CSS MAGAZIN 4 / 2016 Gesund und gut versichert – 29 Fragen und Antworten Existiert ein «Kuschelhormon»? FRAGE 02 Prämien: Warum diese Unterschiede? FRAGE 06 Abnehmen ohne Diät? FRAGE 23 DOSSIER Warum ist das Licht so wichtig? CSS MAGAZIN Liebe Leserin, lieber Leser «Es werde Licht!» Wer wünschte sich nicht, an diesen oft trüben und kalten Tagen, die Sonne an den Himmel zaubern zu können? Ein Wunsch, der einem Urbedürfnis des Menschen entspricht. Denn Sonnenlicht bedeutet Leben. Sonnenlicht bedeutet Wärme, vermittelt Sicherheit und Geborgenheit. Und es ist – über die ganze Menschheitsgeschichte gesehen – noch gar nicht allzu lange her, dass die Sonne die einzige Licht- und Wärmequelle war. Sollte die Sonne nicht am Himmel stehen, bringen wir Ihnen wenigstens mit den Artikeln auf den kommenden Seiten etwas Erhellendes in den Alltag. Das Dossierthema dieser Ausgabe ist nämlich dem Thema Licht gewidmet. Wir erklären Ihnen, was Licht überhaupt ist, wie unvorstellbar hell der hellste Stern ist und was ein Chronobiologe unternimmt, wenn der Tag-Nacht-Rhythmus eines Menschen durcheinandergerät. Lassen Sie sich von den Beiträgen ein klein wenig aufheitern. Roland Hügi Chefredaktor 01 Wie kann ich die CSS erreichen? Fragen zu den Produkten weiter: 0844 277 277 Abbestellung (Lokaltarif Festnetz Schweiz), Erhalten Sie das Magazin – [email protected] zum Beispiel als Familie – mehrfach und möchten bloss 24h Notfall und medizinische Beratung Briefkasten haben? Teilen Sie Die CSS ist für Sie da in Not- www.css.ch/abbestellung noch ein Exemplar im uns dies mit: fallsituationen und bei medizi- Die Mitarbeitenden in den nischen Fragen während Agenturen unterstützen Sie 24 Stunden an 7 Tagen die gerne persönlich und sind Woche: +41 (0)58 277 77 77 telefonisch täglich zwischen 8 und 18 Uhr erreichbar. Adressänderungen www.css.ch/agentur Adressänderungen können per Mail oder per Telefon Fragen zu Leistungen und Rechnungen der Serviceline der CSS mitgeteilt werden: www.css.ch/ Die Serviceline hilft Ihnen von adressaenderung Montag bis Freitag, 8 – 18 Uhr, 0844 277 277 Kennen Sie schon unser neues Web-Magazin? blog.css.ch Ausgabe 4 | 2016 Titelbild: simon+kim | Thomas Zimmermann FRAGE CSS MAGAZIN DOSSIER Das Licht FRAGE 08!! –15 simon+kim DOSSIER Ausgabe 4 | 2016 CSS MAGAZIN DOSSIER Licht – was ist das? Zu Urzeiten brachten einzig Sonne und Feuer Licht ins Leben des Menschen. Heute brauchen wir dafür lediglich den Lichtschalter zu drücken. Doch was ist überhaupt Licht? Text: Roland Hügi DOSSIER FRAGE 08 Während Hunderttausenden von Jahren war die Sonne für die Urmenschen die einzige Lichtquelle. Zwar schlugen bereits damals Blitze ein, die da und dort ein Feuer entfachten. Doch erst vor schätzungsweise einer Million Jahren begann der Mensch, solche zufällig entstandenen Feuer gezielt zu nutzen – zum Beispiel, um eine Höhle zu erleuchten. Allerdings verging eine schier unendlich lange Zeit, bis unsere Vorfahren auch fähig waren, selber ein Feuer zu entzünden und somit überall und jederzeit Licht zu erzeugen. Entsprechende Spuren sind 32 000 Jahre alt. Wach mit Licht Der Kundenclub CSS Exklusiv Ultraviolett und Infrarot bietet Ihnen einen Lichtwecker mit 35 Prozent Rabatt an. Unterhalb des sichtbaren FarbDer Lichtwecker simuliert den spektrums befindet sich das Sonnenaufgang und weckt ultraviolette Licht. Diese UVdie schlafende Person sanft Strahlen sind unter anderem durch kontinuierlich dafür verantwortlich, wenn wir heller werdendes Licht. uns im Sommer einen Sonnenbrand holen. Oberhalb der sichtbaren Grenze beginnt das Infrarot. Dieses kommt zum Beispiel bei der Infrarotfotografie zum Einsatz, bei der die Kamera Infrarotwellen zu einem Bild umwandelt. Ein weiteres Einsatzgebiet sind Infrarotstrahler oder -lampen. Diese werden auch zu Therapiezwecken eingesetzt und können zum Beispiel Muskelverspannungen lösen. Die Infrarotwellen dringen – je nach Wellenlänge – bis zu fünf Millimeter in die Haut ein und erzeugen dort Wärme. Dadurch wird die Durchblutung angeregt und die Muskeln entspannen sich. DOSSIER FRAGE Elektromagnetische Strahlung Heute reicht ein simpler Griff zum Lichtschalter, um die Welt um uns herum zu erhellen. Und kaum jemand fragt sich: Was ist denn überhaupt Licht? Licht ist elektromagnetische Strahlung, die von einer Strahlungsquelle – zum Beispiel der Sonne – ausgeht und für das menschliche Auge sichtbar ist. Die Wellenlängen des sichtbaren Lichts liegen zwischen 380 und 780 Nanometern (nm; ein Nanometer entspricht einem Millionstelmillimeter). Am unteren Ende der Lichtskala liegen die Violett- und Blautöne, gefolgt von den Farben Grün, Gelb, Orange und Rot. In genau dieser Reihenfolge zeigen sich uns die Farben, wenn wir zum Beispiel einen Regenbogen sehen oder wenn wir das Licht in einem Prisma brechen und es so in Einzelfarben «aufteilen». 09 Wie funktioniert das Glühwürmchen? Wer kennt sie nicht, die gelben Knicklichter? Einmal geknickt, wird im Innern eine chemische Reaktion ausgelöst und der Stab beginnt zu leuchten. Ähnlich verhält es sich beim Leuchtkäfer oder Glühwürmchen: In dessen Körper spaltet das Enzym namens Luciferase das Protein Luciferin, den eigentlichen Leuchtstoff, in zwei Teile auf. Dabei wird Energie in Form von Licht frei. Dieser biochemische Vorgang nennt sich Biolumineszenz. Damit das Leuchten nach aussen dringt, haben die Glühwürmchen auf ihrer Unterseite einen durchsichtigen Panzer. Die bei der chemischen Reaktion freigesetzte Energie wird fast zu 100 Prozent als Licht abgegeben. Damit erreichen Leuchtkäfer einen Traumwert. Bei einer klassischen Glühbirne werden lediglich fünf Prozent der Energie in Licht umgewandelt. Der Rest ist Wärme. Ausgabe 4 | 2016 CSS MAGAZIN DOSSIER Augen brauchen einen Moment, um sich ans Sonnenlicht zu gewöhnen. Manchmal aber deutet Lichtempfindlichkeit auf eine Krankheit hin. Text: Vera Sohmer DOSSIER FRAGE 10 Wer kennt es nicht nach langen Arbeitstagen in geschlossenen Räumen: Man geht vor die Tür und das Sonnenlicht blendet extrem, manchmal schmerzt es sogar in den Augen. Ein Grund zur Sorge? Grundsätzlich nicht, sagt Augenoptikerin und LowVision-Trainerin Susanne Trefzer. Das Auge Nie mehr dunkel? Die Lichtverschmutzung nimmt auch in der Schweiz laufend zu. Wer Dunkelheit sucht, findet diese fast nur noch in den Bergen. Text: Vera Sohmer Die Lichtverschmutzung verunmöglicht es, den Sternenhimmel wahrzunehmen. DOSSIER FRAGE 11 Wer hat nicht schon an einem lauen Sommerabend den wunderbaren Sternenhimmel bestaunen wollen – und gar keine Sterne gesehen? Verantwortlich dafür ist die Verschmutzung durch Lichtquellen jeglicher Art. Gemäss dem Bundesamt für Umwelt haben die gegen oben gerichteten Lichtemissionen seit den Neunzigerjahren um rund Ausgabe 4 | 2016 muss sich an unterschiedlichste Lichtverhältnisse anpassen – Fachleute sprechen von Adaption. Die Unterschiede können gross sein. Ein Büroarbeitsplatz ist in der Regel mit 500 Lux ausgeleuchtet; ein Sonnentag kann es auf eine Strahlkraft von 100 000 Lux bringen. Das Auge reguliert Augen regulieren diese Unterschiede mit zwei Mechanismen. Beim einen wird die Pupille klein – so strömt weniger Licht ein. Der andere ist komplexer. Befinden wir uns in einem abgedunkelten Raum, wird in der Netzhaut das Sehpigment Rhodopsin aufgebaut, es steigert die Lichtempfindlichkeit. Tritt man jetzt ins Sonnenlicht, ist die Netzhaut im ersten Moment viel zu empfindlich – es blendet. Nach und nach aber zerfällt das Pigment und die Augen passen 70 Prozent zugenommen. Mit der Sonderschau «Stille Nacht …?» machten kantonale Umweltämter in den vergangenen Jahren deshalb auf das Problem aufmerksam. Auch die Vereinigung Dark-Sky Switzerland nimmt sich des Themas an. Auf deren Website ist seit wenigen Monaten ein Atlas publiziert, der die aktuelle weltweite Lichtbelastung zeigt. Erarbeitet wurde dieser von einem internationalen Team von Forschern. Der Atlas zeigt eindrücklich, dass selbst die Alpen aus den entfernten Grossagglomerationen so viel Streulicht erhalten, dass nirgends mehr natürliche Dunkelheit herrscht. Längst ist erkannt, dass die Lichteinflüsse nicht nur für Mensch und Tier, sondern auch für Pflanzen negative Auswirkungen haben. Unter anderem stört das Licht den Tag-Nacht-Rhythmus von Flora und Fauna. Zwar besteht die Hoffnung, dass sich mit der gezielter einsetzbaren LED-Technologie gewisse Lichtemissionen zumindest reduzieren lassen. Den Sternenhimmel jedoch, wie ihn unsere Grosseltern noch kannten, werden wir wohl für immer abschreiben müssen. www.darksky.ch Alesandro Della Bella, Helvetia by Night Blendet’s im Alter mehr? CSS MAGAZIN DOSSIER sich der Helligkeit an. Je älter wir werden, desto länger kann die Adaption dauern. Auch das ist normal, beruhigt Susanne Trefzer. Manchmal aber kann eine Lichtüberempfindlichkeit, auch Photophobie genannt, auf eine Krankheit hindeuten; etwa eine entzündete Hornhaut der Augen, eine Hirnhautentzündung oder Migräne. Meistens aber ist dann der störende Lichtreiz nur eines von mehreren Symptomen. Wer unsicher ist, sollte zum Arzt gehen. Ansonsten gilt: Sonnenbrille aufsetzen! Am besten eine, die das ganze UV-Spektrum bis 400 Nanometer absorbiert. Schildmützen und Hüte bieten zudem einen guten Blendschutz. Laserpointer sind nicht ungefährlich. Abhängig von der Energie des Lasers, der Dauer der Anwendung am gleichen Ort und der Distanz, kann das Laserlicht Schäden verursachen. «Trifft das Auch Geräte mit Licht eines im normalen Minimalleistung Handel erworbenen Laserkönnen bei längerer pointers per Zufall für kurze Exposition zu Zeit das Auge, so ist dies Augenschäden zwar unangenehm, aber in führen. der Regel sind solche Zufallstreffer für das Auge gefahrlos», sagt Pascal Hasler, leitender Arzt an der Augenklinik des Universitätsspitals Basel. «Ist die geblendete Person jedoch zum Beispiel am Autofahren, so stört dies die Konzentration im Verkehr und kann zu Unfällen führen.» Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat Laser bis zu einer maximalen Leistung Laserpointer sind im Prinzip eine von 1 Milliwatt (Laserklasse 1 und 2) zugegute Erfindung. Jedoch nur, lassen. Diese Laserenergie ist für eine Präsentation oder einen Vortrag absolut auswenn sie für ihren eigentlichen reichend. Für Lichtshowzwecke (Discos Zweck verwendet werden. oder Konzerte) sind Laser mit einer EnerAlles andere kann fatal sein. gie bis 5 Milliwatt erlaubt (Laserklasse 3R). Allerdings sind via Internet oder im AusText: Roland Hügi land auch deutlich stärkere Laserpointer erhältlich. Diese erreichen Leistungen bis zu 500 oder gar 1000 Milliwatt. Pascal HasDOSSIER Das Licht von Laserpointern ist auf grosse ler bezeichnet solche in der Schweiz FRAGE Distanzen sichtbar. Im Alltag wird es vor verbotenen Laserpointer schlicht als Wafallem bei Vorträgen verwendet, wo die fen. «Denn bereits ein einziger kurzer Referenten mit dem Lichtpunkt dem Publi- Strahl ins Auge kann zu irreparablen Schäkum ihre Folien erläutern. Allerdings sind den führen, wird doch die äusserste Schicht Laserpointer auch mehr und mehr in den der Netzhaut im wahrsten Sinne des WorHänden von Kindern und rücksichtslosen tes blitzartig zerstört.» Wer von einem LaErwachsenen zu finden. Erstere sind faszi- serpointer geblendet wird und nach eininiert von der Leuchtkraft, der Farbe, dem gen Minuten nicht wieder normal sieht, gezielten Anwenden und spielen daher oft- sollte deshalb umgehend einen Augenarzt mals unbekümmert damit. Letztere miss- aufsuchen. Pascal Hasler rät auch dringend, brauchen Laserpointer – zum Beispiel in Laserpointer von Kindern fernzuhalten. Fussballstadien, wo sie unter anderem ver- Denn selbst Geräte mit Minimalleistung suchen, den Torhüter zu blenden, um ihn können zu Schäden führen, blickt man über aus dem Konzept zu bringen. längere Zeit direkt in das Licht. Gefährliche Laserpointer? AlexLMX, Thinkstock 12 Ausgabe 4 | 2016 CSS MAGAZIN DOSSIER Warum ist Licht 13 so wichtig? DOSSIER FRAGE Die Nacht zum Tag machen – technisch ist das möglich. Aber Menschen ticken seit Urzeiten anders. Chronobiologe Christian Cajochen erklärt, warum wir tagaktive Wesen geblieben sind und dem Wechsel zwischen Hell und Dunkel automatisch folgen. Interview: Vera Sohmer Christian Cajochen ist Leiter der Abteilung Chronobiologie der Universitären Psychiatri- Licht ist der wichtigste äussere Zeitgeber für die innere Uhr, jenen im Menschen angelegten Rhythmus, der vorgibt, wann wir wach sind und wann wir schlafen, wann die zur Tages- oder Nachtzeit passenden Körpervorgänge in Gang gesetzt werden. Auf unserem Forschungsgebiet hat sich viel getan, seit vor 15 Jahren ein zusätzlicher Fotorezeptor im Auge entdeckt wurde. Er ist für diese Lichtwirkung verantwortlich. Wir wissen jetzt ebenfalls, dass nicht nur die Intensität des Lichts wichtig ist, sondern auch seine Farbzusammensetzung. So gibt es Hinweise aus Tierstudien, dass grüne Lichtanteile direkt in Hirnareale gelangen, die für den Schlaf verantwortlich sind. schen Kliniken Basel (www.chronobiology.ch). Der Verhaltensbiologe schloss sein Studium an der ETH Zürich mit einem Doktorat ab und absolvierte anschliessend ein dreijähriges Postdoc an der Harvard Medical School in Boston (USA). Er befasst sich unter anderem mit der Rolle der nichtvisuellen Lichtwirkung, etwa dem Einfluss auf den Schlafrhythmus oder die Stimmung. Was bewirkt Licht im Körper darüber hinaus? Da gibt es natürlich mannigfache, lebensnotwendige Effekte, wobei wir uns auf jene konzentrieren, die übers Auge, nicht über die Haut ausgelöst werden. Licht wirkt beispielsweise in Hirnarealen, die fürs Lernen wichtig sind oder dafür, Emotionen zu verarbeiten und zu speichern. Was man schon länger weiss: Licht hat einen Einfluss auf verschiedene Hormone. Es unterdrückt das Dunkelhormon Melatonin. Dafür wird mehr Serotonin ausgeschüttet, das die Stimmung hebt und vereinfachend auch als «Glückshormon» bezeichnet wird. Wirkungen, die sich therapeutisch nutzen lassen? Ja, wir setzen Licht unter anderem bei saisonaler Depression ein, unter der zwei bis Ausgabe 4 | 2016 fünf Prozent der Bevölkerung leiden. Diese Winterdepression ist nicht zu verwechseln mit dem «Winterblues», von dem ungefähr jeder Dritte betroffen ist. Beide Phänomene hängen damit zusammen, dass Tageslicht im Winter rar ist. Bei Winterdepression sind die Symptome aber gravierender. Neben Müdigkeit und depressiver Verstimmung ist Kohlenhydrat-Heisshunger typisch. Betroffene futtern sich eine Fettschicht an und nehmen bis zu fünfzehn Kilo zu. Gegen Winterdepression helfen Therapien mit speziellen Lampen sehr gut. Diese wirken ebenfalls bei nichtsaisonaler Depression. In neuen Studien wurde bewiesen, dass Licht ein sehr potentes Antidepressivum ist. Sie behandeln auch Patienten, deren Tag-Nacht-Rhythmus aus dem Lot geraten ist. Wann kann dies der Fall sein? Das ist bei Schichtarbeitern «Licht ist der wichtigste typisch. Sie sind einer stän- äussere Zeitgeber digen Fehlinformation aus- für die innere Uhr.» gesetzt. Während der Nacht Christian Cajochen sehen sie Licht. Ihre innere Uhr nimmt an, es sei Tag, versucht sich anzupassen und umzustellen. Aber der Körper ist überfordert, seine ganzen biochemischen Abläufe geraten durcheinander. Es kommt zum «Chrono-Chaos» und auf längere Sicht zu gesundheitlichen Problemen; massive Schlafstörungen zählen dazu. Es lässt sich mit einem Jetlag vergleichen. Während ein Reisender sich aber nach ein paar Tagen an den neuen Hell-DunkelWechsel gewöhnt hat, kommt ein Schichtarbeiter nie in der neuen Zeitzone an. Marco Sieber Herr Cajochen, welche Bedeutung hat Licht für Sie als Chronobiologen? CSS MAGAZIN DOSSIER Ausgabe 4 | 2016 CSS MAGAZIN DOSSIER sind jedoch genetisch festgelegt. Wir sehen das bei Schülern. Spättypen – fast alle Jugendlichen zählen dazu – müssen dann im Unterricht sein, wenn ihr Leistungstief am grössten ist, also das für den Tag-NachtRhythmus verantwortliche Melatonin sein Maximum erreicht hat. Betroffene brauchen eine bis drei Stunden, ehe sie in die Gänge kommen. Ältere haben es einfacher. Ihr Melatonin-Höchststand hat sich auf drei oder vier Uhr morgens vorverlegt. Warum dies? Wir wissen es noch nicht genau, aber es scheint eine normale Entwicklung zu sein. Mit zunehmendem Alter werden Menschen «lerchiger», selbst wenn sie einmal ausgesprochene «Eulen» waren. Früh aufstehen fällt den meisten älteren Leuten leichter, und im Gegensatz zu jüngeren Jahren sind sie morgens leistungsfähiger. Sie erwähnten das Kunstlicht. Wir halten uns heute die meiste Zeit in geschlossenen Räumen auf. Bräuchte es dafür bessere Beleuchtungskonzepte? Wir können die Nacht also nicht zum Tag machen? Nein, wir sind eine tagaktive Spezies geblieben und dazu prädestiniert, in der Nacht zu ruhen. Unser Körper steht unter dem Diktat der inneren Uhr. Sie ist seit jeher auf den 24-Stunden-Takt einer Erdumdrehung und somit den natürlichen Licht-Dunkel-Wechsel angepasst. Daran haben auch die Anforderungen in unserer modernen Arbeitswelt und die technischen Möglichkeiten mit künstlicher Beleuchtung nichts geändert. «Der Mensch ist prädestiniert, in der Nacht zu ruhen.» Christian Cajochen Dennoch zwingt uns unsere Gesellschaft in Schemen. Auch Spätaufsteher haben es schwer. In der Schweiz oder in Deutschland ist das sicher so, aber gehen Sie nach England, Frankreich oder Italien – vor neun Uhr morgens läuft da nicht viel. Lässt sich ein Spätaufsteher zum Frühaufsteher umpolen? In gewissen Grenzen ist dies möglich, die Grundchronotypen – «Lerche» oder «Eule» – Ausgabe 4 | 2016 Lautet eine Antwort, in Räumen Tageslicht zu simulieren? Möglicherweise, und es wird bereits getestet. Auch wir experimentieren damit. Eines unserer Modelle hat einen dynamischen Tageshimmel, der aber noch verbessert werden muss – die Wolken etwa müssen sich in der richtigen Geschwindigkeit bewegen. Die Idee ist, den Himmel ins Büro zu holen, natürliche Lichtverhältnisse zu schaffen. An vielen Arbeitsplätzen sehen Angestellte schliesslich stundenlang kein Tageslicht, zum Beispiel in den Lebensmittelabteilungen der Warenhäuser. Würden Sie sagen, dass Ihr Büro gut ausgeleuchtet ist? Nein, es ist insgesamt zu dunkel. Immerhin aber habe ich grosse Fenster und tagsüber genügend natürliches Licht. Und empfinde es als wohltuend, ins Grüne schauen zu können. Marco Sieber Das Spektrometer erlaubt es, einen Lichtstrahl in seine Spektralfarben aufzuspalten und die Wellenlängen zu bestimmen. Damit befassen sich Wissenschaftler intensiv. Zwar gibt es Normen für Bürobeleuchtungen, sie sind aber aufs visuelle Sehen ausgerichtet. Richtlinien für die nichtvisuelle Lichtwirkung fehlen. Die Fragestellung hier lautet: Wie viel und welches Licht braucht ein Raum, um eine gesundheitsfördernde Wirkung zu erzeugen? Schlüssige Antworten darauf werden zurzeit gesucht. CSS MAGAZIN DOSSIER Nehmen Blinde Licht wahr? Ewige Finsternis vor den Augen: So wird Blindheit gemeinhin beschrieben. Aber das trifft nicht in jedem Fall zu. Text: Vera Sohmer DOSSIER FRAGE 14 Ein Besuch im Dunkel-Restaurant «Blinde Kuh» ist erhellend. Man sieht – nichts. Und kann, das ist die Idee, in Ansätzen nachfühlen, wie es sein muss, sich auf die anderen Sinne verlassen zu müssen. Klappert das Geschirr da vorne oder da hinten? Wie treffe ich mit der Gabel den offenen Mund? Worauf kaue ich gerade herum? Und wie soll ich hier jemals wieder herausfinden? Blindsein kennt Nuancen Ist von Blindheit die Rede, meinen wir genau dies: völlige Dunkelheit vor beiden Augen, in der Fachsprache Amaurose oder Amaurosis genannt. Die Definition ist jedoch weiter gefasst. Als blind wird auch bezeichnet, wer eine hochgraIn der Schweiz gelten dige Sehbehinderung auf 10 000 Menschen einem oder beiden Augen als völlig erblindet. hat, also trotz bestmöglicher Brillenkorrektur, anderer Hilfsmittel sowie medizinischer Behandlungen grosse Probleme hat, im Alltag zurechtzukommen. Dies aber muss nicht den vollständigen Sehverlust bedeuten. «Viele blinde Menschen können noch Licht wahrnehmen», sagt Stefan Spring, Forschungsbeauftragter beim Schweizerischen Zentralverein für das Blindenwesen (SZB). Sie merken, wenn durch ein Fenster Helligkeit einfällt oder eine eingeschaltete Leuchte im Raum steht. Diese Lichtquellen können helfen, sich zu orientieren. Umrisse zu erkennen, ist hingegen kaum mehr möglich. Betroffene beschreiben solche Sehversuche als ermüdend, Kopfschmerzen verursachend und irreführend. 10 000 sind völlig blind In der Schweiz sind 325 000 Menschen sehbehindert. Etwa 10 000 von ihnen gelten als völlig blind. Sie waren es von Geburt an oder sind es Laufe ihres Lebens geworden (erworbene Blindheit), am häufigsten infolge von Netzhauterkrankungen oder erhöhtem Augeninnendruck. Bei erworbener Blindheit ist es allerdings selten, dass beide Augen erkrankt sind. Viele blinde Menschen nehmen also Licht wahr. Wie ist es mit Farben? Eine Vorstellung davon gibt es, aber sie ist nichtvisueller Art. Laut SZB wissen auch von Geburt an blinde Menschen, dass der Himmel blau und das Gras grün ist. Oft helfen Assoziationen. Rot wird mit warm verbunden. Braun steht für den Duft feuchter Erde, Weiss für flauschig weich. Weitere Informationen: www.szb.ch Armutsblindheit A B C A 50 Prozent aller blinden Menschen leiden am Grauen Star und könnten geheilt werden. B 90 Prozent aller blinden Menschen leben in Entwicklungsländern C Weltweit erblindet alle 10 Sekunden ein Erwachsener, alle 60 Sekunden ein Kind. Quelle: WHO und SRK Ausgabe 4 | 2016 DOSSIER FRAGE 15 Was gibt’s Spannendes im Lichtkabinett? Text: Roland Hügi, Illustration: Peter Halter 1 Am Anfang war … … das Feuer. Während Zehntausenden von Jahren war das Feuer die einzige Lichtquelle, die der Mensch selber entfachen konnte. Revolutioniert wurde alles durch die Erfindung der Glühbirne im vorletzten Jahrhundert. 1909 kamen erste Neonröhren auf den Markt, 1958 Halogenlampen, 1962 erste industriell gefertigte LEDs. 1980 kamen nach und nach die Sparlampen auf, und derzeit sind es die organischen Leichtdioden (OLED), das «Licht der Zukunft», wie die Medien frohlocken. 2 Pharos von Alexandria Der Leuchtturm (Pharos) von Alexandria wurde um 300 vor Christus erstellt und war mit einer Höhe von schätzungsweise 140 Metern das nach der Cheopspyramide höchste Bauwerk der Erde. Sein Licht strahlte angeblich mehr als 50 Kilometer weit. Der Turm wurde im 14. Jahrhundert durch ein Erdbeben zerstört. 3 Schwarzes Loch Schwarze Löcher sind unglaublich massenreiche Objekte im Universum, die auf kleinstem Raum die Masse von Milliarden Sonnen umfassen. Dadurch haben schwarze Löcher eine dermassen riesige Gravitation (Anziehungskraft), dass sie – wie ein Staubsauger – alles im Umfeld verschlingen, sogar ganze Sterne. 4 Licht statt Lebertran Vitamin D ist für den Menschen unentbehrlich. Es wird unter dem Einfluss von Sonnenlicht durch die Haut gebildet. Vitamin D könnte auch via Lebertran oder fetten Fisch zugeführt werden – doch Sonne macht mehr Spass. 11 Glühwürmchen Wie funktioniert das Glühwürmchen? Mehr dazu erfahren Sie unter Frage 9 im Dossier. 10 Helle Taschenlampe Taschenlampen gibt es bereits seit 1899. War die allererste Lampe wohl eher ein Armenseelenlicht, zerschneiden die Lampen neuster Generation das Dunkel über Hunderte von Metern wie ein Lichtschwert. Allerdings kostet so ein Stück gut und gerne 200 bis 300 Franken. 9 Sonne: ein Winzling Im Vergleich zu den grössten Sternen ist unsere Sonne ein Winzling. UY Scuti, der bisher grösste bekannte Stern im Universum, hat einen Radius, der schätzungsweise 1700 Mal grösser ist als derjenige der Sonne. UY Scuti mit einem Passagierflugzeug umrunden zu wollen, wäre keine so gute Idee. Das würde nämlich rund 900 Jahre dauern … 8 Hellster Stern Nicht der Polarstern ist – wie oft gehört – der für unser Auge hellste Stern am Himmel, sondern Sirius. Dieser ist mehr als 20 Mal heller als der Polarstern. Noch heller erscheint uns jedoch die Venus. Bloss handelt es sich hier um einen Planeten, der von unserer Sonne angestrahlt wird, und nicht um einen Stern. Die hellste Galaxie übrigens, die je entdeckt wurde, leuchtet so fest wie 300 Billionen Sonnen, in Zahlen: 300 000 000 000 000. 7 Ein heller Kopf, aber … Thomas Alva Edison war ein helles Köpfchen. Er verhalf der Glühbirne zum Durchbruch, liess das Produkt 1880 patentieren und begann mit der Massenproduktion. Aber: Edison war auch an der Entwicklung des elektrischen Stuhls beteiligt, auf dem unzählige Menschen hingerichtet wurden. Zu «Testzwecken» wurde 1903 gar ein ausgewachsener Elefant exekutiert. 5 Schwacher Leuchter Der Halbmond hat lediglich rund zehn Prozent der Helligkeit des Vollmonds. Bis das auf dem Mond reflektierte Sonnenlicht auf der Erde eintrifft, dauert es rund 1,3 Sekunden. 6 Dunkelster Ort Gemäss einem NZZ-Artikel ist das Bündner Dorf Lü für Astronomen der dunkelste Flecken der Schweiz. Wer also einen wunderbaren Sternenhimmel erleben möchte: Ab nach Lü im schönen Val Müstair!