
strukturellen Gründen höher sein als im Durchschnitt des Euroraums.15 Aber auch wenn – was zu
vermuten ist – die aktuelle Situation in Irland
durch eine konjunkturelle Überhitzung gekennzeichnet ist, wäre zu klären, welcher Anpassungsprozess für Irland angemessen ist. Wird die Inflationsbekämpfung – wie von der EU-Kommission
vorgeschlagen – über eine restriktive Finanzpolitik
durchgeführt, dann sinkt die Inlandsnachfrage,
während die Exportnachfrage relativ kräftig bleibt.
Ist dagegen die Finanzpolitik (gemessen am
strukturellen Budgetsaldo) neutral, dann führen die
höheren Preissteigerungen in Irland zu einem
15 Dies ist der so genannte Balassa-Samuelson-Effekt: In Län-
dern, welche wirtschaftlich gegenüber den übrigen Ländern
aufholen, steigen die Löhne in der Exportwirtschaft wegen des
hohen Produktivitätsfortschritts rasch. Sie beeinflussen auch
die Lohnentwicklung in denjenigen Sektoren, die nicht oder
weniger dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind. Da
dort der Produktivitätsfortschritt geringer ist, steigt das gesamtwirtschaftliche Preisniveau im Verlauf dieses Aufholprozesses schneller als in den „reiferen“ Volkswirtschaften.
131
Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit
und zu einer Exportdämpfung, die in der Folge die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit auch
die Inflationsrate senkt. Die überdurchschnittlich
hohe Inflationsrate wird bei diesem Anpassungsprozess also entsprechend akzeptiert. Während die
Rückkehr zum gleichgewichtigen Wachstum mit
Hilfe einer restriktiven Finanzpolitik die Anpassungskosten einseitig der Inlandsnachfrage aufbürdet, sind bei diesem zweiten Anpassungsweg die
Exporte einbezogen. Die Regierung Irlands versucht allerdings, die Anpassung über einen „dritten
Weg“ zu erreichen. Sie will über eine Steuersenkung eine moderate Lohnpolitik „erkaufen“, um
auf diese Weise die Preisstabilität wieder herzustellen. Diese Art der Einkommenspolitik wird
aber auf Dauer nicht durchzuhalten sein, so dass
die Beseitigung der Überauslastung der Kapazitäten letztlich eine reale Aufwertung, also temporär
höhere Lohn- und Preissteigerungen, erforderlich
machen dürfte.
Geldpolitik
Die Europäische Zentralbank steht in der
nächsten Zeit angesichts der schwächeren Konjunktur und des anhaltend kräftigen Preisanstiegs
vor schwierigen Entscheidungen. Bis zum Herbst
vergangenen Jahres hatte sie die Leitzinsen deutlich angehoben. Ein wesentlicher Grund dafür war
die außerordentlich kräftige Expansion der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage im Euroraum, die
aus der Sicht der EZB mit einer erheblichen Erhöhung der Inflationsrisiken einherging. Hinzu kam,
dass durch das Anziehen der Weltmarktpreise für
Rohöl und die anhaltende Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar der Preisauftrieb im Euroraum von außenwirtschaftlicher Seite beträchtlich
beschleunigt wurde. Mit den verschlechterten
Konjunkturaussichten in der EWU und der raschen
Lockerung des geldpolitischen Kurses in den USA
stellt sich die Frage nach einer Zinswende auch für
den Euroraum. Ob die Zeit hierfür jetzt schon gekommen ist, bedarf einer gründlichen Abwägung.
Dabei werden in der öffentlichen Diskussion immer wieder Argumente für oder gegen Zinsschritte
angeführt, die sich bei näherer Betrachtung als
nicht stichhaltig erweisen.
So sollte die Zinswende der amerikanischen
Notenbank per se keine Rolle für die geldpolitischen Beschlüsse der Europäischen Zentralbank
spielen. Weder muss sie zwangsläufig die Zinssenkungen in den USA nachvollziehen, noch muss
sie die Zinsen nur deshalb unverändert lassen, weil
132
sie ihre Unabhängigkeit von der Fed „beweisen“
will. Entscheidend ist die Wahrung der Preisstabilität im Euroraum. Beschlüsse anderer Notenbanken sind nur insofern von Bedeutung, als sie sich
auf die Teuerung im Euroraum auswirken können.
Eine Leitzinssenkung in den USA könnte ein Argument für eine Zinssenkung im Euroraum sein,
wenn wegen der verringerten Zinsdifferenz der
Euro gegenüber dem Dollar an Wert gewinnen
würde. Bisher ist dieser Effekt nicht eingetreten.
Mithin ist die geldpolitische Lockerung der amerikanischen Notenbank kein Argument für entsprechende Schritte der EZB.
Ein anderes untaugliches Argument, diesmal
gegen Zinssenkungen, sind Inflationsdifferenzen
innerhalb des Euroraums. Ohne Zweifel ist Preisstabilität nicht in allen Ländern des Euroraums gegeben. Namentlich in Irland und den Niederlanden
sind die Inflationsraten sehr hoch. Gleichwohl
spricht dies nicht gegen niedrigere Leitzinsen, solange die Preisstabilität im Euroraum insgesamt
gewahrt bleibt. Geldpolitik ist gesamtwirtschaftliche Politik. Regionale Gesichtspunkte können und
dürfen keine Rolle spielen. Bedenklich wäre, wenn
die Stimmenverhältnisse im EZB-Rat, die den
Zentralbanken der kleineren Länder einen über ihren Anteil an der Wirtschaftsleistung des Euroraums hinausgehenden Einfluss zubilligen, zu einer entsprechend stärkeren Berücksichtung der
Preisentwicklung in ihren Ländern führte. In der
gegenwärtigen Situation würde es dann für den
Euroraum insgesamt zu einer zu restriktiven Geldpolitik kommen.
Um Konsistenz mit früheren Entscheidungen
und damit Glaubwürdigkeit zu wahren, sollte sich
die EZB vielmehr weiterhin allein auf ihre ZweiSäulen-Strategie stützen. Zum einen orientiert sie
sich an einem Referenzwert für die Geldmengenentwicklung. Zum anderen verwendet sie ein breites Bündel von Indikatoren, um die künftige Entwicklung der Inflation abzuschätzen; in den im
Dezember vorigen Jahres erstmals veröffentlichten
Projektionen hat sie diesen Ansatz ausführlich dargelegt. Beide Säulen deuten darauf hin, dass sich
die Gefahren für die Preisstabilität im Prognosezeitraum wohl verringern werden.
Die Expansion der Geldmenge M3 hat sich,
auch unter dem Einfluss der Zinserhöhungen des
vergangenen Jahres, deutlich abgeschwächt und
lag zuletzt mit 4,7 % (Vorjahrsvergleich) unter dem
Wert von 5 %, der nach Ansicht der Institute mittelfristig mit Preisstabilität vereinbar ist. Ein länger
anhaltendes reales Geldmengenwachstum in der
derzeit gemessenen Größenordnung impliziert, dass
Wirtschaft im Wandel 5/2001
sich die Konjunktur abschwächt. Damit wird die
Geldnachfrage in nächster Zeit langsamer steigen
und die Expansion der Geldmenge unter das stabilitätsgerechte Maß sinken. Um dem vorzubeugen,
ist eine geldpolitische Lockerung gerechtfertigt.
Für die zweite Säule ist zum einen von Bedeutung, dass mit der erwarteten konjunkturellen Abkühlung bis ins kommende Jahr nicht die Gefahr
einer Inflationsbeschleunigung verbunden ist. Darüber hinaus wirken die Stabilisierung des Rohölpreises und – wie unterstellt – eine leichte effektive Aufwertung des Euro dämpfend auf den Preisauftrieb. Vor allem aber rechnen die Institute damit,
dass die Lohnsteigerungen im Euroraum weiterhin
moderat bleiben und die Lohnstückkosten nur wenig höher sein werden. Daher signalisiert auch die
zweite Säule eine Abnahme der Stabilitätsrisiken.
Es gibt allerdings Gründe, die zur Vorsicht
mahnen. So hat sich die Inflation im Euroraum in
den vergangenen Monaten erheblich weniger verringert, als vielfach erwartet worden war. Im Februar übertraf sie mit einer Rate von 2,6 % die von
der EZB gesetzte Obergrenze von 2 % immer noch
deutlich. Auch für die kommenden Monate ist
nicht zuletzt angesichts der Sonderentwicklung bei
den Nahrungsmittelpreisen ungewiss, ob bereits
mit einer deutlichen Verlangsamung des Anstiegs
des HVPI gerechnet werden kann. Ein temporärer
Preisschub durch die Energie- und die Nahrungsmittelverteuerung wäre unbedenklich, wenn nicht
die Gefahr bestünde, dass die dadurch entstandenen Realeinkommensverluste im Zuge künftiger
Lohnverhandlungen korrigiert würden. Die Lohnsteigerungen im Euroraum würden dann weniger
moderat ausfallen als in dieser Prognose unterstellt, und die Preisschübe bei Energie und Nahrungsmitteln würden über derartige „Zweitrundeneffekte" in eine dauerhafte Beschleunigung der Inflation münden. Dies darf nicht geschehen, denn
um ihr stabilitätspolitisches Ziel zu erreichen, muss
die EZB dafür sorgen, dass sich die Inflationsrate
in absehbarer Zeit wieder abschwächt und unter
die 2-Prozent-Marke zurückgeht. Um kein falsches
Signal für die Preisstabilität zu geben, kann daher
die monetäre Lockerung zurzeit nur geringfügig
ausfallen. Die Institute halten eine Senkung der
Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte für gerechtfertigt.
Im Dezember 2000 hat die EZB begonnen, zur
Verdeutlichung der zweiten Säule ihrer geldpolitischen Strategie so genannte Projektionen für die
gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Inflation im Euroraum zu veröffentlichen. Diese Projektionen werden unter der Annahme abgeleitet,
dass die Zinsen im betreffenden Zeitraum nicht
Wirtschaft im Wandel 5/2001
verändert werden; mögliche Reaktionen der Geldpolitik und ihre Wirkungen bleiben somit unberücksichtigt. Für die projizierten Größen werden
ferner keine Punktschätzungen angegeben, sondern
Bandbreiten. Dadurch soll die Unsicherheit der
Projektion verdeutlicht werden.
Generell können solche Projektionen dazu dienen, die Transparenz und Glaubwürdigkeit der
Geldpolitik zu erhöhen, auf die Inflationserwartungen Einfluss zu nehmen und auf ein stabilitätskonformes Verhalten anderer wirtschaftspolitischer
Instanzen hinzuwirken. Insofern ist die Veröffentlichung der Projektionen zu begrüßen.
Sie sind allerdings nicht in mechanistischer
Weise zu interpretieren; darauf haben die Institute
schon im Herbstgutachten 2000 hingewiesen. Eine
Änderung der Leitzinsen folgt also nicht zwangsläufig, wenn die Projektion eine Abweichung der
Inflationsrate vom Zielwert signalisiert. Ähnliches
gilt übrigens auch für diejenigen Notenbanken, die
solche Prognosen im Rahmen des „inflation targeting“ regelmäßig erstellen.
Doch ist derzeit noch nicht deutlich genug, wie
wichtig die Projektionen für die Politik der EZB
überhaupt sind. Um den Stellenwert der Projektionen wirklich ermessen zu können, bedarf es folglich noch einiger Klarstellungen. Da die Projektionen letztlich die zweite Säule der geldpolitischen
Strategie darstellen, sollte bei Entscheidungen des
EZB-Rates zumindest in der Begründung darauf
eingegangen werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Projektionen nur eine Säule
der Strategie repräsentieren. Die Zusammenhänge
mit der Entwicklung der Geldmenge müssen also
stets hergestellt und der Öffentlichkeit erläutert
werden. Nur dann kann das Instrument der Projektionen als sinnvoller Bestandteil der geldpolitischen Strategie angesehen werden.
Selbst wenn sich die EZB nicht streng an die
Empfehlung hält, die aus der Projektion folgt, besteht doch zumindest ein Druck, dass sie ihre Entscheidung bezüglich der Leitzinsen auch vor dem
Hintergrund der Projektion begründet. Dies kann,
wie nach der Veröffentlichung der Prognose im
vergangenen Dezember, auch dadurch geschehen,
dass die EZB etwa in ihren Monatsberichten auf
geänderte weltwirtschaftliche Bedingungen verweist, nach denen die Prognose möglicherweise
korrigiert werden muss. Da die Projektionen nur
zweimal im Jahr veröffentlicht werden, ist dies
auch sinnvoll, denn sonst würde sich die EZB für
ein halbes Jahr binden. Auf jeden Fall erhöhte dies
die Transparenz der Geldpolitik, und die Notenbank stünde unter einem gewissen Begründungs133
zwang. Damit würde der diskretionäre Handlungsspielraum eingeengt, was ganz im Sinne einer
mittelfristig orientierten Stabilitätspolitik wäre.
Für die Transparenz der Geldpolitik wäre hingegen nichts gewonnen, wenn die Projektionen
unverbindlich wären. Sie würden lediglich Auskunft über die Einschätzung der wirtschaftlichen
Lage durch den Stab der EZB geben, ohne dass
dies zu Konsequenzen in der Zinspolitik führte.
Dann wären die Projektionen auch entbehrlich.
Lohnpolitik
Die moderaten Tarifabschlüsse in den vergangenen Jahren haben wesentlich dazu beigetragen,
dass sich die Beschäftigung wieder erhöhte und
gleichzeitig der Preisauftrieb trotz spürbarer außenwirtschaftlicher Teuerungsimpulse begrenzt
blieb. Jetzt geht es darum, die tarifpolitischen Weichen für das Jahr 2002 und darüber hinaus zu stellen. Die Institute plädieren dafür, den moderaten
Kurs fortzusetzen. Dies bedeutet, dass sich die
Lohnentwicklung prinzipiell am Produktivitätszuwachs zuzüglich des unvermeidlichen Preisanstiegs orientieren sollte – allerdings unter Berücksichtigung der Lage am Arbeitsmarkt. In der Prognose wurde unterstellt, dass die Tariflohnsteigerungen mit durchschnittlich 2¼ % in diesem und
2½ % im nächsten Jahr maßvoll bleiben. Mit einer
solchen Strategie, bei der die Lohnstückkosten nur
wenig steigen, verhalten sich die Tarifparteien
nach Meinung der Institute beschäftigungsorientiert und zugleich konform im Hinblick auf das
Ziel der Preisstabilität. Für die ostdeutsche Wirtschaft ist Lohnmäßigung besonders wichtig. Maßstab dürfen nicht die Löhne im Westen sein, weil
diesen eine höhere Produktivität zugrunde liegt.
Vielmehr müssen sich die Löhne an der Produktivität in Ostdeutschland orientieren. Falls – wie in
der Vergangenheit geschehen – der Aufholprozess
bei den Löhnen schneller verläuft als bei der Produktivität, tragen letztlich die Arbeitnehmer die
Kosten in Form höherer Arbeitslosigkeit.
Die Lohnpolitik steht – nicht nur in Deutschland, sondern im gesamten Euroraum – angesichts
der starken außenwirtschaftlich bedingten Teuerungsimpulse aus dem vergangenen Jahr derzeit in
einer besonderen Verantwortung für die Sicherung
der Preisstabilität; die Institute haben hierauf schon
in ihrem Herbstgutachten hingewiesen. Zwar sind
die Ursachen für den Preisschub inzwischen weit-
134
gehend entfallen; der Weltmarktpreis für Rohöl hat
sich zurückgebildet, und der Euro tendiert allmählich wieder stärker. Die Gefahr von Zweitrundeneffekten ist aber noch nicht endgültig gebannt.
Über entsprechende Nachschlagsforderungen in
den kommenden Lohnverhandlungen könnte eine
Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt werden, die die
Europäische Zentralbank zu Gegenmaßnahmen
zwänge. Eine derartige Konfliktsituation zwischen
Lohnpolitik und Geldpolitik im Euroraum muss
unbedingt vermieden werden. Deshalb darf die
Lohnpolitik im Euroraum den derzeit moderaten
Kurs nicht verlassen. Die EZB muss auch davon
überzeugt sein, dass dies der Fall ist und somit
auch in den kommenden Jahren von der Lohnentwicklung keine Gefahren für die Preisstabilität
ausgehen.
Das Vertrauen in einen anhaltend moderaten
lohnpolitischen Kurs kann erhöht werden, wenn
die Tarifparteien Lohnabschlüsse tätigen würden,
die etwas weiter in die Zukunft reichen. Eine Möglichkeit wäre – wie schon in der Vergangenheit
praktiziert – längere Laufzeiten von Tarifverträgen
zu vereinbaren. Allerdings gibt es an deren Ende
– wie in diesem Jahr – auch Unsicherheiten, ob der
lohnpolitische Kurs tatsächlich fortgesetzt wird. Eine
andere Möglichkeit wäre, die Lohnabschlüsse
nicht wie bisher üblich für das laufende, sondern
für das jeweils kommende Jahr abzuschließen.
Dies würde der Geldpolitik frühzeitig signalisieren, wie der Kurs der Lohnpolitik auf mittlere
Sicht einzuschätzen ist; auch die Unternehmen
würden mehr Planungssicherheit gewinnen.
Gegen derartige Lohnabschlüsse, die weiter in
die Zukunft reichen, könnte man einwenden, dass
für die Tarifpartner die Unsicherheit steigt, weil
die wirtschaftliche und preisliche Entwicklung anders verlaufen könnte, als zum Zeitpunkt des Abschlusses vorhersehbar war. Für die Lohnentwicklung gilt aber generell, dass sie sich, wie mehrfach
erwähnt, prinzipiell am mittelfristig erwarteten
Produktivitätszuwachs zuzüglich des unvermeidlichen Preisanstiegs orientieren sollte. Vorübergehende Effekte, beispielsweise steigende bzw. sinkende Ölpreise oder eine konjunkturell bedingte
Veränderung der Produktivität, sollen dagegen bei
der Lohnfindung nicht berücksichtigt werden. Bei
einer solchen Strategie würden die Preis- und
Konjunkturrisiken geringer werden. Für die Politik
der EZB wäre von Bedeutung, dass eine solche Tarifpolitik auf den übrigen Euroraum ausstrahlt.
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Die wichtigsten Daten
der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
Wirtschaft im Wandel 5/2001
135
Die wichtigsten Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
Vorausschätzung für die Jahre 2001 und 2002
Bundesrepublik Deutschland
2000
2001
2002
2002
2001
1.Hj.
2.Hj.
1.Hj.
2.Hj.
1. Entstehung des Inlandsprodukts
Veränderung in % gegenüber dem Vorjahreszeitraum
Erwerbstätige
1,6
0,9
0,8
1,0
0,8
0,7
0,8
Arbeitszeit, arbeitstäglich
-0,6
-0,5
-0,6
-0,5
-0,5
-0,2
-1,0
Arbeitstage
-0,9
-0,3
0,0
-0,5
-0,1
-0,7
0,7
Arbeitsvolumen, kalendermonatlich
Produktivität1)
0,0
0,1
0,2
0,0
0,1
-0,2
0,4
3,0
2,0
2,0
1,9
2,2
2,1
1,9
Bruttoinlandsprodukt in Preisen von 1995
3,0
2,1
2,2
1,9
2,3
1,9
2,4
3059,4
3168,4
3269,0
1536,3
1632,1
1586,7
1682,3
2309,1
2404,9
2489,7
1171,5
1233,4
1214,0
1275,7
750,3
763,6
779,3
364,8
398,8
372,7
406,6
850,7
863,5
891,0
414,6
448,9
422,9
468,1
384,4
407,3
435,5
193,1
214,1
204,2
231,3
Bauten
Vorratsveränderungen3)
466,3
456,2
455,5
221,5
234,7
218,7
236,8
50,7
54,9
50,7
43,2
11,7
40,1
10,6
Inländische Verwendung
3960,8
4086,8
4210,6
1994,1
2092,7
2049,6
2161,0
2. Verwendung des Inlandsprodukts in jeweiligen Preisen
a) Mrd.DM
Konsumausgaben
Private Haushalte2)
Staat
Anlageinvestitionen
Ausrüstungen und sonstige Anlagen
Außenbeitrag
15,3
15,7
25,2
8,4
7,4
11,0
14,2
Exporte
1326,2
1495,0
1619,7
732,2
762,8
788,2
831,6
Importe
1310,9
1479,3
1594,5
723,9
755,4
777,1
817,4
3976,1
4102,5
4235,8
2002,5
2100,1
2060,7
2175,1
2,7
3,6
3,2
3,3
3,8
3,3
3,1
3,0
4,1
3,5
3,7
4,5
3,6
3,4
1,7
1,8
2,1
1,8
1,7
2,2
2,0
2,9
1,5
3,2
1,2
1,8
2,0
4,3
8,0
Bruttoinlandsprodukt
b) Veränderung in % gegenüber dem Vorjahreszeitraum
Konsumausgaben
Private Haushalte2)
Staat
Anlageinvestitionen
Ausrüstungen und sonstige Anlagen
Bauten
Inländische Verwendung
9,2
6,0
6,9
6,4
5,6
5,7
-1,8
-2,2
-0,2
-3,0
-1,4
-1,3
0,9
3,2
3,2
3,0
3,2
3,1
2,8
3,3
Exporte
16,2
12,7
8,3
15,0
10,6
7,6
9,0
Importe
18,7
12,8
7,8
16,8
9,3
7,4
8,2
2,6
3,2
3,2
2,8
3,6
2,9
3,6
2882,0
2935,9
2989,0
1439,7
1496,2
1467,9
1521,1
2165,3
2213,2
2259,6
1080,9
1132,3
1105,7
1153,8
716,7
722,7
729,5
358,9
363,9
362,2
367,3
859,0
871,2
896,8
418,4
452,8
426,2
470,6
389,3
412,1
439,0
195,6
216,5
206,3
232,8
Bauten
Vorratsveränderungen3)
469,7
459,1
457,8
222,8
236,3
219,9
237,9
30,3
37,4
33,2
29,7
7,7
26,6
6,6
Inländische Verwendung
3771,3
3844,5
3919,0
1887,9
1956,6
1920,7
1998,4
Bruttoinlandsprodukt
3. Verwendung des Inlandsprodukts in Preisen von 1995
a) Mrd.DM
Konsumausgaben
Private Haushalte2)
Staat
Anlageinvestitionen
Ausrüstungen und sonstige Anlagen
Außenbeitrag
69,6
77,0
87,0
38,0
39,1
42,2
44,9
Exporte
1283,7
1412,7
1507,3
695,9
716,8
737,1
770,2
Importe
1214,1
1335,7
1420,2
658,0
677,8
694,9
725,3
3840,8
3921,5
4006,1
1925,9
1995,7
1962,8
2043,3
3815,5
3895,8
3979,9
1917,2
1978,7
1953,9
2026,0
1,5
1,9
1,8
1,3
2,4
2,0
1,7
1,6
2,2
2,1
1,5
2,9
2,3
1,9
1,4
0,8
0,9
0,8
0,9
0,9
0,9
2,4
1,4
2,9
1,1
1,7
1,9
3,9
7,5
Bruttoinlandsprodukt
nachrichtlich:
Bruttonationaleinkommen
b) Veränderung in % gegenüber dem Vorjahreszeitraum
Konsumausgaben
Private Haushalte2)
Staat
Anlageinvestitionen
Ausrüstungen und sonstige Anlagen
Bauten
Inländische Verwendung
9,0
5,9
6,5
6,5
5,3
5,4
-2,5
-2,3
-0,3
-3,2
-1,4
-1,3
0,7
2,0
1,9
1,9
1,8
2,0
1,7
2,1
Exporte
13,2
10,1
6,7
11,9
8,3
5,9
7,4
Importe
10,2
10,0
6,3
12,3
7,9
5,6
7,0
3,0
2,1
2,2
1,9
2,3
1,9
2,4
3,0
2,1
2,2
1,9
2,3
1,9
2,4
Bruttoinlandsprodukt
nachrichtlich:
Bruttonationaleinkommen
136
Wirtschaft im Wandel 5/2001
noch: Die wichtigsten Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
Vorausschätzung für die Jahre 2001 und 2002
Bundesrepublik Deutschland
2000
2001
2002
2001
1.Hj.
2002
2.Hj.
1.Hj.
2.Hj.
4. Preisniveau der Verwendungsseite des Inlandsprodukts (1995=100)
Veränderung in % gegenüber dem Vorjahreszeitraum
Private Konsumausgaben2)
1,4
1,9
1,4
2,2
1,6
1,3
1,5
Konsumausgaben des Staates
0,3
0,9
1,1
1,0
0,8
1,2
1,0
Anlageinvestitionen
Ausrüstungen und sonstige Anlagen
Bauten
Exporte
Importe
Bruttoinlandsprodukt
0,4
0,1
0,2
0,1
0,1
0,1
0,3
0,1
0,1
0,4
-0,1
0,3
0,3
0,5
0,7
0,1
0,1
0,2
0,0
0,0
0,2
2,6
2,4
1,5
2,8
2,1
1,6
1,5
7,7
2,6
1,4
4,0
1,3
1,7
1,1
-0,4
1,1
1,1
0,9
1,2
1,0
1,2
2987,3
3086,8
3199,9
1502,9
1584,0
1558,5
1641,4
405,8
415,6
425,6
197,6
218,0
201,9
223,8
1715,6
1769,1
1825,3
825,7
943,4
848,8
976,5
441,1
5. Einkommensentstehung und -verteilung
a) Mrd.DM
Primäreinkommen der privaten Haushalte2)
Sozialbeiträge der Arbeitgeber
Bruttolöhne und -gehälter
Übrige Primäreinkommen5)
Primäreinkommen der übrigen Sektoren
Nettonationaleinkommen (Primäreinkommen)
Abschreibungen
Bruttonationaleinkommen
865,8
902,2
949,0
479,6
422,6
507,9
369,8
376,2
377,3
187,1
189,1
180,0
197,4
3357,1
3463,0
3577,2
1690,0
1773,1
1738,5
1838,7
589,8
609,5
628,0
302,5
307,0
312,0
316,0
3946,9
4072,5
4205,2
1992,5
2080,1
2050,5
2154,7
2945,6
3031,8
3121,4
1471,8
1560,0
1509,2
1612,1
824,1
847,2
870,5
448,5
398,7
458,6
411,9
2121,5
2184,7
2250,9
1023,3
1161,4
1050,7
1200,3
3,1
1,7
3,3
1,5
3,4
-2,2
2,5
3,4
2,6
3,3
2,4
3,1
2,1
4,2
1,7
3,2
3,3
3,2
3,7
2,4
3,2
2,4
5,2
0,3
3,3
3,0
3,3
3,1
2,2
2,9
1,8
3,8
-0,4
2,7
3,4
2,8
3,6
2,6
3,3
2,4
4,7
3,9
3,6
3,3
3,6
3,7
2,2
2,8
2,0
5,9
-3,8
2,9
3,1
2,9
3,6
2,7
3,5
2,7
4,4
4,4
3,7
2,9
3,6
2,6
1,6
3,0
2,9
2,8
3,0
3,0
2,7
3,0
2,4
1,6
2,8
3,4
4,2
3,2
2,5
2,2
2,7
3,3
3,3
3,3
nachrichtlich:
Volkseinkommen
Unternehmens- und Vermögenseinkommen
Arbeitnehmerentgelt
b) Veränderung in % gegenüber dem Vorjahreszeitraum
Primäreinkommen der privaten Haushalte2)
Sozialbeiträge der Arbeitgeber
Bruttolöhne und -gehälter
Bruttolöhne und -gehälter je Beschäftigten
Übrige Primäreinkommen5)
Primäreinkommen der übrigen Sektoren
Nettonationaleinkommen (Primäreinkommen)
Abschreibungen
Bruttonationaleinkommen
nachrichtlich:
Volkseinkommen
Unternehmens- und Vermögenseinkommen
Arbeitnehmerentgelt
6. Einkommen und Einkommensverwendung der privaten Haushalte2)
a) Mrd.DM
Masseneinkommen
Nettolöhne und -gehälter
Monetäre Sozialleistungen
abz. Abgaben auf soziale Leistungen4)
Übrige Primäreinkommen5)
Sonstige Transfers6)
Verfügbares Einkommen
Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche
Konsumausgaben
Sparen
Sparquote (%)7)
1761,7
1830,8
1879,4
872,6
958,2
893,6
985,8
1101,2
1153,8
1181,9
535,6
618,2
546,9
635,1
419,8
794,3
811,5
834,0
403,5
408,0
414,3
133,7
134,5
136,5
66,5
68,0
67,5
69,0
865,8
902,2
949,0
479,6
422,6
507,9
441,1
-87,6
-81,0
-87,0
-39,0
-42,0
-42,0
-45,0
2539,9
2651,9
2741,4
1313,1
1338,8
1359,5
1381,9
19,4
19,7
19,9
9,1
10,6
9,2
10,7
2309,1
2404,9
2489,7
1171,5
1233,4
1214,0
1275,7
250,3
266,8
271,6
150,7
116,1
154,7
117,0
9,8
10,0
9,8
11,4
8,6
11,3
8,4
3,3
3,7
1,5
-3,4
3,4
2,9
3,9
4,8
2,2
0,6
4,2
4,4
2,7
2,4
2,8
1,5
5,2
3,4
3,5
4,4
1,9
0,5
3,8
4,0
4,3
5,1
2,5
0,7
4,7
4,8
2,4
2,1
2,7
1,5
5,9
3,5
2,9
2,7
2,9
1,5
4,4
3,2
3,0
1,2
4,1
6,6
3,5
1,8
3,7
5,6
4,5
7,8
3,6
2,6
3,4
0,8
b) Veränderung in % gegenüber dem Vorjahreszeitraum
Masseneinkommen
Nettolöhne und -gehälter
Monetäre Sozialleistungen
abz. Abgaben auf soziale Leistungen4)
Übrige Primäreinkommen5)
Verfügbares Einkommen
Konsumausgaben
Sparen
Wirtschaft im Wandel 5/2001
137
noch: Die wichtigsten Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
Vorausschätzung für die Jahre 2001 und 2002
Bundesrepublik Deutschland
2000
2001
2002
2001
1.Hj.
2002
2.Hj.
1.Hj.
2.Hj.
7. Einnahmen und Ausgaben des Staates8)
a) Mrd.DM
Einnahmen
Steuern
975,4
951,8
1007,2
472,1
479,8
495,4
511,8
Sozialbeiträge
741,9
758,7
777,2
362,1
396,6
369,8
407,4
Vermögenseinkommen
28,0
37,1
33,1
25,8
11,3
21,7
11,5
Sonstige laufende Transfers
26,4
27,4
27,6
13,8
13,6
13,9
13,7
Vermögenstransfers
16,0
16,6
16,9
8,7
7,9
8,9
8,0
Verkäufe
79,9
80,4
81,0
38,0
42,4
38,3
42,7
Sonstige Subventionen
Insgesamt
Ausgaben
Vorleistungen9)
2,0
2,0
2,0
0,8
1,2
0,8
1,2
1869,6
1874,0
1944,9
921,3
952,7
948,7
996,2
451,0
462,4
475,0
222,2
240,2
228,2
246,7
Arbeitnehmerentgelte
322,1
323,9
327,2
150,8
173,1
152,8
174,4
Vermögenseinkommen
131,7
131,9
136,0
66,2
65,7
68,3
67,7
67,3
67,1
67,0
29,8
37,3
29,8
37,2
743,3
759,0
780,5
377,4
381,7
387,7
392,8
37,6
Subventionen
Monetäre Sozialleistungen
Sonstige laufende Transfers
67,9
67,2
73,0
32,2
35,0
35,4
Vermögenstransfers
59,5
65,3
69,2
31,0
34,3
34,5
34,7
Bruttoinvestitionen
Nichtproduzierte Vermögensgüter10)
70,9
71,5
72,5
31,4
40,1
31,7
40,8
-102,2
-2,9
-3,0
-1,2
-1,7
-1,3
-1,7
1811,4
1945,5
1997,3
939,8
1005,7
967,1
1030,3
58,3
-71,5
-52,4
-18,5
-53,0
-18,3
-34,1
Steuern
4,2
-2,4
5,8
-1,2
-3,6
4,9
6,7
Sozialbeiträge
1,1
2,3
2,4
2,0
2,5
2,1
2,7
1,4
Insgesamt
Finanzierungssaldo
b) Veränderung in % gegenüber dem Vorjahreszeitraum
Einnahmen
Vermögenseinkommen
-14,2
32,4
-10,8
53,4
0,8
-16,2
Sonstige laufende Transfers
-6,3
3,6
0,7
3,5
3,7
0,7
0,7
Vermögenstransfers
-5,7
3,2
2,1
3,4
3,0
2,3
1,9
0,6
Verkäufe
-0,5
0,7
0,7
0,6
0,8
0,8
Sonstige Subventionen
-9,1
-0,5
-1,0
-1,2
0,0
-2,4
0,0
2,2
0,2
3,8
1,3
-0,8
3,0
4,6
Insgesamt
Ausgaben
Vorleistungen9)
Arbeitnehmerentgelte
2,6
2,5
2,7
2,3
2,8
2,7
2,7
-0,2
0,6
1,0
0,9
0,3
1,3
0,7
Vermögenseinkommen
-4,1
0,2
3,1
0,2
0,2
3,1
3,1
Subventionen
-0,5
-0,3
-0,2
-0,3
-0,4
-0,2
-0,3
Monetäre Sozialleistungen
1,6
2,1
2,8
1,8
2,4
2,7
2,9
Sonstige laufende Transfers
7,7
-1,0
8,6
6,0
-6,6
9,7
7,5
Vermögenstransfers
Bruttoinvestitionen
Insgesamt
9,5
9,9
6,0
10,4
9,5
11,3
1,1
-0,8
0,9
1,4
0,8
1,0
0,9
1,8
-3,9
7,4
2,7
1,9
13,1
2,9
2,4
1)
Bruttoinlandsprodukt in Preisen von 1995 je Erwerbstätigenstunde.
2)
Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.
3)
Einschließlich Nettozugang an Wertsachen.
4)
Einschließlich verbrauchsnaher Steuern.
5)
Selbständigeneinkommen/Betriebsüberschuss sowie empfangene abzüglich geleistete Vermögenseinkommen.
6)
Empfangene abzüglich geleistete sonstige Transfers.
7)
Sparen in % des verfügbaren Einkommens (einschließlich der Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche).
8)
Gebietskörperschaften und Sozialversicherung.
9)
10)
Einschließlich sozialer Sachleistungen und sonstiger Produktionsabgaben.
Im 2. Halbjahr 2000 einschließlich der auf der Ausgabenseite als Nettoabgang gebuchten Erlöse aus der Versteigerung
von UMTS-Lizenzen in Höhe von 99,4 Mrd.DM.
Quellen: Statistisches Bundesamt (Fachserie 18: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen); Berechnungen der Institute; 2001 und 2002: Prognose der Institute.
138
Wirtschaft im Wandel 5/2001
Herunterladen